Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 31.01.2023 – AN 11 K 21.02046
Titel:

Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts

Normenketten:
BayNatSchG Art. 39
VwGO § 114
Leitsätze:
1. Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist, kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen bzw. sich herausstellenden Gründe heranzuziehen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts, dass bereits eine konkretisierte Planung über durchzuführende Optimierungsmaßnahmen vorliegt. Es reicht grundsätzlich aus, dass der Vorkaufsrechtsberechtigte eine ökologische Aufwertung eines Grundstücks iSd von ihm benannten Zielrichtung durchführen will. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Verwaltungsakt darf durch das Nachschieben von ergänzenden Ermessenserwägungen nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Hinzu kommt, dass neue Gründe für einen Verwaltungsakt grundsätzlich nur nachgeschoben werden dürfen, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Naturschutzrechtliches Vorkaufsrecht, Naturschutzrechtliche Rechtfertigung, Ermessensausübung, Baggersee, ökologische Aufwertung, Nachschieben von ergänzenden Ermessenserwägungen, Jagdausübung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 4880

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich als Käuferin gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts zugunsten des beigeladenen Landkreises (Beigeladener zu 1).
2
Die Beigeladene zu 2 ist Eigentümerin der Grundstücke FlNr. … (mit … qm) und … (mit … qm) der Gemarkung …; auf den Grundstücken befindet sich ein stehendes Gewässer dritter Ordnung (Baggersee). Das Grundstück FlNr. … grenzt zudem im Nordwesten punktuell an den … – ebenfalls ein oberirdisches Gewässer dritter Ordnung – an. Die Grundstücke liegen innerhalb des Geltungsbereiches der Verordnung des Landratsamtes … über den geschützten Landschaftsbestandteil „…“ sowie zur Regelung des Gemeingebrauchs, des Tauchens mit Atemgerät und des Bootsverkehrs an den „…“ vom 11. April 2005 (Verordnung vom 11.4.2005) und zudem im Landschaftsschutzgebiet (LSG …: Rechtsverordnung vom 11.1.2005).
3
Am 20. August 2021 kaufte die Klägerin die beiden vorgenannten Grundstücke von der Beigeladenen zu 2 durch notariellen Kaufvertrag, der u.a. ein befristetes Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall für den Bund Naturschutz in Bayern e.V. als Belastungen für beide Grundstücke beinhaltet. Als Kaufpreis wurden 1,50 EUR pro Quadratmeter vereinbart (Gesamtkaufpreis … EUR). Bei dem erstgenannten Grundstück handelt es sich nach dem Grundbucheintrag um eine Wald-, bei dem zweitgenannten um eine Betriebsfläche.
4
Am 24. August 2021 ging beim Landratsamt … die Mitteilung der Notarin über die Veräußerung der streitgegenständlichen Flächen ein (Bl. 6 der Behördenakte), eine Abschrift des Kaufvertrags wurde am 8. September 2021 per E-Mail übermittelt (Bl. 23 ff. der Behördenakte).
5
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2021 hörte das Landratsamt die Klägerin und die Beigeladene zu 2 zur beabsichtigten Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts für den beigeladenen Landkreis (Beigeladener zu 1) an. Die Beklagte zu 2 führte mit Schreiben vom 26. Oktober 2021 im Wesentlichen aus, die Grundstücke seien Landschaftsseen und für die Firma nicht nutzbar, … sei in diesem Gebiet mit der Jagd betraut und habe den See seit Jahren erwerben wollen. Im naturschutzrechtlichen Sinn ändere sich für das Gebiet nichts. Es werde gebeten, auf das Vorkaufsrecht zu verzichten.
6
Der Bevollmächtigte der Klägerin führte hierzu mit Telefax vom 28. Oktober 2021 aus, die Klägerin sei in dem Gebiet der „…“ auch als Sandabbauer tätig. Sie habe in diesem Bereich mehrere Grundstücke. Die Sandausbeute finde unter Regie des Bergamtes statt. Die Baggerseen seien im Rahmen eines bergrechtlichen Betriebsplans angelegt bzw. gesichert. Es werde angeregt, die bergrechtliche Situation abzuklären, ob der Ausübung eines Vorkaufsrechts bergrechtliche Belange entgegenstünden. Auf Grund der bergrechtlichen Erfahrung sei es der Klägerin möglich, die erworbenen Seen im Sinne des Naturschutzes zu erhalten. Die Klägerin sei als Adressat bergrechtlicher Betriebserlaubnisse verpflichtet und in der Lage, naturschutzrechtliche Belange nach Abschluss der Ausbeutemaßnahmen durchzuführen und abzusichern. Der Klägerin sei das hohe Schutzniveau der Seen bekannt, sie beabsichtige dieses in allen Punkten zu beachten, zumal dieses Seengebiet schon jetzt von der Familie des Geschäftsführers der Klägerin als Jagd gepachtet sei und dort die Jagd ausgeübt werde. Die Flächen seien zwar nicht für eine Fischereibewirtschaftung freigegeben, jedoch sei die Jagdausübung zulässig. Der Wechsel des Eigentums würde an der Ausübung der Jagdberechtigung nichts ändern. Die Familie des Geschäftsführers der Klägerin verfolge das Ziel, in diesem Bereich, in dem sich schon erheblicher Grundbesitz in der Hand der Familie des Geschäftsführers befinde, eine eigene Jagd zu unterhalten. Gemäß Art. 2 Abs. 1 BayJG sei die Jagd als Kulturgut geschützt. Die Klägerin und deren Geschäftsführer stützten sich auch hierauf und würden mit dem Erwerb die Situation der Jagd in diesem Bereich verbessern. Dieser Bereich sei zudem schon durch den Geltungsbereich der Rechtsverordnung des Landkreises … geschützt und auch durch die Abbaugenehmigungen und die Rekultivierungspläne; schließlich sei auch ein geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen. Der Eigentumserwerb durch den Freistaat garantiere oder sichere daher keinen höheren Schutz als der Eigentumserwerb durch die Klägerin. Da die beabsichtigte Nutzung vollumfänglich den naturschutzrechtlichen Zielen entspreche und auf Grund der Schutzvorschriften auch entsprechen müsse und das Kulturgut der Jagd hinzukomme, überwögen die Interessen der Klägerin am Erwerb die Interessen des Landratsamtes an der Ausübung des Vorkaufsrechts.
