Inhalt

LG Landshut, Endurteil v. 14.03.2023 – 72 O 3607/20
Titel:

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, Berufsunfähigkeitsrenten, Versicherungsbedingungen, Dauernde Berufsunfähigkeit, Teilweise Berufsunfähigkeit, Versicherungsleistungen, Sachverständigengutachten, Versicherungsnummer, Versicherungsnehmer, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Beitragszahlungspflicht, Überschussbeteiligung, Informatorische Anhörung, Zusatzversicherung, Preisauszeichnung, wiederkehrende Leistungen, Lebensversicherung, Versicherungsschein, Klageabweisung, Basiszinssatz

Schlagworte:
Zuständigkeit, Berufsunfähigkeitsrente, Beweislast, Ausschlussfrist, Verzugszinsen, Rückzahlung der Prämien, Feststellungsklage
Fundstelle:
BeckRS 2023, 52486

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.688,80 Euro aus der Berufsunfähigkeitszu-satzversicherung zur Versicherungsnummer ... zu bezahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
ab dem 02.10.2019 aus 12.290,32 Euro (= Rente Juni 2018 - Oktober 2019)
ab dem 02.11.2019 aus 722,96 Euro (= Rente November 2019)
ab dem 03.12.2019 aus 722,96 Euro (= Rente Dezember 2019)
ab dem 03.01.2020 aus 722,96 Euro (= Rente Januar 2020)
ab dem 04.02.2020 aus 722,96 Euro (= Rente Februar 2020)
ab dem 03.03.2020 aus 722,96 Euro (= Rente März 2020)
ab dem 02.04.2020 aus 722,96 Euro (= Rente April 2020)
ab dem 05.05.2020 aus 722,96 Euro (= Rente Mai 2020)
ab dem 02.06.2020 aus 722,96 Euro (= Rente Juni 2020)
ab dem 02.07.2020 aus 722,96 Euro (= Rente Juli 2020)
ab dem 04.08.2020 aus 722,96 Euro (= Rente August 2020)
ab dem 02.09.2020 aus 722,96 Euro (= Rente September 2020)
ab dem 02.10.2020 aus 722,96 Euro (= Rente Oktober 2020)
ab dem 03.11.2020 aus 722,96 Euro (= Rente November 2020)
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.591,24 Euro aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Versicherungsnummer ... zu bezahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
ab dem 02.10.2019 aus 1.431,42 Euro (= Beitrag Juni 2018 bis Oktober 2019)
ab dem 02.11.2019 aus 86,88 Euro (= Beitrag November 2019)
ab dem 03.12.2019 aus 86,88 Euro (= Beitrag Dezember 2019)
ab dem 03.01.2020 aus 86,88 Euro (= Beitrag Januar 2020)
ab dem 04.02.2020 aus 86,88 Euro (= Beitrag Februar 2020)
ab dem 03.03.2020 aus 86,88 Euro (= Beitrag März 2020)
ab dem 02.04.2020 aus 86,88 Euro (= Beitrag April 2020)
ab dem 05.05.2020 aus 91,22 Euro (= Beitrag Mai 2020)
ab dem 02.06.2020 aus 91,22 Euro (= Beitrag Juni 2020)
ab dem 02.07.2020 aus 91,22 Euro (= Beitrag Juli 2020)
ab dem 04.08.2020 aus 91,22 Euro (= Beitrag August 2020)
ab dem 02.09.2020 aus 91,22 Euro (= Beitrag September 2020)
ab dem 02.10.2020 aus 91,22 Euro (= Beitrag Oktober 2020)
ab dem 03.11.2020 aus 91,22 Euro (= Beitrag November 2020)
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Versicherungsnummer ... eine monatliche Rente von 722,96 Euro zu zahlen, zahlbar im Voraus bis zum 1. Werktag eines jeden Monats, erstmals zu zahlen am 01.12.2020 und längstens bis zum 01.05.2040. Die Beklagte wird zudem verurteilt, für den Zeitraum bis zum 09.02.2023 Zinsen jeweils ab dem auf den 1. Werktag eines Monats folgenden Tag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, ab dem 01.12.2020 bis längstens zum 01.05.2040 Prämien aus der Lebensversicherung und aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Versicherungsnummer ... an die Beklagte zu bezahlen.
