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AG München, Endurteil v. 06.09.2023 – 1292 C 7542/22 WEG
Titel:

Weites Ermessen der Wohnungseigentümer bei dem Abschluss von Verträgen

Normenkette:
WEG § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 29 Abs. 2, § 45
Leitsätze:
1. Dem Beirat obliegt nur eine stichprobenartige Überrüfung der Belege. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Weiterbestellung des Verwalters müssen keine Vergleichsangebote eingeholt werden. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Wohnungseigentümer haben ein weites Ermessen bezüglich zu vereinbarender Sondervergütungen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Wohnungseigentümer haben bei dem Abschluss eines Gestattungsvertrags mit den Stadtwerken über die Verlegung einer Kabeltrasse einen weiten Ermessensspielraum im Hinblick auf die Höhe der Entschädigung. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnungseigentum, ordnungsmäßige Verwaltung, Verwaltungsbeirat, Überwachungspflicht, Pflichtverletzung, Wallbox, Corona, Verwaltervertrag, Alternativangebote, Verlegung Kabeltrasse
Fundstellen:
ZMR 2024, 622
BeckRS 2023, 50436
LSK 2023, 50436

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Ungültigerklärung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 geltend.
2
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger ist Sondereigentümer der Wohnungen Nr. 191 und Nr. 226. Die Gemeinschaft wird von der Hausverwaltung ... verwaltet.
3
Mit Schreiben vom 30.03.2022 (Anlage K 3) wurde die ordentliche Eigentümerversammlung für den 02.05.2022 einberufen. Der Ladung beigefügt war die Auflistung der Tagesordnungspunkte, über die Beschluss gefasst werden sollte. In der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 fasste die Gemeinschaft eine Reihe von Beschlüssen, von denen der Kläger die zu TOP 3 b, 3 c, 8 a, 8 b, 10 a und 11 gefassten Beschlüsse angefochten hat. Hinsichtlich des Wortlauts wird auf das als Anlage K 17 vorgelegte Protokoll der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 Bezug genommen.
4
Die Beschlüsse wurden vom Kläger mit der Klageschrift vom 24.05.2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag angefochten und mit Schriftsatz vom 29.06.2022, eingegangen bei Gericht an diesem Tag, begründet.
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Zum Gemeinschaftseigentum gehört unter anderem auch ein Hallenschwimmbad.
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Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, dass das Hallenschwimmbad während der Pandemie vom 20.03.2020 bis 14.09.2021 ohne Beschluss und mit Zustimmung des Beirats geschlossen war. Ein Hygiene- und Schutzkonzept sei in der Eigentümerversammlung vom 09.09.2021 nicht gefasst worden, von Mitte November 2021 bis Mitte April 2022 sei das Schwimmbad erneut geschlossen gewesen.
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Der Kläger trägt daher zu TOP 3 (Entlastung des Beirats für 2021) im Wesentlichen vor, dass der Beirat seiner Überwachungspflicht aus § 29 Abs. 2 WEG nicht nachgekommen sei. Seine Zustimmung zur Schließung des Hallenschwimmbads sei unzulässig gewesen. Weiter hätte der Beirat Alternativangebote für die Verwalterbestellung einholen müssen. Auch eine ausreichende Belegprüfung gemäß § 29 Abs. 2 WEG sei nicht erfolgt. Zudem habe der Beirat in der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 nicht thematisiert, ob die Verwaltung den Kriterien des § 26 a WEG gerecht werde. Dies wäre jedoch seine Verpflichtung gewesen, wenn er anregt, den neuen Verwaltervertrag anzunehmen.
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Auch die Entlastung der Verwaltung für das Jahr 2021 sei zu Unrecht erfolgt. TOP 10 (Erstellung eines Hygiene- und Schutzkonzepts) sei von der Hausverwaltung in der Eigentümerversammlung am 09.09.2021 einfach abgesetzt worden. Die Schließungen hätten jedoch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen. Auch sei die Angebotseinholung für diverse Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen, die in der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 hätten beschlossen werden sollen, völlig unzureichend gewesen. Teilweise seien die Angebote erst in dieser Eigentümerversammlung vorgelegt worden. Zudem liege ein Verstoß gegen die Nichtöffentlichkeit vor, da der Hausmeister am 02.05.2022 anwesend gewesen sei und auch der Verwaltungsbeirat ..., der die Wohnung Nr. 413 vor dem 02.05.2022 verkauft habe. Es sei somit ein Nichteigentümer anwesend gewesen. Damit sei gegen das Nichtöffentlichkeitsprinzip verstoßen worden. In die Jahreseinzelabrechnung 2021 sei zu Lasten der Gemeinschaft ein Betrag von 15.607,11 € eingestellt worden an Kosten Versicherungsschäden (Anlage K 9 und K 10).