7
Der naturschutzrechtliche Vermerk (Bl. 24 der Behördenakte) beinhaltet, dass die beiden streitgegenständlichen Grundstücke innerhalb des geschützten Landschaftsbestandteiles „…“ liegen. Schutzzweck sei, die Sandlebensräume als ungestörten Lebensraum zu erhalten und zu entwickeln. Zudem solle die selten gewordene Abfolge unterschiedlicher Feuchtgebiete auf begrenzter Fläche erhalten und eine ungestörte Weiterentwicklung gesichert werden. Schon bei der wasserrechtlichen Planfeststellung für den Nassabbau sei das Rekultivierungsziel gewesen, Flächen für den Naturschutz zu schaffen. Ab etwa 1995 seien die Akten vom Bergamt Nordbayern übernommen worden, da es sich hier um Quarzsand handele. Bei dem umzusetzenden Betriebsplan sei hier auf eine vielfältige Gestaltung der sandigen Uferbereiche geachtet worden. Die Zugänglichkeit sollte weitgehend erschwert werden, damit sich hier die Natur uneingeschränkt entwickeln könne. Der Baggersee sei aus der Bergaufsicht entlassen worden, es habe sich eine artenreiche Landschaft entwickelt. Der Baggersee biete für den Biber und eine Vielzahl von Vogel-, Amphibien- und Libellenarten Lebens- und auch Nahrungsraum. Der Baggersee sei – zusammen mit dem im Nordwesten angrenzenden, vom Bund Naturschutz gekauften See – ein bedeutsamer ungestörter Lebensraum. Damit hier weiterhin eine ungestörte Entwicklung stattfinden könne, werde der Kauf fachlich befürwortet. Nur so könne die hier vorhandene Artenvielfalt erhalten und auch teilweise noch verbessert werden.
8
Die Behördenakte beinhaltet zudem einen Vermerk zu drei großen Abbaugewässern zwischen … und Kreisstraße … (Bl. 7 der Behördenakte). Die naturschutzrechtliche Mitteilung (vom 2.11.2021, Bl. 40 der Behördenakte) beinhaltet im Wesentlichen, nach Art. 141 BV sei der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen der staatlichen Gemeinschaft anvertraut. Vorrangige Aufgabe des Staates sei auch, die heimische Tier- und Pflanzenwelt und ihre notwendigen Lebensräume zu erhalten. Dies werde durch den Ankauf mitgesichert. Der Hauptbetriebsplan des Bergamtes sehe als Rekultivierungsziel eine nach naturschutzfachlichen Grundsätzen orientierte Nachfolgenutzung vor. Der Baggersee zwei (und auch drei) sei entsprechend rekultiviert und am 13. März 2015 aus der Bergaufsicht entlassen worden.
9
Mit Bescheid vom 3. November 2021 übte das Landratsamt … das Vorkaufsrecht für die Grundstücke FlNr. … und … Gemarkung … zugunsten des Beigeladenen zu 1 aus. Gegenwärtige und zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bzw. das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigten die Ausübung des Vorkaufsrechts (Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG). Schutzzweck des geschützten Landschaftsbestandteiles sei insbesondere, die Sandlebensräume als ungestörten Lebensraum für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten und die selten gewordene Abfolge unterschiedlicher Feuchtgebiete auf begrenzter Fläche ebenfalls zu unterhalten und deren ungestörte Weiterentwicklung zu sichern. Dem trage auch der Schutzzweck der Rechtsverordnung über den Schutz des Landschaftsraumes im Gebiet des Landkreises … – „…“ – Rechnung, in dessen Geltungsbereich der geschützte Landschaftsbestandteil ebenfalls liege. Der Hauptbetriebsplan des Bergamtes Nordbayern vom 26. Juli 2006 sehe als Rekultivierungsziel eine nach naturschutzfachlichen Grundsätzen orientierte Nachfolgenutzung vor. Es solle eine Verbesserung und Vernetzung von Biotopstrukturen geschaffen werden. Der ganze Bereich solle nach Abschluss des Sandabbaus möglichst nicht begangen werden und die Zugänglichkeit durch Pflanzung dorniger Hecken und Ablagerung von Wurzelstöcken erschwert werden. In diesem geschützten Landschaftsbestandteil habe sich inzwischen eine artenreiche Landschaft entwickelt. Diese biete für den Biber und einer Vielzahl von Vogel-, Amphibien- und Libellenarten Lebens- und auch Nahrungsraum. Der dem Vorkaufsrecht unterliegende Baggersee sei im Zusammenhang mit dem im Nordwesten angrenzenden See auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung … (bereits … vom Bund Naturschutz erworben) ein bedeutsames ungestörtes Biotop, das in der Biotopkartierung unter Nr. … erfasst sei. Der beigeladene Landkreis beabsichtige, die in diesem Bereich vorhandene Artenvielfalt auf Dauer zu erhalten und zu verbessern. Die Klägerin habe vorgetragen, in diesem Bereich als Sandabbauer unter Regie des Bergamtes tätig zu sein. Nach dem bergrechtlichen Bescheid vom 13. März 2015, Az. …, Abbaugebiet „…“, Stadt …, sei der dem Vorkaufsrecht unterliegende Baggersee (im Bescheid als Baggersee zwei bezeichnet), ebenso der südöstlich angrenzende Baggersee drei, entsprechend rekultiviert, sodass keine weiteren bergrechtlichen Maßnahmen zur Beendigung der Bergaufsicht notwendig seien. Die Bergaufsicht für die sog. Baggerseen zwei und drei sei mit Bestandskraft dieses Bescheids beendet. Soweit die Klägerin insbesondere auf die ausgeübte Jagd verweise, stehe ein Pachtvertrag der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegen. Gleiches gelte für das Ziel der Klägerin, in diesem Bereich eine eigene Jagd zu unterhalten, da die Ausübung der Jagd gemäß § 7 Nr. 1 der Verordnung des Landkreises … über den geschützten Landschaftsbestandteil „…“ erlaubt sei. Der Vortrag der Klägerin, die beabsichtigte Nutzung entspreche vollumfänglich den naturschutzrechtlichen Zielen, ändere nichts an der Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes besser und sicherer gewährleisteten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen. Auf Dauer könnten solche Grundstücke nur ausreichend gesichert werden, wenn sie sich im öffentlichen Eigentum befinden (vgl. Erl. 5.2 zu Art. 39 BayNatSchG, Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern). Das Interesse der Allgemeinheit, das auch in Art. 141 BV seinen Niederschlag gefunden habe, überwiege das vorgetragene Interesse des Käufers am Erwerb der Grundstücke. Das Interesse der Klägerin greife gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit nicht durch, da jedenfalls die Jagdausübung weiterhin gewährleistet sei. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts gehe es darum, im Interesse der Allgemeinheit die durch die Rekultivierung erwirkten Maßnahmen für die vorhandene Artenvielfalt auf Dauer zu erhalten und weiterhin zu verbessern. Auf den Bescheid (der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 jeweils am 4.11.2021 bekanntgegeben, Bl. 47 ff. der Behördenakte) im Einzelnen wird Bezug genommen.
