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AG Augsburg, Urteil v. 15.05.2023 – 41 Ls 303 Js 144357/22
Titel:

Verurteilung wegen Besitzes von Marihuana nach dem BtMG

Normenkette:
BtMG § 29a
Leitsatz:
Der geständige, nicht vorbestrafte Angeklagte wurde wegen Besitzes von 162,49 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 16,13 Gramm THC unter Anwendung des BtMG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung zu verurteilt. (Rn. 2 – 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Betäubungsmittel, Besitz, Marihuana, Cannabis, Freiheitsstrafe
Rechtsmittelinstanzen:
LG Augsburg, Urteil vom 19.12.2023 – 2 NBs 303 Js 144357/22 (2)
BayObLG, Beschluss vom 12.04.2024 – 206 StRR 129/24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 46846

Tenor

I. Der Angeklagte E… …, … … ist schuldig des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Er wird zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt.
II. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
III. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Entscheidungsgründe

I.
...
1
Der Angeklagte ist ausweislich des Auszugs aus dem Bundeszentralregister vom 17.04.2023 noch nicht in Erscheinung getreten.
II.
2
Am 25.03.2022 gegen 21:32 Uhr bewahrte der Angeklagte in seiner Wohnung in der … …, insgesamt 162,49 Gramm Marihuana wissentlich und willentlich auf.
3
Das Betäubungsmittel hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt zwischen 10% und 10,7% und enthielt insgesamt mindestens 16,13 Gramm THC.
4
Wie der Angeklagte wusste, besaß er nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
III.
5
Die Feststellungen zu Ziffer I. beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten sowie dem zur Verlesung gekommenen und vom Angeklagten als richtig anerkannte Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 17.04.2023.
6
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der unter Ziffer II. festgestellte Sachverhalt tatsächlich so zugetragen hat. Die Feststellungen zu diesem Sachverhalt beruhen dabei im Wesentlichen auf dem vollumfänglichen Geständnis des Angeklagten. Der Angeklagte hat das ihm zur Last liegende Tatgeschehen, so wie unter Ziffer II. festgestellt, zunächst über eine Erklärung seines Verteidigers, welche er sodann als richtig anerkannte und sich zu eigen machte, in objektiver Hinsicht vollumfänglich eingeräumt und in subjektiver Hinsicht sich dahingehend eingelassen, dass er mit einem so hohen Wirkstoffgehalt nicht gerechnet habe. Er habe mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 4% gerechnet, weil dies beim Selbstanbau so üblich sei. Darüber hinaus gab der Angeklagte allerdings an, wenn er konsumiert habe, seien die Schmerzen gelindert gewesen und die Linderung hätte ein bis zwei Tage angehalten. Er habe mit seinem Marihuana die gewünschte Wirkung erzielt.
7
Soweit der Angeklagte das unter Ziffer II. festgestellte Geschehen einräumt, deckt sich sein Geständnis mit dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere den Angaben des einvernommenen Zeugen PHM R … …. Darüber hinaus wird der Angeklagte durch die im Übrigen durchgeführten Beweisaufnahme überführt.
8
Der polizeiliche Hauptsachbearbeiter PHM R … … konnte dem Gericht glaubhaft Anlass und Verlauf der gegen den Angeklagten geführten Ermittlungen bestätigen und insbesondere auch die Feststellungen aufgrund der durchgeführten Durchsuchung schildern.
9
Der Zeuge PHM R … … ist aus Sicht des Gerichts glaubwürdig, da er den Sachverhalt ruhig und sachlich und ohne erkennbaren Belastungseifer aufgrund er von ihm wahrgenommenen Geschehnisse schildern konnte.
10
Objektiv bestätigt wurden die durch den Zeugen geschilderten Angaben durch die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder, die aufgrund der beim Angeklagten stattgefundenen Durchsuchung aufgenommen wurden sowie die auszugsweise Verlesung des Wirkstoffgutachtens vom 12.10.2022.
11
Nach Durchführung der Beweisaufnahme hielt das Gericht den unter Ziffer II. festgestellten Sachverhalt insgesamt für erwiesen. Die zunächst getätigte Einlassung des Angeklagten über seinen Verteidiger, die er sodann als richtig anerkannte dahingehend, er sei von einem niedrigeren Wirkstoffgehalt von 4% ausgegangen, hält das Gericht für lebensfremd. Das Gericht geht nicht davon aus, dass sich der Angeklagte überhaupt über die genaue Prozentzahl des Wirkstoffgehalts Gedanken machte, sondern er war aus Sicht des Gerichts, so wie er es auch ausführte, dahingehend mit seinem selbst angebauten Marihuana zufrieden, dass die gewünschte Schmerzlinderung für bis zu zwei Tage eintrat und das Marihuana damit den gewünschten Effekt erzielte. Aus Sicht des Gerichts war daher davon auszugehen, dass