Titel:
Haltungsverbot, Pferdehaltung, Verstoß gegen Haltungsanordnungen, Schmerzen und Leiden, Beurteilungskompetenz der Amtsveterinäre
Normenkette:
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Schlagworte:
Haltungsverbot, Pferdehaltung, Verstoß gegen Haltungsanordnungen, Schmerzen und Leiden, Beurteilungskompetenz der Amtsveterinäre
Fundstelle:
BeckRS 2023, 52363
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin betrieb gemeinsam mit ihrem Bruder, Herrn H. K., auf dem Anwesen …, … eine landwirtschaftliche Tierhaltung. Auf einer Koppel gegenüber dem Anwesen befindet sich die Pferdehaltung mit zwei Pferden der Antragstellerin. Diese werden ganzjährig auf der Weide mit Unterstand gehalten.
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Die Pferdehaltung der Antragstellerin war bereits in der Vergangenheit Gegenstand tierschutzrechtlicher Beanstandungen. Am 24. Februar 2021 habe ausweislich eines Berichts der Amtsveterinärin des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) (vgl. BA Bl. 2) ein fuchsfarbener Wallach eine mangelhafte Hufpflege aufgewiesen, weshalb eine fachgerechte Hufpflege mündlich angeordnet worden sei.
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Am 2. Mai 2022 ging beim Landratsamt eine Beschwerde über die Tierhaltung der Familie K. ein. Hinsichtlich der Pferde der Antragstellerin sei mitgeteilt worden, dass ein Pferd auf der Weide lahme.
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Aus einem Bericht der Amtsveterinärin Fr. Dr. H. vom 5. Juli 2022 (BA Bl. 2 ff.) geht hervor, dass bei einer Kontrolle am 5. Mai 2022 sowohl Mängel in der Haltungseinrichtung als auch im Zustand der gehaltenen Pferde aufgefallen seien. Die Weide habe sich aufgrund einer bestehenden Baustelle in einem chaotischen Zustand befunden. Der Aufenthaltsbereich der Pferde habe zahlreiche Verletzungsgefahren aufgewiesen. Der vordere Teil der Weide sei morastig aufgeweicht und ohne Grasbewuchs gewesen. Ein fuchsfarbener Kaltblutwallach habe im Schritt eine deutliche Lahmheit der Vordergliedmaße sowie extrem ausgebrochenes Hufhorn an beiden Vorderhufen gezeigt. Die Antragstellerin sei aufgefordert worden, das Pferd mit einer Frist von einer Woche einem Tierarzt vorzustellen. Der Kaltblutwallach habe bei den Nachkontrollen am 22. Juni und 28. Juni 2022 nach wie vor eine deutlich sichtbare Lahmheit im Schritt gezeigt. In der Regel lahme ein Pferd aufgrund akuter oder chronischer Schmerzen. Die Antragstellerin habe das Pferd nur auf behördlichen Druck hin einem Tierarzt vorgestellt. Eine Nachbehandlung durch den Tierarzt sei nicht durchgeführt worden, obwohl sich die Lahmheit nicht gebessert habe und die Tierärztin selbst zu einer Nachbehandlung nach sieben Tagen angewiesen habe.
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Entgegen der tierärztlichen Anweisungen (vgl. BA Bl. 3g) habe der Kaltblutwallach zu den Kontrollzeitpunkten nicht in einer dick eingestreuten Box gestanden, sondern sei auf einer Koppel untergebracht gewesen. Entsprechend des Behandlungsplanes habe dem Pferd zunächst ausschließlich 1 bis 1,5 kg pro 100 kg Körpergewicht Heu gefüttert werden sollen, um eine zu kohlenhydratreiche Fütterung zu vermeiden. Zur Behandlung einer Hufrehe sei ein Umstellen auf Rauhfutter notwendig. Aufgrund der Schmerzen des Pferdes habe die Tierärztin zudem Boxenruhe verordnet. Die Antragstellerin habe den Behandlungsplan missachtet und damit die Heilungschancen des Tieres verzögert.
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Der Huf des Kaltblutwallachs habe hochgradige Veränderungen aufgewiesen. Das Wandhorn sei hochgradig ausgebrochen gewesen, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden verbunden gewesen sei. Dies zeige, dass über einen längeren Zeitraum keine Prüfung der korrekten Stellung und Abnutzung sowie keine qualifizierte Korrektur der Hufe erfolgt sei.
