Inhalt

LG München II, Urteil v. 14.06.2023 – 4 J KLs 21 Js 18795/22
Titel:

Begriff der psychotherapeutischen Behandlung im Sinne des § 174c II StGB

Normenketten:
StGB § 174c
PsychThG § 1
Leitsatz:
Täter des § 174c Abs. 2 StGB kann auch sein, wer zum Führen der Bezeichnung "Psychotherapeut" nicht berechtigt ist (entgegen BGH BeckRS 2009, 29886). (Rn. 170 – 179) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sexueller Missbrauch, Psychotherapeutische Behandlung, Psychotherapeut, Berechtigung
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 30.04.2024 – 1 StR 423/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 47489

Tenor

I. Der Angeklagte J1. F. B., geboren am ... 1958, ist schuldig der Vergewaltigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses und mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung.
II. Der Angeklagte wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren 10 Monate verurteilt.
III. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen.

Entscheidungsgründe

A. Vorspann
I. Kurzsachverhalt
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Der Angeklagte eignete sich in den 1980-er Jahren in Brasilien, Amazonien und Indien alternative Therapieformen an, die er Personen in und um München anbot: Darunter unterschiedliche Atemtechniken wie ozeanisches, vaginales oder holotropes Atmen, Kambo-Therapie, Rapé-Therapie oder Massagen. Ab April 2022 behandelte er J. C… …1, die Mutter der 14-jährigen … Y…. Im weiteren Verlauf waren auch der Vater, Gi Y… A1, der Bruder, Er.C…2, und die Großmutter, Ca. …3, der … Y… Patienten beim Angeklagten. Schließlich therapierte der Angeklagte im Mai 2022 auch … Y… im Rahmen von drei Sitzungen. In der zweiten Sitzung schob der Angeklagte – wie er selbst einräumte – … Y… von einem etwa drei Meter hohen Felsen, sodass sie mit dem Rücken voran in einen darunter gelegenen Fluss fiel. Außerdem vergewaltigte der Angeklagte … Y… in der zweiten und der dritten Sitzung. Dies bestritt der Angeklagte. Die Kammer ist aufgrund der Aussage der … Y…, aufgefundener DNA-Spuren, der geschilderten Therapieerfahrungen anderer Patienten des Angeklagten sowie der Ausführungen der Sachverständigen und der Eindrücke der ermittelnden Polizeibeamten von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt. … Y… leidet bis heute unter den Folgen der Tat.
II. Einstellungen gemäß §§ 154, 154a StPO
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Mit Verfügung vom 15 .11.2022 hatte die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der folgenden Taten abgesehen:
- Fassen an die Brust der Geschädigten im April 2022
– Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornografischer Inhalte durch die Bilder auf dem am 21.05.2022 sichergestellten Computer des Beschuldigten
- Körperverletzung durch das Eindringen durch den Beschuldigten mit seinem Finger in die Vagina der Geschädigten … Y… am 12.05.2022 im Wald bei M.
- Anfassen der Brust der Geschädigten … Y… am 12.05.2022
– Umarmung am 22.05.2022 am S.speicher, nachdem der Beschuldigte die Geschädigte … Y… in das Wasser geschubst hatte, wobei die Geschädigte unbekleidet war
- Fassen in die Hose der Geschädigten … Y… am 20.05.2022 im Rahmen des Aufklärungsgesprächs am S.speicher
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Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren betreffend die Ziff. 4 der Anklage vom 15.11.2022 im Hinblick auf die anderen Taten vorläufig eingestellt.
B. Persönliche Verhältnisse
I. Lebenslauf, wirtschaftliche Verhältnisse, Drogen- und Alkoholanamnese sowie Vorstrafen
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Der Angeklagte wurde in S. de Ch. geboren und wuchs dort mit seinen Eltern, seiner Schwester und seinen Brüdern auf. Seine Geschwister sind ein bis vier Jahre jünger als er und leben – wie seine Eltern – in S. de Ch. sowie im Süden Ch.. Sein Vater ist 90 Jahre alt und war Inhaber von drei Schuhfabriken, seine Mutter ist 85 Jahre alt und war Hausfrau. Er hatte eine schöne Kindheit und liebevolle Eltern. Als er etwa 14 Jahre alt war, kam es zu einem traumatischen Erlebnis: das Militär putschte in Ch.. Während es seiner Familie zuvor finanziell gut ging, wurde sie durch den Putsch ruiniert. Da sein Vater Mitglied einer Gewerkschaft war und seine Mutter unter Präsident Al. eine führende Position im nachbarschaftlichen Zentrum innehatte, kam das Militär auch in das Haus seiner Familie. Soldaten vergewaltigten seine Mutter vor den Augen seines Vaters, anschließend nahmen sie seinen Vater mit. Erst nach ein bis zwei Jahren kehrte der Vater zurück. Vor seiner Inhaftierung hatte der Angeklagte regelmäßig schriftlichen Kontakt zu seiner Familie.
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Mit fünf Jahren wurde der Angeklagte regelgerecht eingeschult und besuchte nach der Grundschule für viereinhalb Jahre den humanistischen Zweig der Mittelschule. Er legte im Anschluss erfolgreich eine Vorabprüfung für die Universität ab und begann an der Universität in S. de Ch. Psychologie zu studieren. Zur Zeit seines Studiums lebte er in einer Kommune und stellte sich gegen die Diktatur. Sein Studium finanzierte er durch Nebenjobs wie Verkäufer für Haushaltsgeräte oder als Spanischlehrer. Nach drei Jahren Studium musste er Ch. 1983 verlassen, da er wegen seiner politischen Haltung verfolgt wurde. Er verbrachte etwa zehn Jahre in Brasilien, davon mehrere Jahre in Amazonien. Während dieser Zeit war er auch jeweils ein paar Monate in Finnland und Spanien sowie für kurzzeitige Aufenthalte in Indien. Anfang der 1990-er Jahre machte er eine Reise nach Ec. und arbeitete auf einem Schiff, das von Guayaquil nach Galapagos fuhr, als Musiker. Auf dieser Reise lernte er eine Musikgruppe kennen und wurde vor 30 Jahren von dieser nach Deutschland eingeladen. Dort lernte er seine Ex-Frau kennen. Er blieb bei ihr in Au. und sie waren Mitte der 1990-er Jahre drei Jahre lang verheiratet. Ende der 1990-er Jahre begegnete er in Au. der Mutter seines Sohnes, mit der er fünf Jahre liiert war. Sein Sohn ist mittlerweile 24 Jahre alt und lebt in Au., vor der Inhaftierung hatte er das letzte Mal Kontakt zu ihm. Nach der Trennung von der Mutter seines Sohnes lebte er in M. und lernte etwa 2007 bei einem Konzert seine letzte Lebensgefährtin S. M. kennen. Sie waren für etwa 15 Jahre ein Paar. Nach der Inhaftierung des Angeklagten trennte sie sich vom ihm, da sie sich auf sich und ihre Krebserkrankung konzentrieren musste. Seit etwa 2015 oder 2016 bis zur Inhaftierung lebte der Angeklagte auf einem Campingplatz in Wo..
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In Deutschland arbeitete der Angeklagte mehrere Jahre bei O. und anschließend als Hausmeister und bei unterschiedlichen Speditionen im Großraum M.. Zuletzt war er im Transport geistig zurückgebliebener Menschen tätig. Er arbeitete immer in Teilzeit, um nebenbei seiner Leidenschaft für Musik nachzugehen. Er ist seit 15 Jahren ein Mitglied der Musikgruppe P. S.. Für diese hat er auch Songs komponiert und getextet, die sie bei Konzerten wie beispielsweise im Rahmen des Tollwood-Festivals, präsentierten.
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Vor der Corona-Krise verdiente er etwa 1.500,00 bis 2.000,00 Euro monatlich. Während der Corona-Krise bekam er als Musiker eine staatliche Unterstützung und er fand nach seinem Arbeitsplatzverlust eine neue Stelle bei einer Spedition. Nach der Pandemie verdiente er höchstens 1.500,00 Euro monatlich. Der Angeklagte verfügt weder über Schulden noch über Vermögen. Für die Miete seines Wohnwagens zahlte er inklusive Strom und Wasser fast 200,00 Euro monatlich.
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In der Haft geht es dem Angeklagten schlecht, er versucht sich und den Mithäftlingen mit dem, was er kann und hat, zu helfen. Er praktiziert viel Meditation, Qigong und Atemtechnik. Den Hofgang nutzt er für körperliche Übungen.
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Der Angeklagte hat keine gesundheitliche Beeinträchtigung und nimmt keine Medikamente. Unfälle, insbesondere mit Kopfverletzung, erlitt er nicht. Er trinkt weder Alkohol, noch nimmt er Drogen.
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Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
II. Alternative Therapieformen des Angeklagten
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Der Angeklagte eignete sich während seiner Aufenthalte in Brasilien, Indien und Amazonien schamanische Fähigkeiten an. Er lernte etwa Mitte der 1980-er Jahre Os., einen indischen Philosophen und spirituellen Lehrer, in Fl. in Brasilien kennen und arbeitete als Musiker bei ihm. Os. entwickelte sich in den 1970-er Jahren zu einem spirituellen Anführer, es entstanden getreu seiner Lehre A., wo der wachsenden Gefolgschaft eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten angeboten wurden. Im Os.-Zentrum in Brasilien besuchte der Angeklagte innerhalb von zwei bis drei Jahren mehrere Workshops und erlernte einen Großteil seiner Techniken wie tantrische, schamanische, tibetische oder mongolische Atemtechniken. In dieser Zeit wurde ihm für eineinhalb Jahre auch die Leitung des Os.-Zentrums übertragen.
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Anfang der 1990-er Jahre kam der Angeklagte zum ersten Mal in B. Horizonte in Brasilien mit der Technik des holotropen Atmens über eine Person, die im Os.Zentrum arbeitete, in Kontakt. Er besuchte dann für etwa einen Monat einen Workshop in einer Schule von St. Gr.. Bei einem sich anschließenden Aufenthalt in Indien tauschte er sich mit einem weiteren Schüler von Gr. aus. St. Gr. entwickelte in den 1970-er Jahren das holotrope Atmen, das den Angeklagten faszinierte. St. Gr. ist ein tschechischer Psychotherapeut und Psychiater und erforschte ungewöhnliche Bewusstseinszustände, die durch psychotrope Substanzen wie LSD hervorgerufen wurden. In den 1970-er Jahren entwickelte er im Zuge des Verbots von LSD die holotrope Atemtechnik, die zu einem vergleichbaren ungewöhnlichen Bewusstseinszustand wie LSD führen sollte und zur Therapie von psychischen, psychosomatischen und psychiatrischen Erkrankungen dienen sollte.
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Nach Überzeugung des St. Gr., der sich der Angeklagten anschließt, werde durch die Technik des holotropen Atmens im menschlichen Organismus eine Zelle aktiviert, die die Molekularsubstanz der Emotion darstelle. Diese sogenannte DMT, eine halluzinogen wirkende Substanz, werde außerdem nur bei der Geburt und beim Tod aktiviert.
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Das holotrope Atmen bot der Angeklagte zwar seit 2000 in Deutschland an, da er dann aber wegen seiner Musikgruppe und seiner Arbeit wenig Zeit hatte, praktizierte er dies spätestens ab 2007 nicht mehr. Erst mit der Corona-Pandemie und der dadurch gewonnen Zeit beschäftigte der Angeklagte sich erneut verstärkt mit den in den 1980er und 1990-er Jahren erlernten Therapien wie dem holotropen Atmen und praktizierte diese wieder bei mehr Klienten. Dabei machte er keine Werbung, sondern setzte auf Mundpropaganda.
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Die Einzelsitzung im holotropen Atmen dauerte beim Angeklagten vier bis fünf Stunden, wobei der Patient nach Auffassung des Angeklagten vergangene Traumata durchlebte – auch die der Kindheit, der pränatalen Phase sowie vorangegangener Generationen. Bei der Therapie leitete der Angeklagte den Patienten bei der Atmung an. Dabei musste dieser während der Atmung den Beckenbodenmuskel anspannen und loslassen. Die Intensität steigerte sich und nach einer halben Stunde zeigten sich erste Wirkungen wie Schwitzen, Zittern und Stöhnen. Die Erfahrung während des holotropen Atmens war davon abhängig, was der jeweilige Mensch durchlebt hatte. Es konnte zu Flüchen und Schreien kommen. Wenn der Angeklagte diese Einatmungsphase ausweitete, geriet der Patient nach zwei Stunden in Ekstase – es konnte zu Einkoten, Einnässen und Erbrechen kommen. Der Angeklagte griff dabei nicht ein, sondern legte höchstens die Hand auf das Herzchakra des Patienten, um ihn zu beruhigen. In der zweiten Phase brachte der Angeklagte den Patienten zu einer Art Hypnose. Dabei entspannte sich der Patient immer beim Ausatmen, die Entspannung stieg von den Füßen zum Gesicht. Bei jeder Atmung ging der Angeklagte mit dem Patienten vier verschiedene Ebenen durch, wobei sich auf jeder Ebene die Entspannung steigerte bis der Angeklagte den Patienten zurück in die Realität holte.
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Über das Os.-Zentrum machte der Angeklagte auch Reisen nach Indien und erlernte Massage-Techniken wie die Yoni-Massage. Dabei handelt es sich um eine tantrische Massage, bei der man mit dem Daumen und dem Zeigefinger die Schamlippen der Frau massiert. Die Massage diente der Entspannung.
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In Amazonien beschäftigte sich der Angeklagte auch viel mit der Kraft der Naturmedizin, beispielswiese mit Rapé. Dabei handelt es sich um eine Art Schnupftabak, den der Angeklagte mit Hilfe eines Rohres in die Nase des Patienten einführte. Rapé wird in Amazonien als Medizin verstanden und dient dazu, sämtliche geistige Zustände zu neutralisieren, um einen Zustand der Ruhe zu erreichen. Außerdem lernte der Angeklagte dort den Umgang mit Froschgift kennen. Kambo, eine giftige Substanz aus den Sekreten des Amazonas-Frosches, setzte er für Therapien ein. Der Frosch hat aufgrund seines Gifts keine natürlichen Feinde. Die Therapie diente der Reinigung.
III. Haftdaten
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Der Angeklagte wurde in dieser Sache am 21.05.2022 vorläufig festgenommen. Das Amtsgericht München erließ am 22.05.2022 einen Haftbefehl unter ER … Gs 235/22, der dem Angeklagten an demselben Tag eröffnet und in Vollzug gesetzt wurde. Am 07.07.2022 erließ das Amtsgericht München einen an die Ermittlungsergebnisse angepassten Haftbefehl unter 855 Gs 0723/22, der dem Angeklagten an demselben Tag eröffnet wurde und unter Aufhebung des zuvor bestehenden Haftbefehls in Vollzug gesetzt wurde. Am 19.12.2022 erließ die 4. Jugendkammer des Landgerichts München II einen an die Anklage angepassten Haftbefehl. Dieser wurde dem Angeklagten am 21.12.2022 eröffnet und in Vollzug gesetzt, der vorherige Haftbefehl wurde aufgehoben.
C. Zur Sache
I. Vorgeschichte
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Der Angeklagte erlangte durch sein manipulatives Verhalten das Vertrauen der Familie der Geschädigten. Hierbei ging er wie folgt vor: J. C… …1, die Mutter der 14-jährigen … Y…, bekam über Freundinnen, die ebenfalls eine Atemtherapie bei dem Angeklagten gemacht hatten und sehr zufrieden waren, die Kontaktdaten des Angeklagten. Am 05.04.2022 meldete sie sich telefonisch beim Angeklagten, um mit seiner Hilfe ihre Traumata zu überwinden und ihr Misstrauen gegenüber anderen Menschen abzulegen. J. C… …1 wurde im Alter von sechs Jahren mehrmals von ihrem Stiefvater vergewaltigt und leidet darunter bis heute. Der Angeklagte äußerte in diesem Telefonat gegenüber J. C… …1, dass er ihre Traurigkeit spüre. Sie vereinbarten, eine Atemtherapie durchzuführen und hielten einen ersten Termin fest.
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Am 09.04.2022, 12.04.2022 und 18.04.2022 führte der Angeklagte jeweils mit J. C… …1 Therapiesitzungen in der Wohnung der Familie C… Y… durch. Bereits im Rahmen des ersten Treffens gab der Angeklagte anhand eines Kindheitsfotos der J. C… …1 vor, zu erkennen, dass sie in ihrer Kindheit vergewaltigt wurde. Sie erzählte ihm, dass ihr Stiefvater sie mehrmals missbraucht habe. Im Rahmen der Sitzungen führte der Angeklagte mit ihr unter anderem eine Reinigung durch, indem er mit dem entzündeten Gehölz Palo Santo an ihrem Körper entlangfuhr. Außerdem zeigte er ihr beispielsweise auch eine Atemübung, mit Hilfe derer sie sich in ihre damalige Situation zurückdenken sollte, dabei weinte J. C… …1 und strangulierte ein in ihren Händen befindliches Kissen. Darüber hinaus besprachen sie ihre Ängste und Traumata. Bereits in der ersten Sitzung behauptete der Angeklagte, dass ihr Mann für sie ein großes Gewicht darstelle. In der zweiten Sitzung wurde vom Angeklagten konkret die Trennung vom Ehemann in den Raum gestellt. Im Rahmen des dritten Treffens sagte der Angeklagte, dass Gi Y… A1 ausziehen müsse. Es sei ihr Licht und ihr Leben, ohne ihn zu sein und er belaste sie sowie ihre Tochter …. J. C… …1 sprach nach Weisung des Angeklagten mit niemandem über die Inhalte ihrer Therapie – auch nicht mit ihrer Familie. Der Angeklagte verlangte für seine Dienste keinen konkreten Geldbetrag, sondern stellte die Bezahlung in die Entscheidung des jeweiligen Patienten. J. C… …1 gab ihm am Ende der zweiten Sitzung einmalig 200,00 Euro.
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J. C… …1 war zu diesem Zeitpunkt bereits seit 19 Jahren mit ihrem Ehemann zusammen. Auch wenn sie daran zweifelte, ob sie für ihren Ehemann die geeignete Frau war, hatte sie zuvor nie an eine Trennung gedacht. Allein die Therapie des Angeklagten veranlasste sie dazu, die Beziehung zu ihrem Ehemann in Frage zu stellen.
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Beim Besuch des Angeklagten in der Wohnung der Familie anlässlich der zweiten Sitzung am 12.04.2022 der J. C… …1 sah der Angeklagte die Tochter … Y… sowie den Ehemann Gi Y… A1. Er fragte … Y… nach ihrem Geburtstag und äußerte, dass sie eigentlich früher geboren sei. Mit Gi Y… A1 unterhielt sich der Angeklagte wegen einer Behandlung, die er speziell mit ihm machen müsse, da er sichtlich erschöpft sei.
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Der Angeklagte therapierte Gi Y… A1 sodann wegen seiner Depressionen zwischen Mitte April 2022 – nach Abschluss der Therapie mit J. C… …1 – bis Anfang Mai 2022 in drei Sitzungen. Die erste Sitzung fand noch in der Familienwohnung in M. statt, der Angeklagte injizierte bei Gi Y… A1 Froschgift. Bereits in dieser Sitzung vermittelte der Angeklagte G1. Y… A1, dass seine Ehefrau ihm durch ihre Kontrolle seine Freiheit nehme und es ihm deswegen so schlecht gehe. Er legte ihm den Auszug aus der gemeinsamen Wohnung nahe. Gi Y… A1 zog im Nachgang zur dritten Sitzung der J. C… …1 am 18.04.2022 und seiner ersten Sitzung mit dem Angeklagten innerhalb einer Woche aus der gemeinsamen Wohnung aus. Im Rahmen der zweiten Sitzung machte der Angeklagte mit Gi Y… A1 verschiedene Übungen an der Isar wie beispielsweise einen Punkt in der Ferne fixieren oder mit verbundenen Augen gehen, um eine bessere Verbindung zur Natur zu erlangen. Die dritte Sitzung war wieder eine Froschgift-Injektion, die im neuen Appartement des Gi Y… A1 nach dessen Auszug aus der Familienwohnung stattfand. Gi Y… A1 bekam vom Angeklagten die Vorgabe, mit niemandem über seine Therapie zu sprechen. Er erzählte seiner Familie von der Froschgift-Therapie, alles andere behielt er für sich.
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Im Anschluss an die dritte Sitzung der J. C… …1 am 18.04.2022 traf der Angeklagte im Hausflur erneut auf … Y… und unterhielt sich mit ihr. Die 14-jährige befürchtete zu diesem Zeitpunkt bereits aufgrund der innerfamiliären Spannungen eine Trennung ihrer Eltern und weinte. Der Angeklagte sagte ihr, dass sie gemeinsam eine Therapie machen müssten. Diesen Vorschlag unterbreitete er anschließend J. C… …1 per Chat und Gi Y… A  1 persönlich in seiner zweiten Therapiestunde an der Isar.
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Da J. C… …1 sich nicht sicher war, ob sie dem Angeklagten vertrauen konnte und ihre Mutter Ca. C…3, die in Italien lebt, wegen der Osterfeiertage zu Besuch war, vereinbarte sie eine Therapiesitzung zwischen dem Angeklagten und ihrer Mutter. Diese Sitzung fand an einem nicht näher bestimmbaren Tag nach der dritten Sitzung der J. C… …1 am 18.04.2022 und vor einer Nachricht des Angeklagten vom 09.05.2022 an J. C… …1 statt. J. C… …1 fragte ihre Mutter im Anschluss an die Sitzung nach ihrem Eindruck vom Angeklagten. Bestärkt durch die Meinung ihrer Mutter, die keine Bedenken hinsichtlich einer Therapie des Angeklagten mit … C… … äußerte, willigten J. C… …1 und auch ihr Ehemann Gi Y… A1 in die Therapie zwischen dem Angeklagten und ihrer Tochter ein.
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Einen Tag nach der Sitzung des Angeklagten mit Ca. C…3 kam es zur ersten Therapiestunde zwischen dem Angeklagten und … Y…. Sie waren allein in deren Kinderzimmer, die Eltern gingen währenddessen spazieren, da der Angeklagte und die 14-jährige ungestört sein mussten. Zunächst musste … Y… ihre Unterwäsche ausziehen, sodass sie nur ihre Oberbekleidung trug. Er zeigte ihr in einem Spiegel eine Besonderheit in ihrem Auge und wie sie ihre Haltung verbessern könne. Anschließend legte sie sich auf Geheiß des Angeklagten auf das Bett und zeigte ihm ihre übliche Schlafposition. Der Angeklagte gab ihr eine von ihm mitgebrachte Schlafmaske, die sie aufsetzte, und begann zu singen. Er führte anschließend eine Meditation mit ihr durch, indem er ihr eine Entspannungsgeschichte über den Kauf einer Zitrone erzählte, wodurch sie einschlief. Nach etwa einer Stunde kam J. C… …1 zurück. Ihre Tochter kam auf sie zu und sagte, dass ihr Glück auch ihr eigenes Glück sei und sie Papa verlassen müsse. Der Angeklagte bekräftigte, dass J. C… …1 ihrer Tochter … helfen solle, dieses Gewicht abzuwerfen, damit sie beide zusammen sein könnten.
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Auch Er.C…2, der etwa acht Jahre ältere Bruder der … Y…, verbrachte den 15.05.2022 wegen seines Asthmaleidens mit dem Angeklagten. Er.C…2 traf in Wo. auf den Angeklagten, er musste während der Fahrt eine Schlafmaske tragen. Der Angeklagte redete Er.C…2 ein, dass er ein Problem mit seinem Stiefvater Gi Y… A1 und seinem biologischen Vater habe. Dabei sah Er.C…2 seinen Stiefvater als einzigen Vater an. Sie parkten nahe einem Wald, Er.C…2 durfte die Maske abnehmen und musste sein Handy ausgeschaltet im Auto belassen. Sie machten unterschiedliche Übungen wie einen Punkt in der Ferne fixieren und mit einem Holzstab in der Hand auf einem Baumstamm möglichst schnell um sich selbst drehen. Dabei äußerte der Angeklagte, dass der Stab bereits 32 Menschen gehört habe, denen er allen geholfen habe. Sie stiegen auf einen zwei bis drei Meter hohen Felsen am Fluss und Er.C…2 musste sich entkleiden. Er stand mit dem Rücken zum Fluss und der Angeklagte schob ihn in Richtung Fluss vom Felsen, so dass er mit dem Rücken auf dem Wasser aufkam. Er durfte das Wasser erst wieder verlassen, als der Angeklagte ihm dies erlaubte. Nachdem erneut einen Punkt in der Ferne fixiert hatte, durfte er sich anziehen. Sie gingen ein Stück weiter, dann musste er mit verbundenen Augen einen Hang hinauflaufen. Er.C…2 musste einen Baum wählen und diesen umarmen, auf einen Baumstumpf steigen und der Angeklagte schubste ihn. Sie gingen in den Fluss, wobei der Angeklagte und er nackt waren, und er musste nach einem Stein tauchen. Als sie sich nackt nebeneinander an das Ufer setzten, brachte der Angeklagte mit einer Pipette Rapé in beide Nasenlöcher des Er.C…2. Nach einer abschließenden Unterhaltung war die Sitzung beendet, sie zogen sich an und fuhren zurück nach Wo.. Auf der Rückfahrt wies der Angeklagte E. C…2 an, nichts über seine Therapie weiter zu erzählen. Dennoch erzählte Er.C…2 seiner Familie von dem Schubs in das Wasser.
II. Tatgeschehen
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Am 09.05.2022 schrieb der Angeklagte J2. C… …1, dass ihre am ... 2007 geborene Tochter … Y… eine Therapie im Wald bräuchte. Nach Rücksprache mit ihrer Tochter … stimmten J. C… …1 und Gi Y… A1 der Therapie zu. Auf Verlangen des Angeklagten teilte J. C… …1 ihm am 10.05.2022 per Chatnachricht die Handynummer ihrer Tochter mit. Die Verabredungen zu den folgenden Treffen erfolgten zwischen dem Angeklagten und … Y… per SMS.
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1. Am 12.05.2022 zwischen 16 und 17 Uhr holte der Angeklagte … Y… mit seinem Auto an ihrer Wohnung ab und fuhr mit ihr etwa 30 Minuten von M. in Richtung Wo. zu einem Wald an einem nicht näher bestimmbaren Ort im Landkreis Wo.. … Y… musste während der Fahrt eine Schlafmaske aufsetzen. Als sie das Auto am Waldrand parkten, erlaubte der Angeklagte … Y… die Schlafmaske abzusetzen. Sie gingen etwa fünf Minuten, bis sie an einem Baum ankamen. Nachdem der Angeklagte diesen Baum umarmt hatte, um seine – wie er sagte – Energie aufzuladen, umarmte auch … Y… auf Geheiß des Angeklagten den Baum. Anschließend zog sich … Y… – veranlasst durch den Angeklagten – ihre Oberbekleidung und Unterwäsche aus, die Oberbekleidung zog sie wieder an. Der Angeklagte machte sodann … Y… glauben, dass die Seele ihres Großvaters in dem Baum sei. Dies bewegte … Y… emotional und sie umarmte den Baum erneut. Im Anschluss musste sie die Schlafmaske wieder aufsetzen und von dem Baum aus zu einem anderen Baum laufen oder auch zum Angeklagten finden, der mit einer Trommel Musik machte.
