Titel:
Voraussetzungen eines Maklerdienstvertrages bei einer Studienplatzvermittlung
Normenkette:
BGB § 652 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Vermittlung eines Studienplatzes für Humanmedizin an einer Universität stellt einen Maklerdienstvertrag dar, so dass nur im Erfolgsfall ein Honorar nach § 652 Abs. 1 BGB zu zahlen ist. (Rn. 24 – 49) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Inanspruchnahme wegen einer Geldforderung begründet nicht ohne Weiteres einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des in Anspruch Genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Maklerdienstvertrag, Erfolgshonorar, Widerrufsbelehrung, Feststellungsinteresse, Kostenerstattungsanspruch, Vertragsauslegung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Endurteil vom 05.08.2024 – 36 U 3263/23 e
BGH Karlsruhe, Urteil vom 05.06.2025 – I ZR 160/24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 51886
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von 885,80 € wegen des Schreibens seiner Rechtsanwälte vom 13.09.2022 hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 12.084,17 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Vergütung für die Vermittlung eines Studienplatzes im Ausland und die Feststellung, dass dem Beklagten wegen des Schreibens seines Anwalts vom 13.09.2022 zur Forderungsabwehr kein Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten zusteht.
2
Die Klägerin vermittelt für Studienbewerber aus Deutschland und Österreich Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie an ausländischen Universitäten in gegenwärtig 10 Ländern. Ihre Mitarbeiter stellen für die Studienbewerber die von den Universitäten geforderten Bewerbungsunterlagen zusammen, übernehmen die Anfertigung von Übersetzungen und Beglaubigungen, reichen die Bewerbungsunterlagen bei den Universitäten ein und führen die bis zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens notwendige Korrespondenz mit den Universitäten. Sofern für den Erhalt eines Studienplatzes seitens der Universitäten Zugangstest von den Studienbewerbern zu durchlaufen sind, bietet die Klägerin diese nach Möglichkeit in Kooperation mit der Universität zur Ablegung in Deutschland sowie entsprechende Vorbereitungskurse in Deutschland an. Die Klägerin begleitet nicht nur den Gang der Bewerbung bei der jeweiligen Universität, sondern unterstützt die Studenten gegebenenfalls vor und während ihres Studiums durch Mitarbeiter vor Ort bei organisatorischen Angelegenheiten, wie zum Beispiel der Wohnungssuche, Behördengängen usw. für die erfolgreiche Vermittlung eines Studienplatzes verlangt die Klägerin von den Bewerbern eine einmalige Vergütung in Höhe einer Jahresstudiengebühr der jeweiligen Universität. Von den Universitäten erhält die Klägerin keine Provision.
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Am 14.07.2022 bestellte der Beklagte über die Website (Anlage K1) der Klägerin deren Infopaket (Anlage K2). Zusammen mit dem Infopaket erhielt der Beklagte auch einen Vordruck (Anlage K3) für die schriftliche Erteilung eines Vermittlungsauftrags gegenüber der Klägerin. Der Beklagte füllte den Vermittlungsauftrag am 20.07.2022 aus, unterzeichnete ihn und übersandte ihn der Klägerin. Als gewünschten Studiengang hatte der Beklagte Humanmedizin, als gewünschten Studienbeginn Wintersemester 2022/2023 und Sommersemester 2023 (Februar/März 2023) mit dem handschriftlichen Zusatz „(auch okay)“ und als gewünschten Studienort Mostar/Bosnien angekreuzt. Unter „VI Vermittlungsbedingungen“ des Antragsformulars der Klägerin ist folgendes geregelt:
Der Studienbewerber übermittelt die für das Bewerbungsverfahren erforderlichen Unterlagen und nimmt an eventuellen Aufnahmetests der gewählten Universität(en) teil.
Soweit die gewählte Universität einen eigenen Aufnahmetest durchführt, bemüht sich, diesen Test in Deutschland anzubieten. Für die Durchführung eines Aufnahmetests betragen die Kosten 500 EUR (netto).
