Inhalt

OLG München, Endurteil v. 07.08.2023 – 3 U 5647/22
Titel:

Hinweispflichten des Anlagevermittlers

Normenkette:
BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Der zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler zustande gekommene Auskunftsvertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Dazu bedarf es vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dazu bedarf es vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Liegen objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muss er dies dem anderen Teil zumindest offenlegen. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Haftungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich eines Auskunftsvertrags ist unwirksam, weil er den Kernbereich des Vertragsinhalts in Form der Pflicht zu vollständiger und richtiger Auskunftserteilung betrifft. Die Erfüllung eines Auskunftsvertrages „steht und fällt“ gerade mit der Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft. Davon kann sich der Auskunftsverpflichtete nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen freizeichnen. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kapitalanlage, Anlagevermittler, Auskunftsvertrag, Prüfungspflicht, Pflichtverletzung, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Haftungsausschluss
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 19.08.2022 – 22 O 2477/22
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 19.09.2024 – III ZR 299/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 46468

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.08.2022, Az. 22 O 2477/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

A.
1
Die Klagepartei verlangt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Festgeldanlage bei der G. Bank AG.
2
Die Klägerin ist eine oberbayerische Gemeinde. Die Beklagte ist ein Anlagevermittlungsinstitut und verfügt über eine Erlaubnis nach § 34c GewO. Die Parteien stehen seit 2012 in Geschäftsbeziehung zueinander. Die Klägerin schloss über die Beklagte insgesamt 85 Festgeldanlagen bei mehreren Banken ab. Sie legte insbesondere in der Zeit von Anfang März 2017 bis Mitte Dezember 2020 Festgelder bei der G. Bank AG an oder prolongierte solche Anlagen.
3
Nachdem die Klägerin ursprünglich eine Teilklage über 1,0 Mio. Euro bezogen auf zwölf Anlagen bei der G. Bank in der Zeit vom 28.02.2020 bis 26.02.2021 erhoben hatte, beschränkte sie diese nach einem entsprechenden Hinweis des Landgerichts auf folgende einzelne Festgeldanlage:
Handelsdatum: 11.12.2020
Anlagesumme: 1.019.748,70 €
Laufzeit: 14.12.2020 bis 14.06.2021
Zinssatz: 0,00%.
4
Am 19.08.2020 berichtete der Nachrichtendienst B.b. erstmals über Unregelmäßigkeiten bei der G. Bank AG und über eine Prüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) (Anlage K 14). Am 19.08.2020, 20.08.2020 und 15.10.2020 erschienen weitere Berichte spezieller Finanzmarkt-Informationsdienste über die G. Bank AG im Internet (Anlage K 3). Der Klägerin waren diese Informationen nicht bekannt. Sie wurde von der Beklagten darauf nicht hingewiesen.
5
Am 03.03.2021 erließ die BaFin gegenüber der G. Bank AG wegen drohender Überschuldung ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot und ordnete ein Moratorium an. Mit Beschluss vom 16.03.2021 eröffnete das Amtsgericht Bremen über das Vermögen der G. Bank AG das Insolvenzverfahren.
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Die Klägerin macht geltend, die Beklagte sei als Anlagevermittlerin tätig geworden und habe schon ausweislich ihres Internetauftritts und eines der Klägerin ausgehändigten Exposés mit ihrem besonderen Wissen und ihrer Kompetenz geworben. Sie habe ihre Pflichten aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Auskunftsvertrag verletzt und sei zum Schadensersatz verpflichtet.
7
Die Klägerin habe darauf vertraut, dass die Beklagte, die über entsprechende Marktkenntnis verfüge, ihr nur sichere Anlagen vermittelt. Die Beklagte habe spätestens seit Sommer 2020 Kenntnis von den Problemen der G. Bank, AG insbesondere von deren Prüfung durch die BaFin, haben müssen und hätte sie entsprechend aufklären müssen. Sie sei insbesondere verpflichtet gewesen, die Klägerin über eine Herabstufung des Ratings der G. Bank AG von A auf BBB+ im September 2020 zu informieren. Die Mitteilung des Ratings in den Angebotsschreiben der Beklagten sei nicht ausreichend gewesen. Die Beklagte habe der Klägerin gegenüber auch nicht offengelegt, dass sie keine Finanzpublikationen verfolge und sich auch sonst nicht über die Bonität der Anbieter der Festgeldanlagen informiere. Ein entsprechender Haftungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen reiche nicht aus und sei unwirksam.
