Titel:
Erfolgloser Eilantrag gegen Genehmigung zum Kiesabbau sowie zur Wiederverfüllung und Rekultivierung
Normenketten:
VwGO § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, Abs. 5
UmwRG § 2
BayAbgrG Art. 9
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 S. 1 Nr. 3, Nr. 5, Nr. 6, Abs. 3 S. 2
BImSchG § 22
TA Lärm
BNatSchG § 14 Abs. 1, § 44
Leitsätze:
1. Zwar findet eine generelle Standortalternativenprüfung im Außenbereich im Baugenehmigungsverfahren nicht statt, bei der Beurteilung der Dienlichkeit eines Vorhabens iSd § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist aber auch die Erschließung des Vorhabengrundstückes zu bewerten. (Rn. 179 – 184) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Antragsteller kann seinen Antrag bzw. seine Klage in der Hauptsache nicht darauf stützen, dass die Baugenehmigung wegen eines Entgegenstehens des öffentlichen Belangs nach § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB rechtswidrig sei, da es sich bei dieser Regelung nicht um eine umweltbezogene Rechtsvorschrift iSd § 1 Abs. 4 UmwRG handelt. (Rn. 187) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ausgehend davon werden in zulässiger Weise weit verbreitete Vogelarten mit geringer Wirkungsempfindlichkeit nicht näher untersucht, sondern eine vorhabenbedingte Verschlechterung des Erhaltungszustands bzw. die Erfüllung von Verbotstatbeständen ausgeschlossen. (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist grundsätzlich zulässig, weit verbreitete Vogelarten mit geringer Wirkungsempfindlichkeit nicht näher zu untersuchen, sondern eine vorhabenbedingte Verschlechterung des Erhaltungszustands bzw. die Erfüllung von Verbotstatbeständen auszuschließen. (Rn. 211 – 212) (redaktioneller Leitsatz)
5. § 63 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG ist auf die Genehmigungsverfahren für die wasserrechtliche Erlaubnis bzw. Bewilligung nicht anwendbar, weil dieses Mitwirkungsrecht an die Planfeststellung anknüpft und Verfahren, die lediglich entsprechend der Planfeststellung durchgeführt werden, nicht erfasst sind. (Rn. 258) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtsschutz, Abgrabungsgenehmigung, Verbandsantrag, Drittschutz, Lärmimmissionen, vorläufiger Rechtsschutz, Kiesabbau, Verfüllung, Grundwasser, Flächennutzungsplan, öffentliche Belange, Gewerbegebiet, schädliche Umwelteinwirkung, Tötungsverbot, Bestandaufnahme, Ausgleichsmaßnahme
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 04.07.2024 – 2 CS 24.31
Fundstelle:
BeckRS 2023, 48161
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller, ein anerkannter Umweltverband, begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die der Beigeladenen erteilten abgrabungsrechtlichen Genehmigung zum Kiesabbau mit Verfüllung auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … (im Folgenden Vorhabengrundstück).
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Mit Antrag vom 20. Juli 2020, den sie am 29. Juli 2020 bei der Gemeinde …- … einreichte, beantragte die Beigeladene die Erteilung einer abgrabungsrechtlichen Genehmigung für eine Abgrabung zur Kiesgewinnung im Trockenabbau mit anschließender Wiederverfüllung auf der FlNr. … der Gemarkung … Das Vorhaben sieht vor, in drei Abbauabschnitten auf einer Gesamtfläche von ca. 5,4 ha mit einem Abbaugebiet von ca. 4,9 ha in Abbaurichtung von Norden nach Süden Kies zu gewinnen. Die Abbauhöhe beträgt im Mittel 25 m. Das Volumen der Abbaustätte beträgt ca. 990.000 m³. Die Kiesausbeute wird unter Berücksichtigung einzuhaltender Abstände mit ca. 940.000 m³ veranschlagt. Die Abbaustätte soll nach dem Kiesabbau mit Bodenaushub und Bauschutt bis zum ursprünglichen Geländeniveau verfüllt, rekultiviert und danach wieder der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden bzw. für die im Flächennutzungsplan vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen. Das Grundstück wurde bisher landwirtschaftlich genutzt. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde … ist ein kleiner Teil der Fläche im Nordwesten des Vorhabengrundstücks als Fläche für Gewerbe dargestellt, an den sich ein als Aufforstungsfläche vorgesehener Streifen anschließt; die restliche Fläche ist im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt. Die Verkehrsanbindung war laut dem Antrag über eine Zu- und Abfahrt auf der FlNr. …, Gemarkung …, dem sogenannten „…-weg“, geplant.
3
Die Beigeladene legte dem Landratsamt M. (im Folgenden Landratsamt) zum Antrag ein von der … … … … mbB erstelltes immissionsschutztechnisches Gutachten – Schallimmissionsschutz – vom 13. Juli 2020 vor. Dieses Lärmschutzgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass bei regulärem Betrieb des Kiesabbaus mit Wiederverfüllung die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte zu erwarten sei.
4
Im Nachgang der Antragstellung zeigte die Beigeladene dem Landratsamt mit Schreiben vom 10. März 2021 eine Änderung des beantragten Vorhabens an. Die Erschließung sollte nunmehr nicht über den sogenannten „…-weg“, sondern über einen noch zu errichtenden, 6 m breiten, befestigten und asphaltierten Weg auf dem an den sogenannten „…-weg“ südlich angrenzenden Acker, FlNr. …, Gemarkung …, erschlossen werden.
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In seiner Stellungnahme vom 2. Februar 2021 führte das Wasserwirtschaftsamt München (im Folgenden: Wasserwirtschaftsamt) unter anderem aus, dass das Grundwasser bei einer Messung am 15. Juni 2020 bei 28,992 m unterhalb der Pegeloberkante gemessen worden sei und somit die Oberkante des quartären Hauptgrundwasserleiters bei 550,67 m über NN angenommen werden könne. Der höchste Grundwasserstand werde am Nordrand der Kiesgrube auf 550,0 über NN und am Südrand auf 551,0 m über NN festgelegt. Die beantragte Abbautiefe von 552,0 m über NN (Nordgrenze) und 554,0 m über NN (Südgrenze) sei für einen Trockenabbau, bei dem eine ungestörte Deckschicht aus anstehendem Material verbleibe, die ausreichend mächtig sei, um als natürlicher Filter für die Schadstoffretardation (Rückhaltung) zu dienen (im vorliegenden Fall ca. 2,0 m), zulässig. Die monatlichen Wasserstandsmessungen dienten der Überprüfung des abgeschätzten höchsten Grundwasserstands und lieferten Referenzwerte für die Überwachung des beantragten Abbauvorhabens. Hinsichtlich der Sorptionsschicht sei an den Übergängen zu benachbarten Verfüll-Abschnitten jeweils ein Rand einzuhalten, der solange nicht verfüllt werde, bis am benachbarten Verfüll-Abschnitt die Technische Sorptionsschicht durch das Landratsamt zur Verfüllung freigegeben sei. Auf den Inhalt der Stellungnahme im Übrigen wird Bezug genommen.
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Die Gemeinde … erteilte mit Beschluss des Gemeinderats vom 30. Juni 2022 das gemeindliche Einvernehmen.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28. September 2022 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2023 erteilte das Landratsamt die beantragte abgrabungsrechtliche Genehmigung. Die Gesamtdauer des Vorhabens wird unter Nummer 1 des Genehmigungsbescheids mit insgesamt 16 Jahren angegeben (Abschluss der Rekultivierung bis zum 28. September 2038).
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Unter Nummer 3 des Bescheids wird geregelt, dass dem Bescheid das immissionsschutztechnische Gutachten – Schallimmissionsschutz – vom 13. Juli 2020 und die schalltechnische Stellungnahme vom 6. Juli 2023 der … … … … mbB, der landschaftspflegerische Begleitplan vom 8. Februar 2021 und der Bericht über die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 4. Februar 2021 zugrunde liegen, welche mit dem Genehmigungsvermerk des Landratsamtes vom 28. September 2022 bzw. vom 25. Juli 2023 in Hinblick auf den Änderungsbescheid vom 25. Juli 2023 versehen und Bestandteil des Bescheids sind, soweit sie nicht von dessen Bedingungen und Auflagen abweichen.
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Der Genehmigungsbescheid sieht außerdem u.a. folgende Bedingungen und Auflagen vor:
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4.2 Mit der Verfüllung darf erst begonnen werden, wenn …
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4.2.2 die Grundwassermessstellen (Nr. 5.9.1) errichtet wurden und der geforderte Lageplan sowie die Ergebnisse der Erstuntersuchung (Nr. 5.9.2) dem Landratsamt M. vorliegen;
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4.2.4 im zu verfüllenden Bereich eine Sorptionsschicht gemäß N. 5.10.7 eingebracht wurde. Mit der Überfüllung darf erst zwei Wochen nach der Vorlage des Berichtes beim Landratsamt M. und beim Wasserwirtschaftsamt München begonnen werden.
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5.2 Abbau, Abbautiefe und Grubenausböschung
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5.2.1 Der Kiesabbau ist (…) nur zulässig im Trockenabbau bis zu einer Tiefe zwischen 552 m über NN an der nördlichen Grenze und 553 m über NN an der südlichen Grenze der FlNr. 342.
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5.2.3 Über dem höchsten zu erwartenden Grundwasserspiegel (HZEGW) muss (…) eine Deckschicht von mindestens 1,5 m verbleiben. Andernfalls ist die Abbautiefe entsprechend zu verringern und das Landratsamt M. hierüber unverzüglich zu informieren.
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5.2.5 Die Neigungswinkel an den Grubenrändern dürfen nicht steiler als ca. 45° sein.
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Die Erschließung hat über die …-Straße im Gemeindegebiet … und einen noch zu errichtenden Weg am nördlichen Rand der Fl.-Nrn. … und …, beide Gemarkung …, gemäß den Unterlagen Nrn. 3.14 und 3.16 zu erfolgen.
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5.7.2.4 Der Artenschutz ist zu beachten. Sollten sich im Bereich des Abbauvorhabens Amphibien (…) ansiedeln, sind die Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu erhalten. (…) Die untere Naturschutzbehörde ist darüber unverzüglich zu informieren.
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5.8.1.1 Der Kiesabbau und die Verfüllung sind entsprechend den Antragsunterlagen und der Verfahrensbeschreibung des immissionsschutztechnischen Gutachtens – Schallimmissionsschutz – vom 13.07.2020 von … … … … mbB (Projekt …) und des immissionsschutztechnischen Gutachtens – Luftreinhaltung – vom 17.07.2020 von … … … … mbB (Projekt …) sowie dem Stand der Technik entsprechend zu betreiben.
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5.8.1.4 Die Betriebszeiten der Kiesgrube sind an Werktagen jeweils von 06.00 bis 18.00 Uhr. An Sonn- und Feiertagen ist kein Betrieb zulässig.
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5.8.1.5 Mit Lärm verbundene Betriebsabläufe sind auf maximal 10 Stunden in der Zeit zwischen 06.00 Uhr und 18.00 Uhr an Werktagen zu beschränken.
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5.8.3.1 Für den Betrieb darf gleichzeitig nur eine Maschine (Radlader, Bagger o.ä) zum Einsatz kommen.
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Während der Abraum- und Rekultivierungsarbeiten darf zusätzlich zum Radlader ein Bagger betrieben werden, um je nach Bedarf die Wälle zu profilieren oder die Böschungskante gerade zu ziehen.
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5.8.3.2 Abraum- und Rekultivierungsarbeiten im BA 1 sind auf der in Abbildung 12 und in Abbildung 13 des Schallschutzgutachtens vom 13.07.2020 jeweils grün schraffierten Teilfläche auf maximal zehn Tage im Jahr und auf nicht mehr als zwei aufeinanderfolgende Wochenenden zu beschränken. Dabei ist ein erhöhter Beurteilungspegel bis hin zu dem angehobenen Immissionsrichtwert eines seltenen Ereignisses gemäß Nr. 7.2 TA Lärm (IRWselten,Tag = 70 dB(A)) zulässig.
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5.8.3.3 Die Erdbewegungsmaschinen müssen den Anforderung der 32. BImSchV (Baumaschinenlärm-Verordnung), respektive der EG-RL 2000/14/EG entsprechen.
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5.8.3.5 Alle Anlagen und Fahrzeuge sind entsprechend dem Stand der Technik zur Lärmminderung zu errichten, zu betreiben und zu warten.
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5.8.3.6 Durch den Betrieb der Gesamtanlage (Kiesabbau einschließlich Verfüllung und zugehörigem Fahrverkehr) darf beim nachfolgend genannten Immissionsort der folgende, reduzierte Immissionswert im Tagzeitraum nicht überschritten werden:
Immissionsort (IO)
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Gebietsart
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Immissionsrichtwert Tag in dB(A)
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FlNr. …6, Gemarkung …, Betriebsleiterwohnung in der …-Straße 8a
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GE
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FlNr. …, Gemarkung …, Gewerbegebäude mit Wohnnutzung in der …-Straße 2
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GE
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59
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5.8.3.7 Die Zahl der Lkw-Fuhren, die im Zusammenhang mit Betriebsabläufen gemäß Nr. 5.8.1.5 stehen, ist auf maximal 36 pro Tag beschränkt (maximal 36 Hin- und 36 Rückfahrten). Die Gesamtanzahl der pro Tag durchgeführten Hin- und Rückfahrten zur Kiesgrube ist in dem Betriebstagebuch gem. Nr. 5.14.4 zu dokumentieren.
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5.9 Grundwasserüberwachung
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5.9.1 Grundwassermessstellen
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Zur Beweissicherung und Grundwasserüberwachung sind vor Beginn der Verfüllung im Grundwasserzustrom der Kiesgrube mindestens eine Messstelle (…) und im Grundwasserabstrom der Kiesgrube mindestens zwei Messstellen (…) in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt München zu errichten.
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(…) Die Grundwasserüberwachung ist nach erfolgter Verfüllung und Rekultivierung fünf Jahre weiterzuführen.
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5.9.3 Wasserstandsmessungen
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Die Wasserspiegelhöhen der drei Messstellen sind ab Beginn des Kiesabbaus bis zum Abschluss der Verfüllung monatlich jeweils an einem Stichtag zu bestimmen und aufzuzeichnen.
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5.10.7 Im gesamten zu verfüllenden Bereich ist eine Sorptionsschicht einzubringen, wobei die Anforderungen der Anlagen 8a und 8b zum Verfüll-Leitfaden zu erfüllen sind. Die Sorptionsschicht kann auch abschnittsweise eingebracht werden. Sie ist in einer Schichtstärke von 1,5 m aufzubringen und waagrecht einzuplanieren; sie ist wannenartig auszuführen und an den Flanken bis auf Höhe der Verfüllung anzuböschen. (…) Der Einbau ist für jeden Abschnitt gesondert durch einen Fachgutachter zu kontrollieren. Der Fachgutachter hat einen Bericht über den ordnungsgemäßen Einbau der Schicht zu erstellen. Der Bericht ist unverzüglich dem Landratsamt M. und dem Wasserwirtschaftsamt München vorzulegen.
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Auf den Inhalt des Bescheids vom 28. September 2022 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2023 im Übrigen wird Bezug genommen.
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Mit Schriftsätzen seines Bevollmächtigten vom 9. Dezember 2022 und 21. August 2023, beide bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 28. September 2022 (M 9 K 22.6136) und Klage gegen den Änderungsbescheid vom 25. Juli 2023 erheben (M 9 K 23.4238). Über die Klagen ist noch nicht entschieden.
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Mit Schriftsätzen seines Bevollmächtigten vom 16. Februar 2023 und 20. November 2023, beide eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Antragsteller einen Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 VwGO stellen und sinngemäß beantragen,
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die aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers vom 9. Dezember 2022 und 21. August 2023 gegen die mit Bescheid vom 28. September 2022 in Form des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2023 erteilte abgrabungsrechtliche Genehmigung des Landratsamtes M. für die … … … GmbH zum Kiesabbau mit Verfüllung auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, Gemeinde … (Az. …), anzuordnen.
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Zur Begründung lässt der Antragsteller im Wesentlichen folgendes vortragen:
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Die Abgrabungsgenehmigung verstoße gegen wasserrechtliche Vorschriften. Vorgelegt wurde eine hydrogeologische Bewertung des Diplom-Geologen Dr. … … vom Dezember 2022, die zu dem Ergebnis kommt, dass es bereits an einer nachvollziehbaren Bestimmung des vorherrschenden Grundwasserstands fehle.
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In der Anlage 2.1 zum Abbauantrag werde dieser mit 550,67 m über NN zuzüglich eines Hochwasseraufschlags von 0,3 m, im Protokoll über die Grundwassermessung an der Grundwassermessstelle (im Folgenden: GWM) 342 mit 551,75 m über NN angegeben. Unter Berücksichtigung der Vorgaben an die Verfüllung von Gruben und Brüchen sowie Tagebauen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz in der Fassung vom 15. Juli 2021 (im Folgenden: Verfüll-Leitfaden) sei der höchste zu erwartende Grundwasserspiegel der höchste gemessene Spiegel zuzüglich eines Sicherheitsabstands von 0,5 m, mithin 552,25 m über NN. Aus den bestehenden hydrogeologischen Karten des Bayerischen Geologischen Landesamts ergebe sich ein mittlerer Grundwasserstand von ca. 554 m über NN. Somit entspräche der im Genehmigungsbescheid übernommene Grundwasserstand nicht den tatsächlichen Grundwasserverhältnissen. Zudem habe die GWM … 2, für die sich ein zu erwartender höchster Grundwasserstand von insgesamt 554,36 m über NN ergebe, im Rahmen der Betrachtung der für die Abbaufläche maßgeblichen Grundwasserhöchststände keine Berücksichtigung gefunden. Es sei daher eine Grundwassergefährdung zu besorgen, da der in den Antragsunterlagen angegebene Grundwasserstand von 551 m über NN ohne Überprüfung übernommen worden sei. Bei der Realisierung der Planung werde der geforderte Sicherheitsabstand zwischen hohen Grundwasserständen und dem verfüllten Material nicht eingehalten.
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Weiter werde davon ausgegangen, dass die im Bescheid enthaltenen Vorgaben zur Grundwasserüberwachung nicht geeignet seien, eine ausreichende Überwachung im Zeitraum des Abbaus als auch der Verfüllung sicherzustellen. Die aufgenommenen Vorgaben stünden im Widerspruch zueinander und seien völlig ungeeignet, eine ausreichende Überwachung des Grundwassers sicherzustellen. Die Auflage 5.9.1 enthalte die Vorgabe, vor Beginn der Verfüllung im Grundwasserzustrom der Kiesgrube mindestens eine Messstelle und im Grundwasserabstrom der Kiesgrube mindestens zwei Messstellen in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt … zu errichten. Im Widerspruch hierzu werde in Auflage 5.9.3 davon ausgegangen, dass bereits ab Beginn des Kiesabbaus die Messung des Wasserstandes mittels Messstellen erfolge. Es sei daher nicht sichergestellt, dass die Grundwasserüberwachung wie im Bescheid vorgesehen durchgeführt werden könne. Die Errichtung der GWM sei einheitlich vor Beginn des Kiesabbaus zu veranlassen und sicherzustellen, dass eine Dokumentation der Stände, Fließrichtung und des Ausgangszustands des Grundwassers vor Beginn der Verfüllung erfolge. Darüber hinaus sei eine Grundwasserüberwachung mittels Messstellen auch nach Abschluss der Verfüllung für mindestens 15 Jahre zu veranlassen.
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Zusätzlich sei die vorgesehene Sorptionsschicht mit einer Mindestmächtigkeit von 1,5 m nicht geeignet, mögliche Beeinträchtigungen des Grundwassers zu verhindern. Diese entspreche nicht den Vorgaben des Verfüll-Leitfadens, da sie im Bereich der Böschung nur ca. in Höhe von 1 m eingebaut, aber entgegen dem Leitfaden nicht auf der gesamten seitlichen Böschung eingebaut werden solle. Laut des Sachverständigen Dr. … sei der Einbau einer qualifizierten Sorptionsschicht an der sehr steilen Böschung aufgrund des Böschungswinkel technisch nicht möglich, so dass eine Abflachung der Böschung erforderlich sei. Die Planung entspreche diesbezüglich nicht dem Verfüll-Leitfaden und würde eine unmittelbare Gefährdung des Grundwassers mit sich bringen. Zudem sei davon auszugehen, dass das vor Ort vorhandene Material für den Einbau der erforderlichen Sorptionsschicht nicht ausreichend sei und ca. 65.000 m³ Sorptionsschichtmaterial von außerhalb anzufahren sei. Es werde des Weiteren bezweifelt, dass vor Ort überhaupt geeignetes Material zu Herstellung einer Sorptionsschicht vorhanden sei. Dies würde einen zusätzlichen Lkw-Verkehr von ca. 4350 Fahrten hervorrufen.
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Es bestünden zusätzlich erhebliche Zweifel, dass die vorgesehene Planung in tatsächlicher bzw. technischer Hinsicht durchführbar sei. Der Sachverständige Dr. … führe diesbezüglich aus, dass gemäß den Darstellungen im Profilschnitt der Planunterlagen die Bauabschnitte im Überlappungsbereich bis 25 m überhängen würden und künstlich gestützt werden müssten, was aber technisch nicht möglich sei.
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Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass im Regionalplan … ein Vorranggebiet für Wasserversorgung vorgesehen sei. Dieses liege unmittelbar angrenzend zum geplanten Kiesabbau auf dem streitgegenständlichen Grundstück und tangiere an der südöstlichen Ecke dieses sogar. Es könne daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass mögliche Schadstoffeinträge im Rahmen des Abbaus bzw. der Verfüllung nicht in das geplante Vorranggebiet für Wasserversorgung gelangten.