10
Am 23. November 2021 ließ die Klägerin Klage erheben mit dem Antrag:
Der Bescheid des Landratsamtes … vom 3. November 2021, Az. …, mit dem das Vorkaufsrecht nach Art. 39 BayNatSchG an den Flächen FlNr. … und …, jeweils Gemarkung …, die mit Urkunde der Notarin … vom 20. August 2021 (UrNr. …*) an die Klägerin verkauft wurden, ausgeübt wurde, wird aufgehoben.
11
Zur Begründung wurde (mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 11.1.2023) im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe die Flächen FlNr. … und …, jeweils Gemarkung …, von der Beigeladenen zu 2 erworben. Die Grundstücke lägen vollständig im Bereich der Rechtsverordnung des Landkreises … über den geschützten Landschaftsbestandteil „…“ vom 11. April 2005. Punktuell grenze die Fläche FlNr. … an den …, einem Gewässer dritter Ordnung, an. Der … sei wegen seiner nur punktuellen Angrenzung nicht mit dieser Flurnummer verflochten; ein gerichtlicher Augenschein werde angeregt. Die Grundstücke befänden sich seit Entlassung aus dem bergrechtlichen Regime im Jahre 2015 (Bescheid vom 13.3.2015, Az. …*) in nicht gewerblichem Privatbesitz; die Beiziehung der Verfahrensakten des Bergamtes Nordbayern werde angeregt. Die Klägerin habe sich zu ihren wesentlichen Belangen geäußert, u.a. auch zum Wunsch, eine Eigenjagd zu begründen. Die vorgetragenen Argumente seien im angegriffenen Bescheid verworfen worden. Richtig sei, dass sich auf den Grundstücken stehende Gewässer befinden, sie grenzten jedoch nicht an den … i.S.d. Art. 39 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG an. Es werde behauptet, dass der Landkreis … beabsichtige, die in diesem Bereich vorhandene Artenvielfalt auf Dauer zu verbessern, was er dafür tun wolle und wie sich solche Verbesserungsmaßnahmen darstellten, werde nicht vorgetragen. Es handle sich daher um eine inhaltsleere Absichtserklärung, zumal die schützenswerte Landschaft bisher ohne Einwirkung des Freistaats allein im Eigentum der Privatleute entstanden sei. Im Gegensatz dazu begründe „der Kläger“ sein Interesse am Erwerb mit der Schaffung einer Eigenjagd; hierfür benötige er gemäß Art. 8 BayJagdG eine Fläche von 81,755 ha. Mit der streitgegenständlichen Fläche käme er diesem Ziel um 8,5% näher, zumal „der Kläger und seine Familie“ in diesem Bereich weiteren Grundbesitz hätten. Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG dürfe das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigten. Das Vorliegen der genannten Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts unterliege der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gemessen an der Rechtsprechung hierzu liege keine Verbesserung vor. Weiter sei ein Vorteil durch die Ausübung des Vorkaufsrechts dem Bescheid nicht zu entnehmen und ein solcher auch nicht zu erkennen. Allein die unbegründete Verbesserungsabsicht reiche hierfür nicht aus, zumal nicht erkennbar sei, was an dem vorhandenen Zustand verbessert werden solle. Auch die Behauptung, dass ein staatliches Grundstück besser geschützt sei oder werde, als ein Grundstück in privater Hand, reiche in dieser Formelhaftigkeit nicht aus. Es lägen daher schon die Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorkaufsrecht nicht vor. Die bisherigen tatsächlichen Umstände belegten sogar das Gegenteil, da in privater Hand ein Biotop entstanden sei. Ebenso fehle es bei der Ermessensentscheidung an der richtigen Gewichtung der einzustellenden Belange; das Ermessen sei im Einzelfall zu prüfen und zu begründen (vgl. BayVGH, U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.96). „Der Kläger“ mache das Kulturgut Jagd und Eigenjagd geltend, schon hiernach differenziere der Bescheid nicht. Dieser spreche lediglich formelhaft davon, dass das Schutzziel dauerhaft in staatlicher Hand besser erhalten und verbessert werden könne. Diesen Erfahrungssatz gebe es so nicht, jedenfalls werde er ausdrücklich bestritten. Unabhängig davon hätte sich der Beklagte mit den privaten Interessen „des Klägers“ an der Eigenjagd auseinandersetzen müssen, denn diesem gehe es nicht nur um die Jagdausübung in dieser Gegend, sondern in einem Eigenjagdbezirk. Dass es sich dabei nicht um ein schlichtes privates Interesse handle, folge schon aus dem Jagdgesetz. Dieses Interesse überwiege vorliegend. Das Ermessen sei insoweit fehlerhaft ausgeübt und ausgefallen, die Entscheidung sei daher rechtswidrig und aufzuheben.
