Titel:
Klage einer Umweltvereinigung gegen Planfeststellungbeschluss für Neubau einer Ortsumgehung
Normenketten:
VwGO § 67 Abs. 4
FStrG § 17 Abs. 1 S. 4, § 17d S. 1, § 17e Abs. 5
VwVfG § 75 Abs. 1a S. 2, § 76 Abs. 2
UVPG 2010 § 9 Abs. 1 S. 4
WHG § 27, § 47
WRRL Art. 4
AEG § 23
KSG § 13
Leitsätze:
1. Die Planfeststellungsbehörde hat im Planergänzungsverfahren eine Öffentlichkeitsbeteiligung nur im Hinblick auf alle gegenüber der ursprünglichen Beteiligung geänderten, ergänzten oder neu erstellten Planunterlagen, durchzuführen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Frage, wie dem Auftrag aus Art. 20a GG Rechnung getragen werden soll, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur Vereinbarkeit eines Planfeststellungsbeschlusses mit artenschutzrechtlichen Vorgaben, mit Vorgaben des Gebietsschutzes sowie naturschutzfachlichen und wasserrechtlichen Vorgaben. (Rn. 48, 83, 93 und 102) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Auswahl unter verschiedenen, ernstlich in Betracht kommenden Ausführungsvarianten eines Vorhabens ist ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. (Rn. 157) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellungsbeschluss für die Ortsumfahrung, Dinkelbühl (B 25), Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss, Klage einer Umweltvereinigung, Öffentlichkeitsbeteiligung, Materielle Präklusion, Planrechtfertigung, Wasserrechtliches Verschlechterungsverbot, FFH-Vorprüfung, Alternativenprüfung, Planungshindernis bei Überplanung einer Bahnanlage, Berücksichtigung des globalen Klimaschutzes
Fundstelle:
BeckRS 2023, 48887
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger, eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungbeschluss der Regierung von Mittelfranken vom 28. Februar 2019 mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung für den Neubau der Ortsumgehung Dinkelsbühl im Zuge der Bundesstraße 25 (B 25) im Gebiet der Stadt Dinkelsbühl in Gestalt des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020.
2
Mit dem planfestgestellten Vorhaben wird die B 25 aus dem innenstädtischen Bereich der Stadt Dinkelsbühl auf einer Länge von rund 3,4 km nach Osten verlegt. Die Ortsumgehungstrasse beginnt nördlich von Dinkelsbühl auf Höhe der Einmündung der aus westlicher Richtung ankommenden Staats straße 2218 in die B 25. Sie verläuft sodann in östliche Richtung, kreuzt die Gemeindeverbindungsstraße Dinkelsbühl – Dürrwangen, schwenkt sodann in südöstliche Richtung ab und kreuzt im Bereich der „Wilhelmshöhe“ die Staats straße 2220. Im weiteren Verlauf orientiert sich die Trasse der Ortsumgehung am Rand des „Mutschachwaldes“ bis sie nach einer Kleingartensiedlung am Waldrand in Richtung Süden abschwenkt und schließlich auf die nach Wassertrüdingen führende Staat straße 2218 trifft. Ab dem Zusammentreffen mit der Staats straße verläuft die Ortsumgehung auf deren Trasse in südwestliche Richtung, bis sie schließlich in den schon vorhandenen Kreisverkehr südlich von Dinkelsbühl im Zuge der B 25 trifft und dort endet.
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Mit Schreiben vom 29. August 2014 beantragte das Staatliche Bauamt A. als Vorhabenträgerin für die Bundesrepublik Deutschland die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für dieses Vorhaben. Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 12. Januar 2015 bis zum 11. Februar 2015 aus. Aus Anlass von Einwendungen und weiteren Erkenntnissen hat der Vorhabenträger die Planunterlagen geändert. Die geänderten Unterlagen lagen in der Zeit vom 18. Juni 2018 bis 17. Juli 2018 öffentlich aus. Die Klagepartei hat im Verwaltungsverfahren Einwendungen erhoben. Am 28. Februar 2019 stellte die Regierung von Mittelfranken den Plan fest. Die öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses erfolgte am 19. März 2019 im Mittelfränkischen Amtsblatt. Der Planfeststellungsbeschluss lag vom 27. März 2019 bis zum 9. April 2019 aus.
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Am 20. August 2020 wurde ein Planergänzungsverfahren eingeleitet. Dieses betraf insbesondere die Erstellung einer allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung nach dem UVPG a.F., Ergänzungen der Ausführungen in den Planunterlagen zur Trassenwahl unter Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen und die Vorlage eines neuen wasserrechtlichen Fachbeitrags zur Prüfung von Vorhabenswirkungen, die die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie beeinträchtigen können. Die geänderten Planunterlagen lagen im Zeitraum vom 8. September 2020 bis 7. Oktober 2020 öffentlich aus. Der Kläger hat auch im Ergänzungsverfahren Einwendungen erhoben. Der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss wurde am 30. November 2020 erlassen und am 15. Dezember 2020 im Mittelfränkischen Amtsblatt öffentlich bekannt gemacht. Die Auslegung erfolgte vom 17. Dezember 2020 bis 30. Dezember 2020.
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Der Kläger hat gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Februar 2019 am 9. Mai 2019 Klage erhoben. Mit Schreiben vom 14. Januar 2021 hat er den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss vom 30. November 2020 in das Verfahren einbezogen. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechs. In formeller Hinsicht macht er im Wesentlichen Fehler bei der Auslegung von Planunterlagen im Planergänzungsverfahren sowie inhaltliche Unrichtigkeiten der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung nach § 6 Abs. 3 UVPG a.F. geltend. In materieller Hinsicht rügt er Verstöße in vielfacher Hinsicht gegen gebiets- und artenschutzrechtliche Bestimmungen sowie gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot in Bezug auf den Oberflächenwasserkörper „Wörnitz bis Oberaumühle“ (DE_RW_DEBY_1_F093) und den Grundwasserkörper „Sandsteinkeuper-Dinkelsbühl“ (DE_GB_DEBY_1_G032). Bei der Alternativenprüfung seien die Umweltauswirkungen der einzelnen Trassen unzureichend abgewogen worden. Es dränge sich eine der innerörtlichen, bahnparallelen Varianten auf. Die Belange des globalen Klimaschutzes seien in rechtswidriger Weise überhaupt nicht berücksichtigt worden.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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1. den Planfeststellungsbeschluss mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung des Beklagten vom 28. Februar 2019 (RMF-SG32-4354-2-7) für den Neubau der Ortsumgehung Dinkelsbühl im Zuge der Bundesstraße 25 (Bundesautobahn A 6 /Anschlussstelle Feuchtwangen-Nord – Nördlingen) von Abschnitt 220, Station 5, 140 der Bundesstraße 25 bis Abschnitt 160, Station 0,000 der Staats straße 2218 (Dinkelsbühl – Wassertrüdingen) im Gebiet der Stadt Dinkelsbühl geändert und ergänzt durch den Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 30. November 2020 aufzuheben.
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2. den Planfeststellungsbeschluss mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung des Beklagten vom 28. Februar 2019 (RMF-SG32-4354-2-7) für den Neubau der Ortsumgehung Dinkelsbühl im Zuge der Bundesstraße 25 (Bundesautobahn A 6 /Anschlussstelle Feuchtwangen-Nord – Nördlingen) von Abschnitt 220, Station 5, 140 der Bundesstraße 25 bis Abschnitt 160, Station 0,000 der Staats straße 2218 (Dinkelsbühl – Wassertrüdingen) im Gebiet der Stadt Dinkelsbühl geändert und ergänzt durch den Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 30. November 2020 für rechtswidrig zu erklären und außer Vollzug zu setzen.
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Der Beklagte beantragt,
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Er tritt der Klage entgegen und legt im Einzelnen dar, dass die Planung des Straßenbauvorhabens in der Fassung des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 rechtmäßig sei. Die geltend gemachten formellen Fehler lägen nicht vor. Mit der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung hätten nicht erneut alle Planunterlagen ausgelegt werden müssen. Die vom Kläger geforderten Verweise auf die Planunterlagen müsste die Zusammenfassung nicht enthalten. Materielle Fehler lägen ebenfalls nicht vor. Die Klagebegründung beschränke sich insbesondere im Hinblick auf die artenschutzrechtliche Prüfung in weiten Teilen auf die Wiedergabe von im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen bzw. von gutachterlichen Stellungnahmen. Dies genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagebegründung. Die von der Klagepartei insbesondere kritisierte Alternativenprüfung sei ordnungsgemäß erfolgt. Die vom Kläger bevorzugte Trasse konnte bereits in der Grobprüfung ausgeschieden werden, weil ihr ein Planungshindernis entgegenstehe. Ihrer Realisierung auf Grundstücken der Deutschen Bahn AG stehe entgegen, dass es sich um gewidmetes Bahnbetriebsgelände handle. Der globale Klimaschutz sei kein Belang der Abwägung gewesen, weil das Klimaschutzgesetz erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in Kraft getreten sei und sich aus Art. 20a GG keine konkreten Anforderungen ableiten ließen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Behördenakten der Regierung von Mittelfranken, das Sitzungsprotokoll über die mündliche Verhandlung am 8. Dezember 2023 und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Anfechtungsklage ist zulässig. Der Kläger ist gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger kann weder die Aufhebung noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Februar 2019 in Gestalt des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 verlangen; denn der Planfeststellungsbeschluss weist weder formelle noch materielle Fehler auf (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG).
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I. Der Kläger hat als anerkannte Umweltvereinigung einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung im Umfang nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, jedoch keinen Anspruch auf eine umfassende Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses.
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Umweltvereinigung zwar nicht nur spezifische Umweltrisiken der Planvarianten rügen, sondern auch sonstige Defizite der angegriffenen Planung insoweit geltend machen, als ihre diesbezüglichen Argumente mittelbar für die von ihr bevorzugte, aus ihrer Sicht umweltschonendere Variante sprechen (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 – BVerwGE 160, 78 = juris Rn. 10; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 38). Indes umfasst das Verbandsklagerecht grundsätzlich nicht die Befugnis, sich zum Sachwalter von Rechten zu machen, die nach der Rechtsordnung bestimmten anderen Rechtsinhabern zur eigenverantwortlichen, ausschließlichen Wahrnehmung und Konkretisierung zugewiesen sind (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 39).
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2. Der gerichtlichen Prüfung sind zudem nur diejenigen Einwände zugrunde zu legen, die der Kläger unter Beachtung der Frist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG in der hier maßgeblichen, bis zum 28. Dezember 2023 geltenden Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2237; inzwischen seit 29.12.2023: § 17e Abs. 3 FStrG [BGBl. 2023 I Nr. 409]) vorgebracht hat, soweit nicht die Voraussetzungen des § 17e Abs. 5 Satz 2 bis 4 FStrG erfüllt sind. Der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss vom 30. November 2020 durchbricht die eingetretene materielle Präklusion nur, soweit er eine eigenständige Regelung trifft. Im Übrigen wirkt diese fort.
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Gem. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG hat der Kläger innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Die Klagepartei hat am Donnerstag, den 9. Mai 2019, Klage erhoben (vgl. § 81 Abs. 1 VwGO). Die Frist endete folglich am Donnerstag, den 18. Juli 2019 (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Mit Erlass des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 begann die materielle Präklusionsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG nicht erneut. Zwar verschmelzen der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 14; U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 19; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = BeckRS 2019, 24602 Rn. 14). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten neu eröffnet werden (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2004 – 9 VR 3.04 – DVBl 2005, 194 = juris Rn. 11 f. zu § 76 VwVfG; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 30 f. zu § 75 Abs. 1a VwVfG; BayVGH, U.v. 20.7.2023 – 8 A 20.40020 – juris Rn. 48). Die Präklusion hat materiell-rechtliche Wirkungen; sie beseitigt die betreffende Rechtsposition des Klägers und tritt ungeachtet des Erlasses einer gerichtlichen Entscheidung ein (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 31). Der auf Klägerseite eingetretene Rechtsverlust endet nur in dem Umfang, in dem die Planfeststellungsbehörde das Verwaltungsverfahren wieder aufgreift und mit einem Planergänzungsbeschluss abschließt. Nach Maßgabe der sachlichen Reichweite des Planergänzungsverfahrens kann der Kläger neue Einwendungen vorbringen (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 31; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 97; U.v. 21.3.2023 – 4 A 9.21 – juris Rn. 30).
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Vorliegend konnte damit der Kläger im Rahmen der Reichweite des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses zwar grundsätzlich auch nach Ablauf der Klagebegründungsfrist nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG Einwendungen im gerichtlichen Verfahren erheben. Allein die Vorlage der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG in der hier geltenden Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94) zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2016 (BGBl I S. 2749; vgl. § 74 Abs. 2 Nr. 2 UVPG; im Folgenden: UVPG 2010) führt, auch wenn sie erstmals im Planergänzungsverfahren erfolgt ist, entgegen der Auffassung des Klägers (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 3) jedoch nicht dazu, dass er zu allen in der Zusammenfassung in Bezug genommenen Planunterlagen erneut inhaltlich umfassend Einwendungen geltend machen könnte. Die allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung fasst die Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG 2010 in einer in Sprache und Form für den gebildeten Laien verständlichen Darstellung lediglich zusammen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 86). Die Planfeststellungsbehörde greift damit das Verwaltungsverfahren nur im Hinblick auf die Erstellung der Zusammenfassung erneut auf, nicht jedoch im Hinblick auf die darin in Bezug genommenen Planunterlagen bzw. Themenkomplexe, so dass insoweit die Präklusion fortwirkt. Inhaltlich hat die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planergänzungsverfahrens insbesondere die Themenkomplexe des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots und Verbesserungsgebots nach § 27 WHG und § 47 WHG für den Oberflächenwasserkörper „Wörnitz bis Oberaumühle“ (DE_RW_DEBY_1_F093) und den Grundwasserkörper „Sandsteinkeuper-Dinkelsbühl“ (DE_GB_DEBY_1_G032) sowie den Gebietsschutz nach § 34 BNatSchG für das FFH-Gebiet DE7029371 „Wörnitztal“ und das Europäische Vogelschutzgebiet DE 7130471 „Nördlinger Ries und Wörnitztal“ erneut aufgegriffen, so dass nur die insoweit bereits eingetretene Präklusion endete und der Kläger nur hiergegen neue Einwendungen im gerichtlichen Verfahren erheben konnte.
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II. Verfahrensfehler liegen weder hinsichtlich des Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Februar 2019 noch im Hinblick auf den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss vom 30. November 2020 vor.
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1. Der Einwand, den ausgelegten Planunterlagen sei keine Umweltverträglichkeitsstudie zugrunde gelegen, übersieht, dass eine solche im Jahr 2008 erstellt worden ist (vgl. digitale BA, Teil 1, Bl. 30 ff.).
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2. Die Planfeststellungsbehörde war nicht verpflichtet, sämtliche Planunterlagen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung des Planergänzungsverfahrens nochmals auszulegen. Die Forderung des Klägers, dass zusammen mit der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung sämtliche Planunterlagen erneut hätten öffentlich ausgelegt werden müssen, weil die Angaben in der Zusammenfassung nicht anhand der Planunterlagen vertieft hätten werden können, Sinn und Zweck der Zusammenfassung aber sei, dass die Betroffenen die wichtigsten Stellen in den Planunterlagen finden könnten (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 3), findet im Gesetz keine Stütze.
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a) Die vorliegend in der Zeit vom 8. September bis 7.Oktober 2020 erfolgte Öffentlichkeitsbeteiligung genügt den Anforderungen des § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG 2010. Nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG 2010 muss die Öffentlichkeit dann erneut beteiligt werden, wenn nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe eine neue oder eine über die bisherige Untersuchung wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in neuen entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens findet (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 34; U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 54). Dementsprechend hat die Planfeststellungsbehörde im Planergänzungsverfahren eine Öffentlichkeitsbeteiligung nur im Hinblick auf alle gegenüber der ursprünglichen Beteiligung geänderten, ergänzten oder neuer erstellten Planunterlagen, insbesondere im Hinblick auf den neu erstellten wasserrechtlichen Fachbeitrag, durchgeführt (vgl. PÄEB S. 10; digitale BA, Teil 1, Bl. 672). Damit hat es sein Bewenden. Eine weitergehende Pflicht zur nochmaligen Auslegung aller, auch der bereits ausgelegten Planunterlagen fordert § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG 2010 grundsätzlich nicht (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 54; Wagner in Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, § 9 Rn. 42; siehe jetzt § 22 Abs. 1 UVPG). Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 UVPG 2010 ist es, durch die Einbeziehung von Meinungsäußerungen und Bedenken der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen den behördlichen Entscheidungsprozess besser und transparenter zu gestalten (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 34; U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 28). Genügt die ursprüngliche Öffentlichkeitsbeteiligung diesen Anforderungen, so ist eine erneute Auslegung aller Planunterlagen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung des Planergänzungsverfahrens nicht erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 34; U.v. 27.7.2021 – 4 A 14.19 – BVerwGE 173, 132 = juris Rn. 21; jetzt § 22 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Dass die beiden Öffentlichkeitsbeteiligungen vom 12. Januar bis 11. Februar 2015 und vom 18. Juni bis 17. Juli 2018 vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am 28. Februar 2019 diesen Zweck in Bezug auf die unverändert gebliebenen Unterlagen nicht bereits erfüllt hätten, weil die damals ausgelegten Unterlagen keine hinreichende Anstoßwirkung entfaltet hätten, hat der Kläger nicht geltend gemacht.
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b) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine Pflicht zu einer erneuten, alle Planunterlagen umfassenden öffentliche Auslegung im ergänzenden Verfahren auch nicht aus Art. 5 Abs. 1, Abs. 3 Buchstabe e der RL 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 L 26, S. 1; im Folgenden: UVP-RL) und Anhang IV, Nr. 6 zur UVP-RL. Denn die Vorschriften regeln nicht die Öffentlichkeitsbeteiligung, sondern sollen sicherstellen, dass der Projektträger die in den Vorschriften genannten Angaben und Unterlagen in geeigneter Form der zuständigen Behörde vorlegt. Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird in Art. 6 UVP-RL geregelt. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angeregte Vorlage seiner beiden Fragen zur Auslegung des Art. 5 Abs. 1 Buchstabe e UVP-RL zum EuGH gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2023, S. 5).
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c) Eine umfassende Auslegungspflicht ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus dem Sinn und Zweck der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG 2010. Sinn und Zweck der Zusammenfassung ist es nicht, dass man die dortigen Angaben mit den Planunterlagen vergleichen kann, sondern dass sich die Öffentlichkeit und Rechtsbetroffenen ein zutreffendes und lückenloses Bild von den Umweltauswirkungen des Vorhabens machen können (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG 2010; BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 86). Dies setzt weder eine vollständige Wiedergabe aller Unterlagen noch die Ermöglichung einer umfassenden Prüfung und Bewertung des Vorhabens voraus. Vielmehr genügt es, wenn eine hinreichende Anstoßwirkung für die betroffene Öffentlichkeit gegeben ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.2016 – 9 A 18.15 – BVerwGE 156, 215 = juris Rn. 20 f.; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 86). Hierfür reicht die Auslegung der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung (Anlage 1 zur Unterlage 1 TÄ) insbesondere zusammen mit dem nochmals öffentlich ausgelegten Erläuterungsbericht (Unterlage 1 TÄ) vorliegend aus.
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3. Ein formeller Fehler liegt auch nicht darin, dass die allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung die vom Kläger für erforderlich gehaltenen Verweisungen auf die übrigen Planunterlagen nicht enthält (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 2 f.). Eine solche inhaltliche Anforderung ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem eben dargestellten Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG 2010. Um sich ein zutreffendes Bild von den vom Vorhaben ausgehenden Umweltauswirkungen machen zu können, sind Verweisungen auf die Planunterlagen nicht erforderlich. Entscheidend hierfür ist vielmehr, dass die Zusammenfassung eine in Sprache und Form verständliche Darstellung enthält und sich der Inhalt einzelner Ausführungen ggf. im Zusammenhang mit der gesamten Zusammenfassung erschließen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 86). Unabhängig davon enthält die hier vorliegende Zusammenfassung Verweisungen auf die Planunterlagen (vgl. Anlage 1 zur Unterlage 1 TÄ, S. 10, 11, 13 und 17).
