Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 17.03.2023 – RO 13 K 22.31542
Titel:

Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat trotz Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen EU-Mitgliedstaat

Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 59, § 60 Abs. 1 S. 2, Abs. 10
VwVfG § 43 Abs. 2
Leitsatz:
Eine ausländische Flüchtlingsanerkennung begründet kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 S. 2 AufenthG, wenn eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG – wie vorliegend – nicht ergehen darf. (Rn. 17 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat trotz Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, Erledigung der begünstigenden Feststellung, der Kläger dürfe nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden., Abschiebungsandrohung, Flüchtling, Mitgliedstaat, Unzulässigkeitsentscheidung, Erledigung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 5085

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger, ein am … geborener irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit, begehrt die Aufhebung einer Abschiebungsandrohung.
2
Der Kläger reiste gemeinsam mit seiner Zweitehefrau und vier gemeinsamen Kindern (vgl. diesbezüglich das Verfahren Az.: RO 13 K 22.31543) am 11. Dezember 2018 in das Bundesgebiet ein und stellte am 9. Januar 2019 einen Asylantrag.
3
Mit Schreiben vom 24. Mai 2019 teilten die griechischen Behörden dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit, dass dem Kläger (ebenso wie seiner Ehefrau und seinen vorgenannten Kindern) am 12. Oktober 2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, er allerdings keinen Aufenthaltstitel erhalten habe.
4
Das Bundesamt lehnte den Asylantrag des Klägers zunächst mit Bescheid vom 26. Juli 2019 als unzulässig ab und stellte das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG fest. Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; andernfalls werde er nach Griechenland oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, abgeschoben. Der Kläger dürfe nicht in den Irak abgeschoben werden. Ferner befristete das Bundesamt das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung wurde ausgesetzt.
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Auf die daraufhin erhobene verwaltungsgerichtliche Klage wurde der Bescheid vom 26. Juli 2019 mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Februar 2020 (Az.: RO 13 K 19.31623) mit Ausnahme der Bemerkung, der Kläger dürfe nicht in den Irak abgeschoben werden, aufgehoben. Das Urteil beruhte im Wesentlichen auf der Erwägung, dem Kläger und seiner Familie drohe in Griechenland eine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung.
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Mit Bescheid vom 2. Juli 2020, als Einschreiben zur Post gegeben am 7. Juli 2020, lehnte das Bundesamt den Asylantrag umfassend ab und stellte das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten fest. Die gegen diesen Bescheid gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 27. Oktober 2022 (Az.: RO 13 K 20.31259) abgewiesen.
7
Mit Ergänzungsbescheid vom 10. Oktober 2022, zugestellt am 13. Oktober 2022, wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde dem Kläger die Abschiebung in den Irak oder in einen anderen Aufnahme bereiten oder zu Rückübernahme verpflichteten Stadt angedroht. Die durch die Bekanntgabe der Entscheidung in Lauf gesetzt Ausreisefrist wurde bis zum Ablauf der zweiwöchigen Klagefrist ausgesetzt (Ziffer 1). Das Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 2).
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Mit seiner 14. Oktober 2022 bei Gericht eingegangenen Klage beantragt der Kläger:
Der Ergänzungsbescheid des Bundesamtes vom 10. Oktober 2022 wird aufgehoben.
9
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2022,
die Klage abzuweisen.
10
Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2023 führt die Beklagte aus, mit der Feststellung im Bescheid vom 26. Juli 2019, dass der Kläger nicht in den Irak abgeschoben werden dürfe, sei das Bundesamt der gesetzlichen Verpflichtung aus § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG gefolgt. Da das Bundesamt zum damaligen Zeitpunkt von der Unzulässigkeit des Asylantrags ausgegangen sei, habe sich eine Prüfung der Begründetheit des Antrags und damit der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erübrigt. Da der Asylantrag des Klägers nun nicht mehr als unzulässig angesehen werde, sei eine – im Ergebnis negative – Prüfung der Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfolgt. Da demnach keine Verletzung des Non-Refoulment-Gebots mehr drohe, sei das Bundesamt nicht mehr verpflichtet gewesen, den Herkunftsstaat des Klägers nach § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG erneut im Bescheid zu bezeichnen. Da es sich bei der Bezeichnung nur um einen Annex zu der im vorangegangenen Bescheid erlassenen und nicht mehr wirksamen Abschiebungsandrohung handele und nicht um eine selbstständige Regelung, bedürfe es auch keiner Aufhebung der Bezeichnung dieses Staates. Die Funktion der Bezeichnung des Staates sei mit dem Wegfall der Abschiebungsandrohung entfallen. § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG stehe einer Abschiebungsandrohung in den Irak nicht entgegen.
