Inhalt

VG München, Urteil v. 13.12.2023 – M 29 K 23.4296
Titel:

Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung

Normenkette:
BayBauvorlV § 3 Nr. 3, § 8
Leitsatz:
Ist ein Bauvorhaben von einer bestandskräftigen Beseitigungsverfügung mitumfasst, fehlt für eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für dieses Bauvorhaben das Sachbescheidungsinteresse. (Rn. 28 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung, fehlendes Sachbescheidungsinteresse bei bestandskräftiger Beseitigungsverfügung, erforderlicher Maßstab bei Bauzeichnungen, Baugenehmigung, Erteilung, Klage, Sachbescheidungsinteresse, Beseitigungsverfügung, Bestandskraft, Bauvorhaben, Bauzeichnungen, Maßstab
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 19.08.2024 – 1 ZB 24.288
Fundstelle:
BeckRS 2023, 51954

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfriedungszauns als Metallgitterzaun mit Betonsockel.
2
Im Rahmen von zwei Baukontrollen am ... Mai 2016 und am … August 2016 stellte der Beklagte fest, dass auf den Grundstücken des Klägers mit den Fl.Nrn. 633/17, 633/16, 633/19 und 633/3 (jeweils Gemarkung …) jeweils eine Gabionenwand mit Betonsockel als Einfriedung errichtet worden ist. Mit Bescheid vom 18. April 2017 verpflichtete der Beklagte den Kläger, innerhalb von drei Monaten ab Bestandskraft des Bescheides die als Einfriedung errichtete Gabionenwand auf den Grundstücken Fl.Nrn. 633/17, 633/16, 633/19 und 633/3 (jeweils Gemarkung …..) zu beseitigen (Nr. I). Für die nicht fristgerechte und nicht vollständige Erfüllung dieser Verpflichtung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- € angedroht (Nr. II).
3
Die hiergegen erhobene Klage des Klägers wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. September 2019 abgewiesen (M 29 K 17.2023). Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Mai 2020 wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (1 ZB 19.2395). Eine hiergegen erhobene Anhörungsrüge des Klägers wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juli 2020 zurückgewiesen (1 ZB 20.1382).
4
Bereits am … Juli 2019 hat der Kläger die Grundstücke mit den Fl.Nrn. 633/16, 633/17 und 633/19 veräußert. Die Käufer, die Eheleute M., wurden am … September 2019 im Grundbuch eingetragen.
5
Bei einer Baukontrolle am ... September 2020 wurde festgestellt, dass die Gabionenwand nach wie vor nicht beseitigt worden ist.
6
Der Beklagte erließ am 20. Oktober 2020 gegenüber den Eigentümern der Fl.Nrn. 633/17, 633/19 und 633/16, den Eheleuten M., eine Duldungsverfügung hinsichtlich der mit Bescheid vom 18. April 2017 gegen den Kläger angeordneten Beseitigung der ungenehmigt als Einfriedung errichteten Gabionenwand, ordnete den Sofortvollzug an und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- € für jeden Verpflichteten an.
7
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2020, zugestellt am 30. Oktober 2020, stellte das Landratsamt gegenüber dem Kläger das mit der Anordnung vom 18. April 2017 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- € fällig und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- € für den Fall an, dass der Kläger der Beseitigungsanordnung nicht innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft dieses Bescheides nachkomme.
8
Die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. September 2021 (M 29 K 20.6240) abgewiesen. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Mai 2022 wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (1 ZB 22.463).
9
Der Kläger beantragte am 29. Oktober 2020 (Eingang beim Landratsamt) gemeinsam mit den Eheleuten M. eine Baugenehmigung betreffend ein Vorhaben „Tektur zum gen. Eingabeplan BV.NR. … v. 10.7.80 Errichtung einer Einfriedungsmauer als Gabionenwand“.
10
Mit Schreiben des Landratsamts vom 1. Februar 2021 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass das zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben demjenigen entspreche, dessen Beseitigung verfügt worden sei. Die Beseitigungsanordnung sei in zwei Instanzen gerichtlich bestätigt worden, weshalb davon ausgegangen werde, dass bereits das Sachbescheidungsinteresse fehle. Es werde daher empfohlen, den Bauantrag zurückzunehmen.
11
Mit Bescheid des Landratsamts vom 11. Mai 2021 wurde der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das genannte Bauvorhaben abgelehnt. In den Gründen des Bescheides heißt es, mit rechtskräftiger Abweisung der Klage gegen die Beseitigungsanordnung stehe fest, dass die Errichtung der Gabionenwand sowohl formell als auch materiell baurechtswidrig sei. Einem Bauantrag, der nur auf die Einleitung eines Baugenehmigungsverfahrens gerichtet sei, fehle aufgrund der bestandskräftigen Beseitigungsanordnung, seit deren Erlass die Sach- und Rechtslage unverändert geblieben sei, bereits das Sachbescheidungsinteresse.
12
Die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil der erkennenden Kammer vom 15. September 2021 (M 29 K 21.3147) abgewiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 12. Mai 2022 ab (1 ZB 22.370).
13
Nachdem eine Baukontrolle am ... Februar 2022 ergeben hat, dass die Gabionenwand unverändert ist, wurde mit Schreiben des Landratsamtes vom 22. März 2022 das Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- € fällig gestellt und ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 8.000,- € angedroht.
14
Auch eine Baukontrolle am … August 2022 ergab keine Veränderung hinsichtlich der zu beseitigenden Gabionenwand, woraufhin das Landratsamt mit Schreiben vom 10. Oktober 2022 das Zwangsgeld in Höhe von 8.000,- fällig gestellt und einen Bescheid hinsichtlich der Androhung der Ersatzvornahme erlassen hat (Ziffer 1). Die Kosten der Ersatzvornahme wurden auf 46.000,- € veranschlagt und der Kläger aufgefordert, diesen Betrag innerhalb von 6 Wochen nach Zustellung des Bescheides zu zahlen (Ziffer 2) .
15
Die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil der erkennenden Kammer vom 14. Dezember 2022 abgewiesen (M 29 K 22.3488). Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Juni 2023 abgelehnt (1 ZB 23.532).
16
Der Kläger beantragte mit am 22. Mai 2023 beim Landratsamt eingegangenem Formblattantrag die Erteilung einer Tekturbaugenehmigung zur Errichtung eines Einfriedungszaunes als Metallgitterzaun mit Betonsockel. Die Beigeladene hat das gemeindliche Einvernehmen hierzu nicht erteilt.
17
Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2023 hat der Klägerbevollmächtigte nochmals Stellung genommen und ausgeführt, die Beseitigungsverfügung vom 18. April 2017 betreffe die Gabionenwand und lasse daher das Sachbescheidungsinteresse des Klägers hinsichtlich der Errichtung eines Metallgitterzauns nicht entfallen.
18
Mit Bescheid des Landratsamts vom 7. August 2023 wurde der Bauantrag des Klägers abgelehnt. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, der Kläger habe erneut die Einfriedung beantragt, deren Beseitigung bereits bestandskräftig verfügt worden sei. Dass der Kläger zwischenzeitlich die Gabionensteine aus den Metallgitterkörben entfernt habe, ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der gesamten Einfriedung. Die Beseitigungsanordnung beinhalte die vollständige Beseitigung der Einfriedung. Sie stelle die formelle und materielle Illegalität der betroffenen Anlage verbindlich fest. Daher stehe sie der positiven Verbescheidung eines Bauantrags in gleicher Sache entgegen.
19
Mit der am … August 2023 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
20
Er macht geltend, die Gabionenwand sei nicht ungenehmigt errichtet worden, da ihm der vormalige 2. Bürgermeister der Beigeladenen diese mündlich zugesagt habe. Er wolle aber auch keine Baugenehmigung zur Errichtung einer Gabionenwand. Beantragt worden sei ein Metallgitterzaun mit Betonsockel. Letzterer gehöre nicht zu einer Gabionenwand, da eine solche nach den maßgeblichen technischen Vorschriften auch auf einem Schotterfundament errichtet werden könne. Der Metallgitterzaun sei licht- und luftdurchlässig. Die Gittergröße sei so beschaffen, dass der Zaun für Kleintiere kein Hindernis darstelle. Einfriedungen seien in der unmittelbaren Umgebung des klägerischen Anwesens ebenso vorhanden wie im gesamten … Moos.
21
Der Kläger beantragt,
22
den Bescheid des Beklagten vom 7. August 2023 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Baugenehmigung nach Plan-Nr. 2023- … zu erteilen.
23
Der Beklagte beantragt,
24
die Klage abzuweisen.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen

