Titel:
Kostentragung für die Verlegung einer Telekommunikationslinie
Normenkette:
TKG § 130 Abs. 1, Abs. 3, § 132 Abs. 1 S. 1, § 133 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Leitsätze:
1. Geht es dem Vorhabensträger allein um den Schutz der bewohnten Ortslage vor Hochwasser und ist die Verhinderung der Überflutung der Straße nur ein willkommener Nebeneffekt, liegt kein die Entstehung einer Folgekostenpflicht rechtfertigendes Verkehrsinteresse vor. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem Durchlass im Verlauf einer Flutmulde liegt eine spätere besondere Anlage vor, wenn der Durchlass direkt unter einer Straße verläuft und daher den Wegeraum unterhalb der Straße in Anspruch nimmt. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dient ein Durchlass für die Flutmulde dem Hochwasserschutz der bewohnten Ortslage, so stellt dies ein öffentliches Interesse dar, sodass der Inhaber oder Betreiber des Durchlasses vom Nutzungsberechtigten verlangen kann, dass eine Telekommunikationslinie auf dessen Kosten verlegt oder verändert wird. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kostentragungspflicht für die Verlegung einer Telekommunikationslinie, Verkehrsinteresse bei Hochwasserschutzmaßnahme, Durchlass für Flutmulde als spätere besondere Anlage, Telekommunikationslinie, Verkehrsinteresse, Durchlass, Flutmulde, spätere besondere Anlage, Hochwasserschutz, öffentliches Interesse, Folgekostenpflicht
Fundstellen:
BayVBl 2024, 201
BeckRS 2023, 44851
LSK 2023, 44851
Tenor
I. Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin 2.074,03 EUR zu zahlen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten um die Kostentragung für die Verlegung einer Telekommunikationslinie.
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Die Beklagte ist Eigentümerin und Betreiberin eines bundesweiten Netzes von Telekommunikationslinien. Eine solche verläuft auch im Bereich der Straße „B*“, zuvor „…-Weg“, der Klägerin. Im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen errichtete die Klägerin eine Flutmulde als Entlastungsbauwerk, über die Hochwasser außerhalb der Bebauung aus dem Weidachgraben in das angrenzende Grünland entwässert werden kann. Die Flutmulde wurde südlich der Grundstücke Fl.Nrn. * und * angeordnet. Dabei durchquert die Straße „B*“ die Flutmulde. Aus diesem Grund erfolgte der Bau eines Durchlasses unter die Straße. Infolge dessen musste die Telekommunikationsleitung tiefer gelegt werden.
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Mit E-Mail vom 27. April 2022 bat die Beklagte um Unterzeichnung eines Vorvertrages, da sie der Auffassung war, dass sie die Verlegung der Telekommunikationslinie nicht auf eigene Kosten durchzuführen habe. Die Klägerin lehnte eine Unterzeichnung ab und verwies auf die Kostentragungspflicht der Beklagten. In weiteren E-Mails und Telefonaten konnte zwischen der Klägerin und der Beklagten keine Einigung über die Kostentragung erzielt werden.
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Um Bauverzögerungen zu vermeiden, unterbreitete die Beklagte mit E-Mail vom 15. Juni 2022 den Vorschlag, Kabelmaterial und Montage der Kabel bereitzustellen, wenn die Klägerin die Kosten für Tiefbau und Rohrverlegung bauseits übernehme und unmittelbar mit dem beauftragten Bauunternehmen abrechne. Hierauf erklärte die Klägerin mit E-Mail vom 15. Juni 2022, sie gehe zunächst auf den Kompromissvorschlag ein, behalte sich ihrerseits gleichwohl vor, die Frage der endgültigen Kostentragung nachträglich zu klären.
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Die Bauarbeiten wurden am 9. September 2022 fertiggestellt. Am 26. September 2022 erfolgte die Abnahme. Mit Rechnung vom 5. Oktober 2022 wurde von der bauausführenden Firma für die Verlegung der Telekommunikationsleitung ein Kostenbetrag in Höhe von 2.074,03 EUR festgelegt.
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Mit E-Mail vom 11. November 2022 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der Kosten in Höhe von 2.074,03 EUR. Dies wurde von der Beklagten mit E-Mail vom 16. November 2022 abgelehnt.