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Bei der dunkelbraunen Stute habe eine heraushängende Zunge sowie stereotypes Kopfschütteln festgestellt werden können, weshalb zum Ausschluss einer neurologischen Erkrankung eine Vorstellung bei einem Tierarzt notwendig gewesen sei. Da die Stute auch ein Scherengebiss aufgewiesen habe, sei auch eine Kontrolle der Zähne erforderlich gewesen.
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Nach Anhörung zu beabsichtigten Haltungsanordnungen mit Schreiben vom 19. Juli 2022 erging unter dem 22. August 2022 ein Bescheid des Landratsamts mit den folgenden zwangsgeldbewehrten Haltungsanordnungen:
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1. Frau K. wird hiermit verpflichtet, den Kaltblutwallach „…“ sofort unter tierärztliche Betreuung zu stellen, bis nach Einschätzung des behandelnden Tierarztes keine weitere Behandlung mehr notwendig erscheint.
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2. Sollte der behandelnde Tierarzt einen Behandlungsplan festgelegen, wird Frau K. verpflichtet, diesen sofort umzusetzen.
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3. Sollte der behandelnde Tierarzt einen Behandlungsplan festlegen, wird Frau K. verpflichtet, diesen sofort dem Veterinäramt (…) vorzulegen.
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4. Die Hufe des Kaltblutwallachs „…“ sind bis zum 02.09.2022 durch einen qualifizierten Hufschmied fachgerecht zu kontrollieren und bei Bedarf zu korrigieren.
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5. Die Hufe des Kaltblutwallachs „…“ sind ab dem 03.09.2022 spätestens alle acht Wochen durch einen qualifizierten Hufschmied fachgerecht zu kontrollieren und bei Bedarf zu korrigieren.
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6. Frau K. hat dem Veterinäramt (…) bis spätestens 05.09.2022 die Nachweise (z.B. Rechnungen) über eine fachgerechte Hufpflege durch einen Hufschmied vorzulegen. Die Nachweise über die wiederkehrenden Kontrollen gem. Ziffer 5 sind von Frau K. auf Verlangen des Veterinäramtes vorzulegen.
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7. Frau K. wird hiermit verpflichtet, die dunkelbraune Stute zum Ausschluss einer neurologischen Erkrankung und zur Abklärung des Zahnbefundes bis zum 02.09.2022 einem Tierarzt vorzustellen.
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8. Ein Nachweis über die tierärztliche Behandlung und Diagnose über die dunkelbraune Stute ist dem Veterinäramt (…) bis spätestens 05.09.2022 vorzulegen.
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Der Bescheid ist inzwischen bestandskräftig.
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Bei einer Nachkontrolle am 6. September 2022 durch die Amtsveterinärin Fr. Dr. H. und Hr. B. vom Landratsamt sei, wie in einem Aktenvermerk vom 8. September 2022 festgehalten wurde (vgl. BA Bl. 10), erneut eine deutliche Verletzungsgefahr im Aufenthaltsbereich der Pferde festgestellt worden. Der Kaltblutwallach habe nach wie vor deutlich gelahmt. Der Zustand der Hufe habe sich nicht verbessert. Große Teilbereiche des Wandhorns seien ausgebrochen gewesen. Die Antragstellerin habe geäußert, noch keinen Tierarzt verständigt zu haben. Entgegen des Bescheides sei auch noch kein Hufschmied, sondern nur ein Hufpfleger kontaktiert worden. Auch eine Abklärungsuntersuchung hinsichtlich der Zunge sei noch nicht durchgeführt worden. Die Antragstellerin habe zum Kontrollzeitpunkt keinen Auflagenpunkt des Bescheides vom 22. August 2022 erfüllt gehabt.
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Unter dem 23. September 2022 erließ das Landratsamt einen Änderungsbescheid, in dem der Antragstellerin für die Erfüllung bestimmter Anordnungen (Ziff. 7 und 8) Fristverlängerung bis zum 30. September 2022 eingeräumt wurde. Außerdem wurde auf die Abklärung einer neurologischen Erkrankung bei der dunkelbraunen Stute verzichtet.
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Mit Schreiben vom 30. September 2022 stellte das Landratsamt wegen Verstoßes gegen die behördlichen Anordnungen im Bescheid vom 22. August 2022 Zwangsgelder in Höhe von 700,00 EUR fällig.
