Inhalt

VG München, Urteil v. 19.12.2023 – M 1 K 19.3279
Titel:

Öffentlich-rechtlicher Vertrag, Städtebaulicher Vertrag, Kostenübernahmevertrag, Erschließungskostenvertrag, Änderung des Flächennutzungsplans, Ausschreibungspflicht, Planungskosten, Verzugszinsen, Rechtsverfolgungskosten

Normenketten:
BauGB § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 2
BayVwVfG Art. 59
BGB § 286
BGB § 288
Schlagworte:
Öffentlich-rechtlicher Vertrag, Städtebaulicher Vertrag, Kostenübernahmevertrag, Erschließungskostenvertrag, Änderung des Flächennutzungsplans, Ausschreibungspflicht, Planungskosten, Verzugszinsen, Rechtsverfolgungskosten
Fundstelle:
BeckRS 2023, 47315

Tenor

I. 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.170,03 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. März 2019 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 Euro zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Aufwendungen der Klägerin für Planungskosten, die im Rahmen eines Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplans der Klägerin angefallen sind, durch die Beklagte auf Grundlage eines zwischen den Beteiligten geschlossenen städtebaulichen Vertrags sowie die Tragung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten durch die Beklagte.
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Am 29. September 2016 stelle die Beklagte dem Stadtrat der Klägerin ihr Projekt zur Umnutzung eines auf dem Gebiet der Klägerin befindlichen Schlosses in ein Hotel und Ressort samt Neubau vor. Noch in derselben Sitzung beschloss der Stadtrat, in grundsätzlichem Einverständnis mit der Planung, die entsprechende Änderung des Flächennutzungsplanes und die Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Vorhabengrundstücke.
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Unter dem 19./ 31. Januar 2017 schlossen die Beteiligten einen städtebaulichen Vertrag, der die Übernahme der Planungskosten für die Änderung des Flächennutzungsplanes, die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Projekt der Beklagten sowie für das in diesem Zusammenhang erforderliche Zielabweichungsverfahren des Landesentwicklungsprogramms vorsieht (§ 1 Nr. 1).
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Im Verlauf der Planung zeigte sich, dass ein Abweichungsverfahren von den Zielen des Landesentwicklungsprogramms wohl nicht erfolgreich zu realisieren wäre. Gleichzeitig erwarb eine Privatperson das Schloss, sodass die Beklagte ihren Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes zurücknahm. Am 19. Juli 2018 beschloss der Stadtrat die Einstellung des Änderungsverfahrens zum Flächennutzungsplan.
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Mit Rechnungen vom 10. August 2018 bat die Klägerin die Beklagte um Erstattung der im Zusammenhang mit dem Änderungsverfahren angefallenen Aufwendungen für Planungsleistungen in Höhe von 6.170,03 Euro gemäß Rechnung des Büros … vom 24. Juli 2018 sowie der Verwaltungskosten in Höhe von 750,00 Euro. Mit Rechnungen vom 19. Februar 2019 forderte die Klägerin nochmals zur Zahlung der Aufwendungen für die Planungsleistungen in Höhe von 6.170,83 Euro und der Verwaltungskosten in Höhe von 750,00 Euro auf, jeweils „zahlbar bis 6. März 2019“. Mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigen vom 4. Juni 2019 forderte die Klägerin letztmalig zur Zahlung der Aufwendungen für Planungsleistungen in Höhe von 6.170,83 Euro auf, bis zum 14. Juni 2019. Zudem machte sie als verzugsbedingten Schaden außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 Euro geltend, ebenfalls zahlbar bis zum 14. Juni 2019.
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Nach umfangreichem Schriftwechsel mit dem jetzigen Prozessbevollmächtigen der Beklagten hat die Klägerin am 10. Juli 2019 Klage erhoben und beantragt,
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1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.170,03 Euro nebst Zinsen heraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. März 2019 zu zahlen.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 Euro zu bezahlen.
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Die Forderung ergebe sich aus dem zwischen den Beteiligten geschlossenen städtebaulichen Vertrag bzw. sei als Verzugsschaden gerechtfertigt.
