Inhalt

LArbG München, Urteil v. 06.03.2023 – 5 Sa 508/22
Titel:

Arbeitgeberdarlehen – einheitliches Rechtsgeschäft

Normenkette:
BGB § 307 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
Die zugrundliegenden Verträge (Ausbildungsvertrag, Darlehensvertrag und Arbeitsvertrag) bilden ein einheitliches Rechtsgeschäft. Die anzuwendende Ausschlussfrist aus dem Rahmenvertrag schließt den streitgegenständlichen Anspruch auf Darlehensrückzahlung aus, da die Forderung nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde. Auf eine Inhaltskontrolle und die Frage der Angemessenheit der Rückzahlungsvereinbarung kam es deswegen nicht mehr an. (Rn. 32, 41, 43 und 45)
Von einem einheitlichen Rechtsgeschäft ist auch dann auszugehen, wenn äußerlich selbstständige Rechtsgeschäfte durch den Willen der Parteien miteinander verknüpft sind. Ein sogenannter „Einheitlichkeitswille“ liegt vor, wenn das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt ist, die möglicherweise äußerlich getrennten Rechtsgeschäfte also miteinander stehen und fallen sollen. Dabei kommt es auf den rechtlichen Zusammenhang und nicht auf eine wirtschaftliche Verknüpfung an. Ob es sich aufgrund eines entsprechenden Willens der Vertragsparteien um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, ist durch Ermittlung und Auslegung des – objektiv erkennbaren – Parteiwillens festzustellen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auslegung von AGB, einheitliches Rechtsgeschäft, Ausschlussfrist
Vorinstanz:
ArbG München, Endurteil vom 05.07.2022 – 16 Ca 5978/21
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Urteil vom 16.04.2024 – 9 AZR 181/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 51063

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 05.07.2022, Az.: 16 Ca 5978/21, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Rückzahlung eines Darlehens, das dem Beklagten zur Finanzierung eines Lehrgangs zur Erlangung einer Musterberechtigung für ein bestimmtes Flugzeugmuster zur Verfügung gestellt wurde.
2
Der Kläger wurde mit Beschluss des AG A-Stadt vom 01.04.2019 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der … mbH i. L. (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) bestellt. Die Insolvenzschuldnerin führte Lufttransporte aller Art einschließlich Personenbeförderung durch.
3
Der Beklagte hatte sich bei der Insolvenzschuldnerin auf eine Stelle als Co-Pilot auf dem Flugzeugtyp A 320 Family beworben. Er verfügte zu diesem Zeitpunkt über die allgemeine Erlaubnis zum Verkehrsflugzeugführer, jedoch nicht über die sogenannte Musterberechtigung (Type Rating) für das Flugzeugmuster der Airbus A 320 Family. Eine Musterberechtigung ist zwingender Bestandteil der erforderlichen Luftfahrterlaubnis für ein bestimmtes Flugzeugmuster und wird durch eine mehrmonatige theoretische und praktische Einweisung mit anschließender Prüfung erworben.
4
Am 02.07.2018 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen „Darlehensvertrag zur Finanzierung der Type-Rating-Kosten für das Flugzeugmuster Airbus A320 Family“ (Bl. 73 f. d. A.). Hierin finden sich u. a. folgende Regelungen:
„Im Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit der Gesellschaft vereinbaren die Parteien folgendes Darlehen und zwar zur Finanzierung des/der Type Rating Lehrganges/Prüfung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family:
§ 1 Darlehen
Die Gesellschaft gewährt dem Darlehensnehmer ein Darlehen iHv 20.950 EUR
… (, Darlehensbetrag‘).
§ 2 Fälligkeit der Auszahlung
Die Auszahlung des Darlehensbetrages erfolgt durch die Gesellschaft bei Ausbildungsbeginn direkt an den Darlehensnehmer. Die Auszahlung der ersten Rate in Höhe von 10.475 EUR erfolgt zum Ausbildungsbeginn 23.07.2018 und die Auszahlung der zweiten Rate in Höhe von 10.475 EUR erfolgt zum 06.08.2018.
§ 3 Zins/Lohnsteuer
(1) Das Darlehen ist nicht zu verzinsen.
(2) Die aufgrund der zinslosen Darlehensgewährung etwaig entstehende Lohnsteuer trägt die Gesellschaft
§ 4 Tilgung
(1) Das Darlehen ist in monatlichen Raten in Höhe von 225 EUR … (Höhe der Einzelraten), mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses zu tilgen und zwar jeweils zum Ende des Monats, der dem Beginn des Arbeitsverhältnisses folgt (Datum der ersten Ratenzahlung).
(2) Nach der ersten Ratenzahlung sind die Tilgungsraten ebenfalls jeweils zum Ende eines Monats fällig.
(3) Die Tilgung des Darlehens erfolgt über einen Zeitraum von 94 Monaten.
§ 5 Einbehalt
(1) Die Gesellschaft ist berechtigt, fällige und pfändbare Lohnansprüche des Darlehensnehmers mit den jeweils fälligen Darlehenstilgungsansprüchen der Gesellschaft zu verrechnen.
(2) Bei Kündigung des Darlehens ist die Gesellschaft berechtigt, den etwa ausstehenden Darlehensrestbetrag samt etwaigen Zinsansprüchen gegen den Abfindungsanspruch des Darlehensnehmers zu verrechnen, soweit ein Abfindungsanspruch besteht.