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Zudem sei übersehen worden, dass die beantragte Auskiesung den Tatbestand von
§ 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG erfülle und deshalb eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich sei. Die Möglichkeit einer nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaften sei gegeben, da sich infolge der Notwendigkeit, die Bagger vor Ort zu betanken sowie Öl nachzufüllen und eines potentiellen Eintrages von Diesel und Öl in das Grundwasser die Wasserqualität gegenüber derjenigen, die ohne Einwirkung auf das Gewässer bestehen würde, verschlechtere.
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Das Abbauvorhaben verstoße zudem gegen die §§ 44 ff. BNatSchG. Die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (im Folgenden: saP) genüge nicht den besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Unterlagen seien hinsichtlich der erfassten Arten grob mangelhaft und ließen entgegen der aktuellen Rechtsprechung des EuGH zahlreiche Arten außen vor, obwohl diese zwingend erörtert und die Auswirkungen auf diese ermittelt und bewertet hätten werden müssen. Die Untersuchungen zum Vorkommen von Tierarten sei insbesondere hinsichtlich der angewandten Methodik unzulänglich. Es fehle bereits an einer geeigneten Grundlage für die Prüfung in Form naturschutzfachlicher Kartierungen, die dem Methodenstandard genügten. So habe lediglich eine zweimalige Begehung für das gesamte Artenspektrum stattgefunden, ohne dass genauere Angaben vorhanden seien. Zudem seien die Ergebnisse der Begehung nicht brauchbar, da zum Zeitpunkt der Begehung das Feld gerade umgebrochen worden oder bereits gewesen sei. Nach den Methodenstandards seien bereits für die Vogelarten zwischen vier und sechs Begehungen notwendig. Erfassungen während der Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten fehlten ganz.
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Weitere Vogelarten, welche im Vorhabengebiet potentiell vorkämen, aber im Rahmen der Begehungen nicht nachgewiesen werden konnten, seien im Rahmen der artenschutzrechtlichen Betrachtung vollkommen außer Acht gelassen worden. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei es aber nicht zulässig, Arten, die als ungefährdet angesehen würden, aus der Begutachtung vollständig herauszunehmen.
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Darüber hinaus verneine die saP in unzutreffender Weise den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG. Hinsichtlich der Feldlerche seien die Voraussetzungen für den Einsatz von CEF-Maßnahmen (continuous ecological functionality) nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG nicht gegeben. Der in § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG vorausgesetzte volle Funktionserhalt sei nicht schon dann gegeben, wenn der Eingriff keine messbaren Auswirkungen auf die Reproduktionsbedingungen bzw. Rückzugsmöglichkeiten der lokalen Population als Ganzes habe, sondern erst dann, wenn die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion für die betroffenen Exemplare einer Art vollständig erhalten bleibe. Davon könne keine Rede sein, wenn die vorgesehene Ausgleichsmaßnahme über 2400 m von der Vorhabensfläche entfernt hergestellt werden solle. Zudem fehle es an Feststellungen, wie viele Brutpaare überhaupt betroffen seien. Schließlich sei davon auszugehen, dass mit Beginn des Abschiebens des Oberbodens im November 2022 die CEF-Maßnahme nicht hergestellt und somit nicht wirksam gewesen sei. Es sei zusätzlich zu kritisieren, dass laut dem Bescheid im Zeitpunkt des Abtragens des Oberbodens eine rechtliche Sicherung für die CEF-Maßnahme i. S. d. des § 15 Abs. 4 BNatSchG noch nicht vorliegen müsse, da gemäß Nr. 4.1.2.4 des Genehmigungsbescheids erst mit Beginn des Kiesabbaus die Vorlage eines Notarvertrags über die dingliche Sicherung gefordert werde.
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Die Prüfung der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote in Bezug auf Amphibien fehle völlig, obwohl der Gutachter der saP für die Kreuzkröte, Gelbbauchunke und die Knoblauchkröte annehme, dass das geplante Abbaugebiet zumindest kleinflächig und lokal begrenzt einen potentiellen Lebensraum darstelle.
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Die festgestellten Ermittlungs- und Bewertungsdefizite wirkten sich auf die Behandlung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen fort. Zudem gehe die auf Februar 2021 datierte saP davon aus, dass eine Funktionsbeeinträchtigung von Böden durch Versiegelung aufgrund der Vorhabensart ausgeschlossen werden könne. Die Beigeladene habe aber mit Schreiben vom 10. März 2021 eine Erschließung der Kiesabbaufläche über FlNr. … mittels einer Asphaltierung im Sinn einer vollständigen Versiegelung einer neuen Fläche von ca. 1.200 m² beantragt.
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Es fehle weiterhin an einer fehlerfreien Berücksichtigung aller Wirkfaktoren, da davon ausgegangen werde, dass es keine baubedingten Wirkfaktoren gebe, die nicht auch betriebsbedingte Wirkfaktoren seien. Dies sei mit Blick auf die Errichtung einer asphaltierten Straße sowie der Herstellung von Wällen oder der Baufeldfreimachung unzutreffend, da diese Auswirkungen nicht, wie in der saP unterstellt, auf das unmittelbare Plangebiet beschränkt blieben, sondern in Form von beispielsweise Lärm und optischen Störreizen darüber hinausgingen und auch die angrenzende Hecke bzw. Waldsaum beträfen.
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Des Weiteren stünden dem Vorhaben Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. Das Vorhaben sei in der genehmigten Ausführung nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert, da es gegen den Grundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs verstoße. Die Erschließung über eine neue Straße auf dem Grundstück FlNr. … führe zu einer zusätzlichen, vermeidbaren Bodenversiegelung von 1.200 m², obwohl eine südliche Erschließung über die öffentliche Straße „… …-weg“ möglich sei.
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Das Vorhaben widerspreche zudem den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Gemeinde …, da der bis zum Abschluss der Maßnahme 2038 erstreckende Konflikt zwischen der Darstellung eines Gewerbegebiets im Plan (GE201) und dem beantragten Kiesabbau zugunsten der Darstellung entschieden werden müsse. Durch die für den Kiesabbau errichtete Erschließungsstraße werde jede Entwicklung eines Gewerbegebiets in diesem Bereich ausgeschlossen. Da im Süden des Vorhabengrundstücks eine öffentliche Straße zur Verfügung stehe, sei es nicht notwendig, das Grundstück von Nordwesten zu erschließen.
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Zudem würden durch das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärmimmissionen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorgerufen. Die infolge des Kiesabbaus entstehende Geräuschbelastung sei fehlerhaft bewertet worden. Die Geräuschimmissionen, die beim Abtransport von Material entlang der Zufahrt zum Abbaugelände über die neu herzustellende Zufahrt über FlNr. … bis zur Einmündung in die …-Straße entstünden, seien in der schalltechnischen Untersuchung nicht geprüft worden. Vorgelegt wurde eine Stellungnahme der … … GmbH Lärmschutzberatung vom 25. November 2022, die zu dem Ergebnis kommt, dass das dem Genehmigungsbescheid zugrundeliegende immissionsschutztechnische Gutachten – Schallimmissionsschutz von … … vom 13. Juli 2020 an erheblichen Mängeln leide und für eine Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ungeeignet sei. Im Einzelnen wird unter Bezugnahme auf dieses Gutachten im Wesentlichen gerügt:
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Weder in der schallschutztechnischen Untersuchung noch vom Fachbereich Immissionsschutz beim Landratsamt sei untersucht worden, wie sich der im Betriebskonzept dargestellte Parallelbetrieb von Auskiesung und Wiederverfüllung und die daraus resultierende Erhöhung der täglichen Fahrten für den Abtransport und die Anlieferung des Verfüllmaterials über die Zufahrt auf die Geräuschsituation auswirke. Das vorgelegte Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass der Verkehr auf der Erschließungsstraße kumuliere und die Geräuschbelastung an den in der Nähe befindlichen Wohngebäuden erhöhe, so dass von einem Beurteilungspegel von 59,7 dB(A) auszugehen sei, welcher den zulässigen Richtwert von 59 dB(A) überschreite.
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Nicht geprüft worden seien in der schalltechnischen Untersuchung die Geräuschimmissionen, die beim Abtransport von Material entlang der Zufahrt zum Abbaugelände über die neu herzustellende Zufahrt über FlNr. … bis zur Einmündung in die …-Straße aufträten. Weder im Genehmigungsbescheid noch in dem diesen zugrundeliegenden immissionsschutztechnischen Gutachten werde dargelegt, wie die Geräuschimmissionen auf der Zufahrt zur Kiesgrube untersucht worden seien. Auch aus der dem Genehmigungsbescheid ebenfalls zugrundeliegenden Stellungnahme der Abteilung Immissionsschutz des Landratsamts vom 19. März 2021 sei nicht ersichtlich, wie das Landratsamt zu der Einschätzung gelangt sei, dass der im Genehmigungsbescheid festgelegte Immissionsrichtwert auch für das Grundstück FlNr. … (…-Str. 2) eingehalten werden könne.
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Zudem berücksichtige das von der Beigeladenen in Auftrag gegebene Schallschutzgutachten nicht die Impulshaftigkeit der Ladegeräusche beim Abkippen des Materials auf den Lkw. Für die Schallemission Radlader sei ein Pegel von 107 dB(A) festgesetzt worden, obwohl ein Gerät dieser Leistungsklasse gemäß Art. 12 der RL 2000/14/EG einen Schallleistungspegel von bis zu 108 dB(A) erreichen könne. Gemäß dem Technischen Bericht zur Untersuchung der Geräuschemissionen von Baumaschinen, Schriftenreihe des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, Heft 2, 2004, (im Folgenden: Technischer Bericht 2004), Anlage E 33 sei wegen der Impulshaltigkeit ein zusätzlicher Emissionspegel von 5,7 dB(A) anzusetzen. Der Impulszuschlag betrage gemäß A.2.5.3 der TA Lärm wenigstens 5,4 dB(A). Ferner finde sich im Schallschutzgutachten kein Hinweis auf die Tonalität für die Rückfahrt-Einrichtungen eines Radladers, die gemäß A.2.5.2 der TA Lärm mit 3 und 6 dB(A) anzusetzen seien. Der Gesamtimmissionsschallleistungspegel betrage somit 112,4 dB(A) und sei um 5,4 dB(A) höher als im Gutachten angenommen.
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Für die Bagger sei der notwendige Impulszuschlag von 5 dB(A) vergessen worden, wodurch der Schallleistungspegel von 110 dB(A) um 2 dB(a) höher sei, als im Gutachten angenommen.
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Auch bei den Lkw-Ladegeräuschen sei ein Impulszuschlag nicht berücksichtigt worden. Die Daten des Leitfadens zur Prognose von Geräuschen bei der Be- und Entladung von Lkw, Merkblatt Nr. 25 des Landesumweltamts NRW, Essen, 2002 würden nicht bei der Beladung von Lkws im Zuge des Kiesabbaus auch berücksichtigt, wonach ein Impulszuschlag von 3,6 dB(A) anzusetzen sei. Damit liege der Schallleistungspegel für eine Lkw-Beladung je Stunden bei 103,3 dB(A); gerechnet auf täglich 36 Lkw-Beladungen ergebe sich damit ein im Vergleich zum Gutachten um 1,8 dB(A) höherer Emissionspegel von 106,9 dB(A).
68
Der längenbezogene Schallleistungspegel für Lkw-Fahrten sei zu niedrig. Das Gutachten verwende einen mengenbezogenen Schallleistungspegel von 57,7 dB(A)/m, ohne auf bekannte Datenquellen, die dem Stand der Technik entsprächen, Bezug zu nehmen. Nach dem einschlägigen Technischen Bericht zur Untersuchung von Geräuschemissionen durch Lastkraftwagen auf Betriebsgeländen von Frachtzentren, Auslieferungslagern, Speditionen und Verbrauchermärkten sowie weiterer typischer Geräusche im Zusammenhang mit Verbrauchermärkten, Schriften des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, Heft 3, 2005 (im Folgende: Technischer Bericht 2005), sei eine Schallleistung von 63 dB(A)/m zu berücksichtigen.
69
Für die nicht befestigten Fahrtwege sei nach der Parkplatzlärmstudie ein weiterer Zuschlag von 4 dB(A) zu berücksichtigen.
70
Das Gutachten ordne das Abraumen als besondere Ereignis i. S. d. der Nummer 7.2 der TA Lärm ein. Es handele sich aber nicht um ein seltenes Ereignis i. S. d. der Nummer 7.2 der TA Lärm, da das Abraumen einer der Betriebszustände sei. Somit komme es am Immissionsort 1 zu Lärmimmissionen während des Abraumens von 67,3 dB(A) statt des Richtwerts von 59 db(A) und während des Kiesabbaus zu Lärmimmissionen von 62,1 dB(A) und damit zu einer Richtwertüberschreitung von 3,1 dB(A).
71
Zudem sei die Abgrabungsgenehmigung nicht hinreichend bestimmt. Die Anzahl der täglich möglichen Lkw-Fahrten sei darin nicht geregelt. Die Annahmen im Genehmigungsbescheid zu den durchschnittlichen am Tag zu erwartenden Lkw-Fuhren lasse nicht auf eine maximale Anzahl von Fahrten am Tag schließen bzw. begrenze die Beigeladene nicht, mehr Fahrten durchzuführen. Zur Sicherung der Nachbarrechte genüge es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionswert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; die genehmigte Nutzung müsse schon in der die Tätigkeiten zulassenden Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden.
72
Weiter seien Inhalt und Reichweite des Berücksichtigungsgebots des § 13 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) im Rahmen der Genehmigungsentscheidung außer Acht gelassen worden. Der Genehmigungsbescheid enthalte keine Ausführungen, inwieweit die Klimaschutzziele im Rahmen der Entscheidung berücksichtigt worden seien. Die verbindlichen Reduktionsziele (§ 3 Abs. 1 KSG und Anlage 2 KSG) würden alle Behörden gleichermaßen binden und seien auch im Rahmen der laufenden Planungen und Genehmigungen zu berücksichtigen. Auch in Fällen gebundener Entscheidung sei eine Berücksichtigung der Klimaauswirkungen möglich und erforderlich, wenn Verweise oder unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten seien, die den Anwendungsbereich eröffneten. Dies sei der Fall, da nach Art. 2 Satz 1 BayAbgrG die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden dürften. Die Pflicht zur Berücksichtigung der Ziele des KSG führe dazu, dass alle mit dem Vorhaben verbundenen Treibhausgas-Emissionen qualitativ zu ermitteln und die Auswirkungen zu beschreiben seien. Es fehle bereits an der Erarbeitung der Grundlagen zur Berücksichtigung der Klimaschutzziele.
73
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen hat mit Schriftsatz vom 10. März 2023 beantragt,
74
den Antrag abzulehnen.
75
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 4. April 2023 im Wesentlichen Folgendesvorgetragen:
76
Der auf dem Grundstück FlNr. … zu errichtende Weg sei aufgrund der Umstände des Einzelfalls, auch zum Schutz des Außenbereichs, die vorzugswürdige Variante.
77
Der Flächennutzungsplan sei keine umweltbezogene Rechtsvorschrift i. S. d. des § 1 Abs. 4 UmwRG. Die Festsetzung eines allgemeinen Gewerbegebiets diene nicht dem Schutz von Mensch und Umwelt.
78
Das Vorhaben führe zu keiner Gefährdung der Wasserwirtschaft nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB.
79
Das Regelungssystem des Abgrabungsbescheids stelle die Einhaltung eines ausreichenden Grundwasserabstands sicher. Nach Auflage 5.2.3 sei über dem höchsten zu erwartenden Grundwasser unabhängig von der zulässigen Abgrabungstiefe eine Deckschickt von 1,5 m zu belassen, andernfalls sei die Abbautiefe entsprechend zu verringern und das Landratsamt unverzüglich zu informieren. In diesem Zusammenhang setze der Bescheid in der Auflage 5.9.3 fest, dass die Wasserspiegel an drei Messstellen ab Beginn des Kiesabbaus bis zum Abschluss der Verfüllung monatlich jeweils an einem Stichtag zu bestimmen und aufzuzeichnen seien. Bei einer Erhöhung des gemessenen Ausgangswerts erfolge eine Anpassung der Ausbautiefe, um den Mindestabstand einzuhalten, so dass durch die permanente Aktualisierung der Grundwasserstände und ggf. Anpassung der Abbautiefe ein ausreichender Abstand zum Grundwasser gewahrt sei.
80
Ein Widerspruch zwischen der Auflage 5.9.3 und der Auflage 5.9.1 bestehe nicht, da die Auflage 5.9.1 lediglich als Klarstellung der Verpflichtung aus der Auflage 5.9.3 angesehen werden könne, diese jedoch nicht originär begründe. Ebenso sei es ohne Belang, dass der Kiesabbau nicht unter die rechtliche Bedingung der Errichtung der GWM gestellt sei, da dies keine Auswirkungen auf die bestehende Pflicht hierzu aus der Auflage 5.9.3 habe und deren Regelungsgehalt nicht beeinflusse. Schließlich reiche entgegen der Ausführungen des Antragstellers der in Auflage 5.9.2 festgelegte Überwachungszeitraum von fünf Jahren nach erfolgter Verfüllung und Kultivierung aus. Aus welchen Gründen ein längerer Überwachungszeitraum erforderlich sein sollte, habe weder der Antragsteller noch die vorgelegte Stellungnahme dargelegt.
81
Die Sorptionsschicht entspreche in ihrer genehmigten Form den Anforderungen des Verfüll-Leitfadens und des Grundwasserschutzes. Die Sorptionsschicht sei entgegen der Ausführungen des Antragstellers bereits während des Abbauzeitraums vorhanden. Da die Verfüllung gemäß der Bedingung 4.2.4 des Bescheides von dem vorherigen Einbringen der Sorptionsschicht abhängig sei, schreite das Einbringen dieser notwendigerweise ebenso stetig fort. Das Einbringen inklusive der Anböschung sei technisch zu realisieren; die vom Antragsteller vorgelegte hydrogeologische Stellungnahme führe keinerlei Berechnungen oder fachliche Belege an, so dass durch diesen pauschalierten Einwand die technische Umsetzbarkeit des Vorhabens nicht substantiiert in Frage gestellt werde. Zudem dürfe der Neigungswinkel der Seitenböschung gemäß der Auflage 5.2.5 an den Rändern nicht steiler als 45 Grad sein, eine strikte Festsetzung auf 45 Grad bestehe nicht.
82
Der Bescheid nehme keinen Bezug auf die vormals abgetragene Rotlage und regle nicht, dass diese Teil der Sorptionsschicht sei. Der Abgrabungsantrag stelle zwar unter Ziffer 2.4 klar, dass die Rotlage für die Sorptionsschicht vorgesehen sei, darin liege aber keine Begrenzung des zu verwendenden Materials. Die Rotlage und das weiterhin angelieferte Material zur Herstellung der Sorptionsschicht seien für den hinreichenden Grundwasserschutz geeignet. Die vom Antragsteller und der vorgelegten Stellungnahme geäußerten Zweifel an der Geeignetheit entbehrten erneut einer fundierten fachlichen Auseinandersetzung. Überdies sei nach der Auflage 5.10.17 des Bescheides der Einbau der Sorptionsschicht für jeden Abschnitt durch einen Fachgutachter zu kontrollieren, durch den Fachgutachter ein Bericht zu erstellen und dieser Bericht unverzüglich dem Wasserwirtschaftsamt München und dem Landratsamt vorzulegen. Nach der Bedingung 4.2.4 des Bescheids dürfe mit der Verfüllung über der Sorptionsschicht erst zwei Wochen nach Vorlage dieses Berichtes begonnen werden.
83
Der genehmigte Ablauf des Abbaus und der zeitlich ca. zwei Jahre versetzten Verfüllung seien technisch umsetzbar. Die Verfüllung folge dem Kiesabbau in gleichbleibendem Abstand.
84
Eine Grundwassergefährdung und eine damit einhergehende Beeinträchtigung des in der Planung befindlichen Vorranggebiets für die Wasserversorgung werde durch die Abbauausführung und die Regelungen des Bescheids effektiv verhindert. Unabhängig davon entspreche die Festsetzung eines solchen Vorranggebiets der Festsetzung eines Ziels der Raumordnung i. S. d. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Raumordnungsgesetz (ROG). Als solches könne es dem Vorhaben als öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 BauGB erst nach erfolgter förmlicher Festsetzung im Regionalplan entgegengehalten werden. Ein sich bloß in der Aufstellung befindliches Ziele der Raumordnung könne allenfalls als Erfordernis der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG und damit als sonstiger Belang i. S. d. des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB einem Vorhaben entgegengehalten werden. Dafür müsse das Ziel hinreichend bestimmt und zu erwarten sein, dass es zu einer verbindlichen Zielfestlegung komme. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der planerische Abwägungsprozess soweit fortgeschritten sei, dass mit einer Zielfestlegung zu rechnen sei. Aus den Unterlagen einer Sitzung des Regionalen Planungsverbands … vom 3. Dezember 2019 sei ersichtlich, dass lediglich ein vorübergehendes Arbeitsergebnis vorgelegen und nach wie vor erheblicher Abstimmungsbedarf bestanden habe. Zudem seien noch wesentliche Verfahrensschritte erforderlich gewesen.
85
Die vom Vorhaben hervorgerufenen Lärmimmissionen seien keine schädlichen Umwelteinwirkungen. In diesem Zusammenhang wurde eine Stellungnahme der … … … … mbB vom 31. Januar 2023 vorgelegt.
