Titel:
Einstweilige Anordnung, Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, Standsicherheit
Normenketten:
VwGO § 123
BayBO Art. 10
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, Standsicherheit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 44047
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750 Euro festgesetzt
Gründe
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Die Antragsteller begehren als Eigentümer des Grundstücks FlNr. …/77, Gemarkung … im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes ein bauaufsichtliches Einschreiten des Antragsgegners bezogen auf die Standsicherheit einer auf dem nördlich angrenzenden Grundstück des Beigeladenen errichteten Grenzgarage auf FlNr. …/17, Gemarkung …
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Bei der Grenzgarage handelt es sich um eine Einzelgarage (Fertiggarage), welche überdacht ist. Die Überdachung wird fortgeführt, sodass neben der Einzelgarage ein Carport entsteht. Für die Garage wurde im Jahre 2003 eine isolierte Befreiung wegen einer Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (Überschreitung der Baugrenzen) erteilt. Im rückwärtigen Bereich der Garage erfolgte zudem eine Verlängerung der Überdachung, sodass hinter der Garage ein Holzanbau errichtet wurde.
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Mit Schreiben vom 20. Juni 2022 baten die Antragsteller um bauaufsichtliches Einschreiten bezüglich der auf dem nördlich angrenzenden Grundstück situierten Grenzgarage mit Carport gegenüber dem Antragsgegner. Dem förmlichen Antrag war bereits ein umfangreicher Schriftwechsel vorausgegangen. Bereits im Jahre 2015 war der Antragsgegner von den Antragstellern auf die Grenzgarage aufmerksam gemacht worden. Im Wesentlichen wurde angeführt, dass die Garage der Antragsteller im Norden aufgrund eines Nachbarstreits wegen eines Grenzunterbaus, der Entwässerung, der Unterspülung und des mangelhaften Untergrunds nicht errichtet werden könne. Die Antragsteller wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Darüber hinaus wurde seitens des Antragsgegners der Hinweis erteilt, dass im Fall der Einsturzgefahr ein bauaufsichtliches Einschreiten geprüft werde. Hierauf erfolgte eine neue Bitte der Antragsteller, bauaufsichtlich tätig zu werden, da Bedenken hinsichtlich der Standsicherheit der Garage bestünden. Baukontrollen durch den zuständigen Techniker des Antragsgegners im Jahre 2015 ergaben, dass von der Garage augenscheinlich keine Gefahr für Leib und Leben ausgehe. Auf erneute Anfrage der Antragsteller und Vorlage eines Sachverständigengutachtens wurde der Beigeladene aufgefordert, die statischen Berechnungen zur Grenzgarage vorzulegen. Mit Schreiben vom 29. März 2017 wurde seitens des Antragsgegners eine statische Berechnung für die Grenzgarage gefordert. Eine weitere Baukontrolle erfolgte am 18. August 2017 durch den Techniker des Antragsgegners. Der damals zuständige Techniker nahm aufgrund fehlender statischer Nachweise zu den Fundamenten der Garage und der fraglichen Gründung eine Gefahr für Leben und Gesundheit an, sodass mit Bescheid vom 12. Oktober 2017 die Vorlage eines statischen Nachweises/Gutachtens gefordert wurde. Der Bescheid wurde von dem Beigeladenen beklagt und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (M 9 K 17.4939) für rechtmäßig erachtet. Bereits vor der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2020 mit anschließender Klagerücknahme sowie Einstellung des Verfahrens war seitens des Beigeladenen mit Datum vom 17. Oktober 2017 eine Bestätigung des Tragwerksplaners vorgelegt worden, dass für die Garage keine Gefahr in Verzug bzw. kein sicherheitsgefährdender Zustand vorhanden sei (Bl. 41 BA zu …87). Die Standsicherheit sei umfassend gewährleistet. Demgemäß seien keinerlei Maßnahmen zu ergreifen. Die Fundamente seien auf Frosttiefe gegründet und die Fertigteilgarage liege laut Herstellervorgaben zwischen den Fundamenten hohl und dürfe keinesfalls flächig aufliegen. Der Antragsgegner sah die Forderung