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Ergänzend wurde u.a. ausgeführt, der Schutz durch Verordnung sei ausreichend. Die Klägerin und deren Geschäftsführer seien Verfügungsberechtigte von in der Nähe gelegenen Grundstücken mit einer Fläche von … ha, ein Lageplan mit Flächenauflistungen wurde vorgelegt.
13
Der Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
14
Mit Schreiben des Landratsamtes … vom 7. Februar 2022 wurde die Behördenakte vorgelegt. Mit Telefax vom 10. Januar 2023 wurde der Aktenvermerk (vom 11.10.1021) nachgereicht, welcher die Entscheidung über die Ausübung des Verkaufsrechts (Flächenerwerb für den Landkreis) dokumentiere. Zur Übermittlung eines Maßnahmenplans wurde ausgeführt: Ziel des Ankaufes der Flächen sei der Erhalt des vorliegenden Biotopzustands, wofür keine kurzfristigen Maßnahmen erforderlich werden. Entscheidungen über konkrete Maßnahmen müssten mittel- bis langfristig je nach Entwicklung der Vegetation getroffen werden. Die Pflege erfolge über den Naturschutzfonds des Landkreises („Arbeitsgemeinschaft Naturschutzfonds des Landkreises …“, Gründung …*), dessen Zielsetzung insbesondere der Ankauf von bereits ökologisch wertvollen Flächen sei, um diese zu erhalten.
15
Nach erfolgter Klagebegründung wurde im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, der angefochtene Bescheid spreche zuallererst vom Erhalt und dann von einer Verbesserung des Zustands der Grundstücke. Die Flächen hätten sich über die letzten 15 Jahre zu hochwertigen Biotopen entwickelt, diese Entwicklung sei noch nicht abgeschlossen. Diesem Lebensraum müsse eine ständige (heimische) Weiterentwicklung garantiert werden. Ein Eigenjagdrevier setze voraus, dass sich eine zusammenhängende Fläche von mindestens 81 ha, welche land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbar sei, im Eigentum von ein und derselben Person oder Personengemeinschaft befinde. Der Wunsch zur Schaffung dieser Voraussetzung werde in den Schreiben der Klägerseite (vom 28.2.2021 und 11.1.2023) nur sehr allgemein unter Verweis auf bereits vorhandenen Grundbesitz „in der Hand der Familie des Geschäftsführers“ begründet. Angesichts der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke sei nicht ersichtlich, dass vorliegend ein Eigenjagdrevier entstehen solle: Die im Norden angrenzende Fläche, auf welcher sich das Gewässer eins der … Baggerseen befinde, liege im Eigentum des Bund Naturschutz in Bayern e.V. Die Flächen im Süden, auf welchen das Gewässer drei der … Baggerseen liege, befinde sich im Eigentum der Beigeladenen zu 2. Die Flächen, die dem streitgegenständlichen Gewässer gegenüberlägen, stünden im Eigentum des Beigeladenen zu 1 (* …*). Alle weiteren Flächen befänden sich im Eigentum verschiedener Privatpersonen.
16
Mit Beschluss vom 24. November 2021 wurden der Landkreis … als Beigeladener zu 1 und die Verkäuferin als Beigeladene zu 2 zum Verfahren beigeladen (§ 65 Abs. 2 VwGO).
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

Entscheidungsgründe

18
Die Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 3. November 2021, mit dem das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten des Beigeladenen zu 1 ausgeübt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
19
I. Die (Dritt) Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere ist die klagende GmbH als Käuferin -auch aufgrund von Art. 39 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) – klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BayVGH, U.v. 1.7.2021 – 14 BV 19.1075 – NuR 2021, 497, juris Rn. 21 ff. m.w.N.)
20
II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
21
1. Rechtsgrundlage für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts ist Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 BayNatschG. Gegen die Gültigkeit der Regelung über das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht in Art. 39 BayNatSchG als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums bestehen nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keine Bedenken, auch wenn die Vorkaufsrechtsausübung nicht für den Freistaat Bayern, sondern zugunsten eines Dritten – hier des Beigeladenen zu 1 – erfolgt (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199 Rn. 25).
22
Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG steht u.a. den Landkreisen beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer einschließlich von Verlandungsflächen, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen (Nr. 1), auf denen sich Naturdenkmäler, geschützte Landschaftsbestandteile oder als solche einstweilig sichergestellte Schutzgegenstände befinden (Nr. 3) ein Vorkaufsrecht zu. Nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG kann dieses ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen. Die Ausübung erfolgt nach Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG durch den Freistaat Bayern. Der Freistaat Bayern hat jedoch das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen Vorkaufsberechtigten nach Abs. 1 auszuüben, wenn dieser es verlangt (Art. 39 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG).
23
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechtes – mithin der Zeitpunkt des Vertragsschlusses – hier der 20. August 2021 (vgl. BayVGH, U.v. 1.7.2021 – 14 BV 19.1075 – NuR 2021, 497, juris Rn. 27; U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – BayVBl 2016, 846, juris Rn. 41 m.w.N.). Bei Aufwertungskonstellationen muss das objektive Aufwertungspotential zum Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts gegeben sein, zugehörige Aufwertungsvorstellungen spätestens im Zeitpunkt des Bescheiderlasses, d.h. zum Zeitpunkt der Vorkaufsrechtsausübung (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199, juris Rn. 35 m.w.N).
24
2. Der streitgegenständliche Bescheid vom 3. November 2021 ist formell rechtmäßig.
25
Insbesondere war der Freistaat Bayern – vertreten durch das Landratsamt – für die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beigeladenen zu 1 nach Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG zuständig. Auch das Ausübungsverlangen des Landkreises (Beigeladener zu 1) lag ausweislich des Aktenvermerkes vom 11. Oktober 2021 vor. Die nach Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) erforderliche Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 erfolgte mit Schreiben vom 11. Oktober 2021. Dabei machten beide von ihrem Äußerungsrecht Gebrauch.
