Titel:
Rückzahlungsanspruch bei Glücksspiel ohne Lizenz in Deutschland
Normenketten:
BGB § 134, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 817 S. 2
GlüStV 2012 § 4 Abs. 4
Leitsätze:
1. Die Veranstaltung von Online-Glückspielen in Deutschland mit einer Lizenz in einem anderen EU-Land verstößt gegen ein gesetzliches Verbot, sodass ein Rückzahlungsanspruch der Teilnehmer bei Verlusten besteht. (Rn. 23 – 71) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verstößt nicht gegen Art. 56 AEUV. (Rn. 25 – 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Ausschluss des Rückzahlungsanspruchs nach § 817 S. 2 BGB bei Online-Glücksspiel kommt nicht in Betracht, wenn der Teilnehmer glaubhaft versichert, keine Kenntnis von dem Verbot gehabt zu haben und der Veranstalter weiterhin behauptet, sein Angebot sei nicht illegal gewesen. (Rn. 42 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Online-Glücksspiel, Sportwetten, Lizenz, Deutschland, gesetzliches Verbot, Rückzahlungsanspruch, Dienstleistungsfreiheit, Ausschluss des Anspruchs
Vorinstanz:
LG Ansbach, Urteil vom 24.01.2023 – 3 O 784/22
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 03.11.2023 – 14 U 352/23
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 02.05.2024 – I ZR 166/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 49721
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 24.01.2023, Az. 3 O 784/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Entscheidungsgründe
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Verlusten, die er bei der Teilnahme an Online-Glücksspielen erlitten hat.
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Die Beklagte mit Sitz in M ist Betreiberin von Online-Glücksspielen. Im streitgegenständlichen Zeitraum verfügte sie hierzu zwar über eine nach m Recht, nicht aber nach b Recht wirksame Erlaubnis.
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Vom 16.08.2012 bis zum 01.06.2017 nahm der Kläger über die deutschsprachige Internetdomain … an von der Beklagten angebotenen Online-Glücksspielen teil. Hierbei verlor er nach Saldierung mit Spielgewinnen insgesamt 91.667,76 €.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass der mit der Beklagten bestehende Online-Glücksspielvertrag wegen des aus § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 folgenden Verbots nichtig sei, so dass die Beklagte ihm die aus der Teilnahme erlittenen Verluste zu erstatten habe.
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Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des Endurteils des Landgerichts Ansbach vom 24.01.2023 Bezug genommen.
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Mit diesem Urteil hat das Landgericht Ansbach die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 91.667,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.09.2022 zu bezahlen.
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Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 24.01.2023 zugestellte Urteil haben diese mit Schriftsatz vom 16.02.2023, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 24.04.2023, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründet.
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Die Beklagte behauptet, dass davon auszugehen sei, dass der Kläger seinen Anspruch an einen Prozessfinanzierer abgetreten habe; er sei daher nicht aktivlegitimiert. Damit sei auch die internationale Zuständigkeit des Landgerichts nicht gegeben.
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Die Beklagte meint, dass das von ihr angebotene Online-Glücksspiel nicht verboten gewesen und der Online-Glücksspielvertrag nicht nichtig sei; denn das Verbot von Online-Glücksspielen sei unionsrechtswidrig. Selbst wenn dies nicht so sein sollte, sei der Anspruch des Klägers jedenfalls nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da der Kläger sich wenigstens leichtfertig vor der Illegalität von Online-Glücksspielen verschlossen habe. Auch sei die Erstattung nach § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Zudem verhalte sich der Kläger rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB. Schließlich sei der klägerische Anspruch verjährt.
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Weiter behauptet die Beklagte, dass die Spieleinsätze des Klägers unmittelbar auf Treuhandkonten eingegangen seien und der Beklagten nicht zur freien Verfügung gestanden hätten; sie sei daher angesichts einer Mindestausschüttungsquote von 85% nicht in vollem Umfang bereichert.
