Titel:
Erwerbsobliegenheit beim Ehegattenunterhalt bei krankheitsbedingten Einschränkungen
Normenkette:
BGB § 1361
Leitsätze:
1. Es ist nicht ersichtlich, dass bei einer umfangreichen Qualifikation im IT-Bereich keine Vollzeittätigkeit im IT-Bereich gefunden werden kann; im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung werden gerade im Arbeitskräfte gesucht. (Rn. 28 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Ehegatte ist nach Ablauf des Trennungsjahres zu einer angemessenen Vollzeitbeschäftigung verpflichtet. Eine Teilzeitbeschäftigung als Selbstständiger mit sehr geringen bis gar keinen Einkünften ist daher nicht ausreichend, um die Erwerbsobliegenheit zu erfüllen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Rahmen der Erwerbsobliegenheit besteht die Verpflichtung, Erkrankungen behandeln zu lassen; dem ist nicht genügt, wenn keine Therapie erfolgt ist und auch keine weitere Behandlungen dargetan sind (beispielsweise Behandlung beim Neurologen, Psychologen, Urologen oder Gastroenterologen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Trennungsunterhalt, Erwerbsobliegenheit, Erkrankung, Behandlung, Therapie, Selbstständigkeit, Gewinne, Vorstellung beim Arzt, IT-Bereich, Digitalisierung
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Beschluss vom 06.06.2024 – 2 UF 222/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 49084
Tenor
1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Entscheidungsgründe
1
Der Antragssteller macht gegen die Antragsgegnerin Ansprüche auf Trennungsunterhalt geltend. Bei den Beteiligten handelt sich um inzwischen geschiedene Ehegatten. Das gemeinsame Kind wohnt bei der Antragsgegnerin und wird durch diese betreut. Die Trennung erfolgte am ....2014.
2
Der Antragsteller bezog Einkünfte als Geschäftsführer der Ferner bezog er Einkünfte aus dem Gewinn der genannten GmbH. Die Antragsgegnerin bezog im Jahr 2015 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der in Höhe von 52.594,08 € brutto, mithin ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.724,57 €. Die Antragsgegnerin bewohnt die im Miteigentum der Beteiligten stehende Immobilie. Außerdem bezog sie Kapitaleinkünfte in Höhe von monatlich 13,65 € und einmal 5,82 €. Die Antragsgegnerin bedient monatlich zwei Altersvorsorgeverträge, einen bei der ... Lebensversicherung mit einem jährlichen Betrag in Höhe von 451,93 €, monatlich also 37,67 €, und eine private Altersvorsorge bei der D. mit monatlich 275,00 €. Als zusätzliche Altersvorsorge ist daher ein Betrag in Höhe von 175,31 € zu berücksichtigen. Das monatliche bereinigte Nettoeinkommen der Antragsgegnerin betrug im Jahr 2015 2.458,33 €, im Jahr 2016 2.728,87 €. Und im Jahr 2017 2655,19 €. Ab Dezember 2017 beträgt das bereinigte monatliche Nettoeinkommen 2.706,79 €. Der Antragsteller hat Abzugspositionen für ein Immobiliendarlehen bei der ... in Höhe von 273,38 €, für eine Eigentumswohnung in Österreich in Höhe von 198,33 € und für ein Darlehen beim Schwiegervater in Höhe von 102,00 €.
3
Der Antragssteller war bis zum Jahr 2009 im Angestelltenverhältnis tätig. Er erzielte hierbei nachfolgende Bruttojahreseinkommen:
Im Jahr 2002 in Höhe von 111.582,00 €.
Im Jahr 2003 in Höhe von 107.750,00 €.
Im Jahr 2004 in Höhe von 115.973,00 €.
Im Jahr 2005 in Höhe von 121.362,00 €.
Im Jahr 2006 in Höhe von 157.208,00 €.
Im Jahr 2007 in Höhe von 50.542,00 €.
Im Jahr 2008 in Höhe von 105.869,00 €.
Im Jahr 2009 in Höhe von 83.200,00 €.
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Am 30.10.2009 erlitt der Antragsteller einen Verkehrsunfall.
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Für das gemeinsame Kind zahlt der Antragssteller einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 292,00 €.
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Der Antragsteller trägt insbesondere vor, für die von der Antragsgegnerin bewohnte Immobilie sei ein Wohnwert in Höhe von 1750,00 € pro Monat zu veranschlagen und zusätzlich 90 € für Stellplatz und Garagen. Aufgrund mangelnder Nutzungsmöglichkeit der Garage belaufe sich der Wohnwert insgesamt auf zumindest 1800,00 €. Für Steuerrückerstattung sei monatlich ein Betrag in Höhe von 18,99 € bei der Antragsgegnerin anzunehmen.