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Die Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Der Vertrag sei nichtig. Die Klägerin habe sich in § 3 Nr. 1 des Vertrages ausdrücklich von jeglicher Verpflichtung ausgenommen, sodass der Vertrag für die Beklagte unangemessen sei. Die Klägerin sei der Ansicht, dass eine Verpflichtung zur Durchführung der Bauleitplanung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB unzulässig sei. Dort heiße es, dass ein Anspruch auf die Aufstellung von Bauleitplänen nicht durch Vertrag begründet werden kann. In der streitgegenständlichen vertraglichen Regelung gehe es aber nicht um die Aufstellung der Bauleitpläne, sondern bereits um die Durchführung und den Abschluss der Bauleitplanung. Schließe die Klägerin aber bereits aus, ein Verfahren zu Aufstellung der Bauleitpläne durchführen zu müssen, bleibe letztlich keine Leistung der Behörde bestehen, auf die die Klägerin einen vertraglichen Anspruch hätte. Der Anspruch auf Durchführung eines Verfahrens zur Aufstellung eines Verfahrens zur Aufstellung der Bauleitplanung falle damit gerade nicht unter § 1 Abs. 3 BauBG.
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Zudem verstoße der Vertrag gegen die europarechtlich vorgegebene Ausschreibungspflicht für Erschließungsleistungen bei Übernahme durch einen Privaten. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 12. Juli 2001 (C-399/98 Milano e Lodi) judiziert, dass auch öffentlich-rechtliche Erschließungsverträge der Ausschreibungspflicht unterliegen. Wenn die Klägerin selbst nicht ausschreibe, so müsse der beauftragte Unternehmer zur Ausschreibung verpflichtet werden. In § 2 Nr.1 des Vertrages seien diese Grundsätze nicht eingehalten, weder sei dort normiert, dass die Klägerin zur Ausschreibung von Erschließungsmaßnahmen verpflichtet wäre, noch werde die Beklagte hierzu verpflichtet. Auch dies führe zur Unwirksamkeit des Vertrages.
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Die Beklagte wende weiterhin ein, dass sie keine Möglichkeit zur Auswahl des Planungsbüros gehabt habe, sondern ihr das Planungsbüro U. von der Klägerin vorgegeben worden sei, was diese in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2019 eingeräumt habe. Zudem führe auch die Regelung in § 1 Nr. 2 zur Unwirksamkeit des Vertrages, wenn auch die Klägerin nicht mehr an der Erstattung der Verwaltungskosten in Höhe von 750,00 Euro festhalte. Denn Personal- und Sachkosten seien nur für solche von der Gemeinde selbst durchgeführten Maßnahmen des Bauleitplanverfahrens abwälzbar, die auch auf private Dritte hätten übertragen werden können. Dem werde die Vorschrift nicht gerecht, indem sie einfach eine Pauschale vorsehe.
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Bezüglich der Anspruchshöhe sei die Rechnung der Firma U. unschlüssig im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschriften der HOAI.
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Die Klägerin erwiderte, die Beklagte missverstehe offensichtlich die Regelungen des § 11 Abs. 1 Nr. 3 und § 1 Abs. 3 BauGB. Danach sei eine rechtsverbindliche Verpflichtung der Gemeinde mit der Wirkung, dass Dritte einen Anspruch darauf erhalten, dass die Gemeinde einen Bauleitplan aufstellt, ändert, ergänzt oder aufhebt, unzulässig. Entsprechend sei im vorliegenden Vertrag geregelt worden, dass die Klägerin keine Verpflichtungen eingehe, die sie an einer unvoreingenommenen und hinsichtlich späteren Vorbringens offenen Abwägung hindern könnte und auch keine Zusage gegeben werde auf Durchführung und Abschluss des Verfahrens.
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Auch das Vergaberecht stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, um Erschließungskosten gehe es vorliegend nicht, zudem regle § 2 Abs. 3 des Vertrages ohnehin, dass die Einzelheiten der Erschließung und des ökologischen Ausgleichs in einem gesonderten Vertrag geregelt würden.