86
Das dem Genehmigungsbescheid zugrundeliegende immissionsschutztechnische Gutachten der … … … … mbB vom 13. Juli 2020 ordne die Betriebsphase des Abraumens als seltenes Ereignis i. S. d. der Nr. 7.2 TA Lärm ein. Zentrales und entscheidendes Tatbestandsmerkmal sei die Einordnung als voraussehbare Besonderheit. Dafür sei entgegen der Auffassung des Antragstellers jede voraussehbare Abweichung von den ansonsten anzutreffenden Betriebsmodalitäten ausreichend, die nach außen hervortrete und mit einer größeren Lärmfracht, als sie sonst kennzeichnend für die Anlage sei, einhergehe. Prägend für das Abbauvorhaben seien die Abgrabungen selbst sowie das spätere Verfüllen der abgegrabenen Fläche. Im Abraumen liege lediglich der erste Schritt zur Durchführung der Abgrabung. Hiermit gehe auch ein besonderer Betrieb des Radladers einher, der temporär zu spezifischen Immissionen führe.
87
Es käme auch nicht zu einer Richtwertüberschreitung infolge eines Parallelbetriebs von Abbau und Verfüllung. Ein solcher Parallelbetrieb von Abbau und Verfüllung sei nach dem Inhalt der Genehmigung und des zugrundeliegenden Gutachtens zwar möglich und auch vorgesehen. Der durch die Antragsteller angenommene Maximalbetrieb werde durch die Auflage des Genehmigungsbescheids, dass nur ein Radlader für beide Betriebsphasen eingesetzt werden darf, ausgeschlossen. Die erforderlichen Fahrten seien abhängig von der abgebauten Menge bzw. von der tatsächlich verfüllten Menge. Es erfolge gerade keine vorsorgliche Anlieferung von Material, das dann bis zur Verfüllung auf dem Betriebsgelände gelagert werde. Der Maximal- und Parallelbetrieb schlössen sich gegenseitig aus. Selbst eine Erhöhung der Fahrten auf 114 Fahrbewegungen pro Tag würde aus schallschutztechnischer Sicht nicht zu einer relevanten Erhöhung des Beurteilungspegels führen, da der durch eine Fahrt herbeigeführte Lärm bloß ein temporäres Ereignis sei, welches sich zeitnah verflüchtige, eine Summationswirkung bestehe nicht.
88
Die Schallleistungspegel der eingesetzten Maschinen seien in dem immissionsschutztechnischen Gutachten der … … … … mbB zutreffend berechnet worden. Für den Radlader sei der Schallleistungspegel von 104 dB(A) aus dem Datenblatt des Herstellers entnommen und pauschal wegen der Impulshaltigkeit um 3 dB(A) erhöht worden. Der Gutachter habe sich in zulässiger Weise für einen Zuschlag von 3 dB(A) entschieden, da der Zuschlag insbesondere weniger geräuschintensive Arbeitsvorgänge und Betriebszustände umfasse, die wiederum keine oder kaum impulshaltige Geräuschanteile beinhalteten. Die von den Antragstellern vorgelegte Stellungnahme erfasse den angesetzten Impulszuschlag im Nahbereich des Radladers statt wie nach den Vorgaben der TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort. Von Erfahrungswerten von vergleichbaren Anlagen nach A.2.5.3 TA Lärm sei nicht auszugehen. Die in den Anlagen E 33-38 der vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahme angeführten Radlader seien nicht mit dem im gegenständlichen Vorhaben eingesetzten Radlader vergleichbar. Zudem werde ohne jede fachliche Begründung ein Durchschnittswert aus den Zuschlägen der Impulshaltigkeit für die einzelnen Radlader gebildet. Wäre eine der Anlagen aus dem genutzten Datenblatt mit dem gegenständlichen Radlader vergleichbar, hätte er mit einem entsprechenden Einzelwert in der Stellungnahme bezeichnet werden müssen.
89
Hinsichtlich des Zuschlags für Tonhaltigkeit des Radladers unterstelle die Stellungnahme das Vorhandensein einer Rückfahrwarneinrichtung und verkenne, dass es für das Ansetzen eines solchen Zuschlags einer besonders hohen Pegeländerung mit einem außergewöhnlichen Grad an Störung bedürfe. In Anbetracht der übrigen Lärmquellen und der kurzzeitigen Einwirkung durch die Rückfahreinrichtung sei die daraus entstehende Beeinträchtigung als von bloß geringem Gewicht einzustufen.
90
Auch die Schallleistungspegel für den Bagger und die Lkws seien zutreffend ermittelt worden. Für den Bagger betrage der Schallleistungspegel nach dem Datenblatt des Herstellers 105 dB(A) und dieser Wert erhöhe sich durch den Zuschlag wegen Impulshaltigkeit auf 108 dB(A). Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme setze hierfür willkürlich einen Zuschlag von 5 dB für Impulshaltigkeit ohne fachlich plausible Begründung an. Die durch den Lkw auf dem Betriebsgelände hervorgerufenen Immissionen würden unter hinreichender Beachtung wissenschaftlich einschlägiger Quellen bewertet. Die Tabelle unter dem Punkt 5.2.2 im Gutachten führe die einzelnen Schallquellen für den Kiesabbau auf und bewerte sie. Der Beladungsvorgang selbst werde vom dynamischen Betrieb des Radladers umfasst.
91
Der Pegel der Lkw-Fahrgeräusche sei über Rückrechnung der laut der Quelle „Vorbeifahrtpegel verschiedener Fahrzeuge“ des Bayerischen Landesamtes für Umwelt in 7,5 m Abstand erfassten Pegel für schwere Nutzfahrzeuge bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 30 km/h von ca. 77 dB(A) ermittelt worden. Nach entsprechender Rückrechnung bei halbkugelförmiger, freier Schallausbreitung ergebe sich ein Schallleistungspegel von 102, dB(A).
92
Auch der durch den Antragsteller behauptete Mehrbedarf an Lkw-Fahrten durch den Mehrbedarf an Material zum Einbau als Sorptionsschicht führe nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionswerte. Die Anlieferung sei in die Immissionsberechnung einbezogen worden. Ergebe sich ein Mehrbedarf an für den Einbau einer Sorptionsschicht geeignetem Material, führe dies gleichzeitig jedoch zu einem Minderbedarf an zu verfüllendem Z-1.1-Material, da das zusätzliche Sorptionsmaterial die Grube mehr als erwartet fülle und sich das zur eigentlichen Verfüllung erforderliche Material notwendigerweise verringere. Dies führe wiederum zu einer Reduzierung der zur Anlieferung von Verfüllmaterial notwendigen Lkw-Fahrten. Darüber hinaus erhöhe sich die Anzahl der an einem Tag maximal möglichen Fahrten infolge des Mehrbedarfs an Material auch deswegen nicht, da nur ein Radlager zur Verfügung stehe.
93
Die Abgrabungsgenehmigung sei auch hinreichend bestimmt. Die Abgrabungsgenehmigung begrenze durch eine eindeutige Inbezugnahme des Gutachtens vom 13. Juli 2020 eindeutig die zulässige Zahl an Fahrten pro Tag. Bekräftigt sei dies durch die Auflage 5.1.1, nach der das Vorhaben entsprechend der unter Nr. 3 des Bescheides angeführten Unterlagen auszuführen sei, worden.
94
Ein wasserrechtlicher Erlaubnisbedarf nach den §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG habe nicht bestanden. Eine Benutzung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG liege nicht vor, da die Möglichkeit einer dauernden oder nicht unerheblichen nachteiligen Veränderung der Wasserbeschaffenheit vorliegend sicher auszuschließen sei. Der Abgrabungsbescheid stelle einen ausreichenden Abstand zwischen Grundwasser und Abbausohle sicher und die Überwachung des Grundwassers ermögliche eine stetige Anpassung des Vorhabens. Dazu werde zum Schutz des Grundwassers eine Sorptionsschicht eingebaut.
95
Die erforderliche Erfassung des lokalen Bestandes an besonders geschützten und streng geschützten Arten umfasse keine Pflicht zur Anfertigung eines lückenlosen Arteninventars. Der Umfang der Ermittlungen bestimme sich vielmehr nach dem Einzelfall, wobei eine am Maßstab der praktischen Vernunft ausgerichtete Untersuchung ausreichend sei. Der Maßstab der besten einschlägigen wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse aus dem Habitatschutz sei nicht auf den Artenschutz zu übertragen. Gegenteiliges sei auch nicht der Rechtsprechung des EuGH zu entnehmen. Aufgrund der vorgefundenen lokalen Umstände und der bekannten jeweiligen ökologischen Ansprüche der einzelnen Arten sei die Prüfung flächendeckend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vorhabenfläche nicht als Lebensraum für die verschiedenen Arten geeignet sei. Eine weitere Untersuchung und Erfassung vor Ort seien nicht erforderlich gewesen, denn es bleibe im Rahmen des Vertretbaren, anhand bestehender Erkenntnisse zu artenspezifischen Standort- und Lebensraumanforderungen auf das Vorhandensein bestimmter Art zu schließen. Dies gelte insbesondere bei einem typischen, von keinen Besonderheiten geprägtem Vorhabenbereich. Aufgrund der zweifachen Begehung in Kombination mit den bestehenden fachlichen Erkenntnissen der die Prüfung durchführenden Personen seien zusätzliche Erkenntnisse nicht zu erwarten gewesen.
96
Ebenso sei die Ermittlung des lokalen Bestandes von europäischen Vogelarten vertretbar und plausibel. Neben der zweifachen Begehung sei auf die Angaben des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) auf der einschlägigen Artenschutzinformationsseite zurückgegriffen worden. Auf Grundlage dessen und der Artenliste der Natura 2000-Gebiete sowie der Biotopkartierung sei auch eine Prüfung der potentiell vorkommenden europäischen Vogelarten vorgenommen worden. Die vom Antragsteller geforderten vier bis sechs Begehungen hätten zu keinen weitergehenden Erkenntnissen geführt. Es sei auch zulässig gewesen, weit verbreitete Vogelarten mit geringer Wirkungsempfindlichkeit der artenschutzrechtlichen Prüfung zu entziehen. Die vorliegende Prüfung habe bloß im Einzelfall aufgrund der konkreten Gegebenheiten Arten aufgrund ihres guten Erhaltungszustandes und der Resistenz gegenüber äußeren Einflüssen ausgeschlossen.
97
Für die Feldlerche sei das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht verwirklich, da im Bescheid vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen seien. Trotz der Entfernung von ca. 2,4 km zum Vorhabengebiet stehe die Ausgleichsmaßnahme im erforderlichen räumlichen Zusammenhang mit den betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten, da die Ausgleichsmaßnahme innerhalb des Aktionsradius der lokalen Population liegen müsse. Der lokalen Population seien all jene Individuen zugehörig, die innerhalb ihres Verbreitungsgebietes in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen zueinander stünden. Ebenso suche sich die Feldlerche in jedem Jahr nach ihrer Rückkehr in das angestammte Populationsgebiet zumeist einen neuen Standort in der Region für die Brutzeit, so dass die Annahme eines weiten Verbreitungsgebiets für die Feldlerche gerechtfertigt sei. Auch in der Region des Vorhabengebietes sei die Feldlerche großflächig verbreitet. Auch die sonstigen Einwände gegen die Festsetzung der Ausgleichsmaßnahme griffen nicht durch. Dass die Durchführung der Maßnahme nicht vor Abtrag des Oberbodens realisiert worden sei, betreffe die Genehmigung in ihrer Rechtmäßigkeit nicht, da diese in der Auflage 5.7.4.1 festsetze, dass die Maßnahme im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG vor Beginn des Kiesabbauvorhabens hergestellt werden müsse. Außerdem sei infolge des Zeitpunkts des Abraumens von keinem Eingriff gegenüber der Feldlerche auszugehen, da die Brutzeit der Feldlerche sich nicht auf die Herbst- und Wintermonate erstrecke und ein Eingriff durch Zerstörung des Bruthabitats damit auszuschließen sei. Es schade auch nicht, dass lediglich der Kiesabbau und nicht das Abraumen nach der Bedingung 4.1.2.4 des Bescheides von der Vorlage eines Notarvertrages über die dingliche Sicherung der Ausgleichmaßnahmen rechtlich bedingt werde, da dies nicht die in der Auflage 5.7.4.1 festgelegte Pflicht zur Herstellung der Ausgleichsmaßnahme vor Beginn des Kiesabbauvorhabens tangiere.
98
Eine Prüfung der Verwirklichung eines Zugriffsverbotes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG gegenüber ansässigen Amphibien sei nicht notwendig gewesen, da nach beiden Begehungen des Vorhabengebietes keinerlei Amphibien festgestellt hätte werden können. Lediglich für die Kreuzkröte, die Gelbbauchunke und die Knoblauchkröte sei festgestellt worden, dass die Vorhabenfläche bloß sehr kleinflächig und lokal begrenzt und lediglich als Ersatzlebensraum dienen könne. Daher sei ein Ausschluss von Zugriffsverboten gerechtfertigt.
99
Die Genehmigung genüge den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen des § 15 BNatSchG. Die durch die Errichtung der Zufahrtsstraße erforderlich gewordene Versiegelung des Bodens auf dem Grundstück der FlNr. … sei genügend beachtet worden. Nach der Auflage 5.6 des Bescheides habe die Erschließung über den neu zu errichtenden Weg gemäß den Unterlagen 3.14 bis 3.16 zu erfolgen. Unterlage 3.16 sei die Antragsänderung auf Neuerrichtung der Zufahrtsstraße, welche bereits das Anlegen eines 3m breiten Blühstreifens als Ausgleichmaßnahme umfasse.
100
Lärm und Störreize seien durch die saP unter Ziffer 2.3 berücksichtigt worden. Die Herstellung der Wälle und die Baufeldfreimachung seien ebenso unter Ziffer 2.3 als betriebsbedingte Wirkfaktoren eingeordnet und berücksichtigt worden.
101
Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG. Das Gebot gelte bereits nicht für eine Abgrabungsgenehmigung nach dem BayAbgrG. Als Bundesgesetz könne § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG nicht das Prüfprogramm einer Entscheidung nach dem BayAbgrG als Landesrecht beeinflussen. Zudem bestehe kein Entscheidungsspielraum für den Antragsgegner, da die Abgrabungsgenehmigung gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayAbgrG eine gebundene Entscheidung ohne Ermessensspielraum sei. Beurteilungsspielräume oder der Abwägung zugängliche Tatbestandmerkmale enthalte das Prüfprogramm nicht. Ein Entscheidungsspielraum werde der Behörde auch nicht bei Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe eingeräumt, da es sich bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe ohne Beurteilungsspielraum um einen gerichtlich voll überprüfbaren Vorgang handele. Dies gelte auch für den Begriff der natürlichen Lebensgrundlagen nach Art. 2 Satz 1 BayAbgrG.
102
Der Antragsgegner legte eine von der … … … … mbB erstellte schalltechnische Stellungnahme vom 6. Juli 2023 vor. Diese bezieht auch das Anwesen …-Straße 2, FlNr. …19 in die Berechnungen als Immissionsort mit ein. Laut Stellungnahme könne eine Überschreitung der TA Lärm durch die Betriebsgeräusche der Lkw zu Tagzeit ausgeschlossen werden. Für die Tätigkeit des Radladers während des Kiesabbaus sei abweichend zur ursprünglichen Begutachtung ein Literaturwert für eine Lkw-Beladung mit Kies durch einen Radlader nach Anlage E 43 des Technischen Berichts 2004 verwendet worden. Diese beinhalte den Schallleistungspegel 101,8 dB(A) zuzüglich eines vollen Zuschlags von 6,6 dB(A) für die Impulshaltigkeit. Obwohl es sich um eine maximale Schallleistung handele, welche nur während des Verladebetriebs auftrete, werde in der Variante 1 (reiner Kiesabbau) eine Dauer von zehn Stunden, in der Variante 2 (Kiesabbau und Verfüllung) eine Dauer von fünf Stunden zur Prognosesicherheit angesetzt. Für die übrigen 5 Stunden der Variante 2 werde für die Verlagerung und Verschiebung von Kies 104,4 dB(A) zuzüglich eines Impulshaltigkeitszuschlag von 3,5 dB(A) angesetzt. An der …-Straße 2 sei trotz der in Ansatz gebrachten Prognosesicherheiten sowie der Betrachtung der Immissionen in kürzester Entfernung zum Fahrweg der Lkw eine Unterschreitung der Immissionsrichtwerte um 8 dB(A) zu erwarten, an der „…Straße 8a um 6 dB(A). Demnach sei eine explizite Ermittlung der anlagenbedingten Geräuschvorbelastungen entbehrlich. Auf den Inhalt der Stellungnahme im Übrigen wird Bezug genommen.
103
Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 3. August 2023, eingegangen bei Gericht am 4. August 2023,
104
den Antrag abzulehnen.
105
Zur Begründung wurde in Ergänzung zum Vortrag des Beigeladenen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erschließung der Kiesbaustätte über eine Zuwegung von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 BauGB umfasst sei, da der Weg dem privilegierten Vorhaben diene.
106
Das Vorhaben stehe nicht im Widerspruch zum Flächennutzungsplan der Gemeinde … Man sei im Rahmen der Abwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass sich das privilegierte Kiesabbauvorhaben gegen die Darstellung im Flächennutzungsplan durchsetze. Die beiden Nutzungen (Kiesabbau und Entwicklung eines Gewerbegebiets) schlössen sich nicht aus. Der Kiesabbau stelle nur ein temporäres Hindernis dar.
107
Eine Unzulässigkeit des Vorhabens aufgrund der Gefährdung wasserwirtschaftlicher Belange gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB sei nicht gegeben. Die Wahrung des erforderlichen Abstands zwischen der Abbausohle und dem höchsten zu erwartenden Grundwasserspiegel sei durch die im Genehmigungsbescheid beauflagten regelmäßigen und engmaschigen Kontrollen sichergestellt.
108
Der Bescheid sei nicht in den Nrn. 5.9.1 und 5.9.3. widersprüchlich, weil der Bau der GWM zwei unterschiedliche Zwecke erfüllen solle. Die drei im Zu- und Abstrom der Grube vor Beginn der Abbauarbeiten zu errichtenden Messstellen dienten dem Ziel, die Wasserspiegelschwankungen und die Grundwasserfließrichtung zu dokumentieren sowie einen Grundwassergleichenplan zu erstellen. Für die Überwachung der Qualität und Änderung des Grundwassers während der Verfüllung könnten auch andere Messstellen gebraucht werden.
109
Die einzubringende Sorptionsschicht sei ausreichend dimensioniert und entspreche den Vorgaben des Verfüll-Leitfadens. Die Abgrabungsgenehmigung treffe keine Vorgabe, dass die Auskiesung und die anschließende Verfüllung streng getrennt in verschiedenen Abbauabschnitten zu erfolgen hätten, sondern die vorgegebenen Fristen berücksichtigten abbautechnisch notwendige Verknüpfungen von einem Abbauabschnitt in den nächsten.
110
Das im Regionalplan … künftig vorgesehene Vorranggebiet für Wasserversorgung tangiere das vorhabengegenständliche Grundstück nur marginal im Südosten. Die Ausweisung des Vorranggebiets sei noch nicht erfolgt. Zudem laufe das Kiesabbauvorhaben einer möglichen Festsetzung nicht zuwider, da eine Grundwassergefährdung nicht zu besorgen sei.
111
Das Kiesabbauvorhaben bedürfe keiner beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis. Der fiktive Benutzungstatbestand des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG sei nicht einschlägig. Eine Grundwassergefährdung durch die theoretische Möglichkeit von Schadstoffeinträgen bestehe aufgrund der in den Nebenbestimmungen der Abgrabungsgenehmigung festgeschriebenen Vorgaben zur Tiefe der Abbausohle und der damit verknüpften Überwachung nicht. Bei dem Abbauvorhaben verbleibe eine ausreichend mächtige, der Rückhaltung dienende Deckschicht von ca. 2 m, die nicht abgebaut werden dürfe, Durch ein restriktives Fristenregime und die Aufteilung in Abbauabschnitte sei das Vorhaben zeitlich begrenzt und die Eingriffe beschränkten sich auf eine überschaubare Fläche. Durch Nebenbestimmungen sei sichergestellt, dass eine Gefährdung durch Schadstoffeinträge auf das geringst mögliche Maß reduziert werde.
112
Das Kiesabbauvorhaben verursache keine unzumutbaren schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.
113
Die Geräuschimmissionen, die beim Abtransport von Material entlang der Zufahrt bis zur …-Straße entstünden, seien in der schalltechnischen Untersuchung vom 13. Juli 2020 und der schalltechnischen Stellungnahme berücksichtigt worden.
114
Selbst wenn gleichzeitiger Maximalbetrieb unterstellt würde, führe ein solcher Betrieb nicht zu einer Überschreitung des im Genehmigungsbescheid festgelegten Immissionswerts. Auch nach den Berechnungen in der Stellungnahme der … … GmbH Lärmschutzberatung sei eine Überschreitung nur durch die Vergabe eines „Kreuzungszuschlags“ von 3 dB für die letzten 40 m vor der Einmündung der Erschließungsstraße in die …Straße gegeben. Dieser Zuschlag in „Anlehnung“ an den Kreuzungszuschlag der RLS-90 sei jedoch nach Nr. 7.4 TA Lärm auf die Ermittlung von Verkehrsgeräuschen auf öffentlicher Straße beschränkt, während hier eine private Straße vorliege. Zudem wäre er nur bei lichtzeichengeregelten Kreuzungen und Einmündungen zu vergeben, die hier nicht bestünden. Bei sachgerechter Ermittlung der anzusetzenden Emissionen nach dem Technischen Bericht 2004 sei ein Zuschlag nicht zu rechtfertigen. Veränderte Emissionen bei Verzögerung oder Beschleunigung seien in dem gewählten Ansatz von 63 dB bereits enthalten. Der in der Stellungnahme von … … ermittelte Beurteilungspegel für den Teilabschnitt 40 m vor der Einmündung falle somit um 3 dB(A) zu hoch aus. Die Kreuzungssituation beim Bremsen und Anfahren sei zudem in der dem Änderungsbescheid vom 25. Juli 2023 zugrundeliegenden schalltechnischen Untersuchung betrachtet worden.