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4. Soweit der Kläger geltend macht, dass die Planunterlagen hinsichtlich der Alternativenprüfung nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Nr. 5 UVPG 2010 bzw. Art. 5 Abs. 3 Buchstabe d UVP-RL genügten, weil Angaben zu Umweltauswirkungen zu anderen als der beantragten Trassenalternative im Hinblick auf den Flächenverbrauch und die Zerschneidungswirkung fehlten (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 6 f.), hat sich der Einwand durch den Erlass des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 erledigt. Im Rahmen des Planergänzungsverfahrens wurden sowohl im Erläuterungsbericht (vgl. Unterlage 1 TÄ, S. 27-41) als auch in der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung (vgl. Anlage 1 zu Unterlage 1 TÄ, S. 13-16) die Angaben bezüglich der anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und die wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen präzisiert und ergänzt. Gegen diese Ergänzungen hat der Kläger keine weiteren Einwendungen mehr vorgebracht.
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5. Zu Unrecht bemängelt der Kläger, dass seine inhaltlichen Einwendungen in seinem im Rahmen des Planergänzungsverfahrens erstellten Schreiben vom 21. Oktober 2020 (vgl. digitale BA, erg_Verfahren_anonym, Bl. 706 ff.) zur bahnparallelen Trasse, zur Verkehrsprognose, zum unzureichenden Schutz des Dunklen Wiesenknopf Ameisenbläulings, zur Funktionslosigkeit der angeordneten Schutzmaßnahmen für die Amphibien und zur Bepflanzung der Brücke auf der Mutschachallee mit großkronigen Laubbaumhochstämmen nicht berücksichtigt worden seien (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 5 f.; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 2). Denn die Planfeststellungsbehörde hat im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (Art. 24 BayVwVfG) die erhobenen Einwendungen geprüft und insoweit auf die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss verwiesen bzw. die Ausführungen ergänzt (vgl. PÄEB S. 13 f.). Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob und inwieweit die Planfeststellungsbehörde auf Grund des Einwendungsausschlusses nach § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG 2010 i.V.m. Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG überhaupt verpflichtet war, den Einwendungen des Klägers nachzugehen, weil sie nicht Thematiken des Planergänzungsverfahrens betrafen, sondern Themen des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 31; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 28; BT-Drs. 18/9526 S. 47; vgl. jetzt § 21 Abs. 4 UVPG).
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6. Die an der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung geübte Kritik ist ebenfalls unbegründet. Ihre Durchführung ist nicht deshalb unzureichend, weil Aspekte des Klimawandels und globalen Klimaschutzes in Gestalt der vom Betrieb der Straße verursachten klimaschädlichen Treibhausgase nicht berücksichtigt wurden (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 61; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 19). Maßgebend für das Planfeststellungsverfahren war hier das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der vor dem 16. Mai 2017 geltenden Fassung (vgl. § 74 Abs. 2 Nr. 2 UVPG; Rn. 21), so dass die aktuelle Regelung, nach der auch das Makroklima zum Gegenstand der Prüfung gehört (vgl. Anlage 4 Nr. 4 Buchst. b und Buchst. c Doppelbuchst. gg UVPG), keine Anwendung findet. Im Rahmen der hier maßgeblichen Fassung des UVPG ist der Begriff des Klimas in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG 2010 eng im Sinne des standortbezogenen lokalen Klimas zu verstehen (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 = juris Rn. 20; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 65 f.).
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III. Der Planfeststellungsbeschluss vom 28. Februar 2019 in Gestalt des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 leidet nicht an materiellen Fehlern.
33
1. Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am 28. Februar 2019 (stRspr BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 21; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14).
34
Wird danach wie im vorliegenden Fall ein ergänzendes Verfahren (vgl. PÄEB, S. 9) durchgeführt mit der Folge, dass der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen bzw. Ergänzungen zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungs- und Ergänzungsbeschluss erreichten Gestalt verschmelzen, bedarf es einer differenzierenden Betrachtungsweise (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 34). Der Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses hängt maßgeblich von der Zielrichtung des Planergänzungsverfahrens ab. Beschränkt sich dieses darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung vornimmt; dann ist insoweit der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 = juris Rn. 29; B.v. 20.3.2018 – 9 B 43.16 – DVBl 2018, 1361 = juris Rn. 23; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 34). Neben Mängeln bei der Abwägung können im ergänzenden Verfahren nach Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG auch Verstöße gegen Vorschriften des strikten Rechts geheilt werden (vgl. BVerwG, U.v. 1.4.2004 – 4 C 2.03 – BVerwGE 120, 276 = juris Rn. 28; B.v. 27.1.2022 – 9 B 36.21 – juris Rn. 4). „Punktuell“ nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts meint, dass es sich bei dem zu heilenden Fehler um einen abgrenzbaren, von anderen Teilen unabhängigen Teil handelt und dieser nicht die Planung als Ganzes in Frage stellt, sodass ein neues Planfeststellungsverfahren erforderlich würde (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2022 – 8 A 20.40019 – juris Rn. 36).
35
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei den Planänderungen und -ergänzungen vom 30. November 2020 um die Heilung nur „punktueller“ Fehler, sodass es beim Erlass des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Februar 2019 als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bleibt. Die Planfeststellungsbehörde hat ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren nicht auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse gestützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung des Vorhabens vorgenommen. In Bezug auf den im ergänzenden Verfahren vorgelegten wasserrechtlichen Fachbeitrag (Unterlage 13.5 Ä) ist die Planfeststellungsbehörde zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Einschätzung im Planfeststellungsbeschluss, die Straßenentwässerung stünde mit den maßgeblichen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie bzw. den zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Vorschriften in Einklang, jedenfalls mit den in den Planunterlagen vorgenommenen Modizfizierungen zur Straßenentwässerung bestätigt habe (vgl. PÄEB S. 22; Unterlage 13.1 TÄ, S. 1 f.). Die Begründung der im Planfeststellungsbeschluss erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse wird anhand der Ergebnisse im wasserrechtlichen Fachbeitrag nur weiter präzisiert und verfeinert (vgl. PÄEB, S. 21 ff.). Der Tenor der jeweiligen wasserrechtlichen Erlaubnisse wird um weitere Nebenbestimmungen zum Betrieb bzw. Unterhaltung der Entwässerungseinrichtungen (vgl. PÄEB, Punkt A 4.1) sowie zu Dokumentationspflichten der Grundwasserentnahme und zum Rückbau von Vorrichtungen zur Grundwasserabsenkung während der Bauzeit (vgl. PÄEB, Punkt A 4.2) ergänzt. Ebenso werden die Nebenbestimmungen zur Wasserwirtschaft mit zusätzliche Nebenbestimmungen zum Gewässerschutz insbesondere in Bezug auf die Bauausführung (vgl. PÄEB, Punkt A 3 und S. 20) abgerundet.
36
Eine grundlegende Neubewertung des Vorhabens erfolgte damit nicht, auch nicht, wie der Kläger meint, durch die Aufnahme der Nebenstimmung A Nr. 3.6 im Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021 S. 28). Die Nebenbestimmung A Nr. 3.6 dient allein dem Gewässerschutz (vgl. Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Gutachten vom 28.10.2020, S. 16, digitale BA, erg_Verfahren_anonym, Bl. 865) und stellt ersichtlich nur eine punktuelle Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses dar. Dass damit eine Neubewertung des Vorhabens insbesondere in Bezug auf Belange des globalen Klimas verbunden sei, wie der Kläger ausführt, trifft nicht zu. Die Aufnahme der Nebenbestimmung erfolgte allein als Reaktion auf das Gutachten des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach vom 28. Oktober 2020 (vgl. dort S. 16, digitale BA, erg_Verfahren_anonym, Bl. 850 ff.), das seine Prüfung ausschließlich auf wasserwirtschaftliche Belange beschränkt hat (vgl. dort S. 8, digitale BA, erg_Verfahren_anonym, Bl. 850 ff.).
37
Entgegen der Ansicht des Klägers erfolgte auch durch die Erstellung und Vorlage der allgemein verständlichen, nichttechnischen Zusammenfassung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG 2010 und die Ergänzungen der Planunterlagen um weitere Ausführungen zu vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten nach § 6 Abs. 3 Nr. 5 UVPG 2010 keine Neubewertung des Vorhabens (vgl. insb. Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 10 f.). Die allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG 2010 fasst die Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG 2010 zusammen, bewertet sie aber nicht. Auch § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG 2010 stellt keine inhaltlichen Anforderungen an die Variantenuntersuchung; verlangt wird lediglich die Angabe, welche Umweltwirkungen tatsächlich untersucht und wie sie bei der Auswahl der Vorzugstrasse berücksichtigt worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 42; EuGH, U.v. 7.11.2018 – C-461/17 – NVwZ 2019, 218 = juris Rn. 69). Das klägerische Vorbringen lässt zudem außer Acht, dass die Planfeststellungsbehörde im Wege der Amtsermittlung im ergänzenden Verfahren zwar sowohl die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen als auch die Einwendungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung geprüft hat, diese Prüfung aber nicht zu einer Neubewertung der Entscheidungsgrundlagen, sondern nur zu einzelnen Ergänzungen bzw. Änderungen in Teilbereichen der Planung geführt hat (vgl. PÄEB, S. 13).
38
2. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben.
39
Sie folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 16 f.). Das Vorhaben ist in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der dem Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3354; im Folgenden: FStrAbG) als Anlage 1 beigefügt ist (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG), als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs (lfd. Nr. 289) aufgenommen.
40
a) Die für das vorliegende Vorhaben getroffene gesetzliche Bedarfsfeststellung (lfd. Nr. 289 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG) ist nicht evident unsachlich und damit verfassungswidrig. Die Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich und schließt im Grundsatz die Nachprüfung aus, ob für das Planvorhaben ein Verkehrsbedarf vorhanden ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 17). Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ist eingebettet in die gesamtstaatliche Bundesverkehrswegeplanung und stellt eine verkehrspolitische Leitentscheidung auf einer der konkreten Planung weit vorgelagerten Ebene dar, die von zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Faktoren bestimmt wird. Bei Erlass des Bedarfsplans steht dem Gesetzgeber daher ein weiter Gestaltung- und Prognosespielraum zu (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 17). Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist deshalb nur verfassungswidrig, wenn sie evident unsachlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 346 = juris Rn. 46; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 43).
41
Ein solcher evidenter Verfassungsverstoß ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht.
42
(1) Entgegen der Auffassung der Klagepartei verstößt der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen nicht deswegen offensichtlich und eindeutig gegen Art. 20a GG, auch nicht nach Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (Az.: 1 BvR 2656/18 – BVerfGE 157, 30), weil er die Klimaziele wie die Reduzierung von Treibhausgasen nicht berücksichtige, obwohl der Autoverkehr wesentlich zum Klimawandel beitrage (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 65; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 32). Denn bei der Frage, wie dem Auftrag aus Art. 20a GG Rechnung getragen werden soll, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerwG U.v. 24.2.21 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 34 = juris Rn. 47). Dass dieser weite Gestaltungspielraum überschritten wäre, hat der Kläger nicht substantiiert aufgezeigt. Der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (Az.: 1 BvR 2656/18 – BVerfGE 157, 30) hervorgehobene Grundrechtsschutz wirkt sich im Übrigen nicht dergestalt aus, dass nur noch klimaneutrale oder – verträgliche Eingriffe zulässig wären; vielmehr geht es insoweit darum, klimarelevante grundrechtliche Freiheiten einerseits und deren durch Reduktionslasten bedingte Einschränkungen andererseits generationengerecht zu verteilen (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 164).
43
(2) Ebenso wenig kann der Kläger mit dem Einwand durchdringen, die Entscheidung über die Aufnahme von Vorhaben in den Bedarfsplan erfolge nicht anhand umfangreicher Untersuchungen und sorgfältiger Abwägung, sondern erfülle „Wunschlisten“ der Länder, seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers hätten sich zudem die Verhältnisse grundlegend geändert, weil sich mit dem Bedarfsplan und der damit verbundenen Zunahme des Autoverkehrs die Klimaziele nicht erreichen ließen (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 64). Er legt insoweit nicht substantiiert dar, dass der Bedarfsplan evident unsachlich wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raums an jeglicher Notwendigkeit fehlen würde, oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 = juris Rn. 43; U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 34 = juris Rn. 46; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 43). Einen solchen Wegfall des Verkehrsbedarfs begründet der Kläger nicht; er ist auch sonst nicht ersichtlich.
44
b) Keinen Erfolg hat der Kläger auch mit der Rüge, der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig, weil der dieser Straßenplanung zugrundeliegende Bedarfsplan gegen Regelungen der SUP-Richtlinie (RL 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. L 197 S. 30) verstoße.
45
Richtlinien der Europäischen Union richten sich gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV an die Mitgliedstaaten und sind nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlassen jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel. Sie bedürfen daher der Umsetzung in nationales Recht (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.1984 – 3 C 42.82 – BVerwGE 70, 41 = juris Rn. 56; U.v. 30.5.2018 – 6 C 4.17 – BVerwGE 162, 202 = juris Rn. 43). Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bei der Umsetzung einer Richtlinie deren vollständige Wirksamkeit zu gewährleisten, wobei sie aber über einen weiten Wertungsspielraum hinsichtlich der Wahl der Mittel und Wege zu ihrer Durchführung verfügen (vgl. EuGH, U.v. 19.10.2016 – Ormaetxea Garai und Lorenzo Almendros, C-424/15 – NVwZ 2017, 43 = juris Rn. 29). Die Bestimmungen der SUP-RL wurden insbesondere durch das Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der RL 2001/42/EG vom 25. Juni 2005 (BGBl. I S. 1746) in nationales Recht umgesetzt. Das Gesetz trat am 29. Juni 2005 in Kraft. Ein Verstoß gegen Vorschriften der Richtlinie kommt daher nur in Betracht, wenn eine Vorschrift der Richtlinie unmittelbar anwendbar ist und zudem unzureichend in nationales Recht umgesetzt wurde (vgl. EuGH, U.v. 19.1.1982 – Becker/Finanzamt Münster, 8/81 – Slg. 1982, 53 = juris Rn. 20 ff.; U.v. 26.2.1986 – Marshall I, C-152/84 – Slg. 1986, 723 = juris Rn. 46). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt wären, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Er behauptet lediglich Verstöße gegen Art. 5, Art. 6 und Art. 8 der SUP-RL, ohne die unmittelbare Anwendbarkeit der entsprechenden Regelungen der Richtlinie aufzuzeigen.
46
Unabhängig davon ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der dem Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3354) als Anlage beigefügt ist (Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG), nicht unter Verstoß gegen Vorschriften der SUP-Richtlinie zustande gekommen ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 57 ff.).
47
c) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 17. September 2021 (dort S. 31) erstmals eine Unvereinbarkeit des Bedarfsplans mit Art. 2 Abs. 1 des Pariser Abkommens geltend macht, ist diese Rüge erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG erhoben worden und damit verspätet. Entgegen der Auffassung des Klägers (vgl. insb. Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 3) handelt es sich insofern nicht um eine bloße Rechtsausführung, auf die § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG nicht anwendbar wäre (vgl. dazu BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 22). Mit der Pflicht zur Begründung der Tatsachen und Beweismittel, auf welche die Klage gestützt wird, geht die Pflicht des Klägerbevollmächtigten zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen einher (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 17 zu § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG; Steinkühler, UPR 2022, 241/247). Denn rechtliche Argumentationen können nur dann sinnvoll und relevant sein, wenn sie auf Fakten fußen. In diesem Sinn bedingen sich Rechtsausführungen und faktische Gegebenheiten gegenseitig (vgl. zu § 6 UmwRG BayVGH, B.v. 19.9.2022 – 8 CS 22.1552 – juris Rn. 28 ff.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 6 UmwRG, Rn. 3). Die Rüge ist auch nicht erstmals durch den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss vom 30. November 2020 veranlasst worden und betrifft keinen etwaigen Fehler dieses Beschlusses, sondern bezieht sich auf Umstände, die schon dem Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung zugrunde lagen.
48
3. Der Planfeststellungsbeschluss ist mit den artenschutzrechtlichen Vorgaben des § 44 Abs. 1 BNatSchG vereinbar.
49
a) Der Einwand des Klägers, die nationale Legalausnahme des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen vom 2. Juli 2020 (Rs. C-477/19 – NVwZ 2020, 1186) und vom 28. Oktober 2021 (Rs. C-357/20 – NVwZ 2022, 49 = juris Rn. 24, 27-30, 39) mit Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d der RL 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 S. 7), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndRL 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. L 158 S. 193; im Folgenden: FFH-RL), nicht vereinbar, wurde erstmals im Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 (vgl. insb. Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 18 ff.) und mithin ebenfalls außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG erhoben. Er greift aber auch in der Sache nicht durch. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Regelung des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist, weil es bei Vorliegen von dessen Voraussetzungen nicht zu einer Zerstörung oder Beschädigung von Ruhestätten im unionsrechtlichen Sinne kommt (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.2022 – 7 C 4.21 – BVerwGE 176, 313 = juris Rn. 40; U.v. 31.3.2023 – 4 A 10.21 – UPR 2023, 495 = juris Rn. 97). Denn der EuGH stellt beim Zerstörungsverbot nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d FFH-RL maßgeblich auf die Erhaltung der (gebietsbezogenen) ökologischen Funktionalität ab (vgl. BVerwG U.v. 31.3.2023 – 4 A 10.21 – UPR 2023, 495 = juris Rn. 97 mit Verweis auf EuGH, U.v. 4.3.2021 – Föreningen Skydda Skogen, C-473/19 – NVwZ 2021, 545 = juris Rn. 79 ff.; U.v. 28.10.2021 – Feldhamster II, C-357/20 – NVwZ 2022, 49 = juris Rn. 30, 42, 48 ff.).
50
b) Gleiches gilt für den Einwand, die in § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zum Ausdruck kommende populationsbezogene Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle stehe nach der Rechtsprechung des EuGH im Fall Föreningen Skydda Skogen (Rs. C 473/19 und C 474/19 – NVwZ 2021, 545 = juris Rn. 57) nicht mit Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b FFH-RL in Einklang, weil Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b FFH-RL einen Individuenbezug vorsehe (vgl. insb. Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 13 ff; Schriftsatz vom 7.4.2022, S. 22). Unabhängig davon, dass der Einwand ebenfalls materiell präkludiert ist, weil er erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG erhoben wurde, geht das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung, der der Senat folgt, von dessen Vereinbarkeit mit den europarechtlichen Vorgaben aus (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.2022 – 7 C 4.21 – BVerwGE 176, 313 = juris Rn. 33).
51
c) Soweit der Kläger bemängelt, es liege ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatschG vor, weil für die Arten Knoblauchskröte, Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, Rebhuhn und Feldlerche nach Art. 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG weder ausreichende CEF-Maßnahmen noch ein ausreichendes Risikomanagement angeordnet worden seien (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 9 ff.), erfüllt der Vortrag bereits nicht die Anforderungen an eine substantiierte Klagebegründung nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO.
52
Mit der Begründungspflicht des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG einher geht die Pflicht des Klägerbevollmächtigten aus § 67 Abs. 4 VwGO zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll. Eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten beigefügter Gutachten, deren bloße wörtliche Wiedergabe (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 133 ff.; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 17; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12) oder eine pauschale Bezugnahme auf beigefügte Stellungnahmen Dritter (stRspr, BVerwG U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12, 15) erfüllen diese Anforderungen nicht. Dies gilt auch für die Ausführungen von Sachverständigen. Parteigutachten dienen der Substantiierung des Klagevorbringens, ersetzen dieses jedoch nicht. Sie verhalten sich zu tatsächlichen Sachverhalten, denen erst dadurch Bedeutung für das gerichtliche Verfahren zukommt, dass aus ihnen rechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen sind. Deshalb sowie aufgrund des regelmäßig erheblichen Umfangs und der auch qualitativ großen Bandbreite der Gutachten muss der Prozessbevollmächtigte eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung der Ausführungen vornehmen (vgl. BVerwG, B.v. 6.9.1965 – VI C 57.63 – BVerwGE 22, 38 = juris Rn. 3; B.v. 11.12.2012 – 8 B 58.12 – NVwZ-RR 2013, 341 = juris Rn. 16; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 15). Zudem muss das Vorbringen aus sich heraus ohne Weiteres verständlich sein. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus den eingereichten Schriftsätzen im Wege der Auslegung den Sachvortrag zu ermitteln oder zu konkretisieren (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89 m.w.N.).
