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VG München, Urteil v. 06.12.2023 – M 6 K 23.1562
Titel:

Klage auf Einsicht in einen zwischen einer Rundfunkanstalt und einem Inkassounternehmen geschlossenen Vertrag

Normenkette:
DSGVO Art. 28
Schlagwort:
Klage auf Einsicht in einen zwischen einer Rundfunkanstalt und einem Inkassounternehmen geschlossenen Vertrag
Fundstelle:
BeckRS 2023, 46989

Tatbestand

1
Der Beklagte zieht den Kläger zur Zahlung von Rundfunkbeitragen im privaten Bereich heran. Im Jahr 2021 beauftragte er ein Inkassounternehmen (**GmbH) mit der Beitreibung ausstehender Rundfunkbeiträge, nachdem er mit dem Versuch deren Beitreibung im Wege der Zwangsvollstreckung gescheitert war. Ziel der vorliegenden Klage ist die Einsichtnahme in die Verträge zur Datenverarbeitung, die der Beklagte mit dieser für ihn in zahlreichenden Fällen tätigen Firma geschlossen hat.
2
Nachdem er zunächst über Jahre eine Reihe anderweitiger Einwände gegen den Rundfunkbeitrag erhoben hatte und der Kläger nach fruchtloser Zwangsvollstreckung von der …GmbH mit Schreiben vom … Juli 2021 eine Mahnung über rückständige Rundfunkbeiträge i.H.v. 264,32 Euro erhalten hatte, verlangte der Kläger mit Schreiben vom … Juli 2021 nun gemäß Art. 17 Datenschutz-Grundverordnung – DSGV – die Löschung seiner Daten. Da nicht von einer ordnungsgemäßen Beauftragung der *-GmbH auszugehen sei, würden die Daten unter Verstoß gegen Art. 28 DSGV rechtswidrig verarbeitet. Es stünden Schadensersatzansprüche und Nötigung nach § 240 StGB im Raum.
3
Hierzu nahm die …GmbH mit Schreiben vom … August 2021 dahin Stellung, sie sei ordnungsgemäß vom Beklagten als Auftragsdatenverarbeiter i.S.v. Art. 28 DSGV beauftragt. Die Hoheit über Art und Umfang sowie Löschung der Daten liege beim Beklagen. Die …GmbH handle strikt nach dessen Anweisungen, die Datenverarbeitung unterliege den Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages – RBStV. Mit Fragen und Forderungen, etwa nach Löschung der Daten, möge sich der Kläger an den Beklagten wenden. Eine beantrage Datenauskunft nach Art. 8 RBStV wurde dem Kläger am … September 2021 erteilt.
4
Mit Schreiben vom … Oktober 2021 verlangte der Bevollmächtigte des Klägers unter Verweis u.a. auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 1984, Az. 5 C 73/82 gemäß dem „richterrechtlich anerkannten allgemeinen Anspruch auf Einsicht in behördlich Akten und Unterlagen“ Einsicht in den Auftrags-Datenverarbeitungsvertrag des Beklagten mit der …GmbH.
5
Dies wies der Direktor des juristischen Dienstes des BR mit Schreiben vom 14. Oktober 2021 zurück und erklärte, weder gewähre Art. 11 Abs. 8 RBStV als insoweit maßgebliche spezielle Norm einen solchen Anspruch noch lasse sich dieser aus der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des BVerwG entnehmen. Die Beauftragung der …GmbH zur Datenverarbeitung werde ausdrücklich bestätigt.
6
Am … März 2023 ließ der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben mit dem Ziel, Einsicht in die mit der …GmbH seitens des Beklagten geschlossenen Verträge zu erhalten.
7
Zur Begründung führt der Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen aus, es müsse dem Kläger möglich sein zu überprüfen, ob die beauftragte Firma all jene den Kläger schützenden datenrechtlichen Bestimmungen einhalte, die ihm gegenüber auch der Beklagte einzuhalten habe. Als einen solchen Anspruch tragende Vorschrift wird Art. 28 DSGVO von der Klagepartei angeführt sowie der in der Rechtsprechung entwickelte „allgemeine Anspruch auf Einsicht in Akten und Daten aller öffentlichen Stellen“. Der Kläger ließ seinen Prozessbevollmächtigten zuletzt beantragen
„Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Einsicht zu gewähren in den mit der … GmbH geschlossenen Verarbeitungsvertrag im Sinne von Art. 28 Abs. 3 DSGVO.“
8
Der Beklagte übermittelte die den Kläger betreffenden Akten elektronisch und beantragte,
die Klage abzuweisen.
9
Er ist der Auffassung, weder Art. 28 DSGVO noch eine andere Rechtsvorschrift könne den geltend gemachten Anspruch der Klagepartei stützen. Ihm fehle insbesondere ein berechtigtes Interesse, wie es auch die von ihm zitierte Rechtsprechung zur allgemeinen Einsicht in öffentliche Akten und Daten voraussetze. Zum Beklagten, wie die Klagepartei meine, in irgendeiner rechtlichen Beziehung zu stehen, reiche nicht aus.
10
Am 6. Dezember 2023 wurde zur Sache mündlich verhandelt.
11
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6. Dezember 2023 ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

