Titel:
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters wegen Beschädigung der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses
Normenkette:
BGB § 215, § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 281, § 387, § 538, § 548 Abs. 1
Leitsätze:
1. Einem vom Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Reinigungspflicht (hier: wegen Verfettung und mangelnder Reinigung der Küchenschränke) steht entgegen, dass der Mieter gem. § 538 BGB für die Folgen vertragsgemäßen Gebrauchs nicht haftet und bei Auszug auch keine Grundreinigung schuldet. Jedenfalls setzt ein Schadensersatzanspruch nach § 281 BGB eine Fristsetzung nach erfolgter Rückgabe der Mietsache voraus. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da der Vermieter die mit vertragsgemäßer Nutzung einhergehenden Abnutzungen auf eigene Rechnung trägt, sind bei der Bestimmung der Schadenshöhe wegen vermeintlicher Beschädigung der Kücheneinrichtung – neben den bei der Übergabe an den Mieter bereits vorhandenen Beschädigungen und Abnutzungsgrade – die bei vertragsgemäßer Nutzung bis zur Beendigung des Mietverhältnisses eingetretenen Abnutzungen mindernd zu berücksichtigen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Erklärt der Vermieter gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache, setzt dies nach § 215 BGB voraus, dass sich die Ansprüche vor Eintritt der Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 548 Abs. 1 BGB aufrechenbar gegenüberstanden. Wegen der erforderlichen Gleichartigkeit der Ansprüche muss somit vor Eintritt der Verjährung ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung bestanden haben (im Anschluss an KG BeckRS 2019, 36788). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schadensersatzansprüche des Vermieters, Haftung des Mieters wegen Beschädigung der Mietsache, Verletzung der Reinigungspflicht des Mieters, vertragsgemäße Abnutzung, Abzug Neu für Alt, Aufrechnung gegen Kautionsrückzahlungsanspruch nach Eintritt der Verjährung, Gleichartigkeit der Ansprüche
Fundstellen:
LSK 2023, 49121
ZMR 2024, 490
BeckRS 2023, 49121
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist in Ziffer 2 für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 12.920,49 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt Erstattung vermeintlich entstandener Schäden nach beendetem Mietverhältnis.
2
Die Parteien waren durch einen am 07.09.2017 geschlossenen Mietvertrag (Anlage K 1) über die Wohnung in der S3.-straße ... in M. miteinander verbunden. Die Klägerin war Vermieterin dieser Wohnung, die Beklagten waren die Mieter. Zu Beginn des Mietverhältnisses leisteten die Beklagten eine Gesamtkaution (für die Wohnung und den mitgemieteten Garagenstellplatz) in Höhe von 3.330,00 €.
3
Die Beklagten waren gemäß § 7 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet.
4
Die Parteien waren sich darüber einig, dass das Mietverhältnis zum 31.10.2021 beendet werden sollte.
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Am 26.10.2021 besichtigten die Parteien gemeinsam die streitgegenständliche Wohnung. Im Rahmen dieser Besichtigung wurde von der Zeugin ... (der Nichte der Klägerin) ein Protokoll erstellt (vorgelegt mit dem Schriftsatz der Klagepartei vom 14.04.2023), welches von den Beklagten unterschrieben wurde. In diesem Protokoll wurde zum einen der Zustand der Wohnung festgehalten und zum anderen vereinbart, dass diverse Arbeiten (insbesondere „Malerarbeiten an sämtlichen Wänden und Decken“) von den Mietern noch bis zum 01.11.2021 (12:00 Uhr) erledigt werden sollten.
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Am 01.11.2021 kam es dann zur Übergabe der Wohnung, wobei die Beklagten nicht persönlich anwesend waren, sondern von Dritten vertreten wurden. Ein Übergabeprotokoll wurde an diesem Tag nicht erstellt.
7
Die Klägerin behauptet, dass die streitgegenständliche Wohnung mängelbehaftet zurückgegeben worden sei. Insbesondere seien auch die in dem Protokoll vom 26.10.2021 festgelegten Arbeiten von den Beklagten nicht bis zum 01.11.2021 erledigt worden.
