Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 12.12.2023 – B 5 E 23.800
Titel:

Notwendigkeit der Aktualisierung der periodischen Beurteilung für eine Auswahlentscheidung

Normenketten:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
BV Art. 94 Abs. 2
VwGO § 123 Abs. 1
BeamtStG § 9
LlbG Art. 56 Abs. 4 S. 2
BayRiStAG Art. 5 Abs. 1
Leitsätze:
1. Angesichts der hohen Bedeutung von dienstlichen Beurteilungen für die allein nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffende Auswahlentscheidung müssen die grundlegenden Vorgaben für ihre Erstellung in Rechtsnormen geregelt werden. Diesen Anspruch im Sinne des verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatzes erfüllen die Art. 54 ff. LlbG nicht nur zweifellos, vielmehr gehen die Regelungen sogar über die erforderlichen wesentlichen Aspekte hinaus. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Möglicher Anlass, in dem sich auch in einem auf Regelbeurteilungen basierenden Beurteilungssystem der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, ist, dass ein Bewerber nach der letzten Regelbeurteilung schon einmal befördert worden ist. Bedarf nach einer Aktualisierung der dienstlichen Beurteilung kann auch entstehen, wenn der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Anlassbeurteilung im Rahmen eines Regelbeurteilungssystems für Beamtinnen und Beamte mit dreijährigem Turnus kann nach einer jüngeren Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ohne Weiteres auf einen periodischen Beurteilungszeitraum von vier Jahren übertragen werden. Denn die normative Vorgabe des Landesgesetzgebers und grundlegende Organisationsentscheidung des Dienstherrn für ein Regelbeurteilungssystem für bayerische Beamtinnen und Beamte (Art. 56 Abs. 1 S. 1 LlbG) darf von der Verwaltung ungeachtet eines hier vorliegenden vierjährigen Beurteilungszeitraums weder unterlaufen noch entwertet werden. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Ausnahmefall, dass eine Anlassbeurteilung nötig wird, führt nicht dazu, dass alle Regelbeurteilten – allein deshalb – nunmehr ebenfalls der Ausnahmekategorie unterfallen und die Ausnahme somit zum überwiegenden Anwendungsfall wird. Andernfalls liefe das Aktualitätserfordernis darauf hinaus, dass dienstliche Beurteilungen in einer Art "perpetuum mobile" jeweils neuen Aktualisierungsbedarf erzeugen. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
5. Fehlt es an einer Übereinstimmung der Rechtsauslegung der Verwaltungsvorschriften und damit der Rechtsanwendung auf den Einzelfall mit der objektiven Rechtslage, so erweist sich die in den Verwaltungsvorschriften enthaltene Rechtsauslegung und die auf ihr beruhende Einzelfallentscheidung als falsch mit der Folge der Rechtswidrigkeit. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
6. Bei Ämtern mit und ohne Amtszulage iSd Art. 34 Abs. 1 BayBesG handelt es sich statusrechtlich um verschiedene Ämter, Amtszulagen bilden funktionell sog. Zwischenämter. Anders als beispielsweise bei der Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs im Zusammenhang mit einer Amtszulage kommt es nach Auffassung der Kammer gerade nicht auf die formelle Ernennung an. Vielmehr ist auch eine Änderung der Tätigkeit beurteilungsrelevant, die ohne formelle Ernennung erfolgt. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aktualisierung der periodischen Beurteilung für Auswahlentscheidung, tatsächliche Wahrnehmung wesentlich anderer Aufgaben über einen erheblichen Zeitraum, Anlassbeurteilung, Aktualisierung, periodische Beurteilung, Auswahlentscheidung, Bewerbungsverfahrensanspruch, Aktualität, Beurteilung, Dienstposten, leitender Oberstaatsanwalt, Generalstaatsanwaltschaft, R 3, R 2 Z, Dokumentation, Regelbeurteilung, Anforderungsprofil, Konkurrentenstreitverfahren, Vergleichbarkeit, dienstliche Beurteilung, Schwerpunktstaatsanwaltschaft, Bestenauslese, Dokumentationspflicht
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 06.03.2024 – 3 CE 23.2302
Fundstelle:
BeckRS 2023, 44992

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den am … ausgeschriebenen Dienstposten des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft in … (Besoldungsgruppe R3) mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 27.454,42 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Entscheidung des Antragsgegners, den Dienstposten des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft in … mit dem Beigeladenen zu besetzen.
2
In der Ausgabe des Bayerischen Ministerialblatts vom … (BayMBl. 2023 Nr. …) wurde die Stelle des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft in … (Besoldungsgruppe R3) ausgeschrieben. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Stelle die Leitung der bayernweit zuständigen Zentralstelle … beinhalte und dass Bewerberinnen und Bewerber daher über vertiefte Kenntnisse im Bereich der … verfügen sollten oder bereit sein sollten, solche zu erwerben. Hinsichtlich des Anforderungsprofils für die Stelle im Allgemeinen wurde auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 30.09.2003 (JMBI. S. 199), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 07.12.2021 (BayMBI. 2021 Nr. 937 vom 22.12.2021), Anforderungsprofile für Richter und Staatsanwälte (AnfoRiStABek), Bezug genommen. Auf die Ausschreibung hin bewarben sich der Antragsteller und der Beigeladene.
3
Der am … geborene Antragsteller war mit Eintritt in den höheren Justizdienst zunächst ab 01.07.2003 als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft … und ab 01.04.2007 als Richter am Landgericht … tätig, bevor er mit Wirkung vom 01.02.2009 zum Staatsanwalt als Gruppenleiter (Besoldungsgruppe R1 mit Amtszulage) befördert wurde, zunächst bei der Staatsanwaltschaft …, ab 16.06.2014 bei der Staatsanwaltschaft … Mit Wirkung vom 01.05.2016 wurde er zum Oberstaatsanwalt (Besoldungsgruppe R2) bei der Generalstaatsanwaltschaft … befördert und sogleich an die Staatsanwaltschaft … abgeordnet, wo er als Leiter der Abteilung … bis 30.04.2017 tätig war. Am 01.05.2017 endete die Abordnung und der Antragsteller leistete fortan Dienst bei der Generalstaatsanwaltschaft … Zum 01.01.2019 wechselte er innerhalb der Behörde zur Zentralstelle … Bayern … und übernahm dort die Leitung der Arbeitsgruppe … Ab 16.05.2020 war der Antragsteller an die Staatsanwaltschaft … abgeordnet, wo er ab diesem Zeitpunkt die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts wahrgenommen hat. Mit Wirkung vom 15.02.2022 wurde der Antragsteller zum Oberstaatsanwalt als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts (Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage) in … ernannt.
4
Der Antragsteller wurde zuletzt im Jahr 2020 im Statusamt des Oberstaatsanwalts (Besoldungsgruppe R2) periodisch für den Zeitraum von 01.01.2016 bis 31.12.2019 mit 14 Punkten beurteilt. Auf den Text der Beurteilung wird Bezug genommen.
5
Der am … geborene Beigeladene begann seine Laufbahn in der bayerischen Justiz am 01.04.2000 als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft … Ab …2003 war er an das Bundesministerium der Justiz abgeordnet. Mit Wirkung vom 01.10.2005 wurde er zum Richter am Landgericht … ernannt, bevor er zum 16.03.2012 zum Vorsitzenden Richter (Besoldungsgruppe R2) am selben Gericht befördert wurde. Mit Wirkung vom 16.10.2020 wurde der Beigeladene zum Vorsitzenden Richter am Landgericht … als weiterer aufsichtführender Richter (Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage) ernannt.
6
Anlässlich seiner Bewerbung auf die streitgegenständliche Stelle erhielt der Beigeladene im Jahr 2023 eine aktualisierte periodische Beurteilung im Statusamt des Vorsitzenden Richters am Landgericht als weiterer aufsichtführender Richter (Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage) mit dem Gesamtprädikat von 14 Punkten, auf deren Text ebenfalls Bezug genommen wird.
7
Mit Schreiben vom 21.06.2023 bat der Antragsteller im Nachgang zu seiner Bewerbung vom 25.05.2023 im Falle ihrer Erfolglosigkeit um Verständigung mittels Schreiben des Antragsgegners zum Ausgang des Auswahlverfahrens an seine Dienstanschrift.
8
Der Generalstaatsanwalt in … schlug im Besetzungsbericht vom 25.07.2023 dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz im Rahmen des Besetzungsverfahrens vor, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Nachdem beide Bewerber bei ihren Beurteilungen das Gesamturteil von 14 Punkten erlangt hätten, sei zu berücksichtigen gewesen, dass sich diese auf unterschiedliche Ämter im statusrechtlichen Sinne beziehen. Der Beigeladene habe das Gesamturteil im Amt der Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage erzielt, der Antragsteller sei im Amt der Besoldungsgruppe R2 beurteilt worden. Da an ein höheres Statusamt höhere Anforderungen zu stellen seien, bestehe trotz des gleichen Punktwerts ein Vorsprung des Beigeladenen im Gesamtprädikat. Dieser Vorsprung werde auch nicht durch andere Umstände ausgeglichen. Dies ergebe sich u.a. aus dem Vergleich der Verwendungseignung. Der Beigeladene sei, wie in seiner aktuellen Beurteilung ausdrücklich festgestellt werde, für das ausgeschriebene Amt geeignet. Diese Einschätzung werde vom Antragsteller nicht übertroffen, da in seiner Beurteilung keine explizite Verwendungseignung für das Amt eines Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft vermerkt worden sei und ihm – neben einer ausgezeichneten Eignung für die im Wesentlichen der Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage zuzuordnenden Ämter als Oberstaatsanwalt als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts, als Vizepräsident eines Landgerichts und als Direktor eines Amtsgerichts – auch für die Leitung einer kleinen Staatsanwaltschaft (lediglich) eine perspektivische Eignung attestiert worden sei. Auch unter Berücksichtigung der Einzelmerkmale der aktuellen Beurteilungen seien keine Anhaltspunkte gefunden worden, die den Leistungsvorsprung des Beigeladenen im Gesamtprädikat hätten ausgleichen können. Auf den Besetzungsbericht wird Bezug genommen.
9
Im Rahmen der Personalbesprechung vom 07.09.2023 entschied der Bayerische Staatsminister der Justiz unter Bezugnahme auf den Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts in … vom 25.07.2023, den er sich zu eigen machte, dass die Stelle mit dem Beigeladenen besetzt werden solle. Mit Schreiben vom 18.09.2023 übermittelte der Vorsitzende des Landesstaatsanwaltsrates den Beschluss des Landesstaatsanwaltsrates vom selben Tag, demzufolge der Beigeladene für die Stelle als Leitender Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft … persönlich und fachlich geeignet sei.
10
Mit Schreiben vom 20.09.2023 teilte das Bayerische Staatsministerium der Justiz dem Antragsteller mit, dass seiner Bewerbung nicht habe entsprochen werden können und der Beigeladene für die Besetzung der Stelle vorgesehen sei.
11
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29.09.2023, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, beantragte der Antragsteller,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das am … ausgeschriebene Amt eines Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft … mit dem beizuladenden Vorsitzenden Richter am Landgericht … zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers um dieses Amt vom … nebst Ergänzung vom … bzw. über seinen Widerspruch gegen die ihm unter dem 20.09.2023 mitgeteilte Auswahlentscheidung bestandskräftig entschieden worden ist.
12
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 23.10.2023 ausgeführt, dass der Sofortrechtsschutzantrag des Antragstellers wegen verschiedener formeller und materieller Mängel des Auswahlverfahrens, die den Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzten, begründet sei. Die angeführten Mängel beträfen die gesetzliche Grundlage des Beurteilungswesens des Antragsgegners, die Dokumentation des Auswahlverfahrens, die Aktualität bzw. Aktualisierung der zugrundeliegenden dienstlichen Beurteilungen und die Auswahlentscheidung im Übrigen.
13
Die eine zentrale Rolle spielenden dienstlichen Beurteilungen der Beteiligten seien auf Grundlage einer Verwaltungsvorschrift, mithin der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Justiz, des Innern, für Bau und Verkehr, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie für Arbeit und Soziales, Familie und Integration über die Beurteilung der Richter und Richterinnen sowie der Staatsanwälte und Staatsanwältin vom 26.03.2015 (JMBl. 2015/03 S. 18; im Folgenden: GemBek) erstellt worden. Allerdings müssten die wesentlichen Grundsätze für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen vom parlamentarischen Gesetzgeber bestimmt werden. Dies ergebe sich aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das dem Gesetzgeber zwar eine „Übergangszeit“ eingeräumt hätte, diese jedoch mittlerweile längst ausgeschöpft sei.