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Im Jahr 2015 betrage sein zu berücksichtigendes bereinigtes monatliches unterhaltsrechtliches Einkommen 1169,34 €. Im Jahr 2016 betrage es 1.717,38 €. Von Januar bis einschließlich November 2017 betrage das unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen Einkommen des Antragstellers noch 746,97 €, im Dezember 2017 betrage es noch 125,81 €. Für die Zukunft seien keine Gewinne der GmbH mehr zu prognostizieren. In den Jahren 2005 – 2009 habe er sich umfassend für in Betracht kommende Stellen beworben, jedoch ohne Erfolg. Der Antragsteller weise eine sehr tiefe Spezialisierung auf, somit stände für seine Tätigkeit kein großer Arbeitgeberkreis zur Verfügung. Aufgrund seiner Verletzungen aus dem schweren Verkehrsunfall am 30.10.2009 sei der Antragsteller nicht der Lage, längere Zeit am Stück zu sitzen oder zu stehen. Die Beweglichkeit seines Rückens sei stark eingeschränkt, er leide häufig unter Schmerzen. Der Antragsteller sei daher aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr der Lage eine Vollzeittätigkeit auszuüben. Aufgrund der Verkehrsunfälle, der daraus resultierenden gesundheitlichen Einschränkungen und aufgrund der Arbeitsmarktlage, sei es ihm nicht mehr möglich gewesen mit Erfolg ein neues Angestelltenverhältnis einzugehen. Er habe sich nach Beendigung seines letzten Angestelltenverhältnisses und vor den beiden Unfällen immer wieder im Angestelltenverhältnis erfolglos beworben.
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Die schulmedizinischen Möglichkeiten hinsichtlich seines gesundheitlichen Zustandes seien ausgeschöpft.
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Es habe keine Gewalttätigkeiten gegeben, die handschriftliche Erklärung des Antragstellers sei nur abgegeben worden, da die Antragsgegnerin ihn in dieser Zeit massiv unter Druck gesetzt habe, eine entsprechende Erklärung abzugeben, als Druckmittel habe sie den gemeinsamen Sohn benutzt und mit Umgangseinschränkung gedroht und diese letztlich auch solange umgesetzt, bis der Umgang des Antragstellers mit dem gemeinsamen Kind gerichtlich entschieden worden sei. Mit der Zeugin W1. habe er eine kurze Affäre gehabt, er habe sich über einen Zeitraum von 1,5 Jahren immer mal wieder mit ihr getroffen, wobei es zu intimen Kontakten kam. Er habe ihr nur einmal bei Renovierungen geholfen. Er habe ihr gegenüber immer wieder klargestellt, dass sein Sohn das wichtigste sei und insofern seien die Treffen mit der Zeugin nur eine Affäre gewesen. Es handele sich nicht um einen Ausbruch einer aus einer zuvor intakten Ehe. Seit dem Unfall habe kein Geschlechtsverkehr mehr mit der Antragsgegnerin stattgefunden. Er habe der Zeugin keinerlei Versprechungen für die Zukunft gemacht. Er habe mit ihr keine eheähnliche Gemeinschaft und auf Dauer angelegte Beziehung gepflegt. Es sei immer mal wieder zu sporadischen Treffen gekommen. Die Beziehung mit der Antragsgegnerin sei nicht mehr intakt gewesen.
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Die Modelleisenbahnteile habe er bei Auktionen unter Wert gekauft. Auch das Hobby mit den Tieren der Antragsgegnerin habe erhebliches Geld gekostet. Er habe auch zum Familienunterhalt beigetragen.
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Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,
1. die Antragsgegnerin wird verpflichtet, ab dem 01.11.2018 einen monatlich im Voraus fälligen Trennungsunterhalt in Höhe von 2.384,00 €, bestehend aus Elementarunterhalt in Höhe von 1.853,00 € und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 531,00 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus ab jeweiliger Fälligkeit spätestens bis zum 3. Werktag eines jeden Monats an den Antragsteller zu zahlen.
2. Die Antragsgegnerin wird ferner verpflichtet, Ehegattentrennungsunterhaltsrückstände für den Zeitraum Juni 2015 bis einschließlich Oktober 2018 in Höhe von gesamt 80.782,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 33.852,00 € ab dem 29.03.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.612,00 € seit dem 01.04.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.612,00 € seit dem 01.05.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.612,00 € seit dem 01.06.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.612,00 € seit dem 01.07.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz als 1.612,00 € seit dem 01.08.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.612,00 € seit dem 01.09.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz aus 1.612,00 € seit dem 01.10.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.612,00 € seit dem 01.11.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384 € seit dem 01.12.2017 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384,00 € seit dem 01.01.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384 € seit dem 01.02.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384 € seit dem 01.03.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384 € seit dem 01.04.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384 € seit dem 01.05.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384,00 € seit dem 01.06.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384,00 € seit dem 01.07.2018 mit Zins in Höhe von 5%. Mit jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384,00 € seit dem 01.08.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384,00 € seit dem 01.09.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten mit jeweiligen Basiszinssatz aus 2.384 € seit dem 01.10.2018 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7.810,00 € seit Rechtshängigkeit des Antrages an den Antragsgegner zu zahlen.
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Hilfsweise hat der Antragsteller beantragt,
1. die Antragsgegnerin wird verpflichtet, rückständige Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Mai 2022 in Höhe von 80.141,40 € an den Antragsteller zu zahlen.
2. die Antragsgegnerin wird verpflichtet Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den aus dem Schriftsatz vom 19.05.2022 ersichtlichen Zeiträumen zu zahlen.
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Hilfsweise hat der Antragsteller beantragt,
den Hilfsantrag abzutrennen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
Antragsabweisung und Abweisung des Hilfsantrages.