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Im Einzelnen macht die Klägerin gegen die Beklagten folgende Schadensersatzansprüche geltend:
1. 2.001,00 € aufgrund einer vermeintlich notwendig gewordenen Renovierung der Küche in der streitgegenständlichen Wohnung. Die Klagepartei behauptet insbesondere, die Hängeschränke der Küche seien völlig aufgequollen und von Frittierfett durchfeuchtet gewesen; Die Klagepartei legt hierzu eine Rechnung vom 19.11.2021 (Anlage K 2) vor. Wegen einer beschädigten Arbeitsplatte hat die Privathaftpflichtversicherung der Beklagten einen Betrag in Höhe von 1200,00 € übernommen, sodass die Klagepartei diesen Betrag von der vorgelegten Rechnung abzog.
2. 2.661,04 € aufgrund vermeintlich notwendig gewordener Sanierungsarbeiten im Badezimmer. Die Kläger behaupten insoweit, die Beklagten hätten die Dichtung der Duschwand entfernt; ferner hätten die Beklagten die Duschwand sowie die Armaturen schmutzig und verkalkt zurückgelassen.
3. 144,80 € aufgrund einer vermeintlich verschmutzten Fensterlaibung im Flur.
4. 2335,01 € aufgrund des von der Klagepartei veranlassten Schleifens und Neu-Versiegelns des Parkettbodens. Die Klägerin behauptet, zum Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung hätten sich tiefe Kratzer und Flecken im Parkettboden befunden, die auf einen nicht pfleglichen Gebrauch durch die Beklagten zurückzuführen seien. Außerdem habe ein Wasserschaden am Parkett vor Terrassentür bestanden.
5. 650,00 € aufgrund der vermeintlichen Beschädigung von Fenstern durch das Anbringen von Fliegengittern durch die Beklagten.
6. 463,50 € aufgrund des vermeintlich notwendigen gewordenen Ersatzes des Backofens und des Kühlschranks in der streitgegenständlichen Wohnung aufgrund von vermeintlich durch die Beklagten verursachte Beschädigungen.
7. 1.500,00 € aufgrund eines vermeintlich beschädigten Designerstuhls „Diamond Chair“. Die Klagepartei behauptet, die Beklagten hätten den Stuhl auf der Terrasse stehen gelassen und so den Witterungseinflüssen ausgesetzt, sodass der Stuhl nicht mehr brauchbar gewesen sei.
8. 2094,14 € aufgrund vermeintlicher Lackschäden an der Eingangstür. Die Klagepartei hat hierzu einen Kostenvoranschlag zur vermeintlichen Schadensbeseitigung vorgelegt (Anlage K 8) und den Nettobetrag geltend gemacht.
9. 1071,00 € aufgrund vermeintlich notwendig gewordener Ausbesserungsarbeiten an den Tapeten infolge der nach Behauptung der Klagepartei nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführten Schönheitsreparaturen durch die Beklagten. Zwischen den Parteien ist insbesondere streitig, ob zwischen dem 26.10.2021 und dem 01.11.2021 fachgerechte Malerarbeiten in der streitgegenständlichen Wohnung durchgeführt wurden.
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Der Gesamtbetrag der von der Klagepartei geltend gemachten vermeintlichen Schadensersatzansprüche beläuft sich auf 12.920,49 €. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die diesbezüglichen Schriftsätze der Klagepartei nebst Anlagen Bezug genommen.
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Hinsichtlich des zuvor unter Punkt 9. aufgeführten Schadenspostens hat die Klagepartei die Klage mit Schriftsatz vom 02.05.2022 erweitert.
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Die Parteien beantragten,
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 11.849,49 € zu bezahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2022.
2. Die Beklagten werden weiterhin verurteilt, gesamtschuldnerisch der Klägerin die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu erstatten in Höhe von 1.054,10 €.
3. Die Beklagten werden über den bisher geltend gemachten Betrag hinaus weiterhin verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 1.071,00 € zu bezahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung.