14
Weiterhin verletze die unzureichende Dokumentation der getroffenen Auswahlentscheidung den Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch. Aus dem vorgelegten, analog angelegten Auswahlvorgang sei nicht hinreichend zu erkennen, wer zu welchem Zeitpunkt die konkrete Auswahlentscheidung auf welcher tatsächlichen Erkenntnisgrundlage getroffen habe. Dies gelte insbesondere für die Dokumentation der vom Antragsgegner angesprochenen Personalbesprechung vom 07.09.2023, in der der Bayerische Staatsminister der Justiz die Auswahlentscheidung getroffen haben soll. Auch im Übrigen entbehre die Auswahlverfahrensakte im Hinblick auf die Frage der Vollständigkeit, der Chronologie und der Aktenbeständigkeit den an eine ordnungsgemäße Aktenführung zu stellenden rechtsstaatlichen Anforderungen, vor allem im Blick auf die Kommunikation der an der Auswahlentscheidung beteiligten Behörden, weshalb der Verdacht nicht von der Hand zu weisen sei, dass die Akte jedenfalls teilweise erst im Rahmen der Vorlage an das Verwaltungsgericht zusammengestellt worden sei.
15
Ein wesentlicher inhaltlicher Mangel der Auswahlentscheidung bestehe im Übrigen darin, dass die zugrundeliegende Regelbeurteilung des Antragstellers für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2019 (anders als die aktualisierte periodische Beurteilung des Beigeladenen für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 28.06.2023) nicht aktualisiert worden sei. Dies widerspreche Nr. 6.1 GemBek, auf deren Grundlage die Beurteilungen erstellt worden seien. Beim Antragsteller wäre eine Aktualisierung der periodischen Beurteilung angezeigt gewesen, weil er ab 2020, also nach dem Ende des letzten periodischen Beurteilungszeitraums, von der Generalstaatsanwaltschaft … an die Staatsanwaltschaft … abgeordnet worden sei und dort zunächst seit dem 16.05.2020 aufgrund der Verfügung des Generalstaatsanwalts in … vom 15.05.2020 die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … wahrgenommen habe und in diesem Amt zum 15.02.2022 formell durch Ernennung zum „Oberstaatsanwalt als ständigem Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalt in …“ bestätigt worden sei, mithin seitdem Inhaber eines Amtes der Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage sei. Dies spiele gerade deshalb eine zentrale Rolle, weil im Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts in … vom 25.07.2023 beim abschließenden Vergleich der beiden jeweils mit einem Gesamturteil von 14 Punkten bewerteten Konkurrenten maßgeblich auf den statusrechtlichen Unterschied abgestellt worden sei.
16
Der Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts in … vom 25.07.2023 weise darüber hinaus Mängel und Widersprüchlichkeiten auf. Er lasse bei seiner abschließenden Würdigung unberücksichtigt, dass der Antragsteller – anders als der Beigeladene, der seit rund 20 Jahren nicht mehr als Staatsanwalt und seit etwa zehn Jahren gänzlich nicht mehr im strafrechtlichen Bereich, sondern als Vorsitzender einer Handelskammer des Landgerichts … tätig sei – eine durchgehende staatsanwaltschaftliche Tätigkeit und Expertise auf den verschiedensten Verwendungsstellen für sich ins Feld führen könne. Unberücksichtigt sei ferner geblieben, dass die Bewerbung des Antragstellers der Anforderung an das ausgeschriebene Amt jedenfalls sehr viel mehr entspreche als diejenige des Beigeladenen. Die ausgeschriebene Stelle beinhalte die Leitung der bayernweit zuständigen Zentralstelle …; Bewerberinnen und Bewerber sollten über vertiefte Kenntnisse im Bereich der … verfügen oder bereit sein, diese zu erwerben. Die bessere Eignung des Antragstellers resultiere aus seiner noch nicht lange zurückliegenden Tätigkeit in den Jahren 2019/2020 als Leiter der Arbeitsgruppe … der Zentralstelle … Bayern bei der Generalstaatsanwaltschaft …, während der Beigeladene dagegen lediglich eine langjährige Tätigkeit als Vorsitzender Richter einer …kammer vorweisen könne. Der Besetzungsbericht der Generalstaatsanwaltschaft gehe in Bezug auf den Beigeladenen nur davon aus, dass dieser zumindest über die Bereitschaft verfüge, vertiefte Kenntnisse im Bereich der … zu erwerben. Ein unauflösbarer Widerspruch bestehe schließlich zwischen dem abschließenden Hinweis in dem Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts darauf, dass dem Antragsteller – anders als dem Beigeladenen – in seiner letzten Beurteilung keine explizite Verwendungseignung für das Amt eines Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft attestiert worden sei, es aber in dem Besetzungsbericht zuvor, nach eingehender Darstellung des dienstlichen Werdegangs sowie von Eignung, Leistung und Befähigung des Antragstellers, abschließend ausdrücklich hieße, dass der Antragsteller für das Amt des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft ebenfalls geeignet sei.
17
Mit Schriftsatz vom 04.10.2023 bestätigte der Antragsgegner, die streitgegenständliche Stelle bis zum Ablauf von zwei Wochen nach einer rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mit dem Beigeladenen zu besetzen und beantragte,
den Antrag zurückzuweisen.
18
Zur Begründung führte er aus, dass die getroffene Auswahlentscheidung als auch die ihr zugrundeliegenden Beurteilungen rechtmäßig seien.
19
Auf die Antragsbegründung vom 23.10.2023 nahm der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 27.10.2023 Stellung. Die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen seien zulässigerweise auf Grundlage der GemBek erstellt worden. Das Beurteilungswesen für Richter und Staatsanwälte sei durch förmliches Gesetz in Art. 54 bis 65 Leistungslaufbahngesetz (LlbG) sowie Art. 5 Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz (BayRiStAG) geregelt, was dem Wesentlichkeitsgrundsatz genüge.
20
Die Vorgaben der Rechtsprechung zur Dokumentationspflicht in Stellenbesetzungsverfahren seien beachtet worden, da die wesentlichen Auswahlerwägungen im Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts in … vom 25.07.2023, den sich der Bayerische Staatsminister der Justiz bei der Auswahlentscheidung zu eigen gemacht habe, dokumentiert worden seien.
21
Soweit der Antragsteller pauschal behaupte, die Besetzungsakte entbehre den an eine ordnungsgemäße Aktenführung zu stellenden rechtsstaatlichen Anforderungen, sei dies mit Blick auf die vorgelegte Akte als nicht nachvollziehbar und unsubstantiiert zurückzuweisen. Ausdrücklich werde dem Vorwurf entgegengetreten, die Akte sei erst im Rahmen der Vorlage an das Verwaltungsgericht zusammengestellt worden.
22
Entgegen der Auffassung des Antragstellers habe seine periodische Beurteilung aus dem Jahr 2020 als Grundlage für den Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen herangezogen werden können und sei deren Aktualisierung nicht angezeigt gewesen. Eine aktualisierte periodische Beurteilung sei im Falle einer Bewerbung zu erstellen, wenn sich während des laufenden Beurteilungszeitraums erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien ergeben hätten, so dass die weitere Verwendung der letzten Beurteilung ausnahmsweise nicht mehr sachgerecht sei. Die Rechtsprechung stelle darauf ab, ob der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen habe. Die Verwaltungspraxis zur Aktualisierung von Beurteilungen von Richtern und Staatsanwälten sei mit dem als Anlage beigefügten JMS vom 18.02.2021 (Gz. A3-2012-V-1628/2015 [gemeint wohl: 11386/2018]) durch Kriterien für die Erstellung von aktualisierten periodischen Beurteilungen und Anlassbeurteilungen näher konkretisiert worden. Der Antragsteller habe nicht bereits mit seiner Abordnung an die Staatsanwaltschaft … mit Wirkung vom 16.05.2020, sondern erst mit seiner formellen Beförderung zum Oberstaatsanwalt als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts (Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage) durch Ernennung mit Wirkung vom 15.02.2022 eine wesentlich andere Tätigkeit ausgeübt und dadurch den Umstandsmoment für eine Aktualisierung erfüllt. Somit fehle es am erforderlichen Zeitmoment für eine Aktualisierung, da der Antragsteller zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung weniger als zwei Jahre und acht Monate (32 Monate) im höheren Statusamt tätig gewesen sei. Auch aus der Erstellung einer aktualisierten periodischen Beurteilung für den Beigeladenen lasse sich beim Antragsteller kein Aktualisierungsbedarf herleiten. Es gebe keinen Rechtssatz, wonach dienstliche Beurteilungen hinsichtlich des Beurteilungszeitraums und des Stichtags stets gleich sein müssten; dementsprechend sei auch der von der Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz der „höchstmöglichen Vergleichbarkeit“ ein Optimierungsziel, das immer nur so weit wie möglich angestrebt werden könne. Die einzelnen Beurteilungszeiträume müssten zwar „im Wesentlichen“ übereinstimmen, weil nur so eine vergleichbare Aussagekraft zu Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber untereinander gewährleistet sei. Unterschiedliche Aktualitätsgrade der einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden Beurteilungen seien jedoch in bestimmten Konstellationen zwangsläufig in Kauf zu nehmen. Dabei seien auch größere Zeitdifferenzen hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage beider Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich bliebe. Dies sei hier der Fall, insbesondere da sich die Beurteilungszeiträume der Bewerber vier Jahre und je mehr als 50 Prozent des jeweiligen Gesamtbeurteilungszeitraums überschneiden würden. Auch sei ein solches Auseinanderfallen des Endes der Beurteilungszeiträume in dem Konstrukt der aktualisierten periodischen Beurteilung angelegt, die den Beurteilungszeitraum der letzten periodischen Beurteilung nach hinten verlängere.
23
Die getroffene Auswahlentscheidung sei in der Sache fehlerfrei ergangen und rechtlich nicht zu beanstanden. Bei der Auswahlentscheidung nach Bestenauslesekriterien sei maßgeblich zu berücksichtigen gewesen, dass die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen das bessere Gesamturteil als diejenige des Antragstellers aufweise. Zwar würden die Beurteilungen beider Bewerber mit einem Gesamturteil von 14 Punkten schließen, jedoch sei bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Bewerbers im höheren Statusamt regelmäßig besser als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten. Das Gesamtprädikat der Beurteilung des Beigeladenen von 14 Punkten im Statusamt der Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage bewirke daher einen Leistungsvorsprung gegenüber der Beurteilung des Antragstellers mit einem Gesamtprädikat von 14 Punkten im Statusamt der Besoldungsgruppe R2. Wie der Besetzungsbericht zutreffend anführe, könne der Antragsteller diesen Vorsprung des Beigeladenen im Gesamturteil nicht durch andere Kriterien ausgleichen. Wenn der Antragsteller auf seine Tätigkeit bei der Zentralstelle … Bayern verweise und meine, diese qualifiziere ihn besser als den Beigeladenen für den inmitten stehenden Dienstposten des Leiters der Zentralstelle für …, so übersehe er, dass die Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen und der Funktionsbeschreibung eines konkreten Dienstpostens erfolgen dürfe, sondern Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG das angestrebte Statusamt sei. Zwar verfüge der Antragsteller über längere Erfahrung im staatsanwaltlichen Bereich als der Beigeladene. Diesem Umstand komme jedoch kein entscheidendes Gewicht zu. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Bayern sei ein Wechsel zwischen staatsanwaltlicher und richterlicher Tätigkeit vorgesehen und üblich (vgl. Nr. 3.1.5 AnfoRiStABek, welche die Verwendungsbreite besonders hervorhebe). Ein Erfahrungssatz, wonach richterliche Bewerber für ausgeschriebene Beförderungsstellen im Bereich der Staatsanwaltschaften weniger geeignet seien, und umgekehrt, existiere nicht. Zu berücksichtigen sei vielmehr gewesen, dass die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen im Gegensatz zu derjenigen des Antragstellers eine ausdrückliche Verwendungseignung für das gegenständliche Statusamt eines Leitenden Oberstaatsanwalts bei einer Generalstaatsanwaltschaft ausspreche und auch anhand der Ausführungen in den Beurteilungsmerkmalen schlüssig sei. Nicht überzeugen könne in diesem Zusammenhang der Einwand des Antragstellers, es sei widersprüchlich, wenn der Besetzungsbericht demgegenüber festhalte, dass der Antragsteller für das zu besetzende Amt geeignet sei. Eine ausdrückliche Feststellung der Verwendungseignung für ein bestimmtes Amt durch den Beurteiler könne bei der Auswahlentscheidung zu Gunsten des betroffenen Bewerbers berücksichtigt werden. Hingegen lasse die Nichterwähnung eines bestimmten Amtes in den Ausführungen zur Verwendungseignung einer Beurteilung noch nicht zwingend die negative Feststellung zu, dass der Beurteilte für dieses Amt ungeeignet sei. Im Vergleich zwischen einem Bewerber mit einer ausdrücklichen Verwendungseignung um ein ausgeschriebenes Amt und einem (grundsätzlich ebenfalls geeigneten) Bewerber ohne ausdrückliche Verwendungseignung sei jedoch – alle anderen Kriterien als gleich unterstellt – regelmäßig dem Ersteren der Vorzug zu geben, was im vorliegenden Fall so geschehen sei.
