Titel:
Beweismaß in der Unfallversicherung
Normenkette:
ZPO § 286, § 287
Leitsatz:
Die Ursächlichkeit zwischen Unfallereignis und Gesundheitsbeschädigung (haftungsbegründende Kausalität) ist nach § 286 ZPO zu beweisen, während der Maßstab des § 287 ZPO für die kausale Verknüpfung zwischen dem Erstkörperschaden und der eine Invalidität begründenden dauernden gesundheitlichen Beeinträchtigung (haftungsausfüllende Kausalität) gilt (vgl. auch zur Unfallversicherung: BGH BeckRS 2011, 11533 Rn. 12 mwN). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unfallversicherung, Invaliditätsleistung, Gehirnblutung, Dekompressionserkrankung, haftungsbegründende Kausalität, haftungsausfüllende Kausalität, Beweismaß
Fundstelle:
BeckRS 2023, 46745
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 10.500,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Zahlungsverpflichtung der Beklagten aus einer zwischen den Parteien bestehenden privaten Unfallversicherung aufgrund zweier Vorfälle vom 26.06.2016 bzw. 09.09.2016.
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Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Unfallversicherung unter der Versicherungsscheinnummer PK … Versicherungsbeginn war der 16.11.2015 (s. Anlage K1). Als Invaliditätsgrundsumme waren 105.000,00 € vereinbart. Dem Vertrag liegen insbesondere die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 2012) der Beklagten (s. Anlage K1, im Folgenden als „AUB 2012“ bezeichnet) und die Besonderen Bedingungen für die Produktlinie Premium (BB Premium 2012) (s. Anlage K1, im Folgenden als „BB Premium 2012“ bezeichnet) zugrunde.
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Der Kläger war am 26.06.2016 um ca. 9:15 Uhr während seiner beruflichen Tätigkeit als Bauhofmitarbeiter des Marktes O… bei Aufräumarbeiten der Hochwasserschäden mit dem gemeindlichen Baggerlader im Einsatz. Der Kläger hatte die Aufgabe, die Schlammmassen von den überfluteten öffentlichen Straßen und Flächen wegzuschieben. Aufgrund eines Anstoßes des mit abgesetzter Ladeschaufel fahrenden Baggerladers gegen einen Schachtdeckel prallte der Kläger mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe des Fahrzeugs, sodass diese zerbrach.
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Am 09.09.2016 kurz vor 10:00 Uhr führte der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Bademeister im Freibad des Marktes O… routinemäßig berufsbedingt Schwimmübungen durch, wobei er auch Tauchübungen (Tauchen im Schwimmbecken über eine Strecke von 25 Metern in einer Tiefe von ca. 2 Metern) absolvierte. Im Anschluss daran wurde der Kläger am selben Tag wegen Kopfschmerzen im Klinikum P… behandelt (s. Anlage K4) und nach der Verabreichung von Schmerzmitteln wieder entlassen.
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Vom 22.09.20216 bis 04.10.2016 wurde der Kläger wegen Kopfschmerzen und Schwindel stationär im Klinikum P… behandelt, dabei wurde beim Kläger am 22.09.2016 eine Subarachnoidalblutung parafalxial beidseits ohne Aneurysma-Nachweis festgestellt (s. Anlage K5).
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Vom 12.10.2016 bis 09.11.2016 befand sich der Kläger stationär auf Reha im Reha-Zentrum P… W… in B… G….
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Am 02.02.2017 teilte der Kläger der Beklagten den Vorfall vom 26.06.2016 mit (s. Anlage B1). Die Beklagte trat sodann in die Schadenbearbeitung ein. Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. K… am 03.07.2017 ein neurologisches Gutachten (s. Anlage B3). Der weitere Vorfall vom 09.09.2016 wurde dann der Beklagten durch den Kläger am 24.05.2018 mitgeteilt (s. Anlage B6). Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. M… am 11.12.2018 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten (s. Anlage K6). Weiterhin erstattete der Dipl. Psych. K… im Auftrag der Beklagten am 11.12.2018 ein psychologisches Gutachten (s. Anlage B8). Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 21.01.2019 (s. Anlage K 7) die Erbringung einer Invaliditätsleistung anlässlich der beiden Vorfälle vom 26.06.2016 und 09.09.2016 ab. Nach Erhalt des anwaltlichen Aufforderungsschreibens der Klägerseite vom 06.11.2020 (s. Anlage K 8) verblieb die Beklagte bei ihrer Leistungsablehnung gemäß Schreiben vom 17.11.2020 (s. Anlage K 9).