12
Die Beklagten behaupten, die Klägerin hätte ihnen im Jahr 2017 eine unrenovierte Wohnung übergeben. Die Küche sei bei Rückgabe der Mietsache in einem bei Übergabe der Wohnung entsprechenden Zustand gewesen. Etwaige Schäden im Badezimmer werden bestritten. Weiter wird bestritten, dass die Beklagten die Fensterlaibungen grob verschmutzt zurückgelassen hätten. Die Beklagten bestreiten auch, dass sie das Parkett nicht den vertraglichen Obliegenheiten entsprechend pfleglich behandelt hätten. Die Notwendigkeit eines Abschleifens wird ebenfalls bestritten.
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Auch etwaige Schäden in der Küche, am Außenfenster und an der Eingangstür werden bestritten.
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Weiter bestreitet die Beklagtenpartei auch den Vortrag der Klagepartei zur vermeintlichen Beschädigung des Stuhls „Diamond Chair“. Die Beklagten rügen weiter, dass die Klägerin größtenteils keinen Abzug neu für alt vorgenommen hat. Überdies bestreiten die Beklagten die Angemessenheit bzw. Ortsüblichkeit der von der Klagepartei vorgelegten Rechnungen bzw. Kostenvoranschläge. Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beklagten im Einzelnen wird auf die diesbezüglichen Schriftsätze Bezug genommen.
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Das Gericht hat mit den Parteien am 27.02.2023 zur Güte und im Anschluss streitig verhandelt.
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Am 11.10.2023 hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X. H1., X. S. und Y. V.
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Zur Vervollständigung des Tatbestandes wird vollumfänglich auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien einschließlich Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Rechtsstreit war auch zur Entscheidung reif; die Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme war nicht angezeigt.
19
Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht München ist gemäß § 23 Nr. 2a GVG ausschließlich sachlich und gemäß §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig.
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Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann gegen die Beklagten keine Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 bzw. gemäß § 536c Abs. 2 Satz 1 bzw. gemäß § 823 BGB geltend machen. Der Klägerin stehen allenfalls Ansprüche auf Ersatz entstandener Schäden im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses zu, welche jedenfalls durch die von der Beklagtenpartei hilfsweise erklärte Aufrechnung mit dem Anspruch auf Rückzahlung der bei Mietbeginn geleisteten Kaution in Höhe von 3.330,00 € erloschen sind.
21
Die Klagepartei selbst hat den Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten im Rahmen der erhobenen Klage nicht berücksichtigt und den Klageantrag trotz eines entsprechenden richterlichen Hinweises auch nicht angepasst. Die Beklagtenpartei hat keine Widerklage auf Rückzahlung der Kaution erhoben. Insoweit bleiben einzelne Aspekte des streitgegenständlichen Verfahrens mangels Entscheidungsrelevanz offen (siehe dazu im Folgenden).
22
Die Verjährungseinrede der Beklagtenpartei geht hinsichtlich der Schadenspositionen 1 bis 8 (vgl. die Darstellung im Tatbestand) ins Leere. Die Rückgabe der Mietsache erfolgte am 01.11.2021, die Klage wurde am 26.04.2022 erhoben und somit vor Eintritt der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB. Durch die Klageerhebung wurde die Verjährung gehemmt. Verjährt wäre jedoch ein etwaiger Anspruch der Klagepartei auf Ersatz von 1071,00 € aufgrund nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführter Schönheitsreparaturen (vgl. dazu im Folgenden).
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1. Die Klägerin kann keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 2.001,00 € aufgrund einer vermeintlichen Beschädigung der Küche bzw. Küchenausstattung geltend machen. Ausweislich der mit Anlage K2 vorgelegten Rechnung wurde die Küche in der streitgegenständlichen Wohnung renoviert; insbesondere wurden die Radiusfront und die Türen in einem Oberschrank und eine Lichtblende ersetzt. Die Klagepartei hat bereits nicht hinreichend substantiiert und schlüssig dargelegt, inwieweit diese Arbeiten tatsächlich aufgrund der behaupteten Beschädigungen notwendig geworden sind. Die Schadensbeschreibung (aufgequollene Hängeschränke, Durchfeuchtung von Frittierfett) sind pauschaler Natur und stehen in keinem vollständig kongruenten Zusammenhang zu den durchgeführten Renovierungsarbeiten.