53
Diesen Anforderungen genügt die Kritik des Klägers an den im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen CEF-Maßnahmen und Risikomanagement in der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 nicht.
54
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers beschränken sich bei ihrem Vorbringen (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 9 – 28) überwiegend auf die bloße Wiedergabe der „Stellungnahme zum Risikomanagement im PFB zur B25n – Ortsumgehung Dinkelsbühl“ des von ihnen beauftragten Sachverständigenbüros R. ... vom 9. Juli 2019, die größtenteils wörtlich im „copy-paste-Modus“ eingefügt wurde (vgl. R. ..., Stellungnahme zum Risikomanagement im PFB zur B25n – Ortsumgehung Dinkelsbühl vom 9. Juli 2019, Anlage PGT 05, S. 6 – 22). Das Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Klägerbevollmächtigten die Ausführungen in der Stellungnahme näher geprüft und fachlich durchdrungen hätten. Dies zeigt sich etwa auch daran, dass neben den aus der Stellungahme von R. ... textlich vorgenommenen Hervorhebungen und Fußnoten auch Verweise ungeprüft übernommen wurden. So wird beispielsweise auf Seite 10 der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 im Zusammenhang mit den Kompensationsflächen für die Feldlerche auf eine Abbildung 1 und 2 verwiesen. Die Abbildung 1 befindet sich in der Klagebegründung auf Seite 17 und zeigt die Lage der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen; die Abbildung 2 „Handlungsmöglichkeiten im Risikomanagement“ ist auf Seite 26 der Klagebegründung. Beide in Bezug genommenen Abbildungen haben keinerlei Bezug zur Feldlerche. Auf Seite 22 der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 wird in Bezug auf die Reviergröße und den Ausgleichsbedarf für die Feldlerche auf einen Punkt 3.2 verwiesen, der weder mit der Reviergröße noch mit dem Ausgleichsbedarf für die Feldlerche inhaltlich zusammenhängt, da Punkt 3.2 die Überschrift „Bedarfsplan europarechtswidrig“ trägt. Auf Seite 26 der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 wird auf einen Abschnitt 2.2.3 verwiesen, den es in der Klagebegründung ersichtlich nicht gibt. Der Verweis auf Seite 18 der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 auf einen Anhang 5 führt ebenfalls ins Leere. Rechtlich weder geprüft noch durchdrungen wurden auch die Ausführungen von R. ... zum Monitoringbericht 2018 zur Frage übernommen, ob der Erfolg und die Funktionalität der Ausgleichsmaßnahme bereits gesichert sei (vgl. R. ..., Stellungnahme zum Risikomanagement im PFB zur B25n – Ortsumgehung Dinkelsbühl vom 9. Juli 2019, Anlage PGT 05, S. 3-6; Klagebegründung vom 18. Juli 2019, S. 9 unten – 12). Auf die Frage, ob die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG (sog. CEF-Maßnahmen) im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits vollständig umgesetzt und funktionsfähig sind, kommt es rechtlich jedoch nicht an. Zwar müssen CEF-Maßnahmen artspezifisch sein und grundsätzlich sofort mit dem Eingriff zur Verfügung stehen; die zeitliche Kontinuität der Lebensstätte muss folglich gesichert sein. Da aber der Nachweis für die volle Funktionsfähigkeit einer CEF-Maßnahme erst nach Wegfall der alten Lebensraumstrukturen erbracht werden kann, weil die betroffenen Tierarten erst dann gezwungen sind, in den neuen Lebensraum umzusiedeln (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.2016 – 9 A 18.15 – BVerwGE 156, 215 = juris Rn. 91; BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – BayVBl 2019, 843 = juris Rn. 130), genügt es, dass die neu geschaffenen bzw. verbesserten Lebensräume von den eingriffsbetroffenen Individuen mit voraussichtlich mindestens hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 32, 40; OVG RhPf, U.v. 6.11.2019 – 8 C 10240/18 – DVBl 2020, 459 = juris Rn. 274; BayVGH, U.v. 19.2.2014 – 8 A 11.40040 u.a – BayVBl 2016, 155 = juris Rn. 859). Auf die Ausführungen, ob in Bezug auf die Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG beim Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend sind (vgl. R. ..., Stellungnahme zum Risikomanagement im PFB zur B25n – Ortsumgehung Dinkelsbühl vom 9. Juli 2019, Anlage PGT 05, S. 6 – 13; Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 12 – 18), kommt es entscheidungserheblich ebenfalls nicht an, da im Planfeststellungsbeschluss eine Ausnahme gem. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG erteilt wurde (vgl. PFB S. 269). Durch die wörtliche Übernahme der Stellungnahme von R. ... setzt sich die Klagebegründung auch nicht mit dem Planfeststellungsbeschluss auseinander, sondern lediglich mit der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (vgl. Unterlage 12.4) und dem Monitoringbericht 2018, die der Stellungnahme von R. ... zugrunde liegen (vgl. R. ..., Stellungnahme zum Risikomanagement im PFB zur B25n – Ortsumgehung Dinkelsbühl vom 9. Juli 2019, Anlage PGT 05, S. 3 – 14; Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 9 – 20).
55
Zudem ist die Kritik an den CEF-Maßnahmen in der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 aus sich heraus nicht hinreichend verständlich, da der Kläger nicht nur die Ausführungen von R. ... in seiner Klagebegründung hineinkopiert, sondern dabei auch die sie gliedernden, sinntragenden Überschriften offenbar entfernt hat, so dass sich die Ausführungen zusammenhanglos aneinanderreihen. Die vereinzelt eingestreuten selbst formulierten Sätze verbessern die Verständlichkeit des vorgefundenen Darlegungsgemenges nicht (vgl. z.B. Klagebegründung vom 18. Juli 2019, S. 18 f., 20, 27). Auch werden die in Bezug genommenen Aussagen in Leitfäden (vgl. z.B. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 22 „Fachkonventionen (FGSV)“, S. 24 „fachlicher Standard durch die Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV) zum Risikomanagement“, „Hinweise zu landschaftspflegerischen Maßnahmen im Straßenbau (HLPM)“, S. 27 „Hinweise zum Risikomanagement (HRM)“) nicht mit Autor, Titel, Erscheinungsjahr und Seite zitiert. Der Senat vermag daher den Vortrag der Klagepartei anhand der Leitfäden nicht hinreichend nachzuvollziehen. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, Spekulationen darüber anzustellen, aus welchen tatsächlichen Gründen der Kläger den Planfeststellungsbeschluss angreifen will (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2023 – 9 B 8.23 – juris Rn. 17) oder den Sachvortrag im Wege der Auslegung aus den eingereichten Schriftsätzen zu konkretisieren (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12).
56
d) Soweit der Kläger hinsichtlich verschiedener Fledermausarten den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als erfüllt ansieht, dringt er ebenfalls nicht durch.
57
aa) Die der naturschutzfachlichen Prüfung zugrunde gelegte Bestandserfassung beruht auf einer hinreichend aktuellen Datengrundlage. Der Vorwurf der Klagepartei, die der Beurteilung zugrundeliegenden Daten seien bereits deswegen nicht mehr verwendbar, weil sie im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses bereits neun Jahre alt gewesen seien und eine Aktualisierung nicht stattgefunden habe (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 29), ist unbegründet.
58
Die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten sowie deren Lebensräume voraus. Diese Bestandsaufnahmen müssen im Zeitpunkt der Planfeststellung noch hinreichend aussagekräftig sein. Jedoch gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zur Aktualität naturschutzfachlicher Bestandsaufnahmen. Diese hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, namentlich davon, ob zwischenzeitlich so gravierende Änderungen aufgetreten sind, dass die gewonnenen Erkenntnisse nicht mehr die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergeben (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 124; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 96). Als Leitlinie für die Praxis mag es im Ansatz sinnvoll sein, die Tauglichkeit der Datengrundlage an einer zeitlichen – in der Regel fünfjährigen – Grenze auszurichten. Eine solche Grenze kann aber nur einen allgemeinen Anhalt bieten; sie ändert nichts daran, dass die Aktualität der Datengrundlage nach Maßgabe praktischer Vernunft unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände zu beurteilen ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 149 f.; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 319). Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde müssen daher zunächst prüfen, ob die Erkenntnisse trotz des Zeitablaufs im Zeitpunkt der Planfeststellung noch aussagekräftig sind; erst von den Ergebnissen dieser Überprüfung hängt ab, ob und in welchem Umfang neu kartiert werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 124; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 u.a. – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 96).
59
Vorliegend wurde die für die Bestandserfassung der Fledermäuse relevante Untersuchung „Faunistische Erhebungen und spezielle artenschutzrechtliche Prüfung zur Ortsumfahrung Dinkelsbühl (saP)“ im Jahr 2014 erstellt (vgl. digitale BA, Teil 1, S. 747) und im Jahr 2017 aktualisiert (vgl. Unterlage 12.4 T). Für ihre Erstellung erfolgte vor Beginn der Geländeerhebungen im Jahr 2010 zunächst eine Auswertung der bislang vorliegenden Fledermausnachweise der Fledermausdatenbank der Koordinierungsstelle für Fledermausschutz in Nordbayern an der Universität Erlangen-Nürnberg (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 13). Die erforderlichen Geländebegehungen fanden im Sommerhalbjahr 2010 statt. Diese wurden durch Begehungen des Untersuchungsgebiets in den Jahren 2012 und 2014 ergänzt. Im Herbst 2010 und 2012 wurden außerdem Gebietskenner befragt (vgl. Unterlage 12.4. T, S. 10). Für die Aktualisierung der saP fanden im Jahr 2016 nochmals Begehungen statt und im Jahr 2017 wurden wiederum Gebietskenner befragt (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 10). Schließlich wurden auch neuere Einträge aus der Artenschutzkartierung Bayern des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU), in die die Daten der Koordinierungsstelle überführt worden waren, mit Datenstand August 2017 verwendet (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 13). Damit sind die Datengrundlagen im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zur Abschätzung der Verwirklichung des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Bezug auf die verschiedenen Fledermausarten hinreichend aktuell.
60
bb) Ebenso unbegründet ist die Kritik des Klägers an der Methode der Bestandserfassung. Der Kläger nimmt an, dass vorliegend nur eine faunistische Potentialanalyse kombiniert mit einem worst-case-Ansatz angewendet worden sei, die nicht tragfähig sei, um ein ausreichendes Schutzkonzept zu entwickeln. Aus Potentialanalysen ließen sich keine Annahmen zu Flugrouten, Jagd-/Nahrungshabitaten und Quartieren ableiten. Ein worst-case-Ansatz sei nur zulässig, wenn Ergebnisse erzielt würden, die auf der sicheren Seite lägen (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 29). Diese Annahme trifft jedoch nicht zu.
61
Die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG entgegenstehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 3.5.2013 – 9 A 16.12 – NVwZ 2013, 1209 = juris Rn. 60 m.w.N.). Dabei ist kein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Die Untersuchung hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Die hierbei anzuwendenden Methoden sind normativ nicht vorgegeben, sondern ergeben sich aus außerrechtlichen Maßstäben. Regelmäßig liegt der Ermittlung artenschutzrechtlicher Betroffenheiten neben einer Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur eine – unter Zuhilfenahme einschlägiger, im Interesse einer Standardisierung erarbeiteter Leitfäden und Arbeitshilfen vorgenommene – Bestandserfassung an Ort und Stelle zugrunde (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 129; U.v. 31.3.2023 – 4 A 10.21 – UPR 2023, 495 = juris Rn. 79). Als Standardmethode zur Bestandserfassung von Fledermäusen hat sich ein Methodenmix aus Habitatanalyse und Geländeuntersuchungen unter Einsatz von Detektoren, Horchboxen, Netzfängen etc. herauskristallisiert (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.2013 – 9 A 14.12 – BVerwGE 148, 373 = juris Rn. 47; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 551).
62
Diesen Anforderungen wird die faunistische Untersuchung zum Vorkommen verschiedener Fledermausarten gerecht.
63
Die saP orientiert sich hinsichtlich der Methodik an den „Leistungsbeschreibungen für faunistische Untersuchungen im Zusammenhang mit landesplanerischen Fachbeiträgen und Artenschutzbeitrag“, Schlussbericht 2014 (zum Forschungs- und Entwicklungsvorhaben FE 02.0332/2011/LRB, die Bestandteil des Handbuchs für die Vergabe und Ausführung von freiberuflichen Leistungen im Straßen und Brückenbau (HVA F-StB) abrufbar unter: Homepage des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr unter https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/handbuch-fuer-die-vergabe-und-ausfuehrung-von-freiberuflichen-leistungen-im-strassen-und-brueckenbau.html; im Folgenden: Leistungsbeschreibungen) sind (vgl. PFB S. 202; Unterlage 12.4, S. 198). Diese sehen einen Methodenmix vor (vgl. Leistungsbeschreibungen S. 68 ff.) und entsprechen naturschutzfachlichem Standard (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – BVerwGE 131, 274 = juris Rn. 74, 78 und 85 zur Vorgängerversion; BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – BayVBl 2019, 843 = juris Rn. 91). Die Leistungsbeschreibungen empfehlen als Standardmethode in der Phase A eine Planungsraumanalyse im Vorfeld der Vergabe fledermauskundlicher Erhebungen, in der Phase B eine Erfassung der als Quartiere geeigneten Strukturen in Gehölzen (Baumhöhlensuche und Habitatstrukturkartierung) in der laubfreien Zeit vor den sommerlichen Kartierungen mit Ultraschalldetektoren und in der Phase C Geländeuntersuchungen im Sommer bis Herbst über Transsektkartierung mit Ultraschalldetektoren, Horchboxuntersuchungen und ggf. Netzfängen. Weitere Methoden sind in Sonderfällen erforderlich (vgl. Leistungsbeschreibungen, S. 71).
64
Dieser Methodik folgte hier die Erfassung des Fledermausvorkommens. Im Jahr 2010 wurde vor Beginn der Geländeerhebungen eine Auswertung der bislang vorliegenden Fledermausnachweise anhand der Fledermausdatenbank der Koordinierungsstelle für Fledermausschutz in Nordbayern an der Universität Erlangen – Nürnberg (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 13) durchgeführt. Vor dem Laubaustrieb am 7. April 2010 wurde die gesamte Trasse und die angrenzenden Waldbereiche mittels Fernglas, eines Handspiegels und einer Stablampe auf das Vorhandensein von potentiellen Baumhöhlenquartieren untersucht (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 18). Im Sommerhalbjahr 2010 (Anfang Juni bis Anfang September) wurde die geplante Trasse in vier Nächten auf ihrer gesamten Länge abgelaufen und die Rufe vorüber fliegender Fledermäuse mit Hilfe von Ultraschalldetektoren erfasst. Dabei wurden auch die Witterungsbedingungen erfasst, da hiervon die Flug- und Jagdaktivität der Fledermäuse abhängt (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 14). Neben der Erfassung mittels Ultraschalldetektor wurden vorüberfliegende Fledermäuse zusätzlich an den vier Terminen auch mit Hilfe ortsfester automatischer Rufaufzeichnungsanlagen (sog. batcorder) erfasst (vgl. Unterlage 12.4, S. 14 f.). Davon, dass sich die Planfeststellungsbehörde mit einer bloßen Potentialanalyse kombiniert mit einem worst-case-Ansatz begnügt hat, kann damit keine Rede sein.
65
Soweit der Kläger kritisiert, dass die Voraussetzungen für eine worst-case-Betrachtung nicht vorgelegen hätten, und eine individuenbezogene Erfassung fordert, legt er nicht dar, welche anderen Schlussfolgerungen sich aus einer solchen Erfassung ergeben hätten, die nicht schon durch den worst-case-Ansatz abgedeckt sind. Abgesehen davon ist nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde im Anschluss an die oben dargestellten Untersuchungen mittels einer worst-case-Annahme sowohl das Vorkommen der Kleinen und Großen Bartfledermaus als auch des Braunen und Grauen Langohrs sowie der Bechsteinfledermaus unterstellt hat (vgl. PFB, S. 204). Eine individuenbezogene Erfassung war im Hinblick auf die artspezifischen Verhaltensweisen bei der Frequentierung des Trassenbereichs nicht notwendig. Ein Ermittlungsdefizit ist nicht erkennbar. Da die Bestandserfassung und die daran anschließende Beurteilung, ob und inwieweit naturschutzrechtlich relevante Betroffenheiten vorliegen, auf ökologische Bewertungen angewiesen sind, für die normkonkretisierende Maßstäbe und verbreitet auch gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Standards fehlen, darf das Gericht seiner Entscheidung insoweit die Einschätzung der Behörde zu der fachlichen Frage zugrunde legen, wenn diese auch aus gerichtlicher Sicht plausibel ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.2022 – 7 C 4.21 – BVerwGE 176, 313 = juris Rn. 20).
66
Dies ist hier der Fall. Bei den nachweislich im Untersuchungsgebiet lebenden Bartfledermäusen ist aus methodischen Gründen eine Unterscheidung von Kleiner und Großer Bartfledermaus nicht möglich (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 30 f.). Unter Zugrundelegung dieser Erhebungsbefunde und der Tatsache, dass es sich bei den beiden Bartfledermausarten um Zwillingsarten mit ähnlichem Flug- und Jagdverhalten handelt (vgl. Unterlage 12.4, S. 109, 114), ist nicht zu beanstanden, dass in Bezug auf die Bartfledermaus in einer worst-case-Annahme das Vorkommen sowohl der Kleinen als auch der Großen Bartfledermaus unterstellt wurde, um auf der sicheren Seite zu sein. Für ein Vorkommen des Braunen und Grauen Langohrs ergeben sich Hinweise aus der Artenschutzkartierung Bayern des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 30, A 34), auch wenn dieses wegen der sehr leisen Ortungsrufe mit geringer Reichweite der beiden Arten mittels batcorder oder Detektor im Untersuchungsgebiet nicht bestätigt werden konnte (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 30). Vor diesem Hintergrund wird der Sachverhalt durch die Annahme eines Vorkommens beider Arten angemessen erfasst (vgl. Unterlage 12.4 T, A 34). Zudem wurden bei den Geländeerhebungen Rufe von Fledermäusen der Gattung „Myotis“ aufgezeichnet, die nur zum Teil bestimmten Fledermausarten dieser Gattung zugeordnet werden konnten (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 31, A 32). Weil sich die Rufe der einzelnen Arten – insbesondere in bestimmten Flug- und Jagdsituationen – so sehr ähneln, dass eine eindeutige Zuordnung häufig nicht möglich ist, erscheint es aus gerichtlicher Sicht plausibel, von einem Vorkommen der Bechsteinfledermaus auszugehen, die zu dieser Gattung gehört, um auf der „sicheren Seite“ zu sein (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 31).
67
cc) Soweit der Kläger Netzfänge fordert, weil mit den anderen Methoden gegebenenfalls nicht alle Fledermausarten erfasst worden seien (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 30 f.), genügt sein Vorbringen nicht den Anforderungen des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO. Die Regelungen erfordern, dass sich der Kläger in der fristgerecht vorzulegenden Klagebegründung mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss substantiiert auseinandersetzt; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren wörtliche Wiederholung in der Klagebegründung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt diesen Begründungsanforderungen nicht. Denn Gegenstand der Klage sind nicht die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwände, sondern ist der Planfeststellungsbeschluss (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 16.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Leitsatz und Rn. 37; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12). Diese geforderte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Planfeststellungsbeschluss hat der Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht erbracht. Der Planfeststellungsbeschluss hat zur Thematik der Netzfänge ausgeführt, dass nach dem Maßstab praktischer Vernunft weitergehende Untersuchungen mittels Netzfängen und Telemetrie weder für die Bestimmung der Flugrouten noch für die Bestimmung von Wochenstuben in Bäumen erforderlich gewesen seien. Netzfänge dienten vor allem dazu, bioakustisch schwer trennbare Arten und Artengruppen sicher auf Artniveau zu unterscheiden, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diese Verwechslungsgefahr sei hier ohne Relevanz, weil das Vorkommen verwechselbarer Arten unterstellt worden sei. Auch potentielle Flugrouten könnten ausreichend sicher aus der Nutzung anderer (nachgewiesener) Fledermausarten und den naturräumlichen Verhältnissen abgeleitet werden. Geeignete Quartiersstrukturen für Wochenstuben seien im Eingriffsbereich des Vorhabens überhaupt nur in untergeordnetem Umfang in räumlich klar abgrenzbaren Bereichen vorhanden (PFB, S. 204 f.). Auf diese Erwägung ist der Kläger nicht eingegangen, sondern hat seine Einwände aus dem Verwaltungsverfahren lediglich wörtlich wiederholt (vgl. Einwendungsschreiben vom 24.2.2015, S. 73, digitale BA Teil 2 Blatt 352 ff.).