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von ihr zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 722,96 Euro ab dem 01.06.2018 längstens bis zum 30.04.2020 durch einen Rentenzuwachs zu erhöhen, sofern die Beklagte Überschüsse erwirtschaftet hat.
6. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
9. Der Streitwert wird festgesetzt auf 62.475,60 Euro.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.
2
Der Kläger unterhält seit dem 01.05.1997 unter der Versicherungsnummer ... eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Lebensversicherung. Dem Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrag liegen die „Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ der Beklagten zugrunde (Anlage K3). Der Ablauf der Beitragszahlungsdauer, der Versicherungsdauer und der Leistungsdauer sind jeweils datiert auf den 01.05.2040 (vgl. Nachtrag zum Versicherungsschein vom 22.03.2018 vorgelegt als Anlage K2).
3
Im Vertrag ist weiter eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente ab 01.05.2018 in Höhe von 722,96 Euro vereinbart.
4
Die Versicherungsbedingungen der Beklagten enthalten dabei folgende Regelungen:
„§ 1 Was ist versichert?
(1) Wird der Versicherte während der Dauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50% berufsunfähig (vgl. § 2 Absätze 1 bis 3), so erbringen wir folgende Versicherungsleistungen:
a) Volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen;
b) Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, wenn diese mitversichert ist. Die Rente zahlen wir monatlich im voraus.
Bei einem geringeren Grad der Berufsunfähigkeit besteht kein Anspruch auf diese Versicherungsleistungen (…).
(3) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Wird uns die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich mitgeteilt, so entsteht der Anspruch auf die Versicherungsleistungen erst mit Beginn des Monats der schriftlichen Mitteilung. Der Anspruch auf eine Erhöhung der Berufsunfähigkeitsrente wegen einer höheren Pflegestufe entsteht ebenfalls frühestens mit Beginn des Monats, indem uns die Erhöhung der Pflegestufe schriftlich mitgeteilt wird (vgl. § 4). (…).
§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
(2) Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich dauernd erfüllt sind.
(3) Ist der Versicherte sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.
(4) Scheidet der Versicherte aus dem Berufsleben aus und werden später Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beantragt, so kommt es bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 darauf an, daß der Versicherte außerstande ist, eine Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. (…)“
5
Wegen der Einzelheiten, insbesondere des vollständigen Wortlauts der Versicherungsbedingungen, wird auf Anlage K3 vollumfänglich Bezug genommen.
6
Im Zeitraum zwischen Juni 2018 und April 2019 zahlte der Kläger sodann eine monatliche Versicherungsprämie in Höhe von 82,74 Euro, im Zeitraum zwischen Mai 2019 und April 2020 in Höhe von 86,88 Euro und im Zeitraum zwischen Mai 2020 und November 2020 in Höhe von 91,22 Euro.
7
Seit 2011 arbeitete der Kläger als Verkäufer und Kundenberater im Baumarkt „H. “ in der A. Straße 220, ... St..
8
Bei dem Kläger wurden mit Befunden vom 27.11.2017 (Anlage K9), 18.10.2018 (Anlage K10), 26.10.2018 (Anlage K11), 29.01.2019 (Anlage K12), 31.01.2019 (Anlage K13), 15.02.2019 (Anlage K14) und 27.10.2020 (Anlage K15) durch seine behandelnden Ärzte eine Depression, eine Angststörung, eine soziale Phobie, Tinnitus sowie Bluthochdruck diagnostiziert.
9
Mit E-Mail seiner Versicherungsvertreterin vom 02.11.2018 machte der Kläger bei der Beklagten erstmals Versicherungsleistungen wegen eingetretener Berufsunfähigkeit geltend (Anlage K19).