24
Die Klagepartei vermochte es – trotz eines entsprechenden richterlichen Hinweises – nicht darzulegen, welche Arbeiten konkret aufgrund welcher vermeintlicher Beschädigung notwendig geworden sind. Im Übrigen ergibt sich aus den vorgelegten Lichtbildern aus Sicht des Gerichts auch keine tatsächliche Substanzbeeinträchtigung der Küche.
25
Hinsichtlich der behaupteten Verfettung und mangelnden Reinigung würde es sich nicht um einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache, sondern um einen Anspruch wegen behaupteter Verletzung der Reinigungspflicht bei Rückgabe der Wohnung im Sinne einer Leistungspflicht handeln. Insoweit erscheint die Annahme einer Pflichtverletzung nicht nur deshalb zweifelhaft, weil der Mieter nach § 538 BGB für Folgen vertragsgemäßen Gebrauchs nicht haftet und bei Auszug auch keine Grundreinigung schuldet (grundlegend BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 – VIII ZR 124/05; AG Hamburg, Urteil vom 15. Mai 2020 – 49 C 493/19 –, juris Rn. 29; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01. Oktober 2009 – I-10 U 58/09 –, juris Rn. 8 f.; Horst, NZM 2020, S. 266; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 546 Rn. 49). Des Weiteren setzt ein insoweit allein in Betracht zu ziehender Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB wegen Verletzung einer Leistungspflicht eine vorherige Fristsetzung voraus (BGH, Urteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17 –, juris Rn. 17; Horst, NZM 2020, S. 266; Langenberg, Schönheitsreparaturen, 3. Aufl., S. 246). Es erscheint insoweit zweifelhaft, ob die in dem Protokoll vom 26.10.2021 festgehaltene Aufforderung hierfür ausreichend wäre, da die Übergabe zu diesem Zeitpunkt unstreitig noch nicht erfolgt ist. Vielmehr wird man eine entsprechende Fristsetzung nach erfolgter Übergabe verlangen müssen. Hierzu ist von der Klagepartei jedoch nichts vorgetragen.
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Die Notwendigkeit zum Ersatz des Backofens des Kühlschranks aufgrund etwaige Beschädigungen wurde von der Klagepartei ebenfalls nicht substantiiert genug dargelegt. Der Klägerin steht insoweit auch der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 463,50 € nicht zu. So ergibt sich insbesondere aus den vorgelegten Fotos gerade nicht, dass aufgrund von Verschmutzungen des Ceranfeldes der Austausch des Gerätes notwendig ist. Die Klagepartei hat insoweit gerade nicht dargelegt, inwieweit aufgrund dieser Beeinträchtigungen tatsächlich die Funktionsfähigkeit des Backofens und des Kühlschranks aufgehoben gewesen sein soll. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass die Zeugin H2. in ihrer grundsätzlich stringenten, nachvollziehbaren damit glaubhaften Aussage angegeben hat, dass sich hinsichtlich des Kühlschranks keine Beanstandungen ergeben haben.
27
Überdies ist noch darauf hinzuweisen, dass die Klagepartei zum Alter der Küche bzw. Kücheneinrichtung nicht substantiiert vorgetragen hat; jedenfalls wäre auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches dem Grunde nach ein (weitergehender) Abzug neu für alt vorzunehmen. Der Vermieter trägt die mit vertragsgemäßer Nutzung einhergehenden Abnutzungen auf eigene Rechnung, weil diese durch das vereinbarte Entgelt nach § 535 Abs. 2 BGB abgegolten sind (AG Hamburg, Urteil vom 15. Mai 2020 – 49 C 493/19 –, juris Rn. 29; BeckOGK BGB, Stand: 1.1.2022, § 546 Rn. 58). Diese grundlegende Wertung synallagmatischer Verknüpfung schlägt auf das Schadensersatzrecht nieder. Bei der Bestimmung der Schadenshöhe sind die bei Übergabe bereits vorhandenen Beschädigungen und Abnutzungsgrade ebenso mindernd zu berücksichtigen wie solche, die bei vertragsgemäßer Nutzung bis zur Beendigung des Mietverhältnisses eingetreten sind.