Entscheidungsgründe

12
1. Die Klage hat keinen Erfolg. Es fehlt bereits an einer das Klagebegehren tragenden Rechtsvorschrift. Das von der Klagepartei im Zusammenhang mit dem richterrechtlich entwickelten „allgemeinen Recht auf Einsicht in behördliche Akten und Unterlagen“ ins Feld geführte berechtigte Interesse hieran vermag das Gericht nicht zu erkennen.
13
Zur Begründung nimmt die Kammer zunächst Bezug auf die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Beklagten in dessen Schriftsatz vom … Juni 2023 und macht sich diese zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu eigen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Zunächst legt der Beklagte darin dar, welche Informationen er dem Kläger zur Erhebung und Verwendung seiner Daten übermittelt hat, verweist auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen in § 11 Abs. 7 Satz 7, Abs. 8 RBStV und führt – aus Sicht der Kammer zutreffend – weiter aus, darüberhinausgehende und das Begehren der Klagepartei tragende Rechtsvorschriften seien weder dem Gesetz noch der von der Klagepartei zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen. Auch Art. 28 i.V.m. Art. 15 DSGV trage den Anspruch nicht. Schließlich seien die in Art. 13 und 14 der DSGVO genannten Angaben im Internet für jedermann abrufbar. Unbeschadet all dessen sei ein, von der Rechtsprechung als Voraussetzung für einen allgemeinen Anspruch auf Einsicht in behördliche Akten und Unterlagen gefordertes berechtigtes Interesse des Klägers auf Einsichtnahme in die mit der …GmbH geschlossenen Verträge nicht erkennbar.
14
Wie mit den Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2023 erörtert, vermag auch die Kammer keine diesbezügliche Rechtsgrundlage zu finden. Die Klagepartei selbst konnte eine solche ebenfalls nicht benennen.
15
§ 11 Abs. 7 Satz 7, Abs. 8 RBStV beinhaltet nicht die vom Kläger begehrten Unterlagen.
16
Art. 15 DSGVO kann – selbst bei Anwendbarkeit – ebenfalls nicht herangezogen werden, da die vom Kläger begehrten Vertragsunterlagen zwischen dem Beklagten und der …GmbH schon keine personenbezogenen Daten i.S.v. Art. 15 DSGVO darstellen.
17
Art. 28 Abs. 3 DSGVO bestimmt, dass bei einer Auftragsdatenverarbeitung in einem Vertrag die Rechte und Pflichten des Verantwortlichen und des Auftragsverarbeiters festgelegt werden müssen. Ein Einsichtnahmerecht in diese Verträge wird – anders als etwa in Art. 26 Abs. 2 Satz 2 DSGVO – nicht konstituiert. Die Kammer mag hierfür auch kein Bedürfnis erkennen, da den Verträgen im Sinne des Art. 28 Abs. 3 DSGVO im Wesentlichen die Standardvertragsklauseln (vgl. Art. 28 Abs. 6 und 8 DSGVO) zugrunde liegen dürften und der Verantwortliche alleiniger Verantwortlicher bleibt.
18
Schließlich ist zur weiteren Begründung der vorliegenden Entscheidung abschließend noch auf die Ausführungen des Beklagten im oben genannten Schriftsatz vom … Juni 2023, Seite 10 ff. zu verweisen, wo dieser aus Sicht der Kammer überzeugend darlegt, warum neben all den vorstehenden Gesichtspunkten auch kein berechtigtes Interesse der Klagepartei an der begehrten (allgemeinen) Einsichtnahme zu erkennen sei. Dem ist auch mit Blick auf die in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten geführte Diskussion aus Sicht der Kammer nichts Weiteres hinzuzufügen, insbesondere da es sich hier – anders als in den Entscheidungen zugrundeliegenden Fällen – um vertraglichen Ausgestaltungen zwischen dem Beklagten und der …GmbH handelt.
19
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.Vm. § 708 ff. ZPO.