115
Aus Klarstellungsgründen habe man als weiteren Immissionsort das zu gewerblichen und untergeordnet zu Wohnzwecken dienende Gebäude …-Str. 2, Grundstück FlNr. …19, Gemarkung … aufgenommen.
116
Die festgelegten Immissionsrichtwerte würden auch am zusätzlich aufgenommenen Immissionsort eingehalten. Für die Anwesen südlich der …-Straße bestehe eine Schutzbedürftigkeit entsprechend einem Gewerbegebiet. Demnach gälten dort nach Nr. 6.1 b) TA Lärm tagsüber 65 dB(A) und nachts 50 db(A) als maßgebliche Immissionsrichtwerte. Das Vorgehen, die für Gewerbegebiete festgesetzten Immissionsrichtwerte für die durch die Anlage verursachten Geräuschimmissionen um 6 dB(A) zu reduzieren, trage den Vorbelastungen gemäß Nr. 3.2 Abs. 2 TA Lärm hinreichend Rechnung.
117
Der vom Antragsteller geforderte Impulszuschlag von 5,7 dB für den Radlader überzeichne die zu erwartenden Emissionen und bilde die Situation nicht realistisch ab. Dem Technischen Bericht 2004 sei unter Anlage E42 eine Impulshaltigkeit für das Verschieben von Kies in Höhe von 3,5 dB zu entnehmen, welche dem im Gutachten vom 13. Juli 2020 pauschal angesetzten Wert von 3 dB in etwa entspreche. Anlage E 33 mit einem Impulszuschlag von 5,7 dB beziehe sich hingegen auf die vorliegend nicht einschlägige Verladung von Material, welches Beton enthalte. Zudem sei der Zuschlag entgegen der vom Antragsteller einbezogenen Stellungnahme gemäß A.2.5.3 TA Lärm nur für diejenigen Teilzeiten zu vergeben, in denen impulshaltige Tätigkeiten stattfänden. Der pauschal angesetzte Zuschlag von 3 dB(A) im Gutachten vom 13. Juli 2020 sei sachgerecht. Gleiches gelte für die Emissionsansätze für Baggerbetrieb und Lkw-Beladegeräusche.
118
Unzutreffend sei die Auffassung des Antragstellers, dass es sich bei dem Vorgang des Abraumens nicht um ein seltenes Ereignis i. S.d. Nr. 7.2. TA Lärm handele. Wesentlich für die Anwendung der Regelung für seltene Ereignisse sei nicht, dass es sich bei den voraussehbaren Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage um einen „nicht bestimmungsgemäßen Betrieb“ handele, sondern dass es sich um Besonderheiten handele, die nur in seltenen Ausnahmefällen aufträten. Beim Vorgang des Abraumens und Rekultivierens handele es sich für einen begrenzten Zeitraum um eine Abweichung vom Regelbetrieb des Kiesabbaus und der Verfüllung, die zu Immissionen in einem Ausmaß führe, welche im Regelbetrieb nicht entstünden.
119
Auch sei der Genehmigungsbescheid nicht unbestimmt. Gemäß Nr. 1.4 des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2023 sei die Zahl zulässiger Lkw-Fahrten in Summe pro Tag auf höchstens 36 Fahrten zur Kiesgrube und 36 Fahrten von der Kiesgrube beschränkt worden.
120
Die saP sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Dass die Übersichtsbegehung im April stattgefunden habe, sei nicht fehlerhaft, da es sich um intensiv bewirtschafteten Acker gehandelt habe, der jahreszeitlich entsprechend bearbeitet werde. Die Tatsache, dass der Acker kurz vorher umgebrochen worden sei, entspreche der landwirtschaftlichen Nutzung und mindere nicht die Einschätzung des Lebensraumpotenzials.
121
Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG seien nicht verwirklicht bzw. würde dem durch die als Auflage im Genehmigungsbescheid festgelegten Ausgleichsmaßnahmen vorgebeugt. Ein potentielles Vorkommen der Arten Kiebitz, Wiesenpieper und Steinschmätzer sowie Rebhuhn und Wachtel habe mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, da diese Arten die durch das Vorhaben begrünten Wälle als Fortpflanzungs- und Nahrungshabitat nutzen könnten.
122
Durch das Vorhaben werde der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt, da es zu keinen Eingriffen in Gehölze komme und keine wiederkehrend genutzten Nist-/Brutplätze zerstört würden. Auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen könnten wiederkehrende Nutzungen von Nistplätzen ausgeschlossen werden, da Offenlandbrüter jährlich neue Nistplätze anlegten und diese sich je nach örtlicher Beschaffenheit in Abhängigkeit der Bewirtschaftung und der angebauten Kultur verlagerten.
123
Hinsichtlich der Feldlerche seien vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen auf der FlNr. …, Gemarkung … nötig gewesen, die die ökologische Funktion der vom Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllten. Der räumliche Zusammenhang zwischen der genehmigten Ausgleichsmaßnahme und betroffenen Fortpflanzungs- und Brutstätten der Feldlerche sei auch mit einer Entfernung von 2,4 km gewährleistet, da die Feldlerche relativ ortstreu und trotz je nach landwirtschaftlicher Bewirtschaftung möglicher Revierverschiebungen von einem maximalen Radius von 5 km auszugehen sei. Es sei aus fachlicher Sicht durchaus möglich, einen größeren Such-Radius als 2 km für eine geeignete CEF-Fläche anzulegen. Aufgrund der Lage der FlNr. … biete nur der südliche Bereich Habitatpotenzial für die Feldlerche. Der Bauabschnitt 1 liege noch innerhalb des durch die Kulissenwirkung der nördlich gelegenen Baumreihe hervorgerufenen ungeeigneten Lebensraums der Feldlerche. Für einen potentiellen Lebensraumverlust von bis zu 31.115 m² seien CEF-Maßnahmen für 2 Brutpaare der Feldlerche umzusetzen, da eine Reviergröße von 1,5 bis 2 ha pro Brutpaar als realistisch erachtet werde. Die Ermittlung der betroffenen Brutpaare bzw. Reviere der Feldlerche über eine Habitatpotenzialanalyse werde in entsprechend strukturarmen, ausgeräumten, intensiv genutzten Agrarlandschaften und dementsprechend einfach gelagerten Fällen als geeignet erachtet. Da der Bauabschnitt 1 kein geeignetes Habitat darstelle, sei hierfür keine CEF-Maßnahme notwendig, daher müsse die Wirksamkeit erst gegeben sein, wenn die Oberbodenarbeiten im Abbauabschnitt 2 begännen.
124
Für die Ermittlung des lokalen Bestandes europäischer Vogelarten sei es methodisch korrekt, für weit verbreitete Vogelarten regelmäßig davon auszugehen, dass durch die Umsetzung von Vorhaben keine Verschlechterung des Erhaltungszustands erfolge und im Regelfall eine vereinfachte Betrachtung ausreichend sei. Eine Betroffenheit von Zug- oder Rastvögeln könne aufgrund der Habitatausstattung und der fehlenden Bedeutung als Zug- und Rastgebiet mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Es sei keine Raststätte von Zugvögeln, die auf eine Ruhestätte hinweisen würde, in diesem Bereich bekannt.
125
Die Eingriffsfläche sei ein intensiv genutzter Acker. Dieser biete aufgrund der fehlenden Habitatausstattung keinen Lebensraum für Amphibien. Dennoch möglichen Einwanderungen von Amphibien in den Eingriffsort werde durch Nebenbestimmung Nr. 5.7.2.4 hinreichend Rechnung getragen.
126
Die Asphaltierung der Erschließungsstraße sei hinreichend berücksichtigt worden. Hilfsweise sei davon auszugehen, dass eine solche zusätzliche Eingriffsfläche für die Asphaltierung der Zufahrt entsprechend der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung nachbilanziert werden könne. Auf der FlNr. … Gemarkung … sei eine größere Fläche als für den Ausgleich erforderlich angelegt worden, welche zur Abbuchung eines zusätzlichen Ausgleichsbedarfs dienen könnte.
127
Unzutreffend sei, dass nicht alle Wirkfaktoren berücksichtigt worden seien und die Wirkung über das Plangebiet hinausginge. Die Herstellung von Wällen diene unter anderem der optischen Einbindung und Abschirmung von Störfaktoren. Für den Schutz des dortigen Gehölzes sei im landschaftspflegerischen Begleitplan die Vermeidungsmaßnahme S1 bzw. die Nebenbestimmung Auflage 5.7.2.1 im Genehmigungsbescheid aufgenommen worden.
128
Mit Schriftsatz vom 16. August 2023 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers weiter aus, dass sich aus den Vorgaben des Verfüll-Leitfadens bereits ergebe, dass eine einzige Messung zur Bestimmung des Grundwasserstandes keinesfalls ausreichend sei. Für die Einbaustelle lägen mehrere unberücksichtigte Daten zum höchsten zu erwartenden Grundwasserstand vor; zumindest die Ergebnisse vom 2. Juni 2020 seien heranzuziehen.
129
Der Beginn des Kiesabbaus sei gemäß den Regelungen des Genehmigungsbescheids nicht an die Errichtung der geforderten GWM geknüpft. Zudem habe die Beigeladene zwei von insgesamt drei der für erforderlich erachtete GWM nicht errichtet.
130
Es sei der Beigeladenen nach der Genehmigungslage grundsätzlich möglich, einen großen Teil der gesamten Vorhabenfläche zunächst bis zur festgelegten Abbausohle auszukiesen, die geforderte Sorptionsschicht einzubringen und anschließend die Verfüllung vorzunehmen, sodass große Bereiche der Abbaufläche freigelegt würden, ohne dass das Grundwasser durch eine entsprechende Sorptionsschicht geschützt sei. Zudem sei aus den Verfahrensunterlagen nicht ersichtlich, wie die Sorptionsschicht nach der Aufbringung in einem Bauabschnitt zum nächsten Bauabschnitt abgegrenzt bzw. abgedichtet werde, damit ein Eindringen von Schadstoffen über den nicht mit einer Sorptionsschicht geschützten Bereich der Abbaufläche verhindert werde. Der Bescheid enthalte keine hinreichend bestimmte Regelung, dass die wannenförmige Ausgestaltung der Sorptionsschicht auch dann zu erfolgen habe, wenn die Sorptionsschicht abschnittsweise eingebracht werde. Die Regelung zur Herstellung der Sorptionsschicht sei daher zu unbestimmt und nicht geeignet, ein Eindringen von Schadstoffen in das Grundwasser während des gleichzeitigen Abbaus und Verfüllens der Fläche zu verhindern.
131
Hinsichtlich des vorgesehenen Vorranggebiets Wasserversorgung bestehe bereits ein Entwurf, aus welchem die räumliche Ausdehnung des Gebiets ersichtlich sei. Das Gebiet tangiere das Vorhabengrundstück auch nicht nur marginal, sondern verlaufe im Bereich des Abbaugrundstücks parallel zu diesem von Norden nach Süden.
132
Im Hinblick auf den Verstoß gegen artenschutzrechtliche Vorschriften sei darauf hinzuweisen, dass der EuGH keine Differenzierung des rechtlichen Bewertungsmaßstabs zwischen Habitat- und Artenschutz vornehme und somit davon auszugehen sei, dass der habitatschutzrechtlich anzusetzende Bewertungsmaßstab auch im Artenschutzrecht gelten solle.
133
Bei der saP handele es sich um keine Worst-Case-Betrachtung, da das Vorkommen der verschiedenen Arten unterstellt werden müsste, vorliegend aber die Bachstelze sowie Zug- und Rastvögel gar nicht behandelt worden seien.
134
Für die Feldlerche werde der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verwirklicht, da die vorgesehene CE-Maßnahme zum einen zu Beginn des Kiesabbaus noch nicht wirksam gewesen sei, zum anderen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG nicht vorlägen. Der Antragsgegner führe nunmehr aus, dass für den Bauabschnitt 1 keine CEF-Maßnahme notwendig sei, was im Widerspruch zur Genehmigungslage stehe. Zu Beginn des Kiesabbaus hätten die Voraussetzungen ersichtlich nicht vorgelegen, da eine Wirksamkeit der CEF-Maßnahme erst Anfang 2023 habe erreicht werden können.
135
Des Weiteren sei im Fall der Erschließung von Süden eine Asphaltierung der Zuwegung aus Gründen des Lärm- und Staubschutzes nicht erforderlich, sondern allenfalls eine Ausbesserung der vorhandenen Schotterschicht. Die Erschließung vom Süden aus werde auch vom Straßenbauamt … nicht kategorisch abgelehnt und die im Änderungsbescheid vom 25. Juli 2023 festgesetzte Begrenzung der Zahl der zulässigen Lkw-Fahrten pro Tag spreche gegen eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit.
136
Im Fall der Erschließung von Süden eine Asphaltierung der Zuwegung aus Gründen des Lärm- und Staubschutzes nicht erforderlich, sondern allenfalls eine Ausbesserung der vorhandenen Schotterschicht. Die Erschließung von Süden werde auch vom Straßenbauamt … nicht kategorisch abgelehnt und die im Änderungsbescheid vom 25. Juli 2023 festgesetzte Begrenzung der Zahl der zulässigen Lkw-Fahrten pro Tag spreche gegen eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit.
137
Zudem würden durch das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärmimmissionen hervorgerufen. Auch unter Berücksichtigung der neuerlichen schalltechnischen Stellungnahme der … … … … mbB vom 6. Juli 2023 sei nicht ersichtlich, warum die Lkw-Betriebsbremse als Geräuschquelle zwar für das Bremsen auf der Abbaufläche, aber nicht auf dem Fahrweg außerhalb des Kiesabbaugeländes angesetzt werde. Der Geräuschimmissionsansatz von 63 dB pro m enthalte zwar die Veränderung der Geräuscheimissionen bei Beschleunigung und Veränderung, nicht jedoch beim Anfahren oder Abbremsen zusätzlich auftretenden Einzelereignisse wie Entlüftungsgeräusche der Bremsen und Bremsenquietschen. Diesbezüglich wurde eine Stellungnahme der … … GmbH Lärmschutzberatung vom 27. März 2023 vorgelegt. In der schalltechnischen Stellungnahme vom 6. Juli 2023 seien zwar die Impulsgeräusche berücksichtigt worden, allerdings sei der Ort der Geräuschentstehung bis in den Straßenraum der …-Straße hinausgeschoben worden. Tatsächlich entstünden Bremsgeräusche jedoch nicht erst auf der Straße, sondern vielmehr beim Heranfahren und Abbremsen bis zur Einmündung. Der Abstand der Geräuschentstehung vom Wohnhaus könne daher auch lediglich 10 m betragen und somit der Geräuschpegel am Immissionsort um ca. 10 dB(A) lauter sein.
138
Weiter sei in der schalltechnischen Stellungnahme nur dadurch die Einhaltung des beauflagten Immissionsrichtwerts von 59 dB(A) am maßgeblichen Immissionsort …-Str. 8a nachgewiesen worden, indem ein Gerät mit einem Schallleistungspegel von 101,8 dB(A) und nicht mehr der Schallleistungspegel von 104 dB(A) des tatsächlich verwendeten und beauflagten Radladers in die Berechnung eingesetzt worden sei. Das Gerät aus der Anlage E 43 erfülle aber schon nicht die Nebenbestimmung 5.8.3.3 des Bescheids, wonach die Erdbewegungsmaschinen den Anforderungen der 32. BImSchV entsprechen müssten. Darüber hinaus handele es sich bei dem in Anlage E 43 genannten Radlader um ein Gerät der Leistungsklasse bis 135 kW und einer Ladekapazität der Schaufel von ca. 3 m³, bei dem tatsächlich verwendeten Radlader aber gemäß Betriebsbeschreibung um ein Gerät mit einer Motorleistung von 250 kW und einer Ladekapazität von ca. 5 m³. Somit sei der Schallleistungspegel um 2,2 dB(A) höher anzusetzen. Somit bedürfe auch die neuerliche Stellungnahme einer umfassenden Überarbeitung.
139
Hinsichtlich § 13 KSG sie davon auszugehen, dass das Berücksichtigungsgebot auf allen Verwaltungsebenen, einschließlich der Länder und Kommunen gelte und der Anwendungsbereich der Norm bei Ländern und Kommunen keinesfalls auf solche Tätigkeiten beschränkt sei, mit denen Bundesgesetze vollzogen würden.
140
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen nahm mit Schriftsatz vom 26. September 2023 Stellung und führte im Wesentlichen aus, dass auch der errichtete Weg auf dem Grundstück FlNr. … dem Abbauvorhaben nach Maßgaben des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB diene. Die vom Antragsteller angenommene restriktive Auslegung im Sinne eines Optimierungsgebots entspreche nicht dem Gesetz und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Bei der Variante an der Straße „… …-weg“ wären ebenso weitere Arbeiten durchzuführen gewesen, da dieser nur durchschnittlich 4 m breit und ein geordneter und sicherer Verkehr unter diesen Bedingungen bei gleichzeitiger Nutzung durch mehrere Lkw und landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge keinesfalls gewährleistet sei. Für Begegnungsverkehr wäre eine, der nördlichen Zufahrt vergleichbare Breite von 6 m erforderlich, so dass die hiermit einhergehenden Arbeiten ebenso die Flächen des Außenbereichs in Anspruch nehmen und überdies die landwirtschaftliche Nutzung der Abbaufläche behindern würden. Bei der Straße „… …-weg“ handele es sich um eine öffentliche Straße, so dass Arbeiten ohne die Beteiligung der Straßenbaubehörde nicht möglich seien. Ob diese in eine solche Gestaltung einwillige, wäre offen gewesen. Zudem würden die Flächen auf den Bauabschnitten 2 und 3 durch die nördliche Erschließung erst später in Anspruch genommen und die im Flächenplan vorgesehene und derzeit erfolgende landwirtschaftliche Nutzung auf diese Flächen länger unbeschränkt garantiert.
141
Die Begriffsbestimmung in A-5 des Verfüll-Leitfadens setze gerade keine mehrfache Messung voraus. Maßgeblich sei nicht der tatsächlich höchste gemessene Grundwasserspiegel gewesen. Vielmehr werde der am 15. Juni 2020 gemessene Grundwasserspiegel zugrunde gelegt, welcher als Ausgangspunkt einer fortlaufenden Betrachtung im Zuge der Vorhabendurchführung diene. Die Anpassungspflicht nach der Auflage 5.2.3 stelle die durchgehende Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 zwischen dem vorhandenen Grundwasserspiegel und der Abbausohle sicher, so dass das Grundwasser ausreichend vor dem Eindringen von Schadstoffen geschützt sei.
142
Weiterhin sei von einer, nicht ausdrücklich geregelten Pflicht zur Errichtung der Messstellen vor dem Kiesabbau auszugehen, welche sich unmittelbar aus der Auflage 5.9.3 herleite. Der Wortlaut der Auflage 5.9.3 zeige eindeutig, dass er die Errichtung der Messstellen voraussetzte. Der Einwand des Antragstellers, zwei der drei Messstellen seien noch nicht errichtet worden, sei nicht näher begründet und nur im Rahmen einer behördlichen Ordnungsverfügung von Bedeutung. Er führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung.
143
Die Sorptionsschicht solle nicht vor Leckagen oder ähnlichem schützen, sondern sie ermögliche eine dauerhafte Aufwertung des Standorts im Sinne der Anlage 8a des Verfüll-Leitfadens. Ein großräumiger Abbau ohne sich daran anschließende Verfüllung sei im Bescheid nicht vorgesehen. Ziffer 1 des Bescheides bestimme einen Zeitplan, wobei grundsätzlich die Verfüllung der jeweils abgebauten Bauabschnitte zwei Jahre nach Beendigung des Abschnitts erfolgt sein solle. Er schreibe somit einen fließenden, den Bauabschnitten folgenden Abbau mit der daran anschließenden, ebenso fließenden Verfüllung vor. Außerdem sei unklar, welche Schadstoffe angeblich in das Grundwasser eindringen sollten. Die Sorptionsschicht diene gerade nicht der Verhinderung von Havariefällen. Das auf der verfüllten Fläche anfallende Niederschlagswasser versickere auf dieser Fläche und werde nicht in danebenliegende abgebaute Flächen abgeleitet. Stoffe, welche das Niederschlagswasser unter Umständen im verfüllten Material löse, diffundierten nach unten und würden vor Eindringen in das Grundwasser durch die eingebrachte Sorptionsschicht abgefangen. Auch Anlage 8b des Verfüll-Leitfaden sehe keine zwischenzeitliche und fortschreitende wannenförmige Ausbildung der Sorptionsschicht im Zuge des schrittweisen Rohstoffabbaus und der schrittweisen Verfüllung vor, da man die vom Antragsteller unterstellten kurzfristigen und lokalen Wirkungszusammenhänge bei den Regelungen zur Sorptionsschicht ersichtlich als fachlich nicht relevant ansehe.
144
Hinsichtlich den Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen legte die Beigeladene eine von der … … … GmbH mit Datum vom 11. Juli 2023 erstellte Plausibilitätsprüfung der schalltechnischen Stellungnahme der … … … … mbB vom 6. Juli 2023 vor. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass die Stellungnahme in ihren Ergebnissen nachvollziehbar und plausibel sei. Im Zuge der ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juli 2023 seien insgesamt neun maßgebliche Immissionsorte in die Betrachtung einbezogen worden.