68
dd) Der Planfeststellungsbeschluss ist unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungsmaßnahmen V7 und V8 im Hinblick auf die betroffenen Fledermausarten mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vereinbar. Die Annahme des Klägers, vor der Inbetriebnahme der Trasse müsse zu 100% feststehen, dass keine Beeinträchtigung, Störung oder sogar Tötung von Fledermäusen erfolge, und eine Unsicherheit, ob die Maßnahmen griffen, müsse von vornherein ausgeschlossen sein, das angeordnete Monitoring mit Risikomanagement zeige aber, dass die Vermeidungsmaßnahmen V7 und V8 die Erfüllung des Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht wirksam verhinderten (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 32 ff.), ist nicht berechtigt.
69
Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG liegt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot aber nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Art nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann. Das vom Kläger im Kern angenommene „Nullrisiko“ findet demnach im Gesetz keine Stütze. Der Signifikanzansatz des § 44 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG folgt der Überlegung, dass es sich bei den Lebensräumen der gefährdeten Tierarten nicht um „unberührte Natur“ handelt, sondern um von Menschenhand gestaltete Naturräume, die aufgrund ihrer Nutzung durch den Menschen ein spezifisches Grundrisiko bergen, das nicht nur mit dem Bau neuer Verkehrswege, sondern z.B. auch mit dem Bau von Windkraftanlagen, Windparks und Hochspannungsleitungen verbunden ist. Es ist daher bei der Frage, ob sich für das einzelne Individuum das Risiko signifikant erhöht, Opfer einer Kollision durch einen neuen Verkehrsweg zu werden, nicht außer Acht zu lassen, dass Verkehrswege zur Ausstattung des natürlichen Lebensraums der Tiere gehören und daher besondere Umstände hinzutreten müssen, damit von einer signifikanten Gefährdung durch einen neu hinzukommenden Verkehrsweg gesprochen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 141; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 580; U.v. 31.3.2023 – 4 A 10.21 – UPR 2023, 495 = juris Rn. 124).
70
Bei der Beurteilung, ob und inwieweit eine solche signifikant erhöhte Gefährdung von geschützten Fledermausarten durch die Plantrasse vorliegt und durch Schutzmaßnahmen vermieden werden kann, ist die Planfeststellungsbehörde auf ökologische Bewertungen angewiesen, für die normkonkretisierende Maßstäbe und verbreitet auch gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse fehlen. Ihr ist daher eine naturschutzrechtliche Einschätzungsprärogative zuzubilligen (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 144; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwG 170, 33 = juris Rn. 259). Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die auf fachgutachtlichen Stellungnahmen gestützten Annahmen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwG 170, 33 = juris Rn. 259 m.w.N.; BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – BayVBl 2019, 843 = juris Rn. 86).
71
Dies zugrunde gelegt, war es naturschutzfachlich vertretbar, dass die Planfeststellungsbehörde unter Anordnung der Vermeidungsmaßnahmen V7 und V8 im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG davon ausging, dass durch das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko der Fledermäuse durch eine Kollision mit Fahrzeugen im Verkehrsraum nicht signifikant erhöht wird (vgl. PFB, S. 218 ff.). Ausgehend von den im Rahmen der durchgeführten Erhebungen festgestellten Fledermausaktivitäten und der räumlichen Verortung der Schwerpunkte der Aktivitäten durfte die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen, dass die Allee am „Mutschachweg“ die vorherrschende Verbindungsstruktur für die vorkommenden Fledermauarten darstellt (vgl. PFB S. 219). Sie stützt sich dabei auf Aussagen der saP (Unterlage 12.4 T), die insoweit zu dem Ergebnis gelangt, dass die Allee die direkteste, kürzeste und zugleich eine hervorragend ausgeprägte Verbindung zwischen dem Siedlungsbereich und dem Mutschachwald darstelle (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 35). Die Erhebungen vor Ort hätten ergeben, dass der Weg von mehreren Fledermaus-Kolonien täglich für den Flug zwischen ihren Quartieren und Jagdgebieten und zurück oder beim Transferflug zwischen Nahrungslebensräumen genutzt würden. In ihrer Funktion als traditioneller und sicherer Flugkorridor sei die Allee für den Erhaltungszustand der nachgewiesenen Fledermausarten essentiell (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 35). Zudem dienten die Waldränder des Mutschachwaldes den Fledermäusen als Orientierungshilfe (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 35).
72
Aufgrund der Durchschneidung der Allee durch die zukünftige Ortsumfahrung und ihrer Parallellage auf einem Teilstück zum Waldrand des Mutschachwaldes, geht die Planfeststellungsbehörde nachvollziehbar davon aus, dass durch die geplante Trasse für querende Fledermäuse ohne Schutzmaßnahmen ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, das sich nachteilig auf die Populationen der einzelnen Fledermausarten auswirken könnte. Denn ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko für Fledermäuse mit Kraftfahrzeugen ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn Hauptflugrouten durch das Vorhaben betroffen sind (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 141; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 580). Unter Anordnung der Vermeidungsmaßnahmen V7 und V8 als Schutzmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG (vgl. PFB S. 195, 197) konnte die Planfeststellungsbehörde gleichwohl naturschutzfachlich vertretbar davon ausgehen, dass das Tötungsrisiko für die vorkommenden Fledermausarten nicht signifikant erhöht wird (vgl. PFB, S. 219 (Großer Abendsegler), S. 222 (Bechsteinfledermaus), S. 223 (Braunes Langohr), S. 224 (Breitflügelfledermaus), S. 225 (Fransenfledermaus), S. 226 (Graues Langohr), S. 227 (Große und kleine Bartfledermaus), S. 228 f. (Großes Mausohr), S. 230 (Kleiner Abendsegler), S. 231 (Mopsfledermaus), S. 232 (Mückenfledermaus), S. 233 (Nordfledermaus), S. 234 (Rauhautfledermaus), S. 235 f. (Wasserfledermaus), S. 237 (Zweifarbfledermaus), S. 238 (Zwergfledermaus)).
73
Sie folgt damit der naturschutzfachlichen Einschätzung in der saP (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 88 – 146). Die Vermeidungsmaßnahme V7 sieht den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Allee am „Mutschachweg“ vor, die vom Siedlungsbereich von Dinkelsbühl in den Mutschachwald führt (vgl. PFB S. 195; Unterlage 12.4 T, S. 69; Unterlage 12.1. TÄ, S. 53). Im Rahmen der Vermeidungsmaßnahme V8 wird, soweit die künftige Ortsumgehung parallel zum Mutschachwald verläuft, durch Leitstrukturen (Leitpflanzungen, Irritationsschutzwände) ein Einfliegen in die Straßentrasse verhindert (vgl. Unterlage 12.1 TÄ, S. 55). Die beiden festgesetzten Schutzmaßnahmen entsprechen naturschutzfachlichem Standard. Die „Arbeitshilfe für Fledermäuse im Straßenverkehr“ des früheren Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung“ (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Arbeitshilfe für Fledermäuse, Entwurf Oktober 2011, S. 57 Tabelle 9), der als Ergebnis sachverständiger Erkenntnisse besondere Bedeutung bei der Bewertung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zukommt (vgl. dazu BVerwG, U.v. 6.11.2013 – 9 A 14.12 – BVerwGE 148, 373 = juris Rn. 56), geht in Bezug auf Grünbrücken prognostisch von einer sehr hohen bzw. hohen Wirksamkeit und bei Leitpflanzungen bzw. Sperreinrichtungen beidseits der Trasse von einer hohen bzw. mittleren Wirksamkeit aus (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Arbeitshilfe für Fledermäuse, Entwurf Oktober 2011, S. 57 Tabelle 9; BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 144). Insbesondere beschränkt sich die Planfeststellungsbehörde nicht auf Einzelmaßnahmen, sondern bettet die Maßnahmen in ein Gesamtkonzept ein (vgl. PFB, S. 219 f.), wie es die Arbeitshilfe des Bundesministeriums empfiehlt (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Arbeitshilfe für Fledermäuse, Entwurf Oktober 2011, S. 58) und von der Rechtsprechung als grundsätzlich geeignetes Maßnahmekonzept erachtet wird, um eine signifikante Erhöhung des kollisionsbedingten Individuenverlustes zu vermeiden (vgl. BVerwG U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 144 m.w.N.).
74
Soweit die Planfeststellungsbehörde davon ausgeht, dass in Bezug auf die Akzeptanz der Querungshilfen und den Grad der kollisionsvermeidenden Leit- und Sperreinrichtungen eine wissenschaftlich bisher nicht zu beseitigende Unsicherheit besteht, wird dieses verbleibende prognostische Restrisiko durch ein geeignetes Monitoring mit Risikomanagement aufgefangen (vgl. PFB, Nebenbestimmung A 3.2.2 und S. 220 f.; vgl. BVerwG, U.v. 6.11.2012 – 9 A 17.11 – BVerwGE 145, 40 = juris Rn. 48; U.v. 6.11.2013 – 9 A 14.12 – BVerwGE 148, 373 = juris Rn. 56; U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 144). Der klägerischen Forderung nach einem „umfassenden“ Risikomanagement unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2018 (Az.: 9 B 43.16 – DVBl 2018, 1361 = juris Rn. 66; vgl. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 34), wird die Planfeststellungsbehörde damit gerecht, da anders als in dem dort zugrundeliegenden Fall, vorliegend das Risikomanagement weder auf einzelne Fledermausarten noch in räumlicher Hinsicht begrenzt ist.
75
ee) Die Befürchtung des Klägers, dass die vorgesehenen großkronigen Alleebäume auf dem neuen Brückenbauwerk nicht anwachsen würden, weil sie wegen fehlender ausreichender Gründung vertrocknen würden (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2021, S. 36; Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 6), ist nicht gerechtfertigt. Um eine Anpflanzung der vorgesehenen Bäume zu ermöglichen, wird das Überführungsbauwerk mit einem ausreichenden Wurzelraumvolumen ausgestattet (vgl. PFB, S. 197). Auch das „Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen“ (vgl. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV), Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen – M AQ, Ausgabe 2008, S. 38) geht davon aus, dass Grünbrücken mit Bäumen bepflanzt werden können.
76
ff) Die vom Kläger infrage gestellte Bauzeit zur Errichtung des Überführungsbauwerks am „Mutschachweg“ von einem Jahr (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 37) wurde vom Vorhabenträger explizit zugesichert und ist damit Gegenstand des planfestgestellten Vorhabens (PFB, S. 32, 197). Dass die Brücke in diesem Zeitraum nicht errichtet werden könnte, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt.
77
gg) Soweit der Kläger bezweifelt, dass die lichte Höhe der Unterführung an der Rudolf-Schmidt Straße von 4,5 m für eine wirksame Querungshilfe für Fledermäuse ausreiche (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 38), berücksichtigt er nicht, dass in der Fachliteratur, auf die der Planfeststellungsbeschluss verweist (PFB, S. 220), eine so bemessene Unterführung als ausreichend angesehen wird (vgl. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV), Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen – M AQ, Ausgabe 2008, S. 28). Aus welchem Grund an der Unterführung an der Rudolf-Schmidt Straße keine sofort wirksame Leitstruktur errichtet werden könnte, legt der Kläger nicht dar (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 39).
78
e) Hinsichtlich des Laubfrosches geht der Planfeststellungsbeschluss ebenfalls im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG nicht erfüllt sind.
79
aa) Soweit der Kläger behauptet, dass im Hinblick auf den Laubfrosch die Ermittlungen nicht ausreichten, um auszuschließen, dass Lebensräume des Laubfrosches durch die Straßenbaumaßnahmen tangiert würden, so dass von der Erfüllung der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BNatSchG auszugehen sei, setzt er sich nicht mit den tragenden Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses hierzu auseinander (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 39; PFB, S. 244 f.). Sein Einwand erschöpft sich in der bloßen Behauptung eines Verstoßes, ohne ihn substantiiert zu begründen.
80
bb) In Bezug auf die Erfüllung des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geregelten Tötungsverbots weist der Kläger zwar zu Recht darauf hin, dass einerseits die saP davon ausgeht, dass es trotz der Ergreifung von Vermeidungsmaßnahmen zu bau- und betriebsbedingten Verletzungen und Tötungen wandernder Einzeltiere kommen könnte, da die kletterfähigen Laubfrösche auch durch technische Leitanlagen nicht völlig von einer Überquerung der Trasse abgehalten werden könnten, und den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bejaht (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 157), andererseits aber der Planfeststellungsbeschluss unter Berücksichtigung derselben Vermeidungsmaßnahmen die Erfüllung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verneint (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 39; PFB, S. 246).
81
Diesen Widerspruch konnte der Beklagte jedoch in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2023 zur Überzeugung des Gerichts auflösen, so dass die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei in Bezug auf den Laubfrosch nicht erfüllt, vertretbar erscheint. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachter, Dipl. Geograph B. …, hat zum Tötungsrisiko des Laubfrosches i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG durch das Planvorhaben stichhaltig ausgeführt, dass eine Querung der Trasse nur bei den gelegentlich vorkommenden Fernwanderungen des Laubfrosches überhaupt denkbar sei, es im Bereich des Trassenverlaufs jedoch kein direktes Laubfroschvorkommen gäbe. Das Hauptvorkommen des Laubfrosches liege südöstlich der Trasse, aber deutlich außerhalb von dieser. Innerhalb der Trasse im Stadtgebiet von Dinkelsbühl sei lediglich in einem Teich eines Anwesens ein Vorkommen nachgewiesen worden. Eine regelmäßige Wechselbeziehung zwischen Sommer- und Winterhabitat durch den Trassenbereich schloss der Gutachter deshalb aus. Bei günstigen Witterungsverhältnissen, die nur alle paar Jahre aufträten, so der Gutachter weiter, seien jedoch Fernwanderungen des Laubfrosches möglich. Im Zuge dieser sei nicht ausgeschlossen, dass ein Individuum den künftigen Trassenbereich versuche zu überqueren. Für diese Fälle seien die Vermeidungsmaßnahmen geplant worden. Aufgrund seiner Kletterfertigkeiten sei es jedoch denkbar, dass ein Laubfrosch die Leiteinrichtungen überklettere und bei seinem Querungsversuch zu Tode komme. Diese potentiell denkbare Möglichkeit stelle aber keine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos dar. Dieser nachvollziehbaren und plausiblen naturschutzfachlichen Einschätzung folgend sieht das Gericht das Tötungsrisiko von die Trasse querenden Laubfröschen als nicht signifikant erhöht i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG an.
82
cc) Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals infrage gestellt hat, dass das Vorkommen des Laubfrosches ordnungsgemäß ermittelt worden sei, erfolgte dieser Einwand außerhalb der Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG. Unabhängig davon, begründet der Kläger seine Kritik an der Art und Weise der Ermittlung nicht näher.
83
4. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Vorgaben des Gebietsschutzes. Der Kläger rügt zu Unrecht, dass für das FFH-Gebiet DE 7029371 „Wörnitztal“ und das Europäische Vogelschutzgebiet DE 7130471 „Nördlinger Ries und Wörnitztal“ lediglich eine Vor- und keine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist.
84
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ob die Voraussetzungen für die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG vorliegen, ist im Rahmen einer Vorprüfung festzustellen. Vorprüfung und Verträglichkeitsprüfung sind naturschutzrechtlich obligatorische Verfahrensschritte. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen besteht. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG verlangt keine formalisierte Durchführung der Vorprüfung, sondern regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist. Das ist der Fall, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt. Fehlen diese Voraussetzungen, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so ist der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung nicht rechtsfehlerhaft (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 4 C 35.13 – DVBl 2015, 636 = juris Rn. 33; U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 84; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 419).
85
Gemessen an diesen Grundsätzen war eine Verträglichkeitsprüfung hier nicht erforderlich. Die Planfeststellungsbehörde hat insoweit ausgeführt, dass in Bezug auf das gegenständliche Vorhaben mit Blick auf die einzelnen Erhaltungsziele erhebliche Beeinträchtigungen der beiden Gebiete ausgeschlossen werden könnten. Die beiden betroffenen Natura 2000-Gebiete umfassten insgesamt mit 3.847 ha bzw. 7.089 ha entlang bzw. in räumlicher Umgebung der Wörnitz jeweils eine Fläche, die von ihrem Umgriff her weit über die Berührungspunkte mit der Ortsumgehung Dinkelsbühl hinausreiche. Die mit dem Vorhaben verbundenen baulichen Maßnahmen fänden außerhalb der Natura 2000-Gebiete statt; eine unmittelbare räumliche Nähe der Ortsumgehung zu den beiden Gebieten bestehe nur im Bereich des Baubeginns sowie -endes. Lediglich im Umfeld des nördlich von Dinkelsbühl geplanten Kreisverkehrs rage zukünftig eine neu zu errichtende unterirdische Rohrleitung geringfügig in die Natura 2000-Gebietskulisse hinein. Auch die Einleitung von anfallendem Straßenoberflächenabwasser in die Wörnitz führe nicht zu einer merklichen Beeinträchtigung (vgl. PFB, S. 187, PÄEB, S. 28). Durch die Einleitung der Straßenabwässer erhöhe sich die Chloridkonzentration in der Wörnitz nur marginal von 36,6 mg/l auf 36,85 mg/l (vgl. PÄEB, S. 28; Unterlage 13.5 Ä, S. 44). Zudem betrage der Mittelwasserabfluss der Wörnitz an den Einleitungsstellen etwa 1.500 l/s, während ihr durch die vorgesehenen Oberflächenwassereinleitungen insgesamt nur knapp 270 l/s an verschiedenen, voneinander in einiger Entfernung liegenden Stellen zusätzlich zugeführt würden (vgl. PFB, S. 188).
86
Die dagegen vom Kläger vorgetragenen Kritikpunkte haben keinen Erfolg.
87
a) Der Einwand des Klägers, es habe keine FFH-Vorprüfung stattgefunden, die pauschalen Ausführungen im landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 12.1 TÄ, S. 22) könnten eine FFH-Vorprüfung nicht ersetzen (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 25), ist nicht berechtigt. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen besteht. Dies hat die Planfeststellungsbehörde mit hinreichender Begründung verneint (vgl. PFB, S. 182 ff.; PÄEB, S. 28). § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erfordert keine formalisierte Durchführung einer FFH-Vorprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 4 C 35.13 – DVBl 2015, 636 = juris Rn. 33, 53; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 419).
88
b) Soweit der Kläger ausführt, eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets „Wörnitztal“ und seiner Erhaltungsziele könne wegen der Einleitung der Straßenabwässer in die Wörnitz nicht ausgeschlossen werden, weil vor der Einleitung keine Filterung von Schadstoffen über ein Regenrückhaltebecken erfolge, Erhaltungsziele, für die ein Chlorideintrag problematisch sein könnte, nicht benannt würden und sich das im Straßenabwasser enthaltene Chlorid negativ auf die Erhaltungsziele des Rapfens und der Bachmuschel auswirkten (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 42 ff.; Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 25 ff.), erfüllt sein Vorbringen nicht die Substantiierungsanforderungen des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO. Denn der Kläger übernimmt wörtlich wesentliche Passagen aus Stellungnahmen von R. ... (vgl. R. ..., Stellungnahme zum Thema Variantenbewertung und -vergleich vom 15.7.2019, S. 42 ff.; R. ..., Stellungnahme zum Fachbeitrag Prüfung von Vorhabenswirkungen, die die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL 200/06EG) beeinträchtigen können, Unterlage 13.5 Ä, vom 18.3.2021, S. 10 ff., GA Bl. 229, im Folgenden: Stellungnahme vom 18.3.2021) und entzieht sich damit aber der erforderlichen eigenständigen Begründung (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 15; Nds OVG, U.v. 14.8.2015 – 7 KS 148/12 – NVwZ-RR 2016, 254 = juris Rn. 21 ff.). Das Vorbringen lässt auch nicht erkennen, dass der Kläger die aus der Stellungnahme von R. ... vom 15. Juli 2019 übernommenen Passagen geprüft und fachlich durchdrungen hätte. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass in der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 verschiedentlich auf Abbildungen verwiesen wird, die offensichtlich zu einer anderen Thematik gehören. So wird auf S. 44 der Klagebegründung auf Abbildungen 12 und 13 verwiesen, die aber die lärmbetroffenen Objekte mit der Bahntrasse (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 109) bzw. die Konfliktkarte des LBP darstellen (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 113). Die zwischen den einzelnen kopierten Passagen eingefügten, vom Kläger selbstformulierten Sätze sind aus sich heraus nicht verständlich bzw. stellen unsubstantiierte Behauptungen dar. So erläutert der Kläger nicht, welche negativen Auswirkungen auf die Anhang II-Arten des FFH-Gebiets Wörnitztal er wegen voraussichtlich erhöhter Nitratwerte im Grundwasser (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 26) befürchtet oder welche neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Planfeststellungsbeschluss vermissen lässt (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 27). Gleiches gilt für die Forderung des Klägers, dass bei den schon existierenden Einleitstellen 4 und 6 die bestehende Belastung durch sonstige Abwässer zumindest als Vorbelastung hätte berücksichtigt werden müssen (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 26). Diese wurde im Übrigen im wasserrechtlichen Fachbeitrag berücksichtigt (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 40).