8
Die Beklagte trägt vor, ihre Geschäftsfelder als unabhängiges Finanzdienstleistungsunternehmen beträfen u.a. die Vermittlung von Termin- und Festgeldern für Kommunen. Sie trete ausschließlich als Abschluss- und Anlagevermittlerin auf. Eine Überprüfung und/oder Überwachung der Bonität der Banken, bei denen eine Geldanlage vermittelt werde, werde nicht angeboten und auch von der Beklagten nicht vorgenommen. Die Beklagte stelle als Vermittlerin dem Anleger die Anlageprodukte lediglich vor. Sie beruft sich insbesondere auf die Risiko- und Haftungsbeschränkung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Ziffer 3.) und 4.). Die von der Klägerin angeführte negative Berichterstattung über die G. Bank AG sei der Beklagten bis Anfang März 2021 nicht bekannt gewesen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, zwischen den Parteien sei weder ein Anlageberatungsvertrag noch ein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Die von ihr an die Klägerin übermittelten Konditionen der Festgeldanlagen seien zutreffend dargestellt worden. Weitere Informationspflichten hätte die Beklagte nicht erfüllen müssen.
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Auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Endurteils wird Bezug genommen.
11
Die Klagepartei beantragte erstinstanzlich zuletzt im Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung. Hilfsweise beantragte sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung der auf den geltend gemachten Anspruch gegen die Beklagte entfallenden Quote im Insolvenzverfahren der G. Bank AG.
12
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, „an den Kläger 1.000.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.06.2021 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung ihrer der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. Bank AG, Amtsgericht Bremen, Az. 508 IN 6/21, geltend gemachten Ansprüche“, sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
13
Unter dem 05.09.2022 beantragte die Klägerin beim Landgericht München I die Berichtigung des Urteilstenors gemäß § 319 Abs. 1 ZPO dahingehend, dass sich die Zug-um-Zug ausgesprochene Abtretung der klägerischen Ansprüche im Insolvenzverfahren nur auf den Teilbetrag von einer Million Euro aus der einzelnen streitgegenständlichen Anlage beziehe. Das Landgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 20.09.2022 unter Hinweis auf die Möglichkeit der Korrektur durch eine Berufung zurück.
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Die Beklagte legte gegen das landgerichtliche Endurteil vom 19.08.2022, zugestellt am 22.08.2022, mit Schriftsatz vom 19.09.2022, eingegangen beim Oberlandesgericht München am 20.09.2022, Berufung ein. Die Beklagte begründete das Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 24.11.2022, der am Abend des 24.11.2022 per Fax einging und an dessen Ende eine Unterschrift des Beklagtenvertreters RA D. abgebildet ist. Mit derselben Faxsendung ging ein weiterer mit einer auf dem Fax erkennbaren Unterschrift RA D. ein, mit dem dieser unter Beifügung ausgedruckter beA Fehlermeldungen mitteilte, dass das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nicht funktioniere.
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Die Beklagte rügt, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft vom Zustandekommen eines Auskunftsvertrags zwischen den Parteien ausgegangen. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Beklagte nicht im Interesse der Anlageanbieterin, hier der G. Bank AG, tätig geworden und habe auch andere Anlagemöglichkeiten außerhalb der G. Bank AG angeboten. Eine Sonderverbindung zwischen der Beklagten und der G. Bank AG habe nicht bestanden. Die Beklagte habe lediglich bei erfolgreicher Vermittlung eine marktübliche Provision von der Bank erhalten.
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Weiter habe die Klägerin entgegen den Ausführungen des Landgerichts keine besonderen Fähigkeiten oder Kenntnisse der Beklagten in Anspruch genommen. Sie habe solche auch nicht benötigt, sondern sich lediglich Arbeit mit dem Heraussuchen überregionaler Anlageangebote ersparen wollen. Auch die Schlussfolgerung des Landgerichts, die Klägerin hätte die Anlage selbst und damit kostengünstiger getätigt, hätte sie nicht besondere Fähigkeiten oder Kenntnisse der Beklagten in Anspruch nehmen wollen, verfange nicht, weil der Klägerin durch die Tätigkeit der Beklagten keine Kosten entstanden seien.
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Zudem habe die Klägerin auch andere Festgeldanlagen ohne die Inanspruchnahme eines Vermittlers getätigt und damit gezeigt, dass es ihr gerade nicht um die Inanspruchnahme besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse gegangen sei.
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Vom Bundesgerichtshof entschiedene Fälle zur Vermittler-/ Beraterhaftung (Az. III ZR 193/05; III ZR 25/92; VIa ZR 286/80; III ZR 56/11; III ZR 122/05; III ZR 17/08; III ZR 62/99), auf die sich das Landgericht stütze, sei mit dem hier gegenständlichen Fall in tatsächlicher Hinsicht nicht vergleichbar. Zudem sei hier hinsichtlich einer unterstellten Auskunftspflichtverletzung kein Verschulden der Beklagten feststellbar.