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Der Kläger behauptet, bei dem Vorfall vom 26.06.2016 habe er durch den Aufprall eine große Beule bzw. Prellmarke im Stirnbereich und ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und am Abend desselben Tages stärkere Kopfschmerzen bekommen. Auch nach Rückgang der Beule leide der Kläger seit dem Unfallereignis weiter immer wieder unter Kopfschmerzen mit wechselnder Intensität. Auch am 04.09.2016 habe der Kläger vor Öffnung des Freibades Schwimm- und Tauchübungen durchgeführt. Dabei seien beim Kläger plötzlich bei Durchführung von Streckentauchübungen u.a. Kopfschmerzen und Schwindel aufgetreten. Diese Beschwerden beim Kläger seien nach der Einnahme von mehreren Schmerzmitteln (Ibuprofen 800) über den Tag verteilt wieder vergangen. Für den Vorfall vom 04.09.2016 wurde Zeugenbeweis angeboten. Weiterhin behauptet der Kläger, er habe am 09.09.2016 nach einer zurückgelegten Tauchstrecke von ca. 20 Metern starke Kopfschmerzen verspürt, so dass er den Tauchvorgang abbrechen musste. Im Anschluss seien dann beim Kläger auch Drehschwindel, Übelkeit und Sehstörungen eingetreten. Die Kopfschmerzen hätten sich immer mehr verschlimmert. Die im Klinikum P… festgestellte Subarachnoidalblutung parafalxial beidseits sei durch den Vorfall vom 09.09.20216 zumindest mitverursacht worden. Auch bei dem Vorfall vom 09.09.2016 handle es sich um einen Unfall i.S.d. Versicherungsbedingungen. Entsprechend der vorliegenden ärztlichen Befunde und der sich daraus ergebenden Bewertung im Rahmen der privaten Unfallversicherung bestehe beim Kläger eine unfallbedingte dauerhafte Funktionsbeeinträchtigung bzw. Leistungsminderung von insgesamt mindestens 10 % außerhalb der Gliedertaxe, da er nach wie vor unfallbedingt an Kopfschmerzen leide. Der Kläger habe auch Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten, nachdem sich die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung des Klägervertreters durch den Kläger in Verzug befunden habe.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 10.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.11.2022 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 934,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24.11.2020 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt
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Die Beklagte trägt vor, der Vorfall vom 09.09.2016 stelle schon kein versichertes (Unfall-)Ereignis dar. Außerdem sei der Vortrag dazu, welche Erstkörperschädigungen als Folge der streitgegenständlichen Ereignisse vom 26.06.2016 und 09.09.2016 zu irgendeiner Invalidität des Klägers geführt haben sollen, unzureichend. Der Kläger habe anlässlich der Ereignisse vom 26.06.2016 und 09.09.2016 tatsächlich keine nachweisbaren Erstkörperschädigungen erlitten, die zu irgendeiner Invalidität des Klägers geführt haben, geschweige denn in der geltend gemachten Höhe. Demnach fehle schon jegliche Unfallkausalität. Tatsächlich liege auch keine Invalidität in der geltend gemachten Höhe vor, geschweige denn eine Invalidität, die auf anlässlich der beschriebenen Ereignisse erlittenen Erstkörperschädigungen zurückzuführen sei. Außerdem habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
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Zur Ergänzung des beiderseitigen Sachvortrags sowie zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteivertreter samt Anlagen.
