Titel:
fehlendes Feststellungsinteresse, Rechtswirksamkeit Faksimile-Unterschrift
Leitsätze:
1. Das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse fehlt, wenn die in Anspruch genommene Kfz-Haftpflichtversicherung ein deklaratorisches Anerkenntnis abgegeben hat.
2. Die Erklärung einer Versicherung kann ihr zugerechnet werden, wenn sie mit zwei Faksimile-Unterschriften von Vorstandsmitgliedern unterzeichnet ist.
Schlagworte:
Feststellungsinteresse, Schuldanerkenntnis, Regulierungszusage, Deklaratorisches Schuldanerkenntnis, Verjährung, Schriftform, Streitwert
Vorinstanz:
LG Bamberg, Urteil vom 21.12.2022 – 14 O 619/22 V
Fundstelle:
BeckRS 2023, 47663
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 21.12.2022, Az. 14 O 619/22 V, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.000,00 € festzusetzen und dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 27.04.2023.
Entscheidungsgründe
1
Die zulässige Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 522 Abs. 2, § 513 Abs. 1, § 529, § 546 ZPO).
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Die Feststellungsklage ist unzulässig, da ihr, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, das Feststellungsinteresse fehlt.
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Das Feststellungsinteresse besteht nur, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die Beklagte es ernstlich bestreitet, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH NJW 10, 1877 m.w.N.). Es besteht auch dann, wenn durch eine entsprechende Verurteilung die Hemmung der Verjährung herbeigeführt werden soll (vgl. BGH NJW-RR 10, 750). Als Prozessvoraussetzung muss es grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen.
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Im vorliegenden Fall fehlt es am Feststellungsinteresse, weil die Beklagte mit Schreiben vom 08.04.2022 (Anlage K5) wirksam ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben hat, wobei sie erklärt hat, dass dieses die Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils hat.
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Die Regulierungszusage eines Haftpflichtversicherers gegenüber dem von seinem Versicherungsnehmer Geschädigten ist kein konstruktives, abstraktes Schuldanerkenntnis. Ein solches liegt nur vor, wenn die übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund, d.h. von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen gelöst und allein auf den im Versprechen zum Ausdruck gekommenen Leistungswillen des Schuldners abgestellt werden soll (vgl. Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 781 Rn. 2 m.w.N.). Dies ist bei einer Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber den Geschädigten nicht der Fall. Sie hat ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Grund in dem Haftpflichtverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Geschädigten (vgl. BGH NJW-RR 09, 382). Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis soll eine bereits bestehende Schuld, die sich aus dem zugrunde liegenden Sachverhalt herleiten lässt, lediglich bestätigen, keine neue begründen und ist daher ein Schuldbestätigungsvertrag (vgl. BGH NJW 95, 960; OLG Hamm NJW-RR 21, 1545). Die Wirkung eines solchen deklaratorischen Anerkenntnisses hängt vom Inhalt der Vereinbarung ab. Entsprechend seinem Zweck schließt es in der Regel alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur für die Zukunft aus, die der Schuldner bei der Abgabe kannte oder kennen musste. Bei der insoweit erforderlichen Auslegung ist entscheidend, wie der Empfänger im konkreten Einzelfall die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm bekannten Interessen des Schuldners verstehen muss (vgl. BGH NJW-RR 21, 294; BGH NJW 1983, 1903, 1904; jeweils m.w.N.). Das deklaratorische Schuldanerkenntnis, welches den Gläubiger hinsichtlich seines Feststellungsbegehrens freistellen soll, und den Gläubiger hinsichtlich seiner Ersatzansprüche (insbesondere verjährungsrechtlicher Hinsicht) so stellen kann, dass es dann hinsichtlich einer gleichwohl erhobenen Feststellungsklage an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt, bedarf nicht der Schriftform des § 781 BGB (vgl. BGH NJW 85, 791 Rn. 15 f; OLG Celle, Urteil v. 18.09.2013 – 14 U 167/12 Rn. 108; OLG Hamm, Beschluss vom 02.12.2016, 9 U 170/16; jeweils zitiert nach juris).
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Vorliegend hat die Beklagte im Schreiben vom 08.04.2022 erklärt, dass sie den Kläger zur Haftung dem Grunde nach bezüglich der unfallbedingten Schadensersatzansprüche so stellt, als hätte er heute ein gegen sie, die Beklagte, rechtskräftiges Feststellungsurteil erwirkt. Diese Erklärung wurde wirksam abgegeben. Es handelt sich nach dem Empfängerhorizont des Klägers um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das den Zweck hat, diesen im Hinblick auf eine beabsichtigte Feststellungsklage klaglos zu stellen. Die Beklagte wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die aufgrund des Unfalls dem Kläger gegenüber bestehende Haftungsverpflichtung in vollem Umfang anerkannt wird. Durch die Erwähnung, dass das abgegebene Anerkenntnis wie ein rechtskräftiges Feststellungsurteil wirkt, hat die Beklagte auch rechtswirksam erklärt, dass insoweit die Einrede der Verjährung nicht erhoben wird, wie wenn für die betroffenen Ansprüche ein rechtskräftiges Feststellungsurteil vorliegt. Dies ist so zu verstehen, dass für diese Ansprüche die dafür vorgesehene gesetzliche Verjährungsfrist beachtet wird, so dass innerhalb dieser Frist keine Einrede der Verjährung erhoben werden wird. Diese Vereinbarung bedarf nicht der Schriftform, so dass in dem Schreiben der Beklagten vom 08.04.2022 eine eigenhändige Unterschrift nicht erforderlich ist. Es genügt, dass sichergestellt ist, dass die darin enthaltene Erklärung der Beklagten zugerechnet werden kann, was durch eine Faksimile-Unterschrift erfolgen kann. In dem Schreiben der Beklagten vom 08.04.2022 liegt daher die Annahme des entsprechenden Angebots des Klägers im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 04.04.2022 auf Erteilung eines entsprechenden deklaratorischen Anerkenntnisses, wie es dort gefordert wird.
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Dies hat zur Folge, dass das Feststellungsinteresse für die Feststellungsklage nicht besteht, da durch ein entsprechendes Urteil nicht mehr erreicht werden kann, als der Kläger bereits durch das wirksam abgegebene deklaratorische Schuldanerkenntnis mit der Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils erreicht hat. Die Feststellungsklage ist daher unzulässig (vgl. BGH NJW 85, 791; OLG Hamm, Beschluss vom 02.12.2016, 9 U 170/16).
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Das Landgericht hat daher rechtlich zutreffend die Klage als unzulässig abgewiesen.
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Aus diesen wesentlichen Gründen hat die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
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Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.000,00 € festzusetzen und dem Kläger die Kosten des Berufsverfahrens aufzuerlegen.
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Auf die bei einer Berufungsrücknahme in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung (vgl. KV-Nrn. 1220, 1222) wird vorsorglich hingewiesen. Im Falle der Rücknahme der Berufung verringern sich die Gerichtsgebühren von den 4,0 fachen auf das 2,0 fache der Gebühr.