Titel:
Baugenehmigung, Wohnhaus, Abwasser, Unterlassungsanspruch, Streitwert, Technik, Pflichtverletzung, Genehmigung, Gutachten, Kanalisation, Klage, Berechnung, unterlassen, Verschulden, Stand der Technik, Kosten des Verfahrens, entsprechende Anwendung
Schlagworte:
Baugenehmigung, Wohnhaus, Abwasser, Unterlassungsanspruch, Streitwert, Technik, Pflichtverletzung, Genehmigung, Gutachten, Kanalisation, Klage, Berechnung, unterlassen, Verschulden, Stand der Technik, Kosten des Verfahrens, entsprechende Anwendung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 49783
Tenor
I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Einleitung von Oberflächenwasser in einen Schacht der gemeindlichen Kanalisation.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks mit der FlNr. …1 der Gemarkung … Auf dem Grundstück befindet sich das Wohnhaus des Klägers. Das Grundstück ist an die gemeindliche Kanalisation angeschlossen. Die zugehörige Leitung führt vom Haus des Klägers in einen unmittelbar vor dem Grundstück in der Fahrbahn der N* … Straße (* …*) gelegenen Schacht. Seit 2012 wird in diesen Schacht auch Oberflächenwasser aus einem weiteren, ca. 40 m südöstlich gelegenen Schacht geleitet, welches dort von der Staatsstraße und den umliegenden Feldern zufließt. Außerdem fließt Oberflächenwasser über einen Kanaldeckel in den vor dem klägerischen Grundstück gelegenen Schacht. Von dort wird das zusammenfließende Wasser in der Kanalisation der Beklagten weiter abgeleitet.
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Im Oktober 2018 verlangte der Kläger von der Beklagten dafür Sorge zu tragen, einen Rückstau von Abwasser in sein Wohngebäude zu vermeiden, z.B. indem die Zuleitung von Oberflächenwasser aus dem zweiten genannten Schacht abgestellt wird.
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Die Beklagte lehnte das Anliegen ab und verwies auf ihre Entwässerungssatzung, wonach jeder Anschlussteilnehmer sich selbst gegen einen Rückstau des Abwassers aus der Entwässerungseinrichtung zu schützen habe.
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Mit Schriftsatz vom 16. April 2019 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Landgericht Weiden erheben lassen, das den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen und den Streitwert auf 15.000,- EUR festgesetzt hat.
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Der Kläger trägt vor, dass an seinem Wohnhaus im Mai 2014 (vor dem Einbau einer Rückstausicherung) und im Mai 2018 (bei vorhandener Rückstausicherung) während eines Regenereignisses durch einen Rückstau Wasserschäden entstanden seien. Weshalb die Rückstausicherung den zweiten Schaden nicht verhindert habe, sei unbekannt. Es sei durch eine Fachfirma festgestellt worden, dass die Rückstausicherung im Schadenszeitpunkt fehlerfrei gearbeitet habe.