24
Darauf erwiderte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 06.11.2023, dass die Auswahlentscheidung des Antragsgegners schon deshalb rechtswidrig gewesen sei, weil der Beurteilungsstichtag der ihr zugrundeliegenden Regelbeurteilung des Antragstellers mehr als drei Jahre zurückliege. Zumindest jedoch hätte die dem Antragsteller zum Stichtag 31.12.2019 erteilte Regelbeurteilung aktualisiert werden müssen. Denn der Antragsteller habe zum Zeitpunkt der ihm unter dem 20.09.2023 mitgeteilten Auswahlentscheidung für einen erheblichen Zeitraum, nämlich bereits seit Mai 2020, wesentlich andere Aufgaben als diejenigen, die der Regelbeurteilung per 31.12.2019 zugrunde gelegen hätten, wahrgenommen. Seit dem 16.05.2020 seien dem Antragsteller mangels freier Planstelle – entsprechend der Empfehlung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 14.05.2020 – durch eine auf Nr. 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften vom 16.03.2011, Az. 3262-II-3110/2010, JMBl. S. 53 (OrgStA) gestützte Verfügung des Generalstaatsanwalts in … vom 15.05.2023 die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leiters der Staatsanwaltschaft … mit entsprechender Zeichnungsbefugnis übertragen worden. Ein „erheblicher Zeitraum“ liege nach der Rechtsprechung dann vor, wenn die anderen Aufgaben während des (deutlich) überwiegenden Teils, d. h. zu zwei Dritteln des Beurteilungszeitraums und damit bei Richtern und Staatsanwälten für zwei Jahre und acht Monate, wahrgenommen worden seien. In Bezug auf eine „wesentlich andere Tätigkeit“ müsse es sich nach der Rechtsprechung um eine solche handeln, die jedenfalls einem anderen (höheren) Statusamt zuzuordnen sei. Voraussetzung sei gerade nicht, dass der Betreffende bereits formell Inhaber des „anderen (höheren) Statusamtes“ sei. Es genüge die über einen „erheblichen Zeitraum“ tatsächlich wahrgenommene Tätigkeit, die als solche einem höheren Statusamt „zuzuordnen“ sei. Einschlägig sei vielmehr, wenn überhaupt, nachdem mit dem Wechsel des Aufgabengebiets vom Leiter der Arbeitsgruppe … der Zentralstelle … Bayern zum Ständigen Vertreter des Oberstaatsanwalts in … (erstmals) Führungs- und Aufsichtstätigkeiten in einem Umfang von mehr als 50% verbunden gewesen seien, im Falle des Antragstellers die „Verwaltungspraxis“ gemäß Nr. 1 b) S. 5 i.V.m. Nr. 1 a) aa) (4), bb) des insoweit vom Antragsgegner in den Vordergrund seiner Ausführungen gestellten JMS vom 18.02.2021. Die einschränkende Auslegung der Voraussetzungen für die Aktualisierung einer periodischen Beurteilung, wie sie von der Antragsgegnerin zum Gegenstand des JMS vom 18.02.2021 gemacht worden sei, könne die Gerichte nicht binden.
25
Für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen bei einer Auswahlentscheidung sei von ausschlaggebender Bedeutung, dass der von diesen abgedeckte Zeitraum zu nicht erheblich auseinanderfallenden Stichtagen ende. Im vorliegenden Fall ende die Regelbeurteilung des Antragstellers mit dem 31.12.2019 und die (aktualisierte) Regelbeurteilung des Beigeladenen mit dem 30.06.2023. Eine Differenz von drei Jahren und sechs Monaten liege weit außerhalb dessen, was nach der Rechtsprechung noch die Vergleichbarkeit der beiden Beurteilungen erlaube; für zulässig gehalten würden danach allenfalls Abweichungen von nicht mehr als einem Drittel des Beurteilungszeitraums. Das seien bei einem Beurteilungszeitraum von vier Jahren allenfalls 16 Monate gewesen. Tatsächlich differierten die hier maßgeblichen Stichtage der Beurteilungen jedoch um 42 Monate. Die Bemerkung im Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts in … vom 25.07.2023, wonach die Endpunkte der Beurteilungszeiträume nicht zu weit auseinanderlägen, sei danach nicht nachvollziehbar.
26
Im Übrigen könne der Antragsteller entgegen der Auffassung der Gegenseite den (angeblichen) Vorsprung des Beigeladenen im Gesamturteil durch seine Tätigkeit als vormaliger Vertreter des Leiters einer vor Errichtung der Zentralstelle für … für den Generalstaatsanwaltschaftsbezirk … zentral für die Bekämpfung von … zuständigen Schwerpunktabteilung bei der Staatsanwaltschaft … und späterer erster Leiter einer neu eingerichteten Arbeitsgruppe einer Zentralstelle … (mehr als) ausgleichen. Selbst wenn es grundsätzlich zutreffend sein möge, dass Bezugspunkt der Auswahlentscheidung grundsätzlich das angestrebte Statusamt sei, könne der Funktionsbeschreibung in der Ausschreibung („Die Stelle beinhaltet die Leitung der bayernweit zuständigen Zentralstelle … Bewerberinnen und Bewerber sollen daher über vertiefte Kenntnisse im Bereich der … verfügen oder bereit sein, diese zu erwerben.“) doch nicht jegliche Bedeutung abgesprochen werden. Das gelte umso mehr, als das herausragende Amt des Leiters einer von nur drei vergleichbaren Zentralstellen in Bayern eine entsprechende Expertise voraussetze, die beim Antragsteller unstreitig gegeben sei und zur „Ausschärfung“ der ihm erteilten (ohnehin veralteten) dienstlichen Beurteilung und ihres Gesamturteils führen müsse.
27
Unter Bezugnahme auf das richterliche Hinweisschreiben vom 02.11.2023 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers unter dem 07.11.2023 die in seiner Antragserwiderung in Bezug genommene Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 14.05.2020 (Az.: …*) sowie die Organisationsverfügung der Generalstaatsanwaltschaft in … vom 15.05.2020 vor. Aus letzterer ergebe sich, dass der Antragsteller seit 16.05.2020 zum Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts in … bestellt worden sei.
28
Auf richterlichen Hinweis bestätigte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 08.11.2023, dass es zutreffend sei, dass der Antragsteller seit 16.05.2020 die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … wahrgenommen habe. Die Stelle des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … sei seit 01.05.2020 vakant gewesen. Sie sei im BayMBl. 2020 Nr. … vom … ausgeschrieben und mit Wirkung vom 16.08.2020 wiederbesetzt worden. Für den Zeitraum vom … bis zur Wiederbesetzung der Stelle mit Wirkung vom 16.08.2020 sei der Antragsteller gemäß Nr. 7 Abs. 1 OrgStA mit den Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … betraut worden, da die Stelle in diesem Zeitraum nicht besetzt gewesen sei. Der neue ständige Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts in … sei mit Wirkung vom 16.08.2020 an die Generalstaatsanwaltschaft … abgeordnet worden und sei daher an der Wahrnehmung der Aufgaben bei der Staatsanwaltschaft … verhindert gewesen. Ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner Beförderung mit Wirkung vom 15.02.2022 habe der Antragsteller die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … durch eine Zuweisung in der Geschäftsverteilung durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in … im Einverständnis mit dem Generalstaatsanwalt in … wahrgenommen (Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 OrgStA). Eine Ausschreibung habe der Betrauung des Antragstellers mit den Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … jeweils nicht zugrunde gelegen. Dem Antragsteller seien die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … deshalb übertragen worden, um ihm eine Entwicklungsperspektive im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft … zu geben. Es sei ins Auge gefasst worden, dass der Antragsteller bei entsprechender Bewährung – nach einem späteren erneuten Freiwerden der Planstelle sowie entsprechender Ausschreibung und Auswahl nach Leistungsgesichtspunkten – perspektivisch neuer ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts in … werden könnte. Mit Schriftsatz vom 17.11.2023 ergänzte der Antragsgegner seine Stellungnahme. Für Richter und Staatsanwälte sei abweichend von Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayRiStAG ein vierjähriger Beurteilungszeitraum der periodischen Beurteilung bestimmt, sodass eine Regelbeurteilung grundsätzlich hinreichend aktuell sei, wenn der Beurteilungsstichtag höchstens vier Jahre vor dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung liege. Die Erstellung einer aktualisierten periodischen Beurteilung für den Antragsteller sei nicht angezeigt gewesen. Für die Bewertung, ob ein „erheblicher Zeitraum“ verstrichen sei, sei beim Antragsteller auf die Verleihung des höheren Statusamts und nicht auf die Übertragung der Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … bzw. auf die Abordnung an die Staatsanwaltschaft … mit Wirkung vom 16.05.2020 abzustellen. Die Übertragung der Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … auf den Antragsteller sei als „Personalentwicklungsmaßnahme“ im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu werten (vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 53). Eine solche Personalentwicklungsmaßnahme habe gerade nicht die notwendige Beurteilungsrelevanz. Der Antragsteller habe bereits im Beurteilungszeitraum seiner periodischen Beurteilung 2020 (01.01.2016 bis 31.12.2019) in seinem damaligen Statusamt der Besoldungsgruppe R2 zu einem nicht unwesentlichen Anteil staatsanwaltliche Führungs- und Aufsichtstätigkeit wahrgenommen. Auch die seit 01.01.2019 wahrgenommene Tätigkeit bei der Generalstaatsanwaltschaft … (***) habe die Leitung der Arbeitsgruppe … beinhaltet, was in etwa der Leitung einer staatsanwaltlichen Abteilung entspreche und einen nicht unwesentlichen Anteil staatsanwaltlicher Führungs- und Aufsichtstätigkeit bedeutet habe. Eine Beurteilungsrelevanz sei erst mit Ernennung in das höhere Statusamt gegeben gewesen, was beim Antragsteller mit der Beförderung mit Wirkung vom 15.02.2022 gegeben gewesen sei.
29
Mit Schriftsatz vom 23.11.2023 nahm der Bevollmächtigte des Antragstellers zum Hinweis des Gerichts vom 14.11.2023 und zur Antragsduplik des Antragsgegners vom 17.11.2023 Stellung. Bei der durch Organisationsverfügung des Generalstaatsanwalts in … vom 15.05.2020 erfolgten (und bis zur formellen Ernennung am 15.02.2022 aufrechterhaltenen) Bestellung des Antragstellers zum ständigen Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts in … sei es nicht nur um eine bloße Veränderung des konkreten Tätigkeitsbereichs des Antragstellers gegangen, sondern um die Übertragung einer Aufgabe, die ausschließlich einer anderen Besoldungsgruppe (R2 mit Amtszulage) entsprochen habe als die bisherige Aufgabe des Antragstellers. Insbesondere habe es sich auch nicht, wie von der Gegenseite vorgetragen, um eine Personalentwicklungsmaßnahme gehandelt. Hintergrund war ausschließlich, dass der Amtsinhaber zur Zentralstelle … Bayern unter „Mitnahme“ der Stelle nach … abgeordnet worden sei und sich die Schaffung der dort für dieses Amt vorgesehenen R2-Z Stelle entgegen der ursprünglichen Planung bis zum Frühjahr 2022 verzögert habe. Weiterhin werde zu den Ausführungen im Schriftsatz des Antragsgegners vom 17.11.2023 bezüglich der unterschiedlichen Aktualitätsgrade der der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Beurteilungen Stellung genommen. Es gehe vorliegend um einen „Nichtüberschneidungszeitraum“ der beiden Beurteilungen von 42 Monaten unmittelbar vor der Auswahlentscheidung, weshalb ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser beiden Beurteilungen im Hinblick auf das Gebot größtmöglicher Vergleichbarkeit eben nicht ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich gewesen sei.
30
Mit Schriftsatz vom 30.11.2023 nahm der Antragsgegner zum Schriftsatz des Antragstellers vom 23.11.2023 Stellung. Er stellte klar, dass aus der bloßen Aufgabenübertragung beim Antragsteller kein Aktualisierungsbedarf seiner Beurteilung resultiert sei. Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 52 ff.) hebe die Maßgeblichkeit des Statusamtes ausdrücklich hervor und spreche einer bloßen Veränderung des Tätigkeitsbereichs bei gleichbleibendem Statusamt die Beurteilungs- und Aktualisierungsrelevanz ab. Weiter führe das Bundesverwaltungsgericht aus, dass neue Aufgaben einem anderen Statusamt nur dann zuzuordnen seien, wenn sie ausschließlich anderen Besoldungsgruppen entsprechen als die vorherigen Aufgaben des Beamten. Dies sei beim Antragsteller nicht der Fall gewesen, da er auch nach Übertragung der Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts weiterhin Aufgaben eines Oberstaatsanwalts der Besoldungsgruppe R2 wahrgenommen habe und zumindest nicht dauerhaft mit mehr als 50 Prozent seiner Dienstzeit staatsanwaltliche Führungs- und Aufsichtstätigkeiten ausgeübt habe. Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof würden eine restriktive Handhabung von Beurteilungen außerhalb der regulären periodischen Beurteilungen anmahnen, um die gesetzgeberische Grundentscheidung für ein periodisches Regelbeurteilungssystem nicht zu unterlaufen und einen „Zustand permanenter Beurteilungstätigkeit“ zu vermeiden. Diesen Vorgaben werde man nur gerecht, wenn man das einen Aktualisierungsbedarf auslösende qualitative Element eng auslege. Nur eine konsequent statusamtsbezogene Betrachtung könne erreichen, dass die Beurteilungstätigkeit außerhalb der regulären periodischen Beurteilungen auf ein Minimum reduziert werde.