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Danach legte sich … Y… gemäß der Aufforderung des Angeklagten auf eine vom Angeklagten mitgebrachte Matratze. Sie trug eine Jogginghose, ein langes T-Shirt und einen Pullover – nach wie vor keine Unterwäsche. Für etwa zehn bis 20 Minuten führte der Angeklagte mit … Y… drei Atemübungen durch wie schnelles Atmen oder Atmen in Wellen. Spätestens anlässlich dieser Atemübungen musste sie die Schlafmaske erneut anziehen und behielt diese während der gesamten Atemübungen auf. Der Angeklagte kippte dabei einmal zur Seite, er begründete dies damit, dass ihn ein Wesen umgestoßen hätte. Auf Nachfrage des Angeklagten erlaubte … Y… ihm, während der Atemübungen seine Hand über der Hose auf ihre Vulva zu legen und die Atmungen durch Druckvolles Stoßen zu unterstützen. Für … Y… jedoch nicht vorhersehbar griff der Angeklagte plötzlich in ihre Hose. Er führte für einen nicht mehr genau feststellbaren Zeitraum – höchstens wenige Minuten – mindestens zweimal mindestens einen Finger bis in den Scheidenvorhof des Mädchens ein. Dies verursachte bei … Y… Schmerzen. Währenddessen sollte sie weiter Atemübungen machen. Er handelte hierbei, um sich sexuell zu erregen. … Y… hatte zuvor in das Eindringen weder ausdrücklich noch konkludent eingewilligt, was dem Angeklagten bewusst war. Der Angeklagte hielt es zumindest für möglich und billigte, dass … Y… im Rahmen der Behandlung nicht mit dem Eindringen gerechnet hatte, sich insbesondere durch die Schlafmaske und der Dunkelheit keines sexuellen Angriffes versah und dies den Sexualkontakt überhaupt erst ermöglichte oder zumindest erleichterte. Der Angeklagte hatte stets Kenntnis vom jugendlichen Alter … Y…s und ihrer sexuellen Unerfahrenheit. Das auf dem Altersunterschied und dem Therapieverhältnis beruhende Machtverhältnis nutzte der Angeklagte dabei bewusst aus.
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Im Anschluss musste sie aufstehen. Der Angeklagte zündete ein Holzstück von Palo Santo an, dessen Rauch er mit Hilfe einer Feder von vorne und von hinten auf ihren Körper pustete. Als es dann zu gewittern begann, zog sie Hose und Pullover an, sie packten die Sachen zusammen und gingen Richtung Auto.
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Sie fuhren gemeinsam zu der Großhesseloer Brücke an der Isar, wo der Angeklagte sie zu einer Grotte führte. Er erklärte der 14-Jährigen, dass an der Brücke viele Menschen Suizid begangen hätten, insbesondere drei Frauen, deren Geister sich dort aufhalten würden. Dort musste … Y… mindestens zehn Minuten allein im Dunklen warten, während der Angeklagte ihre Eltern an der Brücke abholte, diesen hatte er zuvor die Koordinaten der Brücke geschickt. Dabei durfte sich … Y… nicht rühren, was sie befolgte. Gegen 23:20 Uhr kam der Angeklagte mit ihren Eltern zu ihr. Sie bewegte sich erst wieder, als der Angeklagte sie berührte – auf die vorherige Ansprache ihrer Mutter hatte sie hingegen nicht reagiert.
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2. Im Vorfeld zur zweiten Therapiesitzung zögerte … Y…, da sie nach der Erfahrung im Wald Angst vor weiteren körperlichen Übergriffen hatte. Diese Angst äußerte sie nach Rücksprache mit ihrer Mutter auch per SMS gegenüber dem Angeklagten. Dieser versicherte ihr, dass sie keine Angst haben müsse und beruhigte sie. Letztlich holte der Angeklagte sie mit seinem Auto am 20.05.2022 um 15:30 Uhr an ihrer Wohnung ab.
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Der Angeklagte fuhr mit dem Mädchen, das wieder eine Schlafmaske aufsetzen musste, von der Wohnung der Familie in M. zum S.speicher bei L.. Nach einem Zwischenstopp, um Eis zu kaufen, gelangten sie zu einem Parkplatz. Der Angeklagte lief dort mit … Y… in den umliegenden Wald und führte Übungen mit ihr durch. Beispielsweise musste sie erkennen, welchen Gehstock ihr Bruder benutzt hatte oder sich an Baumstümpfen nach hinten fallen lassen, während der Angeklagte sie auffing.
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Im Anschluss gingen sie zu einem Gewässer.
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… Y… entkleidete sich auf Geheiß des Angeklagten vollständig. Der Angeklagte stand sodann mit dem Mädchen auf einem etwa drei Meter hohen Felsen, an dessen Fuß der Zufluss Wen zum S.-steinsee entlangführt. Die 14-jährige stand mit dem Rücken zum Wasser und dem Gesicht zum Angeklagten. … Y… ahnte aufgrund der Erzählungen ihres Bruders, dass sie nun vom Angeklagten von der Klippe gestoßen werden würde. Sie äußerte gegenüber dem Angeklagten mehrmals, dass sie Angst habe und dass sie nicht in das Wasser gestoßen werden wolle. Zudem fing sie an zu weinen. Der Angeklagte erwiderte wiederholt, dass sie kein Kind sein solle und heute zur Frau werde. Obwohl das Mädchen äußerte, dass sie das nicht wolle, schob er sie mit einer Hand an ihrer Schulter Richtung Abgrund, sodass … Y… kein Ausweg blieb und sie rückwärts von dem Stein herunter in das kalte Wasser fiel. Sie prallte zuerst mit dem Rücken auf dem Wasser auf, das höchstens eine Temperatur von 19 Grad Celsius hatte. An der Stelle gab es außerdem Felsvorsprünge und die Wassertiefe lag bei mindestens 1,50 m. … Y… erlitt hierdurch, wie vom Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen, erhebliche Schmerzen am Rücken. Der Angeklagte erkannte dabei die ungefähre Fallhöhe, Wassertiefe und die jahreszeitbedingte Wassertemperatur eines Fließgewässers sowie etwaige Felsvorsprünge und die hierdurch bestehenden Verletzungsrisiken für die Geschädigte. Diese Umstände nahm er zumindest billigend in Kauf, als er … Y… vom Felsen schob.
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Der Angeklagte zeigte ihr die Stelle, an der sie am besten aus dem Wasser steigen konnte. Am Ufer umarmte er sie und gab ihr ein Handtuch. Sie zog sich vollständig an und sollte sich mit dem Rücken zum Wasser setzen, während er badete. Als Zeichen für diesen besonderen Moment pflückte und schenkte er ihr eine Blume, als er wieder aus dem Wasser gestiegen war und sich angezogen hatte.
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3. Anschließend fuhr der Angeklagte mit … Y… in seinem Auto zum Restaurant „Zum P.“ in L.. Der Angeklagte saß mit dem Mädchen an einem Tisch mit zwei weiteren Personen, aus Angst vor dem Angeklagten bat es aber nicht um Hilfe. Dann begaben sich der Angeklagte und … Y… mit dem Auto auf den Weg zum Campingplatz in der B1. straße 2 in Wo.. Auf der Fahrt erfolgte eine routinemäßige Polizeikontrolle, die 14-jährige vertraute sich jedoch auch den Polizisten aus Angst nicht an.
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Auf dem Campingplatz zeigte der Angeklagte dem Mädchen seinen Wohnwagen. Anschließend putzten sich sowohl der Angeklagte als auch … Y… – nach Aufforderung des Angeklagten – in den Sanitäranlagen auf dem Campingplatz die Zähne, bevor sie wieder in den Wohnwagen gingen. Dabei trafen sie den Inhaber des Campingplatzes, M. Kr.1, mit dem sich der Angeklagte kurz unterhielt. M. Kr.1 und … Y… stellten sich lediglich gegenseitig beim Namen vor. Im Wohnwagen legte sich … Y… aufgefordert durch den Angeklagten auf das Bett, ihre Kleidung behielt sie an. Der Angeklagte befahl ihr sodann, sich zu entkleiden, was sie aus Angst vor dem Angeklagten, insbesondere aufgrund des zuvor am Nachmittag Erlebten, befolgte. Der Angeklagte entkleidete sich ebenfalls bis auf die Unterhose. Im Anschluss begann der Angeklagte, das auf dem Bauch liegende Mädchen unter Verwendung von Massageöl von den Füßen nach oben zu massieren. Dabei massierte der Angeklagte … Y… auch zwischen den Pobacken und an der Vulva. Der Angeklagte forderte sie sodann auf, sich umzudrehen. Er massierte sie abermals von den Füßen ab aufwärts und berührte mit den Händen die Brüste der 14-jährigen. Sodann massierte er die Vagina des Mädchens zumindest äußerlich und leckte ihre Vulva, wobei er mit seiner Zunge auch in dessen Vagina eindrang. Anschließend sollte sie eine Vierfüßlerposition einnehmen, dabei berührte der Angeklagte sie weiter im Intimbereich. Schließlich forderte der Angeklagte das Mädchen auf, sich auf die Seite zu legen. Der Angeklagte legte sich – zwischenzeitlich unbekleidet – hinter … Y…. Er befahl ihr, die Beine zu öffnen, und drang bei ihr mit seinem erigierten Penis nicht ausschließbar mit Kondom vaginal zumindest in den Scheidenvorhof ein, wodurch … Y… starke Schmerzen verspürte. … Y… äußerte mehrmals gegenüber dem Angeklagten, dass sie Schmerzen habe und fing an zu weinen. Obwohl der Angeklagte spätestens zu diesem Zeitpunkt ihren entgegenstehenden Willen zumindest für möglich hielt, ignorierte er diesen und drang dennoch weiterhin mit seinem erigierten Glied vaginal ein, um sich sexuell zu erregen. Der Angeklagte hatte stets Kenntnis vom jugendlichen Alter … Y…s und ihrer sexuellen Unerfahrenheit. Das auf dem Altersunterschied und dem Therapieverhältnis beruhende Machtverhältnis nutzte der Angeklagte dabei aus.
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Schließlich ließ der Angeklagte von … Y… ab und sagte ihr, sie solle zuhause sofort duschen und nichts erzählen. Zum Samenerguss kam der Angeklagte zumindest nicht ausschließbar nicht. Am nächsten Tag vertraute sich … Y… ihrer Mutter an.
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Strafantrag wurde hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen durch die Geschädigte und ihre Mutter J. C… …1 form- und fristgerecht gestellt. Die Staatsanwaltschaft hält darüber hinaus aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung wegen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
4. Tatfolgen
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… Y… kann aufgrund der durch die Taten ausgelösten Angstzustände bis heute nicht allein schlafen. Während sie vor den Taten in ihrem eigenen Zimmer schlief, schläft sie seitdem mit ihrer Mutter in einem Bett. Dabei dient ein Kissen als Abgrenzung, um Berührungen zu verhindern – diese hat die Mutter zu beachten. Ihre Mutter ist ihre Hauptbezugsperson, die für sieben Monate im Anschluss an die Tat nicht arbeitete, um bei ihr sein zu können. Denn … Y… konnte nicht allein zu Hause sein und ertrug es auch nicht, allein mit ihrem Vater zusammen zu sein. Sie äußerte im Nachgang Suizidgedanken, da sie dachte, dass keine Gerechtigkeit in dieser Sache ergehen werde. Seit der Videovernehmung am 13.10.2022 befindet sich die Geschädigte in Therapie – genau wie ihre Mutter und ihr Vater, die nach den Taten wieder zusammenleben. Durch die Therapie verbessert sich die Familiensituation allmählich. Dennoch hat sich das Leben des Mädchens grundlegend verändert. Sie hat Angst davor, allein auf die Straße zu gehen, und hat sich isoliert. In der Schule fühlt sie sich nicht mehr zu gleichaltrigen Schulkameraden dazugehörig, da sie sich nicht mehr kindlich fühlt wie vor den Taten – sexuelle Witze ihrer Freunde findet sie nicht mehr lustig. Bei Berührungen von Klassenkameraden und Nachfragen, was passiert sei, hatte sie bereits mehrere Panikattacken. Wenn der Lehrer ihr in die Augen sieht, hat sie Angst, da ihr der Angeklagte auch in die Augen sah und meinte, er sehe sie überall. Ihr Notenniveau hat sich infolgedessen stark verschlechtert, sie kann sich schlecht konzentrieren. Auch fremden Menschen gegenüber ist sie misstrauisch. Sie kann ihren Eltern nicht mehr sagen, dass sie sie liebt, da sie nichts fühlt. Ihren Vater kann sie wegen des männlichen Geruchs nicht mehr umarmen. Seit der Geschehnisse trägt … Y… nicht mehr enganliegende, sondern größere, längere Kleidung aus Angst, Männer zu provozieren. Im Zuge der Hauptverhandlung hat sich ihr Zustand wieder verschlechtert, weswegen die Familie vorübergehend verreist ist, um durch den Ortswechsel eine emotionale Distanz zu erreichen.
D. Beweiswürdigung
I. Zu den persönlichen Verhältnissen
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Die persönlichen Verhältnisse beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben des Angeklagten, seiner Ex-Lebensgefährtin S. M.1 sowie der Verlesung des Auszugs aus dem Bundeszentralregister vom 27.03.2023. Letzteren bestätigte der Angeklagte als richtig.
II. Zur Sache
1. Zur Vorgeschichte
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Der Angeklagte gab – wie festgestellt – die Kontaktaufnahme mit J. C… …1 sowie die Therapieinhalte an. Zur Trennung der Eltern Y… ließ er sich jedoch dahingehend ein, dass sich J. C… …1 nach der ersten Sitzung getrennt habe. Betreffend Gi Y… A1 gab der Angeklagte an, dass dieser ein Alkohol- und Drogenproblem habe und er deswegen zur Reinigung eine Kambo-Therapie mit ihm gemacht habe. Zu … Y… schilderte er die Übungen wie festgestellt. Zu Er.C…2 ließ er sich dahingehend ein, dass dieser keine Liebe in sich getragen und eine innere Leere gehabt habe. Zur Behandlung habe er mit ihm die Therapie mit dem Sprung in das kalte Wasser durchgeführt und Rapé verabreicht.
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Dagegen führten J. C… …1, Gi Y… A1, Er.C…2 und … Y… jeweils – zum Teil wortwörtlich – aus, wie der Angeklagte gegenüber ihnen jeweils die Trennung der Eltern initiiert habe und welche Gründe er dafür angeführt habe. Die vier Zeugen berichteten von ihren jeweiligen Therapiesitzungen – wie festgestellt – detailliert. J. C… …1 und Gi Y… A1 bekundeten übereinstimmend, dass Gi Y… A1 unter – zum Teil schweren – Depressionen leide, aber keine Alkohol- oder Drogensucht bestehe. Er.C…2 erzählte, dass er sich wegen seines Asthmaleidens in Therapie begeben habe. Dies ist für die Kammer jeweils nachvollziehbar. Die Aussagen waren in sich widerspruchsfrei und inhaltlich logisch.
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Aufgrund dessen folgt die Kammer diesen. Im Gegensatz hierzu konnte der Angeklagte nicht schlüssig darlegen, weshalb er in der Lage gewesen sein soll, beim Vater der Geschädigten ein Alkohol- und Drogenproblem oder beim Bruder der Geschädigten eine innere Leere festzustellen, sodass die Kammer dessen Angaben insoweit keinen Glauben schenken konnte.
2. Zum Tatgeschehen betreffend C.II.2.
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Der Angeklagte äußerte sich erstmals im Rahmen der Hauptverhandlung zu dem Tatvorwurf. Er räumte die Tatvorwürfe zu C.II.2. in objektiver Hinsicht ein. Er habe sie vom Felsen geschoben. Es sei normal, dass … vor diesem Sprung – wie andere auch – Angst gehabt habe. Er habe sie angeschoben und sie sei über ihre Angst hinweggesprungen. Ängste seien nicht real, sondern jeder produziere seine Ängste selbst.
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Insoweit folgt die Kammer den Angaben des Angeklagten, da seine Einlassung mit den Schilderungen der … Y… zum Fall in das Wasser übereinstimmen. Sie gab an, dass das Wasser eiskalt gewesen sei und dass sie normalerweise niemals darin schwimmen gegangen wäre. Beim Aufprall mit dem Rücken auf das Wasser habe sie Schmerzen verspürt.
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Er.C…2 stützte ebenfalls die Einlassung des Angeklagten, er schilderte seinen Schubs in das Wasser am 15.05.2022 nahezu deckungsgleich wie die Geschädigte.
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K. B1 der KPI W. führte aus, dass im Nachhinein die genaue Stelle des Schubses mit Hilfe der Geschädigten habe ermittelt werden können. Es handle sich um den Zufluss Wen zum S.steinsee, die Geschädigte habe die Stelle anhand der Felsformation und einer rechtsseitig gelegenen Hütte wiedererkannt. Auch an den Parkplatz und den Weg zu der besagten Stelle habe sie sich erinnern können, sie habe insbesondere auf einige Buchenstämme hingewiesen, von denen der Angeklagte zwei Zweige abgebrochen habe. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Temperatur des Sylvensteinsees am 20.05.2022 im Mittelwert 19 Grad betragen habe. Zu dem Zufluss werde keine Temperatur erfasst, dieser sei aber aufgrund der Fließgeschwindigkeit und mangels Aufstaus kühler. Die Höhe des Felsen habe etwa drei Meter betragen. Die Tiefe des Zuflusses sei bei der Begehung im März 2023 etwa 1,50 m gewesen. An der Stelle seien am Grund des Zuflusses mehrere, großflächige Felsformationen.
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Die rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. S1 erklärte, dass sich in der Zusammenschau der Umstände – unkontrolliertes, spontanes Fallen mit Rumpfprellung; Kältereiz; felsige Struktur der Umgebung – eine potenziell lebensgefährdende Behandlung ergebe. Dadurch, dass die Geschädigte ohne Vorwarnung mit dem Rücken voran von der Klippe geschoben wurde, habe sie keine Möglichkeit gehabt von eigener Hand suffiziente Abwehrmechanismen zu ergreifen. Ein Abstützen oder etwaige Schutzbewegungen mit den Händen sowie die Justierung des eigenen Körpers durch Drehung habe ihr so vor dem Aufprall nicht gelingen können. Vielmehr sei sie unkontrolliert gefallen. Die geschilderten Schmerzen am Rücken seien mit einer Thoraxprellung vereinbar. Zusätzlich sei der Körper der Geschädigten durch das Wasser, das höchstens eine Temperatur von 19 Grad gehabt habe, einem plötzlichen Kältereiz ausgesetzt gewesen. Sowohl bei der Thoraxprellung als auch bei Kältereiz handele es sich um spontane Reize. Infolge derer könne sich das Zwerchfell – ein Muskel, der sich komprimieren könne – verkrampfen, was wiederum die Atemmuskeln negativ beeinflusse und Atemstörungen zur Folge haben könne.
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Durch das eintretende kalte Wasser im Mund könne es darüber hinaus zu einer Reizung der Struktur im Schlundbereich kommen, die Stimmritze könne verkrampfen. Dies habe zwar die Folge, dass kein Wasser mehr eindringen könne, aber auch keine Luft. Dadurch könne es zur Panik kommen, auch wenn sich der Krampf wieder löse. Denn dann dringe erneut Wasser ein, was möglicherweise zum Ertrinken führen könne. Durch den Kältereiz und die damit einhergehenden reflektorischen Mechanismen könne außerdem die Herzfunktion beeinträchtigt werden, eine HerzRhythmus-Störung könne zum Tod führen. Die felsige Umgebung berge das Risiko für Knochenbrüche. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung der Geschädigten am 21.05.2022 habe man zwar keine Thoraxprellung festgestellt, diese hätte man aber auch nicht zwingend feststellen müssen. Denn eine Hämatomverfärbung am Rumpf sei bei einem Fall aufs Wasser – anders als auf festem Untergrund – nicht zwingend zu erwarten.
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Die Lichtbilder der Tatörtlichkeit bestätigten die felsige Umgebung und die ungefähre Fallhöhe.
54
Vor dem Hintergrund der – in objektiver Hinsicht – geständigen Einlassung des Angeklagten, die durch die aufgeführten Zeugen bestätigt wurde, die Einschätzung der rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. S1 und den Lichtbildern ist die Kammer in der Gesamtschau von dem festgestellten Sachverhalt überzeugt.
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Dem Angeklagten waren die objektiven Umstände, insbesondere die jahreszeitbedingte Kälte des Flusses und die Lage der Felsformationen bewusst, da er die Stelle – nach eigenen Angaben – selbst öfters aufsuchte. Die Kammer schließt daraus hinsichtlich der subjektiven Seite, dass der Angeklagte, da er in Kenntnis dieser Umstände handelte, die Verletzungen der Geschädigten zumindest billigend in Kauf nahm. Dass ein Sturz aus drei Metern Höhe in kaltes Wasser lebensgefährliche Folgen haben kann, gehört zum Allgemeinwissen. Der Angeklagte, der sich noch dazu seit Jahrzehnten als Schamane mit dem menschlichen Körper auseinandersetzte, verfügte zur Überzeugung der Kammer über dieses Allgemeinwissen.
3. Zum Tatgeschehen betreffend C.II.1. und C.II.3.
a. Einlassung des Angeklagten
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Zu den übrigen Vorwürfen ließ sich der Angeklagte ebenfalls erstmals in der Hauptverhandlung ein und bestritt diese. Er gab an, dass er mit … Y… jeweils in der zweiten und dritten Sitzung die alternative Therapieform des holotropen Atmens durchgeführt habe und diese im Rahmen eines Zustands des Unterbewusstseins Traumata ihrer Mutter und Großmutter durchlebt habe, er sei weder mit dem Finger noch mit seinem Glied eingedrungen. Sie habe Erfahrungen vorangegangener Generationen als die eigenen wahrgenommen, was genetische und psychosomatische Ursachen habe. Im Rahmen der Therapie habe er … insgesamt lediglich zweimal am Herzchakra, Solarplexus und an den Fußsohlen massiert. Denn in den Fußsohlen würden sich alle Organe des Körpers abbilden, dort kämen die Ängste her, die im Herzchakra säßen.
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Die ganze Familie C… Y… sei in diese Geschichte involviert. Als er das erste Mal zu der Familie gekommen sei, habe er all das gespürt, was passiert sei. Deswegen habe er gleich zu Beginn der Therapie zu J. C… …1 gesagt, dass sie ihm nicht die Schuld dafür geben solle, für das, was passiert sei. Denn er sei dafür nicht verantwortlich, sondern er werde ihr nur die Wahrheit aufzeigen und vor dieser Wahrheit würden alle erschrecken. Es gäbe nur wenige, die in der Lage seien, die Maske abzusetzen und sich der Wahrheit zu stellen. Er sei der weinenden … zufällig nach einer Sitzung mit J. C…1 begegnet und habe bei ihr Therapiebedarf gesehen, womit … und ihre Mutter einverstanden gewesen seien. Die einzelnen Therapiesitzungen habe er mit den Eltern jeweils davor und danach besprochen, nur die Übung im Wohnwagen habe er spontan ohne vorherige Absprache durchgeführt. Er habe die Therapie mit … und Er.eingeschoben, bevor die Therapie mit deren Mutter abgeschlossen gewesen sei, da er an den Wochenenden gerne in der Natur sei und dort mit jungen Leuten die Therapie durchführe. Mit J. C… …1 sei es schwierig gewesen, Termine zu finden.
58
Vor Beginn der Therapie habe er … erklärt, dass sie mit der Therapie feststellen könnten, was sie eigentlich habe. Er habe sie nicht darüber aufgeklärt, dass Traumata aus der Vergangenheit hochkommen könnten. Bereits während der ersten Sitzung habe … ihm in einem Zustand außerhalb ihres Bewusstseins erzählt, dass sie in der Schule gemobbt werde. … sei sehr intelligent, aber habe einen großen Minderwertigkeitskomplex und viele Ängste. Aus seiner Sicht seien diese durch die Erlebnisse der Mutter, aber auch die familiäre Situation hervorgerufen worden: Die Mutter habe in der Familie eine machtvolle autoritäre Position inne, der Vater nehme Drogen, trinke Alkohol und beachte seine Tochter nicht, der Stiefbruder habe keine Geschwisterliebe in sich. Insofern fühle sich … in der Familie minderwertig. Diese Komplexe und Ängste habe er ihr durch unterschiedliche Übungen nehmen wollen, indem sie mit verbundenen Augen zu einem Ziel habe finden sollen, er sie von dem Felsen geschoben habe oder sie bei der Grotte damit überrascht habe, dass ihre Eltern sie abgeholt hätten. Er glaube an die Kraft der Natur und führe seine Therapien gerne im Freien an für ihn heiligen Orten durch. Seine Patienten müssten auf dem Weg zu den Orten Schlafmasken aufsetzen, da es sich um besondere Orte mit viel Energie handele, an denen die Natur verwundbar sei. Die Patienten sollten im Nachhinein nicht mehr selbstständig zu diesen Orten finden können. Wegen der besonderen Energie an den Orten sollten die Patienten dort auch ihr Handy ausschalten.