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Die Antragsgegnerin trägt insbesondere vor, der Antragsteller wäre in der Lage in einer Angestelltentätigkeit in seinem ausgeübten Beruf ein Einkommen zu erzielen, das weit über dem der Antragsgegnerin läge und mit dem er in der Lage wäre, sich selbst unterhalten zu können. Er könne sich daher nicht auf seine geringen Einkünfte aus der erfolglosen selbständigen Tätigkeit berufen. Es bestünde die Obliegenheit des Antragstellers unter Ausnutzung seiner persönlichen Fähigkeiten eigene Einkünfte zu erzielen. Dem Antragsteller sei daher für die Ermittlung von Unterhaltsansprüchen ein fiktives Einkommen zuzurechnen, das er in einer Angestelltentätigkeit erzielen könnte. Ermittelt aus den von ihm in den Jahren 2002 – 2009 erzielten jährlichen Bruttoeinkünften entspreche dies einem möglichen Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 106.810 €. Der Unterhaltsanspruch sei auch aufgrund von Unbilligkeit verwirkt. Der Antragsteller sei im Verlauf der Ehe gegenüber der Antragsgegnerin wiederholt in massiver Art physisch und psychisch gewalttätig geworden.
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Die Übergriffe des Antragstellers hätten seit etwa Mitte 2010, nach Adoption des Kindes W. im ... 2010, stattgefunden, immer im häuslichen Umfeld ohne Zeugen mit Ausnahme des Kindes W.. Die Antragsgegnerin habe sich deswegen mehrmals in ärztlicher Behandlung befunden. Außerdem habe der Antragssteller die eheliche Treuepflicht gegenüber der Antragsgegnerin gröblich verletzt. Der Antragssteller habe seit dem Jahreswechsel 2012/2013 durchgängig eine langjährige, außereheliche und ehewidrige Beziehung unterhalten. Der Antragssteller habe sich gegenüber der Geliebten auch häufig äußerst negativ in Bezug auf die eigene Familie geäußert. Er habe die Antragsgegnerin als „Hexe“und deren Familie als „Drecksbagage“ bezeichnet. Außerdem habe der Antragsteller durch Verschwendungssucht eine Verletzung der Pflicht zum Familienunterhalt beizutragen bewirkt. Der Antragsteller habe es geschafft, über Jahre hinweg erfolgreich gegenüber der Antragsgegnerin seine umfangreichen Modelleisenbahnkäufe zu verschleiern. Es sei von einem Gesamtwert der Modelleisenbahn in Höhe von 208.916,80 € auszugehen. Diese Sammlung habe er aufgebaut in Zeiten, in denen er wiederholt arbeitslos gewesen sei. Nach den Unfällen und der wiederholten Arbeitslosigkeit sei der Antragsteller depressiv und aggressiv geworden, aber sie habe immer an der Ehe arbeiten wollen. Für sie sei erst Schluss gewesen, als sie von der Affäre erfahren habe. Ausgezogen sei sie wegen der Übergriffe Ende Oktober 2014, im Mai 2015 sei dann die Zeugin auf sie zugekommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben mittels Beweisbeschluss vom 13.11.2018 durch Vernehmung der Zeugin zur Behauptung des Antragstellers, er habe während der Ehe mit der Antragsgegnerin keine auf längere Dauer angelegte Beziehung der Zeugin unterhalten.
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Die Zeugenvernehmung erfolgte durch die damals zuständige Dezernatsrichterin, die nicht mehr der heute zuständigen erkennenden Richterin entspricht. Im Laufe des Verfahrens fand ein Dezernatswechsel statt.
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Das Gericht hat Beweis erhoben mit Beweisbeschluss vom 10.06.2022 zur Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen Dr. med, zur Arbeitsfähigkeit des Antragstellers.
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Im Übrigen wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Sachverständigengutachten vom 13.02.2023 und die Vermerke über die mündlichen Verhandlungen vollumfänglich verwiesen. Die Beteiligten haben einer Verwertung der Angaben der Beteiligten in den mündlichen Verhandlungen, wie diese protokolliert worden sind, durch die jetzt zuständige Richterin ausdrücklich zugestimmt.
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Eine Verwertung der Aussagen der Zeugin W1., die nicht vor der erkennenden Richterin stattgefunden hat, hat die Antragsgegnerseite vollumfänglich zugestimmt, die Antragstellerseite allerdings nur einer Teilverwertung hinsichtlich des Beweisthemas.
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Der Anspruch des Antragstellers auf Trennungsunterhalt beruht auf § 1361 Abs. 1 BGB. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Grundsätzlich errechnet sich ein Unterhaltsanspruch des Antragsgegners in nachfolgender Höhe.
Einkommen des Antragstellers
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Der Antragsteller hat im Jahr 2015 ein bereinigtes unterhaltsrechtliches Einkommen in Höhe von 1169,34 € erzielt, im Jahr 2016 in Höhe von 1.717,38 €, von Januar bis einschließlich November 2017 in Höhe von 746,97 € und im Dezember 2017 in Höhe von 125,81 €. Für die Zukunft ist von keinen Gewinnen der GmbH mehr auszugehen.