§ 6 Vorzeitige Beendigung des Darlehens/Fälligkeit
(1) Der ausstehende Darlehensbetrag wird insgesamt fällig, wenn das bestehende Arbeitsverhältnis, gleich aus welchem Grunde, beendet wird. Dies gilt nicht für die Fälle der betriebsbedingten Kündigung, der durch die Gesellschaft veranlassten Eigenkündigung, der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses oder der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
(2) Ferner wird der Darlehensbetrag insgesamt fällig, wenn der Darlehensnehmer nach der erfolgreichen Absolvierung des Type Rating Lehrganges als Co-Pilot den Arbeitsvertrag vor Arbeitsaufnahme kündigt und/oder seine arbeitsvertragliche Tätigkeit als Co-Pilot nicht aufnimmt. Voraussetzung für die Rückzahlung/Fälligkeit des Darlehensbetrages ist, dass die Kündigung vor Arbeitsaufnahme und/oder die Nichtaufnahme der Arbeit nicht durch die Gesellschaft veranlasst wurde.
(3) Ferner wird der Darlehensbetrag insgesamt fällig, wenn der Mitarbeiter das Ausbildungsziel schuldhaft nicht erreicht (etwa aufgrund endgültig nicht bestandener Prüfung).
(4) Entschließt sich der Darlehensnehmer die Ausbildung aus von ihm zu vertretenden Gründen abzubrechen, ist er der Gesellschaft zur Rückzahlung des Darlehensbetrages in Höhe der bis dahin entstandenen Ausbildungskosten verpflichtet.
…“
5
Gleichzeitig mit diesem Vertrag schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte ebenfalls am 02.07.2018 eine „Ausbildungsvereinbarung zum Erwerb der Musterberechtigung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family“ (Bl. 75 d. A.). Diese enthält u. a. folgende Bestimmungen:
„§ 1 Gegenstand/Zeitrahmen
(1) Der Co-Pilot wird auf eigene Kosten an dem Lehrgang zum Erwerb der Musterberechtigung (Type Rating) als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family teilnehmen und zwar in der Flugschule … als Ausbildungsbetrieb. … gewährt dem Co-Piloten zur Finanzierung der Lehrgangskosten ein Darlehen und zwar auf der Grundlage eines gesondert abzuschließenden Darlehensvertrages.
(2) Der Lehrgang wird voraussichtlich in dem Zeitraum vom 23.07.2018 bis zum 31.10.2018 stattfinden.
§ 2 Vergütung
Mit Beginn des Lehrgangs zum Erwerb der Musterberechtigung erhält der CoPilot eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 1.550,00 € brutto.
§ 3 Beendigung
die Ausbildungsvereinbarung endet spätestens mit der Vorlage der lizenzrechtlich eingetragenen Musterberechtigung in Kopie gegenüber … durch den Co-Piloten, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Sollte der CoPilot die Prüfungen zur Erlangung der Musterberechtigung endgültig nicht bestehen, endet die Ausbildungsvereinbarung bereits zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
§ 4 Arbeitsvertrag
Nach erfolgreich abgeschlossenen Type Rating erhält der/die Auszubildende ein Arbeitsvertragsangebot als Co-Pilot.“
6
Die Insolvenzschuldnerin zahlte das Darlehen in Höhe von € 20.950,00 an den Beklagten wie vorgesehen aus. Am 29.08.2018 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen Arbeitsvertrag (Bl. 71 ff d.A.). der u.a. regelt:
„§ 1 Der Vertrag tritt ab dem 15.10.2018 nur in Kraft, wenn der Pilot im Besitz einer gültigen Erlaubnis für Berufs-/Verkehrsflugzeugführer gemäß Operations Manual Part A (OM-A) „Qualification Requirements“ oder einer entsprechenden Anerkennung durch das Luftfahrt-Bundesamt, der Musterberechtigung Airbus A320FAM einer Zuverlässigkeitsprüfung sowie – sofern notwendig – einer deutschen Arbeitserlaubnis ist …
§ 10 Weitere Einzelheiten, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht enthalten, sind in dem Rahmenvertrag für Piloten mit der Anlage II (Vergütung und Zulagen) und der Anlage III (Urlaubsordnung) sowie in den im Rahmenvertrag genannten Verfahrensanweisung geregelt. Der Rahmenvertrag ist Bestandteil dieses Vertrages; dies gilt auch für alle Teile des Operations Manual in der jeweils gültigen und genehmigten Fassung.“
7
Der Rahmenvertrag für Piloten (Bl. 102 ff. d.A.) sieht u.a. folgende Regelungen vor:
„§ 1 Gegenstand des Rahmenvertrages
Der Rahmenvertrag regelt die näheren Einzelheiten des Arbeitsvertrages zwischen der … mbH (im Folgenden „…“ genannt) und Herrn C. (im Folgenden „Pilot“ oder „Mitarbeiter“ oder „Mitarbeiterin“ genannt). Die im Rahmenvertrag in Bezug genommenen Anlagen gelten in der jeweils aktuellen Fassung. Der Rahmenvertrag mit seinen Anlagen ist Bestandteil des Arbeitsvertrags des Mitarbeiters.