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Eine weitere Übung sei das holotrope Atmen gewesen, mit dem er … Y… in einen Zustand des Unterbewusstseins versetzt habe. Das Ziel sei es dabei gewesen, Traumata loszuwerden, indem man diese nochmals wie eine Erfahrung oder Geschichte erlebe und nicht als ein Trauma, das einen das ganze Leben begleiten würde. Diese Übung habe er mit ihr am 12.05.2022 im Wald auf der Matratze und auch am 20.05.2022 in seinem Wohnwagen durchgeführt. Am 12.05.2022 habe sie die Maske aufgesetzt, sich auf die Matte gelegt und er habe ihr Atmungen gezeigt, um sie in den Zustand zu bringen und dann habe sie von den Vergewaltigungen berichtet, die ihre Mutter erlebt und ihr geschildert habe. Dabei sei die Mutter im Alter zwischen sechs und 15 Jahren immer wieder durch ihren Onkel vergewaltigt worden. Er sei nachts gekommen, habe ihre Vagina und Brüste berührt und sie penetriert. Später hätten auch ihre Cousins sie vergewaltigt. Er habe J. C… …1 auf …s Schilderungen angesprochen und sie habe dies bestätigt. … habe also die Traumata vergangener Generationen erlebt. Dies habe sie mit Schamgefühl durchlebt, da sie selbst keine sexuellen Erfahrungen habe. Es habe ihr schon Schamgefühle bereitet, ihren eigenen Körper zu sehen. Weder ihre Eltern noch Lehrer hätten mit ihr über Sexualität gesprochen. Sie habe nicht einmal gewusst, was Menstruation bedeute, und er habe es ihr erklärt. Er sei schuldig, weil er sie an diesen Maximalpunkt der Explosion gebracht habe. Alles, was sie erzählt habe, sei nur in ihrem Verstand real. Während des holotropen Atmens habe … verschiedene Positionen mit so viel Gewalt und Kraft eingenommen, dass sie gezittert habe. Sie habe nackt in einer Fötusposition gelegen und ihre Hände über ihren Schambereich gelegt. Währenddessen sei sie mit einem Leinentuch bedeckt gewesen, er habe also nicht sehen können, was sie mit ihren Händen mache und ob sie mit ihren Fingern selbst eingedrungen sei. Alles, was sie durchlebt habe, sei aber von Gewalt geprägt gewesen und etwaige Spuren im Geschlechtsbereich würden sich auf diesen starken Moment zurückführen lassen. Er selbst sei dabei nur Zuschauer gewesen. Nachdem sie dies durchlebt habe, habe er sie in den Armen gehalten und beruhigt.
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Am 20.05.2022 habe er ebenfalls mit ihr in seinem Wohnwagen holotropes Atmen durchgeführt, es sei noch genug Zeit gewesen und sein Wohnwagen habe auf der Strecke nach M. gelegen. Er habe zuvor bereits vier oder fünf andere Patienten in seinem Wohnwagen behandelt. Sie habe sich für die Übung ausgezogen und ihm ihre Kleidung überreicht. Als sie sich nach der Übung wieder angezogen habe, habe er ihr ihre Kleidung wieder gegeben. Was … zum Vorfall in seinem Wohnwagen schildere, seien nicht ihre Worte – sie rede anders. Die Schilderungen hätten ihn an eine N.-Reportage erinnert. In dieser Reportage gehe es um einen Mann in England, der ein Monster sei und alle Menschen, die man in der Reportage gesehen habe, vergewaltigt habe. … habe Wortbeiträge aus der Reportage wörtlich übernommen wie zum Beispiel „Ich trage drei oder vier Hosen aus Angst vergewaltigt zu werden.“ oder „Ich habe Angst kurze Kleider zu tragen.“. Dadurch, dass sie durch den Fall in den kalten Fluss Kälte in den Knochen gehabt habe, habe er … gesagt, sie solle sich daheim warm duschen. Auf Nachfrage, dass zwischen dem Fall in das Wasser und dem Abliefern der 14-jährigen zu Hause einige Zeit vergangen sei, korrigierte der Angeklagte, … habe wegen der Atemtherapie im Wohnwagen geschwitzt, deswegen habe er ihr geraten, daheim zu duschen.
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Der wichtigste Bezugspunkt für … sei ihre Familie trotz der innerfamiliären Schwierigkeiten, sie kenne aber auch keine andere Familienstruktur. Für … sei er schuld an der Trennung der Eltern sowie der Familie, da ihre Mutter nach der Therapiesitzung bei ihm die Beziehung beendet habe. Aus ihrer Aussage spreche ihre Mutter J. C… …1, … sei manipuliert worden. … habe ihre Identität noch nicht gefunden, sie sei ängstlich und werde durch ihr toxisches familiäres Umfeld unter Druck gesetzt. Alle Behandlungen habe er aus Liebe gemacht, Geld habe dabei keine Rolle gespielt. Er pflege eine enge Beziehung zu seinen Patienten und verstehe sie als Teil seines eigenen Lebens. Seine ganze Kraft und Liebe verwende er darauf, Personen zu therapieren. Mit der Nachricht im Anschluss an die Therapie, dass er zu extrem gewesen sei, habe er lediglich gemeint, dass er sie dazu aufgefordert habe, alles herauszulassen und er ihr seine ganze Kraft gegeben habe. Durch die Therapie habe … zur Frau werden sollen, was bedeute, dass sie Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehme und eigene Entscheidungen im Umgang mit anderen Menschen, insbesondere ihrer Familie, treffe. Er habe nach der Therapiesitzung am 20.05.2022 noch mit der Mutter von … gesprochen, ihr aber nichts davon erzählt, dass … ihre Traumata durchlebt habe, da er die Beziehung zwischen beiden nicht habe beeinflussen wollen und davon ausgegangen sei, dass … selbst ihrer Mutter die Erlebnisse schildern würde. Es selbst habe nie auf seinem Laptop jugendpornografische Bilder heruntergeladen. Diese seien möglicherweise automatisch beim Öffnen von Popups gespeichert worden, wenn er Fußballspiele gestreamt habe. Dabei hätten sich häufiger Seiten pornografischen Inhalts geöffnet.
b. Angaben der … Y…
aa. Schilderungen im Rahmen des Erstzugriffes
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PKin S2 der PI 21 in M. schilderte, dass … Y… im Mai 2022 einen Notruf abgesetzt habe, woraufhin sie mit ihrem Kollegen T1 zur Wohnung der Familie in der R2. straße in M. gefahren sei. Dort habe die Geschädigte berichtet, was vorgefallen sei. Sie habe erzählt, dass sie sich drei Mal mit dem Angeklagten getroffen habe. Der Angeklagte sei ein Heiler, bei dem auch ihre Mutter in Behandlung gewesen sei. Der Angeklagte habe … dabei helfen sollen, selbstständiger zu werden und ihre Ängste abzubauen. Sie habe dann von dem Treffen am Vortag, dem 20.05.2022, erzählt. Er habe sie zu Hause abgeholt und sie seien in die Berge gefahren. Sie hätten noch Eis gegessen und seien dann weiter in die Berge gefahren. Sie seien gewandert und hätten unterschiedliche Rituale vollzogen. Nach einem gemeinsamen Abendessen seien sie zu seinem Wohnwagen auf einem Campingplatz in Wo. gefahren, obwohl mit ihrer Mutter eigentlich eine Rückkunft spätestens um 22 Uhr vereinbart gewesen sei. In dem Wohnwagen habe der Angeklagte sie aufgefordert, sich vollständig auszuziehen. Er habe sie mit Öl eingerieben und sei vaginal mit seinem Finger und einem Teil seines Penis bei ihr eingedrungen. Zum Samenerguss sei er nicht gekommen. Der Angeklagte habe zu ihr gesagt, dass dies eine Vorbereitung für kommende sexuelle Kontakte sei. Sie habe große Angst gehabt und sich deswegen nicht aktiv zur Wehr gesetzt. Er habe sie nach Hause gefahren und sie angewiesen, sich daheim zu duschen und auf keinen Fall ihren Eltern anzuvertrauen. Sie habe daheim dann geduscht und sei ins Bett gegangen. Am nächsten Vormittag habe sie entgegen der Anweisung ihrer Mutter von den Vorfällen berichtet. … Y… habe angefügt, dass sie bereits eine Woche zuvor mit dem Angeklagten in einem Wald gewesen sei und er seinen Finger vaginal bei ihr eingeführt habe. Von einem Zustand der Trance habe sie nicht berichtet.
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Polizeibeamtin S2 und ihr Kollege hätten die am Vortag getragene Kleidung – ein grünes T-Shirt, eine schwarze Jogginghose, grüne Socken, ein grauer Sport-BH, ein schwarzer Slip und ein schwarzer Pullover – der … Y… sichergestellt. Sie hätten sich entschlossen, das Mädchen für eine förmliche Vernehmung auf das Präsidium mitzunehmen.
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Die Angaben der Geschädigten habe PKin S2 als glaubhaft erachtet, die Schilderungen seien logisch und altersentsprechend gewesen. Es habe sich um den ersten sexuellen Kontakt der Geschädigten gehandelt, die Schilderungen der Handlungen seien der Geschädigten merklich unangenehm gewesen. Auf die Polizeibeamtin habe … Y… einen kindlichen Eindruck gemacht. Sie habe sich Mühe gegeben, alles ruhig und chronologisch zu schildern, sie sei aber auch vor und zurück gesprungen. Auf Fragen habe sie ruhig geantwortet. … Y… habe zwar verhältnismäßig gefasst gewirkt, es sei aber deutlich ihre Angst vor dem Angeklagten spürbar gewesen. Sie habe Bedenken geäußert, dass er ihr auflauere und gefragt, ob er in das Gefängnis komme.
bb. Polizeiliche Vernehmung der … Y… am 21.05.2022
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Wie KOK L1 des Kriminalfachdezernats in M. in seiner Einvernahme berichtete, habe die Geschädigte … Y… im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung im Wesentlichen folgende Angaben gemacht:
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Der Mann, um den es gehe, heiße Fr. B… und nenne sich Pa.. Ihre Mutter habe ihn angerufen, weil sie spirituelle Hilfe gebraucht habe. Er sei dann zu ihnen nach Hause gekommen und sie habe beide allein lassen müssen und sei mit dem Hund draußen gewesen. Bei einem seiner Besuche habe sie ihn kurz gesehen, als sie wieder zurückgekommen sei. Da habe er sie nach ihrem Geburtstag gefragt und auf ihre Antwort erwidert, sie hätte schon früher Geburtstag. Nach einer Woche sei er wieder zu ihnen gekommen. Nach der Therapie mit ihrer Mutter habe er mit ihr gesprochen, sie habe wegen der Trennung ihrer Eltern weinen müssen und er habe gemeint, dass sie auch mit ihm einen Termin ausmachen solle, da sie traurig sei.
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Bei dieser ersten Sitzung habe ihre Mutter mit dem Hund das Haus verlassen. Zunächst hätten Pa. und sie ein normales Gespräch im Wohnzimmer geführt. Im Anschluss seien sie in ihr Zimmer, dort habe sie zunächst die Unterwäsche ausziehen müssen und nur die Oberbekleidung anbehalten sollen. Dabei habe er nicht zugesehen, denn er sei währenddessen auf der Toilette gewesen. Im Anschluss habe er ihr im Spiegel etwas Sch.es in ihrem Auge gezeigt, was etwas Schlechtes oder die Angst sei. Er habe ihr Dehnübungen gezeigt, die sie täglich machen solle. Dabei habe er sie nicht angefasst. Außerdem habe er sie darauf hingewiesen, dass sie nicht so eine gebückte Haltung einnehmen solle. Sie habe sich auf ihr Bett legen sollen und ihm zeigen sollen, wie sie schlafe. Dann habe sie eine Schlafbrille aufsetzen sollen und habe sich vorstellen sollen, dass sie eine Zitrone kaufe, diese dann halbiere und hineinbeiße. Nachdem sie sich hingelegt habe, habe er seine Hand auf ihr Brustbein und auf den unteren Bauchbereich gelegt, um zu testen, wo ihre Kraft sei. Daraufhin habe er mit einer Rassel musiziert und gesungen. Sie sei eingeschlafen und nach einer Weile seien ihre Eltern wiedergekommen. Es habe im Nachhinein ein Gespräch zwischen Pa., ihrer Mutter und ihr gegeben. Sie habe erzählt, wie es für sie gewesen sei, aber sie habe nicht alles erzählen dürfen. Ihrer Mutter gegenüber habe sie gesagt, dass es auch besser für sie sei, wenn ihr Vater woanders wohnen würde und ihre Mutter glücklicher sei. Später sei auch ihr Vater dazugekommen. Von dem Anfassen habe sie ihren Eltern erst berichtet, als Pa. weg gewesen sei. Allerdings hätten ihre Eltern sowieso gewusst, dass er sie anfasse, um das Schlechte auszutreiben.
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Zur zweiten Sitzung habe Pa. sie mit einem Auto abgeholt und sie seien etwa eine Stunde zu einem Wald gefahren. Sie habe Kleidung in Naturfarben wie grün, schwarz oder braun tragen müssen und auf der Fahrt eine Schlafbrille aufsetzen müssen, denn es habe sich seiner Erklärung nach um einen Ort mit viel Energie gehandelt, der geheim bleiben müsse. Bei dem Parkplatz habe sie die Schlafbrille abnehmen dürfen. Neben dem Parkplatz habe es zwei Waldstücke gegeben. Er habe ein Waldstück gewählt und sie seien durch den Wald zu einem Baum gegangen. Er habe den Baum umarmt, um Energie aufzuladen. Anschließend habe sie wieder ihre Unterwäsche ausziehen müssen und nur ihre Oberbekleidung tragen dürfen. Währenddessen habe er sich umgedreht. Sie habe dann auch den Baum umarmen müssen. Anschließend habe sie in die Sonne schauen sollen, die schon ziemlich weit unten gewesen sei, habe die Augen schließen und wieder öffnen müssen und dabei die Energie der Natur sehen sollen. Nun habe sie die Schlafbrille aufsetzen müssen und von dem Baum zu einem anderen Baum laufen müssen, währenddessen sei sie ab und zu gestoppt, weil sie Angst gehabt habe. Er habe dann auch angefangen zu musizieren. Als die Übung abgeschlossen gewesen sei, habe er gesagt, dass er nun wisse, warum er sie liebe.
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Denn sie sei zunächst ihrem Kopf gefolgt und später doch ihrem Herzen.
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Es sei bereits dunkel gewesen, als sie eine Mini-Matratze auf den Boden gelegt hätten. Sie habe sich darauflegen müssen, die Schlafbrille aufsetzen müssen und er habe eine Decke auf sie gelegt. Nun habe er ihr drei Atemtechniken gezeigt, an die sie sich nicht erinnere. Zwischendurch sei er zur Seite gekippt und habe gemeint, dass ihn etwas Starkes gestoßen hätte. Er habe gesagt, dass er nun anfange, sie anzufassen und habe dies getan. Er habe von der Seite unter der Decke aus zwischen ihre Beine gefasst und da eine Bewegung mit seiner Hand über der Hose gemacht. Irgendwann habe er auch in die Hose gegriffen, eine Unterhose habe sie nicht mehr angehabt, da sie diese bereits zuvor habe ausziehen müssen. Währenddessen habe sie Bewegungen mit der Hüfte machen und atmen müssen. Seine Hand sei währenddessen in ihrer Hose gewesen, ein Finger sei bei ihr drinnen gewesen.
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Im Anschluss habe sie die Schlafbrille absetzen dürfen, habe aufstehen müssen und sich vollständig entkleiden sollen. Er habe ein Holzstück von Palo Santo angezündet, dessen Rauch er mit Hilfe einer Feder von vorne und von hinten auf ihren Körper gepustet habe. Es habe dann zu gewittern begonnen, sie habe Hose und Pullover angezogen und sie seien schnell gegangen. Auf dem Weg zum Auto habe er sie noch gefragt, welches Tier sie sei und er habe gemeint, sie sei ein Wolf. Während der Weiterfahrt habe sie die Schlafbrille aufsetzen müssen.
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Sie seien zur Großhesseloer Brücke gefahren. Er habe ihr bereits vorher erzählt, dass dort drei Mädchen gestorben seien und dass sie nach unten sehen solle, falls sie Angst habe. Sie seien über die Brücke gelaufen und an deren Ende in Richtung Wald. Dort seien sie zu einer Wand mit einem Loch gekommen. Sie habe es nicht geschafft, zu dem Loch hochzuklettern und deswegen habe sie sich vor der Wand auf den Boden gesetzt. Sie habe ein Holzstück von Palo Santo bekommen und bevor er gegangen sei, habe er gemeint, sie dürfe es anzünden, wenn sie Angst vor der Dunkelheit habe. Sie habe sich nicht bewegen dürfen und warten sollen, bis er wieder komme. Er sei nach ihrem Gefühl lange – etwa ein bis zwei Stunden – weg gewesen, sie habe immer wieder das Holz angezündet und er habe eine Überraschung geholt. Das seien ihre Eltern gewesen. Zunächst habe sie Steine gehört, dies sei ihr Vater gewesen, der oberhalb von ihr gewesen sei und nicht gewusst habe, wie er zu ihr komme. Pa. sei mit ihrer Mutter zuerst bei ihr gewesen. Ihr Vater sei dann auch dazugestoßen und sie sei mit ihrer Mutter zum Auto gegangen, ihr Vater habe noch ihre Sachen in Pa.s Auto geholt und dann seien sie gefahren. Nach dem Treffen mit Pa. habe sie schon gefühlt, dass das etwas Schlechtes gewesen sei, aber es sei ihr eigentlich erst ganz gut gegangen. Als das weitere Treffen immer näher gerückt sei, habe sie ein schlechtes Gefühl gehabt. Ihren Eltern habe sie nichts erzählt, weil er gemeint habe, dass sie nichts erzählen dürfe. Ihre Eltern hätten schließlich auch Rituale mit ihm gemacht und er habe gesagt, dass das ein Geschenk von ihm für sie sei.
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Das letzte Treffen sei am 20.05.2022 gewesen. Sie sei nach der Schule zu Hause gewesen und er habe sie von dort um 15.30 Uhr abgeholt. Sie habe eine Schlafmaske aufsetzen müssen. Sie hätten einen Zwischenstopp eingelegt, sie habe die Schlafbrille absetzen dürfen und habe Eis geholt, das sie im Auto gegessen hätten. Im Anschluss habe sie die Schlafmaske wieder aufsetzen müssen und sie seien weitergefahren zu einem Wald. Er habe ihr dort erzählt, dass das die Grenze zwischen Deutschland und Österreich sei. Sie seien über die Brücke am S.speicher gefahren und hätten geparkt. Sie habe die Schlafmaske abnehmen dürfen. Im Wald habe sie einen Holzstock aussuchen müssen, der die Energie ihres Bruders habe. Ihr Bruder sei bereits vor ihr dort gewesen. Sie seien weitergegangen und auf drei Baumstümpfe gestoßen, bei denen sie einen heraussuchen sollte, bei dem sie sich ihren Bruder vorstellen könne. Das habe sie gemacht. Bevor sie zu dem Baumstumpf habe gehen müssen, habe sie ihren BH und ihre Schuhe ausziehen müssen. Dann sei sie zu dem ausgewählten Baumstumpf gegangen und habe sich dort rücklings fallen lassen müssen. Sie habe kein Vertrauen gehabt und sich zweimal auf ihr Gesäß gesetzt, beim dritten Mal habe sie sich fallen lassen und es habe wehgetan. Deswegen habe er sich hinter sie gestellt und habe sie beim Zurückfallen aufgefangen. Sie habe ihre Schuhe anziehen müssen und sie seien weitergegangen.
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Als sie bei einem Gewässer angekommen seien, habe sie sich komplett ausziehen müssen. Sie habe durch ihren Bruder gewusst, was sie erwarte. Dieser sei von ihm geschubst worden und sei in das Wasser gefallen. Sie habe gesagt, dass sie das nicht wolle und er habe erwidert, sie müsse das jetzt machen und sich überwinden. Er habe gesagt, sie würde heute zur Frau werden, denn beim Herunterfallen sterbe man das erste Mal und spüre Kälte. Sie sei keine Jungfrau mehr und kein Kind. Sie habe wiederholt, dass sie das nicht wolle. Er habe sie von vorne geschubst und sie sei nach hinten in das Wasser gefallen. Dabei habe sie atmen müssen, denn das Wasser sei sehr kalt gewesen. Sie habe dann auch angefangen zu weinen, denn sie sei ungefähr zwei Meter gefallen. Die zwei Meter habe sie anhand eines Schrankes im Vernehmungszimmer festgemacht. Sie habe nach dem Aufkommen im Wasser zu schnell geatmet und er habe gemeint, sie solle langsamer atmen. Er habe ihr gezeigt, wo sie aus dem Wasser steigen könne, und das habe sie gemacht. Er habe sie umarmt und sie mit dem Rauch des Holzstabes angepustet. Er habe ihr ein Handtuch gegeben und sie habe ihn möglichst gemein ansehen sollen. Wenn sie ihn nicht gemein ansehe, komme er näher. Schließlich habe sie ihn so gemein angesehen, dass er nicht mehr nähergekommen sei. Sie habe sich vollständig angezogen – auch ihre Unterwäsche. Sie habe sich dann auf das Handtuch setzen und nicht nach hinten blicken sollen. Aufgrund der Geräusche habe sie wahrgenommen, dass er auch im Wasser gewesen sei. Sie habe die Augen schließen müssen, während er sich angezogen habe. Anschließend hätten sie über den Schubs geredet. Dabei habe sie gesagt, dass er sie geschubst habe, er habe jedoch erwidert, dass das die Natur gewesen sei. Er habe eine Blume gepflückt und sie ihr mit den Worten gegeben, dass das nur für einen besonderen Moment sei. Sie solle die Blume nie verlieren und dadurch immer an diesen Moment und an ihn denken. Danach habe er ihr noch erklärt, wie das Sperma des Mannes in die Frau komme. Er habe sie dabei am Bauch und auch im Intimbereich – in der Hose und kurz in der Unterhose – angefasst. Als sie seinen Rucksack genommen habe, habe er gemeint, dass sie nicht das Gewicht anderer schultern dürfe. Außerdem habe sie sich vom Wald verabschieden müssen, diesen könne man jedoch nicht umarmen. Deswegen habe sie dann einfach die Hand gehoben.
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Im Anschluss seien sie mit dem Auto zu einem Restaurant gefahren, hätten etwas gegessen, hätten danach ihre Fahrt fortgesetzt und seien in eine Polizeikontrolle geraten. Es habe alles gepasst, die Polizisten hätten sie nichts gefragt. Er habe ihr erzählt, dass sie jetzt zu ihm fahren würden. Dort angekommen, habe er ihr eine Zahnbürste und Zahnpasta gegeben und sie habe die Zähne putzen müssen. Sie seien beide getrennt voneinander auf die Toilette gegangen. Danach habe er noch mit dem Inhaber des Campingplatzes über Gitarrenstunden für dessen Tochter gesprochen. Sie und der Inhaber hätten sich auch namentlich vorgestellt. Pa. habe ihr den Wohnwagen gezeigt. Sie habe ihn gefragt, wo er schlafe, da sie nur ein Sofa gesehen habe und er habe ihr das Bett gezeigt. Er habe gesagt, sie solle sich ausziehen und er mache etwas Musik. Er habe auch die Vorhänge zugezogen. Sie habe sich angezogen auf das Bett gelegt, aber er habe verlangt, dass sie sich ausziehe. Sie habe sich auf den Bauch legen müssen, er sei mit Unterhose bekleidet gewesen und habe sie mit Öl massiert – angefangen bei den Füßen, über den Rücken und auch im Intimbereich. Er habe sie unten zwischen den Beinen angefasst und sei mit einem Finger bei ihr eingedrungen, sie glaube, dass es einer gewesen sei. Dabei sei er aber nicht richtig hineingegangen. Später habe sie sich auf den Rücken legen müssen. Er habe sie an den Brüsten massiert und erneut im Intimbereich – wieder sei er mit seinem Finger eingedrungen, wenn auch nicht ganz. Er sei neben ihr auf dem Bett gesessen. Dann habe sie sich querlegen müssen, mit den Beinen nach oben und diese auseinandernehmen müssen, er habe mit der Zunge ihre Scheide geleckt, sei damit eingedrungen und habe komische Bewegungen gemacht. Zuletzt habe er parallel auch ihre Brüste angefasst. Anschließend habe sie eine Vierfüßlerposition einnehmen müssen. Er habe da etwas mit seinem Finger oder seinem Penis gemacht, sie habe die Augen geschlossen gehabt und es habe nicht wehgetan. Bis dahin habe sie gedacht, dass das alles noch zum Ritual gehöre, das sie zur Frau mache. Dann habe sie sich in Embryonalstellung seitlich hinlegen müssen. Dabei habe er sich hinter sie gelegt und sei nackt gewesen, denn sie habe kurz die Augen geöffnet und das gesehen. Sie habe das rechte Bein nach oben nehmen müssen. Dabei sei sie sehr zittrig und aufgeregt gewesen. Er habe gesagt, dass sie es richtig spüren solle, damit es nicht mehr so weh tue, wenn sie mal groß sei. Dann sei er in sie eingedrungen. Ab diesem Zeitpunkt habe es auch wehgetan. Er sei mehrmals eingedrungen, anfangs sei es noch ganz langsam gewesen und dann immer stärker. Es habe richtig wehgetan, was sie gesagt habe. Dennoch habe er weitergemacht. Sie habe wiederholt, dass es ihr wehtue und er habe wieder weitergemacht. Dann habe sie angefangen zu weinen und gesagt, dass sie nach Hause wolle. Er habe dann aufgehört und sie gefragt, ob er irgendetwas falsch gemacht habe. Diese Frage habe sie verneint und gesagt, dass sie einfach nach Hause wolle. Er habe gesagt, dass er das nur mache, weil er sie liebe und nicht, um ihr wehzutun, und dass er das mit viel Liebe mache.
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Im Anschluss hätten sie noch nackt nebeneinander gelegen, sie habe ihn anschauen müssen und er habe über ihren Tag sprechen wollen und was sie alles erlebt habe. Sie habe nur kurz angebunden geantwortet und er habe festgestellt, dass sie nur so einsilbig antworte, weil sie heimwolle. Er habe noch gesagt, dass er nicht wolle, dass das eine schlechte Erinnerung für sie sei und sie niemandem etwas erzählen solle. Außerdem habe er noch gesagt, dass Sex etwas Heiliges sei. Sie habe ihn umarmen müssen, er sei aufgestanden und habe sich angezogen. Dann habe er das Licht angemacht und sie habe sich ebenfalls angezogen. Sie seien zum Auto und dort habe sie sofort ihr Handy angeschaltet, denn das habe sie immer ausgeschaltet im Auto lassen müssen, wenn sie mit ihm unterwegs gewesen sei. Ihre Mutter habe sofort gemerkt, dass sie das Handy eingeschaltet habe und habe ihr geschrieben. Sie habe knapp geantwortet, dass es ihr gut gehe und sie jetzt heimfahren würden. Auf der Heimfahrt habe er zu ihr gemeint, dass sie eine warme Dusche nehmen solle. Das habe sie dann auch daheim gemacht. Ihre Mutter sei mit ihrem Hund bei ihrer Ankunft draußen gewesen. Sie habe dann mit dem Hund gehen sollen und ihre Mutter habe sich mit Pa. unterhalten. Als sie wieder zu ihnen gestoßen sei, hätten sie sie ins Haus geschickt. Ihre Mutter habe noch vier Stunden mit Pa. geredet und sie habe nach dem Duschen in ihrem Zimmer auf sie gewartet. Als sie gekommen sei, habe sie sich schlafend gestellt.
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Sie habe noch nie Geschlechtsverkehr gehabt. Sie merke im Intimbereich nur etwas Schmerzen. Sie könne nicht sagen, ob der Mann einen Samenerguss gehabt habe oder er ein Kondom getragen habe. Sie seien immer mit einem kleinen grünen Auto unterwegs gewesen. Er habe keine Gewalt angewandt.