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Die Beklagte beantragt,
das am 24.01.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Ansbach, Az.: 3 O 784/22, abzuändern und die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das Ersturteil. Er trägt insbesondere vor, dass er erst im Jahr 2022 Kenntnis davon erlangt habe, dass die Beklagte Online-Glücksspiele ohne nach b Recht wirksame Erlaubnis veranstaltet habe; der geltend gemachte Anspruch sei daher nicht verjährt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
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Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
17
Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht antragsgemäß verurteilt.
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1. Die Klage ist zulässig. Das Landgericht hat seine internationale Zuständigkeit mit zutreffender Begründung bejaht.
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Soweit die Beklagte unsubstantiiert behauptet, dass davon auszugehen sei, dass der Kläger seinen Anspruch an einen Prozessfinanzierer abgetreten habe, kommt es darauf unabhängig vom klägerischen Vortrag, dass er das hiesige Verfahren selbst finanziere, nicht an. Eine Forderungsabtretung kann nämlich für sich allein keinen Einfluss auf die Bestimmung des zuständigen Gerichts haben (EuGH, Urteil vom 25.01.2018, C-498/16, juris Rn. 48).
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2. Die Klage ist auch begründet.
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a. Der Kläger ist aktivlegitimiert.
22
Soweit die Beklagte unsubstantiiert eine Abtretung an einen Prozessfinanzierer behauptet, hat der Kläger erklärt, dass er das hiesige Verfahren selbst finanziere. Hierfür spricht auch, dass der Kläger den Kostenvorschuss für die Klage am 29.08.2022 selbst geleistet hat.
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b. Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der erlittenen Verluste gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB bejaht, weil die Einsätze vom Kläger ohne Rechtsgrund geleistet wurden. Der Vertrag mit der Beklagten über die Teilnahme an den von der Beklagten angebotenen Online-Glücksspielen bildet keinen tauglichen Rechtsgrund, da dessen Abschluss gegen § 4 Abs. 4 GlüStV i.d.F. vom 30.06.2012 (im Folgenden: GlüStV 2012), wonach das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist, verstoßen hat und daher gemäß § 134 BGB nichtig ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.04.2022, 23 U 55/21, juris Rn. 47; OLG München, Hinweis vom 04.08.2022, 18 U 538/22, juris Rn. 2; OLG Dresden, Urteil vom 27.10.2022, 10 U 736/22, juris Rn. 29; OLG Köln, Urteil vom 31.10.2022, 19 U 51/22, juris Rn. 47; OLG Braunschweig, Urteil vom 23.02.2023, 9 U 3/22, juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteil vom 21.03.2023, 21 U 116/21, juris Rn. 24; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.04.2023, 14 U 256/21, juris Rn. 50; OLG Oldenburg, Urteil vom 20.04.2023, 14 U 158/22, S. 4; OLG Bamberg, Hinweis vom 07.06.2023, 10 U 12/23, S. 3 f.).
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aa. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Die Beklagte hat dagegen verstoßen, indem sie ihr Angebot auch Spielern in B zugänglich gemacht hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage des Gesetzesverstoßes ist derjenige der Vornahme des Rechtsgeschäfts (BGH, Urteil vom 23.02.2012, I ZR 136/10, juris Rn. 22; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 134 Rn. 12a), hier also der Zeitraum vom 16.08.2012 bis zum 01.06.2017. Mithin kann es auf eine etwaige spätere Legalisierung des Angebots der Beklagten von vornherein nicht ankommen, da damit keine rückwirkende Heilung des einzelnen, in der Vergangenheit abgeschlossenen Vertrags mit einem Spieler verbunden ist (OLG Braunschweig, Urteil vom 23.02.2023, 9 U 3/22, juris Rn. 65; OLG Frankfurt, a.a.O., juris Rn. 47).
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bb. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 gegen Art. 56 AEUV verstoßen hat. Denn die Einschränkung der durch Art. 56 AEUV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ist gerechtfertigt, weil sie verhältnismäßig und insbesondere geeignet gewesen ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.