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Nach der Trennung der Eheleute hat der bedürftige Ehegatte gegen den leistungsfähigen einen Anspruch auf Unterhalt nach § 1361 BGB. Die Verantwortung der Eheleute füreinander gilt nach der Trennung fort, so dass von dem nicht oder nur teilweise erwerbstätigen Partner eine Wiederaufnahme oder Ausdehnung seiner Erwerbstätigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 1361 Abs. 2 BGB verlangt werden kann (NZFam 2020, 842, beck-online). Nach dem Ablauf des Trennungsjahres, vorliegend November 2015, nähern sich die Erwerbsobliegenheiten des getrenntlebenden denjenigen des geschiedenen Ehegatten an (NZFam 2020, 842, beck-online). Dementsprechend war der Antragssteller im 1. Jahr nach der Trennung nicht verpflichtet trotz der geringfügigen Einkünfte eine Änderung seiner Erwerbstätigkeit oder Ausdehnung vorzunehmen. Der Antragsteller wäre aber verpflichtet gewesen, das Trennungsjahr zur Neuorientierung zu nutzen (NZFam 2020, 842, beck-online).
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Der Antragssteller erzielt im Rahmen seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit im Vergleich zum vorherigen abhängigen Angestelltenverhältnis ein deutlich geringeres Einkommen, welches sich über die Jahre stetig verringert hat, so dass für die Zukunft schließlich von überhaupt keinem Einkommen mehr ausgegangen wird.
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Der Antragsteller ist allerdings zu einer angemessenen Vollzeitbeschäftigung verpflichtet. Die ausgeübte Teilzeitbeschäftigung im Rahmen der Selbstständigkeit mit sehr geringen bis gar keinen Einkünften ist daher nicht ausreichend, um die Erwerbsobliegenheit zu erfüllen.
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Bemühungen, dass der Antragsteller sich nach der Trennung in irgendeiner Form mittels Bewerbungen um eine Vollzeittätigkeit im Angestelltenverhältnis bemüht hätte oder versucht hätte sein Unternehmen neu zu organisieren, um wieder einen Gewinn zu erzielen, sind nicht dargetan. Der Antragsteller verweist nur darauf, dass er sich vor der Trennung beworben habe, wobei auch diesbezüglich keine Nachweise vorgelegt wurden. Der alleinige pauschale Hinweis, er könne aufgrund seiner speziellen Berufsausrichtung keine Arbeitgeber finden, reicht nicht aus, ohne dass zumindest irgendeine Bemühung dargetan wurde, dass dies tatsächlich der Fall ist. Weder alte noch neue Bewerbungsunterlagen liegen dem Gericht vor. Aus dem vorgelegten Lebenslauf ergibt sich eine umfangreiche Qualifikation im IT-Bereich.
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Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung werden aber gerade im IT-Bereich Arbeitskräfte gesucht. Dem Gericht erschließt sich nicht, warum durch den Antragsteller keine Angestelltentätigkeit mehr ausgeübt werden kann. Der Antragsteller kann sich nicht darauf zurückziehen, er sei selbstständig und der Betrieb erziele keine Einkünfte mehr. Der Antragsteller hätte sich nachhaltig um eine Vollzeittätigkeit und gegeben falls Neuorientierung bemühen müssen. Dies ist nicht erfolgt.
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Das Gericht geht davon aus, dass der Antragssteller in seinem zuvor ausgeübten Beruf auch in gesundheitlicher Hinsicht in Vollzeit tätig sein könnte. Aus dem in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen Dr. med. W2. vom 13. Februar 2023 ergibt sich, dass der Antragsteller aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen an der Wirbelsäule weiterhin in der Lage ist eine Vollzeittätigkeit mit leichter körperlicher Belastung, in wechselnder Körperhaltung oder überwiegend im Sitzen nachzugehen. Eine schwere Wirbelsäulenverletzung sei durch das Unfallereignis vom 30.10.2009 nicht verursacht worden. Eine quantitative Einschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich nicht nachweisen.
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Der Antragsteller macht im vorliegenden Verfahren starke gesundheitliche Beschwerden und Einschränkungen geltend, hat sich aber gleichzeitig weder in den letzten Jahren noch derzeit krankengymnastisch oder physiotherapeutisch oder psychologisch behandeln lassen. Er nimmt keine regelmäßigen Schmerzmittel ein und wurde auch nicht weiter therapeutisch vorstellig.
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Aus der Akte ergibt sich, dass der Antragsteller offensichtlich seit dem Jahr 2010 bis zu Beginn des Verfahrens 2018 keine Therapie durchgeführt hat. Es wurden keine Ärzte benannt, keine Therapien geschildert und aus dieser Zeit keine Befunde vorgelegt. Die Aussagekraft der ärztlichen Bescheinigung des zumindest den Eltern des Antragstellers privat bekannten Dr. med vom 24.01.2023 ist anzuzweifeln, da durch diesen eine offensichtliche Fehldiagnose gestellt wurde. So wurde durch diesen ein Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen diagnostiziert. Die Voraussetzung für ein Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen liegen bei dem Antragsteller aber eindeutig nicht vor. Dies ist für das Gericht sogar nach eigener Internetrecherche ersichtlich. Die Diagnose und die Voraussetzung für ein Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen wurden durch den Sachverständigen dargestellt, es wird deutlich, dass diese klar nicht vorliegen.