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Unverständlich sei zudem, weshalb die Beklagte nun die fehlende Auswahlmöglichkeit bzw. Unschlüssigkeit der Rechnung der Firma U. rüge. In § 1 Abs. 5 sei doch geregelt, dass sich die Vertragspartner einig seien, dass die Planungsleistungen zur Änderung des Flächennutzungsplans an das den Flächennutzungsplan der Klägerin erstellende Planungsbüro U. gemäß Angebot vom 19. Januar 2017 vergeben wird.
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Zutreffend halte die Klägerin an der Geltendmachung der Verwaltungskosten nicht mehr fest. Insofern möge es sein, dass die einschlägige vertragliche Regelung (teil-) unwirksam sei. Dies führe jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages.
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Die Beklagte erwiderte, gemäß § 3 Nr. 1 des Vertrags solle bereits die Durchführung und der Abschluss der Bauleitplanung ausgeschlossen werden, sodass der Beklagten kein Anspruch zugesagt werde, dass eine Bauleitplanung durchgeführt und abgeschlossen werde. Nach Auffassung der Beklagten handle es sich bei diesen Maßnahmen um Vorstufen zur Aufstellung der Bauleitplanung, denn eine Bauleitplanung könne durchaus durchgeführt und abgeschlossen werden, ohne dass der von § 1 Abs. 3 BauGB erfasste Abwägungsprozess beeinträchtigt werde. Ein Anspruch auf Durchführung und Abschluss der Bauleitplanung würde nicht unter § 1 Abs. 3 BauGB fallen. Denn die Durchführung und der Abschluss der Bauleitplanung bedeute nicht, dass ein Bauleitplan auch aufgestellt werde. Wenn aber nichtmal hierauf, mithin auf die Durchführung und den Abschluss der Bauleitplanung ein Anspruch bestehe, dann mache eine vertragliche Regelung für die Beklagte keinen Sinn, denn eine Gegenleistung der Klägerin sei nicht gegeben. Zudem sei die Bauleitplanung nicht auf Wunsch der Beklagten eingeleitet worden, sondern aufgrund der rechtlichen Notwendigkeit. Der Verstoß der Regelung in § 2 des Vertrags führe zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages, denn die Beklagte hätte den Vertrag nicht abgeschlossen, wenn sie die Erschließungsleistungen nicht später in eigener Regie hätte durchführen können. Dem stehe auch die Regelung in § 2 Abs. 3 des Vertrags nicht entgegen, denn die Grundlagen der Erschließung, nämlich, dass die Beklagte sämtliche Erschließungsleistungen selbst übernehmen kann, seien bereits im streitgegenständlichen Vertrag geregelt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige allgemeine Leistungsklage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 102 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, hat in der Sache Erfolg: der Klägerin stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche auf Aufwendungsersatz für die der Klägerin im Zusammenhang mit dem Flächennutzungsplan-Änderungsverfahren entstandenen Kosten (1.) und für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (2.) zu.
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1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Aufwendungsersatz für die ihr entstandenen Kosten im Zusammenhang mit dem Flächennutzungsplan-Änderungsverfahren gemäß Rechnung des Ingenieurbüros … vom 24. Juli 2018 in Höhe von 6.170,03 Euro nebst Verzugszinsen zu. Die Beklagte ist gemäß § 1 Nr. 1 des Vertrags zur Kostenübernahme verpflichtet.
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Gemäß § 11 Absatz 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde städtebauliche Verträge schließen. Nach Satz 2 der Vorschrift können Gegenstände eines städtebaulichen Vertrags insbesondere sein: die Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten (Nr. 1); die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insbesondere die Grundstücksnutzung, auch hinsichtlich einer Befristung oder einer Bedingung, die Durchführung des Ausgleichs i.S.d. § 1a Abs. 3 BauGB, die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen sowie des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung (Nr. 2); die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind; dazu gehören auch die Bereitstellung von Grundstücken (Nr. 3); entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken die Nutzung von Netzen und Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung sowie von Solaranlagen für die Wärme-, Kälte- und Elektrizitätsversorgung (Nr. 4) sowie entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken die Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden (Nr. 5).