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Gemäß Beweisbeschluss des Landgerichts Passau vom 11.10.2021 (Bl. 30/32 d.A.) hat der Sachverständige Dr. P… am 20.10.2022 ein schriftliches Gutachten erstattet (Bl. 86/108 d.A.), auf welches Bezug genommen wird. Aufgrund Beweisbeschlusses des Landgerichts Passau vom 26.01.2023 (Bl. 126) erstattete der Sachverständige Dr. P… am 03.03.2023 ein ergänzendes Gutachten (Bl. 130/136), auf welches Bezug genommen wird. Gemäß Beweisbeschluss des Landgerichts Passau vom 20.12.2021 (Bl. 45/48 d.A.), geändert durch Beschluss des Landgerichts Passau vom 24.02.2022 (Bl. 63/64 d.A.), hat der Sachverständige Dr. M… zur Vorbereitung der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. P… am 12.08.2022 ein schriftliches tauchmedizinisches Gutachten erstattet (Bl. 72/78 d.A.), auf welches Bezug genommen wird. Aufgrund Beweisbeschlusses des Landgerichts Passau vom 26.01.2023 (Bl. 126) erstattete der Sachverständige Dr. M…r am 10.09.2023 ein ergänzendes Gutachten (Bl. 142/143), auf welches Bezug genommen wird.
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Nachdem beide Parteien bzw. Prozessbevollmächtigten mit schriftlichen Erklärungen vom 13.10.2023 (Bl. 145 d.A.) und 09.11.2023 (Bl. 148 d.A.) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hatten, wurde mit Beschluss des Landgerichts Passau vom 13.11.2023 (Bl. 149/150 d.A.) die Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 II ZPO angeordnet. Gemäß diesem Beschluss konnten Schriftsätze bis einschließlich 30.11.2023 bei Gericht eingereicht werden.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Passau sachlich und örtlich zuständig gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG, § 215 I 1 VVG.
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Die Klage ist unbegründet.
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Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine Invaliditätsleistung aus seiner privaten Unfallversicherung gegenüber der Beklagten zu, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht von einer unfallbedingten dauerhaften Beeinträchtigung beim Kläger i.S.d. Ziff. 2.2.1.1.1 AUB 2012 ausgegangen werden kann (Klageantrag Ziff. 1.). Weiterhin besteht kein Anspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten (Klageantrag Ziff. 2.).
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1. Der Klageantrag Ziff. 1. ist unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Invaliditätsleistung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Unfallversicherungsvertrag besteht nicht.
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a) Dem Kläger ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht der Nachweis gelungen, dass die Vorfälle vom 26.06.2016 und/oder vom 09.09.2016 zu einer Invalidität i.S.d. Ziff. 2.2.1.1.1. AUB 2012 beim Kläger geführt haben. Dies gilt vor allem auch für den Fall, dass man der Beurteilung den (bestrittenen) Vortrag des Klägers, wonach er bei dem Vorfall vom 26.06.2016 eine Beule erlitten habe, und die (bestrittene) klägerische Schilderung des Hergangs des Vorfalls vom 09.09.2016 (s. hierzu die „letzte Version“ im Schriftsatz des Klägervertreters vom 09.02.2022) zugrunde legt. Aus diesem Grund musste auch der Kläger bezüglich des Vorfalls vom 09.09.2016 nicht als Partei vernommen bzw. angehört werden (zur Ablehnung eines Beweisantrags im Falle der sog. Wahrunterstellung s. Zöller, ZPO, 35. Auflage, Vorbemerkungen zu § 284 ZPO Rn. 12 a).
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Gem. Ziff. 2.2.1.1.1 AUB ist Voraussetzung für die Leistungspflicht der Beklagten, dass die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit der versicherten Person unfallbedingt dauerhaft beeinträchtigt ist (Invalidität). Eine Beeinträchtigung ist hiernach dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung des Zustands nicht erwartet werden kann.
22
Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs ist zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität zu unterscheiden. Die haftungsbegründende Kausalität betrifft den Kausalzusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und der Rechtsgutsverletzung, das heißt dem ersten Verletzungserfolg (Primärverletzung). Insoweit gilt das strenge Beweismaß des § 286 ZPO, das die volle Überzeugung des Gerichts erfordert (vgl. BGH NJW 2019, 2092). Hingegen bezieht sich die haftungsausfüllende Kausalität auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen der primären Rechtsgutsverletzung und – hieraus resultierenden – weiteren Gesundheitsschäden des Verletzten (Sekundärschäden). Nur hierfür gilt das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO, das heißt zur Überzeugungsbildung kann eine hinreichende bzw. überwiegende Wahrscheinlichkeit genügen (vgl. BGH NJW 1973, 1413; BGH NJW 1987, 705; BGH NJW 1998, 3417; BGH NJW 2005, 427 und BGH NJW 2008, 1381). Bzgl. des Vorliegens einer Invalidität einschließlich der konkreten Ausgestaltung des Gesundheitsschadens und dessen Dauerhaftigkeit gilt das Beweismaß des § 286 ZPO.