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Die Beklagte habe im Übrigen mit den entsprechenden Hinweisen in ihren AGB ausreichend deutlich darauf hingewiesen, dass sie keine Bonitätsprüfung der Anlageanbieter vornehme. Rechtsfehlerhaft sei das Landgericht zudem davon ausgegangen, dass der in den AGB der Beklagten enthaltene Haftungsausschluss unwirksam sei. Eine Kommune wie die Klägerin sei ein professioneller Anleger, weshalb eine unangemessene Benachteiligung durch haftungseinschränkende Hinweise in den AGB nicht gegeben sei. Die Beklagte sei auch deswegen nicht zur Information der Klägerin über Ratings und B.b.-Miteilungen verpflichtet gewesen. Die herabgestufte Bonität der G. Bank AG habe die Klägerin bei Vornahme der streitgegenständlichen Anlage kennen müssen, weil es aus mehreren zuvor gewechselten E-Mails hervorgehe. Zudem hätte die Klägerin die Anlage auch in Kenntnis der nur geringfügig geänderten Bonitätseinstufung getätigt.
20
Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
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Die Beklagte hält die Berufung für unzulässig. Sie sei nicht fristgerecht begründet worden. Der Beklagtenvertreter habe nicht ausreichend zu der behaupteten beA-Störung vorgetragen. Zudem sei die Berufungsbegründung nicht unterzeichnet gewesen.
22
Der Senat hat im Termin vom 17.07.2023 die mündliche Verhandlung durchgeführt und Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen P., F. und W. Der Senat hat ferner den Ersten Bürgermeister der Klägerin Sp.r und den Geschäftsführer der Beklagten D. informell als Parteien angehört. Auf die Sitzungsmitschrift wird Bezug genommen.
23
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu erkennen:
Die Klage wird abgewiesen.
24
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
B.
25
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
26
I. Die Berufung ist zulässig. Sie wurde insbesondere innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet. Die Berufungsbegründung ist am letzten Tag der Frist per Fax und mit einer erkennbaren Unterschrift des Beklagtenvertreters versehen bei Gericht eingegangen. Dass die elektronische Übermittlung an diesem Tag scheiterte und aus welchen Gründen dies geschah, hatte auf den fristwahrenden Eingang der Begründungsschrift damit keinen Einfluss mehr.
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II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das angegriffene Endurteil erweist sich im Ergebnis und unter Berücksichtigung des Prüfungsumfangs des Berufungsgerichts als zutreffend.
28
1. Zwar hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung des Klagebetrags „Zug um Zug gegen Abtretung ihrer der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. Bank AG, Amtsgericht Bremen, Az. 508 IN 6/21, geltend gemachten Ansprüche“ verurteilt und damit die Zug-um-Zug-Leistung zu weit gefasst. Der landgerichtliche Tenor umfasst hinsichtlich der Zug-um-Zug-Leistung sämtliche von der Klagepartei im Insolvenzverfahren angemeldeten Ansprüche, nicht nur die auf den Teilklagebetrag aus der streitgegenständlichen Festgeldanlage entfallenden Ansprüche. Dies hätte durchaus Anlass zu einer berufungsgerichtlichen Überprüfung des Ersturteils gegeben, weil eine zu weitgehende Zug-um-Zug-Leistung eine Beschwer für die Zug-um-Zug verpflichtete Partei beinhaltet. Dies hat die Klagepartei auch erkannt und beim Landgericht einen Berichtigungsantrag hinsichtlich des Urteilstenors nach § 319 ZPO gestellt. Diesen hat das Landgericht abgelehnt und auf die Möglichkeit der Korrektur im Berufungsverfahren hingewiesen.
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Die Klagepartei hat jedoch gegen das erstinstanzliche Urteil keine Berufung eingelegt. Auch von der Möglichkeit der Anschlussberufung, auf die hingewiesen wurde, hat sie keinen Gebrauch gemacht. Die Frage der Beschränkung der Zug-um-Zug-Leistung auf die hinsichtlich der streitgegenständlichen Anlage im Insolvenzverfahren angemeldeten Ansprüche ist damit nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
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2. Auch hat das Landgericht auf jegliche Beweisaufnahme und Anhörung der Parteien verzichtet und die Beklagte im Wesentlichen auf der Grundlage von Regelvermutungen verurteilt. Dies genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Feststellung von Tatsachen hinsichtlich der Umstände des möglichen Zustandekommens eines Auskunftsvertrags zwischen Anleger und Anlagevermittler nicht.