§ 21 Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen
Offene Restbeträge von Vorschüssen und Darlehen werden spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung in voller Höhe fällig.
§ 26 Ausschlussfristen
(1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis – mit Ausnahme von Ansprüchen, die aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit und/oder aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers oder seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen resultieren sowie von Vergütungsansprüchen, soweit diese den gesetzlichen Mindestlohn nicht überschreiten – verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden.
(2) Lehnt die Gegenseite der Anspruch schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
§ 27 Anwendbares Recht/Gerichtsstand
(1) Das Arbeitsverhältnis und der Arbeitsvertrag unterliegen dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.
…“
8
Der Beklagte absolvierte den Lehrgang zum Erwerb der Musterberechtigung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family erfolgreich. Ab November 2018 behielt die Insolvenzschuldnerin zur Tilgung des Darlehens vereinbarungsgemäß € 225,00 monatlich von der Vergütung des Beklagten ein.
9
Am 5.2.2019 wurde die vorläufige Insolvenz angeordnet und am 01.04.2019 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der … mbH eröffnet. Insolvenzbedingt wurde das Arbeitsverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten zum Ablauf des 10.04.2019 beendet. Infolgedessen setzte der Beklagte ab April 2019 die weitere Tilgung des Darlehens aus. Bis zu diesem Zeitpunkt waren insgesamt € 1.125,00 getilgt. Der nicht getilgte Teil des Darlehens beläuft sich damit auf € 19.825,00.
10
Mit Schreiben vom 22.09.2020 (Bl. 84 ff. d. A.) forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung von zwei Wochen zur Rückzahlung von € 3.600,00 sowie zur Aufnahme der monatlichen Tilgung des Darlehens auf. Für den Fall, dass der Beklagte der Zahlungsaufforderung nicht nachkommt, forderte der Kläger den Beklagten auf, eine Verzichtserklärung im Hinblick auf die Einrede der Verjährung sowie – vorsorglich – den Verzicht auf die Ausschlussfrist gemäß § 26 des Rahmenvertrages für Piloten und etwaige sonstige vertragliche Ausschlussfristen zu erklären.
11
Der Beklagte leistete die vom Kläger geforderten Zahlungen nicht und gab auch keine Verzichtserklärung ab. Daraufhin kündigte der Kläger mit Schreiben vom 02.11.2020 (Bl. 89 f. d. A.) den „Darlehensvertrag vom 23.07.2018“ und forderte den Beklagten zur Rückzahlung des gesamten ausstehenden Darlehensbetrags in Höhe von € 19.825,00 auf. Dieser Zahlungsaufforderung kam der Beklagte nicht nach.
12
Mit seiner Klage vom 29.06.2021, die am 30.06.2021 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, verfolgt der Kläger die geltend gemachte Forderung weiter. Er hat die Ansicht vertreten, dass er den Darlehensvertrag aufgrund des Zahlungsverzugs des Klägers wirksam außerordentlich gekündigt habe und daher der gesamte ausstehende Darlehensbetrag zurückzuzahlen sei. Nach den Entscheidungsgründen des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Januar 2022 (9 AZR 144 / 21) stünde fest, dass die zu arbeitsvertraglichen Rückzahlungsklauseln bei Aus- und Fortbildungsmaßnahmen entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung auf den vorliegenden Rückgewähranspruch keine Anwendung fänden. Die Rückzahlungsverpflichtung aus § 1 und § 4 des Darlehensvertrags benachteiligten den Beklagten nicht unangemessen. Das von dem Beklagten erworbene Type Rating stelle im Verhältnis zum Rückgewähranspruch des Klägers einen angemessenen Gegenwert dar.
13
Dem Rückgewähranspruch stünden auch keine sonstigen rechtlichen Hindernisse entgegen. Auf den Rückgewähranspruch sei die Ausschlussfrist des § 26 des Rahmenvertrags nicht anwendbar. Der Darlehensvertrag stelle evident ein abgeschlossenes und gegenüber dem Arbeitsvertrag spezielleres Regelungswerk dar. Der streitbefangene Rückgewähranspruch sei im Übrigen kein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Der Darlehens- und der Arbeitsvertrag hingen nicht im Sinne eines einheitlichen Rechtsgeschäfts miteinander zusammen. Zwar bestehe zwischen dem Darlehens- und dem Arbeitsvertrag eine wirtschaftliche Verknüpfung. Vorliegend korrespondiere diese wirtschaftliche Verknüpfung aber nicht mit einem rechtlichen Zusammenhang von Arbeits- und Darlehensvertrag. Der rechtliche Zusammenhang ergebe sich insbesondere nicht aus der Präambel des Darlehensvertrages. Der rechtliche Bestand des Darlehensvertrags sei nicht vom Abschluss des Arbeitsvertrags abhängig gewesen und vice versa.
