Titel:
Irreführung des Verbrauchers bei positiver Abweichung von deklarierten Nährwerten
Normenketten:
VO (EU) Nr. 1169/2011 Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 lit. a, Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 lit. a, Abs. 2, Art. 13 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1
VO (EG) Nr. 178/2002 Art. 3 Nr. 2, Nr. 3
VwGO § 43 Abs. 1, § 161 Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei den Begriffen "Maltodextrin", "Lecithin" und "Lycopin" handelt es sich um lebensmittelrechtlich zulässige, verkehrsübliche Bezeichnungen der entsprechenden Zutaten. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Zusätze "Mais", "Sonnenblume" und "aus roten Tomaten" sind lebensmittelrechtlich hinreichend genau, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
3. Lebensmittelrechtlich irreführend können nicht bloß negative Abweichungen von den deklarierten Nährwerten, sondern auch positive sein. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Irreführung des Verbrauchers ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil es der Durchschnittsverbraucher durchwegs als positiv erachten kann, wenn in einem Lebensmittel mehr Nährstoffe enthalten sind als im Nährwertverzeichnis deklariert. (Rn. 69) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zutatenverzeichnis, Zulässigkeit beschreibende Bezeichnung (bejaht), Maltodextrin (Mais), Lecithin (Sonnenblume), Lycopin (aus roten Tomaten), Irreführung (bejaht), Überschreiten der deklarierten Nährwerte, Feststellungsklage, Feststellungsinteresse, Irreführung, Lebensmittelrecht, Nährwertkennzeichnung, Verbraucherschutz, Toleranzgrenzen, positive Abweichung, eigene Sachkunde des Gerichts, Durchschnittsverbraucher
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 06.03.2025 – 20 ZB 24.871
Fundstelle:
BeckRS 2023, 49348
Tenor
I. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Es wird festgestellt, dass die Bezeichnungen „Maltodextrin (Mais)“ und/oder „Emulgator: Lecithin (Sonnenblume)“ und/oder „Lycopin (aus roten Tomaten)“ im Zutatenverzeichnis des Produkts „Y* … F* … B* …“ nicht gegen Art. 13 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoßen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 3/7 und die Beklagte 4/7.
III.Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Kennzeichnung verschiedener Produkte der Klägerin zu 1 im Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen steht.
2
Die Klägerin zu 1 ist verantwortliche Lebensmittelunternehmerin unter anderem der streitgegenständlichen Produkte „Y* … F* … B* …“, „Y* … A* … C* …“, „Y* … C* … B* … C* …“ und „Y* … V* … V* …“ sowie der weiteren nicht mehr streitgegenständlichen Produkte „Y* … S* … V* …“ und „Y* … H* … B* …“. Die Kläger zu 2 und zu 3 sind die Geschäftsführer der Klägerin zu 1.
3
Mit Prüfbericht des Hessischen Landeslabors, Standort G* …, vom … Dezember 2018 wurde bemängelt, dass bei einer am … Oktober 2018 in einem Supermarkt in R* … entnommenen Probe des Produkts „Y* … F* … B* …“ das Zutatenverzeichnis durch die Einschübe „(Mais)“, „(Sonnenblume)“ und „(aus roten Tomaten)“ entgegen den rechtlichen Vorgaben aus Art. 13 Abs. 1 Verordnung (EU) 1169/2011 getrennt werde (Blatt 25 ff. der Behördenakte Papier).
4
Mit Gutachten vom … Januar 2019 stellte das Landeslabor B* … fest, dass in einer am … Oktober 2018 in einem Supermarkt in B* … entnommenen Probe des Produkts „Y* … A* … C* …“ die festgestellten Mineralstoff-Gehalte die auf dem Etikett vorhandenen Angaben in der Nährwertkennzeichnung für Kalium, Calzium, Phosphor, Magnesium, Eisen, Kupfer, Mangan, Selen und Jod auch unter Berücksichtigung der oberen Toleranzgrenze (Angabe +45%) deutlich übersteigen (Blatt 17 ff. der Behördenakte Papier). Auf das Gutachten wird Bezug genommen.
5
Am 8. Oktober 2020 erließ die Beklagte u.a. wegen dieser beiden streitgegenständlichen Feststellungen gegen die Kläger im einheitlichen Verfahren drei überwiegend inhaltsgleiche Bußgeldbescheide über 791 EUR (Klägerin zu 1), 328,50 EUR (Kläger zu 2) und 328,50 EUR (Kläger zu 3), jeweils inklusive Gebühren und Auslagen.
6
Die Kläger ließen gegen die Bußgeldbescheide jeweils am … Oktober 2020 Einspruch einlegen.
7
Mit Gutachten vom … Juli 2023 stellte die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen S* … fest, dass die in zwei am … April 2023 in einem Supermarkt in D* … entnommenen Proben des Produkts „Y* … V* … V* …“ festgestellten Molybdän-Gehalte von 14,4 µg/100 ml bzw. 13,6 µg/100 ml den jeweils auf dem Etikett angegebenen Nährwert von 2,5 µg/100 ml auch unter Berücksichtigung einer oberen Toleranzgrenze (Angabe +45%) deutlich übersteigen. Auf das Gutachten wird Bezug genommen (Blatt 62 ff. der Behördenakte elektronisch, Teilakt 2).
8
Mit Gutachten vom … Juli 2023 stellte das Landeslabor B* … fest, dass der in einer am … April 2023 in einem Supermarkt in B* … entnommenen Probe des Produkts „Y* … C* … B* … C* …“ festgestellte Kalium-Gehalt von 190,4 mg/100 g den auf dem Etikett angegebenen Nährwert von 120 mg/100 ml auch unter Berücksichtigung einer oberen Toleranzgrenze (Angabe +45%) deutlich übersteigt. Auf das Gutachten wird Bezug genommen (Blatt 18 ff. der Behördenakte elektronisch, Teilakt 2).
9
Mit Beschluss vom 9. August 2023 (AZ. … … … … …*) stellte das Amtsgericht M* … die Bußgeldverfahren gegen die Kläger zu 2 und zu 3 jeweils gemäß § 47 Abs. 2 OWiG ein. Mit Urteil vom 9. August 2023 (Az. wie zuvor) verhängte das Amtsgericht M* … gegen die Klägerin zu 1 eine Geldbuße in Höhe von 200 EUR wegen der „unkorrekten Kennzeichnung von Lebensmitteln“. Die Klägerin zu 1 verzichtete auf eine schriftliche Begründung des Urteils und erklärte einen Verzicht auf Rechtsmittel.
10
Mit Schreiben vom 7. September 2023 teilte die Beklagte dem Kläger zu 2 und dem Kläger zu 3 mit, dass gegen sie Strafverfahren eingeleitet würden und gab ihnen jeweils gemäß § 163a Strafprozessordnung Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Schreiben wurde unter anderem – neben dem Vorwurf anderer nicht streitgegenständlicher Verstöße – Bezug genommen auf die am … Juli 2023 festgestellte Überschreitung des Kalium-Gehaltes im Produkt „Y* … C* … B* … C* …“ und das Gutachten der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen S* … vom … Juli 2023. Hinsichtlich des Untersuchungsbefundes vom … Juli 2023 teilte die Beklagte mit, dass von einer weiteren Verfolgung bzw. Ahndung aufgrund der bereits erhobenen Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht München abgesehen werde, bis eine bestandskräftige Entscheidung vorliege (Blatt 105 ff. d.A.).