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Der Polizeibeamte ergänzte, dass die Vernehmung mit der Geschädigten vier Stunden gedauert habe – der Fließtext zu ihrer Vernehmung sei mit vielen Pausen entstanden. Er habe … Y… erzählen lassen und ihre Aussage dann möglichst wortlautgetreu mit dem Diktiergerät aufgenommen. Die Geschädigte sei kindlich gewesen und man habe ihr angemerkt, dass sie die Geschehnisse nicht habe einordnen können. Auf seine Frage hin habe sie geäußert, dass sie im Wohnwagen bis zu dem Vierfüßlerstand davon ausgegangen sei, dass es sich um ein Ritual handele. Als sie das Eindringen im Wohnwagen geschildert habe, sei sie zittrig geworden und habe geweint, dies habe sie spürbar sehr belastet. Sie hätten dann eine Pause eingelegt, bis sie sich beruhigt habe. Bis dahin habe sie die Treffen sachlich und detailreich geschildert. In ihren Erzählungen sei sie auch vor- und zurückgesprungen, wenn sie der Meinung gewesen sei, sie habe etwas vergessen. Dadurch, dass sie selbst nicht habe einschätzen können, was wichtig sei, habe sie alles genau berichtet. Ihre Gestik und Mimik sei lebhaft gewesen, sie habe einzelne Übungen nachgemacht oder gezeigt, wo der Angeklagte sie berührt habe. Als sie von dem Schubs in das Wasser erzählt habe, habe sie selbstständig auf einen etwa zwei Meter hohen Schrank im Zimmer gezeigt und die Fallhöhe mit diesem verglichen.
cc. Ermittlungsrichterliche Vernehmung der … Y… am 13.10.2022
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In der ermittlungsrichterlichen Videovernehmung vom 13.10.2022, die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurde, machte … Y… im Wesentlichen folgende Angaben:
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Sie habe den Angeklagten das erste Mal zufällig bei sich zu Hause gesehen. Damals sei sie in die achte Klasse gegangen, sie könne aber nicht einordnen, ob es 2021 oder 2022 gewesen sei. Sie glaube, es sei im Winter gewesen. Sie habe drei bis vier Stunden draußen mit dem Hund verbringen müssen, während ihre Mutter mit dem Mann eine Therapie gemacht habe. Als sie nach Hause gekommen sei, habe sie ihn unter dem Namen Pa. kennengelernt. Er habe sie nach ihrem Geburtstag gefragt und auf ihre Antwort habe er geäußert, dass sie eigentlich früher geboren sei. Er habe versucht, sie zu beeindrucken. Nach einer Weile sei er gegangen. Sie habe schon vor dem Kennenlernen von dem Mann erfahren, weil ihre Mutter ihr erzählt habe, dass er ihr wegen ihrer Knieprobleme mit einer Therapie und mit Atmungen helfen solle. Ihre Mutter habe schon immer Knieprobleme. Ursprünglich sei Pa. ihrer Mutter von einer Freundin empfohlen worden, die ihr die Kontaktaufnahme mit ihm nahegelegt habe. Pa. sei wegen der Knieprobleme gekommen, habe diese aber auf ihren Vater zurückgeführt und die ganze Familie auseinandergenommen. Ihr Vater sei schließlich innerhalb von höchstens einem Monat ausgezogen. Mittlerweile sei er aber wieder eingezogen. Bei den Therapiestunden ihrer Mutter sei sie nie dabei gewesen. Es habe dann ein zweites zufälliges Aufeinandertreffen mit Pa. gegeben. Dabei hätten sie sich vor der Tür getroffen, sie habe wegen der bevorstehenden Trennung ihrer Eltern geweint. Das sei bereits in der Familie diskutiert worden. Pa. habe gemeint, dass sie sich trennen müssten, wenn sie nicht glücklich seien. Da habe er zu ihr gesagt, dass sie eine Therapie machen müssten und er ihr helfen wolle.
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Beim dritten Treffen sei sie dann allein mit ihm zu Hause gewesen, er habe sie etwa zwei bis drei Stunden therapiert. Sie habe nicht gewusst, um welche Art von Therapie es sich handele, nur dass sie mit Einatmung zu tun habe. Er habe keine Qualifikationen vorgewiesen, erst später habe sie erfahren, dass er eine Art Schamane sei und den Naturglauben vertrete. Als er gekommen sei, seien ihre Eltern spazieren gegangen. Zunächst habe sie sich umziehen müssen, wobei sie die Unterwäsche ausziehen habe müssen und nur T-Shirt und Jogginghose getragen habe. Nachdem sie sich umgezogen habe, hätten sie sich vor den Spiegel gestellt und er habe ihr etwas in ihrem Auge gezeigt. Später habe sie sich auf das Bett legen müssen und eine Schlafmaske aufsetzen müssen. Sie habe ihm gezeigt, wie sie schlafe. Sie schlafe seitlich und mit der Decke oben, da sie vor dem Dunklen Angst habe – sie habe generell vor vielen Sachen Angst. Pa. habe angefangen zu singen und es sei dann etwas aus ihr herausgekommen. Sie habe es wirklich gefühlt, könne aber nicht sagen, ob er Angst in ihr hervorgebracht habe oder nicht. Er habe ihr dann noch erzählt, dass sie sich vorstellen solle, sie gehe in einen Bio-Laden, sehe eine saftige Zitrone, sie halbiere die Zitrone und schmecke sie. Diese Geschichte habe er ihr häufiger erzählt bis an den Tag, an dem er sie wirklich angefasst habe und alles gemacht habe. Er habe sie am Brustbein und unter dem Bauchnabel berührt, um zu verstehen, woher ihre Energie komme. Dadurch habe er verstanden, dass diese vom Bauch komme. Ansonsten habe er sie nicht angefasst und sie habe ihn auch nicht anfassen müssen. Für die Therapie habe er die Erlaubnis ihrer Eltern gehabt, was er ihr ausdrücklich gesagt habe. Ihre Eltern hätten von der Therapie gewusst und seien damit einverstanden gewesen. Im Nachhinein habe sie nicht gewusst, ob sie eingeschlafen sei, aber Pa. habe gemeint, dass sie geschlafen habe. Er habe sie noch gefragt, ob sie lieber wolle, dass ihre Eltern zusammen seien, aber traurig, oder getrennt, aber glücklich. Schweren Herzens habe sie geantwortet, dass sie getrennt, aber glücklich sein sollten. Ihre Eltern seien zurückgekommen und sie sei auf ihre Mutter zugegangen, um ihr zu sagen, dass die Trennung für sie in Ordnung sei. Ihre Mutter habe dann angefangen zu weinen. Bei diesem dritten Treffen habe er noch gemeint, dass er sie beim nächsten Treffen in den Wald bringe.
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Erst beim vierten Treffen habe er dann auch das Gespräch auf sexuelle Themen gelenkt. Sie sei allein mit ihrem Hund zu Hause gewesen, ihre Mutter sei arbeiten gewesen, ihr Vater sei schon ausgezogen gewesen. Ihre Eltern hätten aber gewusst, dass sie sich mit ihm treffe und seien damit einverstanden gewesen. Pa. habe sie zwischen 16 Uhr und 17 Uhr mit einem kleinen grünen Auto abgeholt und sie seien mindestens 30 Minuten zu einem Wald gefahren. An die Uhrzeit könne sie sich erinnern, da sie bei einer Übung in die Sonne habe schauen müssen und das sei gewesen, kurz bevor die Sonne untergegangen sei. Bei dieser Übung habe sie die Energie der Pflanzen gesehen. Sie habe sich immer mit Naturfarben kleiden müssen in grün oder braun. Sie habe Unterwäsche getragen, ein T-Shirt und eine Jogginghose. Im Auto habe sie bemerkt, dass sie ihre Flasche Wasser vergessen habe, die sie eigentlich hätte mitnehmen sollen. Sie habe sofort ihr Handy ausschalten müssen. Am Anfang habe sie etwas sehen dürfen, aber dann habe sie eine Schlafmaske aufziehen müssen, damit sie nicht mehr zu dem Ort finde, da dieser viel Energie habe. Unter der Schlafmaske habe sie ihre Augen offengehalten, da sie kein Vertrauen gehabt habe. Sie seien angekommen und sie habe die Maske absetzen dürfen, dann seien sie fünf Minuten gelaufen. Dort habe es auch einen Fluss gegeben und sie habe die Menschen gehört, die vielleicht in den Fluss gesprungen seien und geschrien hätten. Es habe zwei Waldstücke gegeben, bei denen Pa. erst habe entscheiden müssen, welches in Ordnung für sie sei und welches zu stark für sie sei. Er habe sich für eines entschieden und sie seien zu einem Baum gelaufen. Auf dem Weg sei ein elektrischer Zaun gewesen. An dem Baum habe Pa. sich mit Energie aufladen müssen. Sie habe ebenfalls den Baum umarmen müssen. Anschließend habe sie ihre Unterwäsche ausziehen müssen, dabei habe er sich weggedreht. Sie habe sich damit sehr beeilt und geschaut, ob er sie doch anschaue. Sie habe ihm mitgeteilt, dass sie fertig sei, und er habe sich wieder umgedreht. Pa. habe ihr dann erzählt, dass der Vater ihrer Mutter die Seele des Baumes sei und sie den Baum nochmals umarmen solle. Sie habe daraufhin gefühlt, dass da irgendetwas gewesen sei, etwas Starkes, was sie vorher nicht gespürt habe. Pa. habe gemeint, sie könne dem Baum alles erzählen. Sie wisse nicht, was sie daraufhin erzählt habe, aber als sie verstanden habe, dass vielleicht wirklich ihr verstorbener Großvater die Seele des Baumes sei, habe sie den Baum umarmt und geweint. Sie habe starke Emotionen verspürt. Die nächste Übung habe sie nicht machen wollen. Sie habe die Schlafmaske aufsetzen müssen und habe dann von dem Baum zu einem anderen Baum laufen sollen, der sehr weit weg gewesen sei. Sie habe gesagt, dass sie das nicht machen wolle und dass sie Angst habe. Pa. habe aber gesagt, dass sie das machen müsse und dass er sie warne, wenn etwas Gefährliches da sei. Daraufhin habe sie die Übung trotz ihrer Angst gemacht, habe die Augen unter der Maske offengehalten und sei zunächst gerannt, später sei sie langsamer geworden. Pa. habe durch ihre Bewegung erkennen müssen, ob sie ein Herzmensch oder ein Kopfmensch sei. Er habe dann gesagt, sie sei ein Herzmensch und deshalb liebe er sie. Im Anschluss habe sie mit von der Schlafmaske bedeckten Augen zu ihm finden müssen, während er auf einer Trommel musiziert habe. Bei einer weiteren Übung habe sie sich wegen der Mücken sehr schnell vollständig ausziehen müssen und sei nackt vor ihm gestanden. Er habe dann den Rauch von Palo Santo vorne und hinten mit Hilfe einer Feder auf sie gepustet.
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Daraufhin habe sie schnell wieder ihre Jogginghose, ihr T-Shirt und ihren Pullover anziehen müssen, sie hätten eine mitgebrachte Matratze, die aus verschiedenen kleinen Kissen zusammengenäht worden sei, auf den Boden gelegt, auf die sie sich habe legen sollen. Nun hätten sie für zehn bis 20 Minuten drei Atemübungen gemacht wie einfach schnell atmen oder in Wellen atmen. Die dritte Atemübung wisse sie nicht mehr. Währenddessen habe er sie im Intimbereich anfassen müssen, habe aber nach ihrer Erlaubnis gefragt, die sie ihm gegeben habe. Er habe dann mit seiner Hand druckvoll gegen ihre Scheide gestoßen. Pa. habe gesagt, dass es nicht schlimm sei, wenn sie stöhnen müsse. Ohne zu fragen, habe er dann unter ihrer Hose weitergemacht. Er habe ihre Scheide gestreichelt und sei mit seinen Fingern – vielleicht zwei – mindestens zweimal in ihre Scheide eingedrungen, während sie weiter geatmet habe und aus Angst nichts gesagt habe. Er habe die Finger hineingetan. Sie habe immer noch die Schlafmaske aufgehabt, habe nichts gesehen und nur gefühlt. Er sei immer nur mit Fingern derselben Hand eingedrungen, was er mit der anderen Hand gemacht habe, wisse sie nicht. Die Finger seien überall hineingegangen. Sie habe Schmerzen gehabt, aber sie habe diese aus Angst nicht geäußert. Ein Stöhnen von ihm habe sie nicht bemerkt und auch nicht, dass es auf oder bei ihr feucht geworden sei. Es habe noch eine Sache gegeben, vor der sie Angst gehabt habe, bevor das Ganze angefangen habe: Pa. sei umgefallen und habe dann gemeint, dass ihn ein Wesen umgeschubst habe. Das habe sie ihm damals geglaubt, auch wenn sie zuvor nicht an die Existenz solcher Wesen geglaubt habe. Im Rahmen des vierten Treffens habe er – noch bevor sie sich habe hinlegen müssen – gefragt, ob sie schon einmal masturbiert habe. Sie habe zunächst nicht antworten wollen, weil das sehr komisch gewesen sei, mit einem anderen Menschen über so etwas zu reden. Pa. habe gemeint, dass das eine ganz normale Sache sei und sie habe seine Frage dann bejaht. Als die Atemübung vorbei gewesen sei, habe sie an seiner Hand das Aroma ihrer Scheide gerochen. Sie habe dann schnell aufstehen müssen, sie hätten die Matratze zusammengepackt und seien gegangen. Es sei bereits dunkel gewesen, sie habe aber noch die anderen Menschen gehört. Sie seien zum Auto zurückgegangen und er habe ihr noch erzählt, dass jeder Mensch ein Tier sei und ob sie wisse, was sie für ein Tier sei, was sie verneint habe. Er habe dann gesagt, sie sei eine Wölfin.
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Sie seien schnell zu einer Brücke gefahren, wo laut Pa. die Geister drei toter Frauen gewesen seien. Auf der Fahrt habe sie erneut die Schlafmaske aufsetzen müssen.
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Nach der Ankunft habe sie sie wieder ablegen dürfen und habe den Ort an der Isar erkannt. Ihr sei kalt gewesen, deswegen habe er ihr seine Jacke gegeben und dann seien sie bei der großen Isarbrücke durchgegangen, wo die drei Geister der toten Frauen gewesen seien. Sie hätten trotz dieser Geister durch die Brücke laufen müssen, wobei sie auf den Boden habe sehen müssen, wenn ihr die Geister Angst eingejagt hätten, und geradeaus, wenn nicht. Pa. habe ihr dabei seine Hand gegeben. Es habe dann einen Weg nach unten zur Isar gegeben und einen nach oben, letzteren hätten sie genommen in den Wald hinein. Sie habe auf einen Stein klettern sollen, was sie nicht geschafft habe, und dann habe sie unten auf dem Weg sitzen bleiben dürfen. Er habe ihr Palo Santo und ein Feuerzeug in die Hand gegeben. Er habe gemeint, sie solle dort sitzen bleiben, sich nicht bewegen und einfach geradeaus schauen. Sie solle keine Angst haben und wenn sie welche habe, solle sie das Holz anzünden. Er sei dann weggegangen und sie habe dort 30 Minuten oder länger gewartet, dabei seien auch ihre Beine eingeschlafen. Ihre Eltern hätten sie dann als Überraschung abgeholt, Pa. habe ihnen den Weg gezeigt. Zuerst sei ihre Mutter gekommen, eigentlich hätte ihr Vater zuerst kommen müssen, aber der habe sie nicht gefunden, weil er ganz oben gewesen sei. Sie selbst habe ihre Eltern zunächst nicht erkannt und dachte, es seien Fremde. Da sie allein im Wald gewesen sei, habe sie sehr viel Angst gehabt. Ihre Mutter habe sie gefragt, was los sei. Später habe Pa. gesagt, sie könne wieder aufstehen und sich bewegen, das habe sie nur gedurft, wenn er es ihr erlaube. Dabei habe er sie herablassend behandelt. Ihre Beine seien wacklig gewesen. Ihr Vater sei dazu gekommen und Pa. habe noch geredet, an den Inhalt könne sie sich nicht erinnern. Sie hätten sich zu viert an den Händen gehalten und hätten nach unten auf den Boden blicken müssen, wenn sie sich eingeschüchtert gefühlt hätten. Später sei sie mit ihrer Mutter zum Auto gegangen und sie habe mehrmals gefragt, ob es ihr gut gehe, was sie bejaht habe. Denn bereits bei der Autofahrt habe Pa. zu ihr gesagt, dass sie ihren Eltern nur das sagen solle, was sie hören wollen würden. Ihre Eltern sähen sie wie ein kleines Kind, das sie nicht mehr sei. Er habe ihr außerdem damit Angst gemacht, dass er sie überall sehen und hören könne. Daran habe sie sich gehalten und ihrer Mutter nur erzählt, was diese habe hören wollen. Sie glaube, dass Pa. ihr am Ende der Atemübungen auch gesagt habe, dass sie das Eindringen mit den Fingern nicht erzählen solle. Ihr Vater habe noch aus Pa.s Auto ihre Sachen geholt und sei dann ebenfalls gekommen. Sie sei dann zwischen 22 Uhr und 23 Uhr wieder zu Hause gewesen.
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Beim fünften Treffen habe Pa. sie wieder von daheim abgeholt. Sie habe Angst gehabt, nachdem er beim vierten Treffen bei ihr eingedrungen sei. Sie habe gewusst, dass da etwas Körperliches und mehr käme – auch aufgrund seiner Nachrichten. Er habe ihr geschrieben, dass sie beim nächsten Treffen ihren Körper geben müsse. Da habe sie verstanden, dass sie vielleicht vergewaltigt werde. Sie habe ihrer Mutter gesagt, dass sie sehr viel Angst habe und nicht wisse, ob sie mit ihm mitgehen solle. Ihre Mutter habe gemeint, sie solle ihm das so schreiben, was sie auch getan habe. Pa. habe ihr versichert, dass sie keine Angst zu haben brauche, es werde nichts passieren. Sie habe nach wie vor Angst gehabt und ihre Mutter habe ihr geraten, dass sie ihm einfach sagen solle, wenn sie etwas nicht wolle. Das sei aber nicht so einfach gewesen. Sie seien gemeinsam mit dem Auto gefahren, sie habe wieder Unterwäsche getragen, was ihm nicht gefallen habe, denn er habe ihr bei diesem Treffen gesagt, dass er es nicht möge, wenn sie einen BH anziehe. Es sei eine sehr lange Fahrt gewesen und sie habe wieder die Schlafmaske aufsetzen müssen. Sie hätten einen kleinen Zwischenstopp auf der Fahrt gemacht, denn er habe gemeint, sie bräuchten etwas Zucker. Sie habe Eis geholt, während er im Auto geblieben sei. Auf der Weiterfahrt habe sie ihn irgendwie zum Lachen gebracht und er habe gemeint, sie sei lustig. Als sie die Schlafmaske habe absetzen dürfen, seien sie bei einem Wald vorbeigefahren und er habe ihr erzählt, dass sie nahe der Grenze zu Österreich seien. Man hätte überall parken können, aber er habe einen Parkplatz gesucht, wo sonst niemand anders geparkt habe. Eigentlich habe sie Bergschuhe anziehen sollen, die Pa. ihr habe leihen sollen, aber dies habe er vergessen und sie habe ihre normalen Turnschuhe getragen. Sie seien zum Wald gelaufen. Auf dem Weg seien zwei Hölzer gelegen und sie habe entscheiden müssen, welches durch ihren Bruder genutzt worden sei. Sie habe Angst gehabt, die falsche Entscheidung zu treffen, habe aber bei den Hölzern nichts gefühlt. Letzten Endes habe sie eines gewählt und Pa. habe sie gelobt, das sei das Richtige gewesen. Etwa fünf Schritte weiter habe er bemerkt, dass sie einen BH trage und habe ihr befohlen, diesen sofort auszuziehen. Zunächst habe sie nicht gewusst wie, denn sie habe nicht gewollt, dass jemand etwas sehe. Es sei aber niemand dort gewesen und sie habe ihn dann ausgezogen. Bei drei Baumstümpfen habe sie eine neue Übung machen müssen. Dabei habe sie denjenigen wählen müssen, den ihr Bruder auch gewählt habe und habe sich nach hinten fallen lassen müssen. Sie habe Angst gehabt, dabei ihren Kopf anzustoßen, weswegen sie sich immer auf den Po gesetzt habe. Dies habe Pa. sauer gemacht, er habe sich hinter sie gestellt und nun habe er sie aufgefangen beim Fallenlassen. An eine weitere Übung, die sie dort habe machen müssen, könne sie sich nicht erinnern.
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Im Anschluss seien sie weiter an den Ort gegangen, wo man heruntergeschubst werden müsse. Dies habe sie von ihrem Bruder gewusst, der ihr davon erzählt habe, auch wenn er es nicht weitererzählen habe dürfen. Denn was Pa. für Übungen mit ihnen gemacht habe und was er ihnen geschrieben habe, hätten sie untereinander nicht erzählen dürfen – das habe Pa. immer gesagt. Sie habe dann vorgehen sollen. Dort angekommen, hätten sie sich hingesetzt und geredet, wobei sie nicht mehr wisse, worüber. Sie habe sich vollständig ausziehen müssen, das Wasser sei von einem Felsen heruntergekommen und sei etwa drei Meter unter ihr geflossen, die Tiefe des Wassers habe sie nicht gewusst. Auf ihre Frage, ob sie auf dem Grund aufkommen könne, habe er gemeint, dass bei ihrem Bruder auch nichts passiert sei und daher bei ihr auch nichts passiere. Als sie wieder hinuntergeblickt habe, habe sie große Angst bekommen und habe mehrmals gesagt, dass sie das nicht machen wolle und dass sie das nicht mache. Dann habe sie auch zu weinen angefangen. Er habe gesagt, dass sie das schaffen werde und kein Kind sein solle, sie werde heute zu einer Frau. Sie habe wiederholt Nein gesagt und habe mit dem Rücken zum Abgrund gestanden. Er habe ihr noch gezeigt, wie sie atmen müsse, damit nichts passiere. Dies habe ihr zusätzlich Angst gemacht. Er habe sie dann mit einer Hand an der Schulter heruntergeschoben. Beim Aufprall habe sie starke Schmerzen am Rücken gehabt, mit dem sie zuerst auf dem Wasser aufgekommen sei, und das Wasser sei eiskalt gewesen – normalerweise wäre sie bei den Temperaturen nie dort schwimmen gegangen. Sie sei dann zum Ufer geschwommen. Ob er sich vor ihrem Sprung informiert habe, ob sie schwimmen könne, könne sie nicht sagen. Er sei ebenfalls von oben zum Ufer gekommen und habe sie von vorne umarmt. Sie sei sauer auf ihn gewesen, weil sie das nicht habe machen wollen und das mehrmals gesagt habe. Für sich habe sie gedacht, wenn das schon nicht funktioniert habe, werde er auch später nicht respektieren, wenn sie sich sträube. Er sei dann wieder hochgegangen und habe ein Handtuch und Badeschuhe geholt, die er ihr gegeben habe. So sei sie auch wieder hochgegangen und habe sich angezogen. Er habe gemeint, sie solle immer nach vorne schauen und sich nicht umdrehen, er sei wieder heruntergegangen und in das Wasser gesprungen. Als er hochgekommen sei, habe er eine Blume gepflückt und ihr diese mit den Worten geschenkt, dass Blumen nur für wichtige Fälle gepflückt würden.
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Dann habe er ihr erklärt, wie der Same des Mannes in die Frau komme.
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Anschließend seien sie zu einem Restaurant gefahren, in dem es deutsches und vietnamesisches Essen gegeben habe. Dort seien sie mit zwei anderen Personen an einem Tisch gesessen und hätten auch manchmal mit ihnen geredet. Sie habe nicht gewusst, ob sie etwas sagen solle – aus Angst habe sie nicht um Hilfe gebeten. Nach dem Essen habe sie nach Hause gewollt, es sei auch so vereinbart gewesen, aber sie habe das aus Angst nicht gesagt und sie seien zu ihm gefahren. Dabei habe sie wieder die Schlafmaske aufsetzen müssen. Auf der Fahrt habe es eine Polizeikontrolle gegeben, er habe kein Warndreieck im Auto gehabt. Sie habe Angst gehabt und nicht gewusst, ob sie auf Pa.s Seite sein solle oder auf der Seite der Polizei und sie hätte auch nicht erklären können, warum sie mit ihm unterwegs sei. Danach sei sie aber nicht befragt worden und sie seien weitergefahren, während sie wieder die Schlafmaske habe aufziehen müssen. Kurz vor dem Campingplatz in Wo. habe sie diese wieder absetzen dürfen.