Entscheidungsgründe

26
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
27
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Der dies ablehnende Bescheid des Beklagten ist mit anderen Worten rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
28
1. Dem Kläger fehlt angesichts der bestandskräftigen Beseitigungsverfügung vom 18. April 2017, die in zwei Instanzen bestätigt worden ist, bereits das Sachbescheidungsinteresse (vgl. BayVGH, B. v. 23.11.2015 – 1 ZB 15.1978 – juris, m.w.N.).
29
Hieran vermag auch der Umstand, dass der Kläger nun nicht mehr die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung einer Gabionenwand, sondern eines Metallgitterzaunes begehrt, nichts zu ändern. Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er nicht etwa nach vollständiger Beseitigung der Gabionenwand entsprechend des Bescheides vom 18. April 2017 eine neue Einfriedung errichten will. Vielmehr beabsichtigt er, die Gabionenwand nur teilweise dergestalt zu beseitigen, dass ein Metallgitterzaun mit Betonfundament verbleibt. Damit ist das Bauvorhaben des Klägers von der bestandskräftigen Beseitigungsverfügung mitumfasst, die dem Sachbescheidungsinteresse des Klägers folglich entgegensteht.
30
2. Überdies genügen die mit dem Bauantrag eingereichten Pläne den Anforderungen der Bauvorlagenverordnung nicht.
31
Gemäß § 3 Nr. 3 BauVorlV sind im Baugenehmigungsverfahren Bauzeichnungen vorzulegen, für die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV ein Maßstab von 1:100 zu verwenden ist. Dem werden die vom Kläger eingereichten Pläne, für die ein Maßstab von 1:200 gewählt worden ist, nicht gerecht. Zwar kann gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 2.Hs BauvorlV dann ein größerer Maßstab gewählt werden, wenn er dafür ausreicht. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Der vom Kläger zur Genehmigung gestellte Zaun variiert in seiner Höhe ausweislich der eingetragenen Vermaßung zwischen 1, 55 m und 1,65 m. Die Planzeichnungen lassen angesichts des großen Maßstabs nicht erkennen, wo genau der Zaun in welcher Höhe errichtet werden soll. Auch Höhenunterschiede im Gelände sind den Plänen nicht zu entnehmen.
32
3. Schließlich ist das Bauvorhaben des Klägers auch bauplanungsrechtlich unzulässig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen hierzu im Urteil der erkennenden Kammer vom 25. September 2019 verwiesen (M 29 K 17.2023).
33
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).