89
Unabhängig davon setzt sich der Kläger insoweit nicht mit den maßgeblichen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss bzw. Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss auseinander, warum eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets „Wörnitztal“ und des Europäische Vogelschutzgebiets „Nördlinger Ries und Wörnitztal“ offensichtlich ausgeschlossen werden kann. Das Hauptargument der Planfeststellungsbehörde, eine erhebliche Beeinträchtigung der beiden Gebiete durch die Einleitung von Straßenabwässer in die Wörnitz sei wegen des im Bereich der Stadt Dinkelsbühl vorkommenden Mittelwasserabflusses von etwa 1.500 l/s im Vergleich zu den ihr zusätzlich zugeführten Wassermenge aus Straßenabflüssen von nur knapp 270 l/s an verschiedenen voneinander in einiger Entfernung liegender Stellen nicht zu besorgen (vgl. PFB, S. 188; PÄEB, S. 28), wurde vom Kläger nicht angegriffen.
90
c) Das vom Kläger geltend gemachte Ermittlungsdefizit, es hätte sich die Frage aufgedrängt, ob durch die Zerstörung der Lebensräume des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings entlang der Trasse, sog. „Trittsteinbiotope“ verloren gingen, die als Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „Wörnitztal“ angegeben würden und deren Wegfall Auswirkungen auf den Bestand der Art im FFH-Gebiet haben könnte, ist nicht substantiiert dargelegt (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 47). Der Kläger zeigt nicht auf, aus welchem Grund sich eine solche Untersuchung der Planfeststellungsbehörde hätte aufdrängen müssen. Allein die Nennung des Erhaltungsziels genügt hierfür nicht, zumal es sich bei den als Erhaltungsziel aufgeführten „Trittsteinbiotopen“ (vgl. PFB, S. 186; Natura – 2000 Bayern, Gebietsbezogene Konkretisierung der Erhaltungsziele, Stand 19.2.2016, S. 3) um solche innerhalb des FFH-Gebiets handelt, wie der Sachverständige Dipl. Geograph B. … in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2023 bestätigt hat, und sich die vom Kläger zitierten Passagen des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. PFB, S. 214 und S. 247 – 252) eindeutig auf artenschutzrechtliche Verbotstatbestände beziehen.
91
Abgesehen davon liegt kein Ermittlungsdefizit vor. Das Schutzregime des § 34 BNatSchG beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das Schutzgebiet in seinen administrativen Grenzen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 399). § 34 Abs. 2 BNatSchG verbietet die erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen unabhängig davon, ob das Projekt innerhalb des Gebiets oder von diesem entfernt liegt. Entscheidend ist, ob sich das Vorhaben nachteilig auf das Gebiet als solches auswirkt (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170,33 = juris Rn. 399 m.w.N.). Eine Beeinträchtigung eines Erhaltungsziels in einem FFH-Gebiet kann damit auch dann vorliegen, wenn sich das Projekt außerhalb des FFH-Gebiets befindet, aber dessen Auswirkungen geeignet sind, die Erhaltungsziele innerhalb des Gebiets zu beeinträchtigen (vgl. BVerwG, U.v. 19.5.1998 – 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 = juris Rn. 66; U.v. 23.2.2005 – 4 A 4.04 – BVerwGE 123, 37 = juris Rn. 39; U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 88). Eine solche Konstellation ist jedoch zur Überzeugung des Gerichts vorliegend auszuschließen. In der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2023 hat der Sachverständige Dipl. Geograph B. … plausibel erläutert, dass die Hauptpopulation des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings mit 300 bis 400 Exemplaren im 3.800 ha großen FFH-Gebiet „Wörnitztal“ angesiedelt sei (vgl. auch Managementplan für das FFH-Gebiet 7029-371 und das Vogelschutzgebiet 7130-471 „Wörnitztal“, Herbst 2014, S. 112, abrufbar unter https://www.lfu.bayern.de/natur/natura2000_managementplaene/7028_7942/ doc/ 7029_371/texte/ de7029371 _t_ge_nfin_ffin.pdf. letztmals aufgerufen am 7.3.2024) und nach den faunistischen Erhebungen im Jahr 2016 entlang der Trasse nur neun Exemplare gefunden worden seien (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 57). Die an der zukünftigen Trasse lebenden Exemplare gehörten zu dieser Metapopulation. Er kam daher für das Gericht nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Gesamtpopulation des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings im FFH-Gebiet durch den Verlust von den im Vergleich zur Größe des FFH-Gebiets kleinen Lebensräumen entlang der Trasse nicht beeinträchtigt wird, weil es sich bei der entlang der Trasse lebenden Exemplare von Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulingen um keinen erheblichen Anteil der Metapopulation innerhalb des FFH-Gebiets handele. Der im Managementplan für das FFH-Gebiet „Wörnitztal“ DE 7029-371 als gut bewertete Populationszustand würde sich durch den Verlust der Lebensräume an der Trasse nicht verschlechtern, da der Schmetterling zu seiner Vermehrung auf die verloren gehenden Flächen nicht angewiesen sei (vgl. Managementplan für das FFH-Gebiet 7029-371 und das Vogelschutzgebiet 7130-471 „Wörnitztal“, Herbst 2014, S. 112, abrufbar unter https://www.lfu.bayern.de/natur/natura2000_managementplaene/7028_7942/doc/ 7029_371/texte/de 7029371_t_ge_ nfin_ffin.pdf., letztmals aufgerufen am 7.3.2024). Die Ausführungen des Sachverständigen werden im Übrigen durch die saP bestätigt (vgl. Unterlage 12.4 T, S. 59).
92
d) Der Vorwurf des Klägers, bei den in der Unterlage 12.2 aus dem Jahr 2014 ersichtlichen Zerschneidungen des Lebensraumtyps (LRT) 6510 (vgl. Anhang I zur FFH-RL: magere Flachland-Mähwiese) handle es sich nicht nur um einen Verstoß gegen das Artenschutzrecht, sondern auch um einen Umweltschaden i.S.d. § 19 BNatSchG, berücksichtigt nicht, dass die Unterlage 12.2 aus dem Jahr 2014 nicht Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Februar 2019 ist. In der planfestgestellten Unterlage 12.2T, die Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Februar 2019 ist, sind keine Flächen des Lebensraumtyps 6510 eingetragen. Die Frage, ob ein Umweltschaden i.S.d. § 19 BNatSchG vorliegt, ist zudem keine Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses.
93
5. Der Planfeststellungsbeschluss ist auch im Übrigen mit naturschutzfachlichen Vorgaben vereinbar. Er genügt der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§§ 13 ff. BNatSchG). Der vom Kläger mit der Begründung geltend gemachte Verstoß gegen § 15 Abs. 2 BNatSchG, dass der Kompensationsflächenbedarf für die in Anspruch genommenen artenreichen Mähwiesen höher als von der Planfeststellungsbehörde angenommen sei (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 50 f.), liegt nicht vor. Der von der Planfeststellungsbehörde ermittelte quantitative Umfang zum Ausgleich für die Beeinträchtigung dieser Flächen nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist nicht zu beanstanden.
94
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs in Natur und Landschaft (§ 14 Abs. 1 BNatSchG) verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahme). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG). Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG). Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden durch die am 7. August 2013 von der Bayerischen Staatsregierung erlassenen Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft geregelt (vgl. § 15 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG, Art. 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 BayNatSchG; GVBl. S. 352; im Folgenden: BayKompV), die am 1. September 2014 in Kraft getreten ist (vgl. § 24 Satz 1 BayKompV). Vor Inkrafttreten der BayKompV bestanden für den Bereich des Straßenbaus Vollzugshinweise (vgl. Grundsätze für die Ermittlung von Ausgleich und Ersatz nach Art. 6 und 6a BayNatSchG bei staatlichen Straßenbauvorhaben“ der früheren Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 21. Juni 1993, im Folgenden: Grundsätze). Bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens steht der Planfeststellungsbehörde ebenso wie bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2016 – 9 A 25.15 – NVwZ 2017, 627 = juris Rn. 16; U.v. 9.11.2017 – 3 A 4.15 – BVerwGE 160, 263 = juris Rn. 74).
95
Die Planfeststellungsbehörde stützt die Ermittlung des Ausgleichsbedarfs auf die Grundsätze der früheren Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, weil die am 1. September 2014 in Kraft getretene BayKompV nach der Übergangsvorschrift des § 23 Abs. 1 BayKompV nicht anwendbar sei. Der Antrag auf Planfeststellung unter Vorlage der Planfeststellungsunterlagen sei noch am 29. August 2014 bei der Planfeststellungsbehörde eingegangen und der Vorhabenträger habe die Anwendung der Regelungen der BayKompV nicht beantragt (vgl. PFB, S. 283). Im Hinblick auf die Kompensation für den Verlust von artenreichen Mähwiesen legt die Planfeststellungsbehörde unter Verweis auf Punkt 1.1. der Grundsätze einen Ausgleichsfaktor von 1,0 zugrunde (PFB, S. 287).
96
Die dagegen vom Kläger geführte Kritik hat keinen Erfolg.
97
a) Das klägerische Vorbringen, die Ermittlung des Ausgleichsbedarfs müsse auf Grundlage der BayKompV erfolgen, greift schon deshalb nicht durch, da es die Anforderungen des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO an eine ordnungsgemäße Klageerhebung nicht erfüllt und damit materiell präkludiert ist. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO erfordert, dass sich der Kläger in der fristgerecht vorzulegenden Klagebegründung mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss substantiiert auseinandersetzt; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren wörtliche Wiederholung in der Klagebegründung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt diesen Begründungsanforderungen nicht. Denn Gegenstand der Klage sind nicht die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwände, sondern ist der Planfeststellungsbeschluss (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 16.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Leitsatz und Rn. 37; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12 jeweils zu inhaltsgleichen Bestimmungen; BayVGH, U.v. 20.7.2023 – 8 A 20.40020 – juris Rn. 96).
98
Die danach erforderliche Auseinandersetzung mit den ausführlichen Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. PFB, S. 283 f.) zur Frage der Anwendbarkeit der BayKompV (vgl. PFB, S. 283 f.) hat der Kläger nicht vorgenommen. Vielmehr hat er lediglich seine Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren (vgl. Schreiben vom 31.7.2018, digitale BA, Teil 5, Bl. 102) im „copy-paste-Modus“ in seine Klagebegründung eingefügt. Zur Anwendbarkeit der BayKompV führt der Planfeststellungsbeschluss aber aus, dass diese aufgrund der Überleitungsvorschrift in § 23 Abs. 1 BayKompV nicht anwendbar sei, weil der Antrag des Staatlichen Bauamts Ansbach auf Planfeststellung am 29. August 2014 bei der Planfeststellungsbehörde eingegangen sei, die BayKompV aber erst am 1. September 2014 in Kraft getreten sei (vgl. § 24 Satz 1 BayKompV) und auf Verfahren, die vor Inkrafttreten der Verordnung beantragt wurden, die Regelungen der Verordnung nicht anzuwenden seien (vgl. PFB, S. 283). Die Frage, ob die BayKompV Anwendung finde, wenn wie vorliegend nach Inkrafttreten der BayKompV die Planunterlagen zu einem Vorhaben geändert und erneut ausgelegt wurden, hat die Planfeststellungsbehörde unter Auseinandersetzung mit dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 BayKompV und der amtlichen Begründung zur BayKompV verneint (vgl. PFB, S. 283). Hierauf geht der Kläger ebenfalls nicht ein.
99
b) Soweit der Kläger kritisiert, dass die Planfeststellungsbehörde entgegen der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Ansbach vom 24. Februar 2015 (vgl. digitale BA, Teil 2, Bl. 409 ff.) für die Versiegelung von Ackerflächen und intensiv genutztem Grünland den Faktor 0,3 anwendet, ist sein Vorbringen ebenfalls nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO präkludiert, weil er sich auch diesbezüglich nicht mit den Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses auseinandersetzt, der dezidiert auf die Bedenken der unteren Naturschutzbehörde eingeht (vgl. PFB, S. 285 f.). Das bloße Bestreiten von Feststellungen im Planfeststellungsbeschluss genügt gerade nicht (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89).
100
c) Die Kompensation für den Verlust von artenreichen Mähwiesen (entsprechend der Definition des Lebensraumtyps 6510 nach Anhang I der FFH-RL) mit dem Ausgleichsfaktor 1,0 entsprechend Nr. 1.1 der Grundsätze ist nicht zu beanstanden. Der Vorwurf des Klägers, die Einordnung der Flächen unter Nr. 1.1 der Grundsätze als „wiederherstellbare, der Biotopkartierung entsprechende Biotope mit kurzer Entwicklungszeit“ sei fachlich falsch, weil im Steckbrief zum Lebensraumtyp 6510 des Bundesamtes für Naturschutz der Lebensraumtyp als schwer regenerierbar beschrieben werde (vgl. Ackermann, Streitberger, Lehrke, Maßnahmenkonzepte für ausgewählte Arten und Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie zur Verbesserung des Erhaltungszustands von Natura 2000-Schutzgütern in der atlantischen biogeografischen Region, 2016, LRT 6510, S. 5 abrufbar unter www.bfn.de/themen/natura-2000/management/massnahmenkonzepte#anchor-2990 zuletzt aufgerufen am 8.3.2024; vgl. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 52 f.), ist nicht berechtigt.
101
Zur Frage der Zuordnung der artenreichen Mähwiesen unter Nr. 1.1 der Grundsätze führte der Vertreter der höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2023 aus, dass zum Lebensraumtyp 6510 „artenreiche Flachland Mähwiesen“ auch Glatthaferwiesen gehörten. Bei Glatthaferwiesen handle es sich um blütenreiche Wiesen, deren charakteristische und namensgebende Art der Glatthafer sei und die landwirtschaftlich genutzt würden. Solche Glatthaferwiesen fänden sich im Planungskorridor. Glatthaferwiesen könnten durch Ansaat und Mahtgutauftrag neu angelegt werden. Die Grundsätze der früheren Obersten Baubehörde unterschieden zwischen landwirtschaftlich genutzten Mähwiesen als Biotope mit kurzer Entwicklungszeit (vgl. Nr. 1.1 der Grundsätze) und Hecken, Streuobstwiesen und Wäldern mit naturnahen Elementen als Biotope mit längerer Entwicklungszeit (Nr. 1.2 der Grundsätze). Aufgrund dieser Unterscheidung seien die Glatthaferwiesen entsprechend dem Grundsatz 1.1 mit einem Ausgleichsfaktor 1,0 anzusetzen. Diese Einschätzung ist zur Überzeugung des Gerichts fachlich vertretbar; sie ist unter Berücksichtigung der Regelungssystematik der Grundsätze in sich stimmig.
102
6. Der Planfeststellungsbeschluss vom 28. Februar 2019 in Gestalt des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 ist auch in wasserrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Der unter A Nr. 4.1.1. des Planfeststellungsbeschlusses auf der Grundlage von § 19 Abs. 1 WHG (vgl. BVerwG, U.v. 23.6.2020 – 9 A 23.19 – Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 77 = juris Rn. 49) miterteilten gehobenen Erlaubnis gem. § 8 Abs. 1, § 15 Abs. 1 WHG zur Benutzung verschiedener Oberflächenwasserkörper und des Grundwassers durch Einleiten gesammelter Abwässer sowie der unter A Nr. 4.1.2. des Planfeststellungsbeschlusses erteilten Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG für das Absenken und Ableiten des Grundwassers während der Bauzeit stehen unter Berücksichtigung der angeordneten Nebenbestimmungen (vgl. PFB, S. 16 ff.; PÄEB, S. 8 f.) keine Versagungsgründe nach § 12 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 10 WHG entgegen. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG ist eine Erlaubnis zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind. Eine „schädliche Gewässerveränderung“ liegt nach § 3 Nr. 10 WHG u.a. bei Veränderungen von Gewässereigenschaften vor, die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus aufgrund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben. Hierzu zählen auch das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot nach § 27 WHG und § 47 WHG (vgl. BT-Drs. 16/12275, S. 53).
103
a) Ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG in Bezug auf den betroffenen Oberflächenwasserkörper (im Folgenden: OWK) „Wörnitz bis Oberaumühle (DE_RW_DEBY_1_F093) liegt nicht vor.
104
Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG sind oberirdische Gewässer, soweit sie nicht nach § 28 WHG als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i der RL 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 der RL 2014/101/EU der Kommission vom 30. Oktober 2014 (ABl. L 311 S. 32; im Folgenden: WRRL). Eine Verschlechterung im Sinne dieser Bestimmung liegt nach der Rechtsprechung des EuGH vor, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente (im Folgenden: QK) des Anhangs V der WRRL um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des OWK insgesamt führt. Ist die betreffende QK bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine Verschlechterung des Zustands eines OWK im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i WRRL dar (vgl. EuGH, U.v. 1.7.2015 – C-461/13 – NVwZ 2015, 1041 = juris Rn. 70; BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 479).
105
Die Einwände des Klägers in der Klagebegründung vom 18. Juli 2019 in Bezug auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot des OWK „Wörnitz bis Oberaumühle“ haben sich durch den Erlass des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 erledigt (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 513). Soweit der Kläger nunmehr Einwendungen im Hinblick auf die Prüfung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots nach § 27 Abs. 1 WHG gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 erhebt, sind diese nicht begründet.
106
aa) Die Kritik des Klägers, dass die biologischen QK vor Baubeginn bzw. „vor Erlass eines Planfeststellungsverfahrens“ beurteilt werden müssten, der wasserrechtliche Fachbeitrag zur WRRL (Unterlage 13.5 Ä) aber ausführe, dass eine Veränderung der biologischen QK von Oberflächengewässern erst eine gewisse Zeit nach Umsetzung einer Maßnahme direkt festgestellt werden könne und daher hilfsweise vor der Umsetzung die potentielle Auswirkung anhand der hydromorphologischen und der allgemein physikalisch-chemischen QK geprüft werde (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 13 f.), ist unbegründet.
107
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist nicht der Baubeginn. Vielmehr sind die zuständigen Behörden verpflichtet, im Laufe des Genehmigungsverfahrens und somit vor Erlass einer Entscheidung zu prüfen, ob das Projekt negative Auswirkungen auf die Gewässer haben kann, die den Pflichten zuwiderliefen, die Verschlechterung des Zustands der Oberflächen- und Grundwasserkörper zu verhindern und diesen Zustand zu verbessern (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 346 = juris Rn. 23; U.v. 6.10.2022 – 7 C 4.21 – BVerwGE 176, 313 = juris Rn. 45; EuGH, U.v. 28.5.2020 – C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 76). Der hier maßgebliche wasserrechtliche Fachbeitrag (Unterlage 13.5 Ä) wurde rechtzeitig im Genehmigungsverfahren erstellt nämlich im Rahmen des Planergänzungsverfahrens. Das Planergänzungsverfahren ist, auch wenn es nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt wird, Teil des einheitlichen Planfeststellungsverfahrens (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 33). Die Planfeststellungsbehörde ist befugt, jederzeit bei einem erkannten bzw. möglichen Fehler das Verfahren wiederaufzunehmen und es erneut zu Ende führen (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 30 m.w.N.).