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Sie habe zuerst aufgrund seiner Aufforderung auf die Toilette gehen sollen und ihre Zähne putzen sollen in den Sanitäranlagen auf dem Campingplatz. Er sei ebenfalls auf die Toilette gegangen. Im Anschluss hätten sie den Mann getroffen, dem der Campingplatz gehöre. Der Mann habe Pa. gefragt, ob er seiner Tochter G2. geben könne, was er bejaht habe, sie habe sich vorgestellt und anschließend seien Pa. und sie zum Wohnwagen gegangen. Sie habe ihn gefragt, wo er schlafe, da sie nur ein kleines Sofa gesehen habe und er habe es ihr gezeigt. Dort habe sie sich hinlegen sollen. Sie habe sich bekleidet hingelegt und habe sich in ihrem Kopf noch gesagt, dass sie sich nicht ausziehen werde, wenn er das jetzt verlange. Aus Angst habe sie sich auf seine Aufforderung hin dann doch entkleidet. Er habe seine Mütze abgesetzt und sich bis auf die Unterhose ausgezogen. Sie habe mit dem Bauch auf dem Bett gelegen und er habe sie mit Öl massiert – zuerst an den Füßen und dann sei er höher gekommen zu ihrem Po und ihrer Scheide. Dabei sei sie nicht sicher, ob er auch mit seinen Fingern in ihre Scheide eingedrungen sei. Er habe sie zwischen den Pobacken massiert, in den After sei er jedenfalls nicht eingedrungen. Irgendwann habe sie sich auf den Rücken umdrehen müssen und dann habe er sie erneut von unten nach oben massiert und habe sie unten masturbiert. Damit meine sie, dass er mit seinen Fingern – wie im Wald – in ihre Vagina eingedrungen sei, wobei sie nicht sagen könne wie oft. Er habe sie an den Brüsten massiert, da man dort etwas machen könne, dass man dann Lust habe. Sie habe sich dann auf dieser Rückenlage drehen müssen, damit sie mit dem Kopf in eine andere Richtung gelegen habe. Im Anschluss habe er angefangen, sie zu lecken und sei mit seiner Zunge an und in ihrer Scheide gewesen. Das sei komisch gewesen. Sie habe wieder ihre Position wechseln müssen und habe dann auf der Seite gelegen, er habe sich nackt hinter sie gelegt. Dass er nackt gewesen sei, wisse sie, weil sie kurz geschaut habe. Die Augen habe sie dann aber gleich wieder zugemacht. Das Eindringen mit den Fingern sei schmerzhaft gewesen, aber mit dem Penis habe es noch mehr weh getan. Er habe ihr befohlen, die Beine zu öffnen und sei dann mit seinem Penis eingedrungen. Den Penis habe sie nicht gesehen, aber sie sei sich sicher, weil es sich nicht so kalt wie bei einem Gegenstand angefühlt habe. Es habe sich um den Penis gehandelt, da es sich warm, hart und größer als der Finger angefühlt habe. Außerdem habe er gemeint, er gehe nur mit der Spitze hinein. Sie habe nichts gesehen, nach ihrem Gefühl sei er mit seinem Penis in ihrer Scheide gewesen, jedoch nicht mit dem vollständigen. Am Anfang habe sie es ausgehalten, dann habe sie aber wiederholt gesagt, dass es sehr weh tue. Sie habe angefangen zu weinen, er habe weitergemacht und stärker. Dass sie das nicht wolle oder heim wolle, habe sie ihm nicht gesagt. Es habe sich wie ein Stoßen angefühlt, das habe er mehrmals gemacht. Währenddessen habe er sie nicht angefasst. Er habe dann etwas später aufgehört, sie habe sich umdrehen müssen und habe nicht nach unten sehen dürfen, sondern habe ihm nur in die Augen sehen dürfen. Sie könne weder sagen, ob er zum Samenerguss gekommen sei, noch ob er ein Kondom verwendet habe. Sie habe keine körperliche Verletzung gehabt und nicht geblutet. Es sei ihre erste sexuelle Erfahrung gewesen – sie habe noch nie einen Freund gehabt und noch nicht einmal jemanden geküsst, gar nichts. Sie gehe davon aus, dass er das gewusst habe, weil er ihr mehrmals gesagt habe, dass sie zur Frau werde. Sie habe ihm jedoch nicht erzählt, dass sie noch keinerlei Erfahrung habe und sie wisse nicht, ob ihre Mutter das erzählt habe. Er habe dann darüber geredet, was sie bei ihm in der Therapie gelernt habe und wieder diese Geschichte mit der Zitrone erzählt. Die Frage, ob sie ihn wieder sehen wolle, habe sie verneint. Er habe gemeint, dass er das verstehe, aber er habe es zu ihrem Besten gemacht. Sie habe kurz angebunden geantwortet, weil sie nach Hause gewollt habe. Sie habe sich die Augen zugehalten, als er dann weggegangen sei und sich angezogen habe. Anschließend habe auch sie sich angezogen.
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Sie seien aus dem Wohnwagen und zum Auto, sie habe sofort ihr Handy aus ihrer Tasche genommen und es angemacht. Ihre Mutter habe ihr bereits mehrere Nachrichten gesendet und sie habe nur kurz geantwortet, dass es ihr gut gehe. Auf der Rückfahrt habe sie sich so verhalten, als ob nichts passiert sei und habe mit ihrer Mutter geschrieben. Sie habe aber keine Andeutungen machen können, da Pa. Deutsch, Italienisch und Spanisch verstehe. Ihre Mutter sei mit dem Hund vor dem Haus gewesen und habe sich dann mit Pa. unterhalten, während sie mit dem Hund weggegangen und anschließend in das Haus gegangen sei. Sie habe sich geduscht, wie Pa. ihr es im Auto aufgetragen habe – normal duschen und am Ende mit kaltem Wasser. Dabei habe sie sich im Intimbereich nicht waschen können, es sei komisch gewesen, sich anzufassen. Sie habe sich schmutzig gefühlt. Sie habe sich anschließend ins Bett gelegt und auf ihre Mutter gewartet, da sie sich Sorgen um sie gemacht habe. Nach etwa 40 Minuten sei ihre Mutter gekommen und sie habe sich schlafend gestellt. Sie habe vor ihr so tun wollen, als ob alles normal sei. Im Auto habe Pa. ihr auch noch verboten, zu erzählen, was in dem Wohnwagen passiert sei. Erst am nächsten Tag habe sie auf mehrmalige Nachfrage ihrer Mutter nach ihrem Befinden davon erzählt. Sie hätten dann der Ärztin ihrer Mutter geschrieben und dann die Polizei gerufen. Zwei Beamte hätten sie und ihre Mutter nach kurzen Schilderungen auf das Präsidium gebracht und sie habe alles erzählt, das war der Tag danach, da habe sie sich an alles erinnern können.
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Im Nachgang habe sie die Pille danach genommen und sie sei vom Arzt untersucht worden, es sei keine Krankheit festgestellt worden. Sie habe sich dann isoliert. Sie habe kein Vertrauen mehr zu Menschen. Außerdem könne sie ihren Eltern nicht mehr sagen, dass sie sie liebe, da sie nichts fühle. In der Schule fühle sie sich nicht mehr dazugehörig, da sie nicht mehr so kindlich sei, wie die anderen und auch nicht mehr über sexuelle Witze lachen könne. Sie habe keine Freundinnen mehr. Sie habe nun eine andere Sicht auf das Leben. Ihre Angst habe sich nochmals verstärkt, vor allem, wenn sie allein draußen sei oder ihm optisch ähnliche Menschen sehe. Außerdem habe sie vor grünen Autos Angst. Insgesamt sei sie sehr unsicher geworden. Sie mache sich und ihren Eltern Vorwürfe, dass sie sich überhaupt auf so eine Therapie eingelassen hätten. Einen Tag vor dem letzten Treffen habe sie noch ihre Periode gehabt und bevor sie in den Wald gegangen seien, habe er ihre Hand genommen und das auch gespürt.
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Sie habe sich trotzdem auf ein weiteres Treffen mit ihm eingelassen nach dem Vorfall im Wald, da sie geglaubt habe, sie könne ihn stoppen, wenn sie etwas nicht wolle. Das habe aber nicht funktioniert. Sie habe nicht gewollt, dass etwa mit ihr passiere. Sie habe andere Fälle gehört, bei denen sich Mädchen gewehrt hätten und dann getötet worden seien.
94
Ihre Mutter habe ihr bereits vor der Therapie erzählt, dass sie von mehreren Männern vergewaltigt worden sei, als sie etwa sechs Jahre alt gewesen sei. Sie habe keine Details erzählt, nur, dass ein Mann betrunken in ihr Zimmer gekommen sei und angefangen habe, sie zu anzufassen – sie habe zuerst gedacht, sie träume. Es sei zu vier oder fünf Vergewaltigungen gekommen. Deshalb habe sie auch nie bei Freundinnen übernachten dürfen, da ihre Mutter zu viel Angst gehabt habe, dass ihr etwas zustoße. Pa. habe ihr außerdem erzählt, dass auch ihre Großmutter vergewaltigt worden sei. Darauf habe sie ihre Großmutter angesprochen, die gesagt habe, sie sei nicht vergewaltigt worden. Pa. habe behauptet, dass das Trauma der Vergewaltigung von Generation zu Generation weitergegeben werde, und dies beendet werden müsse. Sie habe sich weder der Polizei noch anderen Gästen im Restaurant anvertraut, da sie Angst gehabt habe, dass er ihr etwas antue.
dd. Würdigung der Aussage der … Y…
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Die Kammer ist von dem festgestellten Sachverhalt überzeugt und glaubt im Ergebnis den Angaben der Geschädigten. … Y… berichtete in sich schlüssig und nachvollziehbar die Geschehnisse. Die Aussagen beinhalten zwar nicht explizit, wie weit der Angeklagte jeweils vaginal bei ihr eindrang.
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Allerdings ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus ihren Schilderungen, dass er mindestens einen Finger unter C.II.1. zumindest in den Scheidenvorhof einführte. Denn die Geschädigte gab in der detaillierteren ermittlungsrichterlichen Vernehmung an, dass sie Schmerzen gehabt habe. Sie roch zudem an der Hand des Angeklagten das Aroma ihrer Scheide, was ebenfalls auf ein Eindringen bis zum Scheidenvorhof hinweist – zumal es weder auf noch bei ihr feucht geworden sei. Sie bekundete zu C.II.3. in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung, dass der Angeklagte mit seinem Glied nicht vollständig eingedrungen sei oder in der polizeilichen Vernehmung, dass der Finger nicht ganz drin gewesen sei. Insofern nahm sie bei den Handlungen sehr wohl eine unterschiedliche Tiefe des Eindringens wahr. Bei der unter C.II.1. festgestellten Tat schränkte sie die Eindringtiefe hingegen nicht ein.
97
Auch betreffend C.II.3. wertet die Kammer die Aussage des Mädchens dahingehend, dass der Angeklagte mit seinem Glied zumindest in den Scheidenvorhof eindrang.
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… Y… gab an, dass der Angeklagte nicht vollständig mit dem Penis eingedrungen sei. Dennoch habe sie sehr starke Schmerzen – größere als beim vorherigen Eindringen mit dem Finger – verspürt. Dies legt ein Eindringen zumindest bis zum Scheidenvorhof nahe, da der Angeklagte unter C.II.3. auch Öl verwendete, das die Haut dehnbarer, geschmeidiger und weniger schmerzempfindlich macht.
99
… Y… schilderte das Kegeschehen zu den zwei sexuellen Übergriffen unter C.II.1. und C.II.3. jeweils in der Vernehmungssituation beim Kriminalfachdezernat M. und vor der Ermittlungsrichterin kongruent. Im Rahmen der Vernehmungen konnte sie auf Einzelfragen ohne langes Überlegen eingehen, deren Beantwortung sich wiederum in das geschilderte Gesamtgeschehen nahtlos einfügte. Auch vor dem Hintergrund des hohen Detaillierungsgrades der Aussagen schätzt die Kammer diese als erlebnisbasiert ein.
100
Y… war uneingeschränkt aussagetüchtig. Sie war betreffend ihre sprachlichen Fähigkeiten – wie auch PKin S2 und KOK L1 bekundeten – problemlos in der Lage, alle Erfahrungen mit dem Angeklagten verständlich zu schildern. Es lagen keine Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung oder eine eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit während der Übergriffe vor.
101
Inhaltlich schilderte … Y… die Geschehnisse wiederholt annähernd deckungsgleich. Die Ausführungen zum Kegeschehen des festgestellten Sachverhalts waren dabei bis auf die Vierfüßlerposition konstant. Sie gab zwar in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung die Abläufe und ihre Gefühlswelt ausführlicher an. Dabei wurde im Rahmen der ermittlungsrichterlichen Vernehmung auch der genaue Zeitpunkt, in dem der Angeklagte im Wohnwagen von ihr abließ, durch konkrete Nachfragen genauer herausgearbeitet. Insofern gab sie in der polizeilichen Vernehmung an, dass der Angeklagte ab dem Zeitpunkt, als sie geweint habe, aufgehört habe. Währenddessen sagte sie in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung, dass sie geweint habe und er bisschen später aufgehört habe. Dies lässt sich aber dadurch erklären, dass in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung die polizeiliche Vernehmung bereits bekannt war und konkrete Nachfragen erfolgen konnten. Die sich hier erneut nahtlos in den zeitlichen Ablauf einfügende konkretisierte Antwort der Geschädigten stützt die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage. Eine Abweichung war im Kegeschehen nur dahingehend, dass sie in der polizeilichen Vernehmung noch die Vierfüßlerposition im Wohnwagen schilderte, bevor sie sich seitlich legen sollte, während sie diese in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung nicht erwähnte. Dabei handelt es sich allerdings um einen marginalen Unterschied, den die Kammer vor dem Hintergrund, dass die Zeugin die verschiedenen Positionen davor – auf dem Bauch liegend, auf dem Rücken liegend und schließlich seitlich liegend – kongruent angab, nicht an der Glaubhaftigkeit der Aussage zweifeln lassen.
102
Ansonsten waren lediglich in Randbereichen Unterschiede: so gab sie bei der Polizei beispielsweise an, er habe ihren Körper beim ersten Ausflug in den Wald mit Rauch bedeckt, nachdem sie auf der Matratze gelegen sei, während sie die Reihenfolge in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung genau andersherum schilderte. Dadurch, dass die Geschädigte jeweils den Ablauf der Therapiesitzungen inklusive einer Vielzahl von unterschiedlichen Übungen berichtete, sind – auch aufgrund des Zeitablaufs zwischen den Vernehmungen und der damit verbundenen Vergessensprozesse – jedoch unterschiedliche Schilderungen in der chronologischen Abfolge der Übungen erwartbar und betreffen hier auch nicht das jeweilige Kegeschehen der sexuellen Übergriffe.
103
Die Glaubhaftigkeit der Aussage ergibt sich für die Kammer außerdem aufgrund der folgenden Gesichtspunkte: Die Aussage weist eine logische Konsistenz auf, es sind keine Äußerungen enthalten, die nicht mit den Gesetzmäßigkeiten der Natur in Einklang zu bringen wären. Die inhaltlichen Details fügen sich ohne Unstimmigkeiten zu einem Ganzen zusammen. Die Geschädigte schilderte von ihrem ersten Aufeinandertreffen mit dem Angeklagten bis zu der letzten Therapiesitzung mit ihm detailreich alle Erlebnisse frei – das Zustandekommen der Treffen, die Fahrten inklusive Zwischenstopps zu den Therapieorten sowie die einzelnen Übungen. Dabei sprang sie gedanklich chronologisch vor und zurück und war auch ohne Zögern in der Lage, Fragen – auch ohne Kontext zum vorher Gesagten – zu beantworten.
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… Y… schilderte übergreifend – insbesondere in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung – ihre inneren Gefühlsvorgänge, ihre Angst vor den Treffen und während der Treffen sowie ihren Zwiespalt, ob sie Dritte im Restaurant oder die Polizei während einer Routinekontrolle um Hilfe bitten solle. Die Erzählungen des Angeklagten über Wesen oder Geister toter Frauen nahm sie ernst und auch dass er sie überall hören und sehen könne. Sie gab ihre Gedanken in den Situationen wieder, wie sie sich beispielsweise nach ihren vergeblichen Widerworten vor dem Fall in das Wasser sicher gewesen sei, dass er spätere Gegenwehr nicht akzeptieren würde oder wie sie im Wohnwagen im bekleideten Zustand noch dachte, dass sie sich nicht entkleiden würde, wenn er es nun verlangen würde.
105
Bei ihren Schilderungen war es ihr durchwegs möglich, diese im raum-zeitlichen Zusammenhang einzuordnen, indem sie die Tageszeit einschätzen sowie Angaben zu den jeweiligen Orten machen konnte. Darüber hinaus schilderte sie immer auch Interaktionen und gab Gespräche zwischen dem Angeklagten und ihr – zum Teil im Wortlaut – wieder wie, dass sie zur Frau werde, er nur das Beste für sie wolle oder die Blume sie für immer an diesen Moment erinnern solle.
106
… Y… hatte zuvor keinerlei sexuelle Erfahrungen, nicht einmal Küssen. Dies zeigt sich in ihren Vernehmungen einerseits daran, dass sie mehrmals wiederholte, sie habe beispielsweise das Gespräch über Sexuelles mit dem Angeklagten, das Einreiben mit Öl oder das Eindringen mit der Zunge komisch gefunden. Andererseits schilderte sie insgesamt die sexuellen Übergriffe als für sie unverstandene Handlungselemente phänomengemäß. Sie bezeichnete das Eindringen des Angeklagten mit dem Finger bei ihr als Masturbieren oder ihre Scheide als Muschi. Für die Echtheit ihrer Aussage spricht auch, dass sie den Geruch ihrer Scheide an seiner Hand als sinnliche Wahrnehmung in Erinnerung hatte. Vor dem Hintergrund ihrer sexuellen Unerfahrenheit ist dies ein gewichtiges Indiz für die Erlebnisbasiertheit ihrer Aussage.
107
Die Kammer ist von der Richtigkeit der Aussage überzeugt, auch wenn die Geschädigte den Angeklagten für die Trennung ihrer Eltern verantwortlich gemacht hatte und sie dies belastet hatte. Denn an keiner Stelle der Vernehmung nutzte … Y… die Gelegenheit, dem Angeklagten mehr anzulasten. Sie gab auch ehrlich an, dass sie nicht ausdrücklich gesagt habe, dass sie das nicht wolle. Er habe keine Gewalt angewandt, sie habe sich nicht aktiv gewehrt. Betreffend den Übergriff im Wald habe sie ihm ausdrücklich erlaubt, dass er sie über der Hose an der Vulva berühren dürfe. Bei der Situation im Wohnwagen sei er anfangs noch nicht mit seinen Fingern bei ihr eingedrungen. Auch zum ersten Treffen äußerte sie sich dahingehend, dass er sie nicht angefasst habe. Sie räumte wiederholt ein, dass ihre Eltern und sie mit der Therapie einverstanden gewesen seien. Sie macht sich und ihren Eltern auch jetzt noch Vorwürfe. Zudem ist bei den verschiedenen Vernehmungen keine inhaltliche Ausweitung der Angaben der Geschädigten im Zeitverlauf, die zu einer weiteren Belastung des Angeklagten führen würden, ersichtlich. … Y… gab wiederholt Erinnerungslücken zu oder dass sie sich nicht sicher sei, außerdem hinterfragte sie ihre eigene Aussage auch laut und korrigierte diese gegebenenfalls.
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Dadurch dass es sich aufgrund der aufgeführten Merkmale um eine erlebnisbasierte Aussage handelt, ist es unerheblich, ob … Y… die vom Angeklagten angeführte N.-Doku gesehen hat. Insofern kam es auch nicht darauf an, dass den Aussagen der Geschädigten die vom Angeklagten zitierten Sätze aus der Doku „Ich trage drei oder vier Hosen aus Angst vergewaltigt zu werden.“ oder „Ich habe Angst kurze Kleider zu tragen.“ nicht zu entnehmen sind. Davon abgesehen sind die wenigen Details, die die Geschädigte zu den Vergewaltigungserfahrungen ihrer Mutter wusste, grundlegend in Art und Weise anders als die durch sie geschilderten Vorfälle.
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Die Einschätzung der Kammer wird auch durch die übrige Beweisaufnahme gestützt, so dass auch in der erforderlichen Gesamtschau keine andere Beurteilung geboten ist.
c. Umfeldzeugen aa. J. C… …1
110
Die Mutter der Geschädigten stützte deren Angaben insofern, als dass der Angeklagte auch ihr gegenüber als Schamane aufgetreten sei. Sie hätten gleich im Rahmen des ersten Telefonats eine Atemtherapie vereinbart. In der Therapie habe auch sie eine Schlafmaske aufsetzen sollen, die sie jedoch aus Angst abgenommen habe. Der Angeklagte habe mit jedem Familienmitglied ausschließlich einzeln gearbeitet und so die Familienmitglieder voneinander getrennt. Sie hätten untereinander nicht über die jeweilige Therapie sprechen dürfen, so habe er sie alle manipuliert. Er habe ihr Glauben gemacht, dass sie und ihre Ängste ein Problem für ihre Tochter seien und ihr Mann ihr eine Last sei. Ihrer Tochter sei es nicht gut gegangen, als sie sie am 12.05.2022 an der Großhesseloer Brücke abgeholt habe und sie habe auch nicht allein schlafen wollen, weil sie Angst gehabt habe. Daher habe sie den Angeklagten am nächsten Tag um ein Gespräch gebeten. Sie habe ihn zur Rede gestellt und er habe gemeint, dass es ein intensiver Tag für … gewesen sei. Der Angeklagte habe sie angewiesen, … in Ruhe zu lassen und ihr keine Fragen mehr zu stellen. … sei ein starkes Wesen und komme mit ihren Fragen auf sie zu, wenn ihr danach sei. All die Ängste ihrer Tochter hätten mit ihr zu tun. Sie solle stolz auf sie sein. Im Anschluss daran habe ihre Tochter ihr gegenüber gesagt, dass sie nicht einmal in den Spiegel sehen könne, da sie Angst habe, Pa. könne sie sehen. Sie habe ihre Tochter beruhigt und nochmals gefragt, ob er ihr etwas getan habe. … habe zu ihr gesagt, er habe gemeint, dass sie ihr keine Fragen mehr stellen solle, das reiche. Als sie am 20.05.2022 um etwa 20.00 Uhr nach Hause gekommen sei und ihre Tochter nicht da gewesen sei, habe sie gedacht, sie sei bei einer Freundin. Im Laufe des Abends habe dann J. P.1, eine Bekannte, angerufen und habe ihr etwas Ernstes im Zusammenhang mit dem Angeklagten erzählen wollen. Sie hätten ein Treffen für den nächsten Tag vereinbart. J. P.1 habe gesagt, dass sie … nicht mit dem Angeklagten allein lassen solle. Sie habe zu diesem Zeitpunkt jedoch geglaubt, dass … bei einer Freundin sei. Allerdings habe sie sich Sorgen gemacht, weil …s Handy ausgeschaltet gewesen sei. Ihre Tochter habe es erst um 22.46 Uhr wieder eingeschaltet. Sie habe an der kurz angebundenen Schreibweise gemerkt, dass etwas nicht stimme. Als der Angeklagte mit … vor dem Haus angekommen sei, sei sie draußen gewesen. … sei erschrocken ausgestiegen. Der Angeklagte habe noch zu … gesagt, dass sie nach Hause gehen solle und wisse, was sie zu tun habe. Sie habe den Angeklagten zur Rede gestellt und ihn auch auf J. angesprochen. Er habe gesagt, dass … stark sei und sie stolz auf sie sein könne. J. habe sich in ihn verliebt und wolle ihm nun etwas anhängen. Die Zeugin C… …1 müsse mit ihm zeitnah die Therapie im Wald fortführen. Dies habe sie aber verneint, sie sei ruhiger und brauche ihn nun nicht mehr. Der Angeklagte habe sie weder vor noch nach den Therapiesitzungen mit ihrer Tochter über deren Inhalt informiert.
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J. C… …1 bekundete, dass sie mit sechs Jahren in Ecuador durch ihren Stiefvater über lange Zeit missbraucht und vergewaltigt worden sei, was sie auch dem Angeklagten erzählt habe. Ihrer Tochter … habe sie keine Einzelheiten von diesen Vorfällen erzählt. Es sei lediglich vor einigen Jahren zu einer Familienzusammenkunft zwischen ihrem Mann, ihren beiden Kindern und ihr gekommen. Die Kinder seien noch klein gewesen. Sie habe anlässlich dieser erzählt, dass sie als Kind viele Vergewaltigungen habe erleiden müssen und deswegen nicht erlaube, dass ihre Kinder auswärts übernachten. Sie habe berichtet, dass ein Mann einmal nachts betrunken in ihr Zimmer gekommen sei und sie vergewaltigt habe. Insofern bestätigte die Zeugin die Aussage der Geschädigten, dass sie nur wenig Details über die Vergewaltigungen ihrer Mutter wisse. Außerdem stützte sie die Aussage ihrer Tochter insofern, als dass sie ebenfalls nichts von einer Vergewaltigung ihrer Mutter – der Großmutter von … – wisse.
112
J. C… …1 schilderte widerspruchsfrei ihre Sitzungen mit dem Angeklagten und antwortete ohne Überlegen und kontextlos auf Nachfragen. Als sie zu ihrer Tochter befragt wurde, war sie sichtlich erschüttert und weinte. Sie mache sich große Vorwürfe. Dennoch zeigte sie keinen Belastungseifer, sondern würdigte lediglich den Angeklagten keines Blickes.
bb. Gi Y… A1
113
Der Vater der Geschädigten bestätigte, dass der Angeklagte ihm ungefragt eine Therapie angeboten habe. Der Angeklagte habe das Therapiebedürfnis des Gi Y… A1 an dessen Erscheinung festgemacht. Er sei auch ihm gegenüber als Schamane aufgetreten und sie hätten drei Sitzungen miteinander verbracht. Der Zeuge stützte die Angaben seiner Tochter ebenfalls insofern, als dass er mit den anderen Familienmitgliedern nicht über seine Therapie habe reden dürfen. Der Angeklagte sei ein Manipulator. Er habe ihn davon überzeugt, dass es das Beste sei, wenn er von zu Hause ausziehe und dass er das Gewicht sei, dass seine Frau belaste. Außerdem habe er dem Angeklagten geglaubt, dass er mit Hilfe von Kambo aus seiner Depression herauskomme. Er bestätigte, dass seine Tochter ihm gegenüber vor der Sitzung am 20.05.2022 gesagt habe, dass sie Angst habe. Eine Einwilligung habe er lediglich in die Atemtherapie gegeben, hierfür seien keine Berührungen erforderlich. Über die Inhalte der Therapiesitzungen mit … habe ihn der Angeklagte nicht unterrichtet. Der Zeuge gab außerdem, wie seine Frau, an, dass es eine Familienzusammenkunft gegeben habe. Diese habe in Italien stattgefunden, die Kinder seien noch klein gewesen und sie hätten ihnen erklärt, warum sie nicht auswärts übernachten dürften. Seine Frau habe den Kindern keine Details erzählt, sondern nur, dass sie vergewaltigt worden sei und dass es bei einer Feier in Ecuador einen Gast gegeben habe, der sie geküsst habe.
114
Gi Y… A1 war glaubwürdig. Er gab seine Therapie-Erfahrungen sachlich wieder. Erst als die Kammer auf seine Tochter zu sprechen kam, war er ergriffen.
115
Allerdings belastete er weder den Angeklagten noch wandte er sich an ihn.
cc. Er.C…2
116
Der Bruder der Geschädigten bekundete, dass der Angeklagte auch mit ihm einen Tag lang Übungen in der Natur durchgeführt habe. Die von ihm geschilderten Übungen haben mit den Ausführungen der Geschädigten übereingestimmt wie die Fixierung eines Punktes in der Ferne, das Wählen eines Baumes oder das Fallen von einem Baumstumpf. Der Zeuge E. C…2 beschrieb außerdem die von der Geschädigten unter C.II.2. Vorgehensweise des Angeklagten deckungsgleich. Auch der Bruder der Geschädigten gab an, dass er auf den Fahrten und einem Großteil der Übungen eine Schlafmaske habe tragen müssen. Außerdem habe auch er sein Handy ausgeschaltet im Auto liegen lassen müssen. Er stützte die Ausführungen der Geschädigten außerdem insofern, als dass der Angeklagte ihm ebenfalls verboten habe, mit den anderen Familienmitgliedern über die Therapieerfahrungen zu sprechen.