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Der zu Lasten der Gemeinschaft eingestellte Betrag sei jedoch nicht nachvollziehbar, was anlässlich der Überprüfung auch dem Verwaltungsbeirat hätte auffallen müssen. Zudem habe die Verwaltung Störungsbehebungskosten in Bezug auf den Aufzug in Höhe von 454,88 € bezahlt (Anlage K 12), obwohl es sich um einen Gewährleistungsmangel gehandelt habe. Auch hätte zumindest der Verwaltungsbeirat nachfragen müssen, wer verantwortlich sei für diverse mutwillige Beschädigungen der neuen Aufzugsanlage. Ferner sei die Behandlung der angefallenen Sperrmüllkosten nicht in Ordnung gewesen. Eine Hausverwaltung könne Rechnungen, auf denen nicht aufgeführt sei, was konkret an Sperrmüll angefallen sei, nicht akzeptieren. Die Bezahlung dieser Rechnungen sei somit kein ordnungsgemäßes Verwalterhandeln. Weiter habe die Verwaltung dem Kläger die Einsichtnahme in den Gaslieferungsvertrag als auch in die Begehungslisten/Begehungsprotokolle verweigert, was den Tatbestand der Beweisvereitelung erfülle.
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Zu TOP 8 a (Neu-/Wiederbestellung Verwaltung) trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass hier ein völlig neuer Verwaltungsvertrag vorgelegt worden sei. Alternativangebote hätten nicht vorgelegen, obwohl dies in vorliegendem Fall erforderlich gewesen wäre, da die Verwaltung ihre Aufgaben schlecht erfülle. Im Übrigen dürfe auch nur ein zertifizierter Verwalter bestellt werden. Ob die Verwaltung im Sinne der §§ 19 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. 26 a WEG zertifizierter Verwalter sei, lasse sich dem Beschluss nicht entnehmen. Auch sei der vorgelegte neue Verwaltervertrag intransparent hinsichtlich der Sondervergütungen. Im neuen Verwaltervertrag (vorgelegt als Anlage K 5) werde die monatliche Vergütung je Wohnung um rund 7% erhöht, es kämen jedoch eine Vielzahl von weiteren Vergütungstatbeständen hinzu mit der Folge, dass aufgrund der Klauseln im neuen Verwaltervertrag Maßnahmen bis zu 75.000,00 € pro Jahr veranlasst werden könnten, ohne das auch nur ein Wohnungseigentümer ein Mitspracherecht habe. Hierdurch könne die Verwaltung völlig willkürlich handeln.
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Zu TOP 10 (Beschluss über Installation einer Wallbox am Tiefgaragenstellplatz) führt der Kläger im Wesentlichen aus, dass nicht thematisiert worden sei, ob die Stromversorgung in der Tiefgarage durch die Installation einer Wallbox nicht insgesamt beeinträchtigt werde. Auch brandschutzrechtliche und versicherungsrechtliche Probleme seien nicht geprüft worden. Zudem hätte das Ergebnis der beschlossenen Machbarkeitsstudie abgewartet werden müssen, bevor einem einzelnen Eigentümer ermöglicht werde, sein Elektrofahrzeug am Tiefgaragenstellplatz mit elektrischer Energie zu versorgen.
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Ebenso entspreche TOP 11 (Abschluss eines Gestattungsvertrages zwischen der WEG und den Stadtwerken M.) nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da eine Kabeltrasse über das Grundstück der WEG verlegt werden solle, die der Stromversorgung von Anwesen in der ... dienen solle. Dies stelle eine Beeinträchtigung des Parkgeländes dar. Eine Entschädigung in Höhe von 20.000,00 €, wie im Gestattungsvertrag vorgesehen (Anlage K 6) sei angesichts des Haftungsrisikos nicht angemessen. Zudem sei der Trassenverlauf unklar und die Laufzeit des Vertrages nicht im Beschluss benannt.
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Der Kläger beantragt daher:
I. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 3b der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 3b der Beschlusssammlung, wird für ungültig erklärt, hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 3b der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 3b der Beschlusssammlung, nichtig ist.
II. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 3c der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 3c der Beschlusssammlung, wird für ungültig erklärt, hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 3c der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 3c der Beschlusssammlung, nichtig ist.
III. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 8a der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 8a der Beschlusssammlung, wird für ungültig erklärt, hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 8a der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 8a der Beschlusssammlung, nichtig ist.
IV. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 8b der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 8b der Beschlusssammlung, wird für ungültig erklärt, hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 8b der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 8b der Beschlusssammlung, nichtig ist.
V. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 10a der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 10a der Beschlusssammlung, wird für ungültig erklärt, hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 10a der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 10a der Beschlusssammlung, nichtig ist.
VI. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 11 der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 11 der Beschlusssammlung, wird für ungültig erklärt, hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 zu Tagesordnungspunkt 11 der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022, Nr. 11 der Beschlusssammlung, nichtig ist.
14
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
15
Sie führt im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich TOP 3 der Kläger schon nicht vortrage, welche Schadensersatzansprüche im Raum stehen könnten. Im Übrigen habe der Beirat der Schließung nicht zugestimmt, sondern diese nur gutgeheißen. Eine Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten für die Weiterbestellung der Verwaltung bestehe für den Beirat nicht, sei jedoch bei einer Weiterbestellung auch nicht erforderlich. Vorgänge, die das Jahr 2022 betreffen, seien bei dem Entlastungsbeschluss für das Jahr 2021 nicht zu berücksichtigen. Auch habe der Beirat seiner Belegprüfungspflicht Genüge getan, hier sei eine stichprobenartige Prüfung erfolgt und ausreichend. Weiter seien im Zusammenhang mit Versicherungsschäden im Wirtschaftsjahr 2021 Ausgaben von 15.607,11 € getätigt worden, aufgrund des Zu- und Abflussprinzips habe diese Ausgabe in die Abrechnung 2021 eingestellt werden müssen. Es gehöre auch nicht zu den Aufgaben des Verwaltungbeirats, zu erforschen, warum eine Reparatur an der Aufzugsanlage vorgenommen werden musste.
16
Auch hinsichtlich der Entlassung der Verwaltung trage der Kläger nicht schlüssig und unsubstantiiert vor, welche Ansprüche gegen die Verwaltung im Raum stehen könnten. Das Schwimmbad sei zu Recht geschlossen worden, wie bereits in anderen anhängigen Verfahren zwischen den Parteien gerichtlich festgestellt wurde. Weiter spielen Vorwürfe des Klägers im Zusammenhang mit der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 für die Entlassung der Verwaltung keine Rolle, da es sich hier um die Entlastung für das Wirtschaftsjahr 2021 handle.
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Sperrmüllkosten, die im Wirtschaftsjahr 2021 angefallen sind, mussten auch in die Abrechnung 2021 eingestellt werden. In der Abrechnung muss jedoch nicht angegeben werden, wer wann was wo abgeholt habe. Auch seien die Ausführung des Klägers im Zusammenhang mit der Einsichtnahme der Verwaltungsunterlagen unerheblich, da sie das Kalenderjahr 2022 betreffen.
18
Im Übrigen könne von einer Beweisvereitelung keine Rede sein, da eine solche nicht erfolgt sei.
19
Auch die zu TOP 8 a und 8 b ergangenen Beschlüsse seien zu Recht erfolgt.
20
Bei einer Weiterbestellung sei es nicht erforderlich, Vergleichsangebote einzuholen. Eine Zertifizierung der amtierenden Verwaltung sei erst ab dem 01.06.2024 erforderlich. Angeblich nachteilige Regelungen im Verwaltervertrag hätten keine Auswirkung auf die Anfechtbarkeit des Bestellungsbeschlusses. Soweit sich der Kläger gegen einzelne Klauseln im Verwaltervertrag wende, sei dies unerheblich, da im Anfechtungsverfahren gegen den Beschluss über den Abschluss des Verwaltervertrags eine AGB-Kontrolle des Verwaltervertrages nicht stattfinde. Eine solche sei erst bei der Anwendung des Vertrags im Verhältnis zwischen der WEG und dem Verwalter vorzunehmen (vergleiche BGH-Urteil vom 05.07.2019, Az.: V ZR 278/19).