10
Im Rahmen der Leistungsprüfung beauftragte die Beklagte den Psychiater Prof. Dr. W2. und den Psychologen Dr. G. aus dem Gutachteninstitut „IMB Interdisziplinäre Medizinische Begutachtungen“ mit der Prüfung der Berufsunfähigkeit des Klägers.
11
Auf Grundlage der Gutachten Prof. Dr. W2.  vom 13.09.2019 (Anlage K 5) und Dr. G.  vom 13.09.2019 (Anlage K 6) erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 27.09.2019 (Anlage K 7) eine Leistungsablehnung.
12
Der Kläger behauptet, seit Ende des Jahres 2017 lägen bei ihm gesundheitliche Beschwerden und Beeinträchtigungen in Form von völliger Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Kraft- und Lustlosigkeit, ständiger Müdigkeit, Deprimiertheit, Niedergeschlagenheit, massiven Ein- und Durchschlafstörungen, hoher emotionaler Anspannung, Traurigkeit, Interessenverlust, Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und der Perspektivlosigkeit vor. Er leide an einem Gefühl der Nutzlosigkeit und starken Selbstzweifeln. Er habe Angst mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und erleide Panikattacken, Herzrasen und Schweißausbrüche. Sozial lebe er zurückgezogen.
13
Der Kläger behauptet weiter, aufgrund seiner psychischen Erkrankungen in Form von Depression, Angststörung und sozialer Phobie läge bei ihm seit 03.05.2018 eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor. Ihm sei aufgrund seiner psychischen Erkrankungen ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 zuerkannt worden.
14
Seine in gesunden Tagen zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäufer und Kundenberater in einem Baumarkt habe einen Umfang von 7,5 Arbeitsstunden an 5 Tagen die Woche eingenommen. Die konkrete Ausgestaltung eines Arbeitstages und dessen Anforderungen ergebe sich aus der Darstellung in Anlage K8.
15
Der Kläger meint, die Leistungsablehnung der Beklagten könne keinen Bestand haben. Er habe einen Anspruch auf Rentenzahlungen und auf Prämienrückzahlung bzw. – befreiung seit dem 01.06.2018. Ein teilweiser Anspruchsverlust für den Zeitraum von Juni bis November 2018 sei nicht anzunehmen, da ihn kein Verschulden an der Anmeldung seiner am 03.05.2018 eingetretenen Berufsunfähigkeit erst im November 2018 treffe.
16
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Versicherungsnummer ... an den Kläger 24.280,04 € zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 13.721,74 € ab dem 02.10.2019, auf jeweils 809,84 € ab dem 02.11., 03.12.2019, 03.01., 04.02., 03.03., 02.04.2020 sowie auf jeweils 814,18 € ab dem 05.05., 02.06., 02.07., 04.08., 02.09., 02.10. und 03.11.2020.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Versicherungsnummer ... ab Dezember 2020 bis längstens 01.05.2040 bis zum 1. Werktag eines jeden Monats im Voraus eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von jeweils 722,96 € zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf und zwar jeweils ab dem auf den ersten Werktag eines jeden Monats folgenden Tag für den Fall, dass die Zahlung durch die Beklagte nicht am ersten Werktag eines jeden Monats erfolgt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Prämienzahlungspflicht für die Lebensversicherung und für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Versicherungsnummer ... ab dem 01.12.2020 bis längstens zum 01.05.2040 zu befreien.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 722,96 € monatlich durch Überschusszuweisungen zu erhöhen, beginnend ab 01.06.2018, längstens bis zum 30.04.2040.
17
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung
18
Die Beklagte bestreitet, das Tätigkeitsbild und die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers.
19
Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, ein klägerischer Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente käme jedenfalls frühestens ab Dezember 2018 in Betracht. Der Antrag des Klägers sei auf den 12.12.2018 datiert. Gemäß § 1 Abs. 3 S.2 BB-BUZ entstehe ein Anspruch damit erst mit Beginn des Monats der schriftlichen Mitteilung, mithin Dezember 2018. Weiter bestünde auch kein Anspruch auf Befreiung von Beiträgen ab 01.12.2020. Überschusszuweisungen erfolgten nicht monatlich, vielmehr werde eine Verteilung der Überschussanteile jährlich jeweils am Ende des Versicherungsjahres vorgenommen.