der Angeklagte letztlich selbst der Meinung war, dass das von ihm angebaute Marihuana wirkte und damit jedenfalls aus seiner Sicht auch nicht von minderwertiger Qualität war. Im Übrigen war aus Sicht des Gerichts auch zu sehen, dass der Anbauer von Marihuana regelmäßig es nicht im Detail in der Hand hat, welchen Wirkstoffgehalt das von ihm hergestellte Produkt letztlich aufweist, sondern der objektiv produzierte Wirkstoffgehalt wird letzten Endes billigend in Kauf genommen. Dementsprechend hat auch der Angeklagte vorliegend den erreichten überdurchschnittlichen Wirkstoffgehalt jedenfalls billigend in Kauf genommen und insofern ist der subjektive Tatbestand aus Sicht des Gerichts im Hinblick auf den objektiv festgestellte Wirkstoffgehalt gegeben.
IV.
12
Der Angeklagte war demnach schuldig zu sprechen wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1, 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
V.
1. Strafrahmenwahl:
13
Für die unter Ziffer II. festgestellte Tat ist der Strafrahmen dem § 29 a Abs. 1 BtMG zu entnehmen und umfasst eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis 15 Jahre.
2. Keine Strafrahmenverschiebung nach § 29 a Abs. 2 BtMG:
14
Bei besonders erfolgter Gesamtwürdigung aller tat- und täterbezogenen Umstände war die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für minderschwere Fälle nach § 29 a BtMG in dem unter Ziffer II. festgestellten Sachverhalt nicht geboten. Nach der erfolgten umfassenden Gesamtwürdigung schied die Annahme eines minderschweren Falles aus, weil die strafmildernden Gesichtspunkte die strafschärfenden Gesichtspunkte nicht überwogen haben.
15
Folgende Erwägungen kamen dabei zum Tragen:
16
Zu Gunsten des Angeklagten sprach, dass er im Rahmen der Hauptverhandlung ein im Wesentlichen umfassendes Geständnis ablegte. Nachdem der Angeklagte letztlich sogar ausgeführt hatte, dass das Marihuana auch die von ihm gewünschte Wirkung erzielt habe, geht das Gericht insgesamt von einem vollumfänglichen Geständnis des Angeklagten aus. Er wiederholt damit seine geständige Einlassung, die er auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, die er auch bereits gegenüber der Polizei tätigte. Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt nicht vorbestraft, das Marihuana konnte gegenständlich vollumfänglich sichergestellt werden. Darüber hinaus handelt es sich bei Marihuana um eine weiche Droge. Hintergrund des selbst angebauten Cannabis bzw. der Herstellung des Marihuanas war der erlittene Arbeitsunfall des Angeklagten und die damit einhergehenden und anhaltenden Schmerzen sowie eine depressive Phase während der Corona-Zeit. Es war zudem zu berücksichtigen, dass das Marihuana hier vorliegend einzig zum Eigenkonsum diente und zu keinem Zeitpunkt eine Außenwirkung entfaltete.
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Strafschärfend war betreffend den unter Ziffer II. festgestellten Sachverhalt zu berücksichtigen, dass die nicht geringe Menge hier um das mehr als Zweifache überschritten war.
18
In der Gesamtschau der vorgenannten Aspekte, insbesondere unter Berücksichtigung der sichergestellten Menge und der Überschreitung des Grenzwertes zur nicht geringen Menge, kommt das Gericht dennoch dazu, das auch unter Zugrundelegung der genannten Aspekte nicht von einem deutlichen Überwiegen der strafmildernden Aspekte auszugehen ist.
3. Strafzumessung im Einzelnen:
19
Das Gericht hat nochmalig alle tat- und täterbezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte, insbesondere die bei der Strafrahmenwahl genannten Aspekte, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, umfassend abgewogen und dabei einerseits das Geständnis und die Tatsache, dass der Angeklagte bislang noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und andererseits insbesondere das doppelte Überschreiten der nicht geringen Menge berücksichtigt.
20
Nach umfassender Abwägung aller tat- und täterbezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte hielt das Gericht eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr für tat- und schuldangemessen.
4. Strafaussetzung zur Bewährung:
21
Die Freiheitsstrafe konnte vorliegend zur Bewährung ausgesetzt werden, da eine positive Sozialprognose festgestellt werden konnte. Der Angeklagte lebt in sozial gefestigten Verhältnissen. Er geht einer geregelten Berufstätigkeit nach und es handelt sich darüber hinaus um die erste Strafe überhaupt, die gegen den Angeklagten verhängt wird. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich der Angeklagte die gegenständliche Verurteilung als Warnung dienen lässt, künftig keine weiteren Straftaten mehr zu begehen.
VI.
22
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 465 StPO.