26
Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgte zudem innerhalb der zweimonatigen Ausübungsfrist nach Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG, § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB. In Übereinstimmung mit der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu § 469 BGB ist in der Judikatur des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt, dass auch die Ausübungsfrist des Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG erst mit dem Zugang des richtigen, vollständigen und wirksamen Vertrags in Lauf gesetzt wird (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199 Rn. 26). Da nach Mitteilung der Notarin eine Abschrift des Kaufvertrags über die streitgegenständlichen Grundstücke beim Landratsamt erst am 8. September 2021 einging (Bl. 23 ff. Behördenakte), wahrt die – durch die Bekanntgabe des angefochtenen Bescheids an die Beigeladene zu 2 als Verpflichtete i.S.d. Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG i.V.m. § 464 Abs. 1 BGB – am 4. November 2021 wirksam gewordene Vorkaufsrechtsausübung die für sie geltende Zweimonatsfrist.
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3. Die materiellen Voraussetzungen für die Vorkaufsrechtsausübung nach Art. 39 BayNatSchG liegen vor, auch die Ermessensausübung erfolgte rechtmäßig (§ 114 Satz 1 und 2 VwGO).
28
a) Art. 39 BayNatSchG knüpft ein naturschutzrechtliches Vorkaufsrecht an mehrere kumulative Voraussetzungen. Die in Art. 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BayNatSchG genannten Eigenschaften, wegen derer ein Grundstück dem Vorkaufsrecht unterliegt, sind auf die Relevanz dieser Flächen für Maßnahmen zugunsten der Belange des Naturschutzes zugeschnitten.
29
Das tatbestandliche Vorliegen der Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege ergeben sich aus den in § 1 BNatSchG und Art. 1a, 2 BayNatSchG genannten Zielen sowie dem Erholungsinteresse der Allgemeinheit. Deren Tragweite ist auf den konkreten Einzelfall bezogen darzustellen (vgl. Fischer-Hüftle in Fischer-Hüftle/Egner/ Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, Stand: Oktober 2022, Art. 39 Rn. 18 f.). Gesetzliche Vorkaufsrechte gestalten das Eigentum i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG aus. Eine Abwendungsbefugnis des Käufers besteht nicht (vgl. Fischer-Hüftle a.a.O. Rn. 21c).
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Da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts keine Enteignung darstellt (vgl. BVerwG, B.v. 7.11.2000 – 6 B 19.00 – Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1), gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen, wie sie bei der Zulässigkeit einer Enteignung vorliegen müssen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, B.v. 15.2.1990 – 4 B 245.89 – ZfBR 1990, 207 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; BayVGH, B.v. 9.3.2015 – 14 ZB 13.2250 – NuR 2015, 427 Rn. 6 m.w.N.).
31
Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist, kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat (vgl. BayVGH, B.v. 19.9.2022 – 14 ZB 22.1545 – juris Rn. 6; U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – VGH n.F. 69, 103 Rn. 41 m.w.N), und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz und Landschaftspflege geraten können (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2016 a.a.O. Rn. 54 m.w.N).
32
Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen bzw. sich herausstellenden Gründe heranzuziehen. Da maßgebend für die Rechtswirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Ausübung der Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags ist, ist allerdings Voraussetzung, dass diese Rechtfertigungsgründe nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199, juris Rn. 35 m.w.N.; U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – VGH n.F. 69, 103 Rn. 41). Es ist nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts, dass bereits eine konkretisierte Planung über durchzuführende Optimierungsmaßnahmen vorliegt (BayVGH, U.v. 22.5.1995 – 9 B 92.1183 u.a. – NuR 1995, 554). Es reicht grundsätzlich aus, dass der Vorkaufsrechtsberechtigte eine ökologische Aufwertung eines Grundstücks im Sinn der von ihm benannten Zielrichtung durchführen will (vgl. BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 8; U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – BayVBl 2016, 846). Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG ist sowohl auf gegenwärtige als auch auf zukünftige Gestaltungen gerichtet.
33
Die rechtlich geschützten Privatinteressen sind nicht auf der Tatbestandsseite bei der Prüfung der Rechtfertigung i.S.v. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG zu prüfen, sondern im Rahmen der behördlichen Ermessensausübung abzuwägen (vgl. BayVGH, U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.96 – BayVBl 2021, 454; U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – BayVBl 2016, 846 Rn. 57; U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.206 – VGH n.F. 69, 103 Rn. 57; B.v. 27.1.2014 – 14 ZB 13.1552 – juris Rn. 8 ff.), wobei die Ermessenserwägungen in der Begründung (Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG) niederzulegen sind (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199 Rn. 62 f.).
34
b) Ausgehend davon ist die Ausübung des Vorkaufsrechts für die streitgegenständlichen Grundstücke zugunsten des Beigeladenen zu 1 vorliegend durch Belange des Naturschutzes i.S.d. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG gerechtfertigt. Ausgangspunkt für die – rein objektive – Prüfung der Rechtfertigung ist der streitgegenständliche Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts (vgl. BayVGH, BayVGH, U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.96 – BayVBl 2021, 454, Rn. 33; B.v. 3.3.2016 – 14 ZB 15.2071 – juris Rn. 13).
35
(1) Es ist ein Verkauf von Grundstücken i.S.d. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG, damit ein Vorkaufsfall gegeben. Die streitgegenständlichen Grundstücke sind am 20. August 2021 mit notariell beurkundetem Kaufvertrag von der Beigeladenen zu 2 an die Klägerin verkauft worden. Im Übrigen ist dem Inhalt dieses Kaufvertrags kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass Leistung und Gegenleistung nach der maßgeblichen subjektiven Wertung der Vertragsparteien nicht als äquivalent angesehen wurden; mit diesem Inhalt hat der notarielle Vertrag die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199; U.v. 22.5.1995 – 9 B 92.1183 u.a. – NuR 1995, 554).
36
Der Beigeladene zu 1 ist als Landkreis nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG vorkaufsberechtigt. Auf dessen Verlangen hat der Beklagte, vertreten durch die Kreisverwaltungsbehörde – hier das Landratsamt – das Vorkaufsrecht korrekterweise gegenüber der Beigeladenen zu 2 ausgeübt (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 und 4 BayNatSchG).
37
(2) Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke FlNr. … und …, Gemarkung …, unterliegen (jeweils mit der gesamten Grundstücksfläche) dem naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht, auf ihnen befindet sich sowohl ein oberirdisches Gewässer als auch ein geschützter Landschaftsbestandteil.