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3. Der Senat hat die erforderliche Beweisaufnahme selbst durchgeführt. Danach erweist sich das landgerichtliche Endurteil im Ergebnis als zutreffend, weil zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist, die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Auskunftsvertrag schuldhaft verletzt hat, und die Klägerin deswegen Schadensersatz verlangen kann.
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a) Zutreffend ist das Landgericht von einem Anlagevermittlungsverhältnis ausgegangen. Es hat ebenfalls zutreffend angenommen, dass zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist. Ergänzend zu den Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils ist Folgendes auszuführen:
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aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass im Rahmen der Anlagevermittlung zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande kommt, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGHZ 100, 117, 118 f.; BGH, Urteile vom 13.05.1993 – III ZR 25/92; vom 13.01.2000 – III ZR 62/99; vom 13.06.2002 – III ZR 166/01; vom 11.09.2003 – III ZR 381/02; vom 12.05.2005 – III ZR 413/04; vom 19.10.2006 – III ZR 122/05). Die genannte höchstrichterliche Rechtsprechung trägt zum Schutz des Anlegers bereits typisierend der Interessenlage und den Besonderheiten bei der Vermittlung von Kapitalanlagen Rechnung. Diese werden geprägt durch die regelmäßig erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Kapitalanleger und einen zugleich auf seiner Seite ebenso regelmäßig bestehenden Aufklärungsbedarf, der in der großen Mehrzahl der Fälle hinreichend nur durch den Vermittler befriedigt werden kann, und zudem umgekehrt durch die von dem Vermittler im Allgemeinen zu erwartende und auch nach eigenem Verständnis bestehende Sachkunde (BGH, Urteil vom 11.01.2007 – III ZR 193/05 –, Rn. 10, juris). Eine Sonderverbindung zwischen dem Vermittler und dem Anbieter der Kapitalanlage ist für die Begründung des Auskunftsvertrags nicht erforderlich.
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bb) Die Beweisaufnahme hat die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrags zwischen den Parteien zur Überzeugung des Senats bestätigt.
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(1) Die Klägerin wollte im Hinblick auf die streitgegenständliche Festgeldanlage vom 11.12.2020 die besonderen Kenntnisse und Verbindungen der Beklagten in Anspruch nehmen.
36
(a) Der Kämmerer der Klägerin, der Zeuge P., gab glaubhaft an, er habe die Dienste der Beklagten in Anspruch genommen, weil diese den Überblick über den Markt der Anlagemöglichkeiten in Festgeld gehabt habe. Er habe auch erwartet, dass die Beklagte nur sichere Anlagen anbietet, weil er und seine Mitarbeiterinnen immer wieder gegenüber den für die Beklagte handelnden Personen betont hätten, dass sie nur sichere Anlagen wollten. Den entsprechenden Marktüberblick habe er sich nicht selbst verschaffen können, weil es der Kämmerei der Klägerin insoweit an Kapazitäten fehle. Zudem habe die Beklagte über direkte Kontakte in die entsprechenden Banken verfügt. Er habe sich auf das Wissen und die Kompetenz der Beklagten verlassen. Bei Nachfragen an die Beklagte seien diese immer beantwortet worden, ohne dass Fragen offenblieben. Er sei davon ausgegangen, dass die Beklagte auch die Fachpresse verfolgt. Dass sich die Beklagte in keiner Weise über die Seriosität der Banken informiert habe, deren Festgeldkonditionen sie angeboten habe, sei ihm nicht bewusst gewesen oder jemals mitgeteilt worden.
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(b) Die Zeugin F., Angestellte der Kämmerei der Klägerin, sagte aus, sie sei davon ausgegangen, dass die Beklagte einen Überblick über den Finanzmarkt hat. Sie habe häufig bei der Beklagten angerufen und anschließend per E-Mail von der Beklagten aktuelle Konditionen für Festgeldanlagen angeboten bekommen. In den Telefonaten, die häufig mit der Zeugin W.geführt worden seien, habe sie stets darauf hingewiesen, dass sie nur sichere Anlagen angeboten bekommen wolle. Dies sei deswegen erfolgt, weil ihrem Vorgesetzten, dem Zeugen P., die Sicherheit der Anlage wichtig gewesen sei und er sie häufig vor der Kontaktaufnahme mit der Beklagten entsprechend angewiesen oder darauf hingewiesen habe. So habe er etwa geäußert, dass er nicht wieder so eine türkische oder chinesische Bank angeboten bekommen wolle. Gelegentlich habe die Zeugin W.auf ihre Bemerkung, es seien nur sichere Anlagen gewünscht, erwidert, dass sie das schon wisse. Ihr sei von Seiten der Beklagten nie gesagt worden, dass diese die Sicherheit der Banken nicht überprüfe.