14
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 19.825,00 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
15
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
16
Nach hat geltend gemacht, dass kein Rückzahlungsanspruch des Klägers besteht. Die Insolvenzschuldnerin habe im Vorfeld des Vertragsschlusses erklärt, dass das streitgegenständliche zweckgebundene Darlehen bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückzuzahlen sei. Zudem stellten der Darlehensvertrag und der Arbeitsvertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft dar. Ein Verknüpfungswille der Insolvenzschuldnerin und des Beklagten werde durch die mehrfachen ausdrücklichen Bezugnahmen im Darlehensvertrag auf den Arbeitsvertrag (Präambel, § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 des Darlehensvertrages) belegt. Im Übrigen seien allein vor dem Hintergrund des Arbeitsvertrages Konditionen wie Zinsfreiheit und ratierliche Tilgung ab Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart und auf eine Bonitätsprüfung verzichtet worden.
17
Ein Anspruch auf eine ratierliche Rückzahlung des für die Aus- und Fortbildung zur Verfügung gestellten Betrages bestehe nicht. Ein Rückzahlungsanspruch ergebe sich insbesondere nicht aus § 4 Abs. 1 des Darlehensvertrages. Die darin enthaltende Regelung benachteilige ihn unangemessen und stelle eine nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksame AGB dar. Im Übrigen seien etwaige Rückzahlungsansprüche des Klägers wegen Nichteinhaltung der Ausschlussfristen des § 26 des Rahmenvertrags verfallen. Gemäß § 21 des Rahmenvertrags würden offene Restbeträge von Darlehen spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung in voller Höhe fällig. Gemäß § 26 i. V. m. § 21 des Rahmenvertrags hätte der Kläger den fälligen Anspruch spätestens drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also am 11.07.2019, in Textform geltend machen und sodann spätestens am 27.08.2019 einklagen müssen. Dies sei nicht erfolgt.
18
Der Kläger hat bestritten, dass die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten mündlich zugesagt habe, bei einer betriebsbedingten Kündigung auf eine Rückgewähr des Darlehens zu verzichten.
19
Das Arbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 05.07.2022 – Az.: 16 Ca 5978/21, auf das hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass selbst dann, wenn ein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens in Höhe von € 19.825,00 ursprünglich entstanden sein sollte, dieser jedenfalls wegen Nichteinhaltung der vertraglichen Ausschlussfristen verfallen sei. Ein etwaiger Anspruch auf Rückzahlung des noch ausstehenden Betrages des dem Beklagten von der Insolvenzschuldnerin gewährten Darlehens stelle einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 26 des Rahmenvertrages für Piloten dar. Dessen Anwendungsbereich sei nicht aufgrund des Wortlauts des § 1 des Rahmenvertrages auf Ansprüche aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien – anstelle des gesamten Arbeitsverhältnisses – beschränkt. § 1 des Rahmenvertrages stelle lediglich klar, dass die Regelungen im Rahmenvertrag Bestandteil des Arbeitsvertrages zwischen der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten und dem Kläger sind. Dies sei auch in § 10 des schriftlichen Arbeitsvertrages ausdrücklich vereinbart worden. Im Rahmenvertrag sei eine Vielzahl von Regelungen enthalten, die das Arbeitsverhältnis insgesamt betreffen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 26 des Rahmenvertrages erfassten die Ausschlussfristen alle Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“. Für eine Beschränkung auf die im schriftlichen Arbeitsvertrag selbst geregelten Ansprüche sei kein Ansatzpunkt ersichtlich. Auch stehe die Systematik von Darlehens- und Rahmenvertrag einer Anwendung des § 26 des Rahmenvertrages nicht entgegen. Das Argument des Klägers, dass andernfalls alle Regelungen des Rahmenvertrages, die sich auf Darlehen beziehen, insbesondere dessen § 21, zur Anwendung kommen müssten, überzeuge nicht. Zum Fälligkeitszeitpunkt enthalte der Darlehensvertrag eigenständige Regelungen, die als speziellere Normen den § 21 des Rahmenvertrages verdrängten. Dies schließe aber nicht die Anwendbarkeit anderer Bestimmungen aus dem Rahmenvertrag aus. Zur Anwendbarkeit von Ausschlussfristen enthalte der Darlehensvertrag weder eine positive noch eine negative Aussage. Ob Ansprüche aus dem Darlehensvertrag dem Anwendungsbereich des § 26 des Rahmenvertrages unterfallen, richte sich daher allein nach der Frage, ob diese als Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“ im Sinne dieser Vorschrift zu qualifizieren sind.
20
Ob bei einem Arbeitgeberdarlehen der Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist oder nur mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehe, hänge von der konkreten Ausgestaltung des Darlehensvertrags ab, insbesondere davon, wie eng das Arbeitgeberdarlehen mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist. Die Kammer schließt sich der vom LAG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 20.01.2021 – 15 Sa 1128/20 in einem Parallelfall vertretenen und vom BAG im Revisionsurteil vom 25.01.2022 – 9 AZR 144/21 unbeanstandeten Auffassung an, dass es sich bei dem Darlehensvertrag und dem später abgeschlossenen Arbeitsvertrag um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt. Ein Verknüpfungswille der Parteien ergebe sich vorliegend daraus, dass im Darlehensvertrag an mehreren Stellen auf den zu einem späteren Zeitpunkt abzuschließenden Arbeitsvertrag ausdrücklich Bezug genommen werde. In der Präambel des Darlehensvertrags werde klargestellt, dass das Darlehen „im Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses“ zur „Finanzierung des/der Type Rating Lehrganges/Prüfung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family“ gewährt wird. Für die Fälligkeit der Rückzahlung des Darlehens werde in § 4 Abs. 1 des Darlehensvertrages an den Beginn des Arbeitsverhältnisses angeknüpft. Auch die in § 6 des Darlehensvertrages geregelte vorzeitige Gesamtfälligkeit des Darlehens hänge vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab.