3.1. Erhält der Studienbewerber einen Studienplatz unter Mitwirkung von ..., zahlt der Studienbewerber an ein Erfolgshonorar (netto) in Höhe einer Jahresstudiengebühr der jeweiligen Universität für den beauftragten Studiengang.
3.2. Auslagen, (zum Beispiel für Übersetzungen/Beglaubigungen/ Universitätsgebühren) werden nach ihrem tatsächlichen Anfall vom Studienbewerber erstattet.
4.1. Die Parteien sind an diese Vermittlungsvereinbarung ab Unterzeichnung und nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres des gewünschten Studienbeginns gebunden.
4.2. In der Vergütung beinhaltet ist die Teilnahme am Studien-Vorbereitungskurs der ... . Die Teilnahme erfolgt freiwillig, eine Nichtteilnahme begründet keine finanziellen Ansprüche.
4.3. Für den Abschluss und die Abwicklung dieses Vertrages gilt deutsches Recht. …
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das als Anlage K3 vorgelegte Antragsformular Bezug genommen.
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Die Mitarbeiter der Klägerin übersandten dem Beklagten die für die Bewerbung an der Universität ... von diesen auszufüllenden Dokumente, die dieser am 31.07.2022 an die Klägerin zurücksandte.
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Am Nachmittag des 22.08.2022 wandte sich die Mutter des Beklagten per E-Mail (Anlage B1) an die Klägerin und teilte folgendes mit:
„Sehr geehrter Herr ..., mein Sohn hat vor gut 2 Wochen mit Ihnen einen Vertrag zur Studienplatzvermittlungmedizin in ... geschlossen. Aufgrund besonderer Umstände wird er ein Studium im Oktober nicht antreten können. Ich bitte deshalb den Bewerbungsprozess zu stoppen und ihre bisherigen Leistungen in Rechnung zu stellen. Telefonisch habe ich bereits ihre Mitarbeiter der Studienberatung informiert.“
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Die Klägerin antwortete hierauf am selben Tag per E-Mail (Anlage B1) und teilte der Mutter des Beklagten folgendes mit:
„Sehr geehrte Frau ..., der Vertrag wurde nicht „vor gut 2 Wochen“, sondern vor über einem Monat geschlossen, das Widerrufsrecht ist insoweit längst abgelaufen. Die Universität hat auch bereits am 06.08.2022 seine Zulassung bestätigt. Den vom Dekan unterschriebenen Bescheid wird ihr Sohn nach seiner Urlaubsrückkehr kommende Woche erhalten, ob er diesen dann annimmt oder nicht, muss er dann selbst entscheiden.“
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In einer weiteren E-Mail Korrespondenz (Anlage B2, B1) zwischen der Mutter des Beklagten und der Klägerin am selben Tag erklärte die Mutter des Beklagten, der Beklagte könne aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht so weit entfernt einen Studienplatz annehmen. Die Klägerin wies die Mutter des Beklagten dann daraufhin, dass dies das eigene Risiko des Beklagten sei.
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Mit Rechnung vom 06.09.2022 (Anlage K7) verlangte die Klägerin vom Beklagten einen Betrag in Höhe von 11.198,67 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage K7 vorgelegte Rechnung Bezug genommen.
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Der Beklagte hat den von der Kläger verlangten Rechnungsbetrag nicht bezahlt.
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Mit Schreiben vom 13.09.2022 (Anlage K8) zeigte der Beklagtenvertreter gegenüber der Klägerin seine Vertretung an, bestritt die Forderung der Klägerin und wies sie darauf hin, dass er ihr seine Rechtsanwaltskosten in Rechnung stellen werde, wenn die Klägerin der Ansicht sein sollte, die Korrespondenz mit seinem Mandanten fortführen zu wollen. Höchst vorsorglich widerrief und kündigte er den Vertrag aus allen Rechtsgründen, u.a. wegen Vorstoßes der Widerrufsbelehrung gegen gesetzliche Vorschriften.