20
Der Kläger wurde durch das Gericht im Rahmen des Hauptverhandlungstermins am 02.06.2022 informatorisch angehört. Weiter hat das Gericht in diesem Termin auch Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen Henke.
21
Mit Beweisbeschluss vom 15.07.2022 hat das Gericht schließlich den Sachverständigen Dr. med. K. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieses wurde durch den Sachverständigen datiert auf den 03.11.2022 abgefasst und ging am 07.11.2022 bei Gericht ein.
22
Weitere Beweise hat das Gericht nicht erhoben.
23
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 02.06.2022 Bezug genommen.
24
Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 14.12.2022 und 16.12.2022 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, wurde mit Beschluss vom 19.12.2022 der 09.02.2023 bestimmt.

Entscheidungsgründe

25
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
A.
26
Die Klage ist zulässig.
27
I. Insbesondere ergibt sich die Zuständigkeit des Landgerichts Landshut in sachlicher Hinsicht aus §§ 23 Nr.1, 71 Abs. 1 GVG, da der Streitwert 5.000,00 Euro übersteigt. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 215 Abs. 1 S.1 VVG, da der Kläger als Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz in ... P. und damit im Bezirk des Landgerichts Landshut begründet.
B.
28
Die Klage erwies sich als überwiegend begründet.
29
I. Der Versicherungsfall ist eingetreten. Der zwischen den Parteien im Mai 1997 geschlossene Versicherungsvertrag verpflichtet die Beklagte dem Grunde nach zu den beantragten Leistungen. Der Kläger hat vorliegend insoweit zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass er seit 03.05.2018 zu (mindestens) 50% nicht mehr in der Lage ist, seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Verkäufer in einem Baumarkt auszuüben.
30
1. Nach § 2 (1) der „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
31
2. Bei der Ermittlung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten maßgebend, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d.h. solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war. Der Versicherte muss zu dieser konkreten beruflichen Tätigkeit in einem Ausmaß nicht mehr imstande sein, dass nach den Versicherungsbedingungen ein Rentenanspruch begründet wird. Dies muss der Versicherungsnehmer darlegen und beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2003 – IV ZR 238/01; BGH, Hinweisbeschluss vom 11.07. 2012 – IV ZR 5/11).
32
Als Sachvortrag genügt dazu grundsätzlich nicht die Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit, vielmehr müssen die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit anfallenden Arbeiten ihrer Art, ihrem Umfang und ihrer Häufigkeit nach nachvollziehbar – etwa anhand eines Wochenübersichtsplans (Stundenplan) – beschrieben werden (BeckOK VVG/Mangen, 18. Ed. 01.02.2023, VVG § 172 Rn. 88 mwN.)
33
a. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger seine bisherige Tätigkeit und die hieran zu stellenden Anforderungen ausreichend dargelegt. Bereits mit Schriftsatz vom 17.11.2020, dort Anlage K8, hat der Kläger eine typische Arbeitswoche in Form eines Stundenplans sehr detailliert dargelegt, wodurch ein konkretes Bild seiner täglichen Arbeiten vermittelt wurde. Diese schriftlich vorgebrachten Ausführungen hat der Kläger sodann auch im Rahmen seiner informatorischen Anhörung durch das Gericht glaubhaft geschildert. Seine detailreiche, nachvollziehbare Schilderung spricht für ein wahres Erleben. Auch waren die klägerischen Schilderungen in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Kläger war sichtlich um eine möglichst exakte Aussage bemüht und konnte auch Nachfragen des Gerichts nachvollziehbar und überzeugend beantworten. Die Angaben der Klägerin decken sich zudem mit der durchgeführten Beweisaufnahme (s. nachfolgend Ziffer b.)