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Die Klägerin erhob am 24. Januar 2023 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage. Sie beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.074,03 EUR zu zahlen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund § 130 Telekommunikationsgesetz (TKG) in Verbindung mit der Abrede zwischen der Klägerin und der Beklagten bzw. jedenfalls nach § 133 Abs. 2 TKG zur Kostentragung verpflichtet. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 TKG sei der Bund befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen. Dieses Nutzungsrecht sei nach § 125 Abs. 2 Satz 1 TKG unter anderem der Beklagten übertragen. Der Vorteil dieses unentgeltlichen Nutzungsrechts sei im Telekommunikationsgesetz mit einzelnen Pflichten verknüpft. Nach § 130 Abs. 1 Var. 3, Abs. 3 TKG habe die Beklagte die Kosten zu tragen, wenn sich nach Errichtung einer Telekommunikationslinie ergebe, dass sie der Ausführung einer von dem Unterhaltspflichtigen beabsichtigten Änderung des Verkehrsweges entgegenstehe. Die Gründe für die Änderung des Verkehrsweges seien nicht eingeschränkt, sondern könnten vielfältig sein. Ein bestimmter Anlass der Baumaßnahmen sei kein Tatbestandsmerkmal der Vorschrift, sodass auch Hochwasserschutzmaßnahmen erfasst seien. Ein physisch realer Eingriff in den Straßenkörper liege vor. Die Beteiligten hätten die Rechtsfolge des § 130 Abs. 3 TKG in einer Abrede modifiziert. Durch die Ausführung der Maßnahmen durch eine Firma, die von der Klägerin beauftragt worden sei, seien der Beklagten keine Nachteile entstanden. Als Kommune und öffentliche Auftraggeberin sei die Klägerin zu einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von Haushaltsmitteln angehalten und beachte die maßgeblichen Vorschriften des Haushalts- und des Vergaberechts.
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Jedenfalls bestehe eine Kostentragungspflicht der Beklagten nach § 133 Abs. 2 TKG. Bei dem von der Klägerin eingebauten Durchlass handle es sich um eine spätere besondere Anlage im Sinne der Vorschrift. Die Voraussetzungen zur Kostentragungspflicht der Beklagten seien erfüllt. Die Verlegung der Telekommunikationslinie sei notwendig gewesen, § 133 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG. Ohne die Verlegung hätte die Errichtung des Durchlasses unterbleiben müssen bzw. wäre jedenfalls erschwert gewesen. Ein Einbau des Durchlasses unterhalb der vorhandenen Telekommunikationslinie sei nicht möglich gewesen, da dies zu tiefe Einschnitte in das umliegende Gelände zur Folge gehabt hätte. Diese Flächen stünden im Eigentum Privater. Ein Bau des Durchlasses oberhalb der Telekommunikationslinie hätte die Straße unverhältnismäßig erhöht. In diesem Fall wäre der notwendige Abfluss des Wassers nicht möglich gewesen. Der Durchlass hätte seine Funktion nicht erfüllen können und der Hochwasserschutz wäre nicht verbessert worden. Die Errichtung des Durchlasses sei auch aus Gründen des öffentlichen Interesses ausgeführt worden, § 133 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TKG. Das Gesetz benenne als Gründe des öffentlichen Interesses volkswirtschaftliche Gründe oder Verkehrsrücksichten. Die Aufzählung sei nicht abschließend. Der Durchlass diene dem Hochwasserschutz. Vor Errichtung des Durchlasses sei es in diesem Bereich bei Starkregenereignissen zu Überschwemmungen gekommen. Betroffen gewesen sei nicht nur die Straße, sondern auch Wohnhäuser. Um das Wasser gezielt in Richtung einer Wiese abzuleiten, sei es erforderlich gewesen, den Durchlass zu errichten. Schließlich seien die Kosten nicht unverhältnismäßig, § 133 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG. Es handle sich um den Normalfall einer Leitungsverlegung, was sich auch an den geringen Kosten zeige. Hinsichtlich der Rechtsfolge gehe § 133 Abs. 2 TKG gerade nicht davon aus, dass der Nutzungsberechtigte, also die Beklagte, die Baumaßnahme selbst ausführe.
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Die Beklagte trat der Klage mit Schriftsatz vom 30. Mai 2023 entgegen. Für sie ist beantragt,
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Die Klage sei unbegründet. Eine Kostentragungspflicht aus § 130 Abs. 3 TKG scheide aus, da es der Maßnahme der Klägerin am spezifischen Verkehrsinteresse fehle. § 130 Abs. 3 TKG schütze den Wegebaulastträger nur darin, den Verkehrsweg prioritär nach seinen Vorstellungen und Absichten im Rahmen der Widmung des Verkehrswegs nutzen zu können. Da widmungsgemäßer Zweck des Verkehrsweges die Erfüllung seines Verkehrsinteresses sei, könnten nur Änderungen des Verkehrsweges, die einem spezifischen Verkehrsinteresse dienten, an der Privilegierung teilnehmen. An der Privilegierung nähmen daher Baumaßnahmen, die dem allgemeinen, nicht speziell auf einen Verkehrsweg bezogenen Hochwasserschutz dienten, jedenfalls wenn andererseits auch kein verkehrswegbezogenes Schutzinteresse des Gewässers gerade in seiner Funktion als S1.chifffahrtsweg oder aufgrund seines sonstigen Gemeingebrauchs betroffen sei, nicht teil. Insofern falle auch nicht ins Gewicht, dass der S2.traßenverkehrsweg aufgrund seiner Lage im Hochwasserschutzbereich von der Hochwasserschutzmaßnahme in gewissem Maße mitprofitiere, jedenfalls soweit der Hochwasserschutz für den S2.traßenverkehrsweg nach dem Planungsanlass nicht seinerseits ein wesentliches Planungsziel gewesen sei, sondern nur ein „willkommener Nebeneffekt“. Hierzu werde auf die Rechtsprechung des VGH BW (Az. 1 S 1245.15) sowie des BVerwG (Az. 7 C 9.12) verwiesen. Da vorliegend die Baumaßnahme dem Hochwasserschutz der bewohnten Ortslage an einem nicht schiffbaren Gewässer diene und insbesondere auch an dem Ort der Errichtung des Straßendurchlasses keinen Verkehrsbezug besitze, sondern diese lediglich einen baulichen Konflikt zwischen wasserwirtschaftlicher Anlage und Straße lösen solle, seien die Voraussetzungen des § 130 Abs. 3 TKG nicht gegeben.