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Die Kläger erhoben bereits am 23. November 2020 Feststellungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München, die sie mit späterem Schriftsatz vom 10. November 2023 erweiterten. Sie beantragten zunächst, sinngemäß zusammengefasst, festzustellen, dass I.1. die Kennzeichnung des Milchmischgetränks „Y* … S* … V* …“ und/oder des Milchmischgetränks „Y* … F* … B* …“ ohne die Angabe „…% Fett im Milchanteil“ zulässig sei, I.2. die Bezeichnung der Vitamine und Mineralstoffe im Zutatenverzeichnis der Produkte „Y* … S* … V* …“ und/oder „Y* … F* … B* …“ mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung nicht gegen Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoße, I.3. die Bezeichnungen „Maltodextrin (Mais)“, „Emulgator: Lecithin (Sonnenblume)“ und/oder „Lycopin (aus roten Tomaten)“ im Zutatenverzeichnis des Produkts „Y* … F* … B* …“ nicht gegen Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoßen würden und I.4. es nicht gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoße, wenn das Produkt „Y* … A* … C* …“ mehr Kalium, Calcium, Phosphor, Magnesium, Eisen, Kupfer, Mangan, Selen und Jod enthalte als in der Nährwertdeklaration angegeben. Klagerweiternd beantragten die Kläger, sinngemäß zusammengefasst, festzustellen, dass I.5. es nicht gegen Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoße, wenn das Produkt „Y* … C* … B* … C* …“ mehr Kalium enthalte als in der Nährwertdeklaration angegeben, I.6. es nicht gegen Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoße, wenn das Produkt „Y* … V* … V* …“ mehr Molybdän enthalte als in der Nährwertdeklaration angegeben und I.7. die Bezeichnung der Nährstoffe im Zutatenverzeichnis des Produkts „Y* … H* … B* …“ mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung nicht gegen Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoße. Zur Begründung wurde – soweit noch streitgegenständlich – ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig sei. Insbesondere bestehe ein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil die Kläger die streitgegenständlichen Produkte auch zukünftig in der beanstandeten Weise etikettieren wollten und die Behörde insoweit anderer Auffassung sei. Das Feststellungsinteresse sei auch dann zu bejahen, wenn bereits ein Bußgeldbescheid ergangen ist und damit auch eine Klärung durch den Strafrichter möglich wäre. Es bestehe auch eine Wiederholungsgefahr, weil die Kläger die Etikettierung der hier streitgegenständlichen Produkte nur im Hinblick auf die Ordnungswidrigkeitenverfahren geändert hätten, sodass jederzeit wieder ein Bußgeldverfahren drohen könne. Die Feststellungsklage sei nicht subsidiär, weil die Beklagte bisher keinen Verwaltungsakt auf Untersagung der Etikettierung erlassen habe und ein solcher auch nicht absehbar sei. Das am … August 2023 gegenüber der Klägerin zu 1 verhängte Bußgeld in Höhe von 200 EUR sei wegen einer – hier nicht streitgegenständlichen – fehlenden Mengenkennzeichnung von „Omega 3“ verhängt worden. Ein Feststellungsinteresse der Kläger an der Feststellung der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Kennzeichnungen sei deshalb trotz der Einstellung gemäß § 47 Abs. 2 OWiG weiterhin gegeben. Das Feststellungsinteresse würde nur entfallen, wenn die Einstellung mangels objektiver Tatbestandsmäßigkeit erfolgt sei und nicht wie hier wegen strafrechtlicher Geringfügigkeit. Zudem würde sich das Feststellungsinteresse auch aus dem im September 2023 eingeleiteten Strafverfahren und der Ankündigung ergeben, die hier gegenständlichen angeblichen Verstöße je nach Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weiterzuverfolgen. Die Feststellungsklage sei auch begründet, weil die Kennzeichnung der Produkte „Y* … F* … B* …“ sowie „Y* … A* … C* …“ im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben stehe. Insbesondere sei die in Klammern zugesetzte Angabe zulässig, aus welchen Pflanzen die in den Produkten verwendeten Zutaten Maltodextrin, Lecithin und Lycopin gewonnen wurden. Schließlich werde der Verbraucher nicht in die Irre geführt, wenn das Produkt mehr Nährstoffe enthalte als sich aus der Kennzeichnung ergebe. Die Kläger führen außerdem aus, dass sie die entsprechenden Feststellungen in den Ziffern I.5 und I.6 begehrten, weil in einem Strafverfahren beanstandet worden sei, dass der tatsächliche Gehalt an Kalium (190,4 mg) im Produkt „Y* … C* … B* … C* …“ über dem deklarierten Gehalt von 120 mg und der tatsächliche Gehalt an Molybdän beim Produkt „Y* … V* … V* …“ mit 13,8 bzw. 13,05 µg pro 100 g über dem deklarierten Gehalt von 2,5 µg pro 100 ml liegen und deshalb Verbraucher in die Irre geführt würden. Eine solche Irreführung liege jedoch nicht vor, weil die Ist-Beschaffenheit nicht negativ von der Soll-Beschaffenheit abweiche. Der Durchschnittsverbraucher würde davon ausgehen, dass hinsichtlich der von ihm als positiv angesehenen Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe mindestens die angegebenen Mengen enthalten seien. Diese Erwartung an die Sollbeschaffenheit würden die Lebensmittel erfüllen. Es sei auch weltfremd, dass Verbraucher ihre Kaufentscheidung an den Angaben in der Nährwertkennzeichnung ausrichten würden. Die Überschreitung lasse sich im Übrigen auf einfache, in der Lebensmittelbranche nachvollziehbare, Gründe zurückführen, die keinerlei Rückschlüsse auf die Fähigkeit der Kläger als Lebensmittelunternehmer erlaubten. Bei der Herstellung von „Y* … C* … B* … C* …“ sei Kaffeekonzentrat eingesetzt worden, das unvorhergesehen hohe Mengen an Kalium enthalten habe. Hinsichtlich der Produkte „Y* … A* … C* …“ und „Y* … V* … V* …“ seien die Nährwerte anhand der natürlichen Gehalte der Zutaten bzw. nach Literaturdaten berechnet und entsprechend auf dem Produkt deklariert worden. Die tatsächlichen Gehalte der Zutaten seien jedoch höher als angenommen gewesen.
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Die Kläger beantragen zuletzt,
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Es wird festgestellt, dass
14
I.3. die Bezeichnungen „Maltodextrin (Mais)“ und/oder „Emulgator: Lecithin (Sonnenblume)“ und/oder „Lycopin (aus roten Tomaten)“ im Zutatenverzeichnis des Produkts „Y* … F* … B* …“ nicht gegen Art. 13 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstoßen;
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I.4. es nicht gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) und Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstößt, wenn es im Rahmen der Nährwertdeklaration des Produkts „Y* … A* … C* …“ heißt, dass das Produkt pro 100 ml 122,9 mg Kalium, 94 mg Calcium, 72,1 mg Phosphor, 18,8 mg Magnesium, 0,7 mg Eisen, 0,05 mg Kupfer, 0,1 mg Mangan, 2,75 µg Selen und 7,5 µg Jod enthält, obwohl diese Nährstoffgehalte gemäß Gutachten des Landeslabors B* … vom … Januar 2019 überschritten wurden.