145
Der Parallelbetrieb führe auch nicht aufgrund von Immissionen durch den Betrieb in der Grube selbst zu einer Überschreitung des geltenden Immissionsrichtwerts. In der Stellungnahme vom 6. Juli 2023 werde auch ein Parallelbetrieb Vollauskiesung und Wiederverfüllung fachtechnisch untersucht und bestätigt, dass auch bei einem Parallelbetrieb der Immissionsrichtwert signifikant unterschritten werde.
146
Das aktuelle Datenblatt des Herstellers, auf das sich der Antragsteller beziehe, sei aufgrund der pauschalen Werte nicht verwertbar, während sich aus den Datenblättern der Anlage E 42 bzw. E 43 bei der Nutzung derselben Maschine zu verschiedenen Zwecken verschiedene Schallleistungspegel und verschiedene Zuschläge für Impulshaltigkeit ergeben würden. Datenblätter des Herstellers könnten fachtechnische Untersuchungen nicht ersetzen. Zudem sei der Radlader aus der Anlage E 43 mit dem gegenständlich genutzten Radlader vergleichbar. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt zur Bestimmung des Schallleistungspegels sei die Art der Nutzung. Die höhere Leistungsklasse und das höhere Schaufelvolumen seien nicht alleine maßgeblich.
147
Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers sei nur das Entspannungsgeräusch des Bremsluftsystems ein isoliert zu betrachtendes Einzelereignis, nicht jedoch andere Geräusche wie das Bremsenquietschen, welche bereits Teil des längenbezogenen Schallleistungspegels von 63 dB seien. Die Ausrichtung des Entspannungsgeräuschs des Bremsluftsystems als Punktschallquelle im unmittelbaren Bereich der Kreuzung zwischen der Zufahrt und der …-Straße sei zutreffend, da sich das Entspannungsgeräusch nicht bereits im vorherigen Bereich der Einmündung während des Bremsvorgangs entfalte. Der Technische Bericht 2005 bestätige auf den Seiten 8 f. diese Beurteilung: Das Einzelereignis des Entspannungsgeräuschs sei nur im Bereich der Waage, auf welcher der Lkw im Rahmen der Messung von Lkw-Fahrgeräuschen nach vorheriger und nachheriger Beschleunigung vollständig zum Stehen gekommen sei, gemessen worden. Der Ort der Waage entspreche dem unmittelbaren Kreuzungsbereich und erstrecke sich nicht auf den vor dem Kreuzungsbereich liegenden Fahrweg.
148
Wasserrechtliche Erlaubnisse könnten nicht Gegenstand der Anfechtung einer Abgrabungsgenehmigung sein. Zudem fehle es an einer substantiierten Darlegung dafür, weshalb die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG nicht erfüllt sein sollten. Bzgl. der bei der Abbautätigkeit anfallenden Stoffausträgen werde seitens des Antragstellers nicht dargelegt, um welche Stoffe es sich handele, in welchem Zusammenhang diese anfielen und wie diese auf die bereits vollständig abgebaute Fläche gelangen sollten.
149
Im Hinblick auf die bestehenden Überlegungen zur Festsetzung eines Vorranggebiets für Wasserversorgung im Regionalplan … sei der zuständigen Behörde gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG kein Rechtsspielraum eröffnet, etwaige Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen, da die Berücksichtigung gemäß § 4 Abs. 2 ROG voraussetze, dass das jeweilige materielle Recht einen Ermessensspielraum zugestehe oder einen Abwägungsvorgang zuweise.
150
Die Bemessung der erforderlichen Anzahl von Begehungen für die der saP zugrundeliegende Bestandserfassung bestimme sich anhand der Gegebenheiten des Einzelfalls. Die Bewertung des Zugriffsverbots nach § 44 Abs. 1 BNatSchG mache eine Ermittlung der genauen Anzahl der vorkommenden Brutpaare nicht erforderlich, da ein Verstoß gegen das Zugriffsverbot vorliegend durch die Einbringung einer CEF-Maßnahme wirksam vermieden worden sei. Dabei sei die konkrete Anzahl der betroffenen Brutpaare nicht von Bedeutung, da diese aufgrund derselben Eignung als Brutplatz im alternativen Lebensraum wieder ansässig würden.
151
Die Worst-Case-Betrachtung als Vorbetrachtung für die tatsächlich durchgeführte saP erfordere keine Betrachtung jedweder Tierart, selbst wenn diese bei einem möglichen Vorhaben nicht betroffen sei, so dass man weit verbreitete und vor allem nicht empfindliche Vogelarten von der tatsächlichen Prüfung hätte ausschließen dürfen.
152
Von einer Wiederansiedelung der konkret vom Vorhaben betroffenen Feldlerche könne ausgegangen werden, da diese üblicherweise ein weiträumiges Ausbreitungsgebiet aufweise, welches die bloß 2,4 km entfernte CEF-Fläche umfasse.
153
Die zusätzliche Inanspruchnahme der Oberfläche und die nötige Asphaltierung aufgrund der errichteten Zufahrtsstraße auf dem Grundstück FlNr. … werde im landschaftspflegerischen Begleitplan berücksichtigt, da unter Punkt 3.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans die Erschließung von Orten als eingreifende Maßnahme benannt und auf die Anlage 1.7 verwiesen werde. Dies beziehe sich auf die Anlage 1.7 des Antrags auf Erlass der Baugenehmigung, in welchem die Erschließung der Abbaufläche behandelt werde und eine Darstellung des Zufahrtswegs unter ausdrücklichem Hinweis auf die teerfreie Asphaltierung erfolge.
154
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2023 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers im Verfahren M 9 K 23.4238 im Wesentlichen ergänzend aus, dass im Hinblick auf eine den Außenbereich schonende Erschließung über bereits bestehende Wege der Straße „… …“ im Durchschnitt ca. 4 m breit sei und bereits jetzt über Teilbereiche mit einer größeren Breite verfüge, die einen Begegnungsverkehr mit größeren Fahrzeugen ermöglichten.
155
Hinsichtlich schädlicher Umweltauswirkungen durch Lärmbelästigungen wurde eine Stellungnahme der … … GmbH Lärmschutzberatung vom 19. September 2023 vorgelegt, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Wahl der aufgeführten Immissionsorte nicht den Anforderungen der TA Lärm entspreche, da v.a. der einzuhaltende Abstand von 0,5 m vor dem geöffneten Fenster nicht berücksichtigt worden sei. Dies führe zu einer Reduzierung der Messergebnisse.
156
Die Lkw-Betriebsbremse als Geräuschquelle werde nicht für das Bremsen auf dem Fahrweg außerhalb des Kiesabbaugeländes angesetzt. Zusätzlich auftretende Einzelereignisse bei Anfahren und Abbremsen seien nicht im Geräuschemissionsansatz von 63 dB(A)/m des Technischen Bericht 2005 enthalten. Der Druckluftstoß könne an jeder Stelle des Bremsweges, auch mehrfach und nicht nur bei der Ausfahrt, sondern auch bei der Einfahrt auftreten.
157
Der gewählte Abstand der punktuellen Geräuschquellen zum Wohnhaus auf dem Grundstück mit der FlNr. …19 mit mehr als 30 m sei nicht sachgerecht, da tatsächlich Bremsgeräusche nicht erst auf der …-Straße, sondern vielmehr beim Heranfahren und Abbremsen bis zur Einmündung entstünden.
158
Der Antragsgegner erwiderte mit Schriftsatz vom 9. November 2023 im Wesentlichen, dass der Grundwasserstand bei an der GWM 342 in der Zeit von Juni 2020 bis November 2020 durchgeführten Wasserstandsmessungen nur zwischen 550,60 m über NN und 550,67 m über NN geschwankt sei. Im Vergleich lägen Grundwassermessstände aus benachbarten Flurstücken im gleichen Bereich. Auch die Grundwassermessstände eines Anfang 2023 im östlichen Bereich des Flur-Stücks FlNr. … gebauten Betriebsbrunnen bestätigten die Angaben der Messungen aus dem Jahr 2020. Bzgl. der Werte für die Bohrung im Zeitraum von 2. Juni bis 4. Juni 2020 sei davon auszugehen, dass die Bohrung zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur GWM ausgebaut worden gewesen sei und somit der am 2. Juni 2020 ermittelte Wert für den Grundwasserstand nicht plausibel und nicht zu berücksichtigen sei. Die hydrogeologische Karte aus dem Jahre 1953 könne aufgrund ihrer großräumigen Überblicksdarstellung lediglich erste Anhaltspunkte geben und sei nicht geeignet, den höchsten zu erwartenden Grundwasserspiegel zu bestimmen. Die GWM … 2 könne nicht als unmittelbar repräsentativ angesehen werden. Die Sorptionsschicht sei so auszuführen, dass an den Übergängen zu benachbarten Verfüll-Abschnitten jeweils ein Rand einzuhalten sei, der solange nicht verfüllt werde, bis am benachbarten Verfüll-Abschnitt die Sorptionsschicht durch das Landratsamt zur Verfüllung freigeben wird.
159
Die Bachstelze habe in der saP keine Erwähnung gefunden, da diese nicht auf freiem Ackerland, sondern versteckt in Gehölzen oder künstlichen Strukturen brüte. Demnach könne eine Betroffenheit von Fortpflanzungsstellen ausgeschlossen werden. Zudem handele es sich bei Bachstelze um eine Allerweltsart, bei der regelmäßig von keiner Verschlechterung des Erhaltungszustands durch das Vorhaben auszugehen sei. Die Ermittlung der betroffenen Brutpaare bzw. Reviere der Feldlerche über eine Habitatpotenzialanalyse sei in der vorliegend gegebenen strukturarmen, ausgeräumten, intensiv genutzten Agrarlandschaft ausreichend. Die CEF-Maßnahme befinde sich auf derselben Rodungsinsel wie die Eingriffsfläche.
160
Auch bei einer Erschließung über die Straße „… …“ sei eine Asphaltierung erforderlich, da es ansonsten zu einer erheblichen Staubentwicklung und -verfrachtung und einem massiven Schmutzeintrag auf die Kreisstraße M … kommen würde. Eine Asphaltierung jedenfalls bis zur Reifenwaschanlage sei unabdingbar; der Streckenabschnitt nach der Reifenwaschanlage bis zum Beginn der Kiesabbaustätte sei auch bei der geplanten Zufahrt nicht asphaltiert.
161
Hinsichtlich der Impulshaltigkeit durch den Radlader träten diese Geräusch nur in einer Teilzeit der insgesamt zehn Stunden Arbeitszeit des Radladers ein. Zudem erfolge die Ermittlung der Impulszuschläge ausschließlich im unmittelbaren Nahbereich, Impulshaltigkeit nehme aber mit Entfernung ab. Ein Ansatz von 3 dB(A) über 10 Stunden Betriebszeit sei daher ein realistischer Ansatz.
162
Der Bevollmächtigte des Antragstellers führte mit Schriftsatz vom 20. November 2023 im Wesentlichen weiter aus, dass derzeit kein ausreichender Schutz des Grundwassers gegeben sei, da der Antragsgegner den Beginn des Kiesabbaus geduldet habe, ohne dass ab Beginn des Kiesabbaus die erforderlichen drei Messstellen errichtet worden seien. Es sei sehr wahrscheinlich, dass verunreinigtes Niederschlagswasser nicht lediglich auf der Fläche, welche mit einer Sorptionsschicht ausgestaltet sei, versickere, sondern auch im Abbaubereich, da sich beim Auftreffen des Niederschlagswassers auf die Sorptionsschicht Staunässe bilde, welche seitlich ablaufe. Zudem reiche ein leichtes Gefälle in Richtung der Abbausohle aus, um verunreinigtes Niederschlagswasser in den ungeschützten Bereich zu leiten. Das Aufbringen der Sorptionsschicht solle sicherstellen, dass die in dem verfüllten Material enthaltenen Schadstoffe nicht ins Grundwasser gelangen. Diese Funktion müsse die Schicht bereits zur Beginn der Verfüllung erfüllen. Warum die Vorgabe einer wannenförmigen Ausgestaltung der Sorptionsschicht zum Schutz vor einem seitlichen Austreten in einen ungeschützten Bereich erst am Ende der Verfüllung gelten solle, erschließe sich nicht.
163
Die Straße „… …“ sei weit einsehbar und es könnten bei zeitweisem Begegnungsverkehr die bestehenden Einbuchtungen genutzt werden. Bereits derzeit werde die Straße so im Falle von Begegnungsverkehr mit landwirtschaftlichen Maschinen, die in der Regel breiter als Lkws seien, genutzt. Selbst eine notwendige Verbreiterung der Straße bzw. Erhöhung der Anzahl der Einbuchtungen sei im Vergleich zur geplanten Erschließung vorzugswürdig. Das Straßenbauamt F1. habe die Erschließung über die Straße „… …“ nicht ausgeschlossen. Eine Asphaltierung sei nicht erforderlich.
164
Mit Beschluss vom 7. Dezember 2023 (Az. 2 CS 23.1169 – BeckRS 2023, 35958) hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 2. Juni 2023 (Az. M 9 SN 22.5931) auf, in dem die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die streitgegenständliche Abgrabungsgenehmigung auf einen Nachbarrechtsbehelf hin angeordnet worden war und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.
165
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 9 K 22.6136 und M 9 K 23.4238, und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
166
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen (M 9 K 22.6136 und M 9 K 23.4238) hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
167
1. Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft, weil den in der Hauptsache erhobenen Klagen gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 BayAbgrG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
168
Der Antragsteller ist eine nach § 3 Abs. 2 bzw. Abs. 3 UmwRG durch das Umweltbundesamt bzw. das Landesamt für Umwelt anerkannte Umweltvereinigung (vgl. die Auflistungen unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2378/dokumente/anerkannte_umwelt-_und_naturschutzvereinigungen_0.pdf bzw. https://www.stmuv.bayern.de/themen/naturschutz/organisation/naturschutzvereinigungen/index.htm, jeweils zuletzt abgerufen am 19.12.2023, 11:25 Uhr). Auch macht er i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend, in seinem qualifizierten satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt zu sein. Dabei darf das Kriterium des geltend zu machenden Satzungsbezuges nicht zu eng gefasst werden, um den Zweck des umweltrechtlichen Verbandsrechtsschutzes nicht zu konterkarieren (BVerwG, U. v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 – juris Rn. 10). Deshalb genügt es hier für eine Geltendmachung des Satzungsbezuges, dass der Antragsteller ausweislich § 2 seiner Satzung u.a. die Förderung von Naturschutz und Landschaftspflege bezweckt und eine Betroffenheit insoweit durch den gegenständlichen Bescheid gegeben sein kann.
169
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG liegen vor. Indem der Antragsteller Bedenken und Einwendungen gegen die Abgrabungsgenehmigung in baurechtlicher bzw. wasserschutz-, naturschutz- und immissionsschutzrechtlicher Hinsicht erhebt und Verstöße insbesondere gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 BauGB rügt, macht er geltend, dass die erteilte Genehmigung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Dabei macht der Antragsteller nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften im Sinne von § 1 Abs. 4 UmwRG geltend.
170
2. Der Antrag ist unbegründet, da die streitgegenständliche Abgrabungsgenehmigung voraussichtlich rechtmäßig ist und keine Rechte des Antragstellers im Sinne von § 2 Abs. 4 UmwRG verletzt, auf die dieser sich als Umweltverband berufen kann. Die Klagen des Antragstellers gegen die Abgrabungsgenehmigung haben in der Hauptsache aller Voraussicht nach keinen Erfolg, sodass die Interessenabwägung zu seinen Lasten ausgeht.
171
Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 80a Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf den Antrag eines Dritten die aufschiebende Wirkung seiner Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO anordnen. Dabei nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessenabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung treffen. Ergibt hiernach die Prüfung, dass der Rechtsbehelf erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid als voraussichtlich rechtswidrig, ist dem Antrag stattzugeben, weil an dessen Ausnutzung kein öffentliches Interesse besteht. Kann wegen der Komplexität der Sach- und Rechtslage keine solche Abschätzung der Erfolgsaussichten der Hauptsache getroffen werden, sind die einander gegenüberstehenden Interessen zu gewichten (st.Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 22.3.2010 – 7 VR 1.10 – juris Rn. 13).
172
Den Maßstab für die Erfolgsaussichten der Hauptsache formuliert § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG, der als Spezialvorschrift § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verdrängt. Hiernach setzt der Erfolg eines (zulässig erhobenen) Rechtsbehelfs nach § 2 Abs. 1 UmwRG voraus, dass die angegriffene Entscheidung gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist insoweit grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Zu Gunsten des beigeladenen Genehmigungsinhabers sind nachträgliche Änderungen zur Vermeidung erneuter Genehmigungsverfahren auch im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 23.4.1998 – 4 B 40.98 – juris Rn. 3 m.w.N.).
173
An den oben dargestellten Maßstäben gemessen ergibt die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die streitgegenständliche Abgrabungsgenehmigung rechtmäßig ist, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Art. 1 BayAbgrG.
174
2.1 Die erteilte Genehmigung vom 28. September 2022 in Gestalt des Bescheides vom 25. Juli 2023 verstößt zunächst nicht, wie vom Antragsteller vorgetragen, dadurch gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, dass sie die Anzahl der zulässigen Lkw-Bewegungen auf der Zufahrt zum Vorhabengrundstück nicht festlegt.
175
Der Antragsgegner hat mit Änderungsbescheid vom 25. Juli 2023 die Zahl der Lkw-Fuhren, die im Zusammenhang mit den Betriebsabläufen gemäß Nr. 5.8.1.5 des Bescheids stehen, auf maximal 36 pro Tag (jeweils 36 Hin- und 36 Rückfahrten) beschränkt. Zudem bestehen seitens des Gerichts auch keine Bedenken an den diesbezüglich im ursprünglichen Bescheid getroffenen Regelungen, wobei auf die Ausführungen in der Entscheidung des Gerichts vom 2. Juni 2023 (M 9 SN 22.5931), die den Beteiligten bekannt ist (den Antragstellern über ihren Bevollmächtigten, der gleichzeitig im Verfahren M 9 SN 22.5931 bevollmächtigt war), insoweit Bezug genommen wird.
176
2.2 Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig.
177
Die im abgrabungsrechtlichen Verfahren nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BayAbgrG i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO zu prüfende bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich, da das Vorhabensgrundstück im Außenbereich liegt, nach § 35 BauGB.
178
Der Kiesabbau im Trockenabbau stellt ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB dar, da es sich um einen ortsgebundenen gewerblichen Betrieb handelt; der Abbau ist aus geologischen Gründen auf den Standort angewiesen.
179
2.2.1 Der Privilegierung des Vorhabens steht – wie der Antragsteller meint – auch nicht entgegen, dass die Erschließung des Vorhabensgrundstücks über das Grundstück FlNr. 344 erfolgt. Im Hinblick auf die Erschließung fehlt es vorliegend nicht an der erforderlichen „Dienlichkeit“ des Vorhabens. Insoweit kommt es maßgeblich darauf an, ob ein „vernünftiger Betriebsinhaber“ unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (BVerwG, U. v. 7. 5. 1976 – IV C 43/74 – NJW 1977, 119).
180
Eine generelle Standortalternativenprüfung im Außenbereich findet im Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich nicht statt (BVerwG, U. v. 20.6.2013 – 4 C 2.12 – juris Rn. 14 m.w.N.). Hinsichtlich der räumlichen Zuordnung des Vorhabens sind nach der hauptsächlich zu § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung, die auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, keine zu strengen Maßstäbe anzulegen (vgl. BVerwG, U. v. 22.11.1985 – 4 C 71.82 – juris Rn. 14). Mit dem Tatbestandsmerkmal des Dienens in § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB soll vor allem sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben tatsächlich in einer funktionalen Beziehung zu dem Betrieb steht (vgl. zum gleichbedeutenden Merkmal „Dienen“ bei § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB: BayVGH, B. v. 11.7.2016 – 15 ZB 14.400 – juris Rn. 7).
181
Die eigentliche Zweckbestimmung des Erfordernisses des Dienens liegt insbesondere darin, Missbrauchsversuchen begegnen zu können. Nicht der nur behauptete Zweck des Vorhabens, sondern seine wirkliche Funktion soll entscheidend sein. Es sollen Vorhaben verhindert werden, die zwar an sich objektiv geeignet wären, einem privilegierten Betrieb zu dienen, mit denen aber in Wirklichkeit andere Zwecke verfolgt werden. Ist das Vorhaben jedoch dem Betrieb funktional zugeordnet und auch äußerlich durch den betrieblichen Verwendungszweck geprägt, so entfällt seine Privilegierung nicht automatisch deshalb, weil es an dem vom Bauherrn gewünschten Standort – etwa wegen seiner exponierten Lage – den Außenbereich in besonderem Maße beeinträchtigt. (BVerwG, U. v. 16.5.1991 – Az. 4 C 2/89 – juris Rn. 17; U. v. vom 19.6.1991 – 4 C 11/89 – juris Rn. 23 f.). Hierbei ist auf konkrete Anhaltspunkte und nicht auf vage Vermutungen abzustellen.