21
Ziel des Darlehens sei es gewesen, das Arbeitsverhältnis mit einem Co-Piloten auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family überhaupt erst zu ermöglichen. Dieses sei also eine Voraussetzung für den Abschluss des Arbeitsverhältnisses gewesen. Da der Darlehensvertrag und der später abgeschlossene Arbeitsvertrag so eng verknüpft sind, dass ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt, handele es sich nach Auffassung der Kammer bei der Darlehensrückzahlungsforderung auch um einen Anspruch „aus dem Arbeitsverhältnis“ im Sinne des § 26 des Rahmenvertrages.
22
Die in § 26 Abs. 2 des Rahmenvertrags vereinbarte Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs sei im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen. Da der Beklagte ab April 2019 keine Tilgungsraten mehr geleistet habe, sei das Darlehen mit Schreiben vom 02.11.2020 gekündigt und der Beklagte zur Rückzahlung des ausstehenden Darlehensbetrags in Höhe von 19.825,00 € aufgefordert worden. Sollte bis dahin ein Anspruch des Klägers auf ratierliche Rückführung des Darlehens bestanden haben, wäre durch die Kündigung des Darlehens ein Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Restdarlehensbetrags fällig geworden. Mangels eines anderslautenden Sachvortrags der Parteien sei davon auszugehen, dass das Schreiben des Klägers vom 02.11.2020 dem Beklagten im Rahmen der üblichen Postlaufzeiten im November 2020 zugegangen ist.
23
Da der Beklagte sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs im November 2020 erklärt habe, hätte der Kläger den Anspruch gemäß § 26 Abs. 2 des Rahmenvertrages innerhalb von drei Monaten gerichtlich geltend machen müssen. Die Klage sei allerdings erst ca. sieben Monate nach Ablauf der Erklärungsfrist am 30.06.2021 beim Arbeitsgericht eingegangen. Etwaige Darlehensrückzahlungsansprüche des Klägers seien daher verfallen. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob ab April 2019 überhaupt noch Darlehensrückzahlungsansprüche fällig geworden sind, komme es daher nicht an.
24
Gegen dieses Urteil vom 05.07.2022, dem Kläger zugestellt am 07.09.2022, legte dieser am 06.10.2022 Berufung ein, welche er mit einem am 07.12.2022 eingegangenen Schriftsatz begründete, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.
25
Der Kläger macht geltend, dass das erstinstanzliche Urteil zu Unrecht von der Anwendbarkeit des Rahmenvertrages auf die Rückzahlungsverpflichtung ausgegangen ist. Der Rahmenvertrag regele lediglich die Einzelheiten des Arbeitsvertrages. Es handele sich nicht um einheitliche Rechtsgeschäfte und auch nicht um einen Anspruch aus dem Arbeitsvertrag. Anders als in dem vom BAG entschiedenen Fall habe es hier vorab noch kein Arbeitsverhältnis gegeben, sodass bei Abschluss des Darlehensvertrages kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Die Rückzahlungsverpflichtung sei angemessen und die Musterberechtigung stelle einen geldwerten Vorteil dar, da es sich bei dem Airbus 320 Family um ein auch in Europa häufig von Airlines genutztes Flugzeug handele. Die Rechtsprechung für Rückzahlungsklauseln finde auf den Darlehensvertrag keine Anwendung.
26
Der Kläger beantragt,
Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 5. Juli 2022 Az.: 16 Ca 5978/21 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 19.825,00 zu zahlen, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
27
Der Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
28
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und macht geltend, dass ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliege und daher bereits die Ausschlussfrist der geltend gemachten Forderung entgegenstehe. Hilfsweise sei die Rückzahlungsregelung gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil dieser kein angemessener geldwerter Vorteil für den Beklagten gegenüberstehe. De Musterberechtigung habe nur bei der … erworben werden können und sei auf die … zugeschinnen gewesen. Daher resultiere daraus nur ein geringer bis kein geldwerter Vorteil. Auch sei die Musterberechtigung nur 12 Monate gültig und müssen dann bei Aufwendung von Kosten in Höhe von € 1.200,00 erneuert werden. Zudem seien in der Flotte der … und von … kein Airbus und keine A320 vorhanden. Der Kläger habe zudem wegen der Insolvenz der Beklagten über die kurze Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses nur 145 Flugstunden absolvieren und deswegen auch nach dessen Beendigung durch den Kläger keine weitere Anstellung finden können, da hierfür eine Präferenz für Bewerber mit mindestens 500 Flugstunden bestehe. Zudem seien die von ihm zu tragenden Ausbildungskosten unangemessen gewesen. Es werde bestritten, dass die … Standard Operating Procedures von der Ausbildung nicht mit umfasst gewesen seien. Diese OCC seien Voraussetzung für einen Einsatz auf einem Airbus 320 Family bei der … und stellten daher keinen geldwerten Vorteil für eine Beschäftigung bei einer anderen Airline dar.