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Mit Beschluss vom 16. Januar 2023 ist der Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen worden. Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Gemäß § 102 Abs. 2 VwGO konnte ohne die ordnungsgemäß geladenen Beteiligten verhandelt und entschieden werden. Der – nach § 10 Abs. 7 AsylG in seiner Muttersprache über die Zustellvorschriften des § 10 AsylG belehrte – Kläger muss die Ladung zur mündlichen Verhandlung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG gegen sich gelten lassen.
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2. Die Klage ist nicht begründet.
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a) Die Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Das Bundesamt erlässt gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG nach § 59, § 60 Abs. 10 AufenthG eine Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, 2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, 2a. dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, 3. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und 4. der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
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(1) Dem Erlass der Abschiebungsandrohung steht nicht entgegen, dass der Kläger im Bundesgebiet ohne weiteres bereits deshalb als Flüchtlinge zu behandeln wäre, weil ihm durch die griechischen Behörden am 12. Oktober 2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist (vgl. Urteil des erkennenden Gerichts vom 27. Oktober 2022 (Az.: RO 13 K 20.31259)).
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(2) Das Bundesamt war nicht verpflichtet, in der Abschiebungsandrohung gemäß § 34 AsylG, § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG festzustellen, dass der Kläger nicht in den Irak abgeschoben werden darf.
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§ 60 Abs. 1 Satz 2 Variante 3 AufenthG sieht vor, dass Ausländer, die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge anerkannt sind, einem Abschiebungsverbot unterliegen. In Anwendung der genannten Norm wird in Fällen, in denen es trotz einer Anerkennung des Ausländers in einem anderen Mitgliedsstaat nicht zu einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG kommt, eine Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat ungeachtet eines für den Ausländer negativen Ausgangs des hiesigen Asylverfahrens in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für rechtswidrig gehalten (vgl. Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 2. November 2022 – 3 A 115/20; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 9. August 2021 – 29 K 1915/19.A).
19
Auch in der Literatur wird angenommen, dass eine abschlägige Entscheidung im Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland die Schutzzuerkennung im Erststaat nicht „verdrängt“ (vgl. Huber/Mantel, AufenthG/AsylG, 3. Aufl. 2021, AsylG § 29 Rn. 57). Eine Abschiebung in das Herkunftsland komme gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht in Betracht (vgl. Bülow/Schiebel, ZAR 2020, 72 (75)).
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Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Beschluss vom 7. September 2022 – 1 C 26.21) hat ausdrücklich offengelassen, ob eine ausländische Flüchtlingsanerkennung auch dann ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG begründet, wenn eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG – wie vorliegend – nicht ergehen darf. Diese Frage wird von einigen Verwaltungsgerichten verneint (vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. August 2021 – 16 K 1148/21.A; Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2022 – A 7 K 3174/21; Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 3. Juni 2022 – 10 K 2844/20.A). Argumentiert wird, dass § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG wie § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG auf der Prämisse beruhe, dass der andere Mitgliedstaat (im Fall des Klägers: Griechenland) weiterhin oder erneut der für den Flüchtling verantwortliche Mitgliedstaat sei. Müssten § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG durchbrochen werden, um die Wahrung der Grundrechte-Charta zu gewährleisten, dürfe auch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht angewendet werden. Anderenfalls sei die Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gebunden, obwohl ein weiteres Asylverfahren stattfinde (vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. August 2021 – 16 K 1148/21.A). Nur mit einer teleologischen Reduktion könne der Anforderung des Gerichtshofs der Europäischen Union entsprochen werden, nach der es in diesen Fällen eines neuen Asylverfahrens bedürfe, in dem der jeweilige Antragsteller wiederum internationalen Schutz erlangen könne (vgl. Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2022 – A 7 K 3174/21).
21
Aus der Gesetzesbegründung zu § 51 Abs. 2 AuslG 1990, der lediglich redaktionell geändert in § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG übernommen wurde, ergibt sich, dass die Norm zwei Zwecken dient: Sie soll zum einen die Ausländerbehörde von der Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entlasten und zum anderen das Verfahren auf das Asylverfahren mit seinem spezifischen Verfahrensrecht konzentrieren (vgl. ausführlich und unter Wiedergabe der Gesetzesbegründung Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 19. August 2022 – 5 K 2104/22.TR). § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG regelt diesem Gesetzeszweck entsprechend drei Varianten, in denen sich der Ausländer auf eine formelle Position berufen kann. Nach § 60 Abs. 1 Satz 2 Variante 3 AufenthG steht es einem außerhalb des Bundesgebiets nach der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtling anerkannten Ausländer frei, das Bundesamt nicht mit einem Asylantrag zu befassen, sondern sich gegenüber der Ausländerbehörde auf den außerhalb des Bundesgebiets erlangten Flüchtlingsstatus zu berufen, die dann nach § 60 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Variante 3 AufenthG festzustellen hätte, dass der Ausländer nicht in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden darf (vgl. Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 19. August 2022 – 5 K 2104/22.TR).