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2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch in Höhe 2.661,04 € von aufgrund vermeintlicher Beschädigungen im Badezimmer der streitgegenständlichen Wohnung. Ausweislich der mit Anlage K 3 vorgelegten Rechnung hat die Klägerin diverse Armaturen, die Duschwand sowie weitere Utensilien im Badezimmer austauschen lassen. Die Klägerin stützt sich darauf, dass die Gegenstände verschmutzt und verkalkt gewesen sein. Außerdem hätten die Beklagten die Dichtung der Duschwand entfernt. Es bleibt jedoch völlig offen, weshalb eine Entkalkung oder Reinigung bzw. das Anbringen einer neuen Dichtung nicht zielführend gewesen wäre. Hierzu trägt die Klägerin lediglich vor, dass ein Reinigungsversuch mit Essig gescheitert sei. Diese Angaben sind jedoch deutlich zu pauschal und unsubstantiiert, als dass sie eine derart umfangreiche Sanierungsmaßnahme begründen könnten. Auch aus den vorgelegten Lichtbildern ergibt sich nicht im Ansatz ein Zustand des Badezimmers, welche die von der Klägerin vorgenommenen Maßnahmen in diesem Umfang rechtfertigen würde.
29
3. Ob die Klägerin Schadensersatz dem Grunde nach aufgrund von Beschädigungen des Parketts in der streitgegenständlichen Wohnung verlangen kann, erweist sich als nicht streitentscheidend. Ausweislich der von der Klagepartei vorgelegten Anlage K 5 sind durch das Abschleifen des Pakets Kosten in Höhe von 2335,01 € entstanden. Die Höhe eines etwaigen Schadensersatzanspruchs ist einer richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO zugänglich. Die Schätzgrundlage hat gleichwohl der Vermieter darzulegen, da es ihm obliegt, die materielle Berechtigung des von ihm beanspruchten Schadensumfangs vorzutragen (AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 21. August 2019 – 25 C 247/17). Die Anforderungen an die Darlegung sind an den Umständen des Einzelfalls auszurichten und nicht zu überspannen. Die Klägerin in keiner Weise zum Alter des Parketts sowie zu der Frage, wann diese zuletzt abgeschliffen wurde, vorgetragen. Sie kann sich nicht auf die Position zurückziehen, hierüber keine Kenntnis zu haben. Unaufklärbarkeiten hinsichtlich einer ausreichenden Schätzgrundlage für die richterliche Ermessensausübung nach § 287 ZPO gehen zu Lasten des Vermieters. Aus dem Vortrag der Klagepartei lässt sich jedenfalls schließen, dass das Parkett seit dem Jahr 2015 nicht erneuert und nicht abgeschliffen worden ist. Dies sowie die von der Klagepartei vorgelegten Fotos des Pakets zugrunde gelegt schätzt das Gericht einen etwaigen Schadensersatzanspruch auf nicht mehr als 500,00 €.
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4. Die Klägerin auch keinen Anspruch auf 2094,14 € aufgrund von Lackspuren an der Eingangstür. Bei den auf den vorgelegten Lichtbildern von der Wohnungstür Eingangstür ersichtlichen Absplitterungen handelt es sich aus Sicht des Gerichts um nicht unübliche Verschleißerscheinungen. Diese Ableitungen dürften vom allgemeinen Mietgebrauch gedeckt sein. Auch die Zeugin H2. sprach in ihrer Vernehmung von „kleineren Abplatzung“. Jedenfalls ergibt sich nicht im Ansatz eine Kongruenz zwischen diesen Abplatzungen und den umfangreichen Maßnahmen, welche in dem als Anlage K 8 vorgelegten Kostenvoranschlag aufgeführt werden. Es fehlt ein jeglicher Darlegung, weshalb diese umfangreichen Maßnahmen notwendig sein sollen. Im Übrigen wäre auch bezüglich der Eingangstür wieder ein Abzug neu für alt vorzunehmen.