31
Mit Beschluss vom 05.10.2023 wurde der erfolgreiche Bewerber zum Verfahren beigeladen. Mit Schreiben vom 26.10.2023 äußerte er sich ohne explizite Antragstellung zum Verfahren. In Bezug auf die vom Antragsteller gerügten Mängel „der Auswahlentscheidung im Übrigen“ trat der Beigeladene der Äußerung, dass er seit rund 20 Jahren nicht mehr als Staatsanwalt und seit zehn Jahren nicht mehr im strafrechtlichen Bereich tätig sei, entgegen und legte dar, inwiefern er noch über Bezüge zum Strafrecht verfügt habe. Weiterhin stellte er in Frage, welchen Zusammenhang die vorangegangene Tätigkeit des Antragstellers als Leiter der Arbeitsgruppe … der Zentralstelle … Bayern bei der Generalstaatsanwaltschaft … mit der streitgegenständlichen Stelle habe. Nach seiner Ansicht treffe auf beide Bewerber die (gleichwertige) Alternative der Ausschreibung zu, dass sie bereit seien, vertiefte Kenntnisse im Bereich der … zu erwerben. Der Beigeladene habe den Eindruck, auf seine Tätigkeit als Vorsitzender einer Kammer für … „reduziert“ zu werden. Er legte deshalb dar, welche weiteren Tätigkeiten er neben seiner Funktion als Spruchrichter ausgeübt habe.
32
In einer weiteren Stellungnahme vom 09.11.2023 nahm der Beigeladene Bezug auf den Vortrag des Antragstellers, sein „(angeblicher) Vorsprung“ solle vom Antragsteller u.a. „durch seine Tätigkeit als vormaliger Vertreter des Leiters einer vor Errichtung der … für den GenStA-Bezirk … zentral für die … zuständigen Schwerpunktabteilung bei der StA …“ mehr als ausgeglichen werden. Nach Kenntnis des Beigeladenen sei die Staatsanwaltschaft … neben zwei anderen Staatsanwaltschaften in Bayern zum 01.10.2014 Schwerpunktstaatsanwaltschaft für die Bekämpfung von … geworden. Nach den im Justizverwaltungsportal (JVP) abgerufenen Geschäftsverteilungen der StA … müsste der Antragsteller dort als Gruppenleiter zum 16.06.2014 eingetreten und zum 25.04.2017 als Oberstaatsanwalt ausgeschieden sein. In dieser Zeit habe es ausweislich der den Geschäftsverteilungen vorangestellten Organigrammen keine Schwerpunktabteilung für die … gegeben. Weiterhin sei für den Beigeladenen nicht nachvollziehbar, was die spätere Leitung einer Arbeitsgruppe einer Zentralstelle … mit dem streitgegenständlichen Amt zu tun habe. Der Antragsteller bliebe jeden Sachvortrag dazu schuldig, was er in dieser Leitung getan habe und woraus sich die Relevanz dieser Tätigkeit für sein aktuelles Bewerbungsverfahren ableiten solle.
33
Mit Schreiben vom 21.11.2023 nahm der Beigeladene zum gerichtlichen Hinweis vom 14.11.2023 Stellung. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 17) definiere sich das Statusamt anhand dreier Merkmale, nämlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung und durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe. Nach seiner Auffassung sei vom Antragsteller nicht vorgetragen worden, was dessen Aufgaben vor und nach seiner Berufung zum (kommissarischen) stellvertretenden Behördenleiter in … gewesen seien. Dass die neuen Aufgaben des Antragstellers ausschließlich anderen Besoldungsgruppen entsprochen hätten als dessen vorherige Aufgaben, sei überhaupt nicht dargelegt oder auch sonst nicht ersichtlich. Ungeachtet dessen sei die Amtsbezeichnung des Antragstellers bis zum 15.02.2022 gleichgeblieben. Dies gelte auch für sein Endgrundgehalt. Geändert hätten sich beide erst danach. Erst ab 15.02.2022 habe der Antragsteller Aufgaben wahrgenommen, die nach diesen Kriterien formal – und nur auf diese Perspektive komme es nach der Rechtsprechung an – einem höheren Statusamt zuzuordnen und damit als wesentlich anders einzuordnen seien.
34
Mit Schreiben vom 27.11.2023 nahm der Beigeladene erneut Stellung. Er schloss sich den Ausführungen des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 17.11.2023 an und stellte heraus, dass die Tätigkeit des Antragstellers als Oberstaatsanwalt als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts keine wesentliche Änderung zu dessen vorangegangener Tätigkeit darstellen dürfte. Damit gebe es keinen Anlass für eine Aktualisierung der Beurteilung des Antragstellers, weil lediglich die formelle Ernennung zum 15.02.2022 zu beachten sei, welche keine 32 Monate zurückliege. Er wies auf Widersprüchlichkeiten in der Methodik des Sachvortrags des Antragstellers hin und bezweifelte, dass der Antragsteller seinen Anordnungsanspruch ausreichend glaubhaft gemacht habe, insbesondere fehle es an konkretem und substanziellem Sachvortrag. Die wesentliche Aufgabenveränderung werde lediglich fingiert und insofern darauf verzichtet, die wesentlich anderen Aufgaben wenigstens im Ansatz herauszuarbeiten. Es könne nicht Aufgabe des Gerichts sein, eine dem Antragsteller jederzeit mögliche Sachverhaltsdarstellung und -aufklärung zu betreiben.
35
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakten ergänzend Bezug genommen.
II.
36
1. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in der Sache Erfolg.
37
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse einer Wahrung des behaupteten streitbefangenen Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
38
a. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil es ihm um die Verhinderung einer nach dem Grundsatz der Ämterstabilität irreversiblen Ernennung geht. Ein Anordnungsgrund ergibt sich in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten wie der vorliegenden in der Regel bereits daraus, dass die einmal vollzogene Beförderung von Konkurrenten wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität regelmäßig nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Lediglich in Fällen, in denen der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten effektiv wahrzunehmen, besteht die Möglichkeit der Aufhebung einer erfolgten Ernennung (vgl. BVerwG, U.v. 04.11.2010 – 2 C 16/09 – BVerwGE 138, 102 – juris Rn. 27). Entsprechend dem Regelfall hat der Antragsteller vorliegend einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
39
b. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nach Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Denn die Auswahlentscheidung des Antragsgegners vom 07.09.2023 beruht auf einer nicht hinreichend aktuellen Beurteilungsgrundlage. Daher lässt das vom Antragsgegner durchgeführte Stellenbesetzungsverfahren nicht in genügendem Maße erkennen, dass die Grundsätze der Bestenauslese in einer die Prognose rechtfertigenden Weise eingehalten wären und der Antragsteller in dem Hauptsachverfahren ohne Erfolg bleiben werde. Bei einer erneuten Auswahl erscheint seine Bestellung möglich. Weitergehende Anforderungen sind angesichts des Gebots effektiven Rechtsschutzes nicht zu stellen (vgl. BVerfG, B.v. 24.09.2002 – 2 BvR 857/05 – NVwZ 2003, 200/201; VGH BW, B.v. 16.10.2007 – 4 S 2020/07 – juris Rn. 6 m.w.N.).
40
Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen das grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt entsprechend seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, sodass für öffentliche Ämter die Besetzung nach dem Leistungsprinzip gilt. Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung beurteilungs- und ermessens-fehlerfrei entscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – BVerwGE 145, 112 – juris Rn. 23). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab gilt sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ebenfalls nicht über das hinausgehen dürfen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – BVerwGE 145, 112 – juris Rn. 22; BVerfG, B.v. 24.09.2002 – 2 BvR 857/02 – NVwZ 2003, 200/201). Im Rahmen der vom Dienstherrn unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffenden Auswahlentscheidung muss der Leistungsvergleich anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgeblich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, welches anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet wurde (vgl. BVerwG, B.v. 27.09.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71/72; BayVGH, B.v. 27.10.2015 – 6 CE 15.1849 – juris Rn. 10; B.v. 17.04.2013 – 6 CE 13.119 – juris Rn. 11).
41
aa. Das dem gegenständlichen Auswahlverfahren zugrundeliegende Beurteilungswesen genügt mit Art. 54 ff. LlbG und Art. 5 BayRiStAG den Anforderungen an eine hinreichende parlamentarische Grundlage im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Entsprechend der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG) enthält das Beamtenstatusgesetz keine Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen. Regelmäßig regeln Landesgesetze auch für die Beamten der Gemeinden und Landkreise die rechtlichen Grundlagen für die Erstellung von Beurteilungen. Dies gilt insbesondere für die in Bayern maßgeblichen Art. 54 ff. LlbG (vgl. BVerwG, U.v. 07.07.2021 – 2 C 2/21 – juris Rn. 25). Angesichts der hohen Bedeutung von dienstlichen Beurteilungen für die allein nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 3 GG zu treffende Auswahlentscheidung müssen die grundlegenden Vorgaben für ihre Erstellung in Rechtsnormen geregelt werden (vgl. BVerwG, U.v. 07.07.2021 – 2 C 2/21 – juris Rn. 32). Diesen Anspruch im Sinne des verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatzes erfüllen die Art. 54 ff. LlbG nicht nur zweifellos, vielmehr gehen die Regelungen sogar über die erforderlichen wesentlichen Aspekte hinaus (vgl. BVerwG, U.v. 07.07.2021 – 2 C 2/21 – juris Rn. 35).
42
bb. Das durchgeführte Verfahren entspricht in formaler Hinsicht den Erfordernissen der Rechtsprechung, wonach die maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niedergelegt werden müssen, da durch das Nachschieben der Auswahlerwägungen im gerichtlichen Verfahren der gerichtliche Rechtsschutz des Betroffenen unzumutbar erschwert wäre (vgl. BayVGH, B.v. 01.10.2018 – 3 CE 18.1833 – juris Rn. 3 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 09.07.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 20). Ein Verstoß gegen diese Dokumentationspflicht ist vorliegend keineswegs ersichtlich. Die für die Stellenbesetzung maßgeblichen Auswahlerwägungen sind im Besetzungsvorgang der Behörde ausreichend dokumentiert. Im Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts in … vom 25.07.2023 werden Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber anhand der maßgeblichen Beurteilungen dargestellt und im Einzelnen begründet, warum der Beigeladene als für die Stelle des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft in … am besten geeigneter Bewerber erachtet wird und weshalb die Bewerbung des Antragstellers demgegenüber nachrangig ist. Diesen Besetzungsbericht hat sich der Bayerische Staatsminister der Justiz bei der Auswahlentscheidung vom 07.09.2023 ausdrücklich zu eigen gemacht und damit zum Ausdruck gebracht, dass er die Begründung des Besetzungsvorschlags übernimmt und diese Begründung Grundlage der von ihm getroffenen Besetzungsentscheidung ist. Hinweise darauf, dass die Akte erst im Rahmen der Vorlage an das Verwaltungsgericht zusammengestellt worden sei, ergaben sich der Kammer nicht.
43
Die Kammer sieht dabei auch keinen Verstoß gegen die Dokumentationspflicht, soweit der Antragstellervertreter rügt, dass sich ein unauflösbarer Widerspruch aus dem abschließenden Hinweis in dem Besetzungsbericht des Generalstaatsanwalts vom 25.07.2023 ergebe. Darin heiße es nach eingehender Darstellung des dienstlichen Werdegangs sowie von Eignung, Leistung und Befähigung des Antragstellers ausdrücklich, dass er für das Amt des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft geeignet sei, obwohl dem Antragsteller – anders als dem Beigeladenen – in seiner letzten Beurteilung keine explizite Verwendungseignung für das Amt eines Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft attestiert worden sei. Dies kann schon deshalb nicht durchdringen, weil auf Seite 9 des Besetzungsberichts bereits auf die in der periodischen Beurteilung des Jahres 2020 zuerkannte Verwendungseignung des Antragstellers Bezug genommen wird. Wenn auf Seite 12 des Besetzungsberichts festgestellt wird, dass der Antragsteller für die ausgeschriebene Stelle „geeignet“ sei, so handelt es sich nur um eine sprachliche Parallele, ohne dass sich dies explizit auf die Verwendungseignung bezieht. Vielmehr soll darin das Gesamturteil der Auswertung nach dem Leistungsprinzip zum Ausdruck kommen. Dafür spricht auch, dass auf Seite 7 des Besetzungsberichts dem Beigeladenen attestiert wird, dass er für die ausgeschriebene Stelle „gut geeignet“ sei, während der Verwendungseignung als solcher eine Binnendifferenzierung fremd ist (vgl. VG Regensburg, B.v. 14.11.2003 – RO 1 E 03.1968 – juris Rn. 31).