108
Bei der Prüfung des Verschlechterungsverbots ist eine Auswirkungsprognose anzustellen. Eine ordnungsgemäße Prüfung setzt regelmäßig sowohl eine Ermittlung des Ist-Zustands als auch eine Auswirkungsprognose für die einzelnen zu bewertenden Gewässer, also eine wasserkörperbezogene Prüfung voraus (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 22). Diesen Vorgaben entspricht der vorliegende wasserrechtliche Fachbeitrag (Unterlage 13.5 Ä). Nach Beschreibung des ökologischen und chemischen Zustands aller in Betracht kommender Wasserkörper hinsichtlich der in der WRRL definierten QK und Beschreibung der Bewirtschaftungsziele werden die möglichen (potentiellen) Auswirkungen des Vorhabens auf die QK der Wasserkörper und ihre Bewirtschaftungsziele geprüft (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 3, 12 ff.).
109
bb) Für das Erlaubnisverfahren ist entgegen der Auffassung des Klägers (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 14; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 12) auch kein Antrag nach den Regelungen der auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 2 Satz 2 BayWG erlassenen Verordnung über Pläne und Beilagen im wasserrechtlichen Verfahren vom 13. März 2000 (GVBl. S. 156), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 727; im Folgenden: WPBV), erforderlich.
110
Die Regelungen der Verordnung sind auf das vorliegende Planfeststellungsverfahren nicht anwendbar. Nach § 1 Abs. 1 WPBV sind Vorhaben, für die ein wasserrechtliches Verfahren durchzuführen ist, in Plänen und Beilagen (Unterlagen) so darzulegen, dass das Vorhaben selbst und seine Auswirkungen, insbesondere auf den Wasserhaushalt, die Gewässereigenschaften, den Zustand der Gewässer und andere Umweltbereiche ersichtlich sind. Vorliegend liegt aber kein Vorhaben vor, für das ein wasserrechtliches Verfahren durchzuführen wäre, sondern ein fernstraßenrechtliches Planfeststellungsverfahren nach § 17 ff. FStrG. Gem. § 19 Abs. 1 WHG entscheidet die Planfeststellungsbehörde auch über die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis, wenn bei einem Vorhaben, mit dem die Benutzung eines Gewässers verbunden ist, ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Durch diese Einbindung der Erlaubniserteilung in das Planfeststellungsverfahren wird zugleich zum Ausdruck gebracht, dass sich das Verfahren grundsätzlich insgesamt nach den Vorschriften des jeweils einschlägigen Planfeststellungsrechts richtet. Es kommt zu einer Zuständigkeits- und Verfahrenskonzentration (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – BVerwGE 133, 239 = juris Rn. 32 zur Vorgängerregelung in § 14 Abs. 1 WHG in der bis 28.2.2010 geltenden Fassung; NdsOVG, U.v. 4.7.2017 – 7 KS 7/15 – DVBl 2017, 1440 = juris Rn. 112; OVG SA, B.v. 20.3.2023 – 2 L 7/20.Z – ZfB 2023, 209 = juris Rn. 39). Ein wasserrechtliches Verfahren ist deshalb nicht durchzuführen.
111
Im Übrigen legt der Kläger auf der Grundlage der WPBV nicht dar, welche Pläne und Beilagen er im konkreten Fall vermisst bzw. seiner Meinung nach vorzulegen gewesen wären. Denn die §§ 4 bis 12 WPBV bestimmen nur, welche Unterlagen grundsätzlich für eine Beurteilung des Vorhabens und seiner Auswirkungen erforderlich sind (vgl. § 1 Abs. 2 WPBV). Welche Unterlagen vom Vorhabenträger im Einzelfall vorzulegen sind, wird erst im Benehmen mit der nach Art. 63 Abs. 3 BayWG zur Mitwirkung verpflichteten wasserwirtschaftlichen Fachbehörde festgelegt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 WPBV). Dabei kann auf die Vorlage einzelner Unterlagen verzichtet werden (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 3, 1. Spiegelstrich WPBV).
112
cc) Der Vorwurf, die repräsentative Messstelle Nr. 2617 „OWK Messstelle Br. oh. Emdg. Sulzach“ für den betroffenen OWK „Wörnitz bis Oberaumühle“ sei vorliegend nicht maßgeblich, weil das Unionsrecht eine vorhabenbezogene Betrachtung der Auswirkungen auf den OWK erfordere und die Messstelle gerade dazu in der Lage sein müsse, die Auswirkungen des jeweiligen Vorhabens abzubilden und damit so in räumlicher Nähe zum Eingriff belegen sein müsse, dass sie die Auswirkungen potentiell erfassen könne (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 8 ff.; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 6 f.; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 4; Schriftsatz vom 7.4.2022, S. 5), ist nicht begründet.
113
(1) Räumliche Bezugsgröße für die Prüfung der Verschlechterung bzw. einer nachteiligen Veränderung ist ebenso wie für die Zustandsbewertung grundsätzlich gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a Nr. i WRRL, der OWK in seiner Gesamtheit (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 506; Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Stellungnahme vom 1.10.2019, S. 1, GA Bl. 110). Gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG i.V.m. Art. 2 Nr. 10 WRRL ist ein OWK ein einheitlicher und bedeutender Abschnitt eines Oberflächengewässers bzw. ein Teil eines Flusses. Ort der Beurteilung sind die für den Wasserkörper repräsentativen Messstellen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 506). Lokal begrenzte Veränderungen sind daher nicht relevant, solange sie sich nicht auf den gesamten Wasserkörper oder andere Wasserkörper auswirken (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 506; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 = juris Rn. 141). Das Fehlen von Messungen in räumlicher Nähe zum Eingriff ist somit nicht zu beanstanden. Dass sich lokal begrenzte Veränderungen der unterstützenden QK in spezifischer Weise auf die biologische QK mit Relevanz für den gesamten OWK „Wörnitz bis Oberaumühle“ auswirkten und deshalb Teilbereiche des OWK zusätzlich gesondert untersucht werden müssten, hat der Kläger nicht geltend gemacht.
114
Davon, dass Bezugspunkt für die Beurteilung einer Verschlechterung nach Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a Nr. i WRRL der OWK in seiner Gesamtheit ist, geht auch der EuGH in seiner Entscheidung vom 1. Juli 2015 aus (vgl. EuGH, U.v. 1.7.2015 – C-461/13 – NVwZ 2015, 1041 = juris Rn. 70) aus. Da angesichts dessen kein Raum für vernünftige Zweifel an der richtigen Auslegung des Unionsrechts bestehen, gibt es entgegen der Ansicht des Klägers (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8.12.2023, S. 4) keinen Anlass, dem EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV die Frage vorzulegen, ob für die Ermittlung, ob ein Vorhaben zu einer Verschlechterung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 WRRL führen kann, eine vorhabenbezogene Messstelle im Einwirkungsbereich des geplanten Vorhabens errichtet werden muss, die in der Lage ist, den Ausgangszustand des betroffenen Gewässerkörpers im Einwirkungsbereich des geplanten Vorhabens abzubilden.
115
(2) Der Repräsentativität der bestehenden Messstelle Nr. 2617 „OWK Messstelle Br. oh. Emdg. Sulzach“ steht, anders als der Kläger meint, ihre Belegenheit oberhalb der Einmündung der Sulzach nicht entgegen (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 7). Nach § 10 Abs. 1 der Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer vom 20. Juni 2016 (BGBl. I S. 1372; im Folgenden: OGewV) richtet sich die Überwachung der OWK hinsichtlich ihres ökologischen und chemischen Zustands nach Anlage 10 zur OGewV. Nach Anlage 10 Satz 2 zur OGewV sind Parameter, Messstellen und Überwachungsfrequenzen so auszuwählen, dass eine hinreichende Zuverlässigkeit und Genauigkeit bei der Bewertung des ökologischen oder chemischen Zustands des OWK erreicht wird. Diesen Anforderungen wird die Messstelle gerecht. Die Messstelle repräsentiert 80% der Länge des OWK „Wörnitz bis Oberaumühle“ und rund 272 km2 des gesamten (hydrogeologischen) Einzugsgebiets (vgl. …, Stellungnahme vom 18.10.2021, GA Bl. 320; Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Stellungnahme vom 1.10.2019, GA Bl. 110). Bei einer Belegenheit unterhalb der Einmündung der Sulzach wäre dies nicht mehr gegeben. Nach der Einmündung der Sulzach bis zum Ende des OWK Wörnitz kommt nur noch rund 52 km2 hydrogeologisches Einzugsgebiet der Wörnitz dazu. Der OWK Sulzach hat selbst ein Einzugsgebiet von rund 191 km2 (vgl. …, Stellungnahme vom 18.10.2021, S. 1, GA Bl. 320). Unterhalb der Einmündung, wären die Messwerte für die Wörnitz somit deutlich von der Sulzach überprägt und nicht mehr für die Wörnitz repräsentativ (vgl. …, Stellungnahme vom 18.20.2021, S. 2, GA Bl. 320). Die Lage der repräsentativen Messstelle ist insoweit richtig gewählt.
116
(3) Der Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 28. Mai 2020 (C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 118), wonach eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b Ziff. i der WRRL schon dann festzustellen sei, wenn eine QK an nur einer Überwachungsstelle nicht erfüllt sei, besagt nichts über die Anforderungen an eine repräsentative Messstelle für einen OWK.
117
dd) Der klägerische Einwand, die hydromorphologischen QK nach Anlage 3 Nr. 2 der OGewV seien veraltet, weil sie alle sechs Jahr überprüft werden müssten, was hier offenbar nicht geschehen sei (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 10) erfüllt nicht die Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO an einen ordnungsgemäßen Klagevortrag, da der Kläger die Passage aus der Stellungahme von R. ... wörtlich übernommen hat (vgl. R. ..., Stellungnahme vom 18.3.2021, S. 6, GA Bl. 229 ff.), ohne sie prüfen, zu sichten und zu durchdringen (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2010 – 6 B 59.10 u.a. – NJW 2011, 1894 = juris Rn. 9; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 15 m.w.N.). Bei einer ordnungsgemäßen Prüfung hätte der Kläger bemerkt, dass der wasserrechtliche Fachbeitrag die hydromorphologischen QK „Wasserhaushalt“ und „Morphologie“ als nicht klassifiziert ausweist, d.h. dass keine (veralteten) Daten vorliegen (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 23).
118
ee) Ebenfalls nicht begründet ist die Kritik, die notwendigen QK im Ist-Zustand seien unzureichend ermittelt und bewertet worden (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 15).
119
(1) Die hydromorphologischen QK „Wasserhaushalt“ und „Morphologie“ mussten entgegen der Auffassung des Klägers nicht klassifiziert werden (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 16), da vorhabenbedingt Veränderungen der hydromorphologischen QK nicht zu erwarten sind (vgl. …, Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 4, GA Bl. 263 ff.). Die Ermittlung von Stoffen ist entbehrlich, wenn ersichtlich ist, dass sie für die Auswirkungsprognose ohne Relevanz sind (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 160, 163; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 26).
120
Soweit er dazu weiter vorträgt, das Vorhaben habe wegen des starken Gefälles und der erhöhten Wassermenge an der Einleitstelle E 4 Auswirkungen auf die Hydromorphologie der Wörnitz (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 11 f.), berücksichtigt der Kläger nicht, dass entsprechend der Nebenbestimmung A 4.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses der Abfluss auf 65 l/s gedrosselt ist und diese Einleitmenge bei einem Mittelwasserabfluss der Wörnitz von 2.366 l/s nicht zu hydromorphologischen Veränderungen führt (vgl. …, Stellungnahme vom 18.10.2021 S. 4, GA Bl. 319 ff.; … Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 4, GA Bl. 263 ff).
121
(2) Eine Ermittlung des Qualitätsquotienten war entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 8; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 4 f.). Qualitätsquotienten dienen gem. § 5 Abs. 3 OGewV i.V.m. Anlage 5 zur OGewV der Einstufung des ökologischen Zustands. Für sie sind Grenzwerte bestimmt, die die Grenze zwischen dem sehr guten und guten bzw. guten und mäßigen Zustand der ökologischen QK festlegen (vgl. Anlage 5 Nr. 1 zur OGewV). Für die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot sind die ökologischen Qualitätsquotienten im Ist-Zustand von Bedeutung, weil ihre vorhabenbedingte Veränderung zu einer Verschlechterung einer biologischen QK führt, wenn sie mit einer Grenzwertunterschreitung einhergeht (vgl. § 5 Abs. 3 OGewV; Anlage 5 zur OGewV; BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 162). Da vorliegend bereits Berechnungen ergaben, dass für alle betrachteten Parameter inklusive der allgemein physikalisch-chemischen Parameter nach Anlage 7 zur OGewV die messbaren Konzentrationserhöhungen bei weitem unterschritten werden und somit kein Indiz vorlag, dass sich die biologischen QK vorhabenbedingt verschlechtern würden, kam es auf die ökologischen Qualitätsquotienten im Ist-Zustand nicht an (vgl. …, Stellungnahme vom 18.10.2021, S. 4; GA Bl. 319 ff.; Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Gutachten vom 28.10.2020, S. 10, digitale BA, erg_Verfahren_anonym, Bl. 864; vgl. auch NdsOVG, U.v. 27.8.2019 – 7 KS 24/17 – juris Rn. 411).
122
ff) Der Vorwurf des Klägers, die Auswirkungen des Vorhabens auf die biologischen QK seien nicht geprüft worden, trifft nicht zu. Der wasserrechtliche Fachbeitrag und sich darauf stützend die Planfeststellungsbehörde stellen eine Auswirkungsprognose an (vgl. Unterlage 13.5. Ä, S. 29 ff.; PÄEB, S. 22 ff.). Die diesbezüglichen Einwendungen des Klägers sind nicht begründet.
123
(1) Die Annahme des Klägers, es verstoße gegen „Denkgesetze der formalen Logik“, eine Auswirkung auf biologische QK auszuschließen, wenn sich eine unterstützende QK nicht verschlechtert, die Verschlechterung einer biologischen QK müsse immer gesondert überprüft werden (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 9 ff.), lässt unberücksichtigt, dass eine Verschlechterung der biologischen QK, (Phytoplankton, Makrophyten/Phytobenhos, Makrozoobenthos, Fische, vgl. Anlage 3 Nr. 1 zu § 5 Abs. 1 Satz 1 OGewV; Anhang V Nr. 1.1.1 zur WRRL), die für die Bewertung des ökologischen Zustands eines OWK maßgebend sind (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 OGewV) erst eine gewisse Zeit nach Umsetzung einer Maßnahme direkt festgestellt werden kann (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 4; Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung – M WRRL, Ausgabe 2021, S. 18, 22). Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 OGewV sind daher bei der Bewertung der biologischen QK die hydromorphologischen und die allgemeinen physikalisch-chemischen QK unterstützend heranzuziehen. Dem entsprechen Anhang V Nr. 1.1 zur WRRL sowie die Definitionen des guten und des mäßigen ökologischen Zustands in diesem Anhang, die die hydromorphologischen und die physikalisch-chemischen QK jeweils als Funktionswerte der biologischen QK ausweisen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158,1 = juris Rn. 497). Es sind daher zunächst die Auswirkungen des Vorhabens auf die unterstützenden QK und im Anschluss daran deren Wirkungen auf die biologischen QK mittels einer Auswirkungsprognose zu prüfen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158,1 = juris Rn. 499, 502; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 181).
124
(2) Soweit der wasserrechtliche Fachbeitrag (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 38 f.) für bestimmte Parameter (BSB5, Benzo(a) pyren, Blei, Cyanid) errechnete Konzentrationserhöhungen mit dem Hinweis außer Acht lässt, sie lägen unterhalb der Messbarkeitsschwelle bzw. innerhalb der Messungenauigkeit, ist dies nicht zu beanstanden. Der diesbezügliche Einwand des Klägers, überschritten Parameter bereits im Ist-Zustand die maßgeblichen Grenzwerte (z.B. BSB5) oder würde davon in einer worst-case-Annahme ausgegangen, stelle jede weitere, auch errechnete Konzentrationserhöhung einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot dar (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021. S. 16 f; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 14 f.; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 6 f.; Schriftsatz vom 7.4.2022, S. 1 ff.), ist nicht berechtigt.
125
Das Verschlechterungsverbot nach Art. 4 Abs. 1 WRRL ist zwar auf Rechtsfolgen bezogen, knüpft aber gleichwohl an eine nachteilige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse an; das gilt auch für die Erhöhung der Konzentration von Schadstoffen (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 110). Auf eine nur rechnerisch ableitbare, gegebenenfalls minimale Erhöhung kann es damit nicht ankommen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 533; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 110). Rechnerisch nachweisbare Vorgänge sind nur dann rechtlich beachtlich, wenn sie im Tatsächlichen einen Niederschlag finden (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 110). Nur rechnerisch ermittelte Konzentrationserhöhungen von Schadstoffen, die im Tatsächlichen messtechnisch nicht nachweisbar wären, führen deshalb zu keiner Verschlechterung einer QK bzw. einer relevanten Schadstofferhöhung. Von einem solchen Verständnis geht ersichtlich auch der EuGH im Urteil vom 28. Mai 2020 (Az.: C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 119) aus. Darin stellt er ohne weitere Erläuterung bei der Frage der Verschlechterung auf eine Konzentrationserhöhung bei Schadstoffen ab und sieht damit – ungeachtet der ausdrücklichen Erwähnung einer (messbaren) Erhöhung der Konzentration in der Vorlagefrage (vgl. EuGH, U.v. 28.5.2020 – C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 48) keinen Anlass, ein als selbstverständlich vorausgesetztes Tatbestandsmerkmal näher zu problematisieren (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 110). Vor diesem Hintergrund ist die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8.12.2023, S. 4) angeregte Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Klärung der Frage, ob errechnete, aber messtechnisch nicht nachweisbare Konzentrationserhöhungen zu einer Verschlechterung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 WRRL führen können, nicht veranlasst.
126
Anders als der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH (U.v. 1.7.2015 – C-461/13 – NVwZ 2015, 1041 = juris Rn. 70) meint (vgl. insb. Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 7), handelt es sich bei der Außerachtlassung von nur rechnerisch ableitbaren Werten ohne Auswirkung auf die tatsächlichen Verhältnisse nicht um die Anwendung einer unzulässigen, auf einer Interessenabwägung beruhenden Erheblichkeitsschwelle. Vielmehr wird durch den Bezug auf eine messbare Veränderung den durch die verfügbaren naturwissenschaftlichen Methoden bedingten Grenzen der empirischen Erkennbarkeit einer Veränderung Rechnung getragen (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 50; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 110). Von solchen Grenzen geht auch der EuGH im Urteil vom 28. Mai 2020 (Az. C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 119) aus (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 110). Deshalb stellen fachlich begründete Grenzen, die sich auf die praktische Messbarkeit bzw. Nachweisbarkeit von Auswirkungen beziehen, keine unzulässige, auf einer Interessenabwägung beruhende Erheblichkeitsschwelle dar (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.2016 – 9 A 18.15 – BVerwGE 156, 215 = juris Rn. 109; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 = juris Rn. 144).
127
(3) Rechtlich bedenkenfrei ist auch die Bewertung der Planfeststellungsbehörde, es komme hinsichtlich der Stoffe Cyanid, Chlorid und Benzo(a) pyren vorhabenbedingt nicht zu einer Überschreitung der Grenzwerte; ein Verstoß gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG sei insoweit zu verneinen (vgl. PÄEB, S. 23 ff.).
128
(a) Die Rüge, die Ausgangskonzentration des Stoffes Cyanid hätte ermittelt werden müssen, zudem sei die angesetzte Messungenauigkeit von 20% viel zu hoch (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 17; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 13 f.; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 7), greift schon deshalb nicht, weil eine gesonderte Betrachtung von Cyanid als Bestandteil von Tausalz nicht erforderlich ist (vgl. Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Schreiben vom 1.10.2019, S. 2, GA Bl. 110; Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung, Ausgabe 2021, S. 30). Für die in Auftausalzen verwendeten Cyanidverbindungen wurde kein Grenzwert in Anlage 6 zur OGewV festgelegt. Der in Nr. 3 zur Anlage 6 zur OGewV aufgeführte Grenzwert für Cyanid betrifft das hoch toxische Cyanid-Anion (CN-) mit der CAS Nr. 57-12.5. Bei dem in Auftausalzen verwendeten Cyanid handelt es sich jedoch um die komplexe Cyanidverbindung (Natrium-)Ferrocyanid (Fe(CN)6), die die CAS-Nr. 13601-19-9 hat (vgl. Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Schreiben vom 1.10.2019, S. 2, GA Bl. 110; Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung, Ausgabe 2021, S. 30).