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Voraussetzungen wären unter anderem ein langjähriger Medikamentenmissbrauch auf Polytoxikomanie und mehrere Medikamentenentzugsbehandlungen, sowie mehr als drei Krankenhausaufenthalte mit schmerzbezogenen operativen Maßnahmen und Dauerschmerz ohne oder mit seltenen Intensitätswechseln. Insgesamt war das vorgelegte Attest nach Angaben des Sachverständigen zumindest auf orthopädischem Gebiet zu hinterfragen. Dem zu Folge ist auch die Aussage des Antragstellers anzuzweifeln, dass er austherapiert sei.
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Diesbezüglich bezieht es sich ebenfalls nur auf die Aussage des Dr .Die Angaben des Antragstellers es gäbe auch noch eine Zweitmeinung, wurden auf Nachfrage des Gerichts nicht weiter verifiziert, der Name des Arztes konnte nicht benannt werden.
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Dementsprechende Arztberichte wurden dem Sachverständigen oder dem Gericht im Rahmen der Begutachtung nicht vorgelegt. Nach eigenen Angaben bei dem Sachverständigen sei er das letzte Mal vor mehreren Jahren beim Arzt gewesen.
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Die Einholung eines weiteren ergänzenden Sachverständigengutachtens, welches durch die Antragstellerseite angeregt wurde, insbesondere zu der durch das Attest des Dr. … geschilderten chronischen Schmerzthematik mit psychischen und somatischen erheblichen Beeinträchtigungen, welche durch das rein orthopädisches Gutachten nicht abgeklärt werden konnten, hält das Gericht nicht für veranlasst. Das Attest des Dr. … erhält keine Angaben, welche Untersuchung durchgeführt wurden, welche Behandlungsmaßnahmen ergriffen wurden oder welche Medikamentation besteht. Atteste anderer Fachärzte hinsichtlich der nicht orthopädischen Probleme liegen nicht vor und wurden offenbar auch nicht konsultiert.
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Der Antragssteller hat sich in den letzten Jahren in keiner Therapie befunden, weitere Behandlungen wurden nicht dargetan. Der Antragssteller befand sich offensichtlich weder bei einem Neurologen, einem Psychologen, einem Urologen oder einem Gastroenterologen, wegen besonderer Beschwerden in Behandlung.
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Es obliegt nicht dem Gericht eventuelle Krankheiten des Antragstellers mittels eines Sachverständigengutachtens zunächst erst einmal aufzuklären. Vorab wäre ein schlüssiger Vortrag des Antragstellers notwendig gewesen, bei wem er sich wegen welcher Diagnose in Behandlung befunden hat und entsprechende Atteste vorzulegen. Da ein schlüssiger Vortrag zu den weiter vorgetragene Erkrankungen fehlt, wird diesbezüglich kein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt.
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Das Gericht geht daher davon aus, dass der Antragssteller in Vollzeit im Angestelltenverhältnis in seinem zuvor und im Rahmen seiner Selbständigkeit ausgeübten Berufs im Finanzsektor im IT-Bereich am Computer tätig sein kann. Der Antragssteller hat im Rahm im Rahmen seiner Angestelltentätigkeit bereits in den Jahren 2002 – 2009 durchschnittlich ca. 107.000 € brutto im Jahr verdient. Das Gericht geht davon aus, dass es dem Antragssteller bei entsprechenden Bemühungen, zu denen er im Rahmen der Eigenverantwortlichkeit nach Ablauf des Trennungsjahres, wie dargestellt, verpflichtet gewesen wäre, möglich gewesen wäre, im Rahmen einer Angestelltentätigkeit zumindest wieder ein Jahresgehalt in Höhe von ca. 107.000 € brutto in Vollzeit zu verdienen. Dem Antragsteller ist daher nach Ablauf des Trennungsjahres ein fiktives Jahresgehalt in Höhe von 107.000 brutto anzurechnen.
Einkommen der Antragsgegnerin
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Die bereinigten Einkünfte der Antragsgegnerin, jeweils ohne Berücksichtung des Wohnwertes, liegen bei 2.458,33 € im Jahr 2015. Im Jahr 2016 beträgt das unterhaltsrechtliche Einkommen 2.728,87 €. Im Jahr 2017 liegt das bereinigte monatliche Nettoeinkommen bei 2655,19 €. Ab Dezember 2017 beträgt das bereinigte monatliche Nettoeinkommen 2.706,79 €, welches mangels anderweitigen Vortrages auch für die weitere Zeit angenommen wird.
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Im Trennungsjahr ist lediglich vom subjektiven Wohnwert auszugehen, diesen schätzt das Gericht für eine Person mit Kind auf 600,00 €.
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Der objektive Wohnwert nach Ablauf des Trennungsjahres inklusive Garage wird durch das Gericht auf 1800,00 € geschätzt, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 287 Abs. 2 ZPO. Bei der Schätzung hat das Gericht das durch die Beteiligten eingeholte außergerichtliche Gutachten des Sachverständigen B.berücksichtigt und die Mietspiegel.
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Hieraus errechnet sich nachfolgender Unterhaltsanspruch:
Unterhalt Juni bis Oktober 2015 (Trennungsjahr)
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Im Trennungsjahr unter Berücksichtung der unstreitigen Einkommen und des subjektiven Wohnwertes errechnet sich grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.091,00 Euro.