117
Der Zeuge E. C…2 distanzierte sich zwar deutlich vom Angeklagten und seinen Übungen. Seine Schilderungen waren jedoch nicht von Belastungseifer geprägt, beispielsweise gab der Zeuge an, dass er nach dem Schubs in das kalte Wasser keine Schmerzen gehabt habe oder dass der Angeklagte ihm zwar befohlen habe, Stillschweigen über das Erlebte zu bewahren, jedoch keine Konsequenzen in Aussicht gestellt habe, falls er etwas darüber erzähle. Er gab den Tag mit dem Angeklagten nüchtern, in sich stimmig und detailliert wieder. Erst als die Kammer das Thema auf seine Schwester und ihren Zustand lenkte, wurde der Zeuge emotional. Er habe das Gefühl, dass er dies hätte verhindern können. Seine Schwester habe jeden Tag Schmerzen und isoliere sich. Das Leben einer 15-Jährigen sei zerstört worden. Er fühle sich hilflos im Umgang mit ihr. Diese Äußerungen waren für die Kammer nachvollziehbar und ändern nichts daran, dass die Kammer von der Glaubhaftigkeit der Aussage überzeugt ist.
dd. I. Sch.3
118
Die Zeugin I. Sch.3 gab an, dass sie mit der Ex-Lebensgefährtin S. M.1 des Angeklagten befreundet sei und diese im Herbst 2021 besucht habe. Im Zuge des Besuches sei sie auch mit dem Angeklagten in Kontakt gekommen. Aufgrund von Beziehungsschwierigkeiten sei es ihr damals nicht gut gegangen. Aufgrund dessen habe ihr der Angeklagte eine Therapie empfohlen. Im Oktober und November 2021 habe sie insgesamt drei Sessions bei dem Angeklagten wahrgenommen, die alle in seinem Wohnwagen stattgefunden hätten. Auch ihr gegenüber sei der Angeklagte als Schamane aufgetreten. Sie bestätigte die Aussage der Geschädigten, indem sie ebenfalls bei allen Übungen eine Augenbinde habe tragen müssen. Die sexuelle Ausrichtung der Behandlungen des Angeklagten stützte die Zeugin insofern, als dass auch sie sich vor den Übungen jeweils vollständig habe entkleiden müssen. Im Rahmen der ersten beiden Sitzungen habe der Angeklagte mit ihr das holotrope Atmen durchgeführt. Dabei habe sie jeweils eine Vision gehabt: bei der ersten habe sie gesehen, wie ein Wesen in einer kalten und dunklen Höhle festgekettet sei und selbst an Armen und Beinen Druck verspürt, ihr Blick habe sich geweitet und sie habe den Höhlenausgang mit der Sonne und der Natur erblickt; bei der zweiten habe sie ein Wesen unter dem Bett festgestellt, das sie mit seinen Krallen nach unten gezogen habe. Sie habe die Visionen zwar als real erlebt, habe aber danach eindeutig zwischen Vision und Realität unterscheiden können. Im Rahmen der dritten Sitzung sei es der Zeugin I. Sch.3 aufgrund der Trennung von ihrem Freund und Selbstzweifeln nicht gut gegangen. Sie habe sich auf den Vorschlag des Angeklagten zu einer Ganzkörpermassage eingelassen. Sie habe wiederum unbekleidet und mit einer Augenmaske auf dem Bett gelegen. Der Angeklagte habe sie von den Füßen ab aufwärts massiert. Er sei dann mit seinem Zeige- und Mittelfinger ohne Ankündigung und für die Zeugin vollkommen überraschend in sie eingedrungen. Die beiden Finger habe er vollständig vaginal bei ihr eingeführt. Da dies für sie nicht gepasst habe, habe sie erfolgreich seine Hand zur Seite geschoben.
119
Die Zeugin I. Sch.3 schilderte ihre Erfahrungen mit dem Angeklagten zwar detailliert, aber berichtete zunächst nur davon, dass der Angeklagte sie im Rahmen der 3. Session im Genitalbereich massiert habe. Nachdem alle Verfahrensbeteiligten ihr Fragerecht ausgeübt hatten, stellte der Vorsitzende noch eine Nachfrage zu dem durch den Angeklagten gegenüber der Zeugin geäußerten Satz, er habe ihr Blut an seinen Händen. Erst auf diese Nachfrage hin, gab die Zeugin an, dass der Angeklagte bei ihr mit seinen Fingern eingedrungen sei. Aufgrund des fehlenden Belastungseifers der Zeugin bestehen an deren Glaubwürdigkeit keine Zweifel.
ee. J. P.1
120
Die Zeugin J3. Pe.1, die den Angeklagten seit etwa zehn Jahren kennt, berichtete, dass sie mit ihm befreundet gewesen sei, bis es im Januar 2022 im Rahmen einer Kambo-Therapie zu einem Konflikt zwischen ihnen gekommen sei. Sie habe aufgrund von Bluthochdruck und einer Schilddrüsenüberfunktion nach Alternativmedizin gesucht und der Angeklagte habe ihr eine Kambo-Therapie angeboten. Im Rahmen der ersten Sitzung der Kambo-Therapie in ihrer Wohnung habe der Angeklagte ihr vorgeschlagen, zudem eine Atemtherapie zu machen. Die Zeugin bestätigte ebenfalls die sexuelle Ausrichtung der Therapie: Sie habe sich in jeder Session nackt ausziehen, eine Schlafmaske aufsetzen sollen und sei lediglich mit einer Decke bedeckt auf dem Bett gelegen. Sie hätten drei Atemtechniken durchgeführt: die ozeanische Atmung, die vaginale Atmung und die schnelle Atmung. Im Rahmen der vaginalen Atmung habe er sie durch Drücken seines Handballens gegen ihre Vagina unterstützt. Anschließend habe er ihr eine Massage gegeben, wobei er diese unter der Decke auf ihrem Körper ausgeführt habe – dabei habe er sie an den Brüsten berührt, aber nicht im Genitalbereich. Im Anschluss habe er sich mit auf das Bett gesetzt, sie in den Arm genommen, über die Brüste und den Bauch gestreichelt und sie währenddessen auf ihre Schambehaarung angesprochen.
121
In der zweiten Sitzung sei die Dosis der Kambo-Therapie erhöht worden und dadurch seien die Wirkungen stärker gewesen. Die sexuelle Ausrichtung der Therapie des Angeklagten wurde auch hier deutlich: Nachdem sie geduscht habe, habe der Angeklagte sie aufgefordert, sich mit der Schlafmaske nackt auf die linke Seite des Bettes zu legen. Sie habe eine Bewegung am Bett gespürt und die Maske abgenommen. Der Angeklagte habe neben ihr gelegen, mit einer Decke bedeckt und zumindest oberkörperfrei. Er habe sie aufgefordert, ihren Oberschenkel auf seinen Körper zu legen, was sie verneint habe. Einer nochmaligen Aufforderung sei sie wiederum nicht nachgekommen. Er habe gemeint, es sei nichts Sexuelles und er wolle ihr ein Geschenk machen, das er noch nie jemandem gezeigt habe. Insofern verwendete der Angeklagte gegenüber der Zeugin Pe.1 denselben Wortlaut wie gegenüber der Geschädigten. Sie habe abgelehnt und in der Folge habe der Angeklagte das Gespräch auf seine privaten Beziehungsprobleme gelenkt. Der Angeklagte habe sie nicht angefasst, sie sei zuerst aufgestanden und aus dem Raum gegangen. Als sie wieder in den Raum gekommen sei, sei der Angeklagte bereits aufgestanden und angezogen gewesen. Sie sei sehr verwirrt gewesen nach der Sitzung und habe nach einigen Tagen das Gefühl gehabt, dass er diese Situation im Bett gezielt herbeigeführt habe. Dennoch habe sie mit ihm einen Termin zur dritten Kambo-Sitzung vereinbart, wobei der Angeklagte diese durchgeführt habe und im Anschluss umgehend gegangen sei. J. C… …1 sei ihre Friseurin und sie habe gewusst, dass sie Kontakt zum Angeklagten gehabt habe. Deswegen habe sie J. C… …1 angerufen, um ihr von ihrem Erlebnis zu berichten. Sie habe verhindern wollen, dass sich J. C… …1 zu sehr von dem Angeklagten beeinflussen lasse. Sie könne sich nicht daran erinnern, dass J. C… …1 ihr in dem Telefonat erzählt habe, dass der Angeklagte mit ihrer Tochter unterwegs sei.
122
Die Zeugin J3. Pe.1 schilderte ihre Erlebnisse sachlich und nüchtern. Ihre Verwunderung über das Verhalten des Angeklagten tat sie zwar kund, es war aber kein Belastungseifer bemerkbar. Insbesondere gab sie an, dass sie sich in der Situation, als der Angeklagte neben ihr auf dem Bett gelegen sei, nur sicher sei, dass er oberkörperfrei gewesen sei. Sie könne nicht sagen, ob er eine Hose getragen habe, da eine Decke auf ihm gelegen habe.
ff. S. M.1
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Die Zeugin M1, die ab 2007 etwa 15 Jahre mit dem Angeklagten liiert war, bestätigte, dass der Angeklagte unterschiedliche Therapien wie holotropes Atmen, Kambo, mit verbundenen Augen durch den Wald laufen, meditieren und in das kalte Wasser springen durchgeführt habe. Sie selbst habe bei ihm wegen ihrer Krebserkrankung mehrmals eine Kambo-Therapie und das holotrope Atmen durchgeführt. Das holotrope Atmen habe sie aber nur einmal gemacht und als sie in einem Ruhezustand gewesen sei, habe er abgebrochen – sie sei noch nicht in Trance gewesen. Sie bestätigte, dass er mit der holotropen Atemübung etwa ein halbes Jahr bis ein Jahr vor seiner Verhaftung begonnen habe. Sie gab an, dass der Angeklagte bis auf … Y… nur Erwachsene als Patienten gehabt habe. Sie wisse, dass er alle Familienmitglieder der Familie Y… therapiert habe, er habe gemeint, sie seien angetan von seiner Arbeit. Details zu den Therapien konnte die Zeugin nicht benennen, außer dass Er.C…2 in das kalte Wasser geschubst worden sei.
124
Sie selbst habe keine Erfahrung mit Yoni-Massage. Ihre Freundin I. Sch.3 habe ihr aber im Jahr 2021 oder 2022 berichtet, dass sie holotropes Atmen mit dem Angeklagten mache und sie dabei auf das Thema Tantra gekommen seien. Im Jahr 2023 habe I. Sch.3 ihr dann berichtet, dass es im Rahmen der Therapie auch zu einer Yoni-Massage, einer intimen Massage, gekommen sei.
125
Die Zeugin machte einen aufgewühlten Eindruck und war durch ihre Erkrankung sichtlich gezeichnet. Ihre Aussage war jedoch sachlich und inhaltlich nachvollziehbar, sodass die Kammer ihr glaubt.
gg. M2 R.1
126
Die Zeugin M2. R.1 schilderte, dass sie den Angeklagten vor etwa eineinhalb Jahren kennengelernt habe. Eine Freundin habe ihn ihr empfohlen, da sie sich für den schamanischen Weg interessiere. Aus ihrer Sicht seien der Angeklagte und sie seit etwa einem halben Jahr ein Paar, die Beziehung habe sich während der Untersuchungshaft des Angeklagten entwickelt. Es habe vor seiner Inhaftierung fünf Treffen mit dem Angeklagten gegeben: an einem Tag seien sie im Wald gewesen und hätten Meditationen durchgeführt, an drei Tagen hätten sie in ihrer Wohnung eine Kambo-Therapie durchgeführt und an einem Tag hätten sie in seinem Wohnwagen das holotrope Atmen durchgeführt. Die Zeugin äußerte, dass der Angeklagte sich vor der Kambo-Therapie nach ihrem Gesundheitszustand erkundigt habe und sie auf Wirkungen wie Erbrechen und Übelkeit hingewiesen habe, die auch so eingetreten seien. Er habe jeweils mit brennenden Holzstäbchen etwas Haut entfernt und Froschgift auf die Haut getupft. Im Rahmen des holotropen Atmens habe er ihr ebenfalls zuvor erklärt, dass sie durch einen bestimmten Atemrhythmus zur Ruhe kommen werde und sich durch ein gezieltes Hyperventilieren Dimethyltryptamin (=DMT) lösen werde, was zur Bewusstseinserweiterung führe. Zweck der Übung sei es, Traumata zu lösen. Durch den Atemrhythmus sei es bei ihr dann zu einem Hyperventilieren gekommen und sie sei dann in einer Traumreise gewesen, sie habe sich selbst gesehen wie sie sich als Adler in die Lüfte aufschwinge. Die Zeugin bestätigte, dass sich die Traumreise zwar währenddessen real angefühlt habe, sie sich aber anschließend bewusst gewesen sei, dass es sich um eine Traumreise gehandelt habe. Das holotrope Atmen habe zwei bis drei Stunden gedauert, davon die Traumreise weniger als eine Stunde. Im Rahmen ihrer Sitzungen seien sie und der Angeklagte immer bekleidet gewesen. Es habe keine Massagen gegeben und lediglich Berührungen an den Chakren.
127
Die Zeugin wirkte auf die Kammer gelassen und gefasst. Sie gab über die Treffen mit dem Angeklagten widerspruchsfrei Auskunft.
hh. M. Kr.1
128
Der Inhaber des Campingplatzes M. Kr.1 gab an, dass er den Angeklagten seit etwa 2016 kenne. Er sei ein gutmütiger, großzügiger und hilfsbereiter Mensch. Die Nachricht über die Tatvorwürfe habe ihn schockiert, nichts habe darauf hingedeutet. Er bestätigte, dass er den Angeklagten zufällig mit … Y… auf dem Campingplatz getroffen habe, als diese Mitte Mai auf dem Weg zu den Sanitärgebäuden gewesen seien. Der Angeklagte habe ihm … lediglich beim Namen vorgestellt und er habe ihr kurz die Hand gegeben. Es sei ein weicher und schüchterner Händedruck gewesen. Insgesamt habe … Y… auf ihn einen zurückhaltenden und unsicheren Eindruck gemacht.
d. Zeugen anlässlich der Anzeigenerstattung
129
Die polizeiliche Sachbearbeiterin Be1 gab den Ermittlungsverlauf an. Sie sei am 23.05.2022 über die vorläufige Festnahme informiert worden, es sei zur rechtsmedizinischen Untersuchung der Geschädigten, zur Durchsuchung des Wohnwagens und des Autos des Angeklagten gekommen. Sie habe die Kleidung des Angeklagten sichergestellt, auch sein Laptop und Mobiltelefon seien sichergestellt worden. Das Mobiltelefon sei kein Smartphone und habe hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes lediglich den telefonischen Kontakt mit der Geschädigten enthalten. Der Angeklagte habe freiwillig eine Speichel-, Urin- und Haarprobe abgegeben. Es seien Zeugenvernehmungen veranlasst worden. Im Rahmen der Nachermittlungen habe die Geschädigte auch das Restaurant „Zum P.“ in L. erkannt, in dem sie mit dem Angeklagten am 20.05.2022 essen gewesen sei.
130
KOK G1 der KPI W. berichtete, dass er am 23.05.2022 vor Ort gewesen sei. Er bestätigte, dass er auf dem Rücksitz des Autos des Angeklagten eine zusammengerollte Matratze gesehen habe. Er habe den Laptop des Angeklagten gesichtet. Dabei habe er im Papierkorb 16 Fotos von jungen Frauen festgestellt, sie hätten nach Posing ausgesehen. In der Thumbnail Datenbank habe er dieselben Fotos neben anderen festgestellt. In der Thumbnail Datenbank werde die Vorschau eines Bildes gespeichert, das im Internet auf einer Webseite angezeigt werde. Einen Zeitstempel gebe es zu in der Th.-Datenbank gespeicherten Bildern nicht.
131
Dadurch dass die Fotos im Papierkorb gelegen hätten, müssten diese zuvor auf dem Laptop gespeichert worden sein. Im Browserverlauf habe es auffallend oft einen TeenBezug gegeben.
132
Die Polizeibeamten KHMin D1 der KPI W., K2 der zentralen Einsatzdienste W. und KHM Ke3 der PI In., die mit der Festnahme des Angeklagten betraut waren, äußerten übereinstimmend, dass der Angeklagte von der Verhaftung vollkommen überrascht gewesen sei. Laut dem Polizeibeamten K2 sei der Angeklagte während der Fahrt zur Haftzelle nach W. sichtlich aufgelöst gewesen. Er habe einen Schweißausbruch gehabt und auf Spanisch gefragt, was das solle. Er habe angegeben, dass er nur therapiert habe. Der Polizeibeamte Ke3 äußerte, dass der Angeklagte auf der Dienststelle die Möglichkeit bekommen habe, seine damalige Lebensgefährtin S. M.1 anzurufen. Das Telefonat sei auf laut gestellt gewesen. Die Beteiligten hätten sich auf Spanisch unterhalten, der Polizeibeamte Ke3 ist der spanischen Sprache mächtig. Der Angeklagte habe seiner damaligen Lebensgefährtin berichtet, dass er Rituale durchgeführt habe. Die damalige Lebensgefährtin habe aufgebracht reagiert und auf das Alter der … Y… hingewiesen. Der Angeklagte habe erwidert, dass er nur das Beste für … Y… gewollt habe und nun mit den Konsequenzen leben müsse. Gegenüber dem Polizeibeamten Ke3 habe der Beschuldigte angegeben, dass die Rituale eine Massage im Intimbereich und Atemtechniken umfassen würden.
133
KKin S4 der KPI W. gab an, dass sie das Handy der Geschädigten untersucht habe und einen SMS-Chat mit dem Angeklagten sowie drei Anrufe des Angeklagten bei der Geschädigten festgestellt habe, wobei sämtlicher Kontakt in Zusammenhang mit den Treffen gestanden habe.
134
PHM Sch5 bestätigte, dass im Rahmen der Folgedurchsuchung eine Decke im Pkw des Angeklagten sowie Musikgegenstände und sämtliche Flüssigkeiten im Wohnwagen aufgefunden worden seien.
135
KHK E1 der KPI W. bekundete, dass er an den von der Polizeibeamtin Be1 übergebenen Kleidungsstücken des Angeklagten und der Geschädigten S2. gesichert habe. Dabei habe er Abstempelungen an der Innenseite des Slips, des BHs und des T-Shirts der Geschädigten genommen. Diese hätten eine Größe von zehn Mal zehn Zentimeter oder zehn Mal zwölf Zentimeter. Zur Veranschaulichung führte der Zeuge in der Hauptverhandlung eine Abstempelung vor.
136
In der Gesamtschau stützen die Zeugen in Randbereichen die Angaben der Geschädigten wie das Auftreten des Angeklagten als Schamane, einzelne Übungen und der Einsatz von Schlafmasken im Rahmen der Therapie oder auch das zufällige Treffen mit dem Inhaber des Campingplatzes.
137
Auch die weiteren erhobenen Beweise stützen die Angaben der Geschädigten.
e. Weitere Beweismittel
138
Die rechtsmedizinische Sachverständige Dr. v. M2 stellte die aufgefundene Spurenlage an den Kleidungsstücken der Geschädigten sowie an den im Rahmen der körperlichen Untersuchung genommenen Abstrichen der Geschädigten dar.
139
Im Ergebnis sei am T-Shirt der Geschädigten mit Hilfe der durchgeführten Typisierung mit sechzehn autosomalen PCR-Systemen sowie dem Ameloginsystem ein DNAMuster aufgefunden worden, das vollständig mit dem DNA-Muster des Angeklagten übereinstimme. Das mit den Systemen dargestellte Identifizierungsmuster zeige nach Häufigkeitsberechnungen eine Person von über 30 Milliarden unverwandter Personen. Auch bei der durchgeführten Typisierung mit 22 Y-chromosomalen Systemen habe das biologische Material ein DNA-Merkmalmuster ergeben, das vollständig mit den Merkmalen des Angeklagten übereinstimme. Es hätten sich keine Hinweise für das Vorliegen biologischen Materials weiterer Personen ergeben.
140
Am Slip der Geschädigten sei auf der Innenseite beim Schritt eine Aufhellung festgestellt worden. Mithilfe einer forensischen Lichtquelle sei kein Ejakulat feststellbar gewesen. Sie habe zwei Proben aus dem Schrittbereich genommen. Im Rahmen der Voruntersuchung auf Ejakulat sei der Phosphatesmo-Tests, der auf die im Ejakulat befindliche saure Phosphatase anschlage, negativ gewesen. Der durchgeführte PSATest, der der qualitativen Bestimmung des prostataspezifischen Antigens – ein Bestandteil des Ejakulats – diene, sei positiv gewesen. Dies gebe einen gewissen Hinweis auf das Vorliegen von Samenflüssigkeit. Mit Hilfe der durchgeführten Typisierung mit 16 autosomalen PCR-Systemen sowie dem Amelogeninsystem sei eine Merkmalmischung festgestellt worden, die sich auf mindestens zwei Verursacher zurückführen lasse. Als Hauptkomponente hätten sich sicher die Merkmale der Geschädigten ableiten lassen. Die darüber hinaus in der Merkmalmischung vorhandenen DNA-Merkmale hätten zwar mit dem Angeklagten übereingestimmt, allerdings nur in Teilen. Für die Hauptverhandlung habe sie die Spuren nochmals untersucht und Hypothesen aufgestellt, um diese biostatisch zu beurteilten. Die Hypothese 1 habe gelautet, dass die Spur durch die Geschädigte, den Angeklagten und eine nicht verwandte Person verursacht wurde; Hypothese 2 habe gelautet, dass die Spur durch die Geschädigte und zwei mit dem Angeklagten nicht verwandte Personen verursacht wurde. Die für die Spur festgestellten Messdaten seien bei Zutreffen der Hypothese 1 mit einem Wert von 7,908 x 1015 – mal wahrscheinlicher zu beobachten als bei Zutreffen der Hypothese 2. Auch im Rahmen der Typisierung mit 22 Y-chromosomalen Systemen sei die Spur dem Angeklagten zuordbar.
141
Grundsätzlich könnten sich auch durch Anfassen eines Kleidungsstückes – wie der Angeklagte es angegeben habe – DNA-Spuren übertragen. Dabei übertrage jeder Mensch eine unterschiedliche Menge an DNA, abhängig von Alter, Temperatur oder dem letzten Händewaschen. Die Menge an aufgefundener DNA sei jedoch nur schwer mit einem kurzzeitigen Überreichen des Slips vereinbar, dies sei aber nicht ausgeschlossen. Die Spurenlage am Slip könne auch durch einen Übertrag von Spuren des Angeklagten aus dem Genitalbereich der … Y… auf ihren Slip nach dem Geschlechtsverkehr zu erklären sein, wie es die Geschädigte geschildert habe.
142
An der Innenseite des BHs sei mithilfe der Typisierung mit 16 PCR-Systemen sowie dem Amelogeninsysten ebenfalls eine Mischspur festgestellt worden, die sich auf mindestens drei Verursacher habe zurückführen lassen. Als Hauptkomponente hätten sich wiederum Merkmale der Geschädigten sicher ableiten lassen. Auch diese Spur habe Merkmale des Angeklagten enthalten. Sie habe auch hier im Vorfeld der Hauptverhandlung nochmals eine Untersuchung vorgenommen, um eine biostatische Wahrscheinlichkeit zu errechnen. Die Hypothese 1 habe gelautet, die Spur ist von der Geschädigten, dem Angeklagten und einer weiteren nicht verwandten Person verursacht worden. Die Hypothese 2 habe gelautet, die Spur ist von der Geschädigten und zwei nicht mit dem Angeklagten verwandten Personen verursacht worden. Die für die Spur festgestellten Messdaten seien bei Zutreffen der Hypothese 1 mit einem Wert von 1,19 x 1015 -mal wahrscheinlicher zu beobachten als bei Zutreffen der Hypothese 2. Auch im Rahmen der Typisierung mit 22 Y-chromosomalen Systemen sei die Spur dem Angeklagten zuordbar.
143
Am bei der körperlichen Untersuchung der Geschädigten genommenen Abstrich am äußeren Genital habe sie ebenfalls eine Voruntersuchung mit Hilfe des PSA-Tests durchgeführt. Dieser sei positiv ausgefallen, er ergebe sich damit ein gewisser Hinweis auf das Vorliegen von Samenflüssigkeit. An dem biologischen Material habe sie bei der durchgeführten Typisierung mit 22 Y-chromosomalen Systemen multiple Bandenmuster feststellen können, die eindeutig einer männlichen DNA zugeordnet werden könnten. Allerdings sei die Qualität für eine weitere Zuordnung der DNA zu schlecht.
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Der PSA-Test biete lediglich einen Hinweis auf Samenflüssigkeit. Er reagiere positiv auf ein prostataspezifisches Antigen, das das Ejakulat geschmeidiger mache. Dies sei nicht in den Spermien, sondern außerhalb zu finden. Damit sei das Antigen nicht zwangsläufig mit Ejakulat verbunden. Alle Vortests könnten unspezifisch positiv reagieren, wie beispielsweise bei Weichspülern oder Frauen, denn auch sie hätten dieses Antigen zum Teil in geringem Umfang in sich.
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Auch wenn verschiedene Konstellationen als Ursachen für das Spurenbild denkbar sind, steht es nach Auffassung der Kammer zwanglos in Einklang mit den Angaben der Geschädigten.
146
Die Kammer ließ sich sachverständig durch Dr. W1 zum Gebiet des holotropen Atmens beraten. Dr. W1 ist als Psychotherapeut im Bereich des holotropen Atmens tätig. Er studierte Psychologie, Psychiatrie, Psychopathologie sowie Philosophie an der Universität S und promovierte in diesen Fächern. Daneben schloss er acht Ausbildungen in der Psychotherapie ab wie zum Beispiel integrative Gestalttherapie, integrative Therapie, klientzentrierte Psychotherapie oder Holotropic Breathwork. Anfang der 1980-er Jahre war er abteilungsübergreifender Psychotherapeut und Supervisor in der Landesnervenklinik V. in F., anschließend war er Leiter des Fachkrankenhauses für Suchtkranke in B.. Seit 1987 ist er Psychotherapeut, Ausbilder für Psychotherapie, Supervisor und Berater für psychotherapeutische Kliniken in freier Praxis in O.. Seit den 2000er Jahren hat er unterschiedliche Lehraufträge an Universitäten in Österreich wie für Integrative Psychotherapie an der Universität Kr. oder für Transpersonale Psychotherapie an der Universität in I. oder W..
147
Der Sachverständige Dr. W1 erörterte, dass er bereits in den 1970- er Jahren mit dem holotropen Atmen in Kontakt gekommen sei. Ihm sei es ein Anliegen, den Dialog von Spiritualität und Psychotherapie durch Erkenntnisse aus Geistes- und Naturwissenschaften sowie spiritueller Traditionen zur Entwicklung eines ganzheitlichen Menschenbildes zu vertiefen. Dazu diene auch das holotrope Atmen. Er sei als Ausbilder für das holotrope Atmen tätig und habe bereits etwa 1500 Personen in diesem Bereich therapiert und 2000 bis 2500 Sitzungen durchgeführt. Die Ausbildung dauere vier Jahre, er selbst habe damals drei Jahre lang eine Ausbildung bei Grof absolviert. St. Gr. sei ein tschechischer Psychotherapeut und Psychiater gelte als einer der Begründer der transpersonalen Psychologie.