44
cc. Während für die Aktualisierung der periodischen Beurteilung des Beigeladenen ein hinreichender Anlass bestand (dazu unter (1.)), wurde die Aktualisierung der periodischen Beurteilung des Antragstellers in rechtswidriger Weise unterlassen (dazu unter (2.)). Daraus resultiert eine Verletzung des Antragstellers in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch und erscheint eine Chance des Antragstellers, bei der Auswahlentscheidung zum Zuge zu kommen, zumindest als möglich (dazu unter (3.)).
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Die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung ist nach dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 Verfassung des Freistaates Bayern (BV), vgl. § 9 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und Art. 16 Abs. 1 LlbG, allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. Kommen mehrere Bewerber für einen Beförderungsdienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Der Vergleich unter den Bewerbern im Rahmen einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung hat – vor allem – anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 32 m.w.N.). Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell (vgl. BVerwG, B.v. 10.05.2016 – 2 VR 2/15 – juris Rn. 22) und inhaltlich aussagekräftig (vgl. BVerwG, U.v. 17.09.2015 – 2 C 27/14 – juris Rn. 14) sind.
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Dem nicht nur bei einer Beförderung, sondern auch bei der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese (vgl. BVerwG, U.v. 27.02.2003 – 2 C 16/02 – juris Rn. 12) entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen, weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich von Leistung, Befähigung und Eignung auf den aktuellen Stand abzustellen ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.02.2003 – 2 C 16/02 – juris Rn. 12). Unter welchen Voraussetzungen zurückliegende Beurteilungen noch eine hinreichend verlässliche Grundlage für eine Auswahlentscheidung darstellen, lässt sich nicht generell, sondern nur unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles beantworten (vgl. NdsOVG, B.v. 21.09.2011 – 5 ME 241/11 – juris Rn. 10 m.w.N.). Zu den Umständen, die eine Anlassbeurteilung erforderlich machen, gehören namentlich einschneidende Veränderungen, die seit der letzten Regelbeurteilung in Bezug auf die Verwendung eines Beamten eingetreten sind (vgl. BVerwG, B.v. 22.09.2005 -1 WB 4/05 – juris Rn. 25; NdsOVG, B.v. 21.09.2011 – 5 ME 241/11 – juris Rn. 10).
47
Die Rechtsgrundlagen für die dienstlichen Beurteilungen, vorliegend Art. 54 ff. LlbG und Art. 5 BayRiStAG, geben ein einheitliches Verfahren, einen Orientierungsrahmen sowie Maßgaben zur Entwicklung des Beurteilungsprädikats vor (vgl. VG Ansbach, B.v. 12.07.2019 – AN 1 E 18.02501 – juris Rn. 95). Regelbeurteilungen beziehen sich auf einen grundsätzlich identischen Beurteilungszeitraum, haben einen gemeinsamen Stichtag und sind nicht durch ein besonderes Ereignis – insbesondere die Ausschreibung eines höherwertigen Statusamtes oder eines förderlich zu besetzenden Dienstpostens – veranlasst. Diese Einheitlichkeit gewährleistet, dass die dienstliche Beurteilung für sämtliche Beamte die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern gleichmäßig erfasst und sie auch in ihrer zeitlichen Entwicklung unabhängig von einer konkreten Auswahlentscheidung bewertet. Demgegenüber begegnen Anlassbeurteilungen grundsätzlich Bedenken, weil sie gerade im Hinblick auf eine anstehende Auswahlentscheidung erstellt werden und damit der Verdacht entstehen kann, sie dienten – zielgerichtet – lediglich der Durchsetzung von vorgefassten, Art. 33 Abs. 2 GG nicht genügenden Personalentscheidungen (vgl. BVerwG, B.v. 02.07.2020 – 2 A 6/19 – juris Rn. 11 m.w.N.).
48
Zwar bestimmt Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG für die periodische Beurteilung von Beamten in Bayern einen dreijährigen Beurteilungszeitraum. Gemäß Art. 5 Abs. 1 BayRiStAG sind Richter/-innen auf Lebenszeit sowie Staatsanwälte/-innen im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit jedoch alle vier Jahre von dem oder der unmittelbaren Dienstvorgesetzten dienstlich zu beurteilen (periodische Beurteilung). Die oberste Dienstbehörde bestimmt, welche Richter/-innen sowie Staatsanwälte/-innen nicht mehr periodisch beurteilt werden. Somit ist eine Regelbeurteilung grundsätzlich nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayRiStAG hinreichend aktuell, wenn der Beurteilungsstichtag höchstens vier Jahre vor dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung liegt (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 14, 22). Aus der gesetzlichen Systematik des Art. 5 Abs. 1 BayRiStAG wird hinreichend deutlich, dass für Richter/-innen auf Lebenszeit sowie für Staatsanwälte/-innen im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit regelmäßig periodische Beurteilungen zu erstellen sind, Anlassbeurteilungen hingegen die Ausnahme bilden, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfen (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 14 f.). Nach Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG ist die periodische Beurteilung zu aktualisieren, wenn sich während des laufenden periodischen Beurteilungszeitraums erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien ergeben haben, sodass die weitere Verwendung der letzten periodischen Beurteilung bis zum nächsten darauffolgenden einheitlichen Verwendungsbeginn ausnahmsweise nicht mehr sachgerecht wäre. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Anlassbeurteilungen kann auf die in Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG vorgesehene Aktualisierung der periodischen Beurteilung übernommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 16). Sinn und Zweck der Aktualisierung ist gerade, dass sie durch einen Anlass, nämlich der erheblichen Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien, ausgelöst wird (vgl. Conrad in: Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, 234. Aktualisierung, Stand September 2024, Art. 56 LlbG Rn. 25).
49
Die Entscheidung des Landesgesetzgebers für das System von Regelbeurteilungen darf von der Verwaltung nicht dadurch unterlaufen werden, dass sie im Rahmen eines Auswahlverfahrens trotz des Vorliegens einer hinreichend aktuellen Regelbeurteilung ohne ausreichenden Grund Anlassbeurteilungen – bzw. im vorliegenden Fall eine aktualisierte periodische Beurteilung – erstellt. Möglicher Anlass, in dem sich auch in einem auf Regelbeurteilungen basierenden Beurteilungssystem der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, ist, dass ein Bewerber nach der letzten Regelbeurteilung schon einmal befördert worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 42; BayVGH, B.v. 25.03.2021 – 6 CE 21.489 – juris Rn. 14). Bedarf nach einer Aktualisierung der dienstlichen Beurteilung kann auch entstehen, wenn der Beamte nach dem Stichtag der letzten (regulären oder aktualisierten) periodischen Beurteilung wesentlich andere Aufgaben (qualitatives/inhaltliches Element) während eines erheblichen Zeitraums (quantitatives/zeitliches Element) wahrgenommen hat (vgl. BVerwG, B.v. 02.07.2020 – 2 A 6/19 – juris Rn. 12; U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 38, 41 ff., 49 ff.; BayVGH, B.v. 25.03.2021 – 6 CE 21.489 – juris Rn. 14). Wesentlich andere Aufgaben in diesem Sinne sind nur dann gegeben, wenn der Beamte in seinem veränderten Tätigkeitsbereich Aufgaben wahrnimmt, die einem anderen (regelmäßig höherwertigen) Statusamt zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 51 ff.; BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 16). Dies ist nur dann der Fall, wenn die neuen Aufgaben ausschließlich anderen Besoldungsgruppen entsprechen als die vorherigen Aufgaben des Beamten oder sie zwar derselben Besoldungsgruppe, nicht aber derselben Laufbahn zuzuordnen sind wie die vorherigen Aufgaben des Beamten. Das Statusamt definiert sich anhand dreier Merkmale, nämlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung und durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe (vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 55). Ein erheblicher Zeitraum liegt dann vor, wenn bei einem dreijährigen Regelbeurteilungszeitraum die anderen Aufgaben während des (deutlich) überwiegenden (mit zwei Dritteln anzusetzenden) Teils des Beurteilungszeitraums wahrgenommen wurden, mithin zwei Jahre lang (vgl. BVerwG, B.v. 02.07.2020 – 2 A 6/19 – juris Rn. 12; U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 38, 49 f.; BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 18). Die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Anlassbeurteilung im Rahmen eines Regelbeurteilungssystems für Beamtinnen und Beamte mit dreijährigem Turnus (§ 22 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes – BBG – und § 48 Abs. 1 der Bundeslaufbahnverordnung – BLV – in der bis 06.07.2021 gültigen Fassung) kann nach einer jüngeren Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ohne weiteres auf einen periodischen Beurteilungszeitraum von vier Jahren übertragen werden. Denn die normative Vorgabe des Landesgesetzgebers und grundlegende Organisationsentscheidung des Dienstherrn für ein Regelbeurteilungssystem für bayerische Beamtinnen und Beamte (Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG) darf von der Verwaltung ungeachtet eines hier vorliegenden vierjährigen Beurteilungszeitraums weder unterlaufen noch entwertet werden. Der Zweck, durch eine klare zeitlich bezifferte Grenzziehung Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität zu schaffen, gilt unabhängig vom jeweiligen Beurteilungszeitraum. Auch aus dem Regelungscharakter des sich jeweils in Abhängigkeit des jeweiligen Beurteilungszeitraums gestalteten 2/3-Maßstabs, der bei einer allein maßgeblichen absoluten zeitlichen Grenzziehung (zwei Jahre) obsolet wäre, folgt die Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf den hier vorliegenden Fall. Dafür spricht zudem die Aussagekraft der Regelbeurteilung über einen vierjährigen Beurteilungszeitraum. Diese ist umso größer, je länger der Zeitraum ist, den die Regelbeurteilung abbildet. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, einen im Verhältnis dazu entsprechend längeren Zeitraum als Voraussetzung für die Erstellung einer Anlassbeurteilung zu verlangen, währenddessen die wesentlich anderen Aufgaben ausgeübt worden sein müssen (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 26 m.w.N.). Somit liegt bei einem vierjährigen Regelbeurteilungszeitraum ein erheblicher Zeitraum dann vor, wenn die wesentlich anderen Aufgaben während des (deutlich) überwiegenden Teils, das heißt mindestens zu zwei Dritteln (= 32 Monate), des Beurteilungszeitraums wahrgenommen wurden (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Ls.; im Anschluss an BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 38, 49 f.).
50
An diesen Grundsätzen haben sich auch die hier geltenden Beurteilungsbestimmungen, insbesondere die GemBek, zu orientieren. Nach Nr. 6.1 Satz 1 GemBek (Aktualisierung der periodischen Beurteilung) und Nr. 7.1 Satz 2 GemBek (Anlassbeurteilung) kann bei Vorliegen besonderer Gründe im Einzelfall eine Beurteilung erstellt werden, wenn sich seit der letzten Beurteilung erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien ergeben haben, sodass die weitere Verwendung der letzten Beurteilung ausnahmsweise nicht mehr sachgerecht wäre.
51
Ob ein Anlass/Aktualisierungsbedarf vorliegt, ist für jeden Bewerber gesondert zu betrachten. Liegen bei einem Mitbewerber die Voraussetzungen für eine Anlassbeurteilung nicht vor, dann ist dessen letzte Regelbeurteilung hinreichend aktuell. Sie wird nicht schon deswegen „inaktuell“, weil bei einem oder mehreren Mitbewerbern eine Anlassbeurteilung erforderlich geworden ist. Es gibt keinen Grund, auch bei größeren Zeitdifferenzen in der Relation zwischen der jüngeren Anlassbeurteilung und der letzten Regelbeurteilung die Letztgenannte als für den Leistungsvergleich untauglich anzusehen. Der Ausnahmefall, dass eine Anlassbeurteilung nötig wird, führt nicht dazu, dass alle Regelbeurteilten – allein deshalb – nunmehr ebenfalls der Ausnahmekategorie unterfallen und die Ausnahme somit zum überwiegenden Anwendungsfall wird. Andernfalls liefe das Aktualitätserfordernis darauf hinaus, dass dienstliche Beurteilungen in einer Art „perpetuum mobile“ jeweils neuen Aktualisierungsbedarf erzeugen (vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 61 f.; BVerwG, B.v. 02.07.2020 – 2 A 6/19 – juris Rn. 9 ff.; BayVGH, B.v. 25.03.2021 – 6 CE 21.489 – juris Rn. 15).
52
Gemessen daran beruht die Auswahlentscheidung auf einem fehlerhaften Leistungsvergleich, weil die herangezogene Beurteilung des Antragstellers nicht hinreichend aktuell war.
53
(1.) Der Rechtmäßigkeit der Aktualisierung der periodischen Beurteilung des Beigeladenen stehen keine Bedenken entgegen. Für ihre Erstellung war ein hinreichender Anlass gegeben (dazu unter (a.)), in formeller Hinsicht erscheint der beurteilte Zeitraum als sachgemäß (dazu unter (b.)) und auch in materieller Hinsicht genügt sie – im Rahmen des dem Gericht zustehenden Überprüfungsmaßstabs – den Anforderungen (dazu unter (c.)).