Berechnung des Unterhalts
in Sachen wg. Unterhalt Trennung
Berechnungsstichtag . . . . . . . 01. 01. 2015
Name der Variante I: B._2015_01.VUO
gültig im Bezirk des OLG Bamberg,
erster Gültigkeitstag 01. 01. 2015, wie vom Verlag ausgeliefert
Namen der nur Unterhaltspflichtigen
Namen der (auch) unterhaltsberechtigten Partner
Namen des Kindes/der Kinder
Datum der Eheschließung ... 1997
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Der Unterhaltsanspruch beruht auf § 1361 BGB.
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Die Eheleute leben seit dem .... 2014 getrennt. Das Trennungsjahr ist noch nicht abgelaufen.
Bedarf und Leistungsfähigkeit
Name der Variante II: West_2015_01.VUZ
gültig in den alten Bundesländern und Berlin (West),
erster Gültigkeitstag 01. 01. 2015
Nettoeinkommen von … . . . . .1.169,34 Euro
Name der Variante II: West_2015_01.VUZ
gültig in den alten Bundesländern und Berlin (West),
erster Gültigkeitstag 01. 01. 2015
Nettoeinkommen von 2.458,33 Euro
davon aus Erwerbstätigkeit . . . 0,00 Euro
Naturaleinkommen (Wohnwert) . . . . . . .
insgesamt . . . . . . . . . . .
… erfüllt die Unterhaltspflicht durch Pflege und Erziehung.
… erhält das Kindergeld von 184,00 Euro
vorgegebener Unterhalt von … . . . . 292,00 Euro
Das Einkommen von … vermindert sich auf 877,00 Euro
dem Kind kommt zusätzlich zugute das hälftige Kindergeld von
… erhält zusätzlich das hälftige Kindergeld von 92,00 Euro
Berechnung des Kindesunterhalts
… schuldet … vorgegebenen Unterhalt von 0,00 Euro
… schuldet vorgegebenen Unterhalt von
Berechnung des Gatten/Partnerunterhalts
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Weil das Resteinkommen von geringer ist als das Erwerbseinkommen, wird daraus der Erwerbstätigenbonus berechnet.
Einkommen von … . . . . . . .
Erwerbstätigenbonus: 877*10% . . . . . . . –
Bonusbereinigtes prg. Einkommen von 789,00 Euro
Voller Unterhalt von …: (3058 + 789)/2 – 789 1.134,50 Euro
Kontrolle nach § 1581 BGB
Gesamteinkommen: 877. + 3058 . . . . . .
Kontrollquote: 3935*1200/(2*1200) 1.967,50 Euro
Unterhalt von nach Kontrollquote: 1968 – 877
Prüfung auf Leistungsfähigkeit
bleibt 3058 – 1091 = 1.967,00 Euro
Das Resteinkommen unterschreitet nicht den Ehegattenselbstbehalt von
davon Kindergeld . . . . . 92,00 Euro
dazu im Jahr 2015 unberücksichtigtes Kindergeld
. . . . . . . . . . 4,00 Euro … . . . . . . . . . .
davon Kindergeld . . . . . 92,00 Euro
insgesamt . . . . . . . . . . .
… zahlt an … . . . . . . . . . .
… zahlt an … . . . . . . . . . . .
insgesamt . . . . . . . . . . .
… zahlt an … . . . . . . . . .
davon Altersvorsorgeunterhalt 82,00 Euro
… zahlt an … . . . . . . . . . .
(Es folgt eine seitenlange Darstellung der Unterhaltsberechnung in Zeitstufen, die für die Versendung an den Verlag herausgenommen wurde !)
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Die nach Anrechnung des fiktiven Einkommens des Antragstellers noch verbleibenden Trennungsunterhaltsansprüche sind gemäß §§ 1361 Abs. 3,1579 BGB verwirkt.
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Nach Ansicht des Gerichts liegt ein einseitiges schwerwiegendes Fehlverhalten des Antragstellers gemäß § 1579 Nr. 7 BGB vor.
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Der Antragssteller hat mit der Zeugin ein ehebrecherisches Verhältnis geführt, welches nach Ansicht des Gerichts auch nachhaltig und auf Dauer angelegt war. Dies ergibt sich auch unabhängig von den Angaben der Zeugin, so dass das Gericht von einer erneuten Einvernahme der Zeugin abgesehen hat. Das Gericht hält dies aufgrund der unstreitigen Einlassungen für gegeben. Der Antragsteller hat eingeräumt mit der Zeugin über einen Zeitraum von 1,5 Jahren ein Verhältnis gehabt zu haben. Er hat ferner eingeräumt, dass es während dieses Verhältnisses zu mehrfachen intimen Kontakten gekommen ist.