29
Für den weiteren Sach- und Rechtsvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze vom 07.02.2022, 09.01.2023 und 14.02.2023 samt Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 06.03.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
30
Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
31
Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Rückzahlung des noch nicht abbezahlten Teiles des Darlehens aus dem Darlehensvertrag vom 02.07.2018 zusteht.
32
1. Das Arbeitsgericht ist nach Auslegung der Verträge zutreffend bei den zugrundliegenden Verträgen (Ausbildungsvertrag, Darlehensvertrag und Arbeitsvertrag) von einem einheitlichen Rechtsgeschäft ausgegangen und zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gelangt, dass damit die Ausschlussfrist aus dem Rahmenvertrag auf die streitgegenständliche Forderung anwendbar ist und deren Geltendmachung entgegensteht.
33
Bei dem von der Beklagten vorformulierten Verträgen (Ausbildungs- und Darlehensvertrag und später der Arbeitsvertrag mit Verweis auf den Rahmenvertrag) handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung sind allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrages nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmun nicht. Der die allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (s. BAG 25.08.2010, 10 AZR 275/09, Rn. 19, 10 m.w.N.).
34
2. Nach diesen Grundsätzen ist zunächst vom Wortlaut der Verträge auszugehen. Hiernach ergibt sich, dass die Verträge rechtlich und tatsächlich eng miteinander verknüpft und als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen sind. Das Arbeitsgericht hat für seine Auslegung zunächst das in einem Parallelfall ergangene Urteil des BAG vom 25.01.2022 – 9 AZR 144/21 basierend auf einem Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 20.01.2021 – 15 Sa 1128/20 in Bezug genommen und auf den vorliegenden Fall übertragen. Auf die sorgfältigen und zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil kann insoweit zunächst verwiesen werden.
35
Danach gilt, dass von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auch dann auszugehen ist, wenn äußerlich selbstständige Rechtsgeschäfte durch den Willen der Parteien miteinander verknüpft sind. Ein sogenannter „Einheitlichkeitswille“ liegt vor, wenn das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt ist, die möglicherweise äußerlich getrennten Rechtsgeschäfte also miteinander stehen und fallen sollen. Dabei kommt es auf den rechtlichen Zusammenhang und nicht auf eine wirtschaftliche Verknüpfung an. Ob es sich aufgrund eines entsprechenden Willens der Vertragsparteien um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, ist durch Ermittlung und Auslegung des – objektiv erkennbaren – Parteiwillens festzustellen. Das BAG hat in seinem Urteil die Auslegung des LAG bestätigt, dass in einem Parallelfall insbesondere berücksichtigt hat, dass sämtliche Vertragswerke inhaltlich aufeinander Bezug nehmen.
36
2.1 In der Präambel des Darlehensvertrags haben die Parteien zum einen klargestellt, dass die Insolvenzschuldnerin dem Bekl. das Darlehen im „Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit der Gesellschaft“ gewährt. Zum anderen bezeichnet die Präambel den Leistungszweck des Darlehens, nämlich die „Finanzierung des/der Type Rating Lehrganges/Prüfung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family“. Außerdem sieht § 4 Abs. 1 der Darlehensvereinbarung vor, dass die Tilgung erst fällig wird „mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses“ „und zwar jeweils zum Ende des Monats, der dem Beginn des Arbeitsverhältnisses folgt (Datum der ersten Ratenzahlung).“ Nach § 5 Abs. 1 des Darlehensvertrages werden die Darlehensraten mit der monatlichen Vergütung aus dem Arbeitsverhältnis verrechnet. Nach § 6 des Darlehensvertrages wird die Rückzahlung und deren Fälligkeit mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also dem Arbeitsvertrag und auch mit dem Ausbildungsvertrag verknüpft (schuldhafte Nichterreichung des Ausbildungsziels bzw. teilweise Rückzahlungspflicht bei Abbruch unter best. Voraussetzungen).
37
2.2 Gleiches gilt für die Ausbildungsvereinbarung. Diese sieht in ihrem § 1 Abs. 1 vor, dass der Beklagte „an dem Lehrgang zum Erwerb der Musterberechtigung (Type Rating) als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family teilnehmen“ wird und ihm die Insolvenzschuldnerin zur Finanzierung der Lehrgangskosten ein Darlehen gewährt. Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass der Ausbildungsvertrag in § 2 des Ausbildungsvertrages einen Anspruch des Klägers beinhaltet nach erfolgreich abgeschlossenem Type Rating das Angebot eines Arbeitsvertrages als Co-Pilot zu erhalten.
38
2.3 Der Arbeitsvertrag sieht wiederum nach der Regelung in § 1 vor, dass dieser nur in Kraft tritt, „wenn der Pilot im Besitz einer gültigen Erlaubnis für Berufs/Verkehrsflugzeugführer …, der Musterberechtigung Airbus A320 Family“ ist. Fehlt es an dieser, soll der Arbeitsvertrag der Parteien gar nicht erst in Kraft treten, also kein Arbeitsverhältnis zustande kommen.
39
Außerdem verweist § 10 des Arbeitsvertrages für „weitere Einzelheiten, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht enthalten“ auf den „Rahmenvertrag für Piloten mit der Anlage II (Vergütung und Zulagen) und der Anlage III (Urlaubsordnung)…“ Auch ist nach dieser Regelung „der Rahmenvertrag Bestandteil dieses Vertrages“.