182
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stellen die Ausführungen des Antragstellers, dass eine Erschließung über die südlich der Vorhabensfläche gelegenen Straße „… …“, FlNr. …, außenbereichsschonender wäre, da keine Bodenversiegelung durch Asphaltierung, sondern allenfalls eine Ausbesserung der Schotterschicht erforderlich wäre, die Privilegierung des Vorhabens im Hinblick auf seine „Dienlichkeit“, bezogen auch auf die Erschließung, nicht in Frage. Der Antragsteller hat nicht ansatzweise substantiiert vorgetragen, dass die von ihm dargestellte Erschließungsalternative tatsächlich außenbereichsschonender ist. So verbleibt sein Vortrag, dass es für eine ausreichende Erschließung über die Straße „… …“ keiner Asphaltierung bedarf und der Weg in seiner aktuellen Form Begegnungsverkehr mit größeren Fahrzeugen ermögliche, spekulativ.
183
Was erforderlich ist, um eine ausreichende Erschließung sicherzustellen, hängt von den Erfordernissen des jeweiligen Vorhabens ab (Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, 10. Aufl., § 35 RdNr. 282). Es gibt keine für alle denkbaren Sachverhalte einheitlichen Mindestanforderungen. Vielmehr bedeutet die „Sicherung der Erschließung“ die Erfüllung von Anforderungen, die sich in Art und Umfang nach dem konkreten Vorhaben richten. Welche Anforderungen an die Erschließung im Einzelfall zu stellen sind, hängt damit maßgeblich von der Größe des Betriebs, vom erwarteten Verkehrsaufkommen und den Besonderheiten des Betriebs ab. Gerade im Außenbereich macht es einen wesentlichen Unterschied, ob mit häufigem, gelegentlichem oder nur seltenem Anfahren eines Grundstücks zu rechnen ist. Je häufiger ein Grundstück angefahren wird, desto eher ist mit Begegnungsverkehr zu rechnen. Dementsprechend wird davon auszugehen sein, dass die Mindestanforderungen für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Außenbereich, weitab von sonstiger Bebauung, geringer sind, als die Anforderungen, die durch einen gewerblichen Betrieb mit starkem An- und Abfahrverkehr ausgelöst werden (BVerwG, U. v. 3.8.1986 – 4 C 48.81 -juris Rn. 16).
184
Ausweislich des Bescheides sind dem Beigeladenen täglich 36 Lkw-Fuhren mit jeweils 36 Hin- und Rückfahrten erlaubt, so dass mit starkem An- und Abfahrverkehr zu rechnen ist. Die Straße „… …“ wird nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beigeladenen aktuell zudem von landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen befahren. Sie verfügt laut den Angaben des Antragstellers über eine Schotterschicht. Ausgehend von dieser aktuellen Beschaffenheit und Nutzung und dem durch das Vorhaben entstehenden starken An- und Abfahrtsverkehr erschließt sich nicht, wie die Straße „… …“ trotz des durch das Vorhaben ausgelösten starken An- und Abfahrverkehr ohne eine Asphaltierung und ohne einen Ausbau des Weges auf eine Breite von etwa 6 m, vergleichbar der im Bescheid vorgesehenen Erschließung, eine ausreichende Erschließung im Hinblick auf seine Tragfähigkeit und Breite darstellen soll. Dass es trotz der durch das Vorhaben starken Intensivierung der Nutzung der Straße „… …“ zu keiner wesentlichen Verschlechterung der Schotterschicht und somit keiner Schädigung des Straßenzustands kommen würde, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Weiter wurde seitens des Antragstellers lediglich unzureichend vorgetragen, dass der Weg bereits jetzt über Teilbereiche mit ausreichender Breite für größere Fahrzeuge verfüge, obwohl der Weg nach eigenem Vortrag nur durchschnittlich 4 m breit ist und dadurch ein Begegnungsverkehr durch gleichzeitige Nutzung durch Lkw und landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge im Einzelfall des hier streitgegenständlichen Vorhabens unter Berücksichtigung von dessen konkreten Erfordernissen nicht gewährleistet ist. Ob der Weg auch für einen Begegnungsverkehr von Lkw und landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen, insbesondere auch bei einer durch das Vorhaben deutlich erhöhten Auslastung des Weges ausreicht und in welchen Teilbereichen eine ausreichende Breite vorhanden sein soll, wurde nicht substantiiert vorgetragen. Zudem ist für das Gericht weder ersichtlich noch vom Antragsteller substantiiert vorgetragen, dass die zuständige Straßenbaubehörde einem etwaigen Ausbau bzw. einer Ertüchtigung der öffentlichen Straße „… …“ zustimmen würde. Die Aussagen des Staatlichen Bauamts F1. sind insoweit ohne Bedeutung, da dieses sich nur auf die durch die Erschließung betroffene Kreisstraße M … beziehen. Darüber hinaus ist die Erschließung über die Straße „… …“ auch aus verkehrsrechtlichen Gründen deutlich schwieriger. Insoweit wird auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im den Beteiligten bekannten Beschluss vom 7. Dezember 2023 (Az. 2 CS 23.1169 – BeckRS 2023, 35958 Rn. 39) Bezug genommen, denen sich das Gericht anschließt.
185
2.2.2 Dem privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB stehen keine öffentlichen Belange entgegenstehen.
186
2.2.2.1 Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB darf ein Vorhaben nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplans widersprechen.
187
Der Antragsteller kann seinen Antrag bzw. seine Klage in der Hauptsache nicht darauf stützen, dass die Baugenehmigung wegen eines Entgegenstehens des öffentlichen Belangs nach § 35 Abs. 3 Satz Nr. 1 BauGB rechtswidrig sei, da es sich bei dieser Regelung nicht um eine umweltbezogene Rechtsvorschrift im Sinne des § 1 Abs. 4 UmwRG handelt. Vielmehr weist die Vorschrift einen ausschließlich bodenrechtlichen Bezug auf (vgl. VG München, U. v. 15.6.2022 – M 9 K 22.2112 – juris Rn. 71)
188
Unabhängig davon stehen dem Vorhaben die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht entgegen. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde … stellt für die Fläche des Vorhabens ein Gewerbegebiet sowie Aufforstungsflächen dar.
189
Die Darstellung „Gewerbegebiet“ im Flächennutzungsplan …, welche zum Teil auch das Vorhabengrundstück umfasst, beruht auf einer konkreten standortbezogenen Aussage, weshalb diese Darstellung auch einem nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben entgegenstehen kann (BVerwG, U. v. 6.10.1989 – 4 C 28.86 – juris Rn. 15).
190
Es entspricht aber ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, U. v. 22.5.1987 – 4 C 57.84 – juris Rn. 30), dass die Beantwortung der Frage, ob einem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen (§ 35 Abs. 1 BauGB), eine Abwägung voraussetzt. Diese Abwägung ist keine planerische, sondern eine nachvollziehende Abwägung. Durchzuführen ist diese Abwägung zwischen dem jeweils berührten öffentlichen Belang und dem Interesse des Antragstellers an der Verwirklichung des privilegierten Vorhabens. Dabei kommt privilegierten Vorhaben im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber sie generell dem Außenbereich zugewiesen hat, ein besonders starkes Gewicht zu (vgl. BVerwG, U. v. 20.1.1984 – 4 C 43.81 – juris Rn. 18; U. v. 24.8.1979 – 4 C 3.77 – juris Rn. 19 m.w.N.).
191
Übertragen auf den hier vorliegenden Fall ist das Landratsamt zu Recht davon ausgegangen, dass dem Vorhaben des Beigeladenen die Darstellung eines Gewerbegebiets im Flächennutzungsplanes nicht entgegensteht.
192
Soweit ein Gewerbegebiet dargestellt ist, erweist sich diese standortbezogene Darstellung voraussichtlich nicht als eindem Vorhaben entgegenstehender öffentlicher Belangt. Bei seiner getroffenen Abwägungsentscheidung hat das Landratsamt nachvollziehbar festgestellt, dass das Vorhaben dem öffentlichen Interesse einer Versorgung des Marktes mit heimischen Rohstoffen dient. Weiter wurde berücksichtigt, dass der Kiesabbau nur ein temporäres Hindernis mit geringerem Gewicht darstellt (vgl. BVerwG, B. v. 28.10.2015 – 4 B 44.15 – juris Rn. 3) und der öffentliche Belang nur für die Dauer der Abgrabung nachteilig berührt wird, da aufgrund der beantragten Abbaurichtung der Flächenanteil, für den der Flächennutzungsplan ein Gewerbegebiet festsetzt, als erster abgebaut und verfüllt wird. Dagegen ist das Gewicht der Darstellung Gewerbegebiet im Flächennutzungsplan als gering zu bewerten. So enthält der Flächennutzungsplan abseits der hier gegenständlichen Darstellung weitere großflächige Gewerbegebietsdarstellungen und die Gemeinde hat für das Gebiet auch nach über 20 Jahren noch keinen Bebauungsplan aufgestellt, so dass mangels anderweitigem Vortrag bzw. anderweitiger Substantiierung nicht von einem mehr als gering zu bewertenden Gewicht der insoweit erfolgten städtebaulichen Planung ausgegangen werden kann.
193
2.2.2.2 Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB darf ein Außenbereichsvorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen. Diese Vorschrift stellt eine Konkretisierung des im Einzelfall nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme dar (vgl. BVerwG 28.10.1993 – 4 C 5.93 – NVwZ 1994, 686). Schädliche Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG). Zu den Immissionen zählen insbesondere Geräusche.
194
Für die Frage, ob und inwieweit Lärmimmissionen der Nachbarschaft zumutbar sind, werden die Bestimmungen der TA Lärm bzw. die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA-Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift selbst durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume belässt (vgl. z.B. BVerwG, U. v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 18 m.w.N.; BayVGH, B. v. 18.8.2016 – 15 B 14.1624 – juris Rn. 10).
195
Das streitgegenständliche Vorhaben ist eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage i.S.v. § 22 BImSchG, die im Katalog der vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommenen Anlagen nicht aufgeführt ist.
196
Es kann offenbleiben, ob das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB vom Antragsteller als anerkanntem Umweltverband vorgebracht werden kann, da jedenfalls keine Verletzung der Vorschrift vorliegt.
197
Es ist Sache des die Genehmigung Beantragenden, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Dabei sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der sicheren Seite zu sein“, sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zu Lasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 – 1 LB 4/05 – juris Rn. 39).
198
Dieser Nachweis ist der Beigeladenen nach summarischer Prüfung gelungen. Die Einwände des Antragstellers sind nicht geeignet, diesen Nachweis zu erschüttern. Insoweit kann auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 7. Dezember 2023 (Az. 2 CS 23.1169 – BeckRS 2023, 35958), der den Beteiligten bekannt ist, Bezug genommen werden, denen sich das Gericht anschließt.
199
2.2.2.3 Dem Vorhaben stehen weiter keine Belange des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB entgegen (vgl. BVerwG, U. v. 27.6.2013 – 4 C 1/12 – juris Rn. 6). Das Vorhaben steht im Einklang mit den zwingenden Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts.
200
Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören (Nr. 2) und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3).
201
Zu den wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten zählen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 lit. a BNatSchG alle Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1, L 100 vom 17.4.1997, S. 72, L 298 vom 1.11.1997, S. 70, L 113 vom 27.4.2006, S. 26), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 750/2013 (ABl. L 212 vom 7.8.2013, S. 1) geändert worden ist, aufgeführt sind.
202
Die fachliche Beurteilung der Behörde ist einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Annahmen der Genehmigungsbehörde sind hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichen, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U. v. 27.6.2013 – 4 C 1.12 – juris Rn. 14; U. v. 14.7.2011 – 9 A 12.10 – juris Rn. 99; U. v. 23.1.2015 – 7 VR 6.14 – juris Rn. 30).
203
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2018 (Az.: 1 BvR 2523/13 – juris) folgt das eingeschränkte Kontrollmaß nicht aus einer der Verwaltung eigens eingeräumten Einschätzungsprärogative, sondern schlicht aus dem Umstand, dass es insoweit am Maßstab zur sicheren Unterscheidung von richtig und falsch fehlt (BVerfG, a. a. O., Rn. 23). Die Entscheidung führt jedoch nicht zu einem anderen Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die Verwaltungsgerichte in derartigen Fällen auf eine Vertretbarkeits- bzw. Plausibilitätskontrolle der behördlichen Einschätzung beschränkt (OVG Lüneburg, U. v. 13.3.2019 – 12 LB 125/18 – juris Rn. 65).
204
In Anwendung dieser Grundsätze sind Fehler bei der im Auftrag des Antraggegners durchgeführte saP nicht zu erkennen. Dies gilt zum einen für die vom Antragsgegner zugrunde gelegten Erhebungen und Erkenntnisse und zum anderen auch für die daraufhin getroffenen Annahmen, dass die Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG bezüglich der vorgenannten Vogelarten nicht verwirklicht werden.
205
Was die Anforderungen an die Ermittlung und Bestandsaufnahme im Wirkungsbereich eines Abgrabungsvorhabens vorhandener Individuen der streng und besonders geschützten Tierarten im Sinne der §§ 44 ff. BNatSchG angeht, gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Wesentlichen folgende Grundsätze:
206
Erforderlich ist eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume, wobei jedoch keine Verpflichtung zur Erstellung eines lückenlosen Arteninventars besteht, sondern die Untersuchungstiefe maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall abhängig ist. Sofern ein sicherer Rückschluss aus bestimmten Vegetationsstrukturen auf die faunistische Ausstattung möglich ist, ist die gezielte Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten ausreichend; Untersuchungen quasi ins Blaue hinein sind nicht gefordert. Wegen des individuenbezogenen Ansatzes der artenschutzrechtlichen Vorschriften sind andererseits Ermittlungen erforderlich, um die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände überprüfen zu können. Dies erfordert jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Dabei gibt es im Artenschutz kein den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-RL vergleichbares formalisiertes Prüfungsverfahren; vielmehr ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung ausreichend. In diesem Rahmen ist eine Arbeit mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zulässig; bei nicht auszuschließenden Unsicherheiten sind auch Worst-Case-Betrachtungen zulässig (vgl. zum Ganzen insbesondere: BVerwG, U. v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris, Rn. 54 ff.). Die für den Habitatschutz geltenden Anforderungen können nicht unbesehen und unterschiedslos auf den allgemeinen Artenschutz übertragen werden (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris Rn. 56 ff.).
207
Nichts Anderes ergibt sich unter Berücksichtigung der vom Antragsteller zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. insbesondere EuGH, U. v. vom 17.4.2018 – C-441/17 – juris und U. v. vom 10.10.2019 – C-674/17 – juris). Mit dieser hat der Gerichtshof das hohe Niveau des Umweltschutzes für die Natura 2000-Schutzgebiete betont, dass bei Verträglichkeitsprüfungen zu beachten ist bzw. die Grenzen geschärft, die für Ausnahmen von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten nach § 45 Abs. 7 BNatSchG gelten, aber keine Aussage dazu getroffen, dass der Maßstab der „besten einschlägigen wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse“ auf die Prüfung der Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG übertragen werden soll. Auch der BayVGH geht in einer Entscheidung vom 23. Mai 2023 (Az.: 14 B 22.1696 – juris Rn. 35 ff.) davon aus, dass die unionsrechtlichen Vorgaben für das gerichtliche Prüfprogramm hinsichtlich einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG streng von der gänzlich anders gelagerten Ausgestaltung verwaltungsgerichtlicher Kontrolle bei Eingriffen und Vorhaben i.S.v. § 44 Abs. 5 BNatSchG zu unterscheiden sind.
208
Gemessen an diesen Grundsätzen ist zunächst nicht zweifelhaft, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Bereich des Vorhabens vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensstätten vorliegend – insbesondere auch hinsichtlich der Ermittlungstiefe und Aktualität der Daten – den Anforderungen genügt. Die im Auftrag des Antragsgegners durch das Büro spur Landschaftsarchitektur erstellte saP beruht auf umfangreichen Datengrundlagen (u.a. amtliche Biotopkartierung des Bayerischen Fachinformationssystems Naturschutz, Arteninformationsseite des LfU und umfangreicher Fachliteratur mit Verbreitungskarten) sowie zweier Bestandsbegehungen. Auch die Angaben zum methodischen Vorgehen lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Gutachter sich bei ihren Ermittlungen und Bewertungen an dem jeweils aktuellen wissenschaftlichen Standard orientiert haben.
209
Die Rüge des Antragstellers, dass lediglich zwei Begehungen stattgefunden hätten, diese unbrauchbar gewesen seien, dass der Acker zum Zeitpunkt der Begehung umgebrochen worden sei und keine Begehungen zu Mauser-, Überwinterungs- und Wanderzeiten stattgefunden hätten, führt unter Berücksichtigung des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle zu keiner anderen Bewertung. Zwar konnte der Antragsgegner nicht alleine aufgrund der zwei Begehungen, auch im Hinblick auf deren Zeitpunkt, eine hinreichende Bestandsaufnahme durchführen. Vorliegend lagen dieser aber auch die oben dargestellten umfangreichen Datengrundlagen zugrunde. Zudem handelt es sich, wie in der saP dargestellt, bei der Eingriffsfläche um ein Ackerbiotop, welches hochgradig durch menschliche Nutzung und den Anbau von Kulturpflanzen geprägt ist und einer regelmäßigen Bodenbearbeitung unterliegt. Lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, so kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris Rn. 54) Die daraus erfolgte Schlussfolgerung einer geringen Breite des Artenspektrums ist somit aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Darüber hinaus ist es weder vom Antragsteller hinreichend substantiiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass weitere Begehungen ein anderes Ergebnis erbracht hätten.
210
Entgegen der Annahme des Antragstellers, dass es unzulässig sei, als ungefährdet angesehene europäische Vogelarten völlig aus der Begutachtung auszunehmen, steht das Vorgehen der Behörde im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.
211
Es ist grundsätzlich zulässig, wenn die Behörde eine naturschutzfachlich begründete Auswahl zwischen denjenigen geschützten (planungsrelevanten) Arten, die bei der Artenschutzprüfung im Sinne einer Art-für-Art-Betrachtung einzeln zu bearbeiten sind, und nicht gefährdeten, sondern allgemein verbreiteten Vogelarten (sog. Allerweltsarten) mit günstigem Erhaltungszustand und großer Anpassungsfähigkeit vornimmt, bezüglich derer im Regelfall davon ausgegangen werden kann, dass nicht gegen die Verbote des § 44 BNatSchG verstoßen wird. Dem stehen die vom Antragsteller zitierten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. März 2021 (Az.:C-473/19 u. a.) nicht entgegen; darin ging es um pauschale Legalausnahmen, die bestimmte Vogelgruppen von vornherein von einer Artenschutzprüfung ausnehmen, und damit um eine andere Fallkonstellation (vgl. zu alldem: BVerwG, U. v. 7.7.2020 – 9 A 1.21 – juris Rn. 98 m.w.N.).
212
Die saP nimmt bei den europäischen Vogelarten alle potentiell vorkommenden Arten in den Blick (vgl. saP, S. 19). Ausgehend davon werden in zulässiger Weise weit verbreitete Vogelarten mit geringer Wirkungsempfindlichkeit nicht näher untersucht, sondern eine vorhabenbedingte Verschlechterung des Erhaltungszustands bzw. die Erfüllung von Verbotstatbeständen ausgeschlossen.
213
Weiter konnte der Antragsgegner nach seiner naturschutzfachlichen Einschätzung der vorhabensbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands in nicht zu beanstandender Weise zunächst Greifvögel, Gehölzbrüter, Wasservögel und sonstige Gewässerarten nachvollziehbar von einer weitergehenden Betrachtung ausschließen. Die tiefergehende naturschutzfachliche Betrachtung durfte sich auf die Arten Bachstelze, Feldlerche, Kiebitz, Rebhuhn, Steinschmätzer, Wachtel, Wiesenpieper und Wiesenschafstelze beschränken.
214
Hinsichtlich dieser Arten konnte der Antragsgegner in naturschutzfachlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass – unter Beachtung der im Bescheid vom 9. März 2023 festgesetzten Nebenbestimmungen in Form von Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen – durch die bau-, anlagen- und betriebsbedingten Wirkfaktoren des Vorhabens kein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt wird:
215
Das Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist nicht erfüllt. In der saP wurde festgestellt, dass eine Tötung bei Durchführung des Ackerumbruchs und Abmähen des Bewuchses außerhalb der Vogelbrutzeit vermieden wird (vgl. saP, S. 27). Diese Feststellung hat der Antragsteller nicht angezweifelt. Zwar rügt er die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG hinsichtlich der Feldlerche, nähere Ausführungen hierzu wurden aber nicht gemacht.
216
Auch das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG sowie das Schädigungsverbot, § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, sind nicht verletzt. Die vorgesehenen vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG sind geeignet, um Schädigungen bzw. Störungen zu vermeiden. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtern wird, weil neu zu schaffende Ausgleichsflächen in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen werden.
217
Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die Feldlerche rügt, dass die Voraussetzungen einer vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme nicht gegeben seien, so dass der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erfüllt sei, vermag er damit nicht durchzudringen.
218
Durch die Anordnung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen im Sinn des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG werden die durch das Vorhaben beeinträchtigte Fortpflanzungs- und Ruhefunktionen der geschützten Art bereits im Zeitpunkt der Durchführung des Eingriffs oder des Vorhabens in gleichartiger Weise gewährleistet (sog. CEF-Maßnahmen: „measures to ensure the continued ecological functionality of breeding sites or resting places“; vgl. HessVGH, U. v. 15.12.2021 – 3 C 1465/16.N – juris Rn. 169, 174 m.w.N.), sodass ein Verstoß gegen die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kraft Gesetzes ausgeschlossen wird.