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Mit der Klage verlangt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung ihrer Rechnung. Mit Schriftsatz vom 20.12.2022 erweiterte sie die Klage um den Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens eines Anspruchs des Beklagten gegen die Klägerin auf Rechtsanwaltskosten wegen des Schreibens vom 13.09.2022.
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Die Klage war ursprünglich im Urkundenprozess erhoben. Die Klägerin hat dann aber hiervon Abstand genommen.
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Die Klägerin behauptet, ihre Mitarbeiter hätten die Bewerbungsunterlagen des Beklagten an der Universität ... eingereicht. Hierbei seien ihr unter anderem Auslagen für die bei der Universität einzuzahlende Bewerbungsgebühr in Höhe von 140 BAM (Bosnische Mark) entstanden. Dieser Betrag von 140 BAM habe am 06.09.2022 einem Betrag in Höhe von 71,68 € entsprochen. Mit Zulassungsbescheid vom 06.09.2022 (Anlage K5) sei der Beklagte von der Universität ... zum Medizinstudium zugelassen worden.
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Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne vom Beklagten die begehrte Vergütung verlangen. Der Beklagte habe den Vertrag nicht gekündigt. Eine Kündigungserklärung des Beklagten sei ihr nicht zugegangen, ebenso wenig ein Rücktritt vom Vertrag. Es seien auch keine Kündigungs- oder Rücktrittsgründe ersichtlich. Auch ein wirksamer Widerruf liege nicht vor. Der mit Schreiben vom 13.09.2022 erfolgte Widerruf sei verspätet. Die Widerrufserklärung der Klägerin sei nicht zu beanstanden. Selbst im Falle eines wirksamen Widerrufs hätte der Beklagte nach § 357a II BGB Wertersatz zu leisten, da der Beklagte ausdrücklich verlangt habe, dass die Klägerin mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginne.
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Die Klägerin beantragt,
- 1.
-
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.198,67 € bzw. 21.902,69 BAM nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 2.
-
Es wird festgestellt, dass der Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von 885,80 € wegen des Schreibens seiner Rechtsanwälte vom 13.09.2022 hat.
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Der Beklagte beantragt
K l a g e a b w e i s u n g.
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Der Beklagte ist der Ansicht, der Beklagte habe den Vertrag durch Anwaltsschreiben fristgerecht widerrufen. Die Widerrufsbelehrung entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben schon wegen der – zumindest missverständlichen – Platzierung der Widerrufsbelehrung unmittelbar im Anschluss an den Abschnitt mit hervorgehobener Groß-Überschrift „Optionales Zusatzangebot“ bzw. als dessen Bestandteil. Daher habe die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen.
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Auch ein Wertersatz sei nicht geschuldet. Es fehle eine verständliche Belehrung. Ein Wertersatz sei nicht mit einer „Vermittlungsprovision“ gleichzusetzen.
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Ein Zahlungsanspruch bestehe auch nicht wegen eines Verstoßes gegen AGBrechtliche Vorschriften.Die Formulierung „… Erfolgshonorar (netto) in Höhe einer Jahrestudiengebühr der jeweiligen Universität“ sei wegen fehlender Klarheit und Verständlichkeit eine unangemessene Bestimmung und daher nach § 307 BGB unwirksam. Aus den Vermittlungsbedingungen ergebe sich kein Betrag. Die Preisangabe sei intransparent. Im Übrigen wäre die Preisklausel unangemessen hoch und daher nach § 308 Nr. 7 BGB unwirksam. Zudem müsse dem Beklagten gestattet sein, dass der im konkreten Fall angemessene Betrag wesentlich niedriger sei als der pauschalierte Betrag. Entsprechend § 309 Nr. 5b BGB sei die vorliegende Klausel unwirksam, da sie den Gegenbeweis nicht ausdrücklich zulasse.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19.06.2003 20 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nur hinsichtlich des Feststellungsantrags begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
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Bei der von der Klägerin verlangten Provision für die Vermittlung des Studienplatzes in Höhe von 9.203,25 € netto handelt es sich um eine Maklerprovision, die erst entsteht, wenn der Beklagte den Studienplatz annimmt. Der Beklagte hat den Studienplatz nicht angenommen. Daher ist kein Vergütungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten entstanden.