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Der Kläger ist der Ansicht, dass sich die Beklagte nur dann auf das Fehlen oder die Funktionsuntüchtigkeit einer Rückstausicherung berufen könne, wenn die Entwässerungseinrichtung dem Stand der Technik entspreche und eine ordnungsgemäße Abwasserableitung gewährleistet sei. Die Entwässerungssatzung beziehe sich außerdem nur auf Abwässer aus den Ortsteilen der Stadt W* … Das zulaufende Wasser sei jedoch kein kommunales Abwasser, sondern außerörtliches Fremdwasser aus der Entwässerung der Staatsstraße … von außerhalb der Ortsgrenzen der Beklagten. Die Beklagte habe die Entsorgung dieses Abwassers 2013 im Zuge des Straßenausbaus vertraglich übernommen und hafte daher nun als Betreiber der Entwässerungsanlage hierfür. Dem Kläger sei zudem weder bei der Baugenehmigung noch bei der Genehmigung zum Anschluss an das kommunale Entwässerungssystem eine Rückstausicherung vorgeschrieben worden. Der Kläger sei von der neu errichteten Zuleitung in den Schacht vor seinem Haus nicht informiert worden, weshalb er sich diesbezüglich nicht habe schützen können. Die fehlerhafte Dimensionierung der Zuleitung stelle eine Pflichtverletzung der Beklagten dar.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in den bestehenden städtischen Revisionsschacht in der … Straße in Waldsassen vor dem Anwesen des Klägers N* … Straße …, … W* … über die Rohrleitung DN 300 neu Oberflächenabwasser einzuleiten.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, aus dem bestehenden städtischen Revisionsschacht auf öffentlichen Grund in der N* … Straße in Waldsassen im Bereich der südöstlichen Ecke des Grundstücks des Klägers Abwasser aus der Rohrleitung DN 300 neu kommend über die Anschlussleitung des Klägers in diesen Revisionsschacht in dessen Grundstück gelangen zu lassen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte trägt im Wesentlichen ergänzend zu ihrem bisherigen Einwand vor, dass ihre Entwässerungseinrichtung an dem Schacht vor dem klägerischen Grundstück ende. Die Zuleitung und der ca. 40 m südöstlich gelegene Schacht habe die Beklagte nicht hergestellt und diese seien nicht Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung. Die Beklagte habe auch nicht vertraglich die Entsorgung des von dort zugeleiteten Wassers übernommen. Bei einer funktionierenden Rückstausicherung würden keine Schäden im Haus des Klägers entstehen. Rückstau von Abwasser sei ein kalkuliertes und nie ausschließbares Risiko, so dass diesbezüglich keine Unterlassungsansprüche bestehen könnten. Selbst bei einer fehlerhaften Dimensionierung der Leitung bestünde ein Anspruch des Klägers nur, wenn aus der Entwässerungseinrichtung Abwasser so auf das Grundstück des Klägers gelangen würde, dass er sich hiergegen nicht schützen könne, wie z.B. bei einer oberirdischen Überflutung. Die Beklagte ist ferner der Ansicht, dass der Kläger allenfalls die Unterlassung der Störung, nicht jedoch die Art der Unterlassung verlangen könne. Wie die Beklagte den Eintritt der Störung vermeide, sei ihr zu überlassen. Bezüglich des Anschlusses des Klägers an den gemeindlichen Kanal verweist die Beklagte auf ein von ihr an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 15. Juni 1981, mit dem sie dem Kläger mit Bezugnahme auf die Anschluss- und Benutzungssatzung der Kanalisationsanlage unter Beachtung der Erinnerung gestattet habe, dass sämtliche Einläufe unter der Straßenoberfläche mit selbsttätigen, doppelt wirkenden Rückstauverschlüssen zu versehen seien.
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Der Kläger bestreitet, das Schreiben vom 15. Juni 1981 erhalten und hiervon bislang Kenntnis gehabt zu haben.
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Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
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In der mündlichen Verhandlung ist seitens des Beigeladenen vorgetragen worden, dass vor dem Anschluss der Straßenentwässerung an den streitgegenständlichen Schacht eine Berechnung der Leistungsfähigkeit des Kanalanschlusses unter Einbeziehung der für die maßgebliche Einzugsfläche zu erwartenden Regenmengen erfolgt sei. Nach den Berechnungen des Beigeladenen entspräche der Anschluss den einschlägigen technischen Regeln.