38
Die Angaben der Zeugin sind glaubhaft. Sie schilderte die Vorgänge nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
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(c) Die Zeugin W., die frühere Geschäftsführerin der Beklagten, sagte aus, die Beklagte habe die Bonität der Banken, deren Konditionen sie den Kunden übermittelt hätten, nicht geprüft. Eine solche Prüfung sei nicht Gegenstand ihrer angebotenen Leistungen gewesen. Sie und ihre Mitarbeiter hätten auch weder die einschlägige Finanzpresse verfolgt, noch einen Newsletter der BaFin bezogen. Von dem von der BaFin für die G. Bank AG angeordneten Moratorium habe sie aus den Nachrichten erfahren.
40
Die Leistung der Beklagten habe darin bestanden, den Kunden einen Marktüberblick zu verschaffen.
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Die Anfragen der Klägerin, die im Laufe der Geschäftsbeziehung 85 Festgeldanlagen bei mehreren Banken über die Beklagte abgeschlossen habe, hätten sich auf Festgeld bezogen. Die Vertreter der Klägerin hätten dabei nicht gesagt, dass sie eine sichere Anlage haben wollten. Festgeld sei eine sichere Anlage. Dass Kommunen bei der Geldanlage an bestimmte gesetzliche Vorgaben gebunden seien, sei ihr nicht bekannt. Die Kommunen seien jedoch auf die Beklagte nur wegen Festgeld zugekommen.
42
Die Angaben der Zeugin sind hinsichtlich des Geschäftsmodells der Beklagten glaubhaft. Die Aussage jedoch, dass die Vertreter der Beklagten nie gesagt hätten, dass sie eine sichere Anlage wollten, glaubt der Senat der Zeugin nicht. Sie steht im Widerspruch zu den glaubhaften Angaben der Zeugen P. und F. Angesichts der langen Dauer der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien und der Tatsache, dass es sich um eine Kommune handelt, die öffentliche Gelder verwaltet und an entsprechende Vorgaben gebunden ist, erscheint es fernliegend, dass die Frage der Sicherheit der Anlagen nie zur Sprache gekommen sein soll.
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(d) Der Geschäftsführer der Beklagten D. wurde vom Senat angehört. Er erläuterte zunächst das Geschäftsmodell der Beklagten. Diese stellt ihren Kunden, bei denen es sich häufig um Kommunen handelt, kostenlos einen von der Beklagten aufbereiteten Marktüberblick mit Festgeldanlagekonditionen verschiedener Banken zur Verfügung. Eine Empfehlung für eine bestimmte Bank gebe die Beklagte nicht ab. Die Bonität der Banken werde nicht geprüft. Wenn die Beklagte über einen Newsletter der BaFin, den sie beziehe, von Problemen einer Bank erfahre, werde diese nicht mehr angeboten.
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Komme eine Geldanlage über die Beklagte zustande, bekomme diese eine Provision von der Bank.
45
Der Mehrwert der Leistungen der Beklagten für die Kunden bestehe darin, dass der Kämmerer einen Marktüberblick bekomme, den er sich sonst mangels Kapazitäten selbst nicht verschaffen könne. Die Kompetenz der Beklagten bestehe darin, dass sie wisse, welche Banken auf der Suche nach Festgeldanlagen seien und solche am Markt anbieten. Die Zinsübersichten in der Tagespresse, die sich nicht an Kommunen, sondern an Privatleute richteten, seien mit der Leistung der Beklagten nicht vergleichbar. Die Beklagte würde dem Kämmerer aufzeigen, welche Banken gerade auf der Suche nach Kapital seien.
46
(e) Aufgrund der Angaben der Zeugen und des Geschäftsführers D. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin die Leistung der Beklagten nicht selbst hätte erbringen können und dass sie die besonderen Kenntnisse und Verbindungen der Beklagten in Anspruch nehmen wollte. Die Klägerin erwartete aus der Inanspruchnahme der Beklagten einen Überblick über aktuell verfügbare, für Kommunen geeignete und insbesondere sichere Anlagemöglichkeiten in Form von Festgeldanlagen, auf die die Beklagte wegen ihrer Verbindungen zu den angebotenen Banken Zugriff hatte. Diesen Marktüberblick konnte sich die Klägerin schon wegen ihrer beschränkten personellen Ressourcen nicht verschaffen, auf die der Zeuge P. hinwies und die auch der Geschäftsführer der Beklagten in seiner Anhörung als Grund für die Inanspruchnahme der Leistung der Beklagten durch die Klägerin und andere Kommunen nannte. Das Argument der Beklagten, die Klägerin hätte etwas so Einfaches wie eine Festgeldanlage auch selbst abschließen können, verfängt daher nicht. Zwar hätte die Klägerin selbst Festgelder anlegen können, wie sie es bei ihrer Hausbank auch gelegentlich tat. Dies wäre jedoch ohne die Informationen erfolgt, die die Beklagte zur Verfügung stellte. Eine ohne jeglichen Marktüberblick und ohne Verbindungen zu den Banken getätigte Anlage ist jedoch mit der hier streitgegenständlichen Situation nicht vergleichbar. Die Klägerin tätigte die Anlage bei der G. Bank AG gerade auf der Grundlage der von der Beklagten zusammengestellten Informationen.