40
2.4 Der Rahmenvertrag regelt gem. § 1 „die näheren Einzelheiten des Arbeitsvertrages zwischen der … mbH“ und dem Beklagten und sieht zudem in § 21 vor, dass „offene Restbeträge von Vorschüssen und Darlehen“ „spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung in voller Höhe fällig“ werden.
41
3. Damit handelt es sich bei den vorliegenden Verträgen um ein einheitliches Rechtsgeschäft mit der bereits vom Arbeitgeber zutreffend festgestellten Folge, dass es sich auch bei den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen auf Darlehensrückzahlung um „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ i.S. der in § 26 des Rahmenvertrages geregelten Ausschlussfrist handelt.
42
Für die Anwendbarkeit der Ausschlussfrist auf etwaige Ansprüche auf Darlehensrückzahlung aus dem Darlehensvertrag vom 02.07.2018 spricht außerdem auch die Regelung in § 21 des Rahmenvertrages. Diese belegt eindeutig, dass Ansprüche aus einem von der Arbeitgeberin gewährten Darlehen als Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis i.S. des Rahmenvertrages zu verstehen sein sollen. Gem. § 1 des Rahmenvertrages werden in diesem die näheren Einzelheiten des Arbeitsvertrages zwischen der … geregelt, worauf auch der Kläger zutreffend hingewiesen hat. § 21 enthält dann ohne weitere Differenzierung eine Regelung für die Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen. Hierunter sind nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn des Vertragswortlauts für einen verständigen und redlichen Arbeitnehmer nach dem Vertragswortlaut daher alle vom Arbeitgeber gewährten Darlehen zu verstehen, also auch das Darlehen des Arbeitgebers für die Ausbildung zum Erwerb der Musterberechtigung, die Voraussetzung für den Abschluss des Arbeitsvertrages war.
43
Damit war der Anspruch auf Darlehensrückzahlung als Anspruch aus dem Arbeitsvertrag i.S. des Rahmenvertrages zu sehen, für den die Ausschlussfrist des § 26 Rahmenvertrag Anwendung findet. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur fehlenden Einhaltung der Ausschlussfrist sind zutreffend. Weitere Ausführungen hierzu sind auch nach dem Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz nicht veranlasst.
44
Auch kann für die Entscheidung dahinstehen, ob das Darlehen gem. § 21 des Rahmenvertrages bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 10.04.2019 mit dem noch offenen Restbetrag zur Rückzahlung in voller Höhe fällig geworden ist, oder erst mit der Kündigung des Darlehensvertrages vom 02.11.2020 und der gleichzeitigen Geltendmachung der Rückzahlung (Im Zweifelsfalle gilt im Hinblick auf die in sich widersprüchlichen Regelungen gem. § 305 BGB die für den Beklagten günstigere Auslegung wonach der Beklagte nach den von der Arbeitgeberin vorgegebenen Regelungen davon ausgehen durfte, dass gegebenenfalls bereits mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Rückzahlungsverpflichtung bestand, die aber von dem Kläger wiederum nicht rechtzeitig im Rahmen der Ausschlussfrist nach § 26 des Rahmenvertrages geltend gemacht worden ist.). In jedem Fall ist die Klage vom 29.06.2021, zugegangen beim Arbeitsgericht am 30.06. 2021, nicht geeignet, die zweistufige Ausschlussfrist gem. § 26 des Rahmenvertrages von jeweils 3 Monaten zu wahren.
45
4. Im Übrigen erscheint die Rückzahlungsverpflichtung im Hinblick auf die durchzuführende AGB-Kontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch nicht als angemessen.
46
4.1 Der einheitliche Vertrag der Parteien anhand der Vorgaben in § 307 Abs. 1 BGB einer AGB-Kontrolle zu unterziehen. (s. hierzu BAG 25.01.2022 – 9 AZR 144/21). Die Bestimmungen in §§ 1 und 4 I Darlehensvertrag benachteiligten den Beklagten unangemessen, da der Rückzahlungsverpflichtung über 92 Monate, also 7 Jahre und 8 Monate hinweg, kein feststellbarer, ausreichender geldwerter Vorteil gegenübersteht. Einen geldwerten Vorteil hat die Musterberechtigung vor allem im Zusammenhang mit einer ausreichenden Flugerfahrung die der Beklagte sich mit 145 Stunden wegen der vorzeitigen Beendigung des Flugbetriebes und auch des Arbeitsverhältnisses aufgrund der eingetretenen Insolvenz nicht ausreichend erarbeiten konnte. Er hat deswegen im Einzelnen dargelegt, dass er auch keine Anschlussbeschäftigung gefunden hat und für Einstellungen in der Regel mindestens 500 Flugstunden verlangt worden seien.