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Am 10. Oktober 2022 habe eine weitere Vor-Ort-Kontrolle der Pferdehaltung der Antragstellerin stattgefunden (vgl. Aktenvermerk, BA Bl. 22). Die Pferde hätten sich in den Stallungen befunden, sodass diese nicht hätten in Augenschein genommen werden können. Die Antragstellerin habe der Amtsveterinärin Fr. Dr. H. mitgeteilt, dass seit der tierärztlichen Untersuchung im Mai kein Tierarzt mehr hinzugezogen worden sei. Auch für die Stute sei kein Tierarzt verständigt worden. Ein Hufschmied sei ebenfalls nicht hinzugezogen worden. Die Antragstellerin sei nicht bereit gewesen, den Kaltblutwallach vorzuführen, habe aber erklärt, dass dieser nach wie vor lahme. Weiterhin habe die Antragstellerin keine Einsicht und Bereitschaft gezeigt, mitzuwirken.
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Unter dem 21. Oktober 2022 wurden deshalb weitere Zwangsgelder in Höhe von 150,00 EUR fällig gestellt.
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Mit Schreiben vom 14. Dezember 2022 wurde die Antragstellerin zu einem beabsichtigten Pferdehaltungsverbot angehört, wobei ihr Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 16. Januar 2023 eingeräumt wurde.
24
Mit Bescheid vom 24. Januar 2023, zugestellt am 25. Januar 2023, untersagte das Landratsamt der Antragstellerin die Haltung und Betreuung von Pferden auf ihrem Anwesen …, … und an jedem anderen Ort ab sofort. Ziff. 2 des Bescheides sei bis zum 16. Februar 2023 hiervon ausgenommen (Ziff. 1). Die Antragstellerin werde verpflichtet, den Kaltblutwallach „…“ sowie die dunkelbraune Stute bis zum 16. Februar 2023 an einen anderen zur Pferdehaltung geeigneten Halter im Sinne des § 2 TierSchG zu verkaufen oder abzugeben. Sie habe dem Veterinäramt den neuen Halter sofort mitzuteilen und einen entsprechenden Nachweis (Kaufvertrag) über die Abgabe vorzulegen. Eine Abgabe an Herrn … K. werde untersagt (Ziff. 2). Falls die Antragstellerin der Verpflichtung aus Ziff. 2 nicht rechtzeitig nachkomme, habe sie die Wegnahme des Kaltblutwallach „…“ und der dunkelbraunen Stute durch das Veterinäramt an einen geeigneten Halter zu dulden (Ziff. 3). Die sofortige Vollziehung der Ziff. 1, 2 und 3 werde angeordnet (Ziff. 4). Sollte die Antragstellerin den in Ziff. 1 und 2 angeordneten Maßnahmen nicht nachkommen, würden ihr die Pferde mittels unmittelbaren Zwangs weggenommen (Ziff. 5). Die Antragstellerin habe die Kosten des Verfahrens zu tragen (Ziff. 6). Für diesen Bescheid werde eine Gebühr in Höhe von 100 EUR festgesetzt. Die Auslagen betrügen für die Postzustellungsurkunde 3,45 EUR (Ziff. 7).
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Das Pferdehaltungsverbot in Ziff. 1 stütze sich auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG i. V. m. § 2 TierSchG. Die Pflege eines Tieres gehöre zu denen aus § 2 Nr. 1 und 3 TierSchG ersichtlichen Aufgaben von Tierhaltern. Hierzu zählten auch regelmäßige Kontrollen des Gesundheitszustands und vor allem die Behandlung erkrankter Tiere durch qualifizierte Tierärzte. Die Antragstellerin habe die beiden Pferde seit Juni keinem Tierarzt bzw. Hufschmied vorgestellt und komme damit wiederholt ihren Tierhalterpflichten nicht nach. Damit habe sie dem Kaltblutwallach und der dunkelbraunen Stute weiterhin Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden im Sinne des § 2 TierSchG zugefügt. Eine bereits im Schritt auftretende, klar erkennbare Lahmheit, die nicht innerhalb kürzester Zeit verschwinde, sei immer als Abweichung vom physischen Grundzustand des Pferdes zu werten. In der Regel lahme das Pferd aufgrund akuter oder chronischer Schmerzen. Bei Feststellung einer Hufrehe sei das schnelle Hinzuziehen eines Tierarztes erforderlich. Es sei notwendig, den Anweisungen des Tierarztes Folge zu leisten, um dem Tier die Möglichkeit zu bieten, sich von den Schmerzen zu erholen. Zu einer angemessenen Hufpflege gehöre außerdem, unbeschlagene Pferde alle sechs bis acht Wochen auf Stellung und Abnutzung der Hufe zu kontrollieren oder für fachgerechten Beschlag oder anderweitig geeigneten Hufschutz zu sorgen. Bereits die Nachkontrolle am 28. Juni 2022 habe eine hochgradige Veränderung an den Vorderhufen des Kaltblutwallachs gezeigt. Das Wandhorn sei hochgradig ausgebrochen gewesen. Dass die Veränderung derart weit fortgeschritten gewesen sei, könne durch die Hufrehe bedingt gewesen sein. Diese Veränderungen gingen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit erheblichen Schmerzen und Leiden einher. Die Antragstellerin sei den Anordnungen im Bescheid vom 22. August 2022 in Verbindung mit dem Änderungsbescheid vom 23. September 2022 wiederholt nicht nachgekommen. Sie sei mehrfach auf die Dringlichkeit der Untersuchungen hingewiesen worden, habe diesbezüglich aber keine Einsicht gezeigt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sie auch in Zukunft den Anordnungen nicht nachkomme und weitere Zuwiderhandlungen begehen werde. Aufgrund fehlender Alternativen stelle das Pferdehaltungsverbot auch das mildeste Mittel dar und sei deshalb verhältnismäßig. Dem Tierwohl (Art. 20a GG) müsse in diesem Fall gegenüber den privaten Interessen der Antragstellerin der Vorrang eingeräumt werden.