54
(a.) Für die Aktualisierung der periodischen Beurteilung des Beigeladenen bestand ein hinreichender Anlass, weil seine periodische Beurteilung aus dem Jahr 2020 (Zeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2019) im Statusamt R2 nicht mehr hinreichend aktuell war.
55
Zwar lag die periodische Beurteilung des Beigeladenen aus dem Jahr 2020 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erstellung der Aktualisierung der periodischen Beurteilung (28./30.06.2023) nicht länger als vier Jahre zurück, allerdings haben sich seit dieser letzten periodischen Beurteilung „erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien“ (Nr. 6.1 Satz 1 GemBek) beim Beigeladenen unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung ergeben. Alleine die zum 16.10.2020 erfolgte Beförderung in das Amt des Vorsitzenden Richters am Landgericht als weiterer aufsichtführender Richter (R2 mit Amtszulage) ist bereits nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ausreichend, um die Erstellung einer Anlassbeurteilung erforderlich zu machen.
56
In BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 42 heißt es:
„Mögliche „Anlässe“ und Konstellationen, in denen sich – auch in einem auf Regelbeurteilungen basierenden Beurteilungssystem – der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, weil dem Dienstherrn ohne eine solche ein Bewerbervergleich nicht möglich ist, sind z.B., dass Bewerber wegen Überschreitens eines bestimmten Lebensalters oder wegen der Wertigkeit ihres Statusamtes nicht mehr der Regelbeurteilungspflicht unterliegen, dass ein Bewerber nach der letzten Regelbeurteilung schon einmal befördert worden ist und nun eine erneute Beförderung anstrebt, ggf. auch nach oder vor einer Versetzung oder mit Blick auf eine laufbahnrechtliche Erprobung (vgl. etwa Schnellenbach/Bodanowitz, a.a.O. § 11 Rn. 13 f. m.w.N.). Bedarf nach einer Aktualisierung der dienstlichen Beurteilung kann auch entstehen, wenn der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Februar 2009 – 2 A 7.06 – Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20, vom 30. Juni 2011 – 2 C 19.10 – BVerwGE 140, 83 Rn. 23 und Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 – BVerwGE 155, 152 Rn. 23). Allein zu dieser Konstellation verhalten sich die nachfolgenden Ausführungen.“
57
In BayVGH, B.v. 25.03.2021 – 6 CE 21.489 – juris Rn. 14 heißt es:
„Möglicher Anlass, in dem sich auch in einem auf Regelbeurteilungen basierenden Beurteilungssystem der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, ist, dass ein Bewerber nach der letzten Regelbeurteilung schon einmal befördert worden ist (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305 Rn. 42). Bedarf nach einer Aktualisierung der dienstlichen Beurteilung kann auch entstehen, wenn der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat.“
58
Aus der Formulierung sowohl des Bundesverwaltungsgerichts als auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird deutlich, dass sich eine erhebliche Veränderung der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien (i.S.v. Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG) entweder aus (1) einer Beförderung seit der letzten Regelbeurteilung oder (2) der Wahrnehmung einer wesentlich anderen Aufgabe über einen erheblichen Zeitraum ergeben kann.
59
Dass die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 18.02.2021 (Gz. A 3-2012-V-11386/2018) diese von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen in anderer Art und Weise interpretieren, bindet das Gericht vorliegend nicht. Bei Vollzugshinweisen handelt es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um eine innerdienstliche Richtlinie, die nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründet. Als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift bindet sie das Gericht mangels normativer Wirkung nicht, da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts – anders als die Befugnis zur Ermessensausübung – nicht der Verwaltung überantwortet ist, sondern durch Art. 19 Abs. 4 GG den Gerichten obliegt (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.1969 – VIII C 104.69 – juris Rn. 14; U.v. 22.06.1989 – 5 C 42/88 – juris Rn. 18; U.v. 20.10.1989 – 5 C 33/88 – juris Rn. 18). Der Begriff der „erheblichen Veränderungen“ in Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG ist ein Rechtsbegriff, für dessen Auslegung die Verwaltungsbehörde nicht wie bei einer Ermessensentscheidung eine nur ihr zukommende Entscheidungsbefugnis beanspruchen kann. Die letztverbindliche Auslegung des objektiven Rechts (Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG) durch Verwaltungsvorschriften steht vielmehr unter dem Vorbehalt, dass sie die Billigung durch die Rechtsprechung findet. Fehlt es – wie hier – an einer Übereinstimmung der Rechtsauslegung der Verwaltungsvorschriften und damit der Rechtsanwendung auf den Einzelfall mit der objektiven Rechtslage, so erweist sich die in den Verwaltungsvorschriften enthaltene Rechtsauslegung und die auf ihr beruhende Einzelfallentscheidung als falsch mit der Folge der Rechtswidrigkeit. Dies gilt in gleicher Weise hinsichtlich Abschnitt 3 Nr. 9 Satz 4 bis 7 VV-BeamtR, soweit daraus der Schluss gezogen würde, dass bei einer Beförderung eine Aktualisierung bereits deshalb ausscheide, weil die Beförderung (in jedem Fall) im üblichen System der periodischen Beurteilung berücksichtigt werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 20).
60
Somit ergab sich nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits aus der nach der letzten Regelbeurteilung stattgefundenen Beförderung des Beigeladenen in ein höheres Statusamt, nämlich der Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Landgericht als weiterer aufsichtführender Richter mit Wirkung vom 16.10.2020 (R2 mit Amtszulage), die Notwendigkeit zur Erstellung einer Anlassbeurteilung im Sinne der ersten Fallgruppe (1). Dies gilt umso mehr, als er mit seiner Bewerbung zum Leitenden Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft in … (Besoldungsgruppe R3) eine erneute Beförderung anstrebt. Der unabweisbare dienstliche Beurteilungsbedarf drängt sich schon deshalb auf, weil die personalentscheidende Behörde bei der Besetzung einer Beförderungsstelle einen Bewerbervergleich vorzunehmen hat, der dem aktuellen Leistungs- und Befähigungsstand sämtlicher Konkurrenten mindestens einigermaßen gerecht wird (vgl. Bodanowitz in Schnellenbach/ders., Beamtenrecht in der Praxis, 9. Aufl. 2017, § 11 Rn. 13). Bei einer (zwischenzeitlichen) Beförderung in ein höheres Statusamt handelt es sich um eine so einschneidende Veränderung der Umstände, die seit der letzten Regelbeurteilung in Bezug auf die Verwendung eines Beamten eingetreten ist, dass sie eine Anlassbeurteilung – hier Aktualisierung der periodischen Beurteilung – erforderlich machen (vgl. BVerwG, B.v. 22.09.2005 – 1 WB 4/05 – juris Rn. 25; NdsOVG, B.v. 21.09.2011 – 5 ME 241/11 – juris Rn. 10).
61
Freilich hat der Beigeladene daneben auch die Anforderungen der zweiten Fallgruppe (2) mit der Wahrnehmung einer wesentlich anderen Aufgabe über einen erheblichen Zeitraum erfüllt, weil sowohl das qualitative als auch das quantitative Kriterium vorliegen. Der Beigeladene hat seit 16.10.2020 als Vorsitzender Richter am Landgericht als weiterer aufsichtführender Richter (R2 mit Amtszulage) wesentlich andere Tätigkeiten wahrgenommen, die einem anderen Statusamt zuzuordnen sind. Mit der formellen Ernennung ist das qualitative Kriterium unzweifelhaft gegeben, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Dies erfolgte auch über einen erheblichen Zeitraum, nämlich zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung über einen überwiegenden Zeitraum von 32 Monaten, was 2/3 des für Richter einschlägigen Beurteilungszeitraums von vier Jahren entspricht. Somit bestand für den Beigeladenen in zweifacher Hinsicht die Notwendigkeit einer Aktualisierung der periodischen Beurteilung, welche am 28./30.06.2023 folgerichtig erstellt wurde.
62
(b.) In formeller Hinsicht ist auch der für die Aktualisierung der periodischen Beurteilung des Beigeladenen festgelegte Beurteilungszeitraum nicht zu beanstanden. Bei einer aus Anlass der Besetzung einer Beförderungsstelle erstellten Beurteilung verlangt das Gebot der größtmöglichen Vergleichbarkeit, den Beurteilungszeitraum so zu wählen, dass er mit den Beurteilungszeiträumen der Beurteilungen der anderen Bewerber im Wesentlichen übereinstimmt, da nur so eine vergleichbare Aussagekraft der aktualisierten periodischen Beurteilung im Vergleich zu den anderen Bewerbern gewährleistet wird (vgl. BayVGH, B.v. 14.08.2015 – 3 CE 15.993 – juris Rn. 26 m.w.N.). Soweit periodische Beurteilungen anderer Bewerber zu berücksichtigen sind, ist die Aktualisierung der periodischen Beurteilung dabei an das Regelbeurteilungssystem anzupassen. Unter Berücksichtigung des Beurteilungszeitraums der periodischen Beurteilung des Antragstellers (01.01.2016 bis 31.12.2019), ohne bereits an dieser Stelle auf deren unzureichende Aktualität einzugehen, ist es nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 14.08.2015 – 3 CE 15.993 – juris Rn. 29) zwingend geboten, als Anknüpfungspunkt für die Aktualisierung der periodischen Beurteilung den Beginn der vorherigen Beurteilungsperiode heranzuziehen. Dies widerspricht insbesondere nicht der Regelung des Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG, da für eine Aktualisierung der periodischen Beurteilung gerade keine gesetzliche Regelung für den umfassten Zeitraum vorhanden ist, sondern die Grundsätze der Vergleichbarkeit einer aktualisierten periodischen Beurteilung mit einer Regelbeurteilung zu beachten sind (vgl. BayVGH, B.v. 14.08.2015 – 3 CE 15.993 – juris Rn. 31; VG Ansbach, B.v. 12.07.2019 – AN 1 E 18.02501 – juris Rn. 92). Vielmehr war Sinn und Zweck der vorliegenden Beurteilung des Beigeladenen eine Aktualisierung der periodischen Beurteilung im Sinne von Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG, weshalb die Erfassung des Regelbeurteilungszeitraums als sinnvoll erscheint, wie es auch von Nr. 6.2 GemBek folgerichtig interpretiert wird.
63
(c.) Der Rechtmäßigkeit der aktualisierten periodischen Beurteilung des Beigeladenen stehen auch keine Bedenken in materieller Hinsicht entgegen. Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind. Auch im Hinblick auf den Inhalt einer Aktualisierung der periodischen Beurteilung haben die Gerichte die Grenzen ihrer Prüfungskompetenz zu beachten. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Beurteilung ist auf die Überprüfung beschränkt, ob der Dienstherr gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Hingegen darf das Gericht nicht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollziehen oder diese durch eine eigene Beurteilung ersetzen. Denn nur der für den Dienstherrn handelnde Vorgesetzte soll ein Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den – ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden – fachlichen und persönlichen Anforderungen des Amtes und der Laufbahn entspricht. Bei einem derartigen dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 56; BVerwG, U.v. 13.05.1965 – II C 146.62 – juris Rn. 40; U.v. 26.06.1980 – 2 C 8/78 – juris Rn. 18; U.v. 07.07.2021 – 2 C 2/21 – juris Rn. 10).
64
Eine Aktualisierung der periodischen Beurteilung ist aus der Regelbeurteilung zu entwickeln, weshalb die Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung in der zuvor erstellten Regelbeurteilung lediglich fortentwickelt werden dürfen (vgl. zur Anlassbeurteilung BVerwG, B.v. 02.07.2020 – 2 A 6.19 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 13; B.v. 14.08.2015 – 3 CE 15.993 – juris Rn. 33). Der Zeitraum der Aktualisierung der periodischen Beurteilung erfasst im Sinne des Fortentwicklungsprinzips den gesamten Zeitraum der vorangegangenen periodischen Beurteilung und stimmt inhaltlich weitestgehend mit dieser überein, lediglich an einzelnen Stellen wurden Ergänzungen vorgenommen. Da das Gesamturteil der aktualisierten periodischen Beurteilung nicht von dem der vorhergehenden periodischen Beurteilung abweicht, waren keine größeren Anforderungen an deren Plausibilisierung zu stellen. Gerade wegen dieser Fortentwicklung und des identischen Gesamturteils bestehen auch keine Bedenken an der aktualisierten periodischen Beurteilung des Beigeladenen wegen der Erfassung des gesamten Zeitraums der periodischen Beurteilung (vgl. zu einem anders gelagerten Fall VG Bayreuth, B.v. 01.09.2022 – B 5 E 22.733 [nicht veröffentlicht]). Auch die Zuerkennung der Verwendungseignung für das Amt eines Abteilungsleiters bei einer Generalstaatsanwaltschaft lässt keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der aktualisierten periodischen Beurteilung zu, da dem Beigeladenen bereits in seiner periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2020 die Verwendungseignung als Vorsitzender eines obergerichtlichen Senats und damit für ein Amt der Besoldungsgruppe R3 zugesprochen wurde.