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(2) Die Beklagte wusste, dass die Klägerin sich auf die besonderen Kenntnisse und Verbindungen der Beklagten verließ. Dies war offensichtlich: Die Vertreter der Klägerin betonten ständig, dass ihnen die Sicherheit der Anlage wichtig sei. Auch wirbt die Beklagte ausweislich ihres Exposés (Anlage K 1) mit ihrem Wissen und ihrer Kompetenz. Es liegt nahe, dass die Kunden – wie hier die Beklagte – diese dann auch in Anspruch nehmen wollen und aufgrund der Marktkenntnis der Beklagten sowie wegen deren Verbindung zu kapitalsuchenden Banken seriöse Geldanlagemöglichkeiten mit Konditionen erwarten, die sie ohne die Beklagten nicht erlangen könnten. Dies war auch hier der Fall, was die Zeugen P. und F. glaubhaft dargestellt haben.
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Ohnehin ist das Geschäftsmodell der Beklagten schon von der Konstruktion her darauf angelegt, genau diese Erwartungen der Kommunen zu bedienen: Das Geschäft der Beklagten ist gezielt auf Kommunen und vergleichbare Einrichtungen zugeschnitten, die hohe Geldsummen aus Rücklagen anlegen müssen und deren Kämmereien dabei über beschränkte personelle Ressourcen verfügen. Die Beklagte möchte dabei zudem die Werbewirkung und die haftungsrechtlichen Vorteile einer kostenlosen und unverbindlichen Information über Zinssätze etc. mit den finanziellen Vorteilen des Vermittlungsgeschäfts kombinieren, indem sie ihre Informations- und Vermittlungsleistungen für die Kämmereien kostenfrei erbringt, während sie von den Banken eine Provision kassiert und dabei von den hohen Anlagesummen der Kommunen profitiert.
49
Den Vertretern der Beklagten – der jetzigen Zeugin W. und dem Geschäftsführer D. – war zur Überzeugung des Senats zu jeder Zeit klar, dass die Klägerin die besondere Marktkenntnis und die Verbindungen der Beklagten zu den Banken nutzen wollte. Mit dieser Kenntnis wurden sie auch hinsichtlich der Vermittlung der streitgegenständlichen Festgeldanlage vom 11.12.2020 tätig.
50
(3) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klagepartei hinsichtlich der Umstände der konkret streitgegenständlichen Anlage ausreichend vorgetragen. Allerdings haben sowohl die Klagepartei, als auch die Beklagte erst in der Berufungsinstanz bemerkt, dass am Abschluss der streitgegenständlichen Anlage vom 11.12.2020 nicht die erstinstanzlich jeweils durchgehend von der Klägerin benannte Zeugin F. und auf Seiten der Beklagten deren damalige Geschäftsführerin und jetzige Zeugin W., sondern die Mitarbeiterin der Klägerin R. und der Mitarbeiter der Beklagten F. befasst gewesen sein sollen. Die Zeugin R. wurde auch zweitinstanzlich nicht benannt. Der Zeuge F. wurde kurz vor der mündlichen Berufungsverhandlung verspätet benannt, was mit einem nicht näher erläuterten Versehen begründet wurde und damit auf Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO beruht.
51
Allerdings ist der Vortrag zu den äußeren Umständen des Zustandekommens der Festgeldanlage vom 11.12.2020 und des Schriftverkehrs zwischen den Parteien unstreitig. Im Übrigen hat sich der Senat auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen und der durchgeführten Beweisaufnahme sowie der Anhörungen der Parteien eine sichere Überzeugung von den Umständen des Vertragsschlusses auch hinsichtlich der konkret streitgegenständlichen Anlage vom 11.12.2020 gebildet. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass nach übereinstimmendem Vortrag beider Parteien und nach den insoweit glaubhaften Angaben der Zeuginnen F. und W. sowie des Geschäftsführers D. die Parteien miteinander 85 Festgeldanlagen abgeschlossen haben, und dass dabei der Ablauf des Zustandekommens immer der Gleiche war.