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Darüber hinaus handle es sich bei dem Straßendurchlass auch nicht um eine (spätere) besondere Anlage, die die Anwendung von § 133 Abs. 2 TKG ermögliche. Besondere Anlagen seien nur solche Anlagen, die entweder der Wegeunterhaltung dienten oder die Straße ihrer Funktion und Auslegung nach mitbenutzten, mithin vor allem ihrem Verlauf folgten. Es genüge nicht, dass solche infrastrukturellen Anlagen nur einen zufälligen räumlichen Bezug zur Straße als Verkehrsweg besäßen bzw. diese an einem einzelnen Punkt baulich berührten, wie dies Brücken oder Durchläufe täten. Insoweit sei auch der persönliche Anwendungsbereich des § 133 TKG nicht eröffnet, weil vorliegend das Verhältnis des Wegebaulastträgers zu dem nutzungsberechtigten Telekommunikationsnetzbetreiber betroffen sei und daher besondere Bauwerke des Verkehrsweges selbst sowie damit die speziellere Regelung des § 130 TKG betroffen seien.
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Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 7. Juni 2023, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen des § 130 TKG bereits mit dem physisch realen Eingriff in den Straßenkörper gegeben seien, betreffe die Maßnahme auch Verkehrsinteressen. Die Hochwasserschutzmaßnahme verhindere die Überflutung der Straße. Dies sei nicht nur ein Nebeneffekt. Die Straße sei die einzige Zufahrt zu der dort liegenden Splittersiedlung. Hinsichtlich der Modifikation der Rechtsfolge durch die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten werde darauf hingewiesen, dass zwischen der Mail der Beklagten vom 15. Juni 2022 und der Mail der Klägerin ebenfalls vom 15. Juni 2022 ein Telefonat zwischen den Beteiligten lag. Dabei sei der Kompromissvorschlag aus der Mail der Beklagten erörtert und, wie in der Mail der Klägerin zusammengefasst, modifiziert worden. Es sei vereinbart worden, dass die Baumaßnahme zunächst durchgeführt werden sollte, um das wichtige Ziel des Hochwasserschutzes nicht zu verzögern. Die Frage über die Kostentragung habe nachgelagert diskutiert werden sollen. Die Beklagte habe jedenfalls die Kosten für das Material und die Montage des Kupferkabels tragen sollen. Ein Verstoß der Abrede gegen die Formvorschrift des Art. 57 BayVwVfG liege nicht vor. Das TKG sei lex specialis, Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG. Es sei ohnehin fraglich, ob das BayVwVfG für Handlungen und Vereinbarungen der Beklagten gelte.
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Die Beklagte habe die Kosten jedenfalls nach § 133 Abs. 2 TKG zu tragen. Die von dem Beklagtenvertreter zitierte Rechtsprechung, wonach keine nachträgliche besondere Anlage vorliege, sei hier nicht einschlägig. Dem Sachverhalt des Urteils des BVerwG liege die Erhöhung einer S3.taats straße und der Austausch eines schon bestehenden Durchlasses zugrunde. Die Erhöhung einer Straße sowie ein bestehender Durchlass seien keine besonderen Anlagen. Dies sei jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Auch Eisenbahntunnel könnten besondere Anlagen sein. Diese folgten nicht dem Verkehrsweg wie dies beispielsweise bei einem Kanal der Fall sei. Selbiges gelte für die Herstellung eines Grundstücksanschlusses zur öffentlichen Entwässerungsanlage, welcher nur punktuell sei. § 133 TKG finde im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin auch Anwendung. Wenn in dem Urteil des VGH BW ausgeführt werde, dass die §§ 132 f. TKG nicht für Anlagen gelten, die vom Begriff des Verkehrsweges selbst erfasst seien, so seien damit die Elemente der Straße gemeint, die im allgemeinen Interesse lägen, wie beispielsweise die Fahrbahn selbst. Bei dem Einbau des Durchlasses im Zuge der Hochwasserschutzmaßnahme handle es sich um die Errichtung einer späteren besonderen Anlage. Auch die Höhe der Kosten sei nicht zu beanstanden. Weder § 130 TKG noch § 133 Abs. 2 TKG schränkten die Kostentragungspflicht dahingehend ein, dass nur sachgerechte, erforderliche, ortsübliche oder angemessene Kosten zu tragen seien. Insbesondere bei § 133 Abs. 2 TKG ergebe sich aus einer systematischen Auslegung zu § 133 Abs. 3 TKG und § 133 Abs. 4 und 5 TKG, dass lediglich eine Ursächlichkeit der Kosten im Sinne einer Kausalität verlangt werde. Die Kausalität der streitgegenständlichen Kosten stehe außer Frage. Die ausführende Firma sei mit den Arbeiten nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens beauftragt worden. Es handle sich um das wirtschaftlichste zulässige Angebot. Die Rechnung vom 5. Oktober 2022 sei von der örtlichen Bauüberwachung, der Bauoberleitung sowie einem Diplom-Ingenieur der Klägerin überprüft und für fachlich und rechnerisch richtig befunden worden. Dass die Kosten realistisch seien, sei mit Stellungnahme der Abteilung Tiefbau bekräftigt worden. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass die Rechnungspositionen überzogen seien oder mit der erbrachten Leistung in keinem Verhältnis stünden. Ob andere Baufirmen die Leistungen günstiger erbringen könnten, sei irrelevant.