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Für die übrigen von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen hat sie trotz Bestreitens des Beklagten keinen Beweis angeboten, so dass sie insoweit beweisfällig geblieben ist. Daher war die Klage auch hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen abzuweisen.
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Die von der Klägerin für den Beklagten übernommene Vermittlung eines Studienplatzes für Humanmedizin an der Universität ... stellt einen Maklerdienstvertrag dar.
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1. Zwischen den Parteien ist ein Vertrag zustande gekommen, dessen Inhalt sich aus dem Antragsformular (Anlage K3) ergibt, das von beiden Parteien unter dem Datum des 20.07.2022 unterzeichnet wurde.
26
a. Die Laufzeit des Vertrages war bis zum Ablauf des Kalenderjahres des gewünschten Studienbeginns vorgesehen. Damit war die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen. Die Kündigungserklärung der Mutter in der Email vom 22.08.2022 war daher unwirksam.
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b. Eine Umdeutung als Rücktritt führt mangels Rücktrittsgrund auch nicht zur Beendigung des Vertrages.
28
c. Auch eine außerordentliche Kündigung ist unwirksam. Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung wird vom Beklagten nicht geltend gemacht.
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d. Ein fristgerechter Widerruf liegt nicht vor. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen war nach Unterzeichnung des Vertrages am 20.07.2022 zum Zeitpunkt der Email der Mutter des Beklagten vom 22.08.2022 und zum Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens des Beklagten am 13.09.2022 bereits abgelaufen. Die Widerrufsbelehrung ist wirksam. Aus der Platzierung der Widerrufsbelehrung am Ende des Vertrags unter Ziffer 6 ergibt sich unmissverständlich, dass sich die Widerrufsbelehrung auf den vorliegenden Vertrag bezieht und nicht nur auf das „optionale Zusatzangebot“. Im Übrigen macht der Beklagte keine Fehler hinsichtlich der Widerrufsbelehrung geltend.
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2. Inhalt des Vertrages war die Vermittlung eines Studienplatzes für Humanmedizin in ... durch die Klägerin für den Beklagten. Hierfür sollte der Beklagte ein Erfolgshonorar in Höhe einer Jahresstudiengebühr an die Klägerin zahlen, wenn der Beklagte einen Studienplatz unter Mitwirkung der Klägerin erhält. In den Vermittlungsbedingungen ist zwar nur vereinbart, dass der Beklagte der Klägerin die notwendigen Bewerbungsunterlagen übersendet und er an die Klägerin eine Vergütung zahlt, wenn der Beklagte einen Studienplatz erhält. Von einer Verpflichtung der Klägerin zum Tätigwerden ist nicht ausdrücklich die Rede. Im Wege der Auslegung ist aber davon auszugehen, dass die Klägerin auch eine Verpflichtung zur Einreichung der Unterlagen bei der Universität trifft. Denn laut Ziffer 3.1. waren beide Parteien ab Unterzeichnung an diese Vermittlungsvereinbarung bis zum Ablauf des Kalenderjahres des gewünschten Studienbeginns gebunden. Der Beklagte musste daher nach dem objektiven Empfängerhorizont davon ausgehen, dass sich die Klägerin auch zu einem Tätigwerden verpflichtet hat.
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Die Auslagen der Klägerin sollte der Beklagte nach ihrem tatsächlichen Anfall erstatten. In der Vergütung war laut Vertrag die Teilnahme am Studienvorbereitungskurs der ... GmbH enthalten. Die Teilnahme sollte freiwillig erfolgen und eine Nichtteilnahme sollte keine finanziellen Ansprüche begründen. Die von der Klägerin in der Klage behauptete Unterstützung der Studenten gegebenenfalls vor Ort und während ihres Studiums durch Mitarbeiter bei organisatorischen Angelegenheiten, wie zum Beispiel der Wohnungssuche, Behördengängen und so weiter, ist im Antragsformular nicht genannt. Das von der Klägerin behauptete Rundum-Sorglos-Paket ist daher nicht Inhalt der Vereinbarung zwischen den Parteien geworden.