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Das Gericht hat zu dem zwischen den Hauptbeteiligten diskutierten Vortrag über die Ursache des Rückstaus Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der gemäß DIN EN 752 geforderte Zufluss des Schachts vor dem klägerischen Grundstück nicht verlässlich bis zum Entlastungspunkt abgeleitet werden könne, so dass der Anschluss nicht dem einschlägigen technischen Regelwerk entspreche. Bei Wohngebieten dürfe eine Überflutung im statistischen Mittel nur etwa alle 20 Jahre vorkommen. Dieser Wert werde nicht erreicht. Von dem südöstlich gelegenen Schacht werde mehr Wasser angeliefert, als über die nachfolgende Leitung abgeführt werden könne. Der dann entstehende Überdruck im Kanalschacht breite sich über die Rohrleitungsverbindung zum Anwesen des Klägers aus. Im statistischen Mittel sei etwa alle drei bis fünf Jahre mit einem Einstau zu rechnen, der bis in den Hausanschlussschacht des Klägers zurückreiche und zu einer Überflutung im Keller des Klägers führe, wenn die vorhandene Rückstausicherung versage. Im Haus des Klägers sei aber eine den technischen Vorgaben entsprechende Rückstausicherung verbaut, welche das Gebäude zuverlässig vor einem im kommunalen Kanal auftretenden Rückstau schützen sollte.
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Bezogen auf das Gutachten ist die Beklagte der Auffassung, dass es wegen des damit verbundenen Aufwands unzumutbar sei, wenn sie ihr Kanalnetz derart dimensionieren müsse, dass nur alle 20 Jahre eine Überflutung entstehen könne.
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In einem Erörterungstermin mit dem Berichterstatter wurde zwischen den Hauptbeteiligten die Möglichkeit besprochen, dass mit Einverständnis des (später) Beigeladenen der Zulauf des Wassers aus dem südöstlich gelegenen Schacht gedrosselt wird. Diese Drosselung wurde anschließend durchgeführt. Die zuführende Rohrleitung wurde von DN 300 auf DN 200 reduziert. Außerdem wurde eine Sanierung des Schachtgrundes durchgeführt.
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Der Kläger hält die Drosselung nicht für ausreichend. Zusätzlich begehrt er eine Verlegung des Zulaufs in einen anderen als den vor seinem Grundstück gelegenen Schacht.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2023 und des Erörterungstermins vom 27. Februar 2022 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vornahme der in seinen beiden Klageanträgen (Haupt- und Hilfsantrag) genannten Maßnahmen.
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Der Kläger begehrt von der Beklagten Maßnahmen zum Schutz seines Grundstücks (insb. seines Wohnhauses) vor einem Rückstau in der Abwasserleitung. Der Sache nach macht der Kläger gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Abwehr- oder Unterlassungsanspruch geltend. Der Kläger befürchtet Beeinträchtigungen seines Grundstückseigentums, insbesondere bei Starkregenereignissen und einem hierdurch bedingten Ein- bzw. Rückstau von abfließendem Wasser aus dem vor seinem Grundstück liegenden Schacht. Ungeachtet der verschiedenen dogmatischen Ansätze für die Herleitung des öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs (Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG); öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, entsprechende Anwendung von Vorschriften des BGB) sind vorliegend die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht erfüllt.
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Unter Heranziehung der aus § 906 Abs. 1 Satz 1, § 1004 Abs. 1 BGB folgenden Rechtsgedanken kann ein Nachbar Einwirkungen, die die Benutzung seines Grundstücks nicht nur unwesentlich beeinträchtigen, abwehren. Nach § 907 Abs. 1 Satz 1 BGB, der als positivierter Sonderfall des allgemeinen Abwehranspruchs einen von § 1004 BGB unabhängigen vorbeugenden Schutz verleiht, kann der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Eine Beeinträchtigung im Sinn des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, deren Beseitigung oder Abwehr der Eigentümer vom Störer verlangen kann, muss zwar nicht bereits (erstmals) stattgefunden haben, aber hinreichend nahe bevorstehen (BayVGH, U.v. 11.1.2013 – 22 B 12.2367 – juris Rn. 20 juris m.w.N.). Nach diesen Maßstäben kann vorliegend eine abzuwehrende Beeinträchtigung nicht angenommen werden; erst Recht liegt die sichere Voraussehbarkeit einer unzulässigen Einwirkung im Sinn des § 907 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht vor.