219
Vorliegend hat die saP (vgl. saP, S. 27) ergeben, dass zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktion von Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang der oben genannten Vogelarten (Bachstelze, Feldlerche etc.), sogenannte CEF-Maßnahmen, also zeitlich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG, erforderlich sind. Durch den geplanten Eingriff gingen potentielle Lebensraumhabitate durch Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzflächen verloren. Um die Beeinträchtigung bzw. Gefährdung lokaler Populationen zu vermeiden, werde eine Maßnahme in Form von Brache/Blühstreifen angelegt. Ausweislich des Bescheides muss die Maßnahme vor Beginn des Kiesabbauvorhabens hergestellt und wirksam sein (vgl. Auflage 5.7.4.1 des Bescheides).
220
Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ist von einem zur Wahrung der ökologischen Funktion erforderlichen räumlichen Zusammenhang zwischen dem Gebiet, auf dem die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme verwirklicht wird, und der Eingriffs- bzw. Vorhabensfläche auszugehen.
221
Der in § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG vorausgesetzte volle Funktionserhalt ist nicht schon dann gegeben, wenn der Eingriff keine messbaren Auswirkungen auf die Reproduktionsbedingungen bzw. Rückzugsmöglichkeiten der lokalen Population als ganzer hat, sondern erst dann, wenn für die mit ihren konkreten Lebensstätten betroffenen Exemplare einer Art die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig erhalten bleibt, also z.B. dem in einem Brutrevier ansässigen Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze in seinem Revier zur Verfügung stehen oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt werden (vgl. BVerwG, U. v. 16.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 67). Insoweit ist jedoch nicht erforderlich, dass der verloren gegangene und/oder beeinträchtigte Lebensraum 1:1 gewahrt wird; entscheidend bleibt allein, ob der verbleibende oder neu geschaffene Lebensraum die beeinträchtigten Funktionen für die betroffenen Tiere auffängt (vgl. BVerwG, U. v. 12.8.2009 – 9 A 67.07 – juris Rn. 73). Regelmäßig wieder verwendete Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sind mithin nur geschützt, wenn die konkret betroffenen Tiere auf die Wiederverwendung des Nestes, der Baumhöhle oder der sonstigen der Fortpflanzung bzw. Ruhe dienenden Struktur angewiesen sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.3.2009 a.a.O. Rn. 71). Zwar kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, eingriffsbetroffene Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen, sondern eine solche Ausweichmöglichkeit besteht nur dann, wenn sich im räumlichen Zusammenhang geeignete Habitatstrukturen finden und diese Flächen nicht schon von Artgenossen oder Arten mit vergleichbaren Habitatansprüchen besetzt sind, was im Vorfeld zu untersuchen ist (vgl. BVerwG, B. v. 6.3.2014 – 9 C 6.12 – juris, Rn. 61). Andererseits kann aber bei häufigen bzw. weit verbreiteten Arten grundsätzlich auch ohne eine solche Untersuchung naturschutzfachlich belastbar angenommen werden, dass die betroffenen Tiere auf andere Flächen ausweichen können (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2013 – 9 A 22.11 – juris Rn. 128). Der Begriff des räumlichen Zusammenhangs hebt schließlich auf die artspezifischen Vernetzungsdistanzen ab; etwaige Ersatzlebensräume müssen sich innerhalb des Aktionsradius der betroffenen Individuen befinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.11.2013 – 9 A 14.12 – juris Rn. 122).Somit gibt es keine feststehende Grenze, ab der ein räumlicher Zusammenhang zu verneinen ist. Vielmehr kommt es auf die Verbreitung der lokalen Population im Einzelfall an.
222
In Anwendung dieser Grundsätze erfüllt die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme diese Maßstäbe. Die Entfernung von 2,4 km zwischen der Vorhabensfläche und der Fläche, auf der die Maßnahme ausgeführt werden soll, steht einem räumlichen Zusammenhang für die lokale Population nicht entgegen. Unter lokaler Population ist keinesfalls nur die an einem bestimmten Ort anzutreffende Fortpflanzungsgemeinschaft zu verstehen. Die lokale Population umfasst eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen steht (vgl. BVerwG, U. v. 16.3.2006 – 4 A 1075.04 – juris Rn. 571). Wegen der in Bayern flächigen Verbreitung der Feldlerche ist die lokale Population nicht auf einen engeren Raum begrenzt (vgl. VG Augsburg, U. v. 22.6.2015 – Au 6 K 4.734 – juris Rn. 91). Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, das Verbreitungsgebiet der lokalen Feldlerchenpopulation nicht zu eng zu fassen. Die neuen Lebensräume sind somit für die mobile Art trotz einer Entfernung von 2,4 km ohne Weiteres zu erreichen (vgl. OVG Lüneburg – 7 KS 24/17 – juris Rn. 362). Bei der Feldlerche handelt es sich um eine Vogelart, die sich jedes Jahr nach ihrer Rückkehr aus dem Süden einen neuen Standort sucht. Räumliche Verschiebungen sind schon deswegen unausweichlich, weil die Flächen in Abhängigkeit von der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung von Jahr zu Jahr eine wechselnde Eignung als Bruthabitat haben. Angesichts dieser Mobilität und dem flächigen Verbreitungsgrad der Feldlerche steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass trotz der Entfernung der Ausgleichsfläche vom Eingriffsort die getroffene Maßnahme wirksam ist, um den Erhalt der lokalen Population zu gewährleisten.
223
Insoweit steht der Geeignetheit der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme auch nicht entgegen, dass im Rahmen der Bestandsaufnahme nicht ermittelt wurde, wie viele Brutpaare betroffen sind. Der Antragsgegner hat insoweit im Antragsverfahren ergänzt, dass im Rahmen der Ermittlung der erforderlichen Fläche für die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme in nachvollziehbarer Weise von einer Eingriffsfläche von circa 31.115 m² ausgegangen wurde, da im Bauabschnitt 1 aufgrund der Kulissenwirkung von 120 m, die durch die nördlich der Vorhabensfläche gelegene Baumreihe hervorgerufen wird, kein geeigneter Lebensraum für die Feldlerche besteht. Diese naturschutzfachliche Annahme deckt sich mit einem Schreiben des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22. Februar 2022 „CEF-Maßnahmen für die Feldlerche in Bayern“ (im Folgenden: UMS Az. 63b-U8645.4-2018/2-25), wonach vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen für Feldlerchen bei Baumreihen in einem Abstand von mehr als 120 m errichtet werden sollen. Ausgehend von dieser Größe der Eingriffsfläche ging der Antragsgegner weiter davon aus, dass unter Zugrundelegung einer Reviergröße von 1,5 bis 2 ha pro Brutpaar infolge einer intensiv genutzten Agrarlandschaft eine Fläche für zwei Brutpaare im Rahmen der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme hergestellt werden muss. Auch diese Annahme ist für das Gericht nachvollziehbar. So werden bei den Arteninformationen des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfahlen für die Feldlerche eine Reviergröße von 0,25 ha bis 5 h angegeben (vgl. https://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/arten/gruppe/voegel/kurzbeschreibung/103035). Von zwei Brutpaaren ausgehend, stellt die Fläche für die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme mit einer Größe von 1,12 ha (vgl. landschaftspflegerischer Begleitplan, S. 31) einen ausreichenden Lebensraum dar, der die beeinträchtigten Funktionen für die betroffenen Tiere auffängt. Gemäß UMS Az. 63b-U8645.4-2018/2-25 ist für die Maßnahme „Blühfläche/Blühstreifen mit angrenzender Ackerbrache“, welche der Maßnahme CE des landschaftspflegerischen Begleitplans entspricht, ein Flächenbedarf von 0,5 ha pro Brutpaar ausreichend. Dass die Maßnahmenfläche nicht ausreichend dimensioniert wäre, trägt der Antragsteller nicht substantiiert vor.
224
Zudem ist insoweit zusätzlich bei der Prüfung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG zu berücksichtigen, dass die Behörde nachvollziehbar davon ausgeht, dass im nahen Umfeld der Eingriffsfläche eine Vielzahl geeigneter Ausweichshabitate für die betroffenen Arten existiert (vgl. saP, S. 27).
225
Dass die rechtliche Sicherung erst mit Beginn des Kiesabbaus (vgl. Bedingung 4.1.2.4 des Bescheides) und nicht bereits mit Abtragen des Oberbodens vorhanden sein muss, widerspricht nicht dem insoweit auch im Rahmen der Prüfung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen anwendbaren § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG (vgl. zur Anwendbarkeit: BVerwG, B. v. 7.6.2023 – 7 B 25.22 – juris Rn. 18). Danach sind Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. In nicht zu beanstandender Weise hat der Antragsgegner lediglich eine rechtliche Sicherung für den Beginn des Kiesabbaus festgesetzt, da der Abtrag des Oberbodens bzw. die Baufeldfreimachung gemäß der Auflage 5.7.2.1 des Bescheides (Maßnahme S1 des landschaftspflegerischen Begleitplans) nur im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar, also außerhalb der Vogelbrutzeit, erfolgen darf. Somit war im Einklang mit § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG eine Ausgleichsmaßnahme erst für die Zeit des eigentlichen Kiesabbaus, der auch während der Vogelbrutzeit erfolgt, erforderlich.
226
Auch der Vortrag des Antragstellers, dass der Akte nicht zu entnehmen sei, dass der Beigeladene die Fertigstellung der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme entgegen Auflage 5.7.1.3 des Bescheides nicht beim Landratsamt angezeigt habe, kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Verstöße gegen Auflagen der Baugenehmigung abzustellen bzw. zu sanktionieren ist Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde. Die dazu notwendigen rechtlichen Mittel stehen ihr zur Verfügung. Bleibt die Bauaufsichtsbehörde trotz gravierender und hartnäckiger Verstöße untätig, kann der Drittrechtsbehelfsführer durch einen entsprechenden Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten ein behördliches Einschreiten rechtlich durchsetzen (vgl. BayVGH, B. v. 16.1.2014 – 9 B 10.1979 – juris Rn. 19; BayVGH, U. v. 25.11.2013 – 9 B 09.952 – juris Rn. 51). Ein solches behördliches Einschreiten kann grundsätzlich auch vom Antragsteller als anerkannte Umweltvereinigung geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, B. v. – 22 AE 22.40004 – juris Rn. 32; VG Augsburg, U. v. 29.3.2021 – Au 9 K 18.1392 – juris 31 ff.; VG München, B. v. 1.6.2022 – M 28 E 22.2108 – juris Rn. 42 ff.).
227
Hinsichtlich der Prüfung von Amphibien fehlt es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht an einer „Abarbeitung“ der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote. Die saP stellt auf Seite 15 fest, dass im Rahmen der Bestandserfassung keine Amphibien festgestellt worden seien. Für die Kreuzkröte, Gelbbauchunke und Knoblauchunke, welche Abbaustellen gerne als Ersatzlebensraum annähmen, sei dieser im Bereich des Abbaugebiets lediglich sehr kleinflächig und lokal begrenzt. Andere Amphibienarten fänden von ihrem Verbreitungsbild her dort keine geeigneten Habitatsvoraussetzungen. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Bei den in der saP dargestellten Ersatzlebensräumen für die oben genannten Amphibien handelt es sich allenfalls um potentielle Lebensstätten, die dem Schutz des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht unterfallen, da es an dem insoweit vorausgesetzten Individualbezug fehlt (vgl. BVerwG U. v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 73; U. v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – juris Rn. 222) Zudem hat der Antragsteller nicht substantiiert dargestellt, welche Amphibienarten in der artenschutzrechtlichen Prüfung dargestellt hätten werden müssen. Darüber hinaus wird im streitgegenständlichen Bescheid einer etwaigen möglichen Ansiedelung von Amphibien dadurch wirksam Rechnung getragen, dass gemäß der Auflage 5.7.2.4 Fortpflanzungs- und Ruhestätten von sich ansiedelnden Amphibien zu erhalten sind und die untere Naturschutzbehörde darüber unverzüglich zu informieren ist.
228
Das Vorhaben ist auch mit den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§§ 13 ff. BNatSchG) vereinbar.
229
Da das zu verwirklichende Vorhaben unvermeidlich mit einer Vielzahl von Eingriffen in Natur und Landschaft im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG verbunden ist, war im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Rechnung zu tragen, insbesondere das mehrstufige Prüfungssystem („Regelungskaskade“) der §§ 13, 15 BNatSchG „abzuarbeiten“ (vgl. dazu z. B. Guckelberger, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 13, Rn. 16). Die Beschreibung und Bewertung der vorhabenbedingten Eingriffe sowie der vorzusehenden landespflegerischen Maßnahmen zu deren Vermeidung bzw. – soweit unvermeidbar – zu deren Kompensation ist Inhalt des landschaftspflegerischen Begleitplans des Büros spur Landschaftsarchitektur in der Fassung vom 8. Februar 2021. Die Art der Eingriffe wird auf den Seiten 12 ff. des landespflegerischen Begleitplans zusammenfassend beschrieben, dabei handelt es sich insbesondere um die vorübergehende Flächenbeanspruchung, die Bodenverdichtung und -bewegung und die Emission von Staub und Gänsen sowie Licht und Schall. Die Tabellen auf den Seiten 22 und 24 enthalten eine Gegenüberstellung der Konflikte und der ihnen zugeordneten landespflegerischen Maßnahmen im Sinne einer Eingriffs-/Ausgleichsbilanz. Einzelheiten zu den landespflegerischen Maßnahmen finden sich auf den Seiten 26 ff. des landespflegerischen Begleitplans. Bedenken hiergegen sind nicht veranlasst.
230
Soweit der Antragsteller geltend macht, die nach seiner Auffassung bestehenden Defizite bei der Ermittlung und Bewertung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände führten auch zu Defiziten bei der Eingriffsregelung, kann dem bereits aufgrund der zum Artenschutzrecht getroffenen Feststellungen nicht gefolgt werden. Denn insoweit hat die Prüfung – wie ausgeführt – ergeben, dass das Vorhaben mit den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts im Einklang steht, insbesondere keine durchgreifenden Ermittlungs- und Bewertungsfehler erkennbar sind.
231
Auch die Rüge des Antragstellers, dass die Erschließung durch eine Versiegelung des Grundstücks FlNr. … nicht im Rahmen der Prüfung der Eingriffsregelungen berücksichtigt wurde, führt nicht zum Erfolg des Antrags. Zwar ist weder in der saP noch im landschaftspflegerischen Begleitplan klar dargestellt, ob diese Bodenversiegelung im Rahmen der Prüfung der Eingriffsregelungen berücksichtigt wurde. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und der Beigeladenen lässt sich dies auch nicht aus der Formulierung „Erschließung von Norden“ und der Bezugnahme auf Anlage 1.7 (gemeint wohl Anlage 1.7 zum Bescheid) herleiten, da die Bodenversiegelung in der Größenordnung von 1.200 m² infolge der Erschließung über das Grundstück FlNr. … nicht in die Gegenüberstellung der Konflikte und der ihnen zugeordneten landespflegerischen Maßnahmen im Sinne einer Eingriffs-/Ausgleichsbilanz mitaufgenommen wurde. Allerdings kann der Antragsgegner die Eingriffsprüfung voraussichtlich bis zur Entscheidung in der Hauptsache auch so nachbessern, dass eine daraus resultierende mögliche Rechtsverletzung ausgeräumt wird. Eine solche Nachbesserung ist vorliegend auch nicht von vornherein ausgeschlossen, da es laut der Eingriffs-/Ausgleichsbilanz für das Gericht nachvollziehbar zu einer deutlichen Überkompensation kommt und die durch die Versiegelung beeinträchtigte Fläche von 1.200 m² im Vergleich zur im Übrigen beeinträchtigten Fläche (52.670 m²) klein ist. Zudem wäre im Rahmen der Bilanz auch zu berücksichtigen, dass ausweislich der Unterlage 3.14 des Bescheids (Beispielschnitt zur Zu-/Abfahrt vom 10. März 2021), welche gemäß Auflage 5.6 maßgeblich für die Ausgestaltung der Erschließung ist, ein 3 m breiter Blühstreifen südlich der Erschließungsstraße errichtet wird. Daher macht das Gericht von dem ihm zustehenden Ermessen dahingehend Gebrauch, dass die aufschiebende Wirkung aus diesem Gesichtspunkt nicht angeordnet wird, so dass es beim gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 212a Abs. 1 BauGB bleibt.
232
Die Prüfung der Eingriffsregelungen ist aus Sicht des Gerichts auch nicht insoweit fehlerhaft, als der Antragsteller rügt, dass keine allein baubedingten Wirkfaktoren im Rahmen der Prüfung berücksichtigt wurden, deren Auswirkungen in Form von Lärm und optischen Störreizen über das Plangebiet hinausgehen. Die Prüfung geht vielmehr in nachvollziehbarer Weise davon aus, dass diese Wirkfaktoren durch die im landschaftspflegerischen Begleitplan dargestellten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so beseitigt werden, dass insoweit schon kein in die Eingriffs-/Ausgleichsbilanz einzustellender Eingriff vorliegt. Insbesondere werden im Hinblick auf die vom Antragsteller gerügten Auswirkungen auf den angrenzenden Wald(-saum) stabile, fest verankerte Holzzäune an der nördlichen Grenze der Vorhabenfläche aufgestellt (Maßnahme S1 des landschaftspflegerischen Begleitplans). Zudem fehlt es auch insoweit an einer Substantiierung des Antragstellers, wie sich die aus seiner Sicht fehlende Berücksichtigung weiterer Wirkfaktoren auf die Prüfung der Eingriffsregelungen quantitativ und qualitativ auswirken soll.
233
2.2.2.4 Das Vorhaben gefährdet nicht die Wasserwirtschaft im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB.
234
Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB stehen einem privilegierten Vorhaben öffentliche Belange entgegen, wenn dadurch die Wasserwirtschaft gefährdet wird. Die Gefährdung der Wasserwirtschaft ist ein eigenständiger, unabhängig vom Wasserrecht zu beachtender bodenrechtlicher Belang losgelöst davon, ob ein festgesetztes oder planreifes Wasserschutzgebiet vorliegt (Söfker in BeckOK BauGB, Stand 1.6.2023, § 35 Rn. 95). Gegenüber den wasserschutzrechtlichen Verbotsvorschriften hat der Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 eine Auffangfunktion, die unabhängig von wasserrechtlichen Normierungen ein Mindestmaß an Gewässerschutz gewährleisten soll (BVerwG, U. v. 12.4.2001 – 4 C 5.00 – juris Rn. 25). Ein Vorhaben darf eine vorhandene Trinkwassergewinnungsanlage in ihrer Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen und auch nicht die künftige Wasserversorgung negativ beeinflussen (BVerwG, U. v. 12.4.2001 – 4 C 5.00 – a.a.O. Rn. 27).
235
§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB hat nach alledem insbesondere Bedeutung für die Vermeidung schädlicher Verunreinigungen des Grundwassers oder sonstiger nachteiliger Veränderungen. Eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften ist dabei schon dann zu besorgen, wenn die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist. Bei der Einzelfallprüfung ist grundsätzlich eine konkrete Betrachtungsweise zu wählen. Auf den Nachweis eines Schadenseintritts im Einzelfall kann nur dann verzichtet werden, wenn einschlägige Rechtssätze (insbesondere Rechtsverordnungen über Wasserschutzgebiete) Regelungen für bestimmte, typischerweise besonders gefährliche Situationen enthalten (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.1980 – IV C 89.77 – juris Rn. 14).
236
Eine Verschlechterung der Wasserwirtschaft in Form von Belangen des Grundwasserschutzes ist vorliegend nicht ersichtlich, weil davon ausgegangen werden kann, dass die Reinhaltung des Grundwassers und damit der Trinkwasserschutz im Hinblick auf den Abbau sowie die Verfüllung unter Berücksichtigung der im Bescheid festgesetzten Bedingungen und Auflagen gewährleistet ist.
237
Zur Beurteilung der Sicherstellung des Grundwasserschutzes im Rahmen der Prüfung des Vorhabens ist vorliegend der Verfüll-Leitfaden anwendbar, was sich bereits aus der Einführung A-3 „Geltungsbereich“ des Leitfadens in der Fassung vom 15. Juli 2021 ergibt:
238
„Der Leitfaden für die Prüfung und Genehmigung von Verfüllungen von Abbaustellen (Nass- und Trockenverfüllungen) mit Abraum und unverwertbaren Lagerstättenanteilen sowie Fremdmaterial aus Bodenaushub und Bauschutt. Die Genehmigung der Verfüllung von Abbaustellen erfolgt entweder im Rahmen des Wasser-, Bau- bzw. Abgrabungs-, Immissionsschutz- oder Bergrechts. Dies wird hier nicht weiter behandelt. In den entsprechenden Gestattungsverfahren sind stets wasserrechtliche, bodenschutzrechtliche und -fachliche sowie auch naturschutzrechtliche und -fachliche Gesichtspunkte zu beachten.“
239
Der Leitfaden ist demnach für Genehmigungen der Verfüllung von Abbaustellen heranzuziehen unabhängig davon, ob eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung in Rede steht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat den Leitfaden in seinem Beschluss vom 3. Juli 2007 – 14 CS 07.966 – juris, Rn. 43 zwar als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift angesehen, seine Maßgaben aber eindeutig im Rahmen einer Gefahrenprognose nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB (Gefährdung) und damit auf Tatbestandsseite geprüft vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2007, a.a.O. Rn. 39 ff.).
240
Der Bescheid setzt zur Gewährleistung des Grundwasserschutzes eine Abbautiefe von 552 über NN an der nördlichen Grenze und 553 m über NN an der südlichen Grenze des Abbaugebiets fest, wobei über dem höchsten zu erwartenden Grundwasserspiegel unabhängig von den genannten Höhenkoten eine Deckschicht von mindestens 1,5 m zu verbleiben hat, andernfalls die Abbautiefe zu verringern und das Landratsamt unverzüglich zu informieren ist (vgl. Auflagen 5.2.1 und 5.2.3).