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Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die vom Kläger geltend gemachten Kopfschmerzen auf der beim Unfall vom 26.06.2016 erlittenen Schädelprellung beruhen, liegt nach Ansicht der Kammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht vor. Weiterhin ist die Kammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass der Vorfall vom 09.09.2016 beim Kläger zu einer unfallbedingten Gesundheitsschädigung/Primärverletzung geführt hat. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass durch den Vorfall ein reversibles zerebrovaskuläres Vasokonstriktionssyndroms (RCVS) verursacht worden ist, so würde es jedenfalls aber auch an einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit dafür fehlen, dass die vom Kläger geltend gemachten Kopfschmerzen auf diesem RCVS beruhen.
24
Der klägerische qualifizierte substantiierte Parteivortrag, der Bezug nimmt auf die Ausführungen des Dr. M… in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 11.12.2018 (s. Anlage K6), welcher annimmt, dass beim Kläger als Folge des durch den Tauchgang ausgelösten RCVS ein posttraumatischer Kopfschmerz fortbestehe und dass beim Kläger aufgrund der streitgegenständlichen Vorfälle von einer Invalidität in Höhe von 10 % außerhalb der Gliedertaxe auszugehen sei, wird insbesondere durch die gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. P… und des Dr. M… für die Kammer nachvollziehbar und plausibel widerlegt.
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Das tauchmedizinische Gutachten des Sachverständigen Dr. M… vom 12.08.2022, welches zur Vorbereitung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. P… eingeholt wurde, beantwortete die ihm gestellte Beweisfrage für die Kammer nachvollziehbar und plausibel dahingehend, dass vorliegend eine Dekompressionserkrankung beim Kläger aufgrund der fehlenden Atmung beim Tauchen und der zu geringen Tauchtiefe auszuschließen sei.
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Der Sachverständige Dr. P…, der dem Gericht als erfahrener und zuverlässiger Gutachter bekannt ist, kommt in seinem Gutachten vom 20.10.2022 zu dem Ergebnis, dass die heute noch immer wiederkehrenden Kopfschmerzen nicht auf die Schädelprellung mit Weichteilverletzung an der Stirn vom 26.06.2016 zurückzuführen seien. Bei einer Schädelprellung handle es sich um die leichteste Form eines Schädel-Hirn-Traumas. Bei einer solchen seien weder neurologische noch neuropsychologische Spätfolgen zu erwarten. Eine chronische Kopfschmerzsymptomatik sei aus dem vorliegenden Unfallmechanismus vom 26.06.2016 nicht abzuleiten. Die Schädelprellung sei folgenlos ausgeheilt, es bestünden keine weiteren posttraumatischen Kopfschmerzen als Unfallfolge. Ein Zusammenhang zwischen der Schädelprellung und der Subarachnoidalblutung sei nicht herzustellen. Bei der Verdachtsdiagnose des RCVS handle es sich um eine gutartige zeitlich begrenzte segmentale Vasokonstriktion cerebraler Arterien. Diese Arterienverengung habe durch neuroradiologische Untersuchungen objektiviert werden können. Das RCVS sei als eigenständige Erkrankung zu beurteilen und keine unmittelbare Folge des leichtgradigen Schädelhirntraumas vom 26.06.2016. Die kleine Subarachnoidalblutung sei als Komplikation des RCVS zu beurteilen und stelle eine unfallunabhängige Gesundheitsstörung dar. Das RCVS sei folgenlos abgeheilt. Die aktuellen Kopfschmerzen seien als unfallunabhängige Symptomatik zu bewerten. Bzgl. des Ereignisses vom 09.09.2016 liege kein von außen einwirkendes Ereignis vor, welches zu einer Gesundheitsschädigung geführt habe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich hier um ein zufälliges Ereignis handle. Dieses sei folgenlos ausgeheilt. Bei seinen Ausführungen hinsichtlich des Vorfalls vom 09.09.2016 legt der Sachverständige Dr. P… u.a. auch das zur Vorbereitung eingeholte tauchmedizinische Gutachten des Sachverständigen Dr. M… vom 12.08.2022 zugrunde. Die jetzt bestehenden Kopfschmerzen seien letztlich weder auf das Ereignis am 26.06.2016 noch auf das Folgeereignis am 09.09.2016 zurückzuführen. Damit liege keine kausale Funktionsbeeinträchtigung vor, weder für das erste noch für das zweite Ereignis.