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Eine Gefahrenlage, die Abwehrmaßnahmen für das Grundstück des Klägers erfordern würde, liegt nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob der Anschluss der Straßenentwässerung der Staatsstraße einschlägigen technischen Regeln entspricht. Maßgeblich ist auch nicht die zusätzliche Menge des abgeleiteten Wassers, dessen Fließgeschwindigkeit etc. Maßgeblich ist allein die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Diese Wahrscheinlichkeit ist aber äußerst gering. Denn aus dem vorliegenden Sachverständigengutachten, an dessen inhaltlicher Richtigkeit insoweit keine Zweifel bestehen und auch nicht von den Beteiligten vorgebracht wurden, geht von einem Rückstau in der Abwasserleitung keine Gefahr für das Grundstück des Klägers aus. Der Sachverständige hat unmissverständlich festgestellt, dass eine den technischen Vorgaben entsprechende Rückstausicherung das Gebäude des Klägers zuverlässig vor einem im kommunalen Kanal auftretenden Rückstau schützt und dass eine solche Rückstausicherung im Wohnhaus des Klägers verbaut ist.
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Gemäß § 9 Abs. 5 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Stadt Waldsassen (Entwässerungssatzung – EWS –) vom 26. Juni 2013 ist der Kläger verpflichtet, eine solche Rückstausicherung einzubauen und für deren Funktionsfähigkeit zu sorgen. Diese Satzung entfaltet ihre Regelungswirkung als wirksame generell-abstrakte Rechtsnorm auch gegenüber dem Kläger. Ob und wann dem Kläger das Schreiben vom 15. Juni 1981 zugegangen oder bekannt gewesen ist, ist ohne Belang. Die in der Satzung geregelte Pflicht besteht ferner unabhängig davon, woher das sich ggf. in der Kanalisation zurückstauende Wasser stammt.
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Solange der Kläger dieser ihm obliegenden Verpflichtung nachkommt und eine technisch einwandfreie Rückstausicherung betriebsbereit in seinem Wohnhaus verbaut ist, steht eine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks durch ein- bzw. rückstauendes Wasser aus der Abwasserleitung nicht hinreichend nahe bevor bzw. ist nicht hinreichend wahrscheinlich, um einen (vorbeugenden) Abwehr- oder Unterlassungsanspruch des Klägers entstehen zu lassen.
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Der Vortrag des Klägers, dass es im Mai 2018, also vor etwas mehr als fünf Jahren, trotz vorhandener Rückstausicherung (einmalig) zu einem Wasserschaden durch rückstauendes Wasser gekommen sei, führt unabhängig voneinander aus zwei Gründen nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Erstens hat der Kläger die Ursachen für den von ihm behaupteten Wasserschaden nicht substantiiert darlegen können. Sein Vortrag ist diesbezüglich widersprüchlich. Einerseits behauptet er, dass kein Versagen der Rückstausicherung festgestellt werden konnte. Andererseits behauptet er, dass der Wasserschaden durch einen Rückstau verursacht worden sei. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben, denn zweitens: Selbst wenn im Mai 2018 ein Versagen der Rückstausicherung bei einem Rückstauereignis zu einem Wasserschaden geführt haben sollte, ergibt sich hieraus keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass erneut ein Rückstauereignis mit einem Versagen der Rückstausicherung zusammentreffen wird. Laut dem im gerichtlichen Auftrag erstellten Sachverständigengutachten besteht auch für die anzunehmenden nunmehr im Vergleich zur Situation vor dem Anschluss der Straßenentwässerung der Staatsstraße häufigeren Rückstauereignisse ein zuverlässiger Schutz durch die Rückstausicherung. Im statistischen Mittel ist laut dem Sachverständigengutachten alle drei bis fünf Jahre mit einem Einstau zu rechnen. Konkrete Gründe, weshalb überhaupt mit einem Versagen der Rückstausicherung zu rechnen wäre, wurden weder vorgetragen noch sind sie anderweitig ersichtlich. Insbesondere ist nicht mit einer Überlastung der Rückstausicherung bei dem zu erwartenden Intervall von Einstauereignissen auszugehen. Der Sachverständige ist auf der Grundlage seiner Berechnung nicht zu dem Schluss gelangt, dass die zu erwartende Wassermenge, deren Fließgeschwindigkeit oder der Wasserdruck zu einem Versagen führen könnten. Er gelangt stattdessen zu dem Schluss, dass die Rückstausicherung ihre Funktion erfüllen sollte. Die aufgrund des behaupteten Wasserschadens gesteigerte Ängstlichkeit des Klägers bezüglich eines weiteren Wasserschadens ist psychologisch nachvollziehbar, aber rational nicht begründet. Sie kann insbesondere nicht den geltend gemachten Abwehr- oder Unterlassungsanspruch herbeiführen.