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I.5. es nicht gegen Art. 7 Abs. 1 a), Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstößt, wenn es im Rahmen der Nährwertdeklaration des Produkts „Y* … C* … B* … C* …“ heißt, dass das Produkt pro 100 ml 120 mg Kalium enthält, obwohl dieser Nährstoffgehalt gemäß Gutachten des Landeslabors B* … vom … Juli 2023 überschritten wurde;
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I.6. es nicht gegen Art. 7 Abs. 1 a), Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verstößt, wenn es im Rahmen der Nährwertdeklaration des Produkts „Y* … V* … V* …“ heißt, dass das Produkt pro 100 ml 2,5 µg Molybdän enthält, obwohl dieser Nährstoffgehalt gemäß Gutachten der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen S* … vom … Juli 2023 überschritten wurde;
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Die Beklagte beantragt zuletzt,
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Die Klage sei zulässig. Ein Feststellungsinteresse liege auch aus Sicht der Beklagten vor. Insbesondere würden die erheblichen Abweichungen der tatsächlichen Gehalte der Mineralstoffe und Vitamine von den Angaben in der Nährwertkennzeichnung in den Lebensmitteln der Klägerin zu 1 kontinuierlich von deutschen Behörden festgestellt und beanstandet. Im hier vorliegenden Verfahren sei der Stand der Bußgeldverfahren nicht von Belang. Die Einstellung eines Bußgeldverfahrens sei nicht zwangsläufig gleichbedeutend damit, dass tatsächlich keine Verstöße vorlägen. Stattdessen werde gegebenenfalls nur auf die Ahndung der Verstöße verzichtet. Die Klage sei aber unbegründet. Bei den streitgegenständlichen Produkten handele es ich um industriell verarbeitete, hocherhitzte, vorverpackte, trinkbare Lebensmittel, die laut Angaben auf der Webseite der Klägerin zu 1 ab Produktion 12 Monate ungekühlt haltbar seien. Bei den Produkten der Klägerin zu 1 werde in der Bewerbung ein großer Fokus auf ernährungsphysiologische und gesundheitliche Aspekte gesetzt. Die Angaben im Zutatenverzeichnis dienten dabei zur weiteren unzulässigen Bewerbung der streitgegenständlichen Produkte. Die Informationen im Zutatenverzeichnis dürften aber nicht durch Einschübe oder Werbebotschaften unterbrochen werden. Angesichts dessen, dass es sich um industriell hergestellte Lebensmittel handele, versuche die Klägerin zu 1 mit den Einschüben „(Mais)“, „(Sonnenblume)“ und „(aus roten Tomaten)“ eine zusätzliche „natürliche“ und „gesunde“ Werbebotschaft zu vermitteln. Schließlich könne grundsätzlich auch eine Irreführung bei Nährwerten vorliegen, wenn die Angaben in der Nährwertdeklaration überschritten würden. Die Angabe des Gehalts an Mineralstoffen und Vitaminen auf vorverpackten Lebensmitteln nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. f Verordnung (EU) 1169/2011 sei zwar freiwillig. Wenn diese jedoch von den Klägern angegeben würden, müssten diese auch stimmen. Die Nährwertgehalte in der Nährwertkennzeichnung seien nicht als Mindestgehalte zu sehen und die Unterstützung der Kaufentscheidung der Verbraucher sei einer der Hauptgründe gewesen, warum die gesetzlichen Regelungen für die Nährwertkennzeichnung überhaupt getroffen wurden. Verbraucher, die besondere Ernährungswünsche hätten, beispielsweise eine Reduzierung oder Kontrolle der täglichen Einnahmemenge von Jod, würden bei einer zu geringen Deklaration dann nämlich eine falsche Kaufentscheidung treffen. Es müsse verhindert werden, dass sich Verbraucher nicht mehr darauf verlassen könnten, dass die Angaben in der Nährwertdeklaration zutreffend seien. Den Lebensmittelbetrieben sei bei der Überschreitung der angegebenen Nährwerte bereits ein erheblicher Spielraum eingeräumt worden, dieser werde mit den streitgegenständlichen Produkten jedoch deutlich überschritten. Der Klägerin zu 1 wäre anzuraten, zukünftig auf die freiwillige Kennzeichnung der Mineralstoffe etc. auf ihren Produkten zu verzichten, wenn sie auch nach nunmehr drei Jahren nicht in der Lage sei, die Produktion ihrer Lebensmittel so zu optimieren, dass die auf der Kennzeichnung angegebenen Werte zuverlässig stimmen würden.
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Die mündliche Verhandlung fand am 6. Dezember 2023 statt. Darin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge Nr. I.1. vom 23. November 2020 (Angabe „… % Fett im Milchanteil“), Nr. I.2. vom 23. November 2020 (Bezeichnung der Vitamine und Mineralstoffe im Zutatenverzeichnis mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung) sowie hinsichtlich des Klageantrags Nr. I.7. aus der Klageerweiterung vom 10. November 2023 (Bezeichnung der Mineralstoffe im Zutatenverzeichnis mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung) übereinstimmend für erledigt. Der Klägerbevollmächtigte führte in der Verhandlung insbesondere aus, dass die streitgegenständlichen Kennzeichnungen „(Mais)“, „(Sonnenblume)“ und „(aus roten Tomaten)“ zwar seit Herbst 2019 nicht mehr verwendet würden. Gleichwohl bestehe das Interesse, eine derartige Kennzeichnung in Zukunft wieder zu verwenden, da den Klägern daran gelegen sei, die in Streit stehenden Informationen zu transportieren.
22
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat teilweise Erfolg.
24
1. Hinsichtlich der Anträge I.1. (Angabe „…% Fett im Milchanteil“) und I.2. (Bezeichnung der Vitamine und Mineralstoffe im Zutatenverzeichnis mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung) aus der Klageschrift vom 23. November 2020 sowie hinsichtlich des Antrags I.7 (Bezeichnung der Mineralstoffe im Zutatenverzeichnis mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung) aus der Klageerweiterung vom 10. November 2023 ist das Verfahren aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
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2. Im Übrigen ist die Klage als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.
26
Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.
27
Es besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG, U.v. 20.11.2003 – 3 C 44/02, BeckRS 2004, 20354). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der konkrete Sachverhalt sind die Kennzeichnungen von vier streitgegenständlichen Produkten der Klägerin zu 1, nämlich „Y* … F* … B* …“, „Y* … A* … C* …“, „Y* … C* … B* … C* …“ und „Y* … V* … V* …“. Die umstrittene Rechtsbeziehung ist öffentlich-rechtlich (Lebensmittelrecht), nämlich die Frage, ob diese Kennzeichnungen nach Art. 7 Abs. 1 a), Abs. 2 und Art. 13 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 zulässig sind. Die Kläger und die Beklagte sind als Normadressaten bzw. als Vollzugsbehörde Bezugspersonen der Rechtsbeziehung. Die Rechtsbeziehung betrifft schließlich das Verhältnis einer Person zu einer Sache, nämlich ob die Kläger zulässigerweise die Produkte der Klägerin zu 1 mit den vier streitgegenständlichen Kennzeichnungen versehen dürfen. Die Frage, ob für ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO bei einer bußgeld- oder strafbewehrten Rechtsnorm zusätzlich auch eine „Streitigkeit“ erforderlich ist (siehe hierzu Schoch/Schneider/Marsch, 44. EL März 2023, VwGO § 43 Rn. 20b), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, weil sich das Rechtsverhältnis vorliegend durch die von der Beklagten betriebenen Ordnungswidrigkeitenverfahren und Strafverfahren gegen die Kläger hinreichend verdichtet hat und mithin auch eine „Streitigkeit“ vorliegt.
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Es besteht auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse in diesem Sinne ist jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Typischer Fall eines Feststellungsinteresses ist es, dass der Kläger bei Streitigkeiten über seine Rechte und Pflichten bevorstehende oder angedrohte Sanktionen – insbesondere ein Straf- oder Bußgeldverfahren – vermeiden will. Es ist ihm in solchen Fällen nicht zuzumuten, die Klärung der Streitfrage gleichsam „auf der Anklagebank“ zu erleben (BeckOK VwGO/Möstl, 67. Ed. 1.7.2023, VwGO § 43 Rn. 19, 19.2). Bezüglich vergangener bzw. erledigter Rechtsverhältnisse entsprechen die Anforderungen an das Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO den Anforderungen bzw. Fallgruppen der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (BeckOK VwGO/Möstl, 67. Ed. 1.7.2023, VwGO § 43 Rn. 19.1; Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 43 Rn. 34; Schoch/Schneider/Marsch, 44. EL März 2023, VwGO § 43 Rn. 35). Anerkannte Fallgruppen für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten Verwaltungsakten bzw. das besondere Feststellungsinteresse bei vergangenen Rechtsverhältnissen sind das Rehabilitationsinteresse, die konkrete Wiederholungsgefahr, die Vorbereitung eines nicht offensichtlich aussichtslosen Amtshaftungsprozesses und die Fallgruppe tiefgreifender, sich kurzfristig erledigender, Grundrechtseingriffe (vgl. BeckOK VwGO/Decker, 67. Ed. 1.10.2023, VwGO § 113 Rn. 85.1-87.5). Das Rehabilitierungsinteresse liegt insbesondere dann vor, wenn das einschlägige Verwaltungsrechtsverhältnis für eine Strafrechtsnorm akzessorisch und bereits ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig oder abgeschlossen ist (Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 43 Rn. 34; a.A. wohl Schoch/Schneider/Marsch, 44. EL März 2023, VwGO § 43 Rn. 54 und 34c).