38
Auf den Grundstücken befindet sich ein oberirdisches Gewässer dritter Ordnung (Baggersee). Die Gewässereigenschaft ist dabei nicht nur auf große Seen und Fließgewässer begrenzt, sondern umfasst alle Gewässer im Sinne des § 3 Nr. 1 WHG, die natürlicher Lebensraum sein können, auch künstlich angelegte wie Fischteiche oder Baggerseen (vgl. Fischer-Hüftle in Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 Rn. 6; VG München, U.v. 17.10.2022 – M 19 K 22.26 – juris Rn. 42). Die Tatbestandsvariante des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG ist demnach vorliegend erfüllt. Die Frage, ob sich das Vorkaufsrecht danach auf die gesamten Grundstücke erstreckt – was grundsätzlich möglich ist, denn anders als bei den unter den Nr. 2 und 3 geregelten Tatbestständen, bei denen sich das Vorkaufsrecht nur auf einen genau abgegrenzten Teil des Kaufgrundstücks, dem in den bezeichneten Gebieten gelegenen Grundstücksteil, beziehen kann, sind keine Kriterien dafür ersichtlich, wie nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG ein Teil der Grundstücke abzugrenzen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – juris Rn. 37), – kann vorliegend insoweit dahinstehen. Denn die verfahrensgegenständlichen Grundstücke liegen zudem (vollumfänglich) innerhalb des Geltungsbereiches der o.g. Verordnung über den geschützten Landschaftsbestandteil „…“ vom 11. April 2005 (§ 2 Abs. 1 der Verordnung), auf den gesamten Grundstücken befinden sich demnach geschützte Landschaftsbestandteile i.S.d. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG, sodass sich das Vorkaufsrecht jeweils auf die gesamte Grundstücksfläche erstreckt.
39
Zwischen den Beteiligten ist im Übrigen insoweit unstrittig, dass sich auf beiden streitgegenständlichen Grundstücken ein oberirdisches Gewässer dritter Ordnung befindet sowie dass sich beide Grundstücke vollumfänglich innerhalb der Schutzgebietsgrenzen der vorgenannten Verordnung vom 11. April 2005 befinden.
40
Soweit eine fehlende Verflechtung der Grundstücke mit dem … geltend gemacht wird, kann diese demnach ebenso dahinstehen.
41
(3) Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts ist auch nach Art. 39 Abs. 2 Bay-NatSchG gerechtfertigt.
42
Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts ist sowohl auf gegenwärtige als auch auf zukünftige Gestaltungen gerichtet, die Rechtfertigungsgründe sind demnach auf eine langfristige Wirkung angelegt. Die zur Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung angeführten Vorstellungen der Behörde über durchzuführende Optimierungsmaßnahmen müssen noch nicht in einer entsprechenden Planung konkretisiert sein. Es genügt, dass beispielhaft genannte Möglichkeiten als geeignete Maßnahmen einer ökologischen Optimierung in Betracht kommen (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199; U.v. 22.5.1995 – 9 B 92.1183 u.a. – NuR 1995, 554/556).
43
Den streitgegenständlichen Grundstücken kommt nach der Begründung des angefochtenen Bescheids vom 3. November 2021, die im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise ergänzt wurde (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG; vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – BayVBl 2016, 846 Rn. 43 und 46), eine besondere ökologische Bedeutung zu. Im Bereich dieses geschützten Landschaftsbestandteils, dessen Schutzzweck insbesondere der Erhalt der Sandlebensräume ist, hat sich nach den Darlegungen im Bescheid eine artenreiche Landschaft entwickelt, die für den Biber und eine Vielzahl von Vogel-, Amphibien- und Libellenarten Lebens- und auch Nahrungsraum bietet; danach stellt der streitgegenständliche Baggersee im Zusammenhang mit dem im Nordwesten angrenzenden See auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … (das bereits im Jahr … vom Bund Naturschutz erworben wurde) ein bedeutsames ungestörtes Biotop – erfasst in der Biotopkartierung unter Nr. … – dar. Der Beigeladene zu 1 beabsichtigt nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die in diesem Bereich vorhandene Artenvielfalt auf Dauer zu erhalten und zu verbessern. Nach den ergänzenden Darlegungen hat auf den Grundstücken, während der letzten 15 Jahre (bzw. während sie dem Bergrecht unterlagen), eine positive Entwicklung der Flächen stattgefunden, die aber noch nicht gänzlich abgeschlossen ist. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung von der Naturschutzfachkraft des Beklagten dahingehend konkretisiert, dass vor allem für den im gegenständlichen Bereich lebenden Drosselrohrsänger die teilweise entstandenen Schilfzonen benötigt werden; zum Erhalt dieser Schilfzonen bedarf es aktiver Pflege- und Optimierungsmaßnahmen, längerfristig müsse das Schilf durch Maßnahmen optimiert und gepflegt werden, konkret werde Schilf beispielsweise (ggf. auch mit Hilfe eines Bootes) zurückgeschnitten. Die Naturschutzfachkraft erläuterte zudem, dass offene Sandbereiche, die für die dort lebenden Insekten notwendig seien, aktiv gepflegt werden. Sie wies ergänzend darauf hin, dass im gesamten Sandabbaugebiet regelmäßig Begehungen stattfinden; konkret würden bei zwei Terminen jährlich die jeweils erforderlichen Pflege- und Optimierungsmaßnahmen festgelegt. Die Vertreterin des beigeladenen Landkreises (Beigeladener zu 1) legte ergänzend dar, Zielsetzung des Naturschutzfonds sei der Ankauf ökologisch wertvoller Flächen, um Biotope auf Dauer zu sichern und zu erhalten; hinsichtlich konkret zu ergreifender Maßnahmen finde eine Abstimmung mit der Naturschutzfachkraft statt.
44
Es ist demnach davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Flächen bereits ökologisch hochwertig sind und deshalb aktuell ein vergleichsweise geringes Verbesserungspotential aufweisen, dies steht aber der Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegen, denn Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG ist auch auf zukünftige Gestaltungen gerichtet, die Rechtfertigungsgründe sind also auf eine langfristige Wirkung angelegt.