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Mit Schreiben vom 24. Januar 2023 (Klägerin) und 1. Juni 2023 (Beklagte) verzichteten die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage konnte aufgrund des Einverständnisses der Parteien ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
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Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von 2.074,03 EUR zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich zwar nicht aus § 130 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Var. 3 TKG (1.), jedoch aus § 133 Abs. 2 Satz 1 TKG i.V.m. der zwischen den Beteiligten getroffenen Abrede (2.).
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 130 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Var. 3 TKG auf Erstattung der Kosten für die Tieferlegung der Telekommunikationslinie. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 130 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Var. 3 TKG liegen nicht vor.
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Nach § 130 Abs. 1 Var. 3 TKG ist die Telekommunikationslinie, soweit erforderlich, abzuändern oder zu beseitigen, wenn sich nach deren Errichtung ergibt, dass sie der Ausführung einer von dem Unterhaltungspflichtigen beabsichtigten Änderung des Verkehrsweges entgegensteht. § 130 Abs. 3 TKG bestimmt, dass der Nutzungsberechtigte die gebotenen Maßnahmen an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken hat. Die Folge- und Folgekostenpflicht formt das auf § 125 TKG beruhende gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem nutzungsberechtigten Betreiber eines Telekommunikationsnetzes und dem Wegeunterhaltspflichtigen aus. Sie verdeutlicht, dass das kostenfreie Nutzungsrecht den Notwendigkeiten des Verkehrsweges folgt, über den grundsätzlich der Wegeunterhaltspflichtige nach seinen Vorstellungen und Absichten verfügt. Im Fall eines Konflikts zwischen den Interessen an der Nutzung des Verkehrsweges durch eine Telekommunikationslinie und den von dem Wegeunterhaltungspflichtigen repräsentierten Interessen an einer der Widmung entsprechenden Nutzung des Verkehrsweges ist den zuletzt genannten Belangen der Vorrang einzuräumen (BVerwG, U.v. 21.2.2013 – 7 C 9.12 – juris Rn. 16).
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Die Voraussetzungen für die Folgekostenpflicht sind vorliegend nicht gegeben. Dabei kann dahinstehen, ob es sich um eine Änderung des Verkehrsweges i.S.d. § 130 Abs. 1 Var. 3 TKG handelt, da jedenfalls ein diesbezügliches Verkehrsinteresse nicht vorliegt.
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a) Das für die Annahme der Kostenfolgepflicht erforderliche Verkehrsinteresse ist nicht gegeben.