34
Hinsichtlich der zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Tätigkeit des Klägers geht das Gericht daher davon aus, dass der Kläger zuletzt eine wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden – aufgeteilt auf Montag bis Samstag – absolvierte, wobei die einzelnen Arbeitstage und der arbeitsfreie Tag von Woche zu Woche variierten. Typischerweise begann der Kläger seinen Arbeitstag gegen 07.00 Uhr und nahm jeden Morgen zunächst an einer internen Frühbesprechung teil. Anschließend ging er in die ihm zugewiesene Sanitärabteilung des Baumarkts zurück. Bestandteil der Arbeit des Klägers dort war den Vormittag über insbesondere das Anfertigen von Preisauszeichnungen und Ordersätzen. Sofern Kunden die Abteilung aufsuchten gehörte auch deren Beratung zu den Aufgaben des Klägers. Typischerweise machte der Kläger dann zwischen 11.30 Uhr und 12.00 Uhr eine einstündige Mittagspause. Nach der Pause ging der Kläger sodann zurück in die ihm zugewiesene Abteilung und kontrollierte zunächst, ob die Preisauszeichnungen und Bestellungen fertig sind. Zu seinen weiteren nachmittäglichen Aufgaben zählten hierbei erneut die Beratung von Kunden sowie das Einräumen von Waren oder die Bedienung des Telefons für Rückfragen der Kassierer. Daneben war der Kläger auch als Ansprechpartner für Kollegen aus anderen Abteilungen tätig oder unterstütze im Servicecenter.
35
b. Die Überzeugung des Gerichts ergibt sich weiter aus den glaubhaften Angaben des Zeugen H. , welcher als ehemaliger Arbeitskollege des Klägers dessen Angaben im Rahmen seiner Einvernahme am 02.06.2022 im Wesentlichen bestätigte. An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen hat das Gericht hierbei keine Zweifel. Die Angaben des Zeugen waren detailliert und nachvollziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge – welcher ersichtlich kein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat – auch nur irrtümlich falsche Angaben gemacht hat, bestehen nicht. Für die Glaubhaftigkeit des Zeugen spricht auch, dass dieser offen gegenüber dem Gericht angab, sich an einzelne Details nicht mehr genau erinnern zu können oder auf bestimmte Fragen nur Schätzungen abgeben zu können.
36
3. Unter Zugrundelegung der Ausführungen des Klägers zur Ausgestaltung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit steht für das Gericht aufgrund der überzeugenden Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. med. K. fest, dass der Kläger seit 03.05.2018 zu mindestens 50% außerstande war seinen bisherigen Beruf auszuüben:
37
a. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 03.11.2022 nach Untersuchung des Klägers am 06.10.2022 und Würdigung der als Anlagen vorgelegten medizinischen Dokumente hierbei zunächst ausgeführt, dass der Kläger an einer chronifizierten mittelschweren bis schweren Depression auf der Basis einer Persönlichkeitsstörung, einer komplexen Angsterkrankung sowie einem leichten Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom im Erwachsenenalter leide. Das psychische und psychosomatische Funktionsniveau des Klägers sei hierbei nach Darlegung des Sachverständigen in hohem Maße reduziert. Hochgradig beeinträchtigt seien weiter die Stressresistenz, die Frustrationstoleranz und die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Der Kläger könne sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. K. nur noch sehr eingeschränkt in den Arbeitsprozess integrieren, die Fähigkeit, sich an Regeln zu halten, Termine verabredungsgemäß wahrzunehmen und sich in Organisationsabläufe einzufügen, sei hochgradig reduziert, dies gelte auch für die Planung und Strukturierung von Aufgaben. Die Flexibilität sei ebenfalls hochgradig beeinträchtigt, ebenso die Anwendung fachlicher Kompetenz. Zwar habe der Kläger keine primären kognitiven Defizite, gleichwohl sei aber aus Sicht des Sachverständigen die Fähigkeit, zu entscheiden, zu handeln und zu planen durch die Depression und die Angstsymptomatik hochgradig beeinträchtigt, da das gesamte Denken und der Tagesablauf von diesen seelischen Störungen bestimmt werde. Das Durchhaltevermögen zeige ebenso deutliche Einbußen. Der Kläger könne sich nicht mehr für seine Belange einsetzen. Im interpersonellen Kontakt sei der Kläger gehemmt und introvertiert, sodass die Gruppenfähigkeit darunter leide.