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Unstreitig ist auch, dass es in diesem Zeitraum zu mehr oder weniger regelmäßigen Treffen kam und der Antragsteller der Zeugin zumindest einmal bei Umzug und Renovierung geholfen hat. Es wurde letztlich auch nicht widersprochen, dass die Zeugin ein bis zweimal im Haus des Antragstellers war, wobei dortigen intimen Kontakten widersprochen wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Beginns und des Bestehens des außerehelichen Verhältnisses bereits vom Antragssteller umfänglich abgewandt hatte. Ein einseitiges ehewidriges Verhalten bleibt auch in einer Ehekrise ein Fehlverhalten. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass sich ein Ehepartner üblicherweise nicht „einfach so“ aus einer mit allen Erwartungen auf Dauer angelegten eheliche Beziehung loslöst und sich einem anderen Partner hin wendet, sondern dass eine „Erosion der ehelichen Beziehung“ vorausgegangen ist. Wenige sexuelle intime Kontakte mögen in vielen langjährigen Ehen vorkommen, sprechen aber nicht zwingend dafür, dass sich ein Ehegatte tatsächlich aus der Ehe gelöst hat. Von der Antragsgegnerin wurde auch konkret angegeben, dass im Jahre im Sommer 2014 ein gemeinsamer Urlaub in T. stattfand, bei dem es Geschlechtsverkehr zwischen den Eheleuten gab. Diesen konkreten Angaben wurde nicht widersprochen. Mithin ist davon auszugehen, dass es noch zu Geschlechtsverkehr kam, als der Antragssteller bereits das außereheliche Verhältnis unterhielt. Es kann daher nicht angenommen werden, dass es über Jahre hin zu gar keinen sexuellen Kontakten zwischen den Beteiligten kam. Eine konkrete Darlegung, welche Aufforderungen auf sexuelle Kontakte es gegebenenfalls durch den Antragsteller gegeben hat, die durch die Antragsgegnerin abgelehnt wurden, sind auch nicht dargetan. Die Antragsgegnerin gibt an das mangelnde Sexualverhalten ginge auf die Depressivität und Aggressivität des Antragstellers zurück.
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Bei einem außerehelichen Verhältnis über ca. 1,5 Jahre, welches durch die Zeugin und nicht durch den Antragsteller beendet wurde, bei dem es zu regelmäßigen intimen Kontakten kam, handelt es sich um ein nachhaltiges auf längere Dauer angelegtes Verhältnis. Dies ist auch der Fall, wenn keine nichteheliche Lebensgemeinschaft begründet wird. Erschwerend kommt hier dazu, dass der Antragsteller die eheliche Lebensgemeinschaft beibehalten hat und die Beziehung verheimlicht hat. Auf die eheliche Solidität kann sich nicht berufen, wer sie selbst dem Verpflichteten nicht zuteilwerden lässt. Es handelt sich vorliegend nicht um eine kurzzeitige intime Beziehung, sondern um eine Beziehung von längerer Dauer. Das außereheliche Verhältnis mit der Zeugin ging eindeutig über eine flüchtige Augenblicksbeziehung hinaus (MüKoBGB/Maurer, 8. Aufl. 2019, BGB § 1579 Rn. 129, beckonline).
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Dazu kommt, dass das Gericht davon ausgeht, dass ein weiteres schwerwiegende einseitiges Fehlverhalten des Antragstellers darin liegt, dass davon auszugehen ist, dass es den Angaben der Antragsgegnerin entsprechend während der Ehezeit zu gewalttätigen Übergriffen und Beleidigungen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin gekommen ist. Das Gericht betrachtet die Angaben der Antragsgegnerin als glaubhaft, insbesondere durch die Vorlage des Briefes vom 23.07.2011 als Beweismittel durch die Antragsgegnerin. Der Brief stammt unbestritten von der Antragsgegnerin und die gemachten Anmerkungen unbestritten von dem Antragssteller. Die Antragsgegnerin führt in diesem Brief aus, der in einer vorübergehenden Trennungssituation geschrieben wurde, welche Änderungen sie sich für die Fortführung der Ehe wünscht und was passiert ist. Diesbezüglich führt sie insbesondere aus, Wutausbrüche mit unbeschreiblicher Lautstärke durch den Antragssteller, Handgreiflichkeiten, verbale Beleidigungen und Drohungen übelste Art gegen die Antragsgegnerin und ihre Familie, meist und zuletzt vor allem in Anwesenheit von W.. Alle vier Punkte wurden durch den Antragsteller abgehakt und es wurde durch ihn vermerkt “wird nicht mehr gemacht“ unterzeichnet W4.. In einem weiteren Punkt schreibt die Antragsgegnerin, „keine verbalen und körperlichen Angriffe mehr gegen mich und andere Familienmitglieder“, auch dieser Punkt wurde mit o.k. durch den Antragsteller vermerkt. Weiterhin schreibt sie „ernsthafter Wille zur dauerhaften Änderung deines Verhaltens, Umsetzung Deines ernsthaften Willens zur Änderung deines Verhaltens, heißt adäquates Benehmen und Handeln, Achtung der Würde meiner Person und der unseres Kindes. Dieses oberste Prinzip der Unantastbarkeit der Würde des Menschen gilt für jede Gemeinschaft, es ist unabdingbar und unverzichtbar“, auch diese Forderungen wurde mit o.k. bezeichnet und durch den Antragsteller abgehakt. Die Antragsgegnerin hat in diesen Brief ein Anti-Aggressions-Training des Antragsstellers angeregt.