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5. Hinsichtlich des von der Klagepartei geltend gemachten Anspruchs in Höhe von 1071,00 € aufgrund vermeintlich notwendig gewordener Ausbesserungsarbeiten an den Tapeten infolge der nach Behauptung der Klagepartei nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführten Schönheitsreparaturen durch die Beklagten greift die von der Beklagtnepartei erhobene Einrede der Verjährung durch. Den diesbezüglichen Anspruch hat die Klagepartei erst am 02.05.2022 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB geltend gemacht. Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 215 BGB berufen. Die ausnahmsweise nach § 215 BGB bestehende Möglichkeit der Aufrechnung mit einer verjährten Forderung ist der Klägerin verwehrt, weil die weitere Voraussetzung, nämlich dass der Ersatzanspruch der Klägerin in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem er erstmals aufgerechnet werden konnte, nicht erfüllt ist. § 215 BGB dispensiert nur von der Einrede der Verjährung; die sonstigen Voraussetzungen einer Aufrechnung müssten hingegen zu dem nach § 215 BGB maßgeblichen Zeitpunkt, also zu nicht verjährter Zeit, der nach Verjährungseintritt zur Aufrechnung gestellten Forderung vorgelegen haben. Erklärt der Vermieter gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache, so setzt dies voraus, dass sich die Ansprüche vor Eintritt der Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 548 Abs. 1 BGB aufrechenbar gegenüberstanden (§§ 215, 387 BGB). Wegen der erforderlichen Gleichartigkeit der Ansprüche muss somit vor Eintritt der Verjährung ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung bestanden haben. (KG Beschluss vom 2.12.2019 – 8 U 104/17, BeckRS 2019, 36788). Einen solchen hat die Klägerin hinsichtlich dieser Schadensposition jedoch nicht geltend gemacht. Der Einwand der Klagepartei, Verhandlungen zwischen den Parteien hätten eine etwaige Verjährung gehemmt, kann nicht durchgreifen. Aus dem von der Klagepartei vorgelegten Schriftverkehr ergibt sich keine tatsächliche Verhandlung hinsichtlich der hier gegenständlichen Schadensposition.
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Im Übrigen ist das Gericht nach den Aussagen Xiao Han, Xinyu Su und Yilu Ve auch davon überzeugt, dass die Beklagten die Wohnung fachmännisch haben streichen lassen. Die diesbezüglichen Zeugenaussagen waren stringent, in sich stimmig und damit glaubhaft. Im Ergebnis kommt es hierauf sowie auf die Frage der Notwendigkeit einer etwaigen weiteren Fristsetzung nicht an.
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6. Die Begründetheit der weiter geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 1.500,00 €, 650,00 € und 144,80 € erweisen sich nicht als streitentscheidend, so dass das Gericht hierüber nicht zu entscheiden braucht. Zuzüglich eines etwaigen Anspruchs aufgrund des mutmaßlich beschädigten Parkettbodens (wobei das Gericht die Frage, ob der Anspruch dem Grunde nach besteht, offengelassen hat) stünde der Klagepartei maximal ein Anspruch gegen die Beklagten in Höhe von 2.794,80 € zu. Dieser Anspruch wäre jedenfalls durch die im Schriftsatz vom 25.06.2022 durch die Beklagten erklärte (hilfsweise) Aufrechnung erloschen. Der Aufrechnung zugrunde liegende Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution in Höhe von 3.330,00 € ist jedenfalls auch fällig, da das Mietverhältnis seit mehr als zwei Jahren beendet ist.
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Mangels Anspruch in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
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Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
36
Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit und Streitwert Als unterlegene Partei trägt die Klägerin gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO. Der Streitwert entspricht der Höhe der gesamten Klageforderung.