38
Auch die Fähigkeit, sich aufzuraffen, sei deutlich betroffen. Der Tatbestand der kumulierenden Funktionsstörung sei gegeben. Der Sachverständige kommt im Rahmen seiner gutachterlichen Ausführungen sodann weiter zu dem Ergebnis, dass die von ihm beschriebenen seelischen Erkrankungen auf der Funktionsebene zu einer gegenseitig besonders nachteiligen Auswirkung führen. Durch die bestehende Persönlichkeitsstörung und die komplexe Angstsymptomatik könne der Kläger innerseelisch die depressiven Symptome nicht überwinden. Die auffällige Selbst- und Weltsicht und die Angsterkrankung würden hierbei zu einer Chronifizierung des depressiven Bildes führen. Aufgrund des zentralen Aspekts des direkten Kundenkontakts im Rahmen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Klägers zeige sich hier eine hochgradige Einschränkung des psychischen und psychosomatischen Funktionsniveaus, so dass der Grad der Berufsunfähigkeit auf über 80% einzustufen sei. Dieser Grad der Berufsunfähigkeit bestehe hierbei nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr.med. K. ununterbrochen seit 03.05.2018. Es handelt sich um einen chronifizierten Krankheitsverlauf. Auch in Anbetracht der psychiatrischen Komorbidität könne man mit einer Besserung der dargelegten Funktionsstörungen nicht mehr rechnen. Da zentrale Anteile der Persönlichkeit durch die seelische Erkrankung betroffen seien, finde sich ebenfalls eine krankheitsbedingte Einbuße der Willens- und Motivationsstruktur.
39
Von Beklagtenseite wurden hierbei gegen das Ergebnis der Begutachtung keine Einwände erhoben.
40
b. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. K. sind insgesamt vollständig, verständlich, nachvollziehbar und in allen Punkten medizinisch überzeugend. Es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich, an der Sachkunde des Sachverständigen oder an der Richtigkeit der von ihm getroffenen Feststellungen zu zweifeln. Das Gericht schließt sich daher der zutreffenden Einschätzung des Sachverständigen vollumfänglich an und macht sich diese zu Eigen.
II.
41
Mit der Bejahung des Versicherungsfalls hat der Kläger der Höhe nach Anspruch auf folgende Leistungen:
42
1. a. Gemäß § 1 (1) b) der „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ besteht ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, die ausweislich des Nachtrags zum Versicherungsschein vom 22.03.2018 ab 01.05.2018 mit 722,96 Euro monatlich versichert ist. Gemäß § 1 (3) dieser Bedingungen entsteht der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente sodann mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Wird die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich mitgeteilt, so entsteht der Anspruch auf die Versicherungsleistungen erst mit Beginn des Monats der schriftlichen Mitteilung.
43
Eine solche Regelung, die durchgreifenden – insbesondere AGBrechtlichen – Bedenken nicht begegnet, begründet nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, keine – bei Eintritt des Versicherungsfalls vom Versicherungsnehmer zu erfüllende vertragliche Obliegenheit, sondern enthält eine Ausschlussfrist, die regelmäßig objektiv eine verlässliche zeitliche Begrenzung der Leistungspflicht des Versicherers bezweckt, um diesem die alsbaldige Prüfung und zuverlässige Feststellung der geltend gemachten Berufsunfähigkeit zu ermöglichen, ihm rasch Klarheit über seine Leistungspflicht zu verschaffen und sicherzustellen, dass er nicht für – möglicherweise lange Zeit – vor dem Fristablauf begründete, jedoch zunächst unbekannt gebliebene Ansprüche einstehen muss, deren Ausmaß beträchtlich sein kann und bei denen die Sachaufklärung, speziell hinsichtlich der gesundheitlichen Verhältnisse des Versicherten und deren Auswirkungen auf dessen berufliche Tätigkeit, schon durch Zeitablauf prinzipiell schwieriger wird (vgl. etwa BGH, Urteil vom 02.11.1994 – IV ZR 324/-93). Auf die Versäumung der Anzeigefrist kann sich der Versicherer nach Treu und Glauben grundsätzlich nur dann nicht berufen, wenn den Versicherungsnehmer – was dieser zu beweisen hat – daran keinerlei Verschulden trifft, etwa weil er von dem Eintritt eines Zustands, der die Bejahung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit rechtfertigt, unverschuldet nichts wusste; prinzipiell ist allerdings schon einfache Fahrlässigkeit schädlich (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 04.04.2013 – 1 U 94/-12 mwN).