65
(2.) Die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte periodische Beurteilung des Antragstellers aus dem Jahr 2020 (Beurteilungszeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2019) war jedoch nicht mehr hinreichend aktuell, da sich auch in seinem Fall während des laufenden periodischen Beurteilungszeitraums erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien i.S.v. Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG ergeben haben.
66
(a.) Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Aktualisierungsbedarf nicht bereits aus der Tatsache resultiert, dass die Regelbeurteilung des Antragstellers zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 07.09.2023 länger als drei Jahre zurücklag. Da der bayerische Gesetzgeber mit Art. 5 Abs. 1 BayRiStAG den Regelbeurteilungszeitraum für Richter/-innen auf Lebenszeit sowie Staatsanwälte/-innen im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit abweichend von Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG auf vier Jahre festgelegt hat, ist allein maßgeblich, dass die Regelbeurteilung des Antragstellers nicht länger als vier Jahre zurücklag. Soweit sich der Antragstellervertreter darauf beruft, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Auswahlentscheidung nicht auf eine dienstliche Beurteilung gestützt werden dürfe, die im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits älter als drei Jahre alt sei (vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 34) und dies auch der Rechtslage in Bayern entspreche, verkennt er, dass bei der von ihm zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entweder ein bundespolizeiliches Dienstverhältnis – für das § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG gilt – (vgl. BayVGH, B.v. 25.03.2021 – 6 CE 21.489 – juris Rn. 13) oder jedenfalls ein Dienstverhältnis mit einem dreijährigen Regelbeurteilungszeitraum (vgl. BayVGH, B.v. 01.12.2021 – 3 CE 21.2593 – juris Rn. 3) streitgegenständlich gewesen ist. Es entspricht gerade nicht der Rechtslage in Bayern, dass die dort genannte Dreijahresfrist starr auf alle Landesbeamtendienstverhältnisse übertragbar ist (vgl. auch BayVGH, B.v. 27.10.2016 – 3 CE 16.1457 – juris Rn. 49). Vielmehr erachtet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wie oben bereits ausgeführt eine Übertragung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung auf einen vierjährigen Beurteilungszeitraum unter entsprechender Anpassung für notwendig (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 14 f.).
67
(b.) Die erheblichen Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien i.S.v. Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG resultieren beim Antragsteller sowohl aus seiner Beförderung mittels formeller Ernennung zum Oberstaatsanwalt als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts (Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage) in … mit Wirkung vom 15.02.2022 (aa.) als auch aus der Wahrnehmung wesentlich anderer Aufgaben über einen erheblichen Zeitraum (bb.).
68
(aa.) Schon die Ernennung des Antragstellers zum Oberstaatsanwalt als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts (Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage) in … stellt einen den Aktualisierungsbedarf seiner periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2020 auslösenden Umstand im Sinne der ersten Fallgruppe (1) der oben rezitierten Rechtsprechung dar. Mit Wirkung vom 15.02.2022 wurde der Antragsteller in sein neues Amt ernannt, was in Bezug auf sein vorangegangenes Amt als Oberstaatsanwalt (Besoldungsgruppe R2) einer Beförderung in ein höheres Statusamt entspricht. Da es sich bei dem streitgegenständlichen Dienstposten des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft in … (Besoldungsgruppe R3) wiederum um eine Beförderung zu seinem derzeitigen Statusamt handelt, drängt sich der unabweisbare dienstliche Beurteilungsbedarf schon deshalb auf, weil die personalentscheidende Behörde bei der Besetzung einer Beförderungsstelle einen Bewerbervergleich vorzunehmen hat, der dem aktuellen Leistungs- und Befähigungsstand sämtlicher Konkurrenten mindestens einigermaßen gerecht wird (vgl. Bodanowitz in Schnellenbach/ders., Beamtenrecht in der Praxis, 9. Aufl. 2017, § 11 Rn. 13). Das Unterlassen der Aktualisierung der periodischen Beurteilung des Antragstellers durch den Antragsgegner war deshalb rechtswidrig. Bei einer zwischenzeitlichen Beförderung in ein höheres Statusamt handelt es sich um eine so einschneidende Veränderung der Umstände, die seit der letzten Regelbeurteilung in Bezug auf die Verwendung eines Beamten eingetreten ist, dass sie eine Anlassbeurteilung – bzw. hier Aktualisierung der periodischen Beurteilung – erforderlich machen (vgl. BVerwG, B.v. 22.09.2005 – 1 WB 4/05 – juris Rn. 25; NdsOVG, B.v. 21.09.2011 – 5 ME 241/11 – juris Rn. 10).
69
(bb.) Selbst, wenn man die Rechtsprechung, anders als die Kammer, nicht so verstehen möchte, dass bereits das pauschale Abstellen auf eine Beförderung im Beurteilungszeitraum nicht auszureichen vermöge, so hat der Antragsteller zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung jedenfalls auch wesentlich andere Aufgaben über einen erheblichen Zeitraum wahrgenommen.
70
In Bezug auf das qualitative Kriterium genügt bereits die tatsächliche Wahrnehmung der Aufgaben des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts. Der Antragsteller hat bereits seit 16.05.2020 wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen. Das Amt des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts wird ausweislich des Haushaltsplans des Freistaates Bayern 2023, Einzelplan 04 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz (S. 126) und der Anlage 1 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) mit der Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage geführt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss es sich um eine Tätigkeit handeln, die jedenfalls einem anderen (regelmäßig höheren) Statusamt zuzuordnen ist. Offenkundig genügt hierfür mangels hinreichender Leistungs- und Beurteilungsrelevanz nicht jeder bloße Wechsel der Geschäftsaufgabe oder jede bloße Veränderung des konkreten Tätigkeitsbereichs (vgl. BVerwG, U.v. 09.05.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 51; BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 16). Für den Zeitraum vom … bis zur Wiederbesetzung der Stelle des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … mit Wirkung vom 16.08.2020 wurde der Antragsteller gemäß Nr. 7 Abs. 1 OrgStA mit den Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … betraut, da die Stelle in diesem Zeitraum nicht besetzt war. Der neue ständige Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts in … wurde mit Wirkung vom 16.08.2020 an die Generalstaatsanwaltschaft … abgeordnet und war daher an der Wahrnehmung der Aufgaben bei der Staatsanwaltschaft … verhindert. Ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner Beförderung mit Wirkung vom 15.02.2022 nahm der Antragsteller die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … durch eine Zuweisung in der Geschäftsverteilung durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in … im Einverständnis mit dem Generalstaatsanwalt in … wahr (Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 OrgStA). Bei Ämtern mit und ohne Amtszulage i.S.d. Art. 34 Abs. 1 BayBesG handelt es sich statusrechtlich um verschiedene Ämter (vgl. BVerwG, B.v. 16.04.2007 – 2 B 25/07 – juris Rn. 4), Amtszulagen bilden funktionell sog. Zwischenämter (vgl. BVerfG, B.v. 14.12.2000 – 2 BvR 1457/96 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 3 CE 15.2044 – juris Rn. 35). Anders als beispielsweise bei der Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs im Zusammenhang mit einer Amtszulage (vgl. BVerwG, B.v. 16.04.2007 – 2 B 25/07 – juris Rn. 4) kommt es nach Auffassung der Kammer gerade nicht auf die formelle Ernennung an. Vielmehr ist auch eine Änderung der Tätigkeit beurteilungsrelevant, die ohne formelle Ernennung erfolgt. Bei anderer Interpretation der Rechtsprechung hätte diese der Vereinfachung halber konkret auf das förmliche Merkmal abgestellt. Es wird angesichts des gewählten Wortlauts allerdings deutlich, dass nicht nur die Fälle der rein formellen Ernennung beurteilungsrelevant sein können und sollen. Wenn der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, wie vom Antragsgegner vorgetragen, darauf hinweist, dass es ohne weiteres möglich sei, die Verleihung eines Amtes mit Amtszulage als qualitatives Kriterium heranzuziehen (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 29), so ist dies folgendermaßen zu verstehen: Schon aus der Formulierung wird deutlich, dass es sich um eine „Möglichkeit“ handele und weiterhin um ein Kriterium, neben welchem noch andere Anhaltspunkte heranzuziehen sind. Die Rechtsprechung ist insofern so zu verstehen, dass im positiven Sinne auf die formelle Ernennung als qualitatives Kriterium abgestellt werden kann, eine wesentlich andere Tätigkeit jedoch nicht lediglich mangels formeller Ernennung verneint werden soll. Vielmehr kommt es für die Wahrnehmung wesentlich anderer Aufgaben darauf an, ob diese als leistungs- und beurteilungsrelevant anzusehen sind. Gem. Art. 58 Abs. 1 LlbG ist der Beurteilung eine Beschreibung der Aufgaben, die im Beurteilungszeitraum wahrgenommen wurden, voranzustellen. Die Beschreibung des Tätigkeitsbereichs bildet die Grundlage für die dienstliche Beurteilung, denn hiernach sind die fachlichen Leistungen zu beurteilen, die der Beamte erbracht bzw. zu erbringen hat. Die Aufgabenbeschreibung zeigt auch den Unterschied der einzelnen Dienstposten hinsichtlich Schwierigkeit und Verantwortung auf. Die Leistungen eines Beamten können nur dann richtig gewürdigt werden, wenn Art und Schwierigkeit seines Aufgabengebietes hinreichend bekannt sind. Die einen Aufgabenbereich prägenden (besonderen) Aufgaben können herausgestellt und bei der dienstlichen Beurteilung berücksichtigt werden (vgl. Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, 234. Aktualisierung, Stand September 2024, Art. 58 LlbG Rn. 4). Die Funktion des Beamten, d. h. sein Amt im konkret-funktionellen Sinn gibt Aufschluss über Schwierigkeit und Verantwortung des Amtes. Auch wenn primär das Statusamt den Kreis der zu vergleichenden Beamten vorgibt, ist für die Leistungsbewertung von Bedeutung, ob ein Beamter Aufgaben eines höherwertigen Amtes im funktionellen Sinne ausübt, als sie seinem Statusamt entsprechen. Die mit einem höherwertigen Amt im funktionellen Sinne verbundenen Aufgaben sind in der Regel schwieriger und verantwortungsvoller (vgl. Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, 234. Aktualisierung, Stand September 2024, Art. 58 LlbG Rn. 6). Dass die Leistungen des Antragstellers mit der tatsächlichen Wahrnehmung der Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts leistungs- und beurteilungsrelevant sind, folgt aus den konkreten neuen Aufgabenzuweisungen, aus denen sich erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen, namentlich der Beurteilungskriterien „Planungsvermögen und Organisationsfähigkeit“ (Nr. 3.1.2 GemBek), „Führungsverhalten“ (Nr. 3.1.8 GemBek), „Bereitschaft, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen“ (Nr. 3.2.4 GemBek) sowie „Führungspotential bzw. Anlagen zur Führungskraft“ (Nr. 3.2.7 GemBek) ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 21). Eine Vereinfachung des qualitativen Kriteriums dergestalt, dass lediglich eine formelle Ernennung diese Anforderung erfüllen kann, ist schon aufgrund der Komplexität des Beurteilungswesens schlichtweg nicht möglich. Dies wird gerade auch unterstrichen durch die Fallgruppe 1 in den Vollzugshinweisen des JMS vom 18.02.2021, die sich auf die Umsetzung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bezieht. Trotz der von der Rechtsprechung angemahnten restriktiven Handhabung von Beurteilungen außerhalb der regulären periodischen Beurteilung ist auch bei einer allein tatsächlichen Wahrnehmung wesentlich anderer Aufgaben, die einem anderen Statusamt zuzuordnen sind, von der Erfüllung des qualitativen Kriteriums auszugehen.