29
Vor diesem Hintergrund besteht im vorliegenden Fall ein anzuerkennendes schutzwürdiges Interesse der Kläger an einer verwaltungsgerichtlichen Klärung der streitgegenständlichen Kennzeichnungsfragen, weil diese Streitfragen gegenwärtig und in der Vergangenheit Gegenstand diverser Straf- und Bußgeldverfahren sind bzw. waren, und die Kläger die streitigen Kennzeichnungen derzeit noch verwenden bzw. zukünftig wieder verwenden wollen. Es ist den Klägern nicht zuzumuten, die Klärung der Streitigkeit über den Inhalt der straf- und bußgeldbewehrten Vorschriften „auf der Anklagebank“ zu erleben. Hinzu kommt, dass die laufenden Strafverfahren unter Hinweis auf den Ausgang des vorliegenden Verwaltungsstreitverfahrens ausgesetzt wurden. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der laufenden Verwendung der streitgegenständlichen Nährwertkennzeichnungen immer wieder neue Strafund Bußgeldverfahren drohen, selbst wenn einzelne Straf- und Bußgeldverfahren bereits beendet sind.
30
Die Feststellungsklage ist schließlich auch nicht subsidiär gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Eine solche Möglichkeit ist für die Kläger nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte keinen Verwaltungsakt erlassen, gegen den die Kläger vorgehen könnten. Die Kläger müssen sich auch nicht auf die Möglichkeit verweisen lassen, sich im Straf- oder Bußgeldverfahren wehren zu können. Ein solches rechtswegübergeifendes Verständnis der Subsidiarität der Feststellungsklage ist nämlich mit dem Wortlaut des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht mehr vereinbar (vgl. Schoch/Schneider/Marsch, 44. EL März 2023, VwGO § 43 Rn. 53).
31
3. Die Klage ist teilweise begründet.
32
3.1. Hinsichtlich des Klageantrags Nr. I.3. ist die von den Klägern erwünschte Feststellung auszusprechen. Die Bezeichnungen „Maltodextrin (Mais)“ und/oder „Emulgator: Lecithin (Sonnenblume)“ und/oder Lycopin (aus roten Tomaten)“ im Zutatenverzeichnis des Produkts „Y* … F* … B* …“ verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011.
33
3.1.1. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung – LMIV) sind unbeschadet der gemäß Art. 44 Abs. 2 erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften verpflichtende Informationen über Lebensmittel an einer gut sichtbaren Stelle deutlich, gut lesbar und gegebenenfalls dauerhaft anzubringen. Sie dürfen in keiner Weise durch andere Angaben oder Bildzeichen oder sonstiges eingefügtes Material verdeckt, undeutlich gemacht oder getrennt werden, und der Blick darf nicht davon abgelenkt werden.
34
3.1.2. Art. 13 Abs. 1 LMIV ist vorliegend anwendbar.
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Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der LMIV ist eröffnet. Die Kläger sind ein Lebensmittelunternehmen bzw. Lebensmittelunternehmer im Sinne von Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) LMIV i.V.m. Art. 3 Nr. 2 und Nr. 3 Verordnung (EG) 178/2002. Das streitgegenständliche Produkt „Y* … F* … B* …“ ist ein Lebensmittel im Sinne von Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) LMIV i.V.m. Art. 2 Verordnung (EG) 178/2002.
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Das Zutatenverzeichnis ist eine verpflichtende Information über Lebensmittel im Sinne von Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Buchst. c) LMIV. Gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. b) LMIV ist das Verzeichnis der Zutaten nach Maßgabe der Art. 10 bis 35 und vorbehaltlich der im Kapitel IV vorgesehenen Ausnahmen eine verpflichtende Angabe und damit nach Unionsvorschriften obligatorisch. Insbesondere ist auch keine Ausnahme vom Erfordernis eines Zutatenverzeichnisses oder von der Angabe von Bestandteilen von Lebensmitteln nach Art. 19 und Art. 20 LMIV ersichtlich.
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3.1.3. Die streitgegenständlichen Angaben „Maltodextrin (Mais)“ und/oder „Emulgator: Lecithin (Sonnenblume)“ und/oder „Lycopin (aus roten Tomaten)“ im Zutatenverzeichnis des Produkts „Y* … F* … B* …“ verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 LMIV.
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3.1.3.1. Das streitgegenständliche Zutatenverzeichnis genügt insbesondere den Anforderungen von Art. 13 Abs. 1 Satz 1 LMIV, weil das Zutatenverzeichnis ausweislich der Anlage K5 zur Klageschrift vom 23. November 2020 (Blatt 42 d.A.) an einer gut sichtbaren Stelle deutlich, gut lesbar und dauerhaft angebracht ist.
39
3.1.3.2. Die streitgegenständlichen Bezeichnungen „Maltodextrin (Mais)“ und/oder „Emulgator: Lecithin (Sonnenblume)“ und/oder „Lycopin (aus roten Tomaten)“ im Zutatenverzeichnis des Produkts „Y* … F* … B* …“ verstoßen auch nicht gegen Art. 13 Abs. 1 Satz 2 LMIV. Es handelt sich weder um andere Angaben oder Bildzeichen oder sonstiges Material, noch werden dadurch verpflichtende Informationen verdeckt, undeutlich gemacht oder getrennt oder der Blick von verpflichtenden Informationen abgelenkt. Bei den streitgegenständlichen Bezeichnungen handelt es sich vielmehr um zulässige Angaben im Zutatenverzeichnis.
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a) Gemäß Art. 18 Abs. 1 LMIV ist dem Zutatenverzeichnis eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort „Zutaten“ erscheint. Das Zutatenverzeichnis besteht aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels. Nach Art. 18 Abs. 2 LMIV werden die Zutaten mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Art. 17 und Anhang VI, bezeichnet.
41
Gemäß Art. 17 Abs. 1 LMIV wird ein Lebensmittel mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet.
42
Rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung in diesem Sinne ist gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. n) LMIV die Bezeichnung eines Lebensmittels, die durch die für dieses Lebensmittel geltenden Rechtsvorschriften der Union vorgeschrieben ist, oder, wenn es keine derartigen Unionsvorschriften gibt, die Bezeichnung, welche in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen ist, in dem das Lebensmittel an die Endverbraucher oder Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung verkauft wird.
43
Eine verkehrsübliche Bezeichnung ist gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. o) LMIV eine Bezeichnung, die von den Verbrauchern in dem Mitgliedstaat, in dem das Lebensmittel verkauft wird, als Bezeichnung dieses Lebensmittels akzeptiert wird, ohne dass eine weitere Erläuterung notwendig wäre.
44
Schließlich ist eine beschreibende Bezeichnung in Art. 2 Abs. 2 Buchst. p) LMIV definiert als Bezeichnung, die das Lebensmittel und erforderlichenfalls seine Verwendung beschreibt und die hinreichend genau ist, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte.
45
Diese Vorgaben werden allgemein dahingehend interpretiert, dass soweit für bestimmte Lebensmittel eine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung vorgesehen ist, diese auch zwingend zu verwenden ist. Zwischen der verkehrsüblichen Bezeichnung und der beschreibenden Bezeichnung kann der Verwender hingegen frei wählen (Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Meisterernst, 186. EL März 2023, LMIV Art. 17 Rn. 14 f.; Voit/Grube/Grube, 2. Aufl. 2016, LMIV Art. 17 Rn. 39 und 71).
46
Dabei setzt die Definition der beschreibenden Bezeichnung nur voraus, dass die beschreibende Bezeichnung „hinreichend genau“ sein muss. Durch die Verwendung des Begriffs „hinreichend“ macht der Gesetzgeber klar, dass im Spannungsverhältnis zwischen möglichst umfassender Information und verkürzter Bereitstellung von Informationen mittels der Bezeichnung gewisse Unschärfen hinnehmbar sind. Die wesentlichen Charakteristika des betreffenden Lebensmittels sollten aber der beschreibenden Bezeichnung zu entnehmen sein. Die Angabe eines bloßen Oberbegriffs für eine bestimmte Gattung, in der die konkrete Zutat nicht identifiziert oder individualisiert wird, genügt nicht (Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Meisterernst, 188. EL November 2023, LMIV Art. 17 Rn. 28).