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Aufgrund der Tatsache, dass die durch die Antragsgegnerin gemachten Vorwürfe offensichtlich in dem Schreiben durch den Antragssteller bestätigt wurden, sieht das Gericht die Angaben der Antragsgegnerin hinsichtlich der Gewaltvorwürfe und Beleidigungsvorwürfe in der Ehe als ausreichend nachgewiesen und damit glaubhaft an. Das Gericht geht davon aus, dass es auch nach der Weiterführung der Ehe nach der vorübergehenden Trennung weiterhin zu den von der Antragsgegnerin vorgetragenen Gewalthandlung und Beleidigungen kam. Ein Antiaggressionstraining oder eine andere Bearbeitung des Verhaltens durch den Antragssteller ist nicht ersichtlich. Die Einlassung, dass er den Brief unterzeichnet habe, weil die Antragsgegnerin ihn massiv, insbesondere wegen des Umgangs mit dem Kind, unter Druck gesetzt habe, sieht das Gericht als Schutzbehauptung an. Die Ehe wurde offensichtlich nach den Zusicherungen des Antragsstellers zunächst weitergeführt. Der Umstand, dass es 2015 im Rahmen der endgültigen Trennung zu einem Umgangsverfahren kam, steht offensichtlich schon aufgrund des zeitlichen Zeitabstandes nicht in Verbindung mit dem Brief. Auch mag dies nicht zwingend heißen, dass die Vorwürfe, so wie sie durch ihn abgehakt und bestätigt wurden, nicht der Wahrheit entsprechen, sondern vielmehr, dass er sich aufgrund des Drucks der Antragsgegnerin zumindest zunächst bereit erklärt hat, an diesen arbeiten wollen. Wobei sich die Verhaltensweisen des Antragstellers auch widerspiegeln, wenn er die Antragsgegnerin selbst in der mündlichen Verhandlung vor Gericht indirekt als „frigide Schabracke“ bezeichnet. Alles in allem sind die Angaben der Antragsgegnerin glaubhaft und es ist von einem weiteren schwerwiegenden Fehlverhalten des Antragstellers auszugehen.
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Das Gericht sieht es zumindest auch als bedenklich an, dass der Antragssteller im Rahmen der Gutachtenerstellung im laufenden Verfahren ein ärztliches Attest eines mit seiner Familie befreundeten Arztes vorgelegt hat, im welchem eine offensichtliche Fehldiagnose gestellt wurde, um seine Arbeitsunfähigkeit zu belegen.
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Eine weiteres Eingehung auf eine mögliche Verschwendungssucht durch den Antragsteller und eine hierdurch bewirkte Verletzung der Pflicht zum Familienunterhalt beizutragen, erübrigt sich und ist auch nicht zweifelsfrei feststellbar, da nicht fest steht, zu welchem Preis die Modelleisenbahnteile tatsächlich gekauft und wie diese finanziert wurden.
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Vorliegend stellt sich die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin zur Unterhaltszahlung als grob unbillig dar. Das einseitige schwerwiegende Fehlverhalten des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin wurde dargestellt. Darüber hinaus übernimmt die Antragsgegnerin die Versorgung und Betreuung des minderjährigen Kindes, wobei der Antragssteller noch nicht einmal den Mindestunterhalt zahlt.
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Der Antragsteller wäre bei nachhaltigen Bemühungen auch in der Lage ein Bruttojahresgehalt in Höhe von ca. 107.000 € zu erzielen, und damit in der Lage im Rahmen der Eigenverantwortung seinen Mindestbedarf aus den eigenen Einkünften deutlich zu decken. Insbesondere stellt sich der nach dem Trennungsjahr verbleibende Unterhaltsanspruch in Höhe von ca. 370,00 € im Vergleich zum möglichen erzielbaren Einkommen des Antragstellers nicht als sehr wesentlich dar. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Abwägung auch, dass zumindest von zwei verschiedenen schwerwiegenden Fehlverhalten auszugehen ist.
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Dagegen verkennt das Gericht nicht, dass eine nicht unerhebliche Ehedauer vorliegt.
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Allerdings ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, von einer vollständigen Verwirkung der Unterhaltsansprüche auszugehen, die nach Zurechnung des fiktiven Einkommens noch verbleiben.
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Der Hauptantrag war daher zurückzuweisen.
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Der Hilfsantrag war abzutrennen. Der Hilfsantrag ist im vorliegenden Verfahren unzulässig. Ein Hilfsantrag ist nur zulässig, wenn für Hauptantrag und Hilfsantrag die gleichen Verfahrensordnungen gelten, § 260 ZPO. Für sämtliche (auch nur hilfsweise) verbundenen Ansprüche muss nicht nur diese Verfahrensart zulässig sein, sondern sie müssen in dieser auch erhoben werden. Es soll die Verbindung von Verfahren mit derart gravierenden Unterschieden verhindert werden, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung nicht oder nur schwierig möglich ist (BGH NJW 02, 751, 753). Vorliegend handelt es sich bei dem Trennungsunterhaltsverfahren um eine Familienstreitsache (§ 112 Nr. 1 FamFG) für die sinngemäß die Verfahrensvorschriften der Zivilprozessordnung gelten. Bei dem Verlangen auf Nutzungsvergütung für die Trennungszeit gem. § 1361b Abs. 3 S.2 BGB handelt es sich demgegenüber um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gem. § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Bei Familienstreitsachen und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt es sich unterschiedliche Verfahrensmaxime, eine Verbindung der Verfahren hält das Gericht daher nicht für sachdienlich gem. § 20 FamFG.
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Der Antrag war jedoch nicht als unzulässig zurückzuweisen, sondern abzutrennen (FamRZ 2020, 239 ff)
Kosten und Nebenentscheidungen
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 Satz 1 und 2 Nr. 1 FamFG. Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenentscheidung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Vorliegend ist hierbei insbesondere das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen.die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin würde sich deine an sich des Gerichts als grob unbillig ja erweisen.