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Ab dem Zeitpunkt, ab dem ein Ausländer einen Asylantrag stellt, wird jedoch nicht mehr „nur“ – wie von § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG vorausgesetzt – eine formelle Position (hier: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Griechenland), sondern werden vielmehr die materiellen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht (vgl. Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 19. August 2022 – 5 K 2104/22.TR). Dass der Ausländer in den Fällen einer erneuten Sachprüfung die als vorteilhaft empfundene Aussicht auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG verlieren kann, ist Folge der mit dieser Vorschrift ausschließlich bezweckten Verfahrensvereinfachung und -konzentration und bedeutet nicht den Verlust einer schutzwürdigen subjektiven Rechtsposition (vgl. Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 19. August 2022 – 5 K 2104/22.TR).
23
(3) Das Bundesamt war an dem Erlass der Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Irak nicht aufgrund der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Februar 2020 (Az.: RO 13 K 19.31623) nicht aufgehobenen Feststellung in dem Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juli 2019, der Kläger dürfe nicht in den Irak abgeschoben werden, gehindert.
24
Die begünstigende Feststellung, der Kläger dürfe nicht in den Irak abgeschoben werden, hat sich mit der Aufhebung der in dem Bescheid vom 26. Juli 2019 verfügten Abschiebungsandrohung auf sonstige Weise im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt. Die begünstigende Feststellung steht in einem derart engen Bezug zu der Abschiebungsandrohung, dass sie mit dieser steht und fällt (eine Widerrufsentscheidung nach § 49 VwVfG für erforderlich haltend demgegenüber Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 18. August 2021 – 2 A 74/21). Ohne die belastende Abschiebungsandrohung greift die Regelungswirkung der begünstigenden Feststellung ins Leere.
25
Die den Kläger begünstigende Feststellung wäre von dem Bundesamt nicht ohne die Belastung ausgesprochen worden und ist isoliert betrachtet gehaltlos (vgl. Verwaltungsgericht Arnsberg, Beschluss vom 15. September 2020 – 13 L 749/2). Würde die Feststellung isoliert aufrechterhalten bleiben, würde dies ihre Qualität ändern und ihr die unzutreffende Aussage beimessen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG inhaltlich geprüft und positiv festgestellt worden sind (vgl. Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 3. Juni 2022 – 10 K 2844/20.A; vgl. hierzu ausführlich Oberverwaltungsgericht Schleswig, Urteil vom 3. Februar 2022 – 1 LB 6/21). Das Bundesamt hat jedoch im Rahmen der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gerade nicht geprüft, ob Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak zu Gunsten des Klägers bestehen und dies auch nicht positiv festgestellt. Die Nichtabschiebung in den Irak wurde nur für das Zuständigkeitsverfahren nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und nicht darüber hinausgehend ausgesprochen. Erst im Rahmen der inhaltlichen Prüfung des Asylbegehrens im nationalen Verfahren kann und muss das Bundesamt über das Herkunftsland betreffende Abschiebungsverbote befinden (vgl. Verwaltungsgericht Arnsberg, Beschluss vom 15. September 2020 – 13 L 749/2). In Ermangelung einer materiellen Prüfung der Abschiebungsverbote droht bei der Annahme einer Erledigung auf sonstige Weise auch keine Umgehung von §§ 48, 49 VwVfG. Wäre der Regelungszusammenhang zwischen Abschiebungsandrohung und begünstigender Fesstellung nicht derart eng, hätte der Gesetzgeber nicht für den umgekehrten Fall in § § 59 Abs. 2 Satz 3 AufenthG klarstellen müssen, dass die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen unberührt bleibt, wenn das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots feststellt.
26
Den vorangegangenen Ausführungen steht das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Februar 2020 (Az.: RO 13 K 19.31623) nicht entgegen, denn die Frage, ob die den Kläger begünstigende Feststellung isoliert bestehen bleiben kann, war nicht Gegenstand der Entscheidung.
27
Das Gericht weicht insofern auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15. Januar 2019 – 1 C 15.18) ab. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass sich das Gericht bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens bei Anfechtung einer Unzulässigkeitsentscheidung im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht mit der Rechtmäßig- bzw. Rechtswidrigkeit der begünstigenden Feststellung zu befassen hat. Ob die begünstigende Feststellung isoliert bestehen kann oder nicht, erörtert das Bundesverwaltungsgericht nicht (vgl. Verwaltungsgericht Arnsberg, Beschluss vom 15. September 2020 – 13 L 749/2; andere Ansicht: Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 14. Juli 2020 – AN 17 K 19.50875).
28
b) Die Ermessenentscheidung des Bundesamtes, das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist nach Maßgabe des sich aus § 114 Satz 1 VwGO ergebenden beschränkten Prüfungsumfangs rechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesamt hat eine Frist gewählt, die im mittleren Bereich des Fünfjahresrahmens liegt. Umstände, die eine abweichende Beurteilung nahe legen könnten, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG. Der Vollstreckbarkeitsausspruch resultiert aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.