52
b) Aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Auskunftsvertrag hatte die Beklagte die Pflicht, sich über die Bonität der G. Bank AG zu informieren, bevor sie der Klägerin die streitgegenständliche Festgeldanlage anbot. Dies hat sie nicht getan, womit sie ihre vertraglichen Pflichten verletzt hat. Sie hat auch nicht offengelegt, dass sie die Anlage in keiner Weise überprüft hat.
53
aa) Der zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler zustande gekommene Auskunftsvertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 13.05.1993 – III ZR 25/92 – NJW-RR 1993, 1114; Urteil vom 13.01.2000 – III ZR 62/99 – NJW-RR 2000, 998; Urteil vom 11.09.2003 – III ZR 381/02 – NJW-RR 2003, 1690; Urteil vom 19.10.2006 – III ZR 122/05 –, Rn. 9, juris).
54
Dazu bedarf es – jedenfalls grundsätzlich – vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Denn ohne zutreffende Angaben über die hierfür maßgeblichen Umstände kann der Anlageinteressent sein Engagement nicht zuverlässig beurteilen und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen. Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muss er dies dem anderen Teil zumindest offenlegen (BGH, Urteil vom 13.05.1993; BGH, Urteil vom 13.01.2000 – III ZR 62/99 –, Rn. 13, juris; BGHZ 178, 149 [153]; BGH, Urteil vom 21.11.2019 – III ZR 244/18). bb) Nach diesen Grundsätzen war die Beklagte auch unter Berücksichtigung des geschlossenen Auskunftsvertrags zwar nicht verpflichtet, die Bonität von Banken hinsichtlich bereits abgeschlossener Festgeldverträge der Klägerin laufend zu überprüfen und zu überwachen. Sie musste hinsichtlich solcher bereits laufender Anlagen auch nicht die Finanzpresse nach Hinweisen auf mögliche Probleme durchsuchen. Ein solches Verständnis würde über die Pflichten eines Anlagevermittlers hinausgehen.
55
Auch musste sie im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die hier ausschließlich gegenständlichen Festgeldanlagen nicht gesondert auf ihre Plausibilität prüfen. Dies erübrigt sich im Fall eines normalen Festgeldes schon durch die Einfachheit des Anlagemodells Festgeld.
56
Zwar ist das Festgeld als Anlage einfach strukturiert und deswegen für jeden Anleger ohne Weiteres verständlich. Die von der Zeugin W. geäußerte Auffassung, Festgeld sei per se eine sichere Anlage, ist jedoch unzutreffend. Auch beim Festgeld besteht genau wie bei anderen Geldanlagemöglichkeiten ein Ausfallrisiko.
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Die Beklagte war dementsprechend verpflichtet, die Festgeldbanken wenigstens grob, aber aktuell auf deren Bonität zu überprüfen, bevor sie der Klägerin die Konditionen für eine neue Anlage übersandte. Zu diesem Zweck musste sie auch aktuelle Meldungen in der Finanzpresse zu suchen und lesen, die heutzutage mit minimalem Aufwand über im Internet verfügbare Suchmaschinen aufzufinden sind. Eine Aufnahme der G. Bank AG in das Angebot von Festgeldkonditionen, das die Beklagte der Klägerin im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Anlage zusandte, war daher ohne einen Hinweis auf die fehlende Überprüfung pflichtwidrig. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die mitgeteilten Informationen – insbesondere zum aktuellen Rating der G. Bank AG – zutreffend waren. Sie waren mangels Hinweises auf die vollständig unterlassene Überprüfung der Bank unvollständig.
58
cc) Die Überprüfungspflicht und die Pflicht der Beklagten, die Klägerin zumindest auf die fehlende Prüfung hinzuweisen, ist nicht durch den in Ziffer 3. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anlage B 2) enthaltenen Haftungsausschluss entfallen. Das Landgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, dass ein solcher Haftungsausschluss in Allgemeine Geschäftsbedingungen hinsichtlich eines Auskunftsvertrags unwirksam ist, weil er den Kernbereich des Vertragsinhalts in Form der Pflicht zu vollständiger und richtiger Auskunftserteilung betrifft. Die Erfüllung eines Auskunftsvertrages „steht und fällt“ gerade mit der Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft. Davon kann sich der Auskunftsverpflichtete nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen freizeichnen (BGH, Urteil vom 13.01.2000 – III ZR 62/99 –, Rn. 28, juris).
59
dd) Ihrer Pflicht ist die Beklagte nach den eigenen Aussagen der Zeugin W., die zur Zeit der streitgegenständlichen Anlage Geschäftsführerin der Beklagten war, jedoch nicht nachgekommen. Die Zeugin hat übereinstimmend mit dem Geschäftsführer D. bekundet, dass die Beschäftigten der Beklagten keinerlei Finanzpresse gelesen hätten und die Bonität von Banken nicht überprüft hätten. Dies habe nicht zum Leistungsangebot der Beklagten gehört.