47
Die Verwendung der verkehrsüblichen Bezeichnung kommt in Betracht, wenn keine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung für das betreffende Lebensmittel vorgesehen ist und die gewählte Bezeichnung von den Verbrauchern in dem betreffenden Mitgliedstaat als Bezeichnung dieses Lebensmittels akzeptiert wird, ohne dass eine weitere Erläuterung notwendig wäre. Die verkehrsübliche Bezeichnung stellt gegenüber der Grundform der alternativ zulässigen beschreibenden Bezeichnung regelmäßig eine Verkürzung dar (Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Meisterernst, 188. EL November 2023, LMIV Art. 17 Rn. 29 f.). Verkehrsübliche Bezeichnungen können auch als Teil der beschreibenden Bezeichnung verwendet werden, so z.B. „Heringsfilets in Remoulade“ (Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Meisterernst, 188. EL November 2023, LMIV Art. 2 Rn. 118). Eine Kombination aus einer üblichen Bezeichnung und beschreibenden Zusätzen ist zulässig, wenn in der Gesamtschau der Angaben keine Irreführung gesehen werden kann (Voit/Grube/Grube, 2. Aufl. 2016, LMIV Art. 17 Rn. 86).
48
b) Die streitgegenständlichen Angaben sind vor diesem Hintergrund als beschreibende Bezeichnung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. p) i.V. m. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 LMIV zulässig.
49
Es besteht im streitgegenständlichen Fall gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 LMIV ein Wahlrecht zwischen der verkehrsüblichen und der beschreibenden Bezeichnung der streitgegenständlichen Zutaten. Dass es vorrangige rechtlich vorgeschriebene Bezeichnungen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. n) LMIV für die Zutaten Maltodextrin, Lecithin und Lycopin gibt, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst für das Gericht ersichtlich.
50
Bei den streitgegenständlichen Angaben „Maltodextrin (Mais)“ und/oder „Emulgator: Lecithin (Sonnenblume)“ und/oder „Lycopin (aus roten Tomaten)“ handelt es sich um zulässige beschreibende Bezeichnungen der verwendeten Zutaten. Hier wurden verkehrsübliche Bezeichnungen mit beschreibenden Zusätzen in einer nicht zu beanstandenden Weise kombiniert.
51
Bei den Begriffen „Maltodextrin“, „Lecithin“ und „Lycopin“ handelt es sich unstreitig um zulässige verkehrsübliche Bezeichnungen der entsprechenden Zutaten. Beispielsweise werden diese Begriffe in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission vom 9. März 2012 mit Spezifikationen für die in den Anhängen II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe ohne weiteres verwendet bzw. aufgelistet (siehe dort im Anhang E 406 Agar-Agar, E 322 Lecithine, E 160d Lycopin).
52
Mit den streitgegenständlichen Zusätzen „(Mais)“, „(Sonnenblume)“ und „(aus roten Tomaten)“ zu den jeweiligen verkehrsüblichen Bezeichnungen werden im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. p) LMIV die Lebensmittel und erforderlichenfalls ihre Verwendung beschrieben und diese sind auch hinreichend genau, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte.
53
Den streitgegenständlichen Zutaten ist gemein, dass sie jeweils aus unterschiedlichen Ausgangsprodukten gewonnen werden können, die Zutaten sich auch in Abhängigkeit von Ausgangsstoff und Herstellungsverfahren unterscheiden und dass die Verbraucher diesbezüglich ein nachvollziehbares Interesse an der Information haben, welchen Ursprungs die Zutat ist bzw. welche Variante der Zutat im Produkt vorliegt. Bei Maltodextrin handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für Kohlenhydratgemische aus verschieden großen Glucose-Molekülen mit veränderlichen Anteilen. Die prozentuale Zusammensetzung kann sich je nach Hydrolysegrad unterscheiden (https://de.wikipedia.org/wiki/Maltodextrin). Zudem kann Maltodextrin beispielsweise aus Weizen oder Mais hergestellt werden (https://en.wikipedia.org/wiki/Maltodextrin). Für Maltodextrine aus Mais – anders als für Maltodextrine auf Weizenbasis – besteht dabei zwar gemäß Anhang II (Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen) Nr. 1 b) i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) und Art. 21 LMIV keine Pflicht zur Angabe als Allergie oder Unverträglichkeit auslösenden Stoff. Das bedeutet umgekehrt aber nicht, dass diese Information nicht freiwillig gegeben werden darf. Dem Verbraucher wird es hiermit nämlich ermöglicht, den Ausgangsstoff Mais zu erkennen und es von Maltodextrinen zu unterscheiden, die beispielsweise aus Weizen hergestellt wurden. Durch die beschreibende Bezeichnung wird hier ein Mehr an Informationen gewährleistet. Insbesondere kann sich der Verbraucher hiermit zusätzlich vergewissern, dass eine Zutat, die normalerweise bzw. typischerweise aus einem Allergie auslösenden Ausgangsstoff hergestellt wird, aus einem anderen Ausgangsstoff produziert wurde. Ein solches mehr an Informationen wird als Basis einer fundierten Verbraucherentscheidung von der LMIV durchaus angestrebt, wie sich beispielsweise den Erwägungsgründen 16, 18 und 24 sowie Art. 3 Abs. 1 der Verordnung entnehmen lässt. Ähnliches gilt für die Zutat Lecithin bzw. die Kennzeichnung „Lecithin (Sonnenblume)“. Auch bei Lecithin handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für eine Gruppe chemischer Verbindungen. Lecithin wird meist aus Soja hergestellt (zumeist aus gentechnisch veränderten Sojapflanzen), in geringerem Umfang aus Raps und Sonnenblumen und Eigelb. Technisch gewonnene Lecithin-Produkte, wie Extrakte aus Sojabohnen, Raps oder Eiern, enthalten in Abhängigkeit von ihren Quellen neben Lecithinen auch andere Stoffe. Rohe vegetabilische Lecithine sind braune bis gelbliche Substanzen von plastischer und flüssiger Konsistenz. Die Farbe ist abhängig von der Herkunft der Saat, den Ernte- und Lagerbedingungen sowie den Verarbeitungsverfahren und -anlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Lecithine). Für aus Sonnenblumen hergestelltes Lecithin besteht – im Gegensatz zu Lecithin auf Soja-Basis – gemäß Anhang II Nr. 6 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) und Art. 21 LMIV zwar keine Pflicht zur Angabe als Allergie oder Unverträglichkeit auslösenden Stoff. Allerdings gilt auch hier, dass dies umgekehrt nicht bedeutet, dass diese Information nicht freiwillig gegeben werden darf. Der Verbraucher erhält hierdurch ein Mehr an Informationen für eine fundierte Wahl und die sichere Verwendung des Lebensmittels. Hinsichtlich Lecithin und seiner vielfältigen Ausgangsstoffe ist insbesondere auch das nachvollziehbare Bedürfnis von Verbrauchern zu berücksichtigen, sich für Zutaten zu entscheiden, die ohne Einsatz von Gentechnik oder ohne Einsatz tierischer Ausgangsstoffe hergestellt wurden. Hinsichtlich der Zutat Lycopin bzw. der Kennzeichnung „Lycopin (aus roten Tomaten)“ gilt nichts anderes. Hier werden bereits vom Europäischen Normgeber im Anhang zur Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission vom 9. März 2012 mit Spezifikationen für die in den Anhängen II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe insgesamt drei verschiedene Arten von Lycopin unterschieden, nämlich synthetisches Lycopin, Lycopin aus roten Tomaten und Lycopin aus Blakeslea trispora (ein Pilz). Diese Lycopin-Arten unterscheiden sich auch untereinander. Insbesondere können in Lycopin aus roten Tomaten danach „natürlich vorkommende Öle, Fette, Wachse und Aromastoffe enthalten“ sein. Auch hier besteht ein nachvollziehbares Interesse der Verbraucher zu erfahren, ob ein synthetisches oder ein aus natürlichen Zutaten gewonnenes Lycopin verwendet wurde.