148
Auch beim holotropen Atmen seien Standards wie bei einem normalen psychotherapeutischen Setting zu beachten: An Minderjährigen dürfe es nicht angewandt werden. Denn diese seien nicht in der Lage, zu überblicken, welche tiefen Prozesse dabei in Gang gesetzt werden könnten. Die Sitzung müsse an einem neutralen und friedvollen Ort stattfinden. Der Patient müsse dabei sicher sein vor Störungen. Die Patienten müssten während der Therapie bekleidet sein. Der Therapeut habe respektvoll, liebevoll und korrigierbar mit dem Patienten umzugehen. Letzteres bedeute, dass der Patient selbst bestimme, ob und wie lange er die Übung durchführen wolle. Der Therapeut habe jegliche erotische Berührung oder Kommunikation zu unterlassen. Zeitgleich habe der Therapeut darüber zu wachen, dass es zu keinen Selbstverletzungen komme. Normalerweise werde das holotrope Atmen als Gruppentherapie durchgeführt und nur in Ausnahmefällen als Einzelsitzung. Die Atemsitzung nehme etwa eineinhalb bis drei Stunden ein, die Nachbesprechung nehme dieselbe Zeit in Anspruch wie die Atemsitzung selbst. Die Traumreise dauere etwa eine Stunde bis eineinhalb Stunden.
149
Beim holotropen Atmen gebe es ein etwa eineinhalbstündiges Vorgespräch zu etwaigen Risiken, Kontraindikationen, zum Ablauf und zur Wirkung. Er führe eine Entspannungsübung mit dem Patienten durch, wobei er am Ende den Patienten zu einer schnelleren und intensiveren Atmung auffordere. Es entstehe ein Prozess, an den sich die Atmung anpasse. Er spiele dazu Musik ab, die die Atmung unterstütze. Im Mittelteil der Übung spiele er klassische Musik ab und gegen Ende beruhigende Musik. Er sitze als Therapeut daneben und überwache den Patienten, der alles zulassen solle, was in ihm auftauche – körperlich und emotional. Im Anschluss fordere er die Patienten auf, ihre Erfahrungen zu malen und es finde eine Nachbesprechung statt.
150
Er habe in der Zeit, in der er das holotrope Atmen begleite, noch nicht solche drastischen Erfahrungsverschiebungen erlebt, dass die Tochter die Vergewaltigung der Mutter als eigene durchlebt. Vielmehr würde es nach seiner Erfahrung so ablaufen, dass die geschilderte Vergewaltigung der Mutter als außenstehende dritte Person erlebt werde, die dann starkes Mitgefühl empfinde. Auch eine Szene aus einer Serie würde man eher als dritte Person erneut erleben, Mitgefühl empfinden und diese würde dann zu einer weiteren eigenen Situation führen. Außerdem könnten 99,9% seiner Patienten im Nachgang sehr gut zwischen inneren Prozessen und Realität unterscheiden. Natürlich gebe es Krankheitsbilder wie Schizophrenie, bei denen dieses Unterscheidungsvermögen eingeschränkt sei, Schizophrenie sei allerdings auch eine Kontraindikation. Ansonsten seien die Patienten direkt nach der Traumreise zwar berührt und nah an dem Erlebten, aber ihnen werde mit Fortdauer immer klarer, dass sich das nur in ihrem Inneren abgespielt habe. Dies werde dann auch in einem anschließenden Gespräch verarbeitet.
151
Was er in der Anklageschrift gelesen und zusammenfassend vom Vorsitzenden geschildert bekommen habe, habe nach seinen Standards aus unterschiedlichen Gesichtspunkten nichts mit der holotropen Atemtechnik zu tun: … Y… sei minderjährig und unbekleidet gewesen; ein Wald bzw. der Wohnwagen des Angeklagten stelle keine geschützte Umgebung dar; der Angeklagte habe keine mehrjährige Ausbildung.
152
Er selbst gehe davon aus, dass während des holotropen Atmens DMT, ein in der Natur vorkommendes Halluzinogen ausgeschüttet werde. Dies entspreche der Lehre von Grof, der in seiner Arbeit die Überzeugung gewonnen habe, dass die Erfahrungen durch Patienten nach der Einnahme von LSD und beim holotropen Atmen vergleichbar seien. Es sei jedoch wissenschaftlich nicht erwiesen, dass DMT tatsächlich ausgeschüttet werde.
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Die rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. S1 bewertete die aufgefundene Spurenlage ebenfalls, gab Auskunft über die körperliche Untersuchung und nahm schließlich aus medizinischer Sicht zum holotropen Atmen Stellung.
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Sie führte aus, dass der PSA-Test standardmäßig durchgeführt werde, um festzustellen, ob Samenflüssigkeit vorhanden sei oder nicht. Der Test sei hochspezifisch und hochsensitiv. Nach ihrer beruflichen Erfahrung sei es aber schon vorgekommen, dass der Test positiv gewesen sei und man habe dennoch keine Spermaspuren finden können. Insofern stelle das Ergebnis keinen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dienenden Beweis für Samenflüssigkeit dar, sei aber ein berechtigter Hinweis. Das prostataspezifische Antigen sei auch im Vaginalbereich vorhanden, allerdings in so geringem Umfang, dass der Test deswegen nicht positiv ausfalle. Phosphatase könne im Übrigen auch in Weichspüler vorkommen.
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Zu der Spurenlage auf dem Slip konstatierte die rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. S1, dass diese plausibel durch eine Übertragung der DNA des Angeklagten vom Bereich der Scheide auf den Slip erklärbar sei. Es sei kaum denkbar, dass durch die bloße Übergabe des Slips die vorgefundene Menge an DNA übertragen worden sei. Dies sei eher denkbar, wenn der Angeklagte den Slip in den Händen gerieben hätte oder wenn er eine Wunde an den Fingern gehabt hätte. Ein indirekter Transfer von männlicher DNA auf den Scheidenbereich der Geschädigten durch einen gemeinsamen Waschvorgang des Slips mit der Wäsche des Vaters und dem nachfolgenden Tragen des Slips durch die Geschädigte sei kaum denkbar. Zumal auf ihrem Slip eindeutig die DNA des Angeklagten gefunden worden sei.
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Die Sachverständige Prof. Dr. S1 berichtete außerdem von der körperlichen Untersuchung der … Y… am 23.05.2022. Die Untersuchung sei durch eine ehemalige Kollegin, Frau Dr. Bormann2, durchgeführt worden. Es habe im Hinblick auf das Verfahren keine körperlichen Auffälligkeiten gegeben bis auf eine Epithelverfärbung in einer Größe von 0,5 cm im Scheidenvorhof am Übergang zur Basis des Hymenalsaums. Die Lage sei Richtung Dammbereich gewesen. Diese sei vereinbar mit stumpfer Gewalt, insbesondere durch Reizung in dem Bereich mit Hilfe von Druck oder Zerrung. Es sei nicht feststellbar, ob diese Verfärbung allein aus dem Eindringen mit dem Finger oder Penis resultiere. Die Verfärbung deute aber nicht auf eine vollständige Penetration mit Dehnung des Hymenalsaums hin. Vielmehr könne die Verletzung mit der Schilderung der Geschädigten in Einklang gebracht werden, dass der Angeklagte mit seinem Penis vaginal rein und raus sei – ohne Überwindung der Schwelle des Hymenalsaums, sondern nur bis zum Scheidenvorhof. Die Lokalisation der Verletzung lasse nicht an Selbstbeibringung denken. Denn die Einblutung liege dammwärtig. Diese Verfärbung am unteren hinteren Rand sei nur schwer an sich solitär zuzufügen und mit einem Zwickmechanismus durch Finger kaum möglich. Auch durch ein äußerliches Handeln wie Zwicken, Zerren oder Kratzen sei diese nur schwer denkbar, eher noch durch Dehnen beim Sport. Die Verletzung könne nicht mit der Tat unter C.II.2. in Einklang gebracht werden. Des Weiteren könne nicht ausgeschlossen werden, dass neben der Unterblutung ein Einriss des Jungfernhäutchens vorhanden gewesen sei. Denn das Schleimhautrelief habe eine sehr schnelle vollständige Heilungstendenz. Insofern könnten Einrisse schon einen Tag später nicht mehr festgestellt werden. Allerdings sei es laut der Geschädigten zum Einsatz von Öl gekommen, dass die Dehnbarkeit des Gewebes erhöhe und die Gefahr für oberflächliche Verletzungen reduziere.
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Aus medizinischer Sicht könne sie keinen einheitlichen Vorgang des holotropen Atmens betreffend die Schilderungen des Sachverständigen Dr. W1 und der Geschädigten erkennen. Das holotrope Atmen sei eine Alternativmethode, die nicht geschützt sei. Aus dem vom Sachverständigen Dr. W1 beschriebenen Prozedere lasse sich festhalten, dass es überwiegend in Gruppen gemacht werde, über Stunden dauere, eine intensivere Atmung erfolge und der Therapeut die Patienten lediglich begleite. Zwar hätte er bereits erlebt, dass Patienten hyperventiliert hätten, das sei aber nicht die Regel. Demgegenüber habe … Y… Atemübungen beschrieben, die aber zum Teil nur für Minuten auszuführen gewesen seien. Die Vorgehensweise des Angeklagten enthalte ihrer Ansicht nach vergesellschaftlichte Techniken und Anteile, die Autosuggestion beträfen. Aus medizinischer Sicht sei es ausgeschlossen, dass es durch holotropes Atmen oder daran angelehnte Atemtechniken zu einer Verlagerung des durch die Mutter Erlebten auf die Tochter komme. Da das holotrope Atmen nicht standardisiert sei und es keine Fachliteratur dazu gebe, sei unklar, welche Neurotransmitter im Gehirn daran beteiligt seien. Es sei möglich, dass belastete Personen durch ein gewisses Setting über mehrere Stunden einen Impulsausbruch des Erlebten erleiden. Auch durch intensive Atemtechniken – auch in Verbindung mit einer Augenmaske – könne es zu einer Veränderung der Hirnströme kommen, die Halluzinationen, also Träume zur Folge hätten. Allerdings sei es aus medizinischer Sicht nicht vorstellbar, dass es zu einer Bewusstseinsänderung komme oder man im Rahmen eines psychopathologischen Vorgangs realitätsbezogen halluziniere. So hätten die Zeugin Sch.3 und R.1, die jeweils von Traumreisen berichtet hätten, ausschließlich von Fantasien erzählt, die eben gerade nicht an die Realität adaptiert gewesen seien. … Y… habe hingegen detailliert und dezidiert ausgesagt ohne einen Hinweis auf Halluzinationen. Insbesondere habe sie im Wohnwagen keine Atemtechnik beschrieben und keine Sitzung mit therapeutischem Charakter. Sie sei in beiden Tatsituationen stets vierfach orientiert gewesen: zu sich, örtlich, zeitlich und zum Angeklagten. Nicht zuletzt unterscheide sich das durch die Geschädigte beschriebene Prozedere grundlegend von den Erlebnissen ihrer Mutter. Bei DMT handele es sich um eine flüchtige Substanz – eines der stärksten Halluzinogene, vergleichbar mit LSD. Es gebe zwar Enzyme im Körper, die DMT herstellen könnten, bislang gebe es aber keinen Nachweis dafür, dass der menschliche Körper diesen Stoff selbst herstelle.
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Der IT-Sachverständige von F1 gab Auskunft über den Inhalt des von ihm untersuchten Laptops der Marke Sony des Angeklagten. Diesen habe er auf Dokumente mit Behandlungs- und Patientenbezug sowie nach Kinderpornographie durchsucht. Er habe 35 Dokumente mit Bezug zu spirituellen Behandlungsmethoden aufgefunden. Darüber hinaus seien ein Facebook-, Skype- und Outlook Konto festgestellt worden. Lediglich im Fa.-Konto sei ein verfahrensrelevanter Chat mit J. C… …1 gewesen. Ansonsten habe es lediglich noch zwei Chats gegeben, in denen es auch um Changa gegangen sei. Weitere verfahrens-, patienten- oder behandlungsbezogene Inhalte seien nicht vorhanden gewesen. Im Papierkorb habe er sechs Bilddateien mit eventuell jugendpornografischem Inhalt gesichtet. Dabei sei das Erzeugungsdatum jeweils der 17.08.2017 gewesen. Das Datum, wann die Bilddateien in den Papierkorb verschoben worden sind, könne nicht rekonstruiert werden. Dadurch dass die Bilddateien im Papierkorb gewesen seien, müssten sie vorher auf dem Laptop gespeichert gewesen sei. Die andere Möglichkeit, dass jemand die Downloads in den Papierkorb verschiebe, sei sehr unüblich. Bilddateien, die im Webbrowser als Popup geöffnet werden, würden an anderer Stelle gespeichert werden und nicht im Papierkorb, dafür seien sie auch zu groß. Den Browserverlauf hätten die Programme nicht auf einen sexuellen Teen-Bezug durchleuchtet.
f. Gesamtwürdigung
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Auch unter Berücksichtigung der weiteren aufgeführten Beweise ist die Kammer davon überzeugt, dass die Angaben der Geschädigten glaubhaft sind und ihr zu folgen ist. I. Sch.3 schilderte ebenfalls ein unvermitteltes vaginales Eindringen des Angeklagten mit seinem vollständigen Zeige- und Mittelfinger. Dies stützt die bereits durch die Aussage der Geschädigten gewonnene Überzeugung der Kammer, dass bei … Y… unter C.II.1. ein Eindringen zumindest in den Scheidenvorhof stattfand. Prof. Dr. S1 machte Ausführungen zu der im Rahmen der körperlichen Untersuchung festgestellten Verletzung im Scheidenvorhof der Geschädigten. Aufgrund dieser ist die Kammer vor dem Hintergrund der Ausführungen der Geschädigten zu C.II.3. davon überzeugt, dass der Angeklagte mit seinem erigierten Glied in den Scheidenvorhof eindrang. Die Therapieerfahrungen der Umfeldzeugen stützen die der Geschädigten. Auch aus diesen ergibt sich zumindest bei der Zeugin J3. Pe.1 und I. Sch.3 eine Sexualbezogenheit der Therapie. Damit sind objektive Anhaltspunkte hinsichtlich der Vorgehensweise des Angeklagten gegeben, die mit den Angaben der Geschädigten in Einklang stehen und damit die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage bestätigen. Auch die aufgefundenen DNASpuren sind mit den Schilderungen der Geschädigten in Einklang zu bringen.
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Dahingehend ist die Spurenlage vor dem Hintergrund der Einlassung des Angeklagten – wie insbesondere die rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. S1 ausführte – nur schwer denkbar. Letzten Endes stützt auch die Aussage des Sachverständigen Dr. W1 die Einschätzung der Kammer, dass die Aussage der … Y… erlebnisbasiert ist. Die Vorgehensweise des Angeklagten habe nichts mit holotropen Atmen zu tun. Selbst wenn es jedoch dazu gekommen wäre, hätte die Geschädigte, eine körperlich und geistig gesund Jugendliche, die TraumaErfahrungen ihrer Mutter nicht in der Ich-Person, sondern als Dritte erlebt. Zudem hätte sie – wie auch die Zeuginnen R.1 und Sch.3 – die erfahrenen Visionen klar von der Realität abgrenzen können. Nicht zuletzt unterscheiden sich die Schilderungen der Mutter zu den durch sie erfahrenen Vergewaltigungstaten grundlegend zu denen der Geschädigten. Die Beweisaufnahme ergab außerdem, dass der Angeklagte eine sexuelle Affinität zu jungen Frauen hat. Die Ex-Lebensgefährtin S. M.1 ist etwa 20 Jahre jünger als der Angeklagte. Die ehemaligen Patientinnen J. P.1 und I. Sch.3, die beide von sexualbezogenen Behandlungsmethoden berichteten, sind zwischen 30 und 48 Jahre alt. Die Frauen eint ein junges Aussehen und eine zierliche Statur. Bestätigt wird der Eindruck der Kammer von den Recherchen des Polizeibeamten G1, der im Browserverlauf des Angeklagten S3. mit sexuellem Teen-Bezug feststellte. Der Polizeibeamte G1 und der Sachverständige von F1 stießen darüber hinaus auf sechs Bilddateien pornografischen Inhalts junger Frauen. Zudem stehen auch die verlesenen Chats zwischen der Geschädigten und dem Angeklagten sowie der Mutter der Geschädigten und dem Angeklagten in Einklang mit den unter C.II. getroffenen Feststellungen. Ergänzend veranschaulichten die Lichtbilder des Wohnwagens und des – wie die Geschädigte es beschrieb – grünen Autos des Angeklagten die Tatörtlichkeit bzw. das verwendete Fortbewegungsmittel.
161
Der Angeklagte kannte das Alter der Geschädigten, danach hatte er … Y… im Rahmen des ersten Treffens ausdrücklich gefragt. Dies gab die Geschädigte sowohl im Rahmen ihrer polizeilichen als auch ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung an. Der Angeklagte gab selbst an, dass er die sexuelle Unerfahrenheit des Mädchens erkannt habe. Aus dem Umstand, dass es bei der Tat unter C.II.1. dunkel war, die Geschädigte eine Augenmaske trug und sich in einer Therapiesituation befand, war für den Angeklagten erkennbar, dass diese nicht mit einem Eindringen rechnete. Außerdem hatte sie hierzu auch vorher nicht eingewilligt, denn sie hatte lediglich ihre Einwilligung zum Handauflegen auf ihre bekleidete Vulva gegeben. Unter C.II.3. war dem Angeklagten bewusst, dass … Y… bereits am Nachmittag zumindest zum Fall in das Wasser ihren entgegenstehenden Willen kundtat. Als er ihr gegenüber sagte, dass sie heute zur Frau werde, sagte sie, dass sie das nicht wolle. Er kannte den Altersunterschied zwischen sich und der Geschädigten und das durch das Therapieverhältnis aufgebaute Über-/Unterordnungsverhältnis. Aufgrund dessen hielt er es für möglich und billigte, dass sie nicht mit dem vollzogenen Geschlechtsverkehr einverstanden war. Zumal die sexuellen Handlungen allein von ihm aus gingen und er diese in die Therapie einbettete. Ihm war bewusst, dass die Geschädigte und ihre Eltern ihm vertrauten und von der Linderung ihrer Beschwerden durch seine Therapien überzeugt waren.
4. Zu den Tatfolgen
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Die Feststellungen zu den Tatfolgen resultieren aus den Angaben der Geschädigten … Y…, deren Eltern und deren Bruder sowie durch ihre Nebenklägervertreterin Rechtsanwältin Br.. Diese berichteten von den Folgen nachvollziehbar und in sich schlüssig. Zudem deckten sich die Angaben mit dem Eindruck der Kammer von der Geschädigten im Rahmen ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung. Bei dieser wirkte die Geschädigte eingeschüchtert und emotional belastet. So begann sie beispielsweise zu weinen, als sie von dem Vorfall im Wohnwagen berichtete und von ihrer Angst, dass sie ihre Eltern nicht wiedersehen würde oder als sie gefragt wird, wie es ihr geht. Sie trug während der Vernehmung eine weite Hose und einen weiten Pullover.
E. Rechtliche Würdigung
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Der Angeklagte erfüllt aufgrund des unter C.II. festgestellten Sachverhalts den Tatbestand der Vergewaltigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses (C.II.1. und C.II.3.) in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung (C.II.2.) gemäß §§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr.3, Abs. 6 Nr. 1, 174c Abs. 2, 182 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5, 52, 53 StGB.
I. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (C.II.1. und C.II.3.)
1. § 177 StGB
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Betreffend C.II.1. vergewaltigte der Angeklagte … Y… durch Ausnutzung eines Überraschungsmoments im Sinne des § 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 1 StGB. Die Geschädigte versah sich des Übergriffs im Tatzeitpunkt nicht, denn sie befand sich in einer Therapiesituation. Im Vorfeld des Übergriffs hatte der Angeklagte mit … Y… bereits im Wald verschiedene Therapieübungen durchgeführt. Schließlich legte sie sich bekleidet mit ihrer Oberbekleidung – die Unterwäsche hatte sie bereits zuvor ausziehen müssen – auf eine Matratze. Sie hatte eine Schlafmaske auf und der Angeklagte führte Atemtechniken mit ihr durch. Um diese Techniken zu unterstützen, fragte er … Y…, ob er seine Hand auf ihre mit einer Hose bekleidete Vulva legen dürfte. Dies bejahte sie. Für die Geschädigte jedoch völlig überraschend griff der Angeklagte sodann in ihre Hose, massierte ihre Vulva und drang mit mindestens einem Finger – nicht ausschließbar aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses – mindestens zweimal zumindest in ihren Scheidenvorhof ein. Dabei handelt es sich um eine beischlafähnliche Handlung. Aufgrund dessen, dass es bereits dunkel war und sie während der gesamten Behandlung im Liegen eine Schlafmaske trug, war der Übergriff für sie auch nicht optisch wahrnehmbar. Dies diente dem Angeklagten zur sexuellen Erregung.
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Ihm war bewusst, dass es dunkel war und dass die Geschädigte eine Schlafmaske sowie ihre Oberbekleidung trug. Er wusste, dass sie lediglich damit einverstanden war, dass er seine Hand auf ihre bekleidete Vulva legte. Mithin kannte der Angeklagte alle objektiven Umstände, aufgrund derer sich die Geschädigte zum Tatzeitpunkt keines sexuellen Übergriffs versah. Der Angeklagte hielt es dabei für möglich und billigte, dass diese Umstände erst den sexuellen Angriff auf das unvorbereitete Opfer ermöglichten oder zumindest erleichterten. Denn er hielt es für möglich und billigte, dass die Geschädigte aufgrund des großen Altersunterschieds zwischen ihr und dem Angeklagten sowie ihrer sexuellen Unerfahrenheit nicht in die sexuelle Handlung eingewilligt hätte.
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Im Hinblick auf C.II.3. ist der Tatbestand des § 177 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 StGB spätestens verwirklicht, als der Angeklagte mit seinem Penis trotz des erkennbar entgegenstehenden Willens der 14-jährigen vaginal in den Scheidenvorhof der Geschädigten eindrang und dadurch mit ihr den Beischlaf vollzog. Für einen objektiven Beobachter war dieser entgegenstehende Wille der Geschädigten während des Eindringens mit dem Penis erkennbar: … Y… war zum Tatzeitpunkt 14 Jahre alt, während der Angeklagte 63 Jahre alt war – mithin lag ein Altersunterschied von knapp 50 Jahren vor. Darüber hinaus hatte die Geschädigte – bis auf den Übergriff des Angeklagten unter C.II.1. – keinerlei sexuelle Erfahrung, was der Angeklagte erkannte. Aufgrund ihrer Trauer über die Trennung ihrer Eltern und ihrer Ängste traf sie sich mit dem Angeklagten, weil dieser ihr durch seine schamanischen Fähigkeiten helfen sollte. Vor dem Übergriff im Wohnwagen hatten bereits zwei Therapiesitzungen stattgefunden. Insofern wurde das bereits durch das Alter bestehende Über-/Unterordnungsverhältnis durch die begonnene Therapie und die im Tatzeitpunkt bestehende Therapiesituation noch verstärkt. An diesem Tag hatte die Geschädigte schon nachmittags im Rahmen der unter C.II.2. geschilderten Tat ihren entgegenstehenden Willen zumindest gegenüber der Behandlungsmethode des Falls in das Wasser geäußert. Der Angeklagte sagte, dass diese heute zur Frau werde, worauf die die Geschädigte erwiderte, dass sie das nicht wolle. Auch wenn dies einige Zeit vor dem tatsächlichen Übergriff war, brachte die Geschädigte dennoch deutlich ihren entgegenstehenden Willen zum Ausdruck. Zu diesem Widerwillen entgegenstehenden Äußerungen oder Handlungen der … Y… kam es ihrerseits nicht. Als sich der Angeklagte und die Geschädigte abends im Wohnwagen befanden, massierte der Angeklagte zunächst den Vaginalbereich der Geschädigten und drang dann mit seiner Zunge sowie seinem Glied vaginal in die Geschädigte ein. Dabei folgte diese passiv seinen Aufforderungen zu Positionswechseln. Aktive Mitwirkung leistete die Geschädigte hingegen zu keinem Zeitpunkt. Während sie aus Angst das anfängliche Massieren der Vagina und das Eindringen mit Zunge ohne Gegenwehr und Widerworte über sich ergehen ließ, äußerte sie bei dem vaginalen Eindringen mit dem Penis, dass es ihr wehtue. Der Angeklagte setzte sich wortlos über diese Äußerung hinweg und setzte den Übergriff fort. … Y… wiederholte nochmals, dass es weh tue. Darüber setzte sich der Angeklagte erneut wortlos hinweg und drang weiter in sie ein. Sie begann zu weinen und der Angeklagte setzte das Eindringen dennoch fort, bis er kurze Zeit später von ihr abließ.
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Spätestens als die Geschädigte zu weinen begann, hielt der Angeklagte einen entgegenstehenden Willen der Geschädigten betreffend die sexuellen Handlungen für möglich und billigte diesen, als er den vaginalen Geschlechtsverkehr fortsetzte.
168
Bei den Vergewaltigungen sind jeweils weder ein Rechtfertigungsgrund, noch Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe gegeben.
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Der Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB ist bezüglich der Taten unter C.II.1 und C.II.3. nicht erfüllt. Die im Vollzug des Eindringens mit dem Finger bzw. des Glieds erlittenen Schmerzen der Geschädigten gehen als notwendige, jedenfalls regelmäßige Begleiterscheinung der Vergewaltigung in dieser auf. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung nach der Tat wurden bei der Geschädigten bis auf eine Rötung weder Verletzungen noch körperliche Auffälligkeiten festgestellt. Insofern ist keine mehr als unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens gegeben, § 223 Abs. 1 1. Alt. StGB. Unabhängig davon, ob die Folgen bei der Geschädigten wie Schlafstörungen, Angstzustände und soziale Isolierung einen pathologischen, somatisch-objektivierbaren Zustand und damit eine Gesundheitsschädigung gemäß § 223 Abs. 1 2. Alt. StGB darstellt, sind jedenfalls diese Folgen nicht vom Vorsatz des Angeklagten umfasst gewesen.
2. § 174c StGB
170
Durch den unter C .II.1. und C.II.3. festgestellten Sachverhalt erfüllt der Angeklagte jeweils den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses gemäß § 174c Abs. Abs. 1, Abs. 2 StGB . Aufgrund dessen, dass die psychischen Leiden der … Y… keinen Krankheitswert erreichen, ist § 174c Abs. 1 StGB nicht einschlägig. Sie nahm die Behandlung wegen der Trennung ihrer Eltern und zum Abbau eigener Ängste auf. Der Gesetzgeber wollte auch die Behandlungsverhältnisse leichterer und vorübergehender Beeinträchtigungen erfassen, wofür er zur Klarstellung § 174c Abs. 2 StGB fasste, vgl. BT-Dr 13/8267, S.7.