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ee) Die Pflichtverletzung hat die Beklagte zu vertreten. Auf ihre unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann sie sich auch diesbezüglich nicht berufen. Den für die Beklagte handelnden Personen war bewusst, dass die Klägerin auf ihre besonderen Kenntnisse und Verbindungen vertraute, und dass sie eine sichere Anlage wollte. Unter diesen Umständen durfte die Beklagte der Klägerin nicht ohne jegliche eigene Prüfung eine Anlage bei einer bereits in Schieflage geratenen Bank anbieten.
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ff) Dass sie keinerlei Überprüfung vornahm und keine Finanzpresse las, hat die Beklagte gegenüber der Klägerin auch nicht offengelegt. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Aussagen der Zeugin F. und des Zeugen P., die jeweils glaubhaft angegeben haben, ihnen sei zu keinem Zeitpunkt gesagt worden, dass die Beklagte keinerlei Überprüfung vornehme und auch keinerlei Finanzpresse verfolge.
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Eine Offenlegung im oben dargestellten Sinne ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte auf ihrer Internetseite und in ihrem Exposé (Anlage K1, dort unter „Rechtliches“) jeweils darauf hinwies, dass sie keine Anlageberatung vornimmt. Die Pflicht zur grundlegenden Überprüfung der von der Beklagten angebotenen Banken folgt wie dargelegt bereits aus dem Auskunftsvertrag. Eines Anlageberatungsvertrags bedarf es nicht.
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Zutreffend hat das Landgericht bereits ausgeführt, dass unwirksame Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die auf den zwischen den Parteien geschlossenen Auskunftsvertrag gerade nicht anwendbar sind, ebenfalls keine Offenlegung mangelnder Kenntnisse oder unterlassener Erkundigungen darstellen.
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gg) Hätte die Beklagte sich vor Übersendung der Festgeldkonditionen für die streitgegenständliche Anlage vom 11.12.2020 wenigstens durch eine einfache Internetsuche über die Bonität der G. Bank AG informiert, wäre sie zur Überzeugung des Senats auf die im Verfahren gegenständlichen Artikel in der Finanzpresse aus dem August 2020 gestoßen, in denen Zweifel an der Kapital- und Liquiditätsausstattung der G. Bank AG wegen eines Konzentrationsrisikos durch hohe Kreditvergaben an Kunden desselben Unternehmers bzw. dessen Unternehmen und Sorgen der Aufsichtsbehörden sowie der Einlagensicherung geäußert wurden, einschließlich des dortigen Hinweises auf die laufende Prüfung der G. Bank durch die BaFin.
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hh) Bei einem entsprechenden Hinweis auf die Veröffentlichungen und auf das im September 2019 herabgestufte Rating der G. Bank AG hätte die Klägerin die Anlage nicht gezeichnet. Davon ist der Senat aufgrund der Angaben des Zeugen P. überzeugt. Dieser hat ausgesagt, ihm als Kämmerer und der Klägerin sei die Sicherheit der Anlage wichtiger gewesen als die Rendite. Dass der Zeuge auf die Rendite – die im Fall der streitgegenständlichen Anlage angesichts einer Verzinsung von 0,00% nur in der Ersparnis von Verwahrgeldern/Negativzinsen bestand – verzichtet hätte, hätte er aufgrund vollständiger Auskunft der Beklagten Zweifel an der Bonität der G. Bank AG gehabt, erscheint zudem naheliegend.
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ii) Der haftungsbegründenden Kausalität der Pflichtverletzung der Beklagten steht nicht entgegen, dass der Zeuge P. angab, er habe eine eigene Einschätzung der Sicherheit der Anlage getroffen. Der Zeuge hat diese eigene Einschätzung nach seiner auch diesbezüglich glaubhaften Aussage nicht nach eigenen Erkundigungen, sondern gerade auf der Grundlage der Angaben der Beklagten getroffen. Deren Auskunft war jedoch wie dargelegt unvollständig.
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c) Danach hat das Landgericht zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung der Pflichten aus dem Auskunftsvertrag sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bejaht und die Beklagte entsprechend verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat damit keinen Erfolg. Das Rechtsmittel war zurückzuweisen.
C.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des $ 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere die Frage, unter welchen Voraussetzungen zwischen Anleger und Vermittler ein stillschweigender Auskunftsvertrag zustande kommt, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt. Im Übrigen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage der im Verfahren festgestellten Tatsachen, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.