21
Aber auch die einzelnen Sondervergütungsklauseln seien nicht zu beanstanden, da die Eigentümer hinsichtlich des Ob als auch des Wie einer Sondervergütung einen weiten Ermessensspielraum innehätten. Das Gestaltungsermessen sei erst dann überschritten, wenn auch das zu erwartende Gesamtentgelt deutlich über den üblichen Sätzen liegen würde und hierfür keine entsprechend gewichtigen Sachgründe vorliegen. Hierzu habe der Kläger innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist jedoch nichts ausgeführt. Des Weiteren seien schon allein aufgrund der vom BGH im Urteil vom 05.07.2019 aufgestellten Grundsätze die klägerischen Einwände gegen die streitgegenständlichen Sondervergütungsklauseln nicht einschlägig. Dennoch seien die einzelnen Sondervergütungsklauseln nicht zu beanstanden.
22
Hinsichtlich der Weiterbestellung des Verwalters führt die Beklagte zudem aus, dass diese mehrheitlich erfolgt sei und eine Ungültigerklärung allenfalls nur dann in Betracht käme, wenn ein so schwergewichtiger Grund vorläge, dass auch unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraums der Eigentümer die Weiterbestellung nicht mehr vertretbar wäre. Derartige besonders triftige Gründe seien hier jedoch nicht vorgetragen und würden auch nicht vorliegen.
23
Auch TOP 10 sei nicht zu beanstanden, da nur eine normale Steckdose mit diesem Beschluss erlaubt sei. Hier habe der entsprechende Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie sei aus diesem Grunde nicht abzuwarten, im Übrigen sei eine Beseitigungsverpflichtung in den Beschluss mit aufgenommen worden.
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Hinsichtlich TOP 11 handle es sich nur um die Verlegung eines Niederspannungskabels und nicht um eine Kabeltrasse. Im Übrigen ergebe sich der Verlauf des Kabels aus der Anlage zu dem mit Anlage K 6 vorgelegten Gestattungsvertrags. Konkrete Regelungen im Beschlusswege seien nicht erforderlich, da im Beschluss auf den Gestattungsvertrag verwiesen werde, welcher bereits dem Einladungsschreiben beigefügt war. Das Niederspannungskabel verlaufe im Erdreich, eine massive Beeinträchtigung des Parkgeländes sei aus diesem Grunde nicht gegeben. Im Rahmen ihres Ermessens sei von den Eigentümern eine Gegenleistung in Höhe von 20.000,00 € als angemessen eingestuft worden. Im Übrigen handle es sich um eine Gebrauchsregelung im Sinne von § 18 Abs. 2 WEG, die gemäß § 19 Abs. 1 WEG mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden könne, da die Verlegung eines Niederspannungskabels im Erdreich des Grundstücks letztlich eine Vermietung von Gemeinschaftseigentum darstelle. Die Eigentümer hätten sich im Rahmen ihres weiten Ermessensspielraums bewegt, sodass eine inhaltliche Überprüfung von Seiten des Gerichts nicht statthaft sei.
25
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 19.04.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26
Die ist Klage zulässig. Das Amtsgericht München – Wohnungseigentumsgericht – ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 4 WEG i.V.m. § 23 Nr. 2 c GVG.
27
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
28
Zwar wurden die Klageerhebungs- und Klagebegründungsfrist des § 45 WEG eingehalten, die streitgegenständlichen Beschlüsse entsprechen jedoch allesamt den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
29
Das vom Kläger behauptete Fehlverhalten des Verwaltungsbeirates für das Geschäftsjahr 2021 stellt kein Verhalten dar, dass zu einem möglichen Schadensersatzanspruch gegen den Beirat führen würde. Eine ausdrückliche Zustimmung des Beirats zur vorübergehenden Schließung des Schwimmbadbereichs liegt auch nach dem Vortrag des Klägers nicht vor. Es ist den Beiratsmitgliedern unbenommen, diese Maßnahme gutzuheißen, die im Übrigen auf der Grundlage der zu dem damaligen Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Regelungen erfolgte.
30
Auch obliegt dem Verwaltungsbeirat keine Pflicht zur Einholung von Alternativangeboten bezüglich der Weiterbestellung der Verwaltung. Hätte der Kläger dies für erforderlich gehalten, wäre es ihm freigestanden, selbst Alternativangebote einzuholen und vorzulegen.
31
Auch nach dem Sachvortrag des Klägers hat der Beirat eine Belegprüfung vorgenommen. Soweit der Kläger den angegebenen Umfang für unwahrscheinlich hält, ist darauf hinzuweisen, dass dem Beirat nur eine stichprobenartige Prüfung obliegt, die hier auch nach dem Vortrag des Klägers stattgefunden hat.