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Zwar lässt sich dieses Tatbestandsmerkmal nicht dem Wortlaut der Vorschrift des § 130 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Var. 3 TKG entnehmen. Allerdings ergibt sich diese Voraussetzung aus dem Regelungszusammenhang sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn die Folge- und Kostenfolgepflicht formt das auf § 125 TKG beruhende gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem nutzungsberechtigten Betreiber einer Telekommunikationslinie und dem Wegeunterhaltungspflichtigen aus. Danach ist der Nutzungsberechtigte befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien ohne besondere Zulassung unentgeltlich zu benutzen, soweit dadurch nicht der Widmungszweck der Verkehrswege dauernd beschränkt wird. Andererseits ist aus der Vorschrift die weitere Grundsatzregelung zu entnehmen, dass dieses Mitbenutzungsrecht die Planungs-, Änderungs- und Verfügungsbefugnis des Wegeunterhaltungspflichtigen voll bestehen lässt und dass daher dem Nutzungsberechtigten die Pflicht auferlegt wird, rechtmäßigen Umplanungen des Wegeunterhaltungspflichtigen zu folgen und die Telekommunikationslinie der Umplanung (soweit erforderlich) auf eigene Kosten anzupassen. Das kostenfreie Nutzungsrecht folgt daher den Notwendigkeiten des Verkehrsweges, über den grundsätzlich der Wegeunterhaltungspflichtige nach seinen Vorstellungen und Absichten verfügt. Im Fall eines Konflikts zwischen den Interessen an der Nutzung des Verkehrsweges durch eine Telekommunikationslinie und den von dem Wegeunterhaltungspflichtigen repräsentierten Interessen an einer der Widmung entsprechenden Nutzung des Verkehrsweges ist den zuletzt genannten Belangen der Vorrang einzuräumen. Nutzt der Betreiber einer Telekommunikationslinie eine öffentliche Straße für seine Zwecke, hat er sich deren vorrangiger Verkehrsfunktion unterzuordnen (BVerwG, U.v. 21.2.2013 – 7 C 9.12 – juris Rn. 24). Die Kostenfolgepflicht findet allerdings dort ihre Grenzen, wo die geplante Änderung des Verkehrsweges nicht mehr durch verkehrliche Interessen der Allgemeinheit am Weg als Verkehrsvermittler gedeckt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.1987 – 7 C 78.85 – juris Rn. 14; U.v. 23.10.1981 – 7 C 67.79 – juris Rn. 18 ff.; zum Ganzen: ThürOVG, U.v. 4.5.2023 – 3 KO 345.20 – juris Rn. 52). Denn § 130 TKG ordnet das Interesse an der Telekommunikationslinie nur dann als nachrangig ein, wenn dieses gerade mit dem Interesse an dem Gemeingebrauch an dem Verkehrsweg kollidiert (VGH BW, U.v. 30.11.2016 – 1 S 1245.15 – juris Rn. 56). Eine Maßnahme ist dabei nur dann verkehrsbezogen, wenn ihr konkreter nachgewiesener Haupt- oder Nebenzweck Verkehrsbezug hat, ein lediglich willkommener Nebeneffekt begründet keine Verkehrsbezogenheit (Schütz in Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 5. Aufl. 2023, § 130 Rn. 10). Ob ein solches Verkehrsinteresse vorliegt, ist im jeweiligen Einzelfall aus Sicht des jeweiligen Planungsträgers zu beurteilen (vgl. VGH BW, U.v. 30.11.2016 – 1 S 1245.15 – juris Rn. 56).
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b) Ein Verkehrsinteresse kann entgegen der Ansicht der Klägerin vorliegend nicht deswegen bejaht werden, weil das Vorhaben insoweit einem wirkungsvollen Hochwasserschutz dient.
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Der Umstand allein, dass das Vorhaben die Verkehrsverhältnisse auf der Straße dadurch positiv beeinflusst, dass die durchgängige Befahrbarkeit auch bei einem Hochwasser sichergestellt wird, reicht nicht aus, um ein Verkehrsinteresse zu begründen. Geht es dem Vorhabenträger etwa allein um den Schutz der bewohnten Ortslage vor Hochwasser und ist die Verhinderung der Überflutung der Straße nur ein willkommener Nebeneffekt, liegt kein die Entstehung einer Folgekostenpflicht rechtfertigendes Verkehrsinteresse vor (vgl. BVerwG, U.v. 21.02.2013 – 7 C 9.12 – juris Rn. 31 ff.; VGH BW, U.v. 30.11.2016 – 1 S 1245.15 – juris Rn. 57). Denn die Telekommunikationslinie kollidiert in einem solchen Fall nicht in erster Linie mit dem Interesse an der Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an der Wasser- oder der Staatsstraße, sondern „nur“ mit anderen öffentlichen Interessen (VGH BW, U.v. 30.11.2016 – 1 S 1245.15 – juris Rn. 57).
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Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin auch im vorliegenden Fall mit der Errichtung eines Durchlasses kein Verkehrsinteresse hinsichtlich der Straße „B*“ verfolgt. Aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ergibt sich nicht, dass die Gewährleistung der Hochwassersicherheit der Straßenverbindung bei der Planung ein eigenständiges Gewicht hatte. Dies zeigt sich insbesondere auch in der öffentlichen Bekanntmachung der Klägerin vom 7. Oktober 2021 (Bl. 27 der Gerichtsakte), in der ausgeführt wird, dass die Durchführung der Hochwasserschutzmaßnahmen die Hochwassersituation für die Bebauung am „*-*-Weg“ verbessere. Auch in dem Protokoll zum Spartengespräch vom 8. April 2022 (Bl. 7 der Behördenakte) wurde festgehalten, dass zur Hochwassersicherung der bebauten Bereiche am „*-*-Weg“ eine Flutmulde mit Durchlassbauwerken hergestellt werde. Das Vorhaben wird als „Hochwasserschutz K*, Ortsteil O*, Maßnahmen am *-*-Weg“ beschrieben (Bl. 51 der Behördenakte). Hieraus ergibt sich, dass die Errichtung des Durchlasses in der Absicht erfolgte, den umliegenden bewohnten Ortsteil insgesamt vor Hochwasser zu schützen. Der Klägerin ging es insofern allein um den Schutz der bewohnten Ortslage vor Hochwasser. Dass dadurch auch die Befahrbarkeit der Straße im Fall eines Hochwassers aufrechterhalten wird, war ein willkommener Nebeneffekt, aber nicht der eigentlich verfolgte Zweck der Maßnahme.