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(1.) Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaats, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen. Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt.
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Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten sollte den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten konnte der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkte. Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen.
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Das Internetverbot trug auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt. Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen.
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Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezog sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker hatten die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele wiesen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf. Darüber hinaus war die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung trugen. Insbesondere war gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, waren im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten bestand (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017, 8 C 18/16, juris Rn. 38 ff., m.w.N.).
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(2.) Soweit die Beklagte behauptet, dass es wissenschaftlich erwiesen sei, dass keine besondere Gefährlichkeit, insbesondere keine Suchtgefahr vom Online-Glücksspiel ausgehe, trifft dies nicht zu.
31
Seit Inkrafttreten des GlüStV 2012 haben sich zahlreiche Studien mit der Suchtgefahr von Online-Glücksspielen befasst, wobei insbesondere das Internet als Vertriebsweg näher betrachtet worden ist. In zahlreichen Studien wurde festgestellt, dass die Teilnahme an Online-Glücksspielen häufiger als bei anderen Spielformen mit problematischem bzw. pathologischem Spiel assoziiert ist bzw. die Teilnahme an Online-Glücksspielen ein Prädiktor für das Vorliegen glücksspielbezogener Probleme ist. Eine systematische Literaturauswertung von Studien aus den vergangenen gut zehn Jahren, die sich mit den Suchtgefahren von Online-Glücksspielen befasst haben, hat ergeben, dass die Mehrzahl der Studien ein erhöhtes Gefährdungspotenzial bzw. besondere Suchtgefahren von Online-Glücksspielen nachweisen. Insbesondere Casinospiele im Internet (einschließlich des virtuellen Automatenspiels) weisen – nach einer Auswertung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, welche allerdings auf Einschränkungen durch geringe untersuchte Fallzahlen hinweist – im Vergleich zu anderen Spielarten den größten Anteil an mindestens problematischen Spielern aus (LT-Drs. (BY) 18/11128, S. 50 f., m.w.N.). Auch bringen Online-Glücksspiele ein höheres Gefährdungspotenzial als Glücksspiele über traditionelle Vertriebskanäle mit sich, die ihre Ursache unter anderem in der zeitlich unbeschränkten Verfügbarkeit, der Bequemlichkeit der Wahrnehmung des Angebots, einer höheren möglichen Ereignisfrequenz sowie der Anonymität des Spielenden und des Fehlens jeglicher sozialen Kontrolle haben (LT-Drs. (BY) 18/11128, S. 53).
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(3.) Auch liegt kein entscheidungserhebliches zur Inkohärenz führendes Vollzugsdefizit vor.
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Zwar hat sich die Durchsetzung des in § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 geregelten Verbots von Online-Glücksspielen in den vergangenen Jahren als schwierig erwiesen. Dies liegt aber entscheidend daran, dass Unternehmen ihre unerlaubten Online-Glücksspiele aus dem Ausland – wie hier die in M sitzende Beklagte – heraus angeboten haben, wo sie sich dem Zugriff deutscher Behörden weitestgehend entziehen konnten (vgl. LT-Drs. (BY) 18/11128, S. 49).
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(4.) Hintergrund der neuen Regelung war daher nicht, dass europarechtliche Bedenken aufgekommen wären. Der Gesetzgeber sah sich vielmehr veranlasst, aufgrund von gewonnenen Erkenntnisse Regeländerungen vorzunehmen, vorrangig mit dem Ziel der Schwarzmarktbekämpfung und zur Effektivitätssteigerung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen. Mit der Neuregelung sollte daher ein begrenzt erlaubtes Angebot im Sinne eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt, flankiert von zahlreichen Spieler schützenden Regelungen, geschaffen werden, welches hinreichend attraktiv ist, damit es von spielwilligen Personen auch tatsächlich wahrgenommen wird und somit der bestehende Spieltrieb der überwiegenden Anzahl der Spieler in geordneten und überwachten Bahnen befriedigt werden kann (LT-Drs. (BY) 18/11128, S. 53, 55 ff.).