129
(b) Die vom Kläger vermisste Betrachtung einer Spitzenbelastung von Chlorid im Winter (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 19) ist im Hinblick auf den OWK „Wörnitz bis Oberaumühle“ vorsorglich im wasserrechtlichen Fachbeitrag erfolgt (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 41 f.) und im Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss behandelt worden (vgl. PÄEB, S. 24). Der Planänderungs- und -ergänzungbeschluss führt dazu aus, dass in Ermangelung hierzu getroffener Regelungen in der OGewV und sonstiger anerkannter Methoden die Bewertung anhand der Studie von Wolfram u.a., Chlorid – Auswirkungen auf die aquatische Flora und Fauna, Wien 2014, erfolge, die vom österreichischen Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in Auftrag gegeben worden ist. Sie werde in der Rechtsprechung als sachgerechte Methode anerkannt (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 191 f.). Die Planfeststellungsbehörde kommt in ihrer Bewertung unter Berufung auf den wasserrechtlichen Fachbeitrag zu dem Ergebnis, dass bei konservativer Betrachtung die kurzzeitige maximale Spitzenkonzentration bei knapp 84 mg/l und damit weit unterhalb des in der herangezogenen Studie für angemessen gehaltenen Richtwerts von 600 mg/l liege. Hiermit setzt sich der Kläger nicht auseinander, sondern wiederholt wörtlich die Ausführungen in der Stellungnahme von R. ... hierzu (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 20; R. ..., Stellungnahme vom 18.3.2021, S. 17, GA Bl. 229 ff.). Fehlt wie hier eine anerkannte Methode, kommt den Behörden bei der Entwicklung eigener, fallbezogener Methoden ein erweiterter Spielraum zu (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 191). Damit genügt allein die Berufung auf eine andere Methode – wie hier auf die Studie des Büros von Hydrobiologie aus dem Jahr 2010 – ohne darzulegen, dass die von der Planfeststellungsbehörde angewandte wissenschaftliche Methode unvertretbar wäre – nicht, um die Erwägungen der Planfeststellungsbehörde substantiiert in Zweifel zu ziehen.
130
(c) Der Vorwurf des Klägers, in Bezug auf den Parameter Benzo(a) pyren fehle die Angabe einer Ausgangskonzentration (vgl. insb. Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 7) und bei der Berechnung der Konzentrationserhöhung sei fälschlicherweise die Formel für Retentionsfilteranalgen verwendet worden, obwohl die Entwässerung über eine Versickerung in Straßenmulden und Dammlagen vorgesehen sei und eine solche Entwässerung mit der Wirkung von Retentionsbodenfilteranlagen nicht gleichzusetzen sei (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 15; Schriftsatz vom 7.4.2022, S. 6), ist nicht berechtigt.
131
Für eine ordnungsgemäße Prüfung des Verschlechterungsverbots ist zwar regelmäßig eine Ermittlung des Ist-Zustands erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 22). Auch sind bei einer unzureichenden Datenlage gegebenenfalls weitere Untersuchungen erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 160 m.w.N.). Eine vollständige Ermittlung des Ist-Zustands ist jedoch entbehrlich, wenn ersichtlich ist, dass er für die Auswirkungsprognose ohne Relevanz ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 160, 163; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 26). Dies ist der Fall, wenn die zu erwartende Konzentrationserhöhung unterhalb der Messbarkeit liegt und damit eine Auswirkung des Vorhabens auf den Parameter ausgeschlossen werden kann (vgl. oben Rn. 125). So liegt der Fall hier.
132
Beim Parameter Benzo(a) pyren handelt es sich um einen Stoff nach Anlage 8 zur OGewV (vgl. Tabelle 2, Nr. 29 der Anlage 8 zur OGewV). Dem Gebot der Konfliktbewältigung folgend legt der wasserrechtliche Fachbeitrag bereits die ab 22. Dezember 2021 geltende strengere JD-UQN von 0,00017 µg/l zugrunde (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Anlage 8, Tabelle 1, Nr. 28 Spalte 4, Tabelle 2 Nr. 29 zur OGewV; Unterlage 13.5 Ä, S. 35; vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 166). Er kommt bei seiner Berechnung der Konzentrationserhöhung ausgehend von dieser JD-UQN zu dem Ergebnis, dass sich durch die Einleitung der behandelten Straßenabwässer die Konzentration des Parameters Benzo(a) pyren nur so geringfügig erhöhen wird, dass sie weit unterhalb der Messungenauigkeit liegen würde und damit keine Verschlechterung im Sinne der WRRL anzunehmen sei (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 40). Ein Ausgangswert ist damit mangels Relevanz nicht zu ermitteln.
133
Die Kritik des Klägers an der im wasserrechtlichen Fachbeitrag verwendeten Berechnungsformel für Retentionsfilteranlagen führt zu keiner anderen Bewertung (vgl. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 15; Schriftsatz vom 7.4.2022, S. 6). Denn selbst nach den Berechnungen des Klägers bleibt die Konzentrationserhöhung im nicht messbaren Bereich, so dass sie ohne Auswirkung auf den ökologischen Zustand des OWK „Wörnitz bis Oberaumühle“ ist (vgl. …, Stellungnahme vom 18.10.2021, S. 6; GA Bl. 319 ff.)
134
gg) Soweit der Kläger Einwendungen im Hinblick auf die Einleitung von Grundwasser aus der Grundwasserhaltung in die Wörnitz erhebt (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 18, 24), gehen diese ins Leere, weil keine entsprechende wasserrechtliche Erlaubnis erteilt worden ist. Dem Vorhabenträger wurde nur eine beschränkte Erlaubnis zur Absenkung und Ableitung des Grundwassers erteilt (vgl. PFB, A 4.1.2 und S. 315).
135
hh) Sein Einwand, das neue Merkblatt DWA-A 102-2/BWK-A 3-2 „Grundsätze zur Bewirtschaftung und Behandlung von Regenwetterabflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer – Teil 2: Emissionsbezogene Bewertungen und Regelungen“, Dezember 2020, sei nicht beachtet worden (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 25), lässt außer Acht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am 28. Februar 2019 ist (vgl. oben Rn. 33 ff.). Im Übrigen würde die Regenwasserbehandlung auch die Anforderungen dieses Merkblatts erfüllen (vgl. …, Stellungnahmen vom 19.4.2021, S. 9, GA Bl. 263 ff.).
136
b) Der geltend gemachte Verstoß gegen das Verbesserungsgebot nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WHG in Bezug auf den OWK „Wörnitz bis Oberaumühle“, weil der Wert der JD-UQN von Cyanid überschritten sei (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 16 f.), hat sich durch den Hinweis des Sachverständigenbüros … auf einen bloßen Schreibfehler in Anlage 6 zum wasserrechtlichen Fachbeitrag (vgl. Unterlage 13.5 Ä, Anlage 6) erledigt (vgl. …, Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 5, GA Bl. 263 ff.). Weitergehende Einwendungen hat der Kläger nicht erhoben.
137
c) Das planfestgestellte Vorhaben steht auch in Bezug auf den betroffenen Grundwasserkörper „Sandsteinkeuper-Dinkelsbühl“ (DE_GB_DEBY_1_G032) mit dem Verschlechterungsverbot nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG in Einklang.
138
Nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG, der Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b Nr. i der WRRL umsetzt, ist von einer projektbedingten Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers (im Folgenden: GWK) sowohl dann auszugehen ist, wenn mindestens eine der Qualitätsnormen oder einer der Schwellenwerte im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der RL 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372, S. 19), zuletzt geändert durch die RL 2014/80/EU der Kommission vom 20.6.2014 (ABl. L 182, S. 52), überschritten wird, als auch dann, wenn sich die Konzentration eines Schadstoffs, dessen Schwellenwert bereits überschritten ist, voraussichtlich erhöhen wird (vgl. EuGH, U.v. 28.5.2020 – C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 119; BVerwG, U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 122; U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 = juris Rn. 38). Die an jeder Überwachungsstelle gemessenen Werte sind individuell zu berücksichtigen (EuGH, U.v. 28.5.2020 – C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 119).
139
Die vom Kläger hierzu vorgebrachten Kritikpunkte sind nicht berechtigt.
140
aa) Der Vorwurf, die repräsentative Messstelle AN 136 „Reichertsmühle Schachtbrunnen“ liege nicht im Eingriffsbereich des Vorhabens und sei deshalb nicht als repräsentativ anzusehen (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 11; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 5 f.), ist nicht berechtigt.
141
Nach Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b Nr. i WRRL führen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen durch, um die Einleitung von Schadstoffen in das Grundwasser zu verhindern oder zu begrenzen und eine Verschlechterung des Zustands aller GWK zu verhindern. Nach Art. 2 Nr. 12 WRRL ist ein GWK ein abgegrenztes Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter. Gemäß Anhang V Nr. 2.4 zur WRRL muss die Platzierung der Überwachungsstellen eine kohärente und umfassende Übersicht über den chemischen Zustand des Grundwassers in jedem Einzugsgebiet ermöglichen. Zu diesem Zweck sind in dieser Vorschrift verschiedene Kriterien für die Auswahl der Überwachungsstellen vorgesehen, die, wie durch Art. 4 Abs. 3 der RL 2006/118 bestätigt wird, repräsentative Überwachungsdaten liefern müssen (vgl. EuGH, U.v. 28.5.2020 – C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 114). Nach Anhang V Nr. 2.4.3 zur WRRL ist maßgebend für die Auswahl der Überwachungsstellen auch die Repräsentativität der an einer bestimmten Stelle gewonnenen Überwachungsdaten für die Qualität des jeweiligen GWK oder der jeweiligen GWK insgesamt. Bezugspunkt für die Repräsentativität einer Messstelle ist damit der GWK bzw. das Einzugsgebiet (vgl. OVG Saarl, U.v. 20.6.2023 – 2 C 220/21 – ZfB 2023, 275 = juris Rn. 92), nicht der Ort der Einwirkung. Dass die Grundwassermessstelle nicht repräsentativ für den hier maßgeblichen GWK wäre, hat der Kläger nicht substantiiert aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund bedarf es der von ihm angeregten Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Klärung der Frage, ob es für die Ermittlung einer vorhabenbezogenen Verschlechterung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 WRRL einer vorhabenbezogenen Messstelle im Einwirkbereich des Vorhabens bedürfe, die in der Lage ist, den Ausgangszustand des betroffenen GWK im Einwirkbereich des geplanten Vorhabens abzubilden (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8.12.2023, S. 4), nicht.
142
bb) Soweit der Kläger einwendet, dass der chemische Ist-Zustand des GWK nicht ermittelt worden sei, weil von den in der Anlage 2 zur Verordnung zum Schutz des Grundwassers (Grundwasserverordnung – GrwV) vom 9. November 2010 (BGBl. I S. 1513), zuletzt geändert durch Art. 1 der zweiten Verordnung vom 12. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1802; im Folgenden: GrwV) aufgeführten zwölf Stoffen und Stoffgruppen im wasserrechtlichen Fachbeitrag nur wenige angegeben würden, um eine Überschreitung bei anderen Stoffe nicht zu offenbaren (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 20 f.), berücksichtigt er nicht, dass lediglich vier der genannten Substanzen (Cadmium, Blei, Ammonium und Chlorid) in den behandelten Straßenabwässern enthalten sind (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 51; …, Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 8, GA Bl. 263 ff.). Stoffe, die im Straßenabwasser nicht enthalten sind, so dass insoweit Auswirkungen auf den GWK ausgeschlossen werden können, müssen nicht ermittelt und bewertet werden (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 26; Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung – M WRRL, Ausgabe 2021, S. 18).
143
cc) Mit der Kritik, der Chlorideintrag in das Grundwasser sei fehlerhaft ermittelt worden, dringt der Kläger ebenfalls nicht durch.
144
(1) Die Kritik des Klägers an der der Berechnung zugrunde gelegten Grundwasserneubildungsrate erfüllt nicht die Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO an einen strukturierten, ohne Weiteres aus sich heraus verständlichen Klagevortrag, mit der Folge, dass er nicht berücksichtigt und beschieden werden muss (vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2018 – 9 B 26.18 – juris Rn. 25; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89; U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 27). Der Kläger beschränkt sich zum einen auf eine nahezu wörtliche, auszugsweise Wiedergabe der Ausführungen in den Stellungnahmen von R. ... (vgl. R. ..., Stellungnahme vom 18.3.2021, S. 19 ff. und Stellungnahme vom 16.9.2021, S. 19 ff.; Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 22 ff. und Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 16 f.), ohne seine Ausführungen zu strukturieren, so dass sie nicht nachvollziehbar sind. Dies ist insbesondere deswegen der Fall, weil Verweise auf im Schriftsatz nicht enthaltene Abbildungen gemacht (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 23 unten, S. 24 oben) und die in Bezug genommene Studien von WOLFRAM ohne Titel, Erscheinungsjahr und Seitenangabe angeführt werden (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 24 oben). Hinzu kommt, dass die im Schriftsatz vom 17. September 2021 (dort S. 17) abgebildete Karte einen viel zu kleinen Maßstab hat (Maßstab 1:288.896), so dass weder erkennbar ist, wo die Stadt Dinkelsbühl oder der betroffenen GWK liegen, noch die farblichen Schattierungen exakt einer bestimmten Grundwasserneubildungsrate zugeordnet werden können. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, einen unübersichtlichen, aus sich heraus nicht verständlichen Vortrag zu sortieren und aus beigefügten Gutachten oder mittels eigener Recherchen im Internet dasjenige herauszufiltern, was für einen schlüssige und substantiierte Klagevortrag geeignet sein könnte (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89; U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 27).
145
Unabhängig davon, bliebe selbst bei einer Grundwasserneubildungsrate von nur 50 mm/a, die der Kläger als geringste mögliche anführt (vgl. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 17), die Chloridkonzentration unterhalb des maßgeblichen Schwellenwertes (vgl. …, Stellungnahme vom 18.10.2021, S. 7, GA Bl. 319 ff.).
146
(2) Soweit der Kläger ausführt, Bezugspunkt für die Beurteilung der Chloridfracht im Grundwasser müsse die Zone II des Trinkwasserschutzgebiets der Stadt Dinkelsbühl „Mutschach“ sein, weil das Vorhaben direkt angrenze (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 23), lässt er die Fließrichtung des Grundwasserstroms außer Acht. Da das Vorhaben südlich der Zone II des Trinkwasserschutzgebiets geplant ist und die Fließrichtung des Grundwasserstroms in Richtung Südwesten zeigt, ist das Trinkwasserschutzgebiet nicht betroffen (vgl. PFB, S. 315; …, Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 9, GA Bl. 263 ff.; Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Gutachten vom 28.10.2020, S. 10, digitale BA, erg_Verfahren_anonym, Bl. 850 ff.).
147
(3) Der Vorwurf des Klägers, eine Versickerungsrate von 50% der aufgebrachten Tausalzfracht im Straßenseitenraum außerhalb der vorgesehenen dränierten Versickerungsmulden sei viel zu gering, es müsse eine Versickerungsrate von 80% angenommen werden, ist unbegründet (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 23; Schriftsatz von 17.9.2021, S. 16). Der im wasserrechtlichen Fachbeitrag verwendete Ansatz von einer Versickerungsrate des durch Tausalz belasteten Straßenabwassers ins Grundwasser von 50% (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 51) ist nicht zu beanstanden. Für die Berechnung der Chloridkonzentration des Grundwassers durch Straßenabwässer geht der wasserrechtliche Fachbeitrag davon aus, dass trotz der gedichteten, dränierten Versickerungsmulden mit Ableitung in die Wörnitz, ein Teil der Tausalzfracht in den Straßenseitenraum als Salzkorn oder durch Spritzwasser verdriftet und so in das Grundwasser gelangt (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 51). Das Sachverständigenbüro … erläutert zur Verteilung der Tausalzfracht plausibel, dass die vom Kläger angenommene Rate von 80% nach der einschlägigen Fachliteratur nur dann anzunehmen sei, wenn der gesamte Straßenabfluss in das Grundwasser versickert werde und die restlichen 20% als Verlust angesetzt würden. Aufgrund der hier geplanten dränierten und nach unten abgedichteten Versickerungsmulden sei entsprechend des fachlichen Erkenntnisstandes die Verteilung der Tausalzfracht in die Versickerungsmulden mit 40%, in den Straßenseitenraum mit 40% und 20% als Verlust anzusetzen. Mit einer Annahme von 50% liege man daher auf der sicheren Seite (vgl. …, Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 8, GA Bl. 263 ff.; …, Stellungnahme vom 18.10.2021, S. 7, GA Bl. 319 ff.). Dagegen hat der Kläger keine Einwände mehr erhoben.
148
(4) Soweit der Kläger die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a GrwV für unvereinbar mit Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b Nr. i der WRRL hält, weil nach der Rechtsprechung des EuGH eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines GWK schon dann festzustellen ist, wenn eine QK an nur einer Überwachungsstelle nicht erfüllt werde, während § 7 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a GrwV eine Verschlechterung ausschließe, wenn die flächenhafte Ausdehnung der Belastung eines Stoffes weniger als ein Fünftel der Fläche des GWK betrage (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 8), kommt es darauf entscheidungserheblich nicht an. Denn nach den Ausführungen des wasserrechtlichen Fachbeitrags wird unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH vom 28. Mai 2020 (Az.: C 535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 119) bereits der Schwellenwert für Chlorid an keiner Überwachungsstelle überschritten (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 52). Die Ausdehnungsberechnung erfolgte lediglich zur Abschätzung, ob es bei der nächstgelegenen Überwachungsstelle zu einer Grenzwertüberschreitung kommen könnte (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 53; PFB, S. 27). Zudem berücksichtigt der Kläger bei seinem Einwand nicht, dass GWK, in denen an mindestens einer Messstelle ein Schwellenwert überschritten ist, auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 GrwV erfüllt sind, nicht ohne Weiteres einen guten chemischen Zustand, sondern vielmehr einen schlechten chemischen Zustand aufweisen, der nur ausnahmsweise durch behördliche Entscheidung als gut eingestuft werden kann (vgl. OVG SH, U.v. 25.11.2020 – 5 KN 10/20 – ZUR 2021, 429 = juris, Rn. 85; Nds OVG, U.v. 21.11.2023 – 7 KS 8.21 – ZUR 2024, 163 = juris Rn. 130). Im Übrigen dient § 7 Abs. 3 Satz 1 GrwV nicht der Umsetzung des Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b Nr. i WRRL, sondern des Art. 4 Abs. 2 Buchstabe c RL 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372, S. 19) zuletzt geändert durch RL 2014/80/EU vom 20.6.2014 (Abl. L 182, S. 52; vgl. Nds OVG, U.v. 21.11.2023 – 7 KS 8.21 – ZUR 2024, 163 = juris Rn. 129; Amtl. Anm zur GrwV). Gem. Art. 17 WRRL gehen die Vorschriften der RL 2006/118/EG denen der WRRL als speziellere vor (vgl. EuGH, U.v. 28.5.2020 – C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 105). Auf die vom Kläger zur Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV angeregte Fragestellung (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8.12.2023, S. 4), ob Art. 4 Abs. 1 WRRL einer Regelung entgegensteht, nach der der chemische Zustand des GWK auch bei Überschreitung der Schwellenwerte an einzelnen Überwachungsstellen gut bleibt, wenn die ermittelte flächenhafte Ausdehnung der Belastung für jeden relevanten Stoff weniger als ein Fünftel der Fläche des GWK beträgt, kommt es damit nicht entscheidungserheblich an.