32
Auch die weiteren vom Kläger vorgetragenen Rügen bezüglich der Tätigkeit des Verwaltungsbeirates stellen keine Verpflichtung des Beirats gemäß § 29 Abs. 2 WEG dar. Vorgänge, die das Wirtschaftsjahr 2022 betreffen, sind bei der Beurteilung des Entlastungsbeschlusses für 2021 nicht zu berücksichtigen.
33
Auch TOP 3 c (Entlastung der Verwaltung für 2021) ist nicht zu beanstanden. Der Sachvortrag des Klägers innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist stellt nicht dar, welche Ansprüche im Raum stehen könnten, die zu einer Schadensersatzpflicht der Verwaltung führen würden. Insbesondere war die Schließung des Schwimmbades nicht pflichtwidrig. Vorgänge, die das Jahr 2022 betreffen (wie zum Beispiel die Rüge des Klägers, dass ein Verstoß gegen die Nichtöffentlichkeit in der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 erfolgt sei und auch eine unzureichende Angebotseinholung für Maßnahmen, die in der Eigentümerversammlung vom 02.05.2022 beschlossen werden sollen) sind hier ebenfalls nicht entscheidungserheblich.
34
Hinsichtlich TOP 8 a (Bestellung der Verwaltung) handelt es sich um eine Weiterbestellung, bei der keine Vergleichsangebote eingeholt werden müssen. Die Weiterbestellung erfolgte hier mit Mehrheit; schwerwiegende Gründe, die zur Aufhebung dieser Mehrheitsentscheidung führen könnten, werden hier vom Kläger nicht vorgetragen.
35
Auch TOP 8 b (Abschluss Verwaltervertrag) entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da die Eigentümer hier ein weites Ermessen bezüglich der zu vereinbarenden Sondervergütungen haben. Dies bezieht sich nicht nur auf die einzelnen Tätigkeiten, für die eine Sondervergütung vereinbart wird, sondern auch auf die Höhe der Sondervergütung. Eine Ermessensüberschreitung ist hier nicht ersichtlich. Im Übrigen findet eine AGB-Kontrolle der Regelungen erst bei deren Anwendung statt, nicht jedoch bei Abschluss des Verwaltervertrages.
36
Ebenso wenig ist TOP 10 (Wallbox) zu beanstanden, da der Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG hat und es hier im Hinblick darauf, dass nur eine normale Steckdose genehmigt wurde, nicht erforderlich ist, eine Prüfung anzustellen, ob die Stromversorgung ausreicht oder ob der Brandschutz oder versicherungsrechtliche Fragen geprüft wurden. Auch ein Widerspruch zu der unter TOP 9 der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung beschlossenen Machbarkeitsstudie ist nicht ersichtlich. Hierzu findet sich eine Beseitigungsverpflichtung im Beschluss, sodass die zu TOP 9 und TOP 10 ergangenen Beschlüsse sich nicht widersprüchlich gegenüberstehen.
37
Bei TOP 11 (Gestattungsvertrag) haben sich die Eigentümer im Rahmen ihres Ermessensspielraums bewegt. Der Beschluss ist bestimmt genug, da es zulässig ist, auf den Gestattungsvertrag, der im Übrigen mit der Einladung versandt wurde, Bezug zu nehmen. Es ist daher im Beschluss nicht erforderlich, konkrete Regelungen, die sich bereits im Gestattungsvertrag befinden, nochmal in den Beschluss aufzunehmen. Im Übrigen ist eine Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums, wie von Kläger vorgetragen, nicht nachvollziehbar, da es sich unstreitig um die Verlegung eines Niederspannungskabels handelt, das optisch nicht sichtbar ist. Im Rahmen der Gebrauchsregelung gemäß § 18 Abs. 2 WEG i.V.m. § 19 Abs. 1 WEG können die Eigentümer auch im Rahmen des ihnen zustehenden weiten Ermessensspielraums entscheiden, ob ihnen eine Entschädigung in Höhe von 20.000,00 € für die Dauer der Laufzeit des Vertrages als Gegenleistung ausreicht. Ein Ermessensfehlgebrauch ist nicht ersichtlich. Eine inhaltliche Prüfung von Seiten des Gerichts findet daher nicht statt.
38
Als Unterlegener trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits, § 91 Abs. 1 ZPO.
39
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49 GKG.
40
Als Einzelstreitwerte werden danach folgende Beträge als angemessen, aber auch erforderlich erachtet:
TOP 3.500,00 €,
TOP 3 c 1.000,00 €,
TOP 8 a 5.000,00 €,
TOP 8 b 5.000,00 €,
TOP 10 a 1.000,00 € und
TOP 11 2.500,00 €.