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Insoweit handelt es sich bei dem von den Beteiligten geschlossenen Vertrag, soweit er die Übernahme von Planungskosten für eine beabsichtigte Bauleitplanung betrifft, um einen sog. Kostenübernahmevertrag i.S.v. § 11 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB, der anerkanntermaßen auch z.B. Kosten für städtebauliche Planungen und Gutachten umfassen kann, soweit zwischen dem Vorhaben der Gemeinde und den zu finanzierenden Maßnahmen ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang besteht (vgl. BeckOK BauGB, 61. Ed. 1.2.2024, § 11 Rn. 27)
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1.1 Eine Unwirksamkeit des Vertrages ergibt sich nicht im Hinblick auf § 3 Nr. 1 des Vertrags, in dem geregelt ist, dass die Vertragspartner sich einig sind, dass die Klägerin mit dem Vertrag keine Verpflichtungen eingeht, die sie an der unvoreingenommenen und späterem Vorbringen offenen Abwägung hindern könnten, und auch keine Zusage gibt auf Durchführung und Abschluss der Verfahren über die in § 1 Nr. 1 des Vertrags genannten Bauleitplanungen sowie ein notwendiges Zielabweichungsverfahren zum LEP.
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Diese Regelung findet ihr Korrelat in § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB und verstößt nicht gegen § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach unangemessen sein müsse (sog. Übermaßverbot). Auf die Aufstellung von Bauleitplänen besteht nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB besteht kein Anspruch und ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden. Hinsichtlich der Angemessenheit der Regelung in § 3 Nr. 1 des Vertrags bestehen deshalb keine ernstlichen Bedenken. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang zu differenzieren versucht, dass nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB allein ein Anspruch auf Aufstellung eines Bauleitplans ausgeschlossen sei, während dies für eine bloße Durchführung eines Bauleitplanverfahrens und dessen Abschluss nicht zwingend der Fall sei, mit der Folge, dass ein Ausschluss der Verpflichtung der Klägerin hierzu unangemessen sei, ist dem nicht zu folgen. Die Beklagte übersieht hierbei, dass nach der Konzeption des Baugesetzbuches, wie sie in § 2 ihren kodifizierten Niederschlag gefunden hat, die „Aufstellung der Bauleitpläne“ nicht nur das planerische, von einer Gemeinde beschlossene „Endprodukt“ des Bauleitplanverfahrens bedeutet, sondern das gesamte, mit dem Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB durch öffentlich bekanntgegebenen Aufstellungsbeschluss initiierte Planungsverfahren. Dementsprechend enthält „§ 2 Aufstellung der Bauleitpläne“ Vorgaben für die Aufstellung der Bauleitpläne, wie dass „bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (…) zu ermitteln und zu bewerten sind.“
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1.2 Eine Unwirksamkeit des streitgegenständlichen Kostenübernahmevertrags ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Juli 2001 (EuGH, U.v. 12.7.2001 – C-399/98, Slg. I 2001, 5409 – Ordine degli Architetti delle Province di Milano e Lodi, Piero de Amicis, Consiglio Nazionale degli Architetti, Leopoldo Freyrie/Commune di Milano, Teatro alla Bicocca), aus dem nach Ansicht der Beklagten folgen soll, dass die Regelung in § 2 Nr. 1 des Vertrages hätte vorsehen müssen, dass die Beklagte bei der Durchführung der Erschließungsmaßnahmen zur Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften hätte verpflichtet sei, was sie aber nicht akzeptiert hätte, weil sie die Erschließungsmaßnahmen ausschließlich in eigener Regie durchführen hätte wollen.