35
Ein solches Vorgehen des Gesetzgebers lässt aber entgegen der Auffassung der Beklagten keine Rückschlüsse dahingehend zu, wonach die Vorgängerregelung rechtswidrig gewesen wäre (OLG Karlsruhe, a.a.O., juris Rn. 70).
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cc. Der (einseitige) Verstoß der Beklagten gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 führt zur Nichtigkeit des Online-Spielvertrags nach § 134 BGB.
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(1.) Die Frage, ob der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, ist nach dem Zweck des Verbotsgesetzes zu beantworten. Dabei hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz in der Regel die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur Folge, wenn sich das Verbot an beide Seiten richtet. In besonderen Fällen kann sich die Nichtigkeit allerdings auch aus einem einseitigen Verstoß ergeben, falls nämlich der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf. Eine solche Ausnahme liegt etwa vor, wenn der angestrebte Schutz des Vertragspartners die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert oder wenn der Erfüllungsanspruch auf eine unerlaubte Tätigkeit gerichtet ist. Reicht es dagegen aus, dem gesetzlichen Verbot durch verwaltungs- und/oder strafrechtliche Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, so hat die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit daneben keinen Platz (BGH, Beschluss vom 13.09.2022, XI ZR 515/21, juris Rn. 11).
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Gemessen hieran folgt aus dem (einseitigen) Verstoß der Beklagten die Nichtigkeit des Glücksspielvertrags; denn nur eine zivilrechtliche Nichtigkeit nach § 134 BGB kann zur Verwirklichung der gesetzgeberischen Ziele führen.
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Kernziele des hier maßgeblichen Glücksspielstaatsvertrags waren die Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht (§ 1 Satz 1 Nr. 1), die Kanalisierung und Begrenzung des Glücksspielangebotes (§ 1 Satz 1 Nr. 2), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Satz 1 Nr. 3) sowie die Sicherstellung eines fairen Spiels und der Schutz vor Kriminalität (§ 1 Satz 1 Nr. 4). Da dem gesetzlichen Verbot des Online-Glücksspiels durch verwaltungs- und/oder strafrechtliche Maßnahmen – wie bereits ausgeführt – kein hinreichender Nachdruck verliehen werden konnte, da die unerlaubten Spiele zumeist aus dem Ausland heraus über das Internet angeboten wurden, um sich dem Zugriff deutscher Behörden weitestgehend zu entziehen, bedarf es zur effektiven Durchsetzung der Ziele der Annahme der Nichtigkeit eines Vertrags, der gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verstößt.
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(2.) Dem steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.09.2022, XI ZR 515/21, nicht entgegen.
41
Diese Entscheidung ist nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar. Vorliegend handelt es sich nicht um eine Klage gegen einen Zahlungsdienstleister, sondern um eine gegen den Anbieter eines Online-Glücksspiels. Entscheidend ist daher nicht die Frage, ob ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GlüStV 2012 zu einer Nichtigkeit des zivilrechtlichen Schuldverhältnisses zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer führt, sondern ob ein Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 zur Nichtigkeit des Glücksspielvertrages zwischen Anbieter und Spieler gemäß § 134 BGB führt. Insoweit hatte der Bundesgerichtshof bereits einen anderen Sachverhalt zu beurteilen (OLG Braunschweig, a.a.O., juris Rn. 94 ff.).
42
c. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen.
43
aa. Die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB setzt voraus, dass der Leistende vorsätzlich gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Dem steht es gleich, wenn er sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (BGH, Urteil vom 10.01.2019, IX ZR 89/18, juris Rn. 28).