54
Das Gericht sieht in der Gesamtschau der Angaben, also der letztlich der Kombination der verkehrsüblichen Bezeichnung mit einem beschreibenden Zusatz, auch keine Irreführung der Verbraucher. Eine Irreführung setzt die Gefahr einer Fehlvorstellung der Verbraucher, also die Gefahr einer Diskrepanz der Vorstellung gegenüber der Realität, voraus (vgl. Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Sosnitza, 188. EL November 2023, LMIV Art. 7 Rn. 48). Die streitgegenständlichen Angaben sind jedoch – wie oben ausgeführt – objektiv zutreffend, sodass die Gefahr einer Fehlvorstellung insoweit nicht ersichtlich ist. Die streitgegenständlichen Angaben sind auch nicht unter dem Aspekt irreführend, dass gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c) LMIV mit Selbstverständlichkeiten beworben wird. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c) LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, indem zu verstehen gegeben wird, dass sich das Lebensmittel durch besondere Merkmale auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen. Für die diesbezügliche Gefahr einer Fehlvorstellung fehlt es bereits an der Voraussetzung, dass alle vergleichbaren Lebensmittel bzw. Zutaten dieselben Merkmale aufweisen. Wie bereits ausgeführt, unterscheiden sich die streitgegenständlichen Zutaten signifikant voneinander, je nachdem, aus welchem Ausgangsstoff sie hergestellt wurden. Die streitgegenständlichen zusätzlichen Angaben sind schließlich auch nicht unter dem Aspekt als irreführend zu bewerten, dass die Verbraucher den Zutaten mit den streitgegenständlichen Zusätzen „(Mais)“, „(Sonnenblume)“, „(aus roten Tomaten)“ eine besondere Natürlichkeit zuschreiben, die nicht bestünde, wenn die Zusätze nicht in der Kennzeichnung vorhanden wären. Zweifelhaft dürfte hieran bereits sein, ob tatsächlich die Gefahr besteht, dass ein Verbraucher in seiner Vorstellung den streitgegenständlichen Produkten aufgrund von in Klammern enthaltenen Angaben im Zutatenverzeichnis eine „Natürlichkeit“ zuschreiben würde, die so in der Realität nicht besteht. Zweifelhaft an einem darauf gestützten Irreführungsvorwurf dürfte bereits sein, ob das berechtigte Informationsbedürfnis gut informierter Verbraucher, welche die verschiedenen Varianten der Zutaten einordnen können, deshalb zurücktreten muss, weil gegebenenfalls weniger gut informierte Verbraucher mit der inhaltlich zutreffenden Information möglicherweise eine Fehlvorstellung verbinden. Dies muss vorliegend jedoch nicht entschieden werden, weil jedenfalls eine solche möglicherweise bestehende Gefahr einer Diskrepanz zwischen der Vorstellung der Verbraucher und der Realität von der LMIV mit der in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 eröffneten Wahlmöglichkeit zwischen verkehrsüblicher und beschreibender Bezeichnung in Kauf genommen wird. Anderenfalls bestünde nämlich kein Wahlrecht mehr zwischen verkehrsüblicher und beschreibender Bezeichnung, weil der Verwender gar nicht frei entscheiden, sondern sich jeweils für die am wenigsten werbliche bzw. hier für die „unnatürlicher“ klingende verkehrsübliche Bezeichnung entscheiden müsste.
55
c) Schließlich werden durch die streitgegenständlichen Zusätze „(Mais)“, „(Sonnenblume)“, „(aus roten Tomaten)“ auch keine verpflichtenden Informationen verdeckt, undeutlich gemacht oder getrennt oder der Blick von verpflichtenden Informationen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 2 LMIV abgelenkt.
56
Die streitgegenständlichen Zusätze verdecken weder andere verpflichtende Informationen, noch machen sie diese undeutlich.
57
Auch eine Ablenkung von verpflichtenden Informationen ist nicht ersichtlich. Bei den streitgegenständlichen Zusätzen handelt es sich – wie oben ausgeführt – selbst um verpflichtende Informationen. Damit dürfte es aber ausgeschlossen sein, dass diese Informationen im Sinne der Vorschrift unzulässig ablenken. Anderenfalls ergäbe sich nämlich das paradoxe Resultat, dass Art. 13 Abs. 1 Satz 2 LMIV bestimmte verpflichtende Informationen verbieten würde, weil diese von anderen verpflichtenden Informationen ablenken würden. Für ein solches Rangverhältnis verpflichtender Informationen ist in der LMIV nichts ersichtlich. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 LMIV ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass eine Ablenkung vorliegt, wenn das Zutatenverzeichnis nicht so kurz wie möglich ist. Ansonsten würde nämlich die durch Art. 17 Abs. 1 Satz 2 LMIV eröffnete Wahlmöglichkeit zwischen verkehrsüblicher Bezeichnung und beschreibender Bezeichnung ausgehöhlt, weil die verkehrsübliche Bezeichnung regelmäßig kürzer als die beschreibende Bezeichnung ist (vgl. Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Meisterernst, 186. EL März 2023, LMIV Art. 17 Rn. 30) und damit regelmäßig die verkehrsübliche Bezeichnung zu wählen wäre.
58
Die streitgegenständlichen Zusätze führen schließlich auch nicht zu einer unzulässigen Trennung des Zutatenverzeichnisses im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 2 LMIV. Das Gericht sieht vorliegend keine Trennung des Zutatenverzeichnisses. Das Zutatenverzeichnis ist auch mit den darin enthaltenen streitgegenständlichen Zusätzen „(Mais)“, „(Sonnenblume)“, „(aus roten Tomaten)“ optisch als einheitliches Verzeichnis erkennbar. Es wird gerade nicht durch die streitgegenständlichen Zusätze in mehrere Teile aufgetrennt. Auch die Tatsache, dass das Zutatenverzeichnis durch die verwendeten beschreibenden Bezeichnungen länger ist als mit verkehrsüblichen Bezeichnungen, kann bereits dem Wortsinne nach nicht als dessen Trennung interpretiert werden, weil das Zutatenverzeichnis optisch immer noch einheitlich erscheint. Es dürfte sich auch verbieten, im Zutatenverzeichnis zulässige Angaben dahingehend als trennend im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 2 LMIV anzusehen, weil sie davor und danach stehende andere Angaben im Zutatenverzeichnis optisch voneinander entfernt (so im Ergebnis auch Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Meisterernst, 188. EL November 2023, LMIV Art. 13 Rn. 23). Eine solche Auslegung von Art. 13 Abs. 1 Satz 2 LMIV würde zum einen ein Rangverhältnis verpflichtender Informationen im Zutatenverzeichnis voraussetzen, für das wie bereits ausgeführt in der Verordnung nichts ersichtlich ist. Zum anderen würde eine solche Auslegung auch die in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 LMIV vorgesehene Wahlmöglichkeit zwischen verkehrsüblicher Bezeichnung und beschreibender Bezeichnung aushöhlen, weil wie bereits ausgeführt, die beschreibende Bezeichnung eines Lebensmittels regelmäßig länger als die verkehrsübliche Bezeichnung ist und damit durch die beschreibende Bezeichnung regelmäßig eine unzulässige Trennung der anderen Zutaten vorläge.
59
3.2. Hinsichtlich der Klageanträge I.4., I.5. und I.6. ist die Klage abzuweisen. Die begehrten Feststellungen konnten nicht ausgesprochen werden. Es verstößt jeweils gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) und Abs. 2 LMIV, wenn es im Rahmen der Nährwertdeklaration des Produkts „Y* … A* … C* …“ heißt, dass das Produkt pro 100 ml 122,9 mg Kalium, 94 mg Calcium, 72,1 mg Phosphor, 18,8 mg Magnesium, 0,7 mg Eisen, 0,05 mg Kupfer, 0,1 mg Mangan, 2,75 µg Selen und 7,5 µg Jod enthält, obwohl diese Nährstoffgehalte gemäß Gutachten des Landeslabors B* … vom … Januar 2019 überschritten wurden, wenn es im Rahmen der Nährwertdeklaration des Produkts „Y* … C* … B* … C* …“ heißt, dass das Produkt pro 100 ml 120 mg Kalium enthält, obwohl dieser Nährstoffgehalt gemäß Gutachten des Landeslabors B* … vom … Juli 2023 überschritten wurde, oder wenn es im Rahmen der Nährwertdeklaration des Produkts „Y* … V* … V* …“ heißt, dass das Produkt pro 100 ml 2,5 µg Molybdän enthält, obwohl dieser Nährstoffgehalt gemäß Gutachten der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen S* … vom … Juli 2023 überschritten wurde.