44
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ist das Gericht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Kläger im Zeitraum zwischen dem 03.05.2018 und seinem Anspruchsschreiben vom 02.11.2018 vom Bestehen einer voraussichtlich dauernden Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen keine Kenntnis hatte und ihn an dieser Nichtkenntnis auch kein Verschulden trifft.
45
Seine Überzeugung schöpft das Gericht hierbei aus den Angaben des Klägers im Rahmen der informatorischen Anhörung am 02.06.2022. Der Kläger gab insoweit für das Gericht glaubhaft und nachvollziehbar an, erstmals im Gespräch mit seiner Versicherungsmaklerin der Sparkasse auf eine möglicherweise bei ihm eingetretene Berufsunfähigkeit und einen hieraus resultierenden Anspruch aus seiner Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aufmerksam gemacht worden zu sein. Angesprochen auf seine seit 03.05.2018 fortdauernde Krankschreibung gab der Kläger an, sich nicht über die Auswirkungen seiner Erkrankung auf seine Berufsfähigkeit bewusst gewesen zu sein, sondern stets an eine Rückkehr in den Berufsalltag – entsprechend des konkreten Vorbilds seines Vaters – geglaubt zu haben. Dies erscheint dem Gericht auch deswegen überzeugend, weil der Kläger im Rahmen seiner Anhörung sogar angab, im Jahr 2019 nochmals einen Wiedereintritt in die Berufstätigkeit in Form einer Anstellung als Hausmeister versucht zu haben.
46
Die Beklagte hat daher rückwirkend ab 01.06.2018 Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung an den Kläger zu erbringen.
47
Insgesamt ergibt sich so ein Zahlungsanspruch des Klägers für bislang nicht ausbezahlte Renten (Juni 2018 bis November 2020 = 30 Monate) in Höhe von 21.688,80 Euro.
48
Mit Schreiben vom 27.09.2019 (Anlage K7) hat die Beklagte ihre Leistung endgültig abgelehnt. Für den Zeitraum Juni 2018 bis September 2019 ergäbe sich daher grundsätzlich auf den Betrag in Höhe von 11.567,36 Euro (16 Monate x 722,96 Euro) aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr.3, 288 Abs. 1 BGB bereits ein Zinsanspruch. Verzugsbeginn ist in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB der Tag, der dem Tag nachfolgt, an welchem die Leistung endgültig verweigert wurde. Dies wäre vorliegend daher der 28.09.2019. Dies hat der Kläger vorliegend jedoch nicht beantragt, sodass das Gericht gemäß § 308 Abs. 1 ZPO einen Zinsbeginn erst ab 02.10.2019 für den Betrag in Höhe von 12.290,32 Euro (17 Monate x 722,96 Euro) zusprechen konnte.
49
Für die monatlichen Berufsunfähigkeitsrenten ergibt sich der Anspruch auf Zinsen im Übrigen aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr.1, 288 Abs. 1 BGB.
50
b. Dem Kläger steht gegen die Beklagte weiter ein Anspruch auf Rückzahlung der bis November 2020 geleisteten Prämien in Höhe von 2.591,24 Euro zu. In § 1 (1) a) der „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ haben die Parteien vereinbart, dass der Versicherte während der Dauer der Berufsunfähigkeit von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen vollständig befreit ist. Da der Kläger die Beiträge von Juni 2018 bis November 2020 trotz eingetretener Berufsunfähigkeit und damit zusammenhängender Befreiung insoweit rechtsgrundlos geleistet hat, steht ihm gemäß § 812 Abs. 1 Alt.1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung dieser Beiträge zu. Auch dieser Anspruch ist nach §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr.1, 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.