71
Der Antragsteller wurde in seiner periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2020 (Zeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2019) im Statusamt eines Oberstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft (Besoldungsgruppe R2) beurteilt. In der Beschreibung des Aufgabengebiets wurde u.a. festgehalten, dass der Antragsteller bei der Dienstaufsicht von Staatsanwaltschaften mitgewirkt hätte. Zwar nahm der Antragsteller bereits als Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft (Besoldungsgruppe R2) staatsanwaltliche Führungs- und Aufsichtstätigkeiten wahr. Die Veränderung des Tätigkeitsbereichs bei der Wahrnehmung der Aufgaben des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts wird aber aus den Anforderungsprofilen für Richter und Staatsanwälte (AnfoRiStABek) deutlich. Während sich Nr. 3.2.5 auf das Amt eines Oberstaatsanwalts als Abteilungsleiter bezieht, gelten für die Leitung einer Staatanwaltschaft einschließlich ständiger Vertreter nach Nr. 3.2.6 zwar nicht gänzlich andere, aber doch davon abweichende und als anspruchsvoller anzusehende Anforderungen. Dies hebt die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Ämter hervor. Mit dem Wechsel vom stellvertretenden Abteilungsleiter (bei der Generalstaatsanwaltschaft) zum Abteilungsleiter (bei der Staatsanwaltschaft) war gemäß Nr. 5 i.V.m. Nr. 4 Abs. 1 und 2 der OrgStA ein gewichtiger Aufgabenzuwachs verbunden. Unter anderem übt ein Abteilungsleiter die Dienstaufsicht über Angehörige seiner Abteilung aus, wirkt in seinem Geschäftsbereich auf die Beachtung der Gesetze sowie der sonstigen Vorschriften und Anordnungen hin, sorgt für die sachgemäße und rasche Erledigung und, soweit erforderlich, für eine einheitliche Behandlung der Geschäfte, trägt dafür Sorge über alle bedeutsamen Angelegenheiten unterrichtet zu werden und informiert selbst den Behördenleiter über alle wichtigen Vorgänge in seiner Abteilung. Die Abteilungsleiter wirken zudem bei der Beratung zur jährlichen Aufstellung des Geschäftsverteilungsplanes mit (Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 OrgStA) und besitzen besondere Zeichnungsbefugnisse (Nr. 14 OrgStA). Neben der Übertragung weiterer Verwaltungsaufgaben trat insbesondere die ständige Vertretung des Behördenleiters (Nr. 7 OrgStA) als neuer Aufgabenbereich hinzu (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 25).
72
Dem Vortrag des Beigeladenen in Bezug auf die Tatsache, dass der Antragsteller die Wahrnehmung der wesentlich anderen Aufgaben nicht glaubhaft gemacht hätte, ist zwar zuzugestehen, dass sich der Vortrag des Antragstellers an einigen Stellen sehr allgemein verhält. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe auch nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben, weil mit der Ernennung des Konkurrenten vollendete Tatsachen geschaffen werden und der Rechtsschutz in der Hauptsache somit leerliefe. Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 04.11.2010 – 2 C 16/09 – juris Rn. 32). Diesen Maßstab und die vorhergehenden Ausführungen zugrunde gelegt, ist die Kammer aber der Überzeugung, dass der Antragsteller das qualitative Kriterium bereits mit der tatsächlichen Wahrnehmung der Aufgaben des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts seit 16.05.2020 erfüllt hat.
73
Soweit der Antragsgegner vorträgt, dem Antragsteller seien die Aufgaben des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts in … deshalb übertragen worden, um ihm eine Entwicklungsperspektive im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft … zu geben, steht dies der Wahrnehmung einer wesentlich anderen Aufgabe nicht entgegen. Vielmehr handelte es sich nicht lediglich um eine zeitlich begrenzte Personalentwicklungsmaßnahme mit der konkreten Rückkehrperspektive in das ursprüngliche Amt (vgl. NdsOVG, B.v. 21.09.2011 – 5 ME 241/11 – juris Rn. 11), sondern um eine unbefristete, dauerhafte Wahrnehmung der wesentlich anderen Tätigkeit, die nahtlos in die formelle Ernennung überging. Es erschiene unbillig, wenn trotz der dauerhaften Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben alleine die Tatsache, dass der Antragsteller die Aufgaben des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts seit 16.05.2020 mangels freier Planstelle lediglich tatsächlich wahrgenommen hat, zu seinen Lasten ginge. Die Änderung der Tätigkeit des Antragstellers zum 16.05.2020 stellt auch deshalb eine wesentliche Veränderung dar, da die Wahrnehmung der Aufgaben des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts in seiner periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2020 für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2019 gerade keine Berücksichtigung gefunden hat (vgl. für einen gegenteiligen Fall BayVGH, B.v. 27.10.2016 – 3 CE 16.1457 – juris Rn. 51). Der Antragsgegner verkennt dabei auch, dass bei der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens i.S.v. Art. 16 Abs. 1 LlbG unterschieden werden muss zwischen der Übertragung eines Amtes im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) und der Übertragung eines Beförderungsamtes im Wege der Ernennung (Statusamt) (vgl. Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, 234. Aktualisierung, Stand September 2024, Art. 16 LlbG Rn. 14). Es steht der Annahme, dass eine Aktualisierung der periodischen Beurteilung vorzunehmen war, nicht entgegen, dass es sich zunächst nur um einen Beförderungsdienstposten handelte. Maßgeblich ist, dass es sich um Aufgaben handelte, die einem anderen Statusamt zuzuordnen sind.
74
Zuzugeben ist, dass der Antragsteller von 01.05.2016 bis 30.04.2017 während seiner Abordnung an die Staatsanwaltschaft … Abteilungsleiter (Abteilung …*) gewesen ist. Allerdings fand dies zum einen zu Beginn des periodischen Beurteilungszeitraums statt, weshalb die Tätigkeit bei der Wahrnehmung der Aufgaben des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts zum 16.05.2020 bereits drei Jahre zurückgelegen hat. Für die Beurteilung, ob es sich um wesentliche andere Aufgaben handelt, ist als Vergleich die unmittelbar vorangegangene heranzuziehen, jedenfalls nicht eine drei Jahre zurückliegende Tätigkeit. Zum anderen übte der Antragsteller diese Tätigkeit nicht für einen überwiegenden Zeitraum während des Beurteilungszeitraums aus, sodass sie bei der periodischen Beurteilung jedenfalls nicht überwiegend ins Gewicht fiel.
75
Wie bereits oben ausgeführt, binden weder die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 18.02.2021 noch die daraus resultierende, vom Antragsgegner vorgenommene Interpretation der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs das Gericht.
76
In Bezug auf das quantitative Kriterium hat der Antragsteller die Aufgaben des Oberstaatsanwalts als ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts ohne Unterbrechung seit 16.05.2020 wahrgenommen und somit bereits Mitte Januar 2023 die 32 Monate als überwiegenden Teil der Beurteilungsperiode, da 2/3 der vier Jahre einnehmend, erreicht gehabt. Aufgrund dieses erheblichen Zeitraums wäre ohne Zweifel in quantitativer Hinsicht die Erstellung einer Aktualisierung der periodischen Beurteilung für die streitgegenständliche Auswahlentscheidung notwendig gewesen.
77
Die Tatsache, dass der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung letztendlich weniger als einen Monat vor dem Ablauf des gegenwärtigen Regelbeurteilungszeitraums liegt, ist unerheblich, weil auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung abzustellen ist (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 2 VR 2/16 – juris Rn. 44).
78
(c.) Der Vollständigkeit halber ist zu diesem Punkt noch zu ergänzen, dass sich ein Aktualisierungsbedarf der periodischen Beurteilung des Antragstellers nicht bereits allein aus der Tatsache ergab, dass für den Beigeladenen eine Aktualisierung seiner periodischen Beurteilung stattgefunden hat. Denn ein Aktualisierungsbedarf bei einem Bewerber führt nicht allein schon deshalb zwangsläufig zu einem „Nachziehen“ und einer Aktualisierungspflicht auch bei allen anderen Mitbewerbern – anders als vorliegend – ohne originären eigenen Aktualisierungsbedarf (vgl. BVerwG, B.v. 02.07.2020 – 2 A 6/19 – juris Rn. 9; U.v. 9.5.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 57). Ob daneben aus dem Gebot der größtmöglichen Vergleichbarkeit (vgl. BayVGH, B.v. 14.08.2015 – 3 CE 15.993 – juris Rn. 26 m.w.N.) die Notwendigkeit einer Aktualisierung resultiert wäre, ist zwar nicht mehr zu erörtern. Anzumerken ist jedoch, dass es keinen Anspruch auf eine absolute Vergleichbarkeit der zu einer Auswahlentscheidung herangezogenen Beurteilungen der Bewerber gibt. Der gewählte – vergleichsweise „lange“ – Zeitraum der aktualisierten periodischen Beurteilung des Beigeladenen hat gerade zur Förderung der Vergleichbarkeit mit der – wenn auch in rechtswidriger Weise herangezogenen – periodischen Beurteilung des Antragstellers beigetragen. Weiterhin war ein Überschneidungszeitraum von mehr als 50% der beiden Beurteilungen gegeben.
79
(3.) Infolge der rechtswidrigen Nichterstellung einer Aktualisierung der periodischen Beurteilung für den Antragsteller und der Tatsache, dass der Auswahlentscheidung somit eine nicht mehr hinreichend aktuelle Regelbeurteilung des Antragstellers zugrunde gelegt wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller bei einer neuerlichen Auswahlentscheidung für die fragliche Stelle ausgewählt wird. Dies gilt insbesondere deshalb, weil sowohl Antragsteller als auch Beigeladener in ihren Regelbeurteilungen 2020 jeweils im Gesamturteil 14 Punkte im Statusamt R2 erhielten und der Beigeladene in seiner aktualisierten periodischen Beurteilung im Gesamturteil 14 Punkte im Statusamt R2 mit Amtszulage erhielt, woraus sich ein Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller ergab, den er nicht auszugleichen vermochte, und sich die Auswahlentscheidung auch grundlegend auf diesen Leistungsvorsprung stützte. Wäre die (erforderliche) aktualisierte periodische Beurteilung für den Antragsteller erstellt worden, wäre er auch im Statusamt R2 mit Amtszulage beurteilt worden.
80
dd. Das Ergebnis der Ausführungen zur (Nicht-)Aktualisierung der periodischen Beurteilung des Antragstellers steht losgelöst von der Frage, ob die Auswahlentscheidung im Übrigen an Fehlern leidet. Weil dies für die gegenständliche Entscheidungsfindung nicht mehr maßgeblich ist, werden die folgenden Ausführungen lediglich ergänzend zu den von den Beteiligten vorgetragenen Punkten gemacht.
81
(1.) Vorab ist in Bezug auf den Vortrag des Beigeladenen anzumerken, dass frühere Beurteilungen erst heranzuziehen sind, wenn ein Vergleich der letzten Beurteilungen einen Gleichstand ergibt. Eine Einbeziehung erscheint auch nicht deshalb geboten, weil sich aus den früheren Beurteilungen des Antragstellers Ungereimtheiten ergäben. Eine Steigerung einer ursprünglichen Beurteilung von sieben Punkten im Statusamt R1 über elf Punkte im Statusamt R1 mit Amtszulage zu zwölf Punkten im Statusamt R1 mit Amtszulage und letztendlich zu 14 Punkten im Statusamt R2 gibt keinen Anlass, an deren rechtmäßigem Zustandekommen zu zweifeln.
82
(2.) Weiterhin tritt das Gericht dem Vortrag des Antragstellers in Bezug auf fehlende staatsanwaltliche Kenntnisse des Beigeladenen und einer daraus resultierenden Ungeeignetheit für das streitgegenständliche Amt entgegen. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Bayern ist ein Wechsel zwischen staatsanwaltlicher und richterlicher Tätigkeit vorgesehen und üblich, u.a. hebt Nr. 3.1.5 AnfoRiStABek die Verwendungsbreite explizit hervor. Weiterhin hat der Beigeladene in tatsächlicher Hinsicht glaubhaft gemacht, das Anforderungsprofil mit seinen konstitutiven Voraussetzungen zu erfüllen und so in den Leistungsvergleich einbezogen werden zu können, bei dem seine Auswahl zumindest möglich erscheint. Eine etwaige Voraussetzung durchgehender Erfahrungen im staatsanwaltschaftlichen Bereich findet in der Stellenausschreibung keinen Anklang.
83
(3.) Die Kammer ist auch nicht der Ansicht, dass sich aus dem Vortrag des Antragstellers, der Gerichtsakte oder den Behördenakten ein Vorsprung des Antragstellers ergibt. Der Vortrag, dass keine Berücksichtigung der Tätigkeit des Antragstellers bei der Zentralstelle … Bayern stattgefunden hätte, ist unzutreffend (Besetzungsbericht S. 10, 11, 13). Woraus sich eine „jedenfalls bessere Eignung“ des Antragstellers ergeben solle, wurde auch nicht zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht. Vielmehr ist für die Auswahlentscheidung maßgeblich, dass beide Bewerber über die Bereitschaft verfügen, vertiefte Kenntnisse im Bereich der … zu erwerben.
84
2. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene, der sich mangels eigener Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO.
85
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der Streitwert in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren, das auf die vorläufige Freihaltung der zu besetzenden Beförderungsstelle durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, beträgt – wie bei einer auf Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens gerichteten Hauptsacheklage – ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt nach Maßgabe von § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 GKG zu zahlenden Bezüge, wobei auch die Jahressonderzahlung nach Art. 82 ff. BayBesG anteilig zu berücksichtigen ist (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 32; B.v. 03.07.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 26; s.a. BT-Drs. 17/11471, S. 246). Damit ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 27.454,42 Euro (Grundgehalt Besoldungsgruppe R3 in Höhe von 8.681,24 Euro x 12 = 104.174,88 Euro zzgl. jährliche Sonderzahlung in Höhe von 5.642,81 Euro (0,65 x 8.681,24 Euro) = 109.817,69 Euro / 4 = 27.454,42 Euro).