60
3.2.1. Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Gemäß Art. 7 Abs. 2 LMIV müssen Informationen über Lebensmittel zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein. Dabei gilt in der Regel, dass eine Information dann, wenn sie nicht zutreffend und klar ist, auch irreführend ist und deshalb bereits dem Verbot des Art. 7 Abs. 1 LMIV unterliegt (Rathke in Sosnitza/Meisterernst Lebensmittelrecht, 183. EL März 2022, LMIV Art. 7 Rn. 398).
61
3.2.2. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) und Abs. 2 LMIV sind vorliegend anwendbar.
62
Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der LMIV ist eröffnet. Die Kläger sind ein Lebensmittelunternehmen bzw. Lebensmittelunternehmer im Sinne von Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) LMIV i.V.m. Art. 3 Nr. 2 und Nr. 3 Verordnung (EG) 178/2002. Die streitgegenständlichen Produkte „Y* … A* … C* …“, „Y* … C* … B* … C* …“ und „Y* … V* … V* …“ sind Lebensmittel im Sinne von Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) LMIV i.V.m. Art. 2 Verordnung (EG) 178/2002.
63
Art. 7 der LMIV gilt vorliegend auch für die von der Klägerin zu 1 freiwillig bereitgestellten Informationen, Art. 36 Abs. 2 Buchst. a) LMIV. Bei den streitgegenständlichen Nährwertangaben handelt es sich nämlich gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. f) i.V. m. Anhang XIII Teil A der LMIV um freiwillige Angaben.
64
3.2.3. Die streitgegenständlichen Angaben in den Nährwertverzeichnissen verstoßen jeweils gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) und Abs. 2 LMIV.
65
Bei den streitgegenständlichen Angaben handelt es sich um Informationen über Lebensmittel. Gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) LMIV bezeichnet der Ausdruck „Informationen über Lebensmittel“ jede Information, die ein Lebensmittel betrifft und dem Endverbraucher durch ein Etikett, sonstiges Begleitmaterial oder in anderer Form, einschließlich über moderne technologische Mittel oder mündlich, zur Verfügung gestellt wird. Die streitgegenständlichen Nährwertangaben betreffen das jeweilige Lebensmittel bzw. Produkt der Klägerin zu 1 und werden den Endverbrauchern durch ein auf den jeweiligen streitgegenständlichen Produkten befindliches Etikett im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. i) LMIV zur Verfügung gestellt.
66
a) Die streitgegenständlichen Angaben sind jeweils irreführend, insbesondere bezüglich der Zusammensetzung des Lebensmittels im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) LMIV.
67
Eine Information über Lebensmittel ist irreführend, wenn sie den Endverbraucher zu täuschen geeignet ist, d. h. wenn die Gefahr einer Fehlvorstellung des Endverbrauchers gegenüber der Realität besteht. Eine tatsächlich eingetretene Täuschung des Endverbrauchers muss weder vorliegen noch nachgewiesen werden, die Gefahr einer Fehlvorstellung ist ausreichend (Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Sosnitza, 188. EL November 2023, LMIV Art. 7 Rn. 48 f. m.w.N.). Hinsichtlich der maßgeblichen Vorstellung des Endverbrauchers ist auf das Leitbild eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Sosnitza, 186. EL März 2023, LMIV Art. 7 Rn. 56 m.w.N.). Den Inhalt der für die Eignung zur Täuschung maßgebenden Verkehrserwartung hat der Tatrichter festzustellen. Dies kann zum einen anhand der eigenen Sachkunde geschehen. Zum anderen steht es den Gerichten offen zu entscheiden, ob es beispielsweise eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung bedarf, um die Verkehrserwartung zuverlässig zu ermitteln (Voit/Grube/Grube, 2. Aufl. 2016, LMIV Art. 7 Rn. 57). Auch wenn der Wortlaut des Art. 7 der LMIV kein Kriterium der Entscheidungsveranlassung oder Relevanz enthält, greift das Irreführungsverbot des Art. 7 LMIV erst und nur dann, wenn die zur Täuschung geeignete Information den Verbraucher auch zu einer Entscheidung veranlassen kann, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Diesbezüglich bestehen jedoch keine allzu großen Anforderungen. Vielmehr besteht generell die Vermutung, dass eine zur Täuschung geeignete Information auch relevant ist und der Verbraucher zu einer Entscheidung veranlassen kann, die er anderenfalls nicht getroffen hätte (Sosnitza/Meisterernst LebensmittelR/Sosnitza, 186. EL März 2023, LMIV Art. 7 Rn. 65 f.).
68
Vor diesem Hintergrund geht das Gericht aufgrund eigener Sachkunde als Verbraucher davon aus, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher eine Nährwertangabe im Nährwertverzeichnis eines Lebensmittels bzw. Produkts dahingehend versteht, dass das Lebensmittel – von zulässigen Toleranzgrenzen abgesehen – genau so viel vom jeweiligen Nährstoff enthält, wie im Nährwertverzeichnis angegeben. In dieser Erwartung getäuscht wird der Verbraucher nicht nur bei negativen Abweichungen von den deklarierten Nährwerten, d.h. wenn der tatsächliche Nährwertgehalt geringer ausfällt als angegeben, sondern auch bei einer positiven Abweichung, d.h. wenn der tatsächliche Gehalt höher ausfällt als deklariert. Im Hinblick auf die dem Verbraucher noch zumutbaren Schwankungen im tatsächlichen Nährwertgehalt kann auf den „Leitfaden für zuständige Behörden – Kontrolle der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften“ der Europäischen Kommission vom Dezember 2012 (verfügbar unter https://food.ec.europa.eu/system/files/2021-11/labelling_nutrition-vitamins_minerals-guidance_tolerances_1212_de.pdf) zurückgegriffen werden.
69
Das Gericht folgt nicht der Auffassung der Kläger, wonach eine Irreführung des Verbrauchers deswegen nicht vorliege, weil es der Durchschnittsverbraucher durchwegs als positiv erachte und er nicht in seiner Erwartung getäuscht werde, wenn in einem Lebensmittel mehr Nährstoffe enthalten sind als im Nährwertverzeichnis deklariert. Vor dem Hintergrund der allgemeinkundigen Tatsache, dass ein zunehmender Anteil der Bevölkerung übergewichtig ist und versucht, die mit der Nahrung zugeführte Energie zu kontrollieren bzw. zu reduzieren, dürfte dies vor allem für Angaben des Brennwerts und der Mengen an Fett, Kohlenhydraten und Zucker unmittelbar einleuchtend sein. Nach Ansicht des Gerichts ist dies aber auch für die hier streitgegenständlichen Nährstoffe und Mineralien (Kalium, Calcium, Phosphor, Magnesium, Eisen, Kupfer, Mangan, Selen, Jod, Molybdän) der Fall. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die streitgegenständlichen Produkte nach ihrer Gesamtaufmachung an besonders ernährungsbewusste Verbraucher richten, die genaue Vorstellungen bezüglich der Art und Menge der von ihnen aufgenommen Nährstoffe und Mineralien haben und die gegebenenfalls auch einzelne Nährstoffe und Mineralien mit anderen Produkten supplementieren. Da bestimmte Nährstoffe und Mineralien, wie beispielsweise Jod, auch überdosiert werden können, besteht zur Vermeidung einer Überdosierung ein nachvollziehbares und auch schützenswertes Verbraucherinteresse, dass die streitgegenständlichen Nährstoffe in Lebensmitteln nicht in größerem Umfang als deklariert enthalten sind. Vor dem Hintergrund, dass sich die streitgegenständlichen Produkte an besonders ernährungsbewusste Verbraucher richten und dass in den streitgegenständlichen Nährwertdeklarationen die enthaltenen Mineralstoffe weit überwiegend sogar mit Nachkommastellen angegeben werden (mit Ausnahme von Calcium in den Produkten „Y* … F* … B* …“ und „Y* … A* … C* …“, von Kalium im Produkt „Y* … V* … V* …“ sowie von Kalium, Calcium und Phosphor im Produkt „Y* … C* … B* … C* …“), geht die Verbrauchererwartung nach Einschätzung des Gerichts bei den streitgegenständlichen Produkten davon aus, dass der tatsächlich enthaltene Nährwertgehalt, jedenfalls nicht derart vom angegebenen Gehalt abweicht, dass er außerhalb des in der behördlichen Vollzugspraxis zugestandenen Toleranzbereichs liegt.