44
Der Begriff der Leichtfertigkeit ist gesetzlich nicht definiert. Er ist in Anlehnung an den Begriff der groben Fahrlässigkeit zu bestimmen und bezeichnet damit ein gesteigertes Maß an Fahrlässigkeit (MüKo/Grundmann, BGB, 9. Aufl. 2022, § 276 Rn. 92). Grobe Fahrlässigkeit setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus (BGH, Urteil vom 15.12.2022, VII ZR 292/21, juris Rn. 13).
45
Der Nachweis eines Kondiktionsausschlusses nach § 817 Satz 2 BGB obliegt grundsätzlich dem Anspruchsgegner (BeckOK/Wendehorst, BGB, Stand: 01.08.2023, § 817 Rn. 26), hier also der Beklagten.
46
bb. Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend weder ein vorsätzliches noch ein leichtfertiges Verhalten des Klägers nachgewiesen.
47
(1). Der Kläger hat glaubhaft angegeben, erst im Juli 2022 erfahren zu haben, dass die Teilnahme an Online-Glücksspielen nicht erlaubt gewesen sei (Sitzungsniederschrift vom 13.12.2022, S. 2 = Bl. 117 d.LG-A.).
48
(2). Ein leichtfertiges Handeln des Klägers ist ebenso wenig erwiesen.
49
(a). Soweit die Beklagte vorträgt, der Kläger habe sich aufgrund der Angaben der Beklagten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen – deren Lesen durch den Kläger unterstellt – der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen, kann sie damit nicht durchdringen.
50
Zwar heißt es dort in Ziff. I.7., dass man die Services der Beklagten nur dann nutzen dürfe, wenn die Nutzung laut geltendem Recht in jenem Land, von dem aus die Services genutzt würden, erlaubt sei. Es liege in der Verantwortung des Nutzers, jederzeit die geltenden rechtlichen Bestimmungen einzuhalten und sicherzustellen, dass man gesetzlich uneingeschränkt dazu berechtigt sei, die Services zu nutzen.
51
Darin ist aber gerade kein hinreichend deutlicher Hinweis darauf enthalten, dass die Spiele in D (außer möglicherweise in S) verboten waren. Dass sich der Kläger nicht eingehend mit der rechtlich komplexen Rechtslage in D beschäftigt hat, vermag einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die erforderliche Sorgfalt jedenfalls nicht zu begründen.
52
(b.) Dass die Frage der Legalität des Online-Glücksspiels in den deutschen Medien diskutiert worden ist und im Internet Beiträge zu dieser Thematik auffindbar waren, vermag eine Leichtfertigkeit ebenfalls nicht zu begründen.
53
So lässt sich der als Anlage B 3 vorgelegten Übersicht der Medienberichte lediglich ein Artikel – nämlich der erste – entnehmen, der im streitgegenständlichen Zeitraum vom 16.08.2012 bis zum 01.06.2017 erschienen ist. Schon deshalb erscheint das Vorbringen des Klägers, er habe erst im Nachhinein erfahren, dass die Teilnahme an Online-Glücksspielen verboten gewesen sei, glaubhaft.
54
(c.) Entscheidend ist jedoch zu sehen, dass die Beklagte bis heute selbst meint, dass ihr Angebot an Online-Glücksspielen erlaubt gewesen sei, da § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 europarechtswidrig sei. Wenn aber die Beklagte in Kenntnis der gesetzlichen Regelungen und der einschlägigen Rechtsprechung bis heute auf dem – wie dargelegt unzutreffenden – Standpunkt steht, ihr Angebot sei nicht illegal gewesen, kann dem Kläger als rechtlichem Laien nicht vorgeworfen werden, ihm habe sich die Illegalität des Angebots der Beklagten geradezu aufdrängen müssen.
55
(3.) Ob § 817 Satz 2 BGB in der vorliegenden Konstellation darüber hinaus teleologisch zu reduzieren ist, kann demgemäß dahinstehen (vgl. hierzu etwa OLG Dresden, a.a.O, juris Rn. 57 ff.).