47
Zudem hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, sondern nur behauptet, dass das OCC entgegen den Ausführungen des Beklagten nicht Teil der vom Beklagten mit dem Darlehen bezahlten Type Ratingausbildung bei der Firma … war, mit der die … zusammengearbeitet hat. Nur für eine Ausbildung bei dieser Firma, die auch Ausbildungsbetrieb war, hat der Beklagte Darlehen und Ausbildungsvertrag erhalten. Die Ausbildung war mit fast vier Monaten ausgesprochen lang und auch deutlich länger als Type Ratingausbildungen bei anderen Anbietern. Der Kläger hat lediglich behauptet, dass die … die Kosten für die für Sie spezifischen Abläufe getragen habe und daher unentschieden bleiben könne, ob das OCC Teil der Type Rating Ausbildung gewesen ist, ohne näher dazu auszuführen oder zu belegen, welche Mittel für was genau die … (an die Firma …?) aufgewendet haben will. Damit bleibt auch unklar, welche Kosten der Ausbildung der Beklagte mit dem erhöhten Darlehen tatsächlich gedeckt hat und welcher Wert damit auf das eigentliche Type Rating entfällt. Damit kann nicht geprüft werden, ob der geldwerte Vorteil für den Beklagten durch die Gewährung des Darlehens zur Bezahlung Ausbildungskosten in einem angemessenen Verhältnis zu der Rückzahlungsverpflichtung steht, die ab dem Monat nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses für 92 Monate andauern sollte. (s. hierzu auch den von dem Beklagten vorgelegten Auflagenbeschluss des LAG Düsseldorf vom 08.09.2022 im Verfahren 13 Sa 1071/21). Vergleichbar einer Vereinbarung zur Tragung von Ausbildungskosten hat jedenfalls zunächst die … als Vertragspartnerin des Ausbildungsvertrages und des späteren Arbeitsvertrages, für den der Abschluss der Ausbildung zwingend war, die Kosten getragen. Bereits im Darlehensvertrag ist die Verrechnung mit der im Arbeitsverhältnis zu zahlenden monatlichen Vergütung vorgesehen, so dass diese Vereinbarung letztlich für den Beklagten einer verminderten Vergütung gleichkommt, die aber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht zu einer hohen Zahlungsverpflichtung führt und einen ähnlichen Effekt auf die Summe der noch bestehenden Rückzahlungsverpflichtung hat, wie eine Vereinbarung der Rückzahlung von Ausbildungskosten, allerdings über einen wesentlich längeren Zeitraum, als dies bei einer Rückzahlungsvereinbarung von Ausbildungskosten zulässig wäre.
48
Zwar legt die Bezeichnung „Darlehen“ die grundsätzliche Verpflichtung zur Rückzahlung nahe. Eine solche Verpflichtung bestand aber nach dem Darlehensvertrag uneingeschränkt nur für bestimmte Fallkonstellationen (Fälligkeit nur bei Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses und Rückzahlungsverpflichtung nicht in allen Fällen in voller Höhe, s. §§ 2 und 4 Abs. 4 des Darlehensvertrages vom 02.07.2018). Außerdem hat der Beklagte dargelegt, dass bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die die Arbeitgeberin zu vertreten hat, nach deren mündlicher Zusage keine Rückzahlung erfolgen sollte. Auch wenn die zuletzt genannten Zusagen streitig sind, haben die getroffenen Regelungen zur Folge, dass für den Beklagten eine selbstverantwortete Eigenkündigung erschwert wird, weil in diesem Falle der noch nicht zurückbezahlte Rest des Darlehens sofort fällig wird und damit vor allem in den ersten Jahren des Arbeitsverhältnisses im Vergleich zu der ansonsten zu leistenden Ratenzahlung einen erheblichen finanziellen Druck bedeutet und im Hinblick auf die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG als problematisch erscheint. Auch nach fünf Jahren bestehendem Arbeitsverhältnis und monatlichen Zahlungen von € 225,00 stünden bei einer Eigenkündigung ja noch 32 Raten entsprechend € 7.200,00 für die Rückzahlung im Raum bei einer zunächst vereinbarten Ausbildungsvergütung von € 1.550,00 brutto im Monat. Daher ist darauf hinzuweisen, dass sowohl im Hinblick auf den für den Kläger durch die Ausbildung erzielten geldwerten Vorteil, dessen Wert nach dem Vortrag des Klägers nicht festgestellt werden kann, als auch im Hinblick auf die lange Bindungsdauer mit 92 vorgesehenen Monaten Ratenzahlung die Angemessenheit der Rückzahlungsverpflichtung fraglich erscheint.
49
Wäre es zutreffend, dass keine Verpflichtung zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Beklagten bestanden hätte, würde dies die Angemessenheit der Regelung zusätzlich in Frage stellen. In jedem Fall bestand aufgrund der getroffenen Regelungen ein erheblicher Druck für den Beklagten, dass bei einer Eigenkündigung der volle Restbetrag sofort zur Zahlung fällig wird. Bei Rückzahlungsklauseln muss eine Ausgestaltung des Vertrages so aussehen, dass sich innerhalb einer wesentlich kürzeren Zeit die Rückzahlungsverpflichtung bei Eigenkündigung auf null reduziert.
50
Insoweit ist hier durchaus eine Vergleichbarkeit gegeben.
III.
51
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
52
Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG zugelassen, weil sie im Ergebnis von Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 11.01.2023, 4 Sa 9/22 in einem Parallelfall abweicht. Allerdings hat sich das LAG Baden-Württemberg nicht mit der der Frage der Anwendbarkeit der Ausschlussfrist auseinandergesetzt und bei der Frage der Angemessenheitskontrolle der Rückzahlungsverpflichtung die oben genannten Erwägungen nicht berücksichtigt.