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Die Anordnungen in Ziff. 2 und 3 stützten sich auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 TierSchG. Die Antragstellerin sei den behördlichen Anordnungen wiederholt nicht nachgekommen, sodass den Pferden weiterhin Schmerzen und Leiden zugefügt worden seien (vgl. Ziff. 1).
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Der Sofortvollzug in Ziff. 4 werde im öffentlichen Interesse angeordnet. Das Individualinteresse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse am Tierwohl hintanstehen. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung hätte zur Folge, dass die Pferde bei nicht artgerechter Haltung weiteren Schmerzen ausgesetzt wären. Insbesondere der gesundheitliche Zustand des Wallachs stehe einem Aufschub einer tierärztlichen Behandlung entgegen. Die Gefahren für die Gesundheit der Tiere sprächen für ein sofortiges Einschreiten.
28
Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziff. 5 beruhe auf Art. 29, 30, 32, 34 und 36 VwZVG. Im Falle der Antragstellerin lasse die Anordnung eines weiteren Zwangsgeldes keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten, da sie auch die bisherigen Zwangsgelder nicht bezahlt habe. Deshalb sei die Androhung unmittelbaren Zwanges erforderlich.
29
Es folgt die Begründung der Kostenentscheidung in den Ziff. 6 und 7.
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Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2023, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 23. Februar 2023, legte die Antragstellerin „Widerspruch“ gegen den Bescheid vom 24. Januar 2023 ein. Zur Begründung wird ausgeführt, die braune Stute sei am 28. Juni 2022 ohne Absprache oder vorherige Beanstandung untersucht worden. Bis heute sei ihr (der Antragstellerin) nicht erklärt worden, wie der Befund Scherengebiss zustande gekommen sei. Der Fuchswallach werde behandelt. Im Mai 2022 sei eine Tierärztin hinzugezogen worden, deren Anweisungen befolgt worden seien. Der Behandlungsplan – Spritzen von Heparin, Verabreichung von Phenylbutazon, Boxenruhe – sei konsequent für zwei Wochen durchgeführt worden. Die Behandlung habe sich als kontraproduktiv erwiesen, da das Hufhorn weich geworden sei, das Pferd im Nierenbereich zu schwitzen begonnen habe und so unruhig gewesen sei, dass es wieder auf die Weide gelassen worden sei.
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Mit gerichtlichem Hinweis vom 28. Februar 2023 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass das Gericht von einer Klageerhebung ausgeht.
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Mit am 3. April 2023 beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenen Schriftsatz beantragte die Klägerin außerdem,
die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 23.02.2023.
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Mit Schriftsatz vom 12. April 2023 beantragt der Antragsgegner, den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO abzuweisen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin habe ihre beiden Pferde nicht entsprechend § 2 Nr. 1 und 3 TierSchG angemessen gepflegt. Zur Pflege gehörten sowohl regelmäßige Kontrollen des Gesundheitszustandes sowie regelmäßige Kontrollen und Korrekturen der Stellung der Hufe durch einen ausgebildeten Hufschmied. Insbesondere sei die Hinzuziehung eines Tierarztes im Falle der Erkrankung von Tieren notwendig. Die stetige Abwehrhaltung der Antragstellerin in Bezug auf das behördliche Verfahren lasse nicht erwarten, dass Weisungen und Anordnungen in der Zukunft befolgt würden, um eine tierschutzkonforme Tierhaltung sicherzustellen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
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Der Antrag hat keinen Erfolg und ist deshalb abzulehnen.