241
Dieses Vorgehen steht im Einklang mit der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021, in welcher von einer Oberkante des quartären Hauptgrundwasserleiters von 550,67 m über NN ausgegangen wird und der höchste Grundwasserstand am Nordrand der Kiesgrube auf 550 m über NN und am Südrand auf 551 m über NN sowie die zulässige Abbautiefe auf 552 über NN (Nordgrenze) und 553 über NN (Südgrenze) festgelegt werden.
242
Allgemein gilt, dass den Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts als amtlichem Sachverständigen i.S.v. Art. 63 Abs. 3 BayWG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren besondere Bedeutung zukommt. Grund hierfür ist, dass diese Stellungnahmen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen und deshalb grundsätzlich ein weit größeres Gewicht besitzen als Expertisen von privaten Fachinstituten. Ein Tatsachengericht kann sich zudem ohne einen Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht grundsätzlich auch auf gutachtliche Stellungnahmen anderer Behörden stützen, und zwar auch dann, wenn sie von der federführenden Behörde bereits im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden. Die Notwendigkeit einer Abweichung und eventuellen Einholung weiterer Gutachten zur Aufhellung des Sachverhalts ist lediglich dann geboten, wenn sich dem Gericht der Eindruck aufdrängen muss, dass das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Gutachter über neuere oder überlegenere Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände der Beteiligten ernsthaft infrage gestellt erscheinen. Will ein Beteiligter die Sachverständigenaussagen des Wasserwirtschaftsamts ernsthaft erschüttern, bedarf es zumindest eines qualifizierten Vortrags, der sich nicht nur in ausreichendem Maß mit dem behördlichen Gutachten auseinandersetzt, sondern auch schlüssig aufzeigt, warum das dort gefundene Ergebnis nicht zumindest als vertretbar angesehen werden kann (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 17.12.2014 – 8 ZB 14.661 – juris Rn. 6; B. v. 17.7.2012 – 8 ZB 11.1285 – juris Rn. 13; B. v. 31.8.2011 – 8 ZB 10.1961 – juris Rn. 17; B. v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – juris Rn. 11; VG Bayreuth, U. v. 13.10.2014 – B 2 K 14.313 – juris Rn. 37).
243
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben und unter Berücksichtigung des Umstands, dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich eine summarische Prüfung erfolgen kann, ist davon auszugehen, dass der Antragsteller mit seinen Einwänden in wasserwirtschaftlicher Hinsicht nicht durchdringen kann. Das Wasserwirtschaftsamt legt in der Stellungnahme vom 2. Februar 2021 dar, dass aus wasserwirtschaftlicher Sicht Einverständnis mit dem beantragten Kiesabbau sowie der geplanten Wiederverfüllung und Rekultivierung der Flächen besteht, wenn bestimmte Nebenbestimmungen in den Genehmigungsbescheid aufgenommen werden. Das Wasserwirtschaftsamt hat seiner Begutachtung insbesondere auch die wasserwirtschaftliche Empfindlichkeit des Standorts (vgl. Ziff. 3.4 des Schreibens vom 2.2.2021) sowie die Notwendigkeit regelmäßig erfolgender Überwachungsmechanismen (vgl. Ziff. 3.6, 3.7 sowie 5.4, 5.5.5 und 5.5.6 des Schreibens vom 2.2.2021) und ggf. eine Anpassung der Abbautiefe (vgl. Ziff. 5.2.2 des Schreibens vom 2.2.2021) sowie die Erstellung einer Sorptionsschicht (vgl. 5.3 des Schreibens vom 2.2.2021) zugrunde gelegt.
244
Eine Grundwassergefährdung ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Antragstellers, dass die Regelungen im Bescheid zur Abbautiefe unzureichend seien, da der vorherrschende Grundwasserstand falsch bestimmt worden sei und somit der erforderliche Sicherheitsabstand zwischen dem Grundwasserstand und dem verfüllten Material nicht eingehalten werde.
245
Zwar lässt sich im Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutz anhand der vorgelegten Unterlagen der Widerspruch zwischen dem in der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021 festgelegten höchsten Grundwasserstand aufgrund der Messung vom 15. Juni 2020 (28,92 m unterhalb der Pegeloberkante bzw. 550,67 m über NN), welchem die im Bescheid festgesetzten Abbautiefe zugrunde liegt, und dem ebenfalls den Antragsunterlagen beigefügter Grundwasserstand aufgrund einer Bohrung vom 2. Juni bis 4. Juni 2020 (26,85 m unter Geländeoberkante) nicht abschließend klären, allerdings kann dies unter Zugrundelegung der weiteren im Bescheid getroffenen Nebenbestimmungen zu keiner Gefährdung des Grundwasser führen.
246
Im Hinblick auf mögliche Grundwasserschwankungen ist es für die Reinhaltung des Grundwassers und den Schutz des Trinkwassers ausreichend, den angenommenen Grundwasserstand und die daraus abgeleitete Abbautiefe mit fortwährender Überwachung des Grundwassers zu flankieren und dann erforderlichenfalls die zulässige Abbautiefe zu korrigieren (vgl. VG München, B. v. 29.9.2020 – M 1 SN 20.3658 – juris Rn. 79). Eine solche Überwachungs- und Anpassungspflicht besteht ausweislich der Auflage 5.2.3. Somit besteht für die Beigeladene die kontinuierliche Pflicht im Rahmen ihres Vorhabens zu überprüfen, ob seine Abbautiefe im Einklang mit dem Grundwasserstand und einer zum Schutz des Grundwassers mindestens bestehenden Deckschicht von 1,5 m verbleibt.
247
Weiter sind die im Bescheid enthaltenen Auflagen zur Überwachung des Grundwassers entgegen des Vortrags des Antragstellers weder widersprüchlich noch ungeeignet, eine ausreichende Überwachung für den Zeitraum des Abbaus und der Verfüllung sicherzustellen. Vielmehr verfolgen die Auflagen 5.9.1 „Grundwassermessstellen“ und 5.9.3 „Wasserstandsmessungen“ jeweils unterschiedliche Zwecke und setzen deswegen auch unterschiedliche Zeitpunkte dafür an, ab wann entsprechende Messstellen errichtet werden müssen. Auflage 5.9.1 dient der qualitativen Überwachung des Grundwassers wegen der geplanten Verfüllung von ortsfremden Material und Bauschutt (vgl. hierzu Ziff. 3.6 der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021), Auflage 5.9.3 hingegen dient der Überprüfung des abgeschätzten höchsten Grundwasserstandes ab Beginn der Abbautätigkeit bis zum Abschluss der Verfüllung und der im Bescheid festgesetzten Auflage (Auflage 5.2.3 – s.o.), dahingehend dass die Abbausohle mindestens 1,5 Meter über dem höchsten bekannten Grundwasserstand liegen muss (vgl. hierzu Ziff. 3.7 und 5.5.6 der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021). Dass die Auflage 5.9.3 davon ausgeht, dass die drei Messstellen für die Wasserstandsmessungen den drei Messstellen aus der Auflage 5.9.1 entsprechen, führt ebenfalls zu keinem Widerspruch bzw. Unbestimmtheit der Regelungen über die Gewässerüberwachung. Denn sowohl aufgrund des Wortlauts als auch der Systematik des Bescheids – die Auflagen 5.9.1 und 5.9.3 werden beide unter dem Oberpunkt 5.9 „Grundwasserüberwachung“ gefasst – ist eindeutig bestimmbar, dass es sich in beiden Auflagen um dieselben Messstellen handelt. Der Wirksamkeit der Überwachung des höchsten Grundwasserstands aufgrund der Auflage 5.9.3 steht auch, anders als vom Antragsteller vorgetragen, nicht entgegen, dass die Errichtung von Grundwassermessstellen zur Messung des Wasserstands im Gegensatz zur qualitativen Überwachung des Grundwassers gemäß Auflage 5.9.1 (vgl. diesbezüglich Bedingung 4.2.2) keine Bedingung für den Kiesabbau ist. Denn die Pflicht zur Aufstellung von GWM zur Messung des Wasserstands ergibt sich bereits aus der Auflage selbst. Das Erfordernis, die Aufstellung von GWM zur Bedingung für den Beginn des Kiesabbaus zu machen, ergibt sich weder aus der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021 noch aus dem Verfüll-Leitfaden. Vielmehr soll laut Wasserwirtschaftsamt lediglich die Wiederverfüllung von der Errichtung der erforderlichen GWM abhängig gemacht werden (vgl. Ziffer 4 der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021).
248
Der vom Antragsteller gerügte Mangel, dass der Bescheid keine Festsetzung einer Grundwasserüberwachung von mindestens 15 Jahren nach Ende der Verfüllung enthalte, lässt sich aus Sicht des Gerichts nicht nachvollziehen. Weder die gesetzlichen Vorgaben noch die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021 oder der Verfüll-Leitfaden enthalten eine solche strenge Vorgabe von mindestens 15 Jahren. Vielmehr ergibt sich aus B-11.4 des Verfüll-Leitfadens, dass die Grundwasserüberwachung fünf bis 15 Jahre weitergeführt werden soll, wobei bei ordnungsgemäßer Verfüllung ein Zeitraum von fünf Jahren ausreichend ist. Zudem hat der Antragsteller nicht substantiiert, warum in Bezug auf das vorliegende Vorhaben eine derart lange Überwachung erforderlich sein sollte.
249
Im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen Auflagen der streitgegenständlichen Genehmigung, da die Beigeladene bisher zwei der drei für erforderlich erachteten GWM nicht errichtet haben soll, ist der Antragsteller entsprechend der obigen Ausführungen auf einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen, falls das nötig sein sollte.
250
Die im Bescheid unter 5.10.7 festgesetzte Errichtung einer Sorptionsschicht steht im Einklang mit dem vorliegend anwendbaren Verfüll-Leitfaden und den Vorgaben aus der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021.
251
Gemäß Anlage 8b des Verfüll-Leitfadens ist die Sorptionsschicht, unterhalb des Verfüllkörpers, auch seitlich an der gesamten Böschung einzubauen. Die Schichtdicke für Verfüllhöhen von 20 bis 30 m beträgt 1,5 m (vgl. Tabelle 1 der Anlage 8b des Verfüll-Leitfadens). Die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021 gibt in Ergänzung hierzu vor, dass die Sorptionsschicht an den Flanken und Übergängen mindestens 1 m hochgezogen sein muss, so dass eine Wannenform und ein Übergang zum anstehenden Gelände entstehen. Weiter ist an den Übergängen zu den benachbarten Verfüll-Abschnitten jeweils ein Rand einzuhalten, der solange nicht verfüllt wird, bis am benachbarten Verfüll-Abschnitt die Sorptionsschicht durch das Landratsamt zur Verfüllung freigegeben wird.
252
Die Auflage 5.10.7 wird diesen Anforderungen gerecht. Danach ist die Sorptionsschicht in einer Schichtstärke von 1,5 m aufzubringen, wannenartig auszuführen und an den Flanken bis auf Höhe der Verfüllung auszuböschen. Zudem muss diese Sorptionsschicht die Anforderungen der Anlagen 8a und 8b des Verfüll-Leitfadens erfüllen. Sie muss somit entgegen des Vortrags des Antragstellers auch auf der gesamten seitlichen Böschung eingebaut werden.
253
Die Rüge des Antragstellers, dass der Einbau der Sorptionsschicht schon aus technischer Sicht entgegen der Darstellung in der Planung nicht möglich sei, da hierfür eine Abflachung der Böschung auf etwa 32 Grad erforderlich sei, verfängt nicht, da eine solche Abflachung weder dem Verfüll-Leitfaden noch den Festsetzungen des Bescheides widerspricht. Gemäß Auflage 5.2.5 dürfen die Neigungswinkel an den Grubenrändern nicht steiler als 45 Grad sein, eine aus technischen Gründen erforderliche Abflachung der Böschungswinkel wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Rüge des Antragstellers, dass das vor Ort vorhandene Material nicht für den Einbau der Sorptionsschicht ausreichend sei. Weder der Bescheid noch der Antrag auf Kiesabbau vom 20. Juli 2020 enthalten eine Vorgabe, dass für den Einbau der Sorptionsschicht (nur) das Material von vor Ort verwendet werden muss. Zudem trägt der Bescheid der anspruchsvollen technischen Umsetzung der Sorptionsschicht und der Prüfung des geeigneten Materials für den Einbau dadurch Rechnung, dass der Einbau für jeden Abschnitt gesondert durch einen Fachgutachter kontrolliert und ein Bericht erstellt und dieser dem Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt vorgelegt werden muss, wobei die Vorlage des Berichts Bedingung für die Verfüllung ist (vgl. Bedingung 4.2.4 des Bescheides).
254
Soweit der Antragsteller rügt, dass der Abbau- und Verfüllplan technisch nicht durchführbar sei und es der Beigeladenen nach Genehmigungslage möglich sei, große Abbauflächen freizulegen, ohne dass das Grundwasser durch eine entsprechende Sorptionsschicht geschützt und nicht klar sei, wie die Sorptionsschicht eines Bauabschnitts zum nächsten Bauabschnitt abgegrenzt werde, um das Eindringen von Schadstoffen in das Grundwasser zu verhindern, führt dies zu keiner Gefährdung des Grundwassers. Dabei sind Sinn und Zweck einer Sorptionsschicht zu berücksichtigen. Gemäß A-5 des Verfüll-Leitfadens handelt es sich bei der Sorptionsschicht um eine natürlich vorhandene oder zusätzlich auf die Abbausohle eingebrachte Schicht aus durchsickerbarem, aufnahmefähigen Material, welches zu einer Verbesserung des Rückhaltevermögens gegenüber Schadstoffen führen kann. Gemäß B-1.4 kann die Standortkategorie durch den zusätzlichen Einbau einer technischen Sorptionsschicht um maximal eine Standortkategorie angehoben werden, wobei von der Standortkategorie (bei Trockenabbau: A, B, C1 und C2) das erlaubte Verfüllmaterial abhängt (Z 0, Z 1.1, Z-1.2, Z 2). Dass der Schutz vor nachteiligen Veränderungen des Grundwassers im Zeitpunkt vor der Verfüllung nicht vom Einbau einer Sorptionsschicht abhängt, zeigt sich auch daran, dass gemäß B-1.2 des Verfüll-Leitfadens für die Beurteilung des Rückhaltevermögens der verbleibenden Grundwasserüberdeckung im Rahmen der erforderlichen hydrogeologischen Untersuchung zunächst nur die Schicht zwischen der Abgrabungssohle und dem höchsten zu erwartenden Grundwasserspiegel maßgebend ist. Die Anforderung, aus Gründen des Grundwasserschutzes grundsätzlich eine Sorptionsschicht über der Abgrabungssohle einzubringen, ergibt sich aus dem Verfüll-Leitfaden nicht. Daher kann auch keine Gefährdung des Grundwassers darin bestehen, dass Zeiträume bestehen, bei denen die Abbausohle ohne Sorptionsschicht freiliegt. Insoweit muss auch berücksichtigt werden, dass die Sorptionsschicht nach den Ausführungen des Antragsgegners gemäß den Maßgaben der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 2. Februar 2021 so auszuführen ist, dass an den Übergängen zu benachbarten Verfüll-Abschnitten jeweils ein Rand einzuhalten ist, der solange nicht verfüllt wird, bis am benachbarten Verfüll-Abschnitt die Sorptionsschicht durch das Landratsamt zur Verfüllung freigeben wird. Dadurch wird der durch den Antragsteller gerügten Gefahr, dass etwaige, sich auf der Sorptionsschicht bildende Staunässe seitlich abläuft und dadurch verunreinigtes Niederschlagswasser in ungeschützte Bereiche geleitet wird, Rechnung getragen. Auch wenn diese Ausgestaltung der Sorptionsschicht nicht Gegenstand einer Regelung im Bescheid, auch nicht unter Zugrundelegung der insoweit im Bescheid unter Auflage 5.10.7 in Bezug genommenen Anlagen 8a und 8b des Verfüll-Leitfadens, ist, kann der Antragsgegner eine solche Regelung voraussichtlich bis zur Entscheidung in der Hauptsache nachbessern, so dass eine mögliche Rechtsverletzung ausgeräumt wird. Daher macht das Gericht von dem ihm zustehenden Ermessen dahingehend Gebrauch, dass die aufschiebende Wirkung nicht nur deswegen angeordnet wird, so dass es beim gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 212a Abs. 1 BauGB bleibt.
255
Soweit der Antragsteller vorträgt, im Regionalplan München sei ein Vorranggebiet für Wasserversorgung vorgesehen, welches das Vorhabengebiet südöstlich tangiere bzw. parallel von Süden nach Norden verlaufe und es durch das Vorhaben zu Schadstoffeinträgen in das Gebiet kommen könne, besteht insoweit kein entgegenstehender öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB bzw. kein entgegenstehendes Ziel der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB.
256
Überörtliche Planungen, welche nicht bereits verbindliche, sondern in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, kommen nur dann als weitere öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB in Betracht, sofern die Planung genügend verfestigt, insbesondere inhaltlich konkretisiert ist und sie damit ein Stadium erreicht hat, das hinreichend verlässliche Schlüsse auf die Verwirklichung gestattet (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Auflage 2022, § 35 Rn. 102 m.w.N.). Gleiches gilt gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch in Bezug auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB, wobei ein erarbeiteter Entwurf sich als Indiz für einen Gefährdungstatbestand im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB werten lassen kann, allerdings auch diesbezüglich eine hinreichende Konkretisierung erforderlich ist, welche verlässliche Aussagen zu den Konturen des räumlichen Geltungsbereichs und zum konkreten Regelungsinhalt trifft (vgl. BVerwG, U. v. 12.4.2001 – 4 C 5.00 – juris Rn. 27 f.)
257
Es liegen vorliegend keine hinreichend konkretisierten Planungen in Bezug auf ein Vorranggebiet für Wasserversorgung vor. Ausweislich der vorgelegten Drucksache 10/19 zur Sitzung des Planungsausschusses des Regionalen Planungsverbands vom 3. Dezember 2019 besteht für die Regionalfortschreibung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten noch erheblicher Abstimmungsbedarf und ein vorläufiger Entwurf ist noch zu erarbeiten (vgl. Beschlussvorschlag 2. a) der Drucksache 10/19). Ein neuerer und verfestigter Stand der Planung wurde weder vorgetragen noch ist er für das Gericht offenkundig ersichtlich.
258
Ob, wie vom Antragsteller vorgetragen für das hier streitgegenständliche Verfahren, neben oder statt einer Abgrabungsgenehmigung eine wasserrechtliche Erlaubnis bzw. Bewilligung erforderlich sei, da durch das Vorhaben ein wasserrechtlicher Benutzungstatbestand gegeben ist, kann vorliegend dahinstehen, da eine insoweit mögliche Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 4 Abs. 5 UmwRG i.V.m. Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich wäre. Gemäß Art. 46 BayVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein insoweit immer beachtlicher Verstoß gegen die sachliche oder instanzielle Zuständigkeit (vgl. etwa Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl., § 46 Rn. 43) ist vorliegend nicht gegeben, da das Landratsamt auch für eine wasserrechtliche Erlaubnis bzw. Genehmigung sachlich zuständig wäre (vgl. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayWG). Eine etwaige falsche Verfahrenswahl führt vorliegend auch nicht dazu, dass Beteiligungsrechte des Antragstellers beschränkt würden. Eine Verletzung des Beteiligungsrechts gemäß § 63 Abs. 2 BNatSchG ist vorliegend auch im Falle eines Genehmigungsverfahrens für die wasserrechtliche Erlaubnis bzw. Bewilligung nicht gegeben. Trotz des Verweises in Art. 69 Satz 2 Bayerisches Wassergesetz auf die Art. 72 bis 78 BayVwVfG werden die Genehmigungsverfahren für die wasserrechtliche Erlaubnis bzw. Bewilligung zu keinen Planfeststellungsverfahren, so dass § 63 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG nicht anwendbar ist, weil dieses Mitwirkungsrecht an die Planfeststellung anknüpft und Verfahren, die lediglich entsprechend der Planfeststellung durchgeführt werden, nicht erfasst sind (vgl. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand August 2021, § 69 BayWG Rn.17 f.). Somit kann bei der hier vorliegenden und allein streitgegenständlichen Abgrabungsgenehmigung als gebundenem Verwaltungsakt von einem mangelnden Einfluss auf die Sachentscheidung ausgegangen werden. Zudem ist anerkannt, dass eine Verletzung des § 63 Abs. 2 BNatSchG im Regelfall folgenlos bleibt, sofern den anerkannten Naturschutzvereinen wie vorliegend die Möglichkeit einer Verbandsklage offensteht, die eine materiell-rechtliche Prüfung einschließt, und der Beteiligungsmangel die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben kann (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2002 – 4 A 15.01 – juris Rn. 20).
259
2.4 Soweit der Antragsteller ausdrücklich auf die fehlende Berücksichtigung von § 13 Abs. 1 KSG im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hinweist, wird darauf hingewiesen, dass das KSG vorliegend keine Anwendung findet, weil vorliegend schon kein Bundesrecht vollzogen wird (vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, U. v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – juris Rn. 62).
260
Nach alledem wird der Antrag abgelehnt, da die Abgrabungsgenehmigung nach der durchgeführten Prüfung rechtmäßig ist und das Vollzugsinteresse wegen des voraussichtlich fehlenden Erfolgs der Verbandsanfechtung in der Hauptsache das Aussetzungsinteresse überwiegt.
261
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen nach § 162 Abs. 3 VwGO, dem unterliegenden Antragsteller die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese sich durch Stellung eines schriftsätzlich begründeten Sachantrags dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO ausgesetzt hat.
262
4. Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nummern 1.2, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.