149
dd) Sein Kritikpunkt, bei der vorgesehenen Absenkung und Ableitung des Grundwassers im Bereich der Heininger Straße könne es zu einer Verunreinigung des Grundwassers kommen und es müsste geprüft werden, ob die Grenzwerte der GrwV eingehalten würden (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 22), ist wörtlich aus der Stellungnahme von R. ... vom 18. März 2021 (S. 19 f.) übernommen ohne Auseinandersetzung mit dem (Haupt-)Argument im Planfeststellungsbeschluss, es handle sich um eine temporäre Grundwasserabsenkung von einer vergleichsweisen kurzen Dauer und starken örtlichen Begrenzung, so dass eine dauerhafte Veränderung der Grundwassersituation nicht zu befürchten sei (vgl. PÄEB, S. 27 mit Verweis auf Unterlage 13.5 Ä, S. 48). Er vermag daher die Annahmen im Planfeststellungbeschluss (vgl. PÄEB, S. 27), in den ihm zugrundeliegenden wasserrechtlichen Fachbeitrag (vgl. Unterlage 13.5 Ä, S. 48) und in der Stellungnahme des Sachverständigenbüros … hierzu (vgl. …, Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 7, GA Bl. 263 ff.), durch die bauzeitlich notwendige Grundwasserabsenkung und -ableitung seien rechtserhebliche nachteilige Auswirkungen auf den GWK nicht zu besorgen, nicht zu erschüttern.
150
ee) Die klägerischen Einwände, der wasserrechtliche Fachbeitrag gehe fälschlicherweise davon aus, dass die Schutzzone III des Wasserschutzgebiets „Mutschach“ passiert werde (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 22) und die Aussage „Ein Grundwasserstau ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen“ sei fachlich nicht vertretbar (vgl. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 22), sind ebenfalls nicht berechtigt. Das Sachverständigenbüro … hat hierzu eingeräumt, dass es sich um Schreibversehen handle. Richtig müsse es heißen, Schutzzone II und „Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass kein Grundwasserstau verursacht wird“. Auf die Aussagen im wasserrechtlichen Fachbeitrag habe dies keine Auswirkungen (vgl. …, Stellungnahme vom 19.4.2021, S. 7; PÄEB, Nebenbestimmung A 3.4).
151
d) Soweit der Kläger einen fehlerhaften Ansatz der Luftbelastung Li bei der Berechnung der qualitativen Gewässerbelastung moniert und sich auf eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach beruft (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 24), ist dies ohne Auswirkung auf die Berechnungsergebnisse. Denn das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hat selbst weiter ausgeführt, dass „die Nachweise weiterhin eingehalten seien“ (vgl. Wasserwirtschaftsamt Ansbach, Gutachten vom 28.10.2020, S. 15, digitale BA, erg_Verfahren_anonym, Bl. 864).
152
e) Mit seinen weiteren Einwänden unter der Überschrift „
IV. Unzureichender Schutzangeordnet“ im Schriftsatz vom 24.3.2021 (S. 27 ff.), mit denen der Kläger wohl die Entwässerungsplanung in Frage stellen möchte, vermag er ebenso wenig durchzudringen. Sein diesbezüglicher Vortrag erfüllt nicht die Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO, da er wortwörtlich Ausführungen der Stellungnahme von R. ... hierzu in seinen Schriftsatz hineinkopiert hat (vgl. R. ..., Stellungnahme vom 18.3.2021, S. 24 ff.), ohne die erforderliche eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung vorzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 27). Ferner erfüllt der Kläger nicht seine sich aus § 67 Abs. 4 VwGO ergebende Obliegenheit, maßgebliche Gesichtspunkte herauszuarbeiten und seine Einwände zur Entwässerungsplanung sachdienlich in strukturierter Form vorzutragen (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 27), so dass sein Vortrag nicht berücksichtigt und beschieden werden muss (vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2018 – 9 B 26.18 – juris Rn. 25; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89; U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 27). Sein Vortrag lässt abgesehen davon auch nicht erkennen, welche fachlichen Mängel konkret geltend gemacht werden. Dass etwas in Augen des Klägers nicht nachvollziehbar erläutert ist oder er Pläne vermisst, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit der Entwässerungsplanung.
153
7. Der Planfeststellungsbeschluss leidet schließlich an keinem erheblichen Abwägungsmangel.
154
Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 656; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 152).
155
Hiervon ausgehend liegen vom Kläger geltend gemachten Abwägungsfehler weder in Bezug auf die Alternativenprüfung (a) noch in Bezug auf verkehrliche Belange (b) und den Belang des Klimaschutzes (c) oder in Bezug auf die Gewichtung des Belangs des Natur- und Landschaftsschutzes (d) vor.
156
a) Der Kläger macht ohne Erfolg die Fehlerhaftigkeit der Alternativenprüfung geltend.
157
Die Auswahl unter verschiedenen, ernstlich in Betracht kommenden Ausführungsvarianten eines Vorhabens ist ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2018 – 3 A 10.15 – NVwZ 2018, 1799 = juris Rn. 56; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660 m.w.N.). Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen (stRspr BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660 m.w.N.). Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden (BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 14.18 – BVerwGE 166, 171 = juris Rn. 78; U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 75; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660).
158
aa) Dies zugrundegelegt konnte die Planfeststellungsbehörde die vom Kläger bevorzugte „bahnparallele Varianten (Varianten 1.1 bis 1.5)“ bereits in der Grobprüfung ausscheiden. Sie stellen keine ernstlich in Betracht kommenden Alternativlösungen dar; noch viel weniger drängen sie sich nach den dargestellten Maßstäben als eindeutig vorzugwürdig auf. Denn ihnen steht ein unüberwindliches Planungshindernis in Gestalt der Bahnanlage „Nördlingen-Dombühl“ entgegen.
159
Die Verwirklichung der „bahnparallelen Varianten“ setzt die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Grundstücks FlNr. … Gemarkung Dinkelsbühl voraus, das im Eigentum der DB Netz AG steht (vgl. PFB, S. 97, 107). Bei dem Grundstück handelt es sich nach den Ausführungen der Planfeststellungsbehörde (vgl. PFB, S. 97) um eine Bahnanlage (vgl. § 4 Abs. 1 EBO), die aufgrund ihrer Widmung einer eisenbahnrechtlichen Zweckbindung unterliegt. Die eisenbahnrechtliche Zweckbindung von Bahnanlagen stellt ein in der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung unüberwindbares Planungshindernis dar, das es ausschließt, die der Bindung unterliegenden Bahnflächen für das geplante Straßenbauvorhaben in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 = juris Rn. 193; BayVGH, U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.896 – BayVBl 2015, 317 = juris Rn. 16, OVG NW, U.v. 7.7.2011 – 2 D 137/09.NE – juris Rn. 197 für die Bauleitplanung). Um den planungsrechtlichen Status als Bahnanlage aufzuheben, bedürfte es einer Freistellung von Bahnbetriebszwecken gemäß § 23 AEG (vgl. BVerwG, B.v. 21.4.2010 – 7 B 39.09 – NVwZ 2010, 1159 = juris Rn. 18). Eine solche liegt weder vor noch könnte sie erwirkt werden, da die Planfeststellungsbehörde nicht selbst in der Lage ist, über die Freistellung nach § 23 AEG zu entscheiden. Bei dem Freistellungsakt handelt es sich um keine Entscheidung i.S.d. § 17c FStrG i.V.m. Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG, die von der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses erfasst ist. Von der Konzentrationswirkung erfasst werden nämlich nur solche Entscheidungen, die für das fernstraßenrechtliche Planungsvorhaben zu treffen sind. Über eine eisenbahnrechtliche Freistellung ist hingegen unabhängig von einem solchen Vorhaben allein unter eisenbahnrechtlichem Blickwinkel zu entscheiden (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 = juris Rn. 194).
160
Abgesehen davon lägen die materiellen Freistellungsvoraussetzungen nach § 23 Abs. 2 Satz 1 AEG nicht vor. Es fehlt an dem Erfordernis, dass kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Eisenbahninfrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. Der Planfeststellungsbeschluss führt insoweit aus, dass ein aktuelles Verkehrsbedürfnis für die Bahnanlage bestehe, weil die Bayerische Eisenbahngesellschaft zumindest für den Abschnitt Dombühl-Wilburgstetten eine Bestellgarantie für fünfzehn Jahre abgegeben habe. Der Beginn des Vergabeverfahrens für die Strecke Dombühl-Wilburgstetten stehe unmittelbar bevor (PFB, S. 98). Es werde mit 36 Zugfahrten am Tag gerechnet (vgl. PFB, S. 102). Dem entsprechend hat die Deutsche Bahn AG bereits im Schreiben vom 17. Februar 2015 erklärt, dass sie einer bahnparallelen Neubautrasse widersprechen würde (vgl. digitale BA, Teil 2, Bl. 2). Auf die vom Kläger für machbar gehaltene technisch konstruktive Lösung kommt es bei dieser Sachlage nicht an (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 94).
161
bb) Soweit der Kläger einwendet, die Verkehrsprognose leide an Fehlern, die zu einer falschen Variantenwahl zwischen einer innerörtlichen Variante und einer Ortsumgehung geführt hätten (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 69 ff.), kommt es darauf entscheidungserheblich nicht an. Denn die innerörtlichen Varianten (Variante 1.1 – 1.5) konnten ohne Rechtsverstoß bereits in der Grobprüfung ausgeschieden werden. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wurden die Nullvariante, die Variante 1 (innerörtlichen Varianten 1.4 -1.5), Variante 2 (Ostumfahrung mit Untervarianten) und Variante 3 (Westumfahrung mit Untervarianten) untersucht (vgl. PFB, S. 89 ff.). Dabei weisen die vom Kläger bevorzugten innerörtlichen Varianten (Varianten 1.1 – 1.5) die Gemeinsamkeit auf, dass sie innerhalb der Ortslage von Dinkelsbühl in Parallelführung mit der Bahn verlaufen und ihre Verwirklichung die Inanspruchnahme des Grundstücks FlNr. … Gemarkung Dinkelsbühl voraussetzt, das im Eigentum der DB Netz AG steht und als Bahnanlage gewidmet ist (vgl. PFB, S. 97, 107). Aus diesem Grund steht den innerörtlichen Varianten 1.1 – 1.5 ein Planungshindernis entgegen (vgl. oben Rn. 159 f.), so dass sie bereits in der Grobprüfung ausgeschieden werden konnten, ohne dass es für die Alternativenprüfung auf die Richtigkeit der Verkehrsprognose ankommt. Ebenso wenig kommt es auf die zahlreichen übrigen Einwendungen zu den Baukosten, zur verkehrlichen Leistungsfähigkeit, zu den Lärmimmissionen, zur Luftschadstoffbelastung, zu städtebaulichen Belangen u.a. an, die der Kläger in Bezug auf die Variantenwahl vorträgt (vgl. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 97 ff.).
162
cc) Die vom Kläger geforderte „gesamtökologische Betrachtung im Hinblick auf zu wählende Varianten“ (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 40 f.) findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung eine Stütze. Aus dem vom Kläger in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2017 (Az. 3 A 4.15 – BVerwGE 160, 263 = juris Rn. 160) ergibt sich ein solches Erfordernis nicht. Das Bundesverwaltungsgericht gibt in dieser Entscheidung nur die von der im dortigen Fall tätigen höheren Naturschutzbehörde angestellte Betrachtung der gesamtökologischen Beeinträchtigungen wieder und bewertet die daraus von der Planfeststellungsbehörde gezogenen Schlüsse, ohne eine solche Betrachtung zu fordern.
163
b) Soweit der Kläger erstmals im Schriftsatz vom 17. September 2021 (dort S. 2 f.) einwendet, die Verkehrsuntersuchung sei ein Belang in der Abwägung, der ordnungsgemäß ermittelt und gewichtet werden müsse, ist dieser Vortrag gem. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG präkludiert, weil er erst nach Ablauf der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist vorgetragen worden ist. Der Kläger hat das verspätete Vorbringen weder nach § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG genügend entschuldigt noch war der Vorwurf ohne Mitwirkung der Klagepartei mit geringem Aufwand zu ermitteln (§ 17e Abs. 5 Satz 4 FStrG). Einer Verkehrsprognose liegen komplexe Berechnungen und Annahmen zugrunde, so dass ihre Fehlerhaftigkeit nicht auf der Hand liegt und sich die Angabe von Klagegründen nicht als bloße Förmlichkeit erweist (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2023 – 8 A 21.40036 – juris Rn. 125; OVG NW, B.v. 1.2.2022 – 11 A 2168/20 – ZUR 2022, 500 = juris Rn. 64 f.; OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – VRS 137, 281 = juris Rn. 150).
164
c) Belange des globalen Klimaschutzes mussten vorliegend nicht in die Abwägung eingestellt werden. Anders als der Kläger meint, mussten diese Belange weder bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am 28. Februar 2019 noch im Rahmen des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 30. November 2020 berücksichtigt werden (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 62; Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 31 ff.; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 19 und 25 ff.; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 8 ff.).
165
aa) Eine Berücksichtigungspflicht ergibt sich nicht aus § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG, haben die Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck des Klimaschutzgesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Diese Vorschrift begründet zwar eine Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde, den globalen Klimaschutz und die Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes als öffentlichen Belang in die Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG einzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 59; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwG 176, 94 = juris Rn. 163). Sie galt jedoch zum Zeitpunkt der umfassenden Abwägung der maßgeblichen Belange im Planfeststellungsbeschluss vom 28. Februar 2019 noch nicht, weil das Bundes-Klimaschutzgesetz erst am 18. Dezember 2019 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Einführung eines Bundes-Klimaschutzgesetzes und zur Änderung weitere Vorschriften vom 12.12.2019, BGBl. I S. 2513). Darauf, dass der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss erst am 30. November 2020 erlassen wurde, kommt es hier nicht an, da vorliegend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses am 28. Februar 2019 maßgeblich ist (vgl. Rn. 33). Entgegen der Auffassung des Klägers sind abweichend davon bei Planfeststellungsbeschlüssen nur nachträglich eingetretene Rechtsänderungen zu Gunsten des Vorhabens zu berücksichtigten, wenn diese zu einem Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führen (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 = juris Rn. 256; U.v. 15.2.2018 – 9 C 1.17 – BVerwGE 161, 180 = juris Rn. 26; U.v. 27.7.2020 – 4 VR 7.19 – NVwZ 2021, 723 = juris Rn. 13). Denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 = juris Rn. 256; U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 = juris Rn. 52). Von einer solcher Fallgestaltung kann aber in Bezug auf das Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes nicht die Rede sein. Der umgekehrte Fall, dass ein zunächst rechtmäßiger Planfeststellungsbeschluss aufgrund nachträglicher Rechtsänderungen etwa nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts (vgl. BVerfG, B.v. 7.7.1992 − 2 BvR 1631/90 − BVerfGE 87, 48 = juris Rn. 43 m.w.N.; BVerwG, U. v. 23.9.2021 – 4 A 4.21 – juris Rn. 13 m.w.N.) aufzuheben wäre, ist bei der Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses nicht vorgesehen.
166
bb) Die Regelung des Art. 2 Abs. 3 Satz 2 BayKlimaG findet keine Anwendung (vgl. insb. Schriftsatz vom 24.3.2021, S. 34 f.; Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 25), da sie sowohl nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als auch nach Erlass des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses, nämlich erst am 1. Januar 2021, in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 BayKlimaG vom 23.11.2020, GVBl. 598, 656).
167
cc) Aus dem vom Kläger angeführten Art. 20a GG bzw. Art. 141 Abs. 1 BV (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 59 f.; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 9 f.) folgt weder eine Notwendigkeit zur Prüfung der Klimarelevanz des Vorhabens noch der vom Vorhaben ausgehenden Treibhausgase. Zwar besteht gemäß Art. 20a GG eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zum Klimaschutz (vgl. BVerfG, B.v. 24.3.2021 – 1 BvR 2656/18 u.a. – BVerfGE 157, 30 = juris Rn. 192 f.). Es handelt sich aber um einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber; denn das in Art. 20a GG enthaltene Klimaschutzgebot bedurfte zunächst einer gesetzlichen Ausgestaltung (vgl. BVerfG, B.v. 24.3.2021 – 1 BvR 2656/18 u.a. – BVerfGE 157, 30 = juris Rn. 205; BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 61), dem der Gesetzgeber aber erst mit Erlass des Bundes-Klimaschutzgesetzes am 12. Dezember 2019 nachgekommen ist. Aus der in der Bayerischen Verfassung in Art. 141 Abs. 1 BV als Parallelgewährleistung ebenfalls verankerten Staatszielbestimmung des Umwelt- und Klimaschutzes (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2013 – 14 ZB 11.398 – BeckRS 2013, 54635 Rn. 8; Müller in Meder/Brechmann, BV, 6. Aufl. 2020, Art. 141, Rn. 10) ergibt sich kein weitergehender Schutz. Auch er bedarf als Staatszielbestimmung zunächst einer gesetzgeberischen Konkretisierung (vgl. Müller a.a.O., Art. 141, Rn. 13).
168
dd) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 17. September 2021 (dort S. 20) erstmals eine Unvereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a des Pariser Abkommens geltend macht, ist diese Rüge erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG erhoben worden und damit verspätet. Entgegen der Auffassung des Klägers (vgl. insb. Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 3) handelt es sich insofern nicht um eine bloße Rechtsausführung, auf die § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG nicht anwendbar wäre (vgl. oben Rn. 47; BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 22). Die Rüge ist auch nicht erstmals durch den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss vom 30. November 2020 veranlasst worden und betrifft keinen etwaigen Fehler dieses Beschlusses, sondern bezieht sich auf Umstände, die schon dem Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung zugrunde lagen.
169
Abgesehen davon verlangt das Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015 keine Berücksichtigung des globalen Klimaschutzes als Belang in der Abwägung. Das Abkommen verpflichtet die Bundesregierung, bestimmte Klimaziele einzuhalten, nicht aber, dass jedes Vorhaben eine bestimmte Prüfung durchlaufen muss. Auch in Ermangelung einer gesetzgeberischen Konkretisierung war die Planfeststellungsbehörde nicht gehalten zu prüfen, ob die Klimaziele des Übereinkommens auch mit dem planfestgestellten Vorhaben erreichbar bleiben. Ob dies der Fall ist, hängt nämlich davon ab, wieviel CO2 an anderer Stelle emittiert bzw. ausgestoßen werden darf. Diese komplexen Allokations- und Prognoseverfahren festzulegen, ist aber Sache des Gesetzgebers (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwG 176, 94 = juris Rn. 165).
170
ee) Seinen in Bezug auf die Nebenbestimmung A 3.6 des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses erhobenen Einwand, dass die dort genannten Baumaterialien Zement, Mörtel und Beton auf ihre CO2-Bilanz hätten geprüft werden müssen, begründet der Kläger nicht substantiiert (vgl. insb. Schriftsatz vom 17.9.2021, S. 28; Schriftsatz vom 13.12.2021, S. 12). Er legt weder dar, aus welcher Rechtsvorschrift sich eine entsprechende Pflicht der Planfeststellungsbehörde ergeben könnte noch inwiefern daraus eine Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschusses folgen sollte.
171
d) Die Gewichtung des Belangs des Natur- und Landschaftsschutzes wurde nicht fehlerhaft vorgenommen. Anders als der Kläger meint (vgl. insb. Klagebegründung vom 18.7.2019, S. 41), genießen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes keinen unbedingten Vorrang vor anderen abwägungserheblichen öffentlichen und privaten Belangen (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.1997 – 4 C 10.96 – BVerwGE 104, 144 = juris Rn. 29; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 86).
172
Das gebietet auch Art. 20a GG nicht (vgl. BVerfG, B.v. 24.3.2021 – 1 BvR 2656 u.a. – BVerfGE 157, 30 = juris Rn. 205; BVerwG; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 86). Nach Art. 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Als gegen den Staat gerichtete Zielbestimmung verpflichtet die Regelung den Staat in allen seinen Erscheinungsformen, allerdings in unterschiedlicher Intensität. In erster Linie trifft die Verpflichtung den Gesetzgeber, den in dieser Norm enthaltenen Gestaltungsauftrag umzusetzen (vgl. BT-Drs. 12/6633, S. 7; BVerwG, U.v. 25.1.2006 – 8 C 13.05 – BVerwGE 125, 68 = juris Rn. 19). In Bezug auf die Abwägung von naturschutzrechtlichen Belangen hat dieser in § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG geregelt, dass die Behörde im Rahmen der Abwägung neben den öffentlichen und privaten Belangen auch die Umweltauswirkungen zu berücksichtigen hat. Einen Vorrang von Umweltbelangen hat der Gesetzgeber damit aber nicht angeordnet (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.1997 – 8 B 234.97 – UPR 1998, 192 = juris Rn. 3; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 86).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.