56
d. § 762 BGB steht der Rückforderung nicht entgegen, da diese Vorschrift einen wirksamen Vertrag voraussetzt. Ist der Vertrag nichtig, bleibt es bei den allgemeinen Regeln (BeckOK/Janoschek, BGB, Stand: 01.08.2023, § 762 Rn. 18).
57
e. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.
58
Es fehlt bereits an einem schützenswerten Vertrauen auf Seiten der Beklagten; denn sie hat selbst gesetzeswidrig gehandelt. Indem die Beklagte auf ihrer in d Sprache verfassten Angebotsseite einen ihr ohne weiteres möglichen Hinweis unterlassen hat, dass die Online-Glücksspiele in D (zumindest weit überwiegend) nicht zulässig waren, ist sie zum einen bewusst das Risiko eingegangen, Gelder ohne Rechtsgrund einzunehmen. Zum anderen hat der Kläger für die von ihm geleisteten Spieleinsätze keine einklagbaren Forderungen erhalten, so dass es nicht treuwidrig erscheint, die Spieleinsätze zurückzufordern (OLG Köln, a.a.O., juris Rn. 72). Dass das Behalten von Geldern, die die Beklagte durch die rechtswidrige Veranstaltung von Online-Glücksspielen eingenommen hat, besonders schutzwürdig wäre, ist gleichfalls nicht ersichtlich.
59
Aus diesen Gründen liegt auch keine unzulässige Rechtsausübung des Klägers vor. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 10.01.2019, IX ZR 89/18, juris Rn. 25). Eine vorrangige Schutzwürdigkeit der Beklagten ist aber wie dargelegt gerade zu verneinen.
60
f. Die Beklagte hat die vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Spieleinsätze auch erlangt.
61
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie sei nur um einen Bruchteil des eingeklagten Betrags bereichert. Dabei kann als wahr unterstellt werden, dass nach dem m Glücksspielrecht bei jedem Spiel eine Mindestausschüttungsquote von 85% der Einsätze gegenüber der Gesamtheit der Spieler (nicht aber gegenüber jedem einzelnen Spieler) gewährleistet sein muss und dass die Beklagte diese Return-to-Player-Quote aufgrund der technischen Einstellung ihrer Spiele auch eingehalten und geleistet hat. Dass die Beklagte nach m Recht verpflichtet ist, 85% der vereinnahmten Spieleinsätze als Gewinne wieder auszuschütten (und dies von den maltesischen Behörden auch überwacht wird), ändert aber nichts daran, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt 443.491,18 € auf das von der Beklagten benannte Konto gezahlt hat. Der Senat hat vielmehr davon auszugehen, dass der Beklagten dieser Vermögenswert zugeflossen und diese Summe in ihren Verfügungsbereich gelangt ist (OLG Dresden, a.a.O., juris Rn. 31 f.).
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g. Der Anspruch des Klägers ist schließlich nicht verjährt.
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aa. Bereicherungsansprüche verjähren gemäß § 195 BGB in drei Jahren, wobei die regelmäßige Verjährungsfrist grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB).
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Hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen kommt es im Rahmen eines Bereicherungsanspruchs grundsätzlich allein darauf an, ob der Gläubiger die objektiven Voraussetzungen des Anspruchs kennt. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn der Gläubiger von der Leistung und den Tatsachen, aus denen das Fehlen des Rechtsgrundes folgt, Kenntnis hat. Darauf, ob der Gläubiger die zutreffenden rechtlichen Schlussfolgerungen aus dieser Kenntnis gezogen hat, kommt es nicht an. Nur ausnahmsweise ist der Verjährungsbeginn hinausgeschoben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage bestand, sodass diese selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag (BGH, Beschluss vom 19.03.2008, III ZR 220/07, juris Rn. 7 f.).