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Die Geschädigte war dem Angeklagten zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut. Es bestand während der jeweiligen Tathandlungen tatsächlich ein Obhutsverhältnis zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten. Der Angeklagte trat als Schamane auf und bot als solcher im Großraum München unterschiedliche Therapien wie Atemtechniken, Kambo oder Massagen an. Durch Mundpropaganda generierte er Patienten wie die Zeugin M2. R.1 oder J. C… …1. Er hörte sich deren Leiden an und empfahl darauf abgestimmt eine seiner Behandlungsmethoden. Auch wenn er bei privaten Treffen, wie bei der Zeugin I. Sch.3 oder J. P.1, Behandlungsbedarf sah, bot er seine Dienste an. Er sprach selbst von „Therapie“. Dabei bestimmte er die Anzahl der notwendigen Sitzungen und die Art der Behandlung. Im Voraus wurde kein Preis vereinbart, vielmehr sollte nach dem Ansinnen des Angeklagten jeder das geben, was ihm möglich war. … Y… mangelte es an Selbstbewusstsein. Sie traf zufällig nach einer Sitzung zwischen ihrer Mutter und dem Angeklagten auf ihn und war durch die familiäre Situation emotional belastet. Der Angeklagte sah bei ihr einen Therapiebedarf, was er gegenüber ihr, ihrer Mutter und ihrem Vater äußerte. Die Eltern willigten schließlich in die Therapie ein und … Y… begab sich in die Hände des Angeklagten. Das Vertrauen in den Angeklagten und seine Fähigkeiten verlor die Familie Y… erst nach der dritten Sitzung am 20.05.2022.
172
Dieses Obhutsverhältnis nutzte der Angeklagte im Rahmen der unter C.II.1. und C.II.3. geschilderten Situationen zu sexuellen Handlungen aus. Aufgrund der durch den Angeklagten initiierten Therapie befand sich die Geschädigte mit ihm im Wald bzw. in dessen Wohnwagen, als es zu den sexuellen Übergriffen kam. In den jeweiligen Tatzeiträumen befand sie sich in einer Behandlungssituation. Im Zeitraum vor den sexuellen Übergriffen hatte der Angeklagte jeweils mit … Y… seiner Therapie entsprechende Übungen durchgeführt. Er drang jeweils – wie oben beschrieben – vaginal bei ihr ein.
173
Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass er die Therapie mit … Y… initiiert hatte und diese mit seinen Methoden behandelte, sodass ein Obhutsverhältnis vorhanden war. Dies ergibt sich auch daraus, dass er mit den Erziehungsberechtigten die Behandlung absprach und sie auch jeweils in die Mitnahme der Geschädigten einwilligen ließ. Darüber hinaus führte er willentlich und wissentlich sexuelle Handlungen an ihr aus, wobei ihm bewusst war, dass gerade das bestehende Vertrauensverhältnis dazu diente.
174
Obschon der Angeklagte kein im Sinne von § 1 PsychThG ausgebildeter Psychotherapeut ist, ist der Tatbestand des § 174c Abs. 1, Abs. 2 StGB erfüllt. Denn das Gesetz setzt nicht voraus, dass der Täter anerkannter Psychotherapeut ist. Diese Beschränkung des Täterkreises ergibt sich weder im Rahmen der grammatikalischen, historischen, systematischen oder teleologischen Auslegung des Gesetzes noch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots.
175
Das Gesetz spricht lediglich von einer psychotherapeutischen Behandlung. Dass damit der Täterkreis auf anerkannte Psychotherapeuten beschränkt ist, ergibt sich aus dem Wortlaut damit nicht. Vielmehr deutet die grammatikalische Auslegung des Gesetzes darauf hin, dass auf das Tätigsein in einem besonderen Verhältnis abzustellen ist.
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Die historische Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber gerade keine Einschränkung des Täterkreises auf bestimmte Berufsgruppen befürwortete. Geschütztes Rechtsgut des § 174 c StGB ist die sexuelle Selbstbestimmung von Personen, die aufgrund psychisch bedingter Einschränkungen in ihrer Durchsetzungsmacht innerhalb therapeutischer Abhängigkeitsverhältnisse der Gefahr sexueller Übergriffe ausgesetzt sind. So geht bereits aus dem Gesetzentwurf des Bundesrates vom 24.08.1995 hervor, dass eine Strafbarkeit des sexuellen Missbrauchs im ärztlichen oder therapeutischen Behandlungsverhältnis als notwendig erachtet wurde, vgl. BT-Dr 13/2203, S. 4 und 5. Umfasst waren ursprünglich Behandlungen aufgrund seelischer und auch körperlicher Leiden. Denn das bisherige Instrumentarium des Strafrechts enthalte keine Vorschrift, die dem besonderen Unrechtsgehalt des Missbrauchs in einem solchen Verhältnis gerecht werde. Zeitgleich steige die Zahl dieser Missbrauchstaten im Hellfeld sowie im Dunkelfeld an. Dabei wurde im Gesetzentwurf auf eine Konkretisierung des Täterkreises ausdrücklich verzichtet, um auftretende Lücken zu verhindern. Gerade Behandlungen von Außenseitern bürgen dabei besondere Gefahren: Von der Schulmedizin Enttäuschte würden sich umso vertrauensvoller an Außenseiter wenden. Es müsse auch die Therapie durch Scharlatane durch die Vorschrift erfasst werden. Die Bundesregierung stimmte in ihrer Stellungnahme der Erforderlichkeit einer solchen Vorschrift zu, konstatierte jedoch einschränkend, dass die Vorschrift zu weit gefasst sei. Sie sehe derzeit lediglich für den Bereich psychotherapeutischer und vergleichbarer Behandlungen – und damit nicht für körperlich bedingte Behandlungen – einen Handlungsbedarf, vgl. BT-Dr 13/2203, S. 6. Dabei könne es betreffend die Strafwürdigkeit des tatbestandlichen Tuns allerdings nicht auf die unterschiedlichste formale berufliche Qualifikation des jeweiligen Beraters, Betreuers oder Therapeuten ankommen. Infolgedessen fasste die Bundesregierung am 21.07.1997 einen neuen Gesetzentwurf, in dem Behandlungen aufgrund körperlicher Leiden nicht mehr erfasst waren, vgl. BT-Dr 13/8267 S.3 und S.7. In ihrer Stellungnahme dazu verwies die Bundesregierung auf den unzureichenden strafrechtlichen Schutz betreffend geistig oder seelisch kranker oder behinderter Personen einschließlich Suchtkranker wie auch von Patientinnen und Patienten in der Psychotherapie. Sie führte schließlich drei Beispiele aus der Rechtsprechung auf, bei denen es in Behandlungsverhältnissen aufgrund von körperlichen Leiden zu sexuellem Missbrauch gekommen sei. Diese seien allein deswegen von dem vorgeschlagenen § 174c StGB nicht erfasst, weil die Bundesregierung damals im Bereich der körperlich bedingten Behandlungen – trotz dieser Beispiele – noch keinen Handlungsbedarf durch den Gesetzgeber sah. Der Bundesrat vertrat in seiner Stellungnahme die Ansicht, dass auch Behandlungen aufgrund körperlicher Leiden erfasst sein sollten, die Bundesregierung sah dafür keine Erforderlichkeit, vgl. BT-Dr 1308267, S. 9 und 11. Letztlich trat das Gesetz in Kraft, ohne dass die Behandlungsverhältnisse aufgrund körperlicher Leiden erfasst waren. Insofern ergibt sich aus der Gesetzesgeschichte, dass gerade keine Beschränkung des Täterkreises gewollt war.
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Die systematische Auslegung zeigt, dass auch bei anderen Tatbeständen des Sexualstrafrechts, die ein missbräuchliches Ausnutzen eines Abhängigkeitsverhältnisses zu sexuellen Kontakten unter Strafe stellen, keine Einschränkung beim Täterkreis vorliegt. Dies entspricht dem jeweiligen Schutzzweck der §§ 174a, 174b und 174 c StGB: Der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung. Vielmehr wird in diesen Normen schwerpunktmäßig auf das Vertrauensverhältnis der beteiligten Personen abgestellt. Der Gesetzgeber fügte zwar die Berufsbezeichnung des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO aus Artikeln 4 und 5 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im Zuge der Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16. Juni 1998 ein. Diese Einführung in das StGB und in die StPO resultierte aus der nun erfolgten Regelung des Zugangs zu den Berufen des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, vgl. BT-Dr 13/8035. Systematisch ergibt sich deswegen aber keine Eingrenzung des Täterkreises in § 174c Abs. 2 StGB. Zunächst unterscheidet sich die Schutzrichtung der genannten Vorschriften grundlegend: § 132a StGB und § 53 StPO dienen den Behandlern selbst, während § 174c StPO die Behandelten schützt. Der Gesetzgeber stellte mit der Formulierung der psychotherapeutischen Behandlung auch nicht auf ein sich im Gesetzgebungsverfahren befindliches Psychotherapeutengesetz ab. Denn im Gesetzgebungsverfahren zu § 174c StGB wurde weder im Gesetzentwurf noch in etwaigen Stellungnahmen auf das noch in Kraft tretende Psychotherapeutengesetz Bezug genommen. Auch in der Norm selbst findet sich kein Verweis auf das Psychotherapeutengesetz. Zumal dies wiederum den oben genannten Bestrebungen des Gesetzgebers widersprechen würde. Schließlich wird auch bei § 174c Abs. 1 StGB keine Einschränkung des Täterkreises befürwortet, obwohl auch hier nach dem Gesetzestext eine weite Auslegung naheliegt. So kommen beispielsweise bei der Formulierung „Beratung wegen einer seelischen Krankheit“ genauso Behandler unterschiedlicher Qualifikationen in Betracht. Insofern ist nicht nachvollziehbar, warum die Eingrenzung des Täterkreises lediglich im Rahmen des klarstellenden Abs. 2 des § 174c StGB und nicht im Abs. 1 Anwendung finden sollte.
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Eine willkürliche Eingrenzung des Täterkreises würde nicht nur dem Willen des Gesetzgebers widersprechen, sondern auch Scharlatanen, Heilpraktikern und anderen Heilern freie Hand lassen, solange nicht andere Tatbestände des Sexualstrafrechts greifen. Dies entspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 174c Abs. 2 StGB. Im Rahmen der teleologischen Auslegung würde die Eingrenzung des Täterkreises eine Besserstellung derjenigen bedeuten, die sich von Anfang an außerhalb jeglicher Kontrollmechanismen durch Qualifikationen und staatlicher Überwachung bewegen. Dieses Ergebnis wäre vor dem Hintergrund des ursprünglichen gesetzgeberischen Willens und der Gesellschaftspolitik verfehlt.
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Auch ohne die Eingrenzung des Täterkreises auf anerkannte Psychotherapeuten ist die Vorschrift mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot vereinbar. Abzustellen ist insofern auf das bestehende Abhängigkeitsverhältnis sowie das Merkmal des Missbrauchs. Ersteres kann anhand objektiver Kriterien wie Grund und Zweck sowie Inhalte der Treffen beurteilt werden. Dabei ist das Auftreten des Behandlers gegenüber Behandelten in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die Sicht des Täters ist dabei genauso einzustellen wie die des Opfers.
180
Es sind weder Rechtfertigungsgründe, noch Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe gegeben.
3. § 182 StGB
181
Durch den unter C.II.1. und C.II.3. festgestellten Sachverhalt verwirklicht der Angeklagte auch den sexuellen Missbrauch von Jugendlichen gemäß § 182 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 6 StGB.
182
Der Angeklagte war mit 63 Jahren älter als 21 Jahre. Die Geschädigte war mit 14 Jahren jünger als 16 Jahre. Der Angeklagte nahm sexuelle Handlungen an dem Mädchen vor, indem er einerseits mit dem Finger (C.II.1.) und andererseits mit seinem erigierten Glied vaginal eindrang (C.II.3.).
183
Dabei war es … Y… nach ihrer geistigen und sittlichen Entwicklung jeweils nicht möglich, die sexuellen Handlungen des Angeklagten für sich einzuordnen und dementsprechend darauf zu reagieren. Zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten bestand ein Machtgefälle, in dessen Rahmen sich der Angeklagte auch unlauterer Mittel zur Willensbeeinflussung der Geschädigten bediente. Zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten lag im Tatzeitpunkt ein Altersunterschied von knapp 40 Jahren vor. Die ursprüngliche Kontaktaufnahme zum Angeklagten ging zwar von der Mutter der Geschädigten aus. Allerdings erfolgten die Kontaktaufnahme und die Therapie zwischen der Geschädigten und dem Angeklagten auf Initiative des Angeklagten – die beiden waren sich zuvor fremd. Dieser stieß auch die jeweiligen Therapiesitzungen an. Der Angeklagte therapierte die komplette Familie der Geschädigten und befahl den einzelnen Familienmitgliedern, untereinander nicht über die Therapien zu sprechen. Auch die Geschädigte forderte er wiederholt dazu auf, ihren Eltern nur das zu erzählen, was diese hören wollen. Er machte außerdem die Geschädigte glauben, dass er sie überall hören und sehen könne. Die Erzählungen des Angeklagten über Geister toter Frauen und übernatürliche Wesen nahm sie als wahr hin. Die Geschädigte stand unter dem Eindruck, dass der Angeklagte ihrer Familie helfen würde. Im Rahmen der Sitzungen trat der Angeklagte durchwegs dominant auf. Er akzeptierte die Widerworte der Geschädigten wie zum Beispiel beim Schubs in das Wasser (C.II.2.) oder bei der Übung, mit verbundenen Augen von einem Baum zum anderen Baum zu laufen, nicht. … Y… wurde von den Polizeibeamten S2 und L1 – übereinstimmend mit dem durch die Videovernehmung gewonnen Eindruck der Kammer – als kindlich beschrieben. Sexuelle Erfahrungen hatte … Y… keine, bis sie auf den Angeklagten traf. Der Angeklagte kannte das Alter der Geschädigten. Ihm war – wie er selbst angab – ihre sexuelle Unerfahrenheit bewusst. Sie habe noch nicht einmal gewusst, was Menstruation bedeute. Er habe ihr erklärt, wie der Samen des Mannes in die Frau komme.
184
Diese fehlende Fähigkeit der sexuellen Selbstbestimmung der … Y… gegenüber dem Angeklagten nutzte dieser aus, um die sexuellen Handlungen an ihr vorzunehmen. Er machte sich die Unreife und Hörigkeit der Geschädigten zu Nutze, sodass die 14-jährige ihren entgegenstehenden Willen nicht entwickeln, jedenfalls aber nicht verwirklichen konnte.
185
Es sind weder Rechtfertigungsgründe, noch Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe gegeben.
186
Die Staatsanwaltschaft M. II bejaht das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung, § 182 Abs. 5 StGB. Insofern kommt es auf den am 21.05.2022 gestellten Strafantrag nicht an.
II. Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit (C.II.2.)
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Unter C.II.2. verwirklichte der Angeklagte den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 1. Alt., 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu Lasten der … Y…. Der Angeklagte und die Geschädigte standen sich frontal auf einem etwa drei Meter hohen Felsen gegenüber, sie stand mit dem Rücken zum Abgrund, wo ein Zufluss zum Sylvensteinsee war. Er schob sie mit einer Hand an ihrer Schulter in Richtung Abgrund, sodass sie mit dem Rücken voran den Abgrund hinunter in den Fluss fiel, wodurch sie nicht nur unerhebliche Schmerzen am Rücken erlitt. Wie die rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. S1 ausführte, handele es sich aus medizinischer Sicht um eine potenziell lebensbedrohliche Situation, vgl. D.II.2.. Die Kammer wertet vor dem Hintergrund dieser Ausführungen nach eigener Abwägung die Handlung des Angeklagten rechtlich als gefährliche Körperverletzung.
188
Die Art und Weise der konkreten Handlung war generell geeignet, das Leben der Geschädigten zu gefährden.
189
Der Angeklagte nahm aufgrund der Umstände, insbesondere der Fallhöhe, eine Verletzung der Geschädigten zumindest billigend in Kauf. Dabei erkannte er, dass die Geschädigte unkontrolliert etwa drei Meter tief in ein im Frühling kalten Zufluss fallen würde und nahm dies ebenfalls billigend in Kauf.
190
Es sind weder Rechtfertigungsgründe, noch Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe gegeben.
III. Verhältnis der Taten zueinander
191
Betreffend C.II.1. und C.II.3. stehen jeweils der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen sowie der sexuelle Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses zu der verwirklichten Vergewaltigung in Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB. Die Taten C.II.1., C.II.2. und C.II.3. stehen zueinander in Tatmehrheit gemäß § 53 Abs. 1 StGB.
F. Rechtsfolgen
I. Strafrahmen
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Für die zu bildenden Einzelstrafen sind die folgenden Strafrahmen zu Grunde zu legen:
193
Der Strafrahmen bezüglich C.II.1. ergibt sich gemäß § 52 Abs. 2 StGB aus § 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 1 StGB. Dieser liegt bei nicht unter zwei Jahren Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe, § 38 Abs. 2 StGB. Ein besonders schwerer Fall ist gegeben. Einerseits liegt das Regelbeispiel des Eindringens vor. Andererseits bestehen keine strafmildernden Gesichtspunkte betreffend die objektiven oder subjektiven Umstände oder die Täterpersönlichkeit, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass diese Indizwirkung entkräftet werden würde. Der Strafrahmen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, Geldstrafe bis drei Jahre Freiheitsstrafe, sowie der des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung des Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnisses, drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe, liegen unter dem Strafrahmen der Vergewaltigung. Ein Absehen von Strafe nach § 182 Abs. 3 StGB war aufgrund des Tatverlaufs, insbesondere des passiven und abwehrenden Verhaltens der Geschädigten, nicht angezeigt.
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Für die Tat unter C.II.2. sieht das Gesetz einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor, vgl. § 224 Abs. 1 StGB. Es kommt ein minder schwerer Fall zur Anwendung, mithin ein Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe, § 224 Abs. 1 2. Hs. StGB. In Anbetracht des gesamten Tatbildes und der Täterpersönlichkeit weichen die wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle in so erheblichem Maß ab, dass der Ausnahmestrafrahmen angemessen ist. Die Kammer hat dabei in erster Linie beachtet, dass der Schubs in das Wasser – trotz bestandener Gefahren und empfundener Schmerzen – nicht zu gravierenden Verletzungen führte. Die Geschädigte trug keine lang andauernden Folgen davon. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft, er räumte den Tathergang objektiv ein. Insofern haben für die Kammer – auch vor dem Hintergrund des jungen Alters der Geschädigten – die entlastenden Aspekte derart überwogen, dass der Strafrahmen des minder schweren Falles zur Anwendung gekommen ist.
195
Der Strafrahmen bezüglich C.II.3. ergibt sich gemäß § 52 Abs. 2 StGB aus § 177 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 StGB. Dieser liegt bei nicht unter zwei Jahren Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe, § 38 Abs. 2 StGB. Ein besonders schwerer Fall ist gegeben. Einerseits liegt das Regelbeispiel des Eindringens vor. Andererseits bestehen keine strafmildernden Gesichtspunkte betreffend die objektiven oder subjektiven Umstände oder die Täterpersönlichkeit, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass diese Indizwirkung entkräftet werden würde. Der Strafrahmen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, Geldstrafe bis drei Jahre Freiheitsstrafe, sowie der des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung des Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnisses, drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe, liegen unter dem Strafrahmen der Vergewaltigung. Ein Absehen von Strafe nach § 182 Abs. 3 StGB war aufgrund des Tatverlaufs, insbesondere des passiven und abwehrenden Verhaltens der Geschädigten, nicht angezeigt.
II. Strafzumessung
1. Allgemeine Gesichtspunkte zu Gunsten des Angeklagten
196
Die K. hat bei den Taten jeweils zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist. Außerdem war er mit der form- und ersatzlosen Einziehung seines im Zuge der Durchsuchung sichergestellten Laptops der Marke Sony einverstanden.
2. Allgemeine Gesichtspunkte zu Lasten des Angeklagten
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Zu Lasten hat die Kammer bei den jeweiligen Taten eingestellt, dass sich der Angeklagte durch Anwendung manipulativer Techniken allen Familienmitgliedern aufdrängte. Hierdurch war die Sicht des Opfers auf den Angeklagten und seine Therapiemethoden umso mehr verstellt. Unter C.II.1. und C.II.3. verwirklichte der Angeklagte jeweils mehrere Straftatbestände. Unter C.II.1. und C.II.3. hat die Kammer außerdem jeweils zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass die Geschädigte mit einem Alter zum Tatzeitpunkt von etwas über 14 Jahren nur knapp über der Schutzaltersgrenze lag.
3. Tat zu C.II.1.
198
Hinsichtlich C.II.1. hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten erwogen, dass die Tat nur kurze Zeit dauerte und er „lediglich“ mit einem Finger eindrang. Zu Lasten des Angeklagten ist berücksichtigt worden, dass die Geschädigte S4. verspürte. Außerdem war sie dem Angeklagten in überdurchschnittlich hohem Maß ausgeliefert, da sie sich zur Tatzeit in einem Wald bei Wo. befand, zu dem der Angeklagte sie zuvor mit dem Auto unter Nutzung einer Augenmaske gebracht hatte – Fluchtmöglichkeiten oder hilfsbereite Dritte waren nicht vorhanden. Darüber hinaus musste sie ihr Handy ausgeschaltet im Auto belassen. Die tateinheitliche Verwirklichung des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses fällt daneben nicht zusätzlich ins Gewicht.
199
Nach Abwägung dieser Gesichtspunkte erachtet die Kammer eine Einzelstrafe von 4 Jahre 2 Monate Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen.
4. Tat zu C.II.2.
200
Die im Rahmen des Strafrahmens aufgeführten Gesichtspunkte, die zur Anwendung eines minder schweren Falles geführt haben, sind auch, wenn auch mit deutlich niedrigerem Gewicht, maßgeblich für die Strafzumessung im engeren Sinne gewesen: Neben den allgemeinen Gesichtspunkten hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass der Schubs in das Wasser – trotz bestandener Gefahren und empfundener Schmerzen – nicht zu gravierenden Verletzungen geführt hat. Die Geschädigte hat keine lang andauernden Folgen davongetragen. Darüber hinaus hat der Angeklagte den Tathergang objektiv eingeräumt. Insofern erachtet die Kammer – auch vor dem Hintergrund des jungen Alters der Geschädigten – nach Abwägung der genannten Gesichtspunkte eine Einzelstrafe von 9 Monate Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen.
5. Tat zu C.II.3.
201
Hinsichtlich C.II.3. hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass die Geschädigte S4. verspürte, als der Angeklagte mit seinem Glied vaginal eindrang. Auch bei dieser Tat hat die Kammer beachtet, dass das 14-jährige Mädchen dem Angeklagten in überdurchschnittlich hohem Maß ausgeliefert war. Der Angeklagte verübte die Tat zu Lasten der Geschädigten in seinem Wohnwagen auf dem Campingplatz in Wo., ihr Handy musste sie ausgeschaltet im Auto zurücklassen. Dabei waren keine Fluchtmöglichkeiten für das körperlich unterlegene Mädchen gegeben und nur sehr eingeschränkt die Hilfe von Dritten zu erwarten. Die tateinheitliche Verwirklichung des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses fällt daneben nicht zusätzlich ins Gewicht.
202
Nach Abwägung dieser Gesichtspunkte erachtet die Kammer eine Einzelstrafe von 5 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen.
6. Gesamtstrafenbildung
203
Bei der Bildung der Gesamtstrafe hat die Kammer unter nochmaliger Berücksichtigung der genannten Strafzumessungsgesichtspunkte einbezogen, dass der Angeklagte innerhalb kurzer Zeit mehrfach straffällig wurde. Die Taten fanden lediglich in einem Zeitraum von einer guten Woche statt. Allerdings war der Angeklagte bereits ab Therapiebeginn der J. C… …1 mit der Familie in Kontakt. Die Kammer hat dies ebenfalls in die Abwägung miteingestellt. Denn der Angeklagte ging planvoll, manipulativ und berechnend vor, indem er alle Familienmitglieder therapierte und diese im Vorfeld Glauben machte, dass sie überhaupt eine Therapie nötig hätten. Zudem separierte er die Familienmitglieder voneinander, indem er jeweils Unterredungen über die Therapie verbot. Schließlich wurden durch die Kammer die Folgen der Taten für … Y… bedacht. Diese ist dadurch in ihrem Alltag sowie ihrem Sozialleben stark beeinträchtigt. Im Nachgang der Taten hatte sie Suizidgedanken. Sie leidet bis heute unter Angstzuständen, die insbesondere dazu führen, dass sie nachts nicht – wie vorher – allein in einem Bett schlafen kann. Seitdem schläft sie mit ihrer Mutter in einem Bett, wobei beide durch Kissen voneinander getrennt sind, um Berührungen zu verhindern. Das Haus verlässt sie nur ungern und selten allein. In der Schule hat die Geschädigte wiederholt Panikattacken erlitten, wenn sie von Lehrern oder Mitschüler berührt wurde oder sie auf die Taten angesprochen wurde. Ihre schulischen Leistungen haben nachgelassen, weil sie sich weniger gut auf den Lernstoff konzentrieren kann. Zufällige Begegnungen mit Menschen, die dem Angeklagten ähnlichsehen oder mit grünen Autos haben bei … Y… Angstzustände zur Folge. Sie trägt nicht mehr enganliegende, sondern weite sportliche Kleidung, um Männer nicht zu provozieren. Die Geschädigte hat sich weitestgehend isoliert und hat keine Freunde mehr. Denn sie hat sich zu Gleichaltrigen nicht mehr zugehörig gefühlt, hat über altersgemäße sexuelle Witze nicht mehr lachen können und habe sich nicht mehr so kindlich eingeschätzt wie die anderen. Die im Oktober 2022 begonnene Therapie sowie ihre Familie geben ihr Halt. Doch die durchgeführte Hauptverhandlung hat wieder zu einer Verschlechterung ihres Zustands geführt, sodass die Familie vorübergehend Deutschland verlassen hat, um einen räumlichen Abstand zu gewinnen.
204
Die Kammer erachtet vor dem Hintergrund aller aufgeführten Gesichtspunkte, insbesondere der fehlenden Vorstrafen, aber auch der noch bestehenden Beeinträchtigungen der Geschädigten, unter Erhöhung der Einsatzstrafe im Sinne des § 54 Abs. 1, Abs. 2 StGB für die Tat unter C.II.3. von 5 Jahre 6 Monate eine Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren 10 Monaten für tat- und schuldangemessen.
G. Kosten
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Abs. 1, Abs. 2, 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO. Als Verurteilter hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen, da er wegen Taten verurteilt wurde, die die Nebenklägerin betreffen.