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1. Der Antrag ist im wohlverstandenen Sinne der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass diese die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Ziff. 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheides (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und hinsichtlich der Ziff. 5 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Art. 21 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Zustellungsgesetz – VwZVG) begehrt. Die Klage gegen die Ziff. 6 und 7 des Bescheides hat aufschiebende Wirkung, so dass sich der Antrag im Eilrechtsschutz nicht hierauf bezieht.
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2. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
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Bei Zugrundelegung der genannten Maßstäbe hat die Klage nach summarischer Prüfung keinen Erfolg. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Ergänzend zu den Gründen des angegriffenen Bescheids vom 24. Januar 2023 – auf den zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen und insoweit von einer gesonderten Darstellung abgesehen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog) – ist zur Sache sowie zum Antragsvorbringen noch das Folgende auszuführen:
41
a. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der streitgegenständlichen Haltungsuntersagung ist – obwohl es sich beim Tierhaltungsverbot um einen Dauerverwaltungsakt handelt – der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.1990 – 1 B 155.90 – juris Rn. 3; U.v. 29.3.1996 – 1 C 28.94 – juris Rn. 15; Hirt/Moisack/Moritz/Felde, TierSchG, § 16a Rn. 50a).
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b. Das in Ziffer 1 des Bescheids verfügte Verbot der Haltung und Betreuung von Pferden erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG kann demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nr. 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierschG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeden Art untersagt werden.
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aa. Zutreffend ist das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid davon ausgegangen, dass seitens der Antragstellerin wiederholte Zuwiderhandlungen gegen § 2 TierSchG sowie gegen behördliche Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG vorlagen. Gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Die Pflege eines Tieres umfasst allgemein die Fütterung, Reinhaltung, Reinigung, Gesundheitsfürsorge, Heilbehandlung, den Schutz vor Witterungseinflüssen und die Schaffung günstiger Luft- und Lichtverhältnisse (vgl. VG Bayreuth, GB v. 24.10.2012 – B 1 K 10.534 – juris Rn. 16). Insbesondere fällt darunter auch die tierärztliche Behandlung von erkrankten Tieren sowie bei Pferden die regelmäßige Kontrolle der Stellung der Hufe durch einen ausgebildeten Hufschmied.
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(1) Die Antragstellerin hat ihre Pferde nicht angemessen im Sinne dieser Definition gepflegt, da sie trotz Erkrankung der Tiere zunächst keinen Tierarzt bzw. Hufschmied hinzugezogen bzw. später den tierärztlichen Behandlungsplan nicht eingehalten hat, um die Schmerzen und Leiden der Tiere zu verhindern.
45
Die Pferdehaltung der Antragstellerin war bereits wiederholt Gegenstand veterinärrechtlicher Kontrollen, die zu Beanstandungen der Tierhaltung führten. So wurde die Pferdehaltung der Antragstellerin bereits am 24. Februar 2021 beanstandet, da der fuchsfarbene Kaltblutwallach eine mangelhafte Hufpflege aufwies. Bei einer weiteren Kontrolle am 5. Mai 2022 hat das Landratsamt sowohl Mängel in der Haltungseinrichtung als auch im Zustand der gehaltenen Pferde festgestellt. Bei der Kontrolle fiel insbesondere auf, dass der fuchsfarbene Kaltblutwallach eine deutliche Lahmheit der Vordergliedmaße sowie ein extrem ausgebrochenes Hufhorn an beiden Vorderhufen zeigte. Die Antragstellerin wurde daraufhin aufgefordert, das Pferd einem Tierarzt vorzustellen. Zwar kam die Antragstellerin der behördlichen Aufforderung nach, setzte jedoch die von der Tierärztin Fr. Dr. S. empfohlenen Maßnahmen zur Heilung des Pferdes nicht um. Insbesondere erfolgte keine Nachbehandlung durch die Tierärztin, obwohl diese ebenfalls empfohlen wurde. Bei der Nachkontrolle der Pferdehaltung am 22. Juni 2022 wies der Kaltblutwallach weiterhin eine deutlich sichtbare Lahmheit im Schritt auf. Es wurde seitens des Landratsamts festgestellt, dass der Kaltblutwallach nicht – wie von der Tierärztin angeraten – in einer dick eingestreuten Box, sondern auf der Koppel gehalten wurde, obwohl der Behandlungsplan aufgrund der Schmerzen des Pferdes eine Boxenruhe vorsah. Das Landratsamt stellte auch fest, dass die Maßnahmen zur Behandlung der Hufrehe, die Umstellung des Futters auf Heu, nicht ergriffen wurden. Weiterhin wurde dokumentiert, dass das Wandhorn des Pferdes hochgradig ausgebrochen war und über einen längeren Zeitraum keine Prüfung der korrekten Stellung und Abnutzung der Hufe bzw. eine qualifizierte Korrektur erfolgte. Bei einer weiteren Kontrolle am 28. Juni 2022 fiel zudem ein deutliches Scherengebiss bei der Stute auf.