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Hinzu kommt, dass die Beklagte zusammen mit dem Beigeladenen mit der Drosselung des Zulaufrohrs der Straßenentwässerung bereits eine Maßnahme durchgeführt hat, mit der die Menge des maximal zulaufenden Wassers reduziert wird. Dadurch hat sich die Wahrscheinlichkeit einer hydraulischen Überlastung des Schachts vor dem klägerischen Grundstück (die zu einem Ein-/Rückstau führt) gegenüber der durch den Sachverständigen begutachteten Situation wohl reduziert, zumindest aber keinesfalls vergrößert. Da bereits zuvor keine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts auf dem Grundstück des Klägers bestand, war es nicht erforderlich, die Einschätzung des Sachverständigen bezüglich der nun zu erwartenden Häufigkeit von Rückstauereignissen oder zur Schutzwirkung der Rückstausicherung zu aktualisieren.
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Der geltend gemachte Abwehranspruch besteht auch nicht aufgrund der – seitens des Beigeladenen bestrittenen – Einschätzung des Sachverständigen, dass der Anschluss nicht technischen Regeln entspräche, weil die Häufigkeit einer Überflutung über den sich aus diesen Regeln ergebenden Vorgaben liege. Denn der Kläger hat keinen subjektiven Anspruch darauf, dass die kommunale Kanalisation technisch regelkonform gebaut ist. Unabhängig von der – aus diesem Grund hier nicht zu klärenden – Frage, ob die Beklagte an das Regelwerk gebunden ist, auf das der Sachverständige abstellt, gibt es keinen allgemeinen Gesetzesvollziehungsanspruch (vgl. BVerfG, U.v. 12.9.2012 – 2 BvR 1390/12 u.a. – juris Rn. 95; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl 2022, § 42 Rn. 71). Der Kläger hat nur dann den geltend gemachten Abwehr- bzw. Unterlassungsanspruch, wenn er durch die Ausführung der gemeindlichen Kanalisation in einem subjektiven Recht, hier seinem Eigentumsrecht, beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch aus den o.g. Gründen nicht der Fall.
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Ob die Beklagte in dem hier für zu unwahrscheinlich erachteten Fall, dass es tatsächlich durch eine nicht normkonforme Ausführung ihrer Kanalisation zu einem Schaden des Klägers kommen sollte, ein (Mit-)Verschulden trifft, das zu einer Schadensersatzhaftung führt, ist eine Frage, über die (erst) bei dem tatsächlichen Eintritt eines solchen Schadensfalles zu entscheiden ist, was zudem dem dann zuständigen Gericht (der ordentlichen Gerichtsbarkeit) vorbehalten ist. Das mögliche spätere Bestehen eines Schadensersatzanspruchs beim Eintreten eines unwahrscheinlichen Ereignisses begründet keinen vorbeugenden Abwehr- oder Unterlasungsanspruch gegen alle denkbaren, aber unwahrscheinlichen Gefahren.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), denn er hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO, §§ 708, 709 ZPO.
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Ein Streitwertbeschluss unterbleibt, nachdem das verweisende Gericht den Streitwert bereits nicht nur vorläufig, sondern endgültig auf 15.000 EUR festgesetzt hat. Eine Änderung dieses Beschlusses ist nicht beantragt worden. Gründe, den festgesetzten Streitwert von Amts wegen zu ändern, sind nicht ersichtlich und sind nicht vorgetragen worden.