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2. Der Klägerin steht jedoch ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Tieferlegung der Telekommunikationslinie gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 TKG i.V.m. der zwischen den Beteiligten getroffenen Abrede zu.
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Hiernach kann der Inhaber oder Betreiber einer späteren besonderen Anlage vom Nutzungsberechtigten verlangen, dass eine Telekommunikationslinie auf dessen Kosten verlegt oder verändert wird, wenn ohne die Verlegung oder Veränderung die Errichtung der späteren besonderen Anlage unterbleiben müsste oder wesentlich erschwert würde, die Errichtung der späteren besonderen Anlage aus Gründen des öffentlichen Interesses von den Wegeunterhaltspflichtigen oder unter ihrer überwiegenden Beteiligung vollständig oder überwiegend ausgeführt werden soll und die Kosten des Nutzungsberechtigten nicht unverhältnismäßig sind. Die Vorschrift des § 133 TKG ist Teil des telekommunikationsrechtlichen Kollisionsrechts und regelt den Fall, dass eine nachträglich zu errichtende besondere Anlage auf eine vorhandene Telekommunikationslinie trifft. § 133 Abs. 1 TKG bestimmt, dass spätere besondere Anlagen nach Möglichkeit so auszuführen sind, dass sie die vorhandenen Telekommunikationslinien nicht störend beeinflussen. Grundsätzlich gilt hier hinsichtlich der Kostentragung für notwendige Änderungen das Prinzip der zeitlichen Priorität (vgl. VGH BW, U.v. 30.11.2016 – 1 S 1245.15 – juris Rn. 64). Ausnahmsweise wird das Prioritätsprinzip durch sog. bevorrechtigte Anlagen durchbrochen, § 133 Abs. 2 TKG. Unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 Satz 1 TKG kann der Inhaber oder Betreiber einer späteren besonderen Anlage vom Nutzungsberechtigten der Telekommunikationslinie eine Veränderung oder Verlegung der Anlage verlangen. § 133 TKG ist dabei Ausdruck der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Nutzungsberechtigtem und Anlagenbetreiber (vgl. Embacher/Lange in Säcker/Körber, TKG – TTDSG, 4. Aufl. 2023, § 133 Rn. 1).
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a) Die Vorschrift ist dabei, entgegen der Ansicht der Beklagten, auch im vorliegenden Fall anwendbar. Die Beklagte ist Nutzungsberechtigte an dem Verkehrsweg i.S.v. § 125 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 TKG. Der Anwendbarkeit steht dabei vorliegend nicht entgegen, dass die Klägerin Wegeunterhaltungspflichtige ist. Denn § 133 TKG ist auch dann anwendbar, wenn der Eigentümer der besonderen Anlage der Wegebaulastträger selbst ist (vgl. Stelkens in Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, § 71 a.F. Rn. 17; BVerwG, U.v. 20.5.1987 – 7 C 78.85 – juris Rn. 16 ff. zu § 6 TWG a.F.). Insofern ist im vorliegenden Fall nicht das Verhältnis des Wegeunterhaltungspflichtigen zum nutzungsberechtigten Betreiber einer Telekommunikationslinie betroffen, sondern die rechtliche Beziehung zwischen der Klägerin als Trägerin einer besonderen Anlage und der Beklagten als Betreiberin der Telekommunikationslinie.
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b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 133 Abs. 2 Satz 1 TKG liegen vor.
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aa) Bei dem Durchlass für die Flutmulde handelt es sich um eine spätere besondere Anlage i.S.d. § 133 Abs. 2 Satz 1 TKG.
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Zu den besonderen Anlagen zählen nach § 132 Abs. 1 Satz 1 TKG der Wegeunterhaltung dienende Einrichtungen, Kanalisations-, Wasser-, Gasleitungen, Schienenanlagen, elektrische Anlagen und dergleichen. Hierbei handelt es sich um Einrichtungen an, in oder auf Verkehrswegen, die nicht dem bestimmungsgemäßen Zweck des Weges dienen (vgl. Schütz in Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 5. Aufl. 2023, § 132 Rn. 4). Besondere Anlagen sind vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass sie ihrerseits den öffentlichen Verkehrsweg benutzen (vgl. Fetzer in Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, 3. Aufl. 2021, § 74 a.F. Rn. 6 m.w.N.). Eine besondere Anlage muss dabei nicht eine körperlich selbständige Einrichtung sein. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Einrichtung einen Teil des Straßenkörpers darstellt oder im zivilrechtlichen Sinn einen wesentlichen Bestandteil des Straßengrundstücks bildet. Jedoch muss die Einrichtung denselben Verkehrsweg mitbenutzen (vgl. Schütz in Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 5. Aufl. 2023, § 132 Rn. 5). Erforderlich für diesen Benutzungstatbestand ist daher, dass die besonderen Anlagen den Wegeraum selbst in Anspruch nehmen (vgl. Reichert in Scheurle/Mayen, TKG, 3. Aufl. 2018, § 75 a.F. Rn. 8a). Dies bedeutet, dass sie sich auf, im oder über dem Verkehrsweg befinden müssen. Unerheblich ist, ob der Verkehrsweg längsläufig benutzt, nur gekreuzt oder punktuell in Anspruch genommen wird (vgl. Stelkens in Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, § 74 a.F. Rn. 33). Keinen Benutzungstatbestand erfüllen hingegen Einrichtungen, die Bestandteile anderer, selbständiger Verkehrswege sind (vgl. BVerwG, U.v. 1.7.1999 – 4 A 27.98 – juris Rn. 16; Stelkens in Stelkens, TKGWegerecht, 1. Aufl. 2010, § 74 a.F. Rn. 33 m.w.N.).