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Sofern die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20. Februar 2023 vorträgt, der tierärztliche Behandlungsplan sei zunächst zwei Wochen konsequent durchgeführt worden, habe sich jedoch als kontraproduktiv erwiesen, so muss dem entgegengehalten werden, dass – ungeachtet der Frage, ob die Feststellungen der Antragstellerin überhaupt zutreffen und bejahendenfalls ob diese auf die tierärztlichen Behandlungsmaßnahmen zurückzuführen sind – jedenfalls eine erneute Vorstellung des Pferdes bei der Tierärztin unter Hinweis auf diese Feststellungen angezeigt gewesen wäre, um weiteres Leiden des Tieres zu verhindern.
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(2) Außerdem hat die Antragstellerin wiederholt gegen behördliche Anordnungen verstoßen, indem sie sich bewusst über die im bestandskräftigen Bescheid vom 22. August 2022 festgesetzten Haltungsanordnungen hinweggesetzt hat.
48
Unter dem 22. August 2022 wurde die Antragstellerin zwangsgeldbewehrt u.a. dazu aufgefordert, den Kaltblutwallach unter tierärztliche Betreuung zu stellen, die Hufe des Pferdes durch einen qualifizierten Hufschmied kontrollieren und bei Bedarf korrigieren zu lassen und den Zahnbefund von einem Tierarzt abklären zu lassen. Auch nach einer Fristverlängerung durch den Änderungsbescheid vom 23. September 2022 ist die Antragstellerin den behördlich angeordneten Verpflichtungen nicht nachgekommen, weshalb mit Schreiben vom 30. September 2022 Zwangsgelder in Höhe von 700,00 EUR fällig gestellt wurden. Bei der Kontrolle der Pferdehaltung am 10. Oktober 2022 hat sich die Antragstellerin weiterhin uneinsichtig und ohne Mitwirkungsbereitschaft gezeigt. Sie teilte dem Landratsamt mit, dass bisher weder ein Tierarzt hinzugezogen wurde noch eine Kontrolle durch einen Hufschmied stattgefunden hat. Daraufhin stellte das Landratsamt mit Schreiben vom 21. Oktober 2022 weitere Zwangsgelder in Höhe von 150,00 EUR fällig, da die Antragstellerin auch den Anordnungen, die Kieferstellung der Stute überprüfen zu lassen, nicht nachgekommen ist.
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bb. Durch dieses Verhalten der Antragstellerin wurden den Pferden länger anhaltende Leiden zugefügt. Notwendig, aber auch ausreichend für die Annahme von Leiden ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass das Wohlbefinden des Tieres über schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung hinaus für eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne beeinträchtigt ist (vgl. BGH, U.v. 18.2.1987 – 2 StR 159/86 – NJW 1987, 1833, 1834; VGH BW, B.v. 3.11.2004 – 1 S 2279/04 – RdL 2005, 55; VGH BW, B.v. 15.12.1992 – 10 S 3230/91 – juris Rn. 23 m.w.N.). Der tierschutzrechtliche Leidensbegriff setzt weiterhin nicht voraus, dass die Beeinträchtigung nachhaltig ist (BGH, U.v. 18.12.1987, a.a.O.; VGH BW, U.v. 15.12.1992 – 10 S 3230/91 – juris Rn. 23). Im streitgegenständlichen Bescheid vom 24. Januar 2023 wurde ausführlich begründet, weshalb von einem Leiden der Pferde auszugehen ist (vgl. S. 6 des Bescheides). Es wurde darin festgehalten, dass eine im Schritt auftretende, klar erkennbare Lahmheit, die nicht innerhalb kürzester Zeit verschwindet, immer als Abweichung vom psychischen Grundzustand des Pferdes zu werten ist und ein Pferd in der Regel aufgrund von akuten und chronischen Schmerzen lahmt. Bei einer Hufrehe ist neben einer tierärztlichen Behandlung derselben auch die Ermittlung der Ursache notwendig. Ein Missachten des tierärztlichen Behandlungsplans führt zu verzögerten bzw. zu verhinderten Heilungschancen und geht deshalb mit weiteren Schmerzen und Leiden einher. Im Bescheid wird auch ausgeführt, dass die vorgefundenen Veränderungen an den Vorderhufen des Kaltblutwallachs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Schmerzen und Leiden verbunden sind. Bei den festgestellten Zahnproblemen kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass diese zu einer verminderten Futteraufnahme führen und Schmerzen im Maul verursachen.