45
Die vom Beklagten angeführten Ziele, die mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücke durch den beigeladenen Landkreis (Beigeladener zu 1) gefördert werden sollen, entsprechen nicht nur den in § 1 BNatSchG und Art. 1a, 2 BayNatSchG genannten Zielen, sondern auch dem in § 3 der Verordnung vom 11. April 2005 festgelegten Schutzzweck. Insbesondere auch die Tatsache, dass durch die Verordnung bestimmte Veränderungen der Grundstücke verboten sind (§§ 4 ff. der Verordnung vom 11.4.2005), macht den Eigentumserwerb nicht überflüssig. Denn Schutzvorschriften können den Eigentümer nicht zur aktiven Förderung der Naturschutzziele bzw. Durchführung von (Pflege- bzw. Optimierungs-)Maßnahmen verpflichten; daher ergänzt der Grunderwerb die hoheitlichen Regelungen (vgl. Fischer-Hüftle in Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 Rn. 21a m.w.N.). Die Innehabung des Eigentums durch den Beigeladenen zu 1 hat den Vorteil, nicht auf diese Verbote bzw. die Abwehr von Störungen (auch im Rahmen eines gesetzlichen Biotopschutzes) verwiesen zu sein, sondern – gegebenenfalls auch ohne Hemmnisse, resultierend aus entgegenstehenden Eigentumsrechten, – Optimierungs- und Verbesserungsmaßnahmen durchführen zu können; hingegen besteht beim Grundstückserwerb durch private Dritte regelmäßig nur ein Schutz gegen unzulässige Eingriffe, Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen im Sinne des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG sind wegen der Privatnützigkeit des Eigentums aber in der Regel nicht zu erwarten (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2001 – 9 ZB 01.1937 – juris Rn. 6 f.; U.v. 26.0.1995 – 9 B93.2828 – BayVBl. 1996, 210 hinsichtlich eines Grundstücks im Naturschutzgebiet; U.v. 22.5.1995 – 9 B 92.1183 u.a. – NuR 1995, 554; Hess VGH, U.v. 18.1.1996 – 3 UE 2544/93 – ESVGH 46, 128).
46
Soweit die Klägerin gegen die Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung anführt, die im Bescheid als Rechtfertigungsgrund benannte Absicht des Beigeladenen zu 1 stelle eine inhaltsleere Absichtserklärung dar, die schützenswerte Landschaft sei bisher ohne Einwirkung des Freistaates allein im Eigentum der Privatleute entstanden, greift dieser Einwand nicht durch. Denn es kommt für diese Rechtfertigung nur auf die noch nicht notwendig in einer entsprechenden Planung konkretisierten Vorstellungen des Beigeladenen zu 1 über auf den streitgegenständlichen Grundstücken durchzuführende Erhaltungs- und Optimierungsmaßnahmen an (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NuR 2020, 199 Rn. 44), wobei vorliegend kein greifbarer Anhaltspunkt für die von der Klägerin unsubstantiiert geäußerte Skepsis an der Realisierung der künftigen naturschutzfachlichen Maßnahmen ersichtlich ist. Zumal die Rechtfertigungsgründe, wie dargelegt, auf eine langfristige Wirkung angelegt sind.
47
Der Einwand der Klägerin, sie sei in der Lage, naturschutzrechtliche Belange abzusichern bzw. sie beabsichtige, das hohe Schutzniveau des Sees zu beachten, lässt die Rechtfertigung nach Art. 39 BayNatschG nicht entfallen, denn eine Abwendungsbefugnis des Käufers ist danach nicht vorgesehen (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2016 – 14 ZB 13.2250 – NuR 2015, 427; Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018 § 66 Rn. 18). Schließlich konnte auch die allgemeine Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz und Landschaftspflege geraten können (vgl. BayVGH, B.v. 13.8.2009 – 14 ZB 08.1621 – juris Rn. 5 m.w.N.), Berücksichtigung finden.
48
Gegenwärtige und vor allem künftige Belange des Naturschutzes rechtfertigen demnach vorliegend die Ausübung des Vorkaufsrechts nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG; ein Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur kann daher dahinstehen.
49
c) Die Ermessensausübung erfolgte rechtmäßig (§ 114 Satz 1 und 2 VwGO).
50
(1) Die Rechtsfolge des Art. 39 Abs. 2 BayNatschG besteht in der Einräumung einer Ermessensentscheidung. Die Begründung des Bescheids hat den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung zu entsprechen (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.419 – NVwZ-RR 2020, 593 Rn. 59 m.w.N.); es ist kein Fall des intendierten Ermessens gegeben (vgl. BayVGH, U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.765 – BayVBl 2021, 529 Rn. 37; U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.96 – BayVBl 2021, 454 Rn. 35 f.). Dabei hat die Verwaltung sämtliche Bestandteile des zu entscheidenden Sachverhalts zu bewerten, alle entscheidungserheblichen Sachverhaltsbestandteile im Verhältnis zueinander zu gewichten und zu entscheiden, ob sie trotz gegebenenfalls entgegenstehender rechtlich relevanter privater Belange das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht ausübt. Dabei lässt sich die zur Begründung erforderliche Argumentationstiefe nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles und unter anderem davon ab, wie gewichtig die im jeweiligen Fall im Raum stehenden rechtlich geschützten Privatinteressen sind (vgl. BayVGH, U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.96 – a.a.O. Rn. 28). Zwar können die Ermessenserwägungen auch noch nachträglich im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden, doch gilt dies nicht schrankenlos. Der Verwaltungsakt darf durch das Nachschieben von ergänzenden Ermessenserwägungen nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Hinzu kommt, dass neue Gründe für einen Verwaltungsakt grundsätzlich nur nachgeschoben werden dürfen, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – BVerwGE 147, 81 Rn. 31ff.).