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a. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf ein Erfolgshonorar sollte erst entstehen, wenn der Beklagte einen Studienplatz unter Mitwirkung der Klägerin erhält. Nicht näher erläutert ist dabei, was das „Erhalten“ eines Studienplatzes bedeutet, also ob bereits ein Zulassungsbescheid der Universität das „Erhalten“ eines Studienplatzes darstellt oder ob der Beklagte erst mit dem Abschluss eines Studienplatzvertrages einen Studienplatz „erhält“.
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b. Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe bereits mit dem Zulassungsbescheid der Universität ... vom 06.09.2022, dessen Echtheit der Beklagte bestreitet, einen Studienplatz erhalten.
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c. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Zulassungsbescheid der Universität ... (Anlage K6) ergibt sich, dass der Beklagte als ein Student akzeptiert wird. Für den Fall, dass die Universität keine Immatrikulation des Beklagten erhält, wird sein Platz an den nächsten Kandidaten vergeben.
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d. Auf der Internetseite der Klägerin (vorgelegt als Anlage K1, S. 4) ist der Verlauf des Bewerbungsverfahrens dargestellt. Dort heisst es: Persönliches Kennenlernen, Auftragserteilung, Bewerbungsunterlagen, Aufnahmetest, Studienvertrag. Die Erteilung eines Zulassungsbescheids ist nicht genannt.
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e. Die Vertragsbedingungen der Klägerin stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 I BGB dar. Sie sind von der Klägerin als Verwenderin für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die sie dem Beklagten gestellt hat. Nach § 305c II BGB gehen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders.
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f. Daher ist hier davon auszugehen, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin erst entsteht, wenn der Beklagte mit der Universität ... den Studienplatzvertrag abgeschlossen hat.
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g. Der Beklagte hat unstreitig keinen Studienplatzvertrag mit der Universität ... abgeschlossen. Daher ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht entstanden.
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h. Im Übrigen wäre bei einer Auslegung der Vereinbarung, wonach der Vergütungsanspruch mit dem Erlass des Zulassungsbescheids entsteht, diese Klausel unwirksam wegen eines Verstoßes gegen § 307 II Nr. 1 BGB. Eine solche Klausel wäre mit einem wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Maklerrechts nicht zu vereinbaren. Beim Maklervertrag entsteht die Vergütung erst mit dem Abschuss des Hauptvertrages (Grüneberg/Retzlaff, § 652 Rz. 22). Der Auftraggeber ist durch die Einschaltung des Maklers in seiner Entschließungs- und Abschlussfreiheit grundsätzlich nicht beschränkt (Grüneberg/Retzlaff, a.a.O. Rz. 19). Er bleibt Herr des Geschäfts und muss keine Rücksicht darauf nehmen, dass der Makler nur beim Zustandekommen des Geschäfts den Maklerlohn verdient (Grüneberg/Retzlaff, a.a.O. Rz. 19).
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a.a. Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung hinsichtlich der Vermittlung eines Studienplatzes an der Universität ... stellt einen Maklerdienstvertrag dar.
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a.a.a. Beim Maklerdienstvertrag ist der Maklervertrag durch die Kombination von Elementen des Makler- und des Dienstvertrages so ausgestaltet, dass zwar der Makler eine Tätigkeitsverpflichtung übernimmt, dass ihm aber selbst ein Vergütungsanspruch nur unter den Voraussetzungen des § 652 BGB zusteht (BGH NJW 1988, 967 ff). In diesem Falle kann der Makler keine Vergütung für seine Tätigkeit als solche fordern, sondern nur eine Maklerprovision beim tatsächlichen Zustandekommen des Hauptvertrages (BGH a.a.O.).
42
b.b.b. Möglich ist auch eine Vertragsgestaltung, bei der lediglich die Tätigkeit als solche vergütet wird (BGH a.a.O.). Dies ist zwischen den Parteien nicht vereinbart.