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2. Der Klageantrag zu 2. ist, soweit er sich auf die Zahlung von Zinsen auf die erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung fälligen Leistungen und damit für die Zeit ab dem 09.02.2023 bezieht, unzulässig.
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Insoweit liegen die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruches nicht vor. Zwar kann gemäß § 258 ZPO bei wiederkehrenden Leistungen auch wegen erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden. Verzugszinsen sind jedoch keine Leistungen im Sinne von § 258 ZPO, sondern Sekundäransprüche, deren Entstehung ungewiss ist. Insoweit kann nur Klage nach § 259 ZPO erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis begründet ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen (BAG, Urteil vom 11.07.2017 – 3 AZR 691/16). Eine derartige Besorgnis ist vorliegend nicht dargetan. Das bloße Bestreiten der Hauptforderung begründet noch keine Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung der Nebenforderung (BAG a.a.O.).
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Soweit der Klageantrag zu 2. zulässig ist, ist er aus oben dargelegten Gründen begründet.
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3. Die Klage war hinsichtlich des Antrages zu 3. als Klage auf Feststellung dahingehend auszulegen, dass keine Ansprüche auf Prämienzahlung im in dem Antrag genannten Zeitraum bestehen. Der Kläger begehrt ersichtlich eine Entscheidung dahingehend, dass er nicht verpflichtet ist, im erfassten Zeitraum Prämien zu zahlen. Statthaft für ein derartiges Klagebegehren ist grundsätzlich eine negative Feststellungsklage. Ein für eine derartige Klage erforderliches Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) ergibt sich bereits daraus, dass sich die Beklagte jedenfalls durch das Bestreiten der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit eines Anspruches auf Prämienzahlungen berühmt hat (vgl. hierzu LG Aachen, Urteil vom 28.01.2021 – 9 O 259/19).
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Die insoweit auszulegende Klage ist ebenfalls aus den oben dargelegten Gründen begründet. Ausweislich § 1 (1) a) der „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ besteht ein Anspruch des Klägers auf volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen. Die letzte Zahlung des Klägers auf den Versicherungsvertrag erfolgte hierbei nach unbestrittenem Vortrag aus der Klageschrift (dort Seite 7) im November 2020, sodass die Freistellung wie beantragt ab 01.12.2020 bis längstens 01.05.2040 festzustellen war.
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4. Die von dem Kläger begehrte Feststellung, dass die Beklagte ihr eine Überschussbeteiligung in Form eines Rentezuwachses zusätzlich zur Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen habe, sofern die Beklagte Überschüsse erwirtschaftet hat, ist zu treffen.
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Eine solche Überschussbeteiligung in Form eines Rentenzuwachses ist in den als Anlage K3 vorgelegten Versicherungsbedingungen, dort „Bestimmungen zur Überschußbeteiligung gemäß § 9 Absatz 12 dieser Bedingungen“ vorgesehen. Dort heißt es:
„Nach Eintritt des Leistungsfalls aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist diese weiterhin am laufenden Überschuß beteiligt. Wir bilden bei der Befreiung von der Beitragszahlungspflicht aus den Überschußanteilen Überschußrenten, die wir verzinslich ansammeln und bei Beendigung der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auszahlen. Sofern eine Berufsunfähigkeitsrente mitversichert ist, verwenden wir die jährlich zuzuteilenden Überschußanteile zur Erhöhung dieser Rente.“
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Daraus ergibt sich, wie von dem Kläger geltend gemacht, dass ihm – sofern Überschüsse erwirtschaftet wurden – eine Überschussbeteiligung in Form eines Rentenzuwachses zusteht, der zusammen mit der Rente auszuzahlen ist.
C.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 S.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S.1,2, ZPO.
D.
60
Der Streitwert folgt der Klageforderung, § 3 ZPO, § 48 GKG. gez.