70
Von dieser Erwartung des Durchschnittsverbrauchers weichen die streitgegenständlichen Produkte der Klägerin zu 1 in der Realität ab. Ausweislich des Gutachtens des Landeslabors B* … vom … Januar 2019 liegen die tatsächlichen Nährstoffgehalte von Kalium, Calcium, Phosphor, Magnesium, Eisen, Kupfer, Mangan, Selen und Jod im beprobten Produkt „Y* … A* … C* …“ zwischen dem 1,7-fachen und knapp 3-fachen der deklarierten Werte, jedenfalls deutlich über der oberen Toleranzgrenze von 45%. Laut Gutachten des Landeslabors B* … vom … Juli 2023 liegt der tatsächliche Nährstoffgehalt von Kalium im Produkt „Y* … C* … B* … C* …“ mit 190,4 mg je 100 g bzw. 199,9 mg je 100 ml beim ca. 1,6-fachen des deklarierten Werts und damit über der oberen Toleranzgrenze von 45% über der Angabe. Schließlich enthielten die beprobten Produkte „Y* … V* … V* …“ gemäß Gutachten der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen S* … vom … Juli 2023 pro 100 ml 14,4 bzw. 13,6 µg je 100 ml und damit sogar mehr als das Fünffache des deklarierten Gehalts von 2,5 µg Molybdän je 100 ml. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf Art. 31 Abs. 4 Satz 1 LMIV hinweist, wonach es sich bei den deklarierten Werten um Durchschnittswerte handelt, so dass einzelne Abweichungen nicht jeweils einen Irreführungstatbestand erfüllen können (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung), ändert dies nichts daran, dass die Zusammensetzung der streitgegenständlichen Produkte von der Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers abweicht. Der Einwand ist insoweit berechtigt, als aus einer einzelnen gezogenen Stichprobe eines Produkts nur mit großer statistischer Unsicherheit auf die Beschaffenheit der Grundgesamtheit, d. h. aller anderen Einheiten des Produkts, geschlossen werden kann. Allerdings vermag das diesbezügliche Argument nicht durchzudringen, weil die Kläger selbst mit Schriftsatz vom … Dezember 2023 eingeräumt haben, dass es generelle Probleme bei der Berechnung der Nährstoffwerte gegeben hat, weil die Vorprodukte mehr Nährstoffe enthielten als angenommen. Die Kläger haben auch im Übrigen weder etwas dafür vorgetragen noch ist sonst für das Gericht ersichtlich, dass es sich bei den gezogenen Proben um einmalige statistische Ausreißer gehandelt haben sollte. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass es sich bei den festgestellten Nährstoffwerten nicht um statistische Ausreißer handelte, sondern dass die Nährstoffwerte der streitgegenständlichen Produkte generell höher als angegeben bzw. erwartet waren. Das Gericht weist ergänzend darauf hin, dass das Argument auch aus einem weiteren Grund nicht überzeugend ist. Sofern es sich nämlich – wie hier nicht – tatsächlich um einmalige Abweichungen genau dieser gezogenen Proben von den deklarierten Durchschnittswerten gehandelt haben sollte, wäre der deklarierte durchschnittliche Nährwertgehalt aller Einheiten des Produkts nur dann erreichbar, wenn andere Einheiten des Produkts deutlich geringere Nährwertgehalte als deklariert aufweisen würden. Beispielsweise dürften, wenn in einer von fünf Einheiten eines Produkts die fünffache Menge eines Nährstoffs festgestellt worden sein sollte, die vier weiteren Einheiten des Produkts überhaupt keinen deklarierten Nährstoff enthalten, damit die durchschnittliche Nährwertangabe für alle fünf Einheiten des Produkts zutreffend ist. In diesem Fall läge jedoch ebenfalls eine Abweichung der Realität von der Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers vor, weil die weiteren vier Einheiten des Produkts weniger Nährstoff als erwartet bzw. deklariert enthalten würden. Abschließend zu diesem Punkt weist das Gericht schließlich nochmals auf den „Leitfaden für zuständige Behörden – Kontrolle der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften“ der Europäischen Kommission vom Dezember 2012 (verfügbar unter https://food.ec.europa.eu/system/files/2021-11/labelling_nutrition-vitamins_minerals-guidance_tolerances_1212_de.pdf) hin, der ausweislich seiner Einleitung auch zur Verhinderung der Irreführung von Verbraucherinnen und Verbrauchern bzw. der Präzisierung, wann eine solche Irreführung vorliegt, erarbeitet wurde. Hiernach werden – bereits unter Berücksichtigung der Messtoleranz – bei Mineralstoffen Überschreitungen von mehr als 45% als nicht mehr tolerabel angesehen. Die streitgegenständlichen Produkte der Klägerin zu 1 überschreiten diese Toleranzgrenzen bei den streitgegenständlichen Nährstoffen deutlich. Selbst wenn es sich hierbei – wie vorliegend nicht – um einmalige Abweichungen der gezogenen Proben handeln sollte, läge jedenfalls die Streuung der tatsächlichen Nährstoffwerte um den deklarierten Durchschnitt außerhalb des tolerablen Bereichs bzw. außerhalb des vom Durchschnittsverbraucher erwarteten Schwankungsbereichs.
71
Die festgestellte Diskrepanz zwischen der Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers und der tatsächlichen Zusammensetzung des Produkts ist auch relevant, da sie die angesprochenen Verbraucher zu einer Entscheidung veranlassen kann, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten. Die bei einer Irreführung bestehende Vermutung für das Vorliegen einer Relevanz greift hier ein. Es ist für das Gericht nämlich nicht ersichtlich, dass die angesprochenen Verbraucherkreise ihre Kaufentscheidung nicht von der streitgegenständlichen Nährwertkennzeichnung abhängig machen, zumal die Nährwertkennzeichnung optisch einen großen Teil des Etiketts der streitgegenständlichen Produkte ausmacht und die streitgegenständlichen Produkte insbesondere ausweislich des Etiketts („ausgewogene Trinkmahlzeit“) gerade in Bezug auf die enthaltenen Nährstoffe vermarktet werden.
72
b) Die streitgegenständlichen Angaben im Nährwertverzeichnis verstoßen auch gegen Art. 7 Abs. 2 LMIV, denn sie sind – wie oben ausgeführt – nicht zutreffend, weil die tatsächlichen streitgegenständlichen Nährstoffgehalte außerhalb des zu erwartenden Toleranzbereiches liegen.
73
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V. m. § 161 Abs. 2, 154 VwGO.
74
Bei der Festlegung der Quote wurde berücksichtigt, dass die Kläger bei insgesamt sieben Streitgegenständen bzw. Feststellungsbegehren mit drei Streitgegenständen bzw. Feststellungsbegehren unterlegen sind und die sieben Streitgegenstände bezüglich des anzusetzenden Streitwerts ebenbürtig sind.
75
Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, ist über die Kosten des Verfahrens gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies betrifft drei Streitgegenstände bzw. Feststellungsbegehren, nämlich die Anträge I.1. (Angabe „…% Fett im Milchanteil“) und I.2. (Bezeichnung der Vitamine und Mineralstoffe im Zutatenverzeichnis mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung) aus der Klageschrift vom 23. November 2020 sowie den Antrag I.7 (Bezeichnung der Mineralstoffe im Zutatenverzeichnis mit ihren generischen Namen anstelle der chemischen Verbindung) aus der Klageerweiterung vom 10. November 2023. Billigem Ermessen entspricht es, diesbezüglich der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, weil diese streitgegenständlichen Feststellungen – wie von der Beklagten eingeräumt – auszusprechen gewesen wären.
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Bezüglich der übrigen vier streitig entschiedenen Streitgegenstände sind die Kläger bezüglich eines Feststellungsbegehrens erfolgreich gewesen und bezüglich dreier Feststellungsbegehren unterlegen.
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).