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bb. Dies zugrunde gelegt, ist der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten weder der Nachweis gelungen, dass der Kläger vor dem 01.01.2019 Kenntnis von der Illegalität des streitgegenständlichen Angebots der Beklagten erlangt hatte, noch hat sie bewiesen, dass der Kläger vor diesem Zeitpunkt ohne grobe Fahrlässigkeit hiervon Kenntnis hätte erlangen müssen.
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(1.) Wie bereits ausgeführt, hat der Kläger glaubhaft angegeben, erst im Juli 2022 erfahren zu haben, dass die Teilnahme an Online-Glücksspielen nicht erlaubt gewesen sei.
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(2.) Dem Kläger ist auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen.
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Zunächst folgt eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht aus der Vermutung der Beklagten, dem regelmäßig online spielenden Kläger seien aufgrund der Algorithmen des Internets die als Anlage B 3 vorgelegten Medienberichte in Newsfeeds, bei Facebook etc. angezeigt worden. Dem steht zum einen entgegen, dass es schon am schlüssigen Vortrag der Beklagten fehlt, dass dem Kläger tatsächlich die beklagtenseits erwähnte Berichterstattung angezeigt wurde. So mag der Kläger auch andere Internetseiten besucht haben, so dass ihm vorrangig diesbezügliche Medienberichte in Newsfeeds, bei Facebook etc. angezeigt wurden. Auch lassen sich die Algorithmen des Internets durch individuelle Datenschutzeinstellungen, Ad-Blocker etc. beeinflussen. Zum anderen hat der Kläger angegeben, dass er irgendwann mit dem Spiel aufgehört habe (Sitzungsniederschrift vom 13.12.2022, S. S. 2 = Bl. 117 d.LG-A.), so dass eine Wahrnehmung der in Anlage B 3 zitierten Medienberichterstattung durch den Kläger, auch angesichts der Tatsache, dass lediglich eine Berichterstattung in den streitgegenständlichen Zeitraum fällt, nicht zu vermuten ist.
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Des Weiteren bestand jedenfalls bis zum 31.12.2018 eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage hinsichtlich der zivilrechtlichen Folgen des aus § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 folgenden Verbots von Online-Glücksspielen. Verdeutlicht wird dies durch ein in der BILD-Zeitung, der auflagenstärksten Tageszeitung in D, am 21.02.2020 abgedrucktes Interview des Rechtsanwalts M, dort bezeichnet als Spezialist für Glücksspielrecht, IT und Cyber Security, der die Auffassung vertrat, dass das Spielen in Online-Casinos mit EU-Lizenz 100% legal sei (Anlage K 3). Zudem ist auch an dieser Stelle zu sehen, dass die Beklagte bis heute selbst meint, dass ihr Angebot an Online-Glücksspielen erlaubt gewesen sei. Dem Kläger als rechtlichen Laien kann daher nicht vorgeworfen werden, er habe sich hinsichtlich der von ihm angenommenen Legalität des Angebots der Beklagten grob fahrlässig verhalten.
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Diese unsichere und zweifelhafte Rechtslage bestand auch über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.10.2017, Az. 8 C 18/16, bis jedenfalls zum 01.01.2019 hinaus. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Urteil u.a. ausgeführt, dass § 4 Abs. 4 GlüStV mit Unions- und Verfassungsrecht weiterhin vereinbar (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 33), mithin das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist. Einerseits behandelte diese Entscheidung aber nur öffentlich-rechtliche, nicht auch die zahlreichen mit diesem Verbot zusammenhängenden zivilrechtlichen Fragestellungen. Andererseits ist entscheidend zu berücksichtigen, dass die Beklagte und zahlreiche weitere Unternehmen durch das auch nach dieser Entscheidung fortwährende Anbieten und intensive Bewerben von Online-Glücksspielen den Eindruck erweckten, von dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 nicht betroffen zu sein.
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Zusammengefasst ist daher eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers, also eine in besonders schwerem Maße erfolgte Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht auszumachen.
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Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
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Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 91.667,76 € festzusetzen.
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Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.