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cc. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt beamteten Tierärzten sowohl hinsichtlich der Frage, ob grobe oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen, als auch hinsichtlich der Frage, ob den Tieren hierdurch erhebliche und länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden, eine vorrangige fachliche Beurteilungskompetenz zu (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2020 – 23 ZB 20.1254 – juris Rn. 37; B.v. 14.7.2020 – 23 CS 20.1087 – juris Rn. 7; B.v. 9.11.2018 – 9 CS 18.1002 – juris Rn. 7; B.v. 31.1.2017 – 9 CS 16.2021 – juris Rn. 15; Metzger in Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 15 Rn. 19 u. § 16a Rn. 41). Ein amtstierärztliches Gutachten ist grundsätzlich ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 – 3 B 62.13 – juris Rn. 10). Es ist zwar möglich, die von dem beamteten Tierarzt getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften oder dort beschäftigten Fachtierärzten in Frage zu stellen (vgl. NdsOVG, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – juris Rn. 39). Schlichtes Bestreiten des Halters vermag die Aussagekraft der amtstierärztlichen Beurteilung jedoch nicht zu entkräften (vgl. OVG Berlin-Bbg., B.v. 28.6.2010 – OVG 5 S 10.10 – juris Rn. 9). Zur Entkräftung ist vielmehr ein substantiiertes Gegenvorbringen erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 23.12.2014 – 9 ZB 11.1525 –, juris Rn. 9; B.v. 3.3.2016 – 9 C 16.96 – juris Rn. 7).
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An die Dokumentation von Verstößen sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Zwar ist es zweifellos vorzugswürdig, wenn sich das Gutachten in einem Dokument unter der Überschrift „Gutachten des beamteten Tierarztes“ bei den Behördenakten befindet und der Bescheid dies aufgreift. Es besteht jedoch kein derartiges Formerfordernis. Es reichen dokumentierte Aussagen des beamteten Tierarztes zu dem Zustand des Tieres beziehungsweise zu den Bedingungen vor Ort, wo das Tier gehalten wird, die einzelfallbezogen den Schluss auf das Vorliegen einer Zufügung erheblicher oder länger anhaltender Schmerzen oder Leiden zulassen. Diese können beispielsweise die Form eines Vermerks, eines Protokolls oder auch von Fotoaufnahmen annehmen (BayVGH, B.v. 12.3.2020 – 23 CS 19.2486 – juris Rn. 23 ff.). Ausgehend davon finden sich in der vorgelegten Behördenakte zahlreiche Stellungnahmen (vgl. den Bericht der Amtsveterinärin Fr. Dr. H., BA Bl. 2 ff.) und Aktenvermerke (vgl. BA Bl. 10, 19 f., 22) sowie Lichtbilder (vgl. BA Bl. 3 ff.), die die Feststellungen der beamteten Tierärztin und auch deren Schlussfolgerungen dokumentieren und die in den streitgegenständlichen Bescheid eingeflossen sind.
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dd. Die Maßnahmen dienen dazu, die bestehenden tierschutzwidrigen Zustände zu beseitigen und künftige Verstöße zu vermeiden. Denn haben sich im Verantwortungsbereich der Antragstellerin bereits wiederholte Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben ereignet, kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Das Verbot der Tierhaltung und -betreuung setzt im Fall gravierender und zahlreicher Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen und Anordnungen die (bloße) Gefahr voraus, dass die Tiere andernfalls erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen erleiden (BayVGH, B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456, BeckRS 2017, 124750). Die Tierschutzbehörde muss nicht sehenden Auges warten, bis den Tieren, nachdem weniger belastende Einzelanordnungen keine nachhaltige Besserung der Tierhaltung erbracht haben, weiter erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden (VG Würzburg, B.v. 29.01.2020 – W 8 S 20.160 – juris Rn. 27). Die wiederholten Verstöße der Antragstellerin gegen die tierärztlichen Behandlungsempfehlungen sowie gegen die festgesetzten Haltungsanordnungen in Verbindung mit der fehlenden Einsichtsfähigkeit und Mitwirkungsbereitschaft begründen die Gefahr, dass im Falle einer weiteren Haltung von Pferden diesen Leiden zugefügt würden.