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Eine ergänzende Stellungnahme zu seinem tauchmedizinischen Gutachten gab der Sachverständige Dr. M…, welcher der Kammer als erfahrener und zuverlässiger Gutachter bekannt ist, am 10.09.2023 ab, wobei dieser sich dabei nachvollziehbar und überzeugend mit den Einwendungen und Ergänzungsfragen der Klägerseite auseinandersetzte. Er ergänzte und präzisierte dabei seine Angaben aus dem Erstgutachten und teilte mit, dass beim Streckentauchen über 20 Meter in 2 Metern Tiefe durch den Tauchreflex ein RCVS ausgelöst und für den Fall ursächlich sein kann und dies mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 %.
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In seinem ergänzenden Gutachten vom 03.03.2023 bestätigte und vertiefte der Sachverständige Dr. P… die Ergebnisse seines Erstgutachtens und setzte sich dabei für die Kammer überzeugend und nachvollziehbar mit den Einwendungen und Ergänzungsfragen der Klägerseite auseinander. Er blieb dabei bei seiner Einschätzung im Erstgutachten.
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Die überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dr. P… und Dr. M… macht sich das Gericht zu eigen. Insbesondere das Gutachten des Sachverständigen Dr. P… berücksichtigt alle vorhandenen ärztlichen Befunde im hiesigen Fall umfassend in seiner Gesamtheit und bewertet/würdigt diese für das Gericht nachvollziehbar und in einem Gesamtzusammenhang, wobei der Sachverständige Dr. P… nachvollziehbar zu dem Ergebnis kommt, die jetzt bestehenden Kopfschmerzen seien letztlich weder auf das Ereignis am 26.06.2016 noch auf das Folgeereignis am 09.09.2016 zurückzuführen. Dem Kläger ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme daher nicht der Nachweis gelungen, dass bei ihm eine unfallbedingte Dauerbeeinträchtigung aufgrund des Vorfalls vom 26.06.2016 und/oder 09.09.2016 vorliegt, was zu seinen Lasten geht (zur Beweislast des Versicherungsnehmers s. BGH r+s 1992, 430).
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Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf eine Invaliditätsleistung aus der streitgegenständlichen Unfallversicherung ist daher nicht gegeben.
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b) Da ein Kausalzusammenhang zwischen dem Vorfall vom 09.09.2016 und den vom Kläger als fortbestehend angegebenen Kopfschmerzen nicht nachgewiesen werden konnte, kann dahinstehen, inwiefern es sich bei diesem Vorfall überhaupt um einen „Unfall“ i.S.d. Ziff. 1.3 AUB 2012 (unter Berücksichtigung der Ziff. 2 BB Premium 2012) handeln würde.
32
c) Weiterhin ist auch der Vorfall vom 04.09.2016 für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich, da im vorliegenden Verfahren eine Invalidität (nur) aufgrund der Vorfälle vom 26.06.2016 und/oder vom 09.09.2016 gegenständlich ist. Daher mussten auch die diesbezüglich von Klägerseite benannten Zeugen L… und P… nicht vernommen werden (zur Ablehnung eines Beweisantrags im Falle der fehlenden Entscheidungserheblichkeit s. Zöller, ZPO, 35. Auflage, Vorbemerkungen zu § 284 ZPO Rn. 9).
33
2. Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten und Zinsen als Nebenforderungen. Der Klageantrag Ziff. 2. ist daher ebenfalls unbegründet.
34
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 91 I ZPO.
35
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht in Anwendung von § 709 S. 1, 2 ZPO.
36
Der Streitwert für das Verfahren wird gem. § 48 I 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf 10.500,00 € festgesetzt.