51
Bei der Beurteilung des Gewichts des Eingriffs in die Privatautonomie des Käufers (Art. 2 Abs. 1 GG) durch Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Besonderheit zu sehen, dass bei Vorliegen der in Art. 39 Abs. 1 und 2 BayNatSchG vorgesehenen Tatbestandsvoraussetzungen das jeweils betroffene Grundstück von vornherein mit dem naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht „belastet“ ist (vgl. BayVGH U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.765 – BayVBl 2021, 529 Rn. 35; U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.96 – BayVBl. 2021, 454 Rn. 31; U.v. 31.5.2001 – 9 B 99.2581 – BayVBl 2002, 729).
52
(2) Ausgehend davon ist die – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare (vgl. § 114 S. 1 VwGO) – Ermessensentscheidung des Beklagten zur Vorkaufsrechtsausübung nicht zu beanstanden. Sie beruht weder auf falschen oder unvollständigen Tatsachen, noch erweist sie sich sonst als fehlerhaft.
53
Der Beklagte geht im Bescheid von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Ausübung des Vorkaufsrechts aus. Die diesbezüglichen Ausführungen zeigen in noch ausreichender Weise, dass die Behörde von keiner „intendierten“ Entscheidung ausging, sondern sich der Eröffnung einer Ermessensentscheidung im Kern bewusst war und die klägerischen Interessen mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die Abwägung einstellte.
54
Die Behörde setzt sich im Bescheid mit den im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Ausführungen der Klägerin – auch dem geltend gemachten Ziel, in diesem Bereich eine eigene Jagd zu unterhalten – auseinander, und legt zwar knapp, aber im Ergebnis zutreffend dar, dass das Interesse an der Vorkaufsrechtsausübung das Interesse der Klägerin überwiegt. Dies zeigt, dass das Landratsamt im Grundsatz erkannt hat, dass berechtigte private Belange zumindest auf Käuferseite im Raum stehen und den Inhalt der Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts im Ermessenswege beeinflussen können.
55
Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Klägerseite greifen nicht durch. Der Bescheid stellt zutreffend darauf ab, dass eine Jagdausübung durch die Klägerin (bzw. durch für sie handelnde Personen) weiterhin möglich ist. Nach § 7 Nr. 1 der Verordnung vom 11. April 2005 sind die rechtmäßige Jagdausübung sowie Aufgaben des Jagdschutzes von den Verboten nach §§ 4 bis 6 der Verordnung ausgenommen. Zudem ist trotz des Verkaufs der streitgegenständlichen Grundstücke die – seitens der Klägerin geltend gemachte und im Übrigen auch im öffentlichen Interesse liegende – Kontinuität der Jagdausübung gegeben (§ 14 BJagdG; vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 9.12.2010 – 11 B 31.08 – juris Rn. 27; VG Augsburg, U.v. 8.10.2019 – Au 8 K 18.1281 – juris Rn. 31 m.w.N. zur Kontinuität der Jagdausübung und zum Pächterschutz bei Verkauf der zu dem Jagdbezirk gehörenden Grundstücke; Gies/v. Bardeleben in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022 § 14 BJagdG Rn. 1 und 9), unabhängig davon, dass die Klägerin ihre rechtlichen Interessen insoweit nicht substantiiert darlegte, da sie diesbezüglich – ebenso wie hinsichtlich der vorgetragenen angestrebten Eigenjagd – nicht zwischen der klagenden … als Käuferin und dem Geschäftsführer bzw. der Familie des Geschäftsführers differenzierte. Im Übrigen ergänzte der Beklagte seine Erwägungen hinsichtlich des geltend gemachten Eigenjagdreviers zudem zulässigerweise dahingehend, dass angesichts der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke nicht ersichtlich ist, dass vorliegend ein Eigenjagdrevier entstehen soll: Denn die im Norden angrenzende Fläche (Baggersee eins) liege im Eigentum des Bund Naturschutz in Bayern e.V., die Flächen im Süden (Baggersee drei) befinde sich im Eigentum der Beigeladenen zu 2 und die gegenüberliegende Fläche stehe im Eigentum des Beigeladenen zu 1 (* …*); alle weiteren Flächen befänden sich im Eigentum verschiedener Privatpersonen. Für eine Eigenjagd ist aber eine zusammenhängende (land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare) Fläche von über/mindestens 81 ha erforderlich (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayJG), die sich im Eigentum von ein und derselben Person befindet (vgl. Gies/v. Bardeleben in Düsing/Martinez, Agrarrecht, § 7 BJagdG Rn. 1).
56
Der Verweis darauf, dass eine gesicherte Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes auf Dauer nur möglich ist, wenn sich die Grundstücke im öffentlichen Eigentum befinden, ist auch im Rahmen der Ermessensausübung legitim (vgl. BayVGH U.v. 9.7.2020 – 14 B 19.765 – BayVBl 2021, 529 Rn. 39). Der Einwand in der mündlichen Verhandlung, dass der Staat nicht aufgrund von Erfahrungstatsachen „alles besser mache“ – unter Verweis auf die Rechtsprechung zum Ausschluss des Vorkaufsrechts nach § 26 Nr. 4 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2021 – 4 C 1.20 – BVerwGE 174, 109) –, führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann danach das Vorkaufsrecht in Gebieten mit Erhaltungssatzungen nur in engen Grenzen ausgeübt werden, diese Rechtsprechung zum vorgenannten Ausschlusstatbestand ist indessen Ergebnis der gesetzgeberischen Absicht, dieses gemeindliche Vorkaufsrecht auf die Fälle wirklichen städtebaulichen Bedürfnisses zu beschränken (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 26), und auf das gegenständliche naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht demnach nicht anwendbar. Zumal Art. 39 BayNatschG im Übrigen keinen entsprechenden Ausschlusstatbestand beinhaltet, sondern lediglich für die in Abs. 9 geregelten Fälle von Veräußerungen an Ehegatten, eingetragene Lebenspartner oder an Personen, die mit dem Grundstückseigentümer in gerader Linie verwandt sind, einen Ausschluss des Vorkaufsrechts vorsieht.
57
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst; sie haben keinen Sachantrag gestellt und sich demnach keinem Kostenrisiko ausgesetzt, daher entspricht es auch nicht der Billigkeit, ihnen einen Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO)
58
5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.