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ee. Bei der Entscheidung des Landratsamts liegen keine Ermessensfehler vor. Im angefochtenen Bescheid wurde ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die Behörde die konkret getroffenen Maßnahmen für geboten erachtet. Die Haltungsuntersagung ist weiterhin verhältnismäßig. Insbesondere hat das Landratsamt ausführlich dargelegt, weshalb andere mildere Mittel, wie etwa die Durchführung weiterer Kontrollen in der Zukunft oder eine zeitlich befristete anderweitige pflegliche Unterbringung, vorliegend nicht in Betracht kommen (vgl. Ausführungen im Bescheid, S. 7).
54
c. Die Anordnungen in Ziff. 2 und 3 begegnen bei summarischer Prüfung keinen Rechtmäßigkeitsbedenken. Zur Vermeidung dessen, dass Tiere an ungeeignete Personen abgegeben werden oder es zu einer bloßen „Scheinabgabe“ an Angehörige oder Freunde kommt, darf auch die Abgabe an bestimmte Personen – wie im konkreten Fall eine Abgabe der Pferde an Herrn K., den Bruder der Antragstellerin – untersagt werden (vgl. VG München, B.v. 15.9.2021 – M 23 S 21.4748 – juris Rn. 43; Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023 § 16a Rn. 52). Insbesondere hat sich die Anordnung in Ziff. 2 nicht im Sinne von Art. 43 Abs. 2 Var. 4 BayVwVfG durch Zeitablauf erledigt, soweit im Bescheid eine Frist bis zum 16. Februar 2023 zur Abgabe bzw. zum Verkauf der Pferde gesetzt wurde, da die der Antragstellerin auferlegte Verpflichtung hierdurch nicht befristet wurde (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auflage 2017, § 43 Rn. 40c m.w.N.). Im Übrigen war die ursprünglich gesetzte Frist zur Erfüllung der angeordneten Verpflichtung angemessen. Beim Vollzug der Anordnung wird das Landratsamt der Antragstellerin nunmehr eine neue, angemessene Frist zur Erfüllung ihrer Verpflichtung setzen.
55
d. Die Sofortvollzugsanordnung in Bezug auf die Ziff. 1 bis 3 entspricht – wie das Landratsamt zu Recht ausgeführt hat – dem öffentlichen Interesse an der Herstellung tierschutzgerechter Zustände.
56
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 entspricht auch den (formalen) Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 VwGO. Im Tierschutzrecht ist die zu befürchtende Gefahr weiterer Verstöße gegen Anforderungen des Tierschutzrechts, insbesondere von § 2 TierSchG, und die damit verbundenen Gefahren von Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere als Begründung des Sofortvollzugs in der Regel ausreichend (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 30, 51; Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Auflage 2019, § 16a Rn. 23 m.w.N.). Das besondere Vollzugsinteresse ergibt sich im Tierschutzrecht im Falle konkreter Gefährdung der Tiere regelmäßig bereits aus der Grundverfügung (vgl. BayVGH, B.v.31.1.2017 – 9 CS 16.2021 – juris Rn. 12; B.v. 5.10.2016 – 9 CS 16.1257 – juris Rn. 16).
57
e. Gegen die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziff. 5 bestehen bei summarischer Prüfung ebenfalls keine Rechtmäßigkeitsbedenken.
58
Da das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung von der Rechtmäßigkeit der Ziff. 1 und 2 ausgeht und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid nicht wiederherstellt, existiert insbesondere eine vollstreckbare Grundverfügung (Art. 19 VwZVG). Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. So wurde der unmittelbare Zwang schriftlich angedroht (Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG). Art. 36 Abs. 2 Satz 1 VwZVG hält fest, dass die Androhung auch mit dem Verwaltungsakt verbunden werden kann, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird und soll nach Satz 2 sogar mit diesem verbunden werden, wenn – wie vorliegend – der sofortige Vollzug angeordnet wurde. Außerdem wurde entsprechend Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG ein bestimmtes Zwangsmittel angedroht. Auch bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Androhung unmittelbaren Zwangs, da in der Vergangenheit eine bloße Zwangsgeldbewehrung keine Wirkung gezeigt hat.
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3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin als unterliegende Partei, § 154 Abs. 1 VwGO.
60
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i. V. m. Nr. 1.5, 35.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).