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Es kann dahinstehen, ob sich aus der zitierten Rechtsprechung des EuGH ergibt, dass die öffentlichen Vergabevorschriften von einem Grundstückseigentümer, der zugleich Erschließungsunternehmer ist, einzuhalten sind (vgl. zum Streitstand Birk, Städtebauliche Verträge, 6. Aufl. 2022, Rn 208 ff. sowie Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Grziwotz, BauGB, 152. EL Oktober 2023, § 11 Rn. 385-391). Denn es handelt sich bei § 3 Nr. 1 des Vertrags schon nicht um eine abschließende Erschließungsvereinbarung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB): Nr. 3 der Regelung sieht ausdrücklich vor, dass die Einzelheiten über die Erschließung – etwa, ob der Übernahme der Erschießungsmaßnahmen durch die Beklagte eine Beitragsfreistellung durch die Klägerin gegenübersteht (sog. Verrechnungsklausel) – in einem weitergehenden Vertrag zu regeln sind, welcher vor dem Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan abzuschließen wäre. Erst anhand der dort zu treffenden Regelungen hätte überhaupt beurteilt werden können, ob es sich insoweit um einen entgeltlichen Vertrag handelt. Zudem wusste die Beklagte, dass sie aus dem Fehlen einer Regelung über eine etwaige Vergabepflicht im streitgegenständlichen Vertrag nicht folgern konnte, dass die Klägerin eine solche Regelung nicht im Rahmen der weitergehenden Vereinbarung für erforderlich halten würde.
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1.3 Schließlich ergibt sich auch aus der wohl anzunehmenden Unwirksamkeit der Regelungen betreffend die Übernahme der Verwaltungskosten der Klägerin durch die Beklagte (§ 1 Nr. 2 des Vertrages) keine Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung, weil nicht anzunehmen ist, dass die Beteiligten den Vertrag ohne diese Regelung nicht geschlossen hätten, Art. 59 Abs. 3 BayVwVfG. Hierfür bestehen keinerlei Anhaltspunkte, vor allem was die Beklagte angeht, die von dem Wegfall der Kostenübernahmepflicht insoweit profitiert.
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1.4 Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen der Beklagten, dass sie keine Möglichkeit zur Auswahl des Planungsbüros gehabt habe, sondern ihr das Planungsbüro U. von der Klägerin vorgegeben worden sei. Ausweislich § 1 Nr. 5 des Vertrages waren sich die Vertragspartner bei Unterzeichnung des Vertrags darüber einig, dass die Planungsleistungen zur Änderung des Flächennutzungsplanes an das den Flächennutzungsplan der Klägerin erstellende Planungsbüro U. gemäß Angebot vom 19. Januar 2017 vergeben wird. Ohne dass dies in diesem Zusammenhang relevant ist, wird hierzu ergänzend angemerkt, dass es üblich und fachgerecht, im Übrigen auch unter Kostengesichtspunkten, also im Sinne der Beklagten als Kostenträgerin, sachgerecht erscheint, das bereits vorbefasste Planungsbüro auszuwählen.
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1.5 Schließlich ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe der dem Kostenübernahmeanspruch zugrundeliegenden Rechnung des Planungsbüros U. vom 24. Juli 2018 (Bl. 14 der Gerichtsakte) unschlüssig wäre, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschriften der HOAI. Auch aus dem lediglich pauschalen Einwand der Beklagten sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
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1.6. Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Zinsen im tenorierten Umfang ergibt sich aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Maßgeblich war insoweit die Rechnung der Klägerin vom 19. Februar 2019 (Bl. 15 der Gerichtsakte). Gemäß § 1 Nr. 3 des Vertrags wird der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin binnen zwei Wochen nach Vorlage der Rechnungsunterlagen fällig.
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2. Gleiches gilt für die Rechtsverfolgungskosten, die der Klägerin aufgrund des Verzugs der Beklagten entstanden sind. Einen Rechtsanwalt mit der Beauftragung der Durchsetzung des Anspruches zu beauftragen, begegnet insbesondere im Hinblick auf den seit November 2018 bestehenden Schriftwechsel der Klägerin mit dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten, in welchem dieser wiederholt die Ansicht vertreten hat, dass der Klägerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zusteht, keinen Bedenken. Ebensowenig bestehen Bedenken hinsichtlich der Anspruchshöhe.
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3. Der Klage war daher stattzugeben und der Beklagten die Tragung der Kosten aufzuerlegen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.