35
Gemessen hieran liegt im Fall des Durchlasses aufgrund der Errichtung einer Flutmulde eine spätere besondere Anlage vor. Der Durchlass verläuft vorliegend direkt unter der Straße „B*“ und nimmt daher den Wegeraum unterhalb der Straße in Anspruch. Insofern liegt durch den Durchlass eine Kreuzung des Verkehrsweges vor. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine solche Kreuzung des Verkehrsweges auch ausreichend. Nicht erforderlich für den Benutzungstatbestand ist insofern, dass die besondere Anlage dem Straßenverlauf folgt (vgl. Stelkens in Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, § 74 a.F. Rn. 33). Des Weiteren handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Durchlass auch nicht um eine Einrichtung, die Bestandteil eines selbstständigen Verkehrsweges ist, da die Flutmulde kein eigenständiger Verkehrsweg ist. Damit ist vorliegend der Benutzungstatbestand des Verkehrsweges der Straße „B*“ im Hinblick auf den Durchlass erfüllt.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2013 (Az. 7 C 9.12), da der diesem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt nicht mit dem Vorliegenden vergleichbar ist. In dem erwähnten Urteil verneinte das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen einer besonderen Anlage hinsichtlich der in diesem Verfahren streitgegenständlichen Hochwasserschutzmaßnahmen. Dabei ging es unter anderem um die Tieferlegung eines bereits vorhandenen Durchlasses für einen Graben. Insofern verneinte das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen des Benutzungstatbestandes unter Verweis auf ein Urteil vom 1. Juli 1999 (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.2013 – 7 C 9.12 – juris Rn. 34). In diesem führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass von einem Benutzungstatbestand dann nicht ausgegangen werden kann, wenn die Maßnahme Teil eines selbständigen Verkehrsweges ist. Dies ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Durchlass in der von der Beklagten zitierten Entscheidung betraf einen Graben, der in dem dortigen Fall wohl als öffentliches Gewässer einen selbständigen Verkehrsweg darstellt. Es handelt sich daher um keine besondere Anlage, da der Durchlass Teil eines selbständigen Verkehrsweges ist und insofern den in Frage stehenden Verkehrsweg nicht mitbenutzt. Im vorliegenden Fall ist der Durchlass jedoch gerade nicht Teil eines selbständigen Verkehrsweges, sodass der Benutzungstatbestand diesbezüglich nicht ausscheidet.
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bb) Darüber hinaus statuiert § 133 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG für die Bevorrechtigung der besonderen Anlage, dass diese sonst nur unter erschwerten Bedingungen oder gar nicht errichtet werden könnte. Daran fehlt es, wenn die bevorrechtigte Anlage zwar nicht auf dem öffentlichen Verkehrsweg, dafür aber auf einem benachbarten Gelände ohne wesentliche Erschwernisse und einer unzumutbaren Kostenlast errichtet werden kann (vgl. Embacher/Lange in Säcker/Körber, TKG – TTDSG, 4. Aufl. 2023, § 133 Rn. 6).
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Die Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, denn das Verbleiben der Telekommunikationslinie an Ort und Stelle hätte die Errichtung des Durchlasses wesentlich erschwert bzw. unmöglich gemacht. Dies zeigt insbesondere auch die Stellungnahme der Abteilung Tiefbau (Bl. 6 der Gerichtsakte), wonach eine Errichtung des Durchlasses unterhalb der bestehende Telekommunikationslinie zu tiefe Einschnitte in das umliegende Gelände zur Folge gehabt hätte, ein Überfahren der Leitung die Straße unverhältnismäßig erhöht hätte und im Übrigen der notwendige Abfluss des Wassers nicht möglich gewesen wäre. Entgegenstehende Anhaltspunkte sind diesbezüglich weder vorgetragen noch ersichtlich.
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cc) Die Ausführung der streitgegenständlichen Maßnahme liegt dabei auch im öffentlichen Interesse nach § 133 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TKG.