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c.c.c. Zu unterscheiden hiervon ist der Maklerwerkvertrag, bei dem sich die Vergütung entweder nach Werkvertragsgrundsätzen oder nach § 652 BGB richtet (BGH a.a.O.). Für eine Bewertung des Vertrages ist dieser auszulegen. Ein Maklerwerkvertrag liegt hier nicht vor, da sich die Klägerin nicht zur Herbeiführung eines Erfolgs verpflichtet hat
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d d.d. Beim Maklerdienstvertrag handelt es sich im Kern um einen Maklervertrag, also um einen Vertrag, der auf einen Nachweis oder eine Vermittlung eines Hauptvertrages, d.h. eines Vertrags in der Regel zwischen dem Auftraggeber und einem Dritten, gerichtet ist (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 82 A., § 652 Rz. 11). Welche Leistungen der Makler bringen soll, d. h. welchen Hauptvertrag nach Art und Inhalt er zwischen welchen Personen auf welche Art und Weise zustande bringen soll, ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln. Der Makler kann über die maklertypische Verpflichtung hinaus zusätzliche Leistungen übernehmen, zum Beispiel Beratung und Mithilfe bei Planung, Kalkulation, Finanzierung eines Bauvorhabens auf dem vermittelten Grundstück. Insoweit handelt es sich um eine (zusätzliche) Geschäftsbesorgung, in der Regel mit Dienstvertragscharakter. Es gelten dann die Grundsätze für gemischte Verträge.
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e.e.e. Hiervon abzugrenzen ist der Dienstvertrag. Der Dienstvertrag (§ 611 ff BGB) begründet im Gegensatz zum Maklervertrag eine Verpflichtung zum Tätigwerden und eine Verpflichtung zur erfolgsunabhängigen Zahlung einer Vergütung. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Klägerin sollte das Erfolgshonorar nur erhalten, wenn der Beklagte einen Studienplatz erhält. Ein Dienstvertrag liegt hier somit nicht vor.
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f.f.f. Weiter hiervon abzugrenzen ist der Werkvertrag. Ein Werkvertrag (§ 631 BGB) verpflichtet den Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks. Soweit Vertragsinhalt die Herstellung eines körperlichen Werkes ist, ist darunter die Herstellung eines bisher nicht vorhandenen Werkes, sei es durch völlige Neuherstellung oder Neugestaltung, Reparatur oder Erweiterung eines bereits vorhandenen Werkes, zu verstehen. Typische, dem Werkvertragsrecht unterliegende körperliche Werke sind nach den individuellen Wünschen oder planerischen Vorgaben des Bestellers zu fertigende Maschinen, Apparate, Fahrzeuge oder Bauwerke. Als körperliche Werke zu werten sind auch Werke, die an sich eine geistige Leistung zum Gegenstand haben, aber in körperlicher Form dokumentiert werden. Hierher gehören insbesondere Zeichnungen, Pläne oder schriftliche Gutachten (BeckOGK/Merkle, 1.4.2023, BGB § 631 Rn. 485). Vorliegend haben die Parteien keine Vereinbarung getroffen, die die Klägerin zur Herstellung eines Werks verpflichtet. Die Vermittlung eines Studienplatzes ist eine Tätigkeit der Klägerin, die nicht die Herstellung eines Werks der Klägerin darstellt. Der Studienplatz stellt vielmehr einen Vertrag zwischen dem Beklagten und der Universität dar.
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g.g.g. Entgegen der Ansicht der Klägerin, die sich auf die von ihr vorgelegten Rechtsprechungsnachweise verschiedener Gerichte bezieht und auf die nicht im einzelnen eingegangen werden soll, liegt auch kein Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen vor. Dies ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten. Dabei entspricht das in manchen Entscheidungen aufgeworfene Argument, das Risiko, dass ein Bewerber einen Studienplatz nicht annimmt, könne nicht auch noch der Klägerin aufgebürdet werden, wenn sie doch schon das Risiko trage, dass der Bewerber nicht die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, gerade dem Wesen des Maklervertrages. Es gilt der Grundsatz „Des Maklers Mühe ist oft vergebene Mühe“.
