Titel:
Wechsel von Premium Economy Class in Economy Class kein Kündigungsgrund für Pauschalreise
Normenkette:
BGB § 651l Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Der Wechsel von Premium Economy Class auf Economy Class durch den Anbieter einer Pauschalreise begründet keinen Kündigungsgrund nach § 651l Abs. 1 S. 1 BGB, weil die Änderung einer bzw. Herabstufung um eine Beförderungsklasse bei einem Durchschnittsreisenden keine erhebliche Beeinträchtigung der (gesamten) Pauschalreise darstellt. (Rn. 17 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Pauschalreisevertrag, Kündigungsrecht, erhebliche Beeinträchtigung, Beförderungsklasse, Zumutbarkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 50784
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 864,40 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte nach Kündigung des Reisevertrages durch die Klägerin.
2
Die Klägerin buchte für sich und ihren Ehemann bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Kuba in der Zeit vom 17.11.2022 bis zum 01.12.2022 zu einem Gesamtreisepreis in Höhe von 4.322 €, Anlage K1. Eine Anzahlung in Höhe von 864,40 € war sofort fällig und wurde umgehend durch die Klägerin geleistet. Bestandteil der gebuchten Reise war u.a. der Hin und Rückflug von Frankfurt nach Havanna in der Premium Economy Class. Bei der Buchung wurde auf gesundheitliche Beschwerden oder Beeinträchtigungen der Klägerin nicht hingewiesen.
3
Mit Nachricht vom 16.06.2022 teilte die Beklagte der Klägerin mit dass die Airline C… auf dem Flug nach Havanna keine Premium Economy Class mehr anbietet und der Flug in der Economy Class durchgeführt wird, Anlage K3. Hierfür bot die Beklagte der Klägerin eine Ermäßigung von 150 € pro Person an.
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Die Klägerin teilte der Beklagten am 23. Juni 2022 mit, dass sie eine Reise in der Economy Class nicht antreten könne. Sofern eine Beförderung in der Premium Economy Class nicht möglich sei, solle die Buchung kostenfrei storniert und die Anzahlung erstattet werden.
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Dies lehnte die Beklagte mit Nachricht vom 09.09.2022 ab, Anlage K5.
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Die Klägerin trägt vor, sie habe für den Flug mit der Premium Economy Class einen Aufpreis von 1.148 € für 2 Personen bezahlt. Die Premium Economy Class sei aufgrund der größeren Beinfreiheit gebucht worden, welche aus medizinischen Gründen dringend erforderlich gewesen sei, da bei der Klägerin ein erblich bedingtes erhöhtes Thromboserisiko vorliege.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 864,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.09.2022 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 159,94 € zu bezahlen.
Die Beklagtenseite beantragt:
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Die Beklagte bestreitet einen Aufpreis von 1.148 € gegenüber der Economy Class. Ein kostenloses Recht zur Kündigung stehe der Klägerin nicht zu, da der Ausfall der Premium Economy Class keine erhebliche Beeinträchtigung einer Reiseleistung darstelle.
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Die Beklagte weist darauf hin, dass die Klägerin einen größeren Sitzabstand in der Economy Class auch durch die Buchung eines Sitzes am Notausgang oder eines XL – Sitzes hätte erhalten könne.
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Zur Ergänzung wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, sowie die sonstigen Aktenbestandteile.
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Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
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A. Die zulässige Klage ist in der Hauptsache nicht begründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Anzahlung auf den Reisepreis, da der Klägerin kein Kündigungsrecht nach § 651l BGB zusteht.
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I. Unstreitig haben die Parteien am 17.02.2022 einen Pauschalreisevertrag geschlossen.
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Die Klägerin hat hierauf eine Anzahlung in Höhe von 864,40 € geleistet.
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Die Klägerin hat zunächst einen Flug in der Premium Economy Class gebucht. Nachdem die Airline C… auf der gebuchten Verbindung von Frankfurt nach Havanna keine Premium Economy Class mehr anbot, teilte die Klägerin der Klägerin mit Schreiben vom 23.06.2022 mit, dass sie die Reise in der Economy Class nicht antreten werde und verlangte eine kostenfreie Stornierung der Buchung sowie die Rückerstattung der von ihr geleisteten Anzahlung.
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II. Nach § 651l BGB kann der Reisende den Vertrag kündigen, wenn die Pauschalreise durch den Reisemangel erheblich beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch vorliegend nach Auffassung des Gerichts nicht der Fall:
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Die Änderung der Beförderungsklasse stellt keine erhebliche Beeinträchtigung der (gesamten) Pauschalreise dar.
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1. Zwar bietet die Premium Economy Class unstreitig einige Vorteile gegenüber der Economy Class, insbesondere ein größerer Abstand der Sitze zueinander und damit größere Beinfreiheit.
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In Anbetracht dessen, dass der Flug aber bei einer Pauschalreise nur einer von mehreren Reisebestandteilen und im Vergleich zur gebuchten Reisezeit von 11 Nächten auch nur von kurzer Dauer ist, stellt die Änderung der Beförderungsklasse gerade keine erhebliche Beeinträchtigung der Pauschalreise dar.
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2. Nicht nachgewiesen worden ist seitens der Klagepartei, dass die Klägerin allein für die Flüge in der Economy Class einen Aufpreis von 1.148 € für 2 Personen bezahlt hat. Dagegen spricht insebsondere die Anlage K 3, in welcher die Beklagte der Klägerin für den Wegfall der Premium Economy Class einen Ermäßigung von 150 € pro Person anbietet.
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3. Das von der Klagepartei zitierte Urteil des AG Düsseldorf ist nach Ansicht des Gerichts nicht vergleichbar, da jenem ein Downgrade aus der Comfort Class in die Economy Classr (und damit um eine Herabstufung um nicht nur eine Beförderungsklasse, sondern um mindestens 3 Klassen) zugrunde lag.
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4. Dies gilt auch in Anbetracht des seitens der Klägerin vorgebrachten erhöhten Thromboserisikos: Diese gesundheitliche Einschränkung ist der Beklagten bei Abschluss des Reisevertrages nicht mitgeteilt worden und damit nicht Grundlage des Vertrages geworden.
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Bei der Betrachtung, ob eine erhebliche Einschränkung der Pauschalreise vorlegt ist daher auf den Durchschnittsreisenden abzustellen. Wie oben dargestellt, ist einem Durchschnittsreisenden die Herabstufung um eine Beförderungsklasse durchaus zumutbar.
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5. Letztendlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, wie die Beklagtenseite unbestritten vorträgt, eine größere Beinfreiheit auch durch die Buchung eines Sitzes am Notausgang oder eines XL – Sitzes hätte erlangen können. Damit hätte sie sich den wohl größten Vorteil der Premium Economy Class gegenüber der Economy Class auch auf diesem Weg sichern können.
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Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die als Nebenforderung geltend gemachten Verzugszinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung ohne die Nebenforderungen.