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Das öffentliche Interesse ist nach dem Gesetzestext insbesondere dann gegeben, wenn volkswirtschaftliche Gründe oder Verkehrsrücksichten die Ausführung der besonderen Anlage erforderlich machen. Diese Aspekte sind nicht abschließend. Das öffentliche Interesse an einer solchen Anlage ist vielmehr unter anderem auch dann gegeben, wenn sie der allgemeinen Versorgung mit Strom, Gas und Wasser oder dem allgemeinen Verkehr dient (vgl. Schütz in Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 5. Aufl. 2023, § 133 Rn. 12 m.w.N.). Der Begriff des öffentlichen Interesses ist dabei generell nicht zu eng zu ziehen (vgl. Stelkens in Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, § 75 a.F. Rn. 51).
41
Der Durchlass dient vorliegend dem Hochwasserschutz der bewohnten Ortslage. Die Berücksichtigung des Hochwasserschutzes der Einwohner des Ortes stellt ein solches öffentliches Interesse dar.
42
dd) Schließlich sind die aus der Maßnahme resultierenden Kosten vorliegend nicht unverhältnismäßig, § 133 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG.
43
Unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen bei einer Verlegung dann, wenn die Kosten die einer gewöhnlichen oder normalen Verlegung erheblich übersteigen. Normal ist eine Verlegung, die ohne örtliche Schwierigkeiten und ohne Beseitigung außergewöhnlicher technischer Hindernisse und unter Verwendung des vorhandenen Baumaterials erfolgen kann. Entscheidend ist also die Differenz der Kosten des Normalfalls zu den Aufwendungen des konkreten Verlegungsfalls (vgl. Schütz in Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 5. Aufl. 2023, § 133 Rn. 26 m.w.N.). Gegenüber dem „Normalfall“ unverhältnismäßig hoch sind die Verlegungskosten dabei nicht bereits bei Überschreitung eines bestimmten absoluten Betrages, sondern wenn die konkrete örtliche Situation Besonderheiten aufweist, aus der erhebliche Kostensteigerungen resultieren (vgl. Embacher/Lange in Säcker/Körber, TKG – TTDSG, 4. Aufl. 2023, § 133 Rn. 10).
44
Dabei greift der Einwand der Beklagten hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit der in Rechnung gestellten Kosten der Höhe nach vorliegend nicht. Für die Verlegung der bestehenden Telekommunikationslinie wurde ein Betrag von 2.074,03 EUR in Rechnung gestellt. Die insofern eingestellten Preise basieren auf einem öffentlichen Vergabeverfahren und wurden aus fachlicher Sicht (s. hierzu Stellungnahme Tiefbau, Bl. 6 der Gerichtsakte) als angemessen erachtet. Manifeste Anhaltspunkte dafür, dass die monierten Rechnungspositionen völlig überzogen und mit der erbrachten Leistung in keinem Verhältnis mehr stünden, ergeben sich für das Gericht nicht. Dass andere Baufirmen diese Leistungen u.U. auch günstiger anbieten könnten, steht dem nicht entgegen.
45
c) Da die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, steht der Klägerin insofern ein Anspruch auf Erstattung der Kosten gemäß § 133 Abs. 2 TKG i.V.m. der zwischen den Beteiligten getroffenen Abrede zu.
46
Zwar kann der Betreiber einer besonderen Anlage bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 133 Abs. 2 TKG grundsätzlich lediglich die Verlegung oder Veränderung einer Telekommunikationslinie von dem Nutzungsberechtigten verlangen. Der Inhaber oder Betreiber der bevorrechtigten Anlage ist hingegen nicht befugt, im Wege der Selbstvornahme die Telekommunikationslinie zu verändern oder zu verlegen und anschließend gegenüber dem Nutzungsberechtigten die aufgewendeten Kosten geltend zu machen (vgl. OVG RhPf, U.v. 28.11.2018 – 6 A 10009.18 – juris Rn. 17 ff.; Schütz in Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 5. Aufl. 2023, § 133 Rn. 38). Etwas anderes ergibt sich hier jedoch aufgrund der zwischen den Beteiligten getroffenen Abrede durch E-Mail der Beklagten vom 15. Juni 2022 sowie der Klägerin vom 15. Juni 2022. Hiernach wurde zwar keine Einigung hinsichtlich der Kostentragungspflicht erzielt, da diese einer nachträglichen Klärung vorbehalten bleiben sollte. Jedoch ist der Abrede zu entnehmen, dass die Beklagte gemäß dem ihr unterbreiteten Angebot mit einer Selbstvornahme der Verlegung durch die Klägerin einverstanden war. Insofern liegt durch die von den Beteiligten diesbezüglich getroffene Maßnahme eine Modifikation der Rechtsfolge des § 133 Abs. 2 Satz 1 TKG vor.
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3. Weitere Ansprüche, insbesondere aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683 Satz 1, 670, 677 BGB, stehen der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu, da die hier einschlägige Spezialvorschrift des § 133 Abs. 2 TKG die Kostenlast abschließend regelt (vgl. OVG RhPf, U.v. 28.11.2018 – 6 A 10009.18 – juris Rn. 30).
48
4. Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.