48
h.h.h. Die Klägerin hat sich hier gegenüber dem Beklagten vertraglich verpflichtet, dessen Bewerbungsunterlagen bei der Universität ... einzureichen und ihm so einen Studienplatz dort zu vermitteln. Den Studienplatz erhält der Beklagte erst mit dem Abschluss eines Studienvertrages. Der Beklagte hat den Studienvertrag mit der Universität ... nicht abgeschlossen. Somit hat er keinen Studienplatz erhalten. Ein Vergütungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ist daher nicht entstanden. Eine Auslegung der vorliegenden Vereinbarung dahin gehend, dass die Vergütung mit dem Zulassungsbescheid der Universität, also dem Angebot auf Abschluss eines Studienvertrages, entsteht, widerspricht somit einem wesentlichen Grundgedanken des Maklerrechts, wonach die Vergütung nur bei Abschluss des Hauptvertrages entsteht.
Der Aufwendungsersatz der Klägerin
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Der Beklagte hat die von der Klägerin behaupteten Aufwendungen bestritten. Die Klägerin hat keinen Beweis für die von ihr behaupteten Aufwendungen angeboten. Sie ist daher beweisfällig geblieben. Daher war die Klage auch insoweit abzuweisen.
B. Zum Feststellungsantrag
50
1. Der (negative) Feststellungsantrag ist zulässig (§ 256 I ZPO), insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin, da sich der Beklagte, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, einer Forderung gegen die Klägerin berühmte. Er wies darauf hin, dass er bei einer weiteren Korrespondenz anwaltliche Kosten gegen sie geltend machen werde und dem Beklagten also ein Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten zustehe.
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2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet.
52
a. Die Inanspruchnahme wegen einer Geldforderung begründet nicht ohne Weiteres einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des in Anspruch Genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten (BGH NJW 2007, 1458, beck-online).
53
b. Wird jemand unberechtigt als angeblicher Schuldner mit einer Forderung konfrontiert und entstehen ihm bei der Abwehr dieser Forderung Kosten, dann kommen als Anspruchsgrundlage für einen Ersatzanspruch regelmäßig culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzung (jetzt §§ 280, 311 BGB) oder die deliktischen Vorschriften (§§ 823, 826 BGB) in Betracht (BGH NJW 2007, 1458 Rn. 8, beck-online).
54
c. Die Geltendmachung unberechtigter Ansprüche und nicht bestehender Rechte kann zwar unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten zu einem Ersatzanspruch führen (dazu BGH, NJW 2007, 1458). Liegt sie aber – wie hier – darin, dass der eine Partner eines (gegenseitigen) Vertrags aus diesem Vertrag Ansprüche gegen den anderen Partner ableitet, die ihm nach dem Vertrag nicht zustehen, kommt allein ein Anspruch aus der Verletzung vertraglicher Pflichten in Betracht (BGH NJW 2009, 1262, beck-online).
55
d. Eine Haftung der Klägerin aus § 280 I S. 1 BGB scheidet aber nach § 280 I S. 2 BGB aus, wenn sie nicht fahrlässig gehandelt und die Verletzung ihrer Pflichten nach § 276 I S. 1, II BGB nicht zu vertreten hat (BGH NJW 2009, 1262, beck-online).
56
e. Bleibt ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (BGH, NJW 2008, 1147; Haertlein, MDR 2009, 1 [2]; BGH NJW 2009, 1262, beck-online).
57
f. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin den vertraglich geregelten Vergütungsanspruch geltend gemacht. Sie ging dabei davon aus, dass ihr eine Vergütung laut ihren Vertragsbedingungen zusteht. Daher durfte sie ihren Vergütungsanspruch gegen den Beklagten geltend machen, ohne eine Schadensersatzpflicht befürchten zu müssen.
58
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 II Nr. 1 ZPO.
59
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
60
Der Streitwert ergibt sich aus der Summe der beiden Klageanträge (§ 39 I GKG: Zahlungsantrag: 11.198,67 €; Feststellungsantrag: 885,80 €).