aus dem Bescheid daraufhin als erfüllt an. Hierauf wurde seitens der Antragsteller weiterhin mehrfach bauaufsichtliches Einschreiten gefordert. Es folgte ein Verfahren vor den Zivilgerichten mit Blick auf §§ 908, 907, 1004 BGB (Landgericht Ingolstadt sowie Oberlandesgericht München), in dessen Verlauf zwei Gutachten – eines zur Tragfähigkeit der Gründung und eines zur Tragfähigkeit der Betonfertigteilkonstruktion – erstellt wurden (Bl. 8 ff. BA zu …87). Das Verfahren der Antragsteller vor den Zivilgerichten blieb ohne Erfolg. Die Gerichte kamen zu dem Ergebnis, dass dem Grundstück der Antragsteller nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei verständiger Würdigung nicht die Gefahr drohe, durch Einsturz der streitgegenständlichen Nachbargarage beschädigt zu werden. Dies gelte insbesondere auch unter Berücksichtigung der von beiden Sachverständigen angenommenen fehlenden Standsicherheit wegen unzureichender Gründung. Die Behauptung eines bestehenden Zusammenhangs zwischen Gründungsdefiziten und Einsturzgefahr dergestalt, dass die Garage aufgrund ihrer nicht ordnungsgemäßen Gründung nicht die notwendige Standsicherheit ausweise, weshalb dem Grundstück der Antragsteller die Gefahr drohe, durch Einsturz der Garage beschädigt zu werden, hätten die gerichtlichen Sachverständigen nicht bestätigen können. Um eine drohende Gefahr annehmen zu können, müssten hinreichende Anhaltspunkte für eine früher oder später eintretende Veränderung dieser langjährigen Sachlage vorliegen, die einen künftigen Einsturz der Garage nicht nur theoretisch als möglich erscheinen lasse. Dahingehende Anhaltspunkte seien weder aufgezeigt worden noch sonst für das Gericht ersichtlich.
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Hierauf folgend stellten die Antragsteller den o.g. Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber dem Antragsgegner. Umfangreicher Schriftwechsel erfolgte erneut zwischen Antragsteller, Antragsgegner sowie der Regierung von Oberbayern. Mit Schreiben vom 5. August 2022 teilte der Antragsgegner den Antragstellern mit, dass mit Blick auf die Standsicherheit der Grenzgarage nicht bauaufsichtlich eingeschritten werde. Zur Überwachung einer eventuellen Senkung wurde am 16. Dezember 2022 an der Garage eine Höhenmarke angebracht. Zweimal im Jahr erfolgt eine Überprüfung durch den Antragsgegner mit Hilfe eines Nivelliergeräts, ob und in wie weit sich die Garage senkt.
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Mit Bescheid vom 28. Februar 2023 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten ab (Bl. 135 ff. BA zu …87). Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Antragsteller zwar einen Anspruch auf ermessenfehlerfreies, bauaufsichtliches Einschreiten hätten, da die Garage ausweislich der vorgelegten Gutachten nicht standsicher nach Art. 10 BayBO sei. Ein Rechtsanspruch des Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten bestehe jedoch nur dann, wenn eine hohe Intensität der Störung oder Gefährdung gegeben sei. Dies sei der Fall, wenn die von der rechtswidrigen baulichen Anlage ausgehende Beeinträchtigung einen erheblichen Grad erreiche und die Abwägung mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen ergebe, insbesondere wenn eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit drohe oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren seien. Das Landratsamt entscheide im pflichtgemäßen Ermessen, nicht bauaufsichtlich gegen die mangelnde Standsicherheit der Fertiggarage einzuschreiten, da keine konkrete erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit durch die Garage an der Grundstücksgrenze hin zu den Antragstellern bestehe. Die Garage sei nicht einsturzgefährdet. Im Übrigen sei ein milderes Mittel durch die Anbringung der Höhenmarke und deren regelmäßige Kontrolle gewählt worden, weshalb die Entscheidung des Landratsamtes auch verhältnismäßig sei. Auf die Gründe im Bescheid wird im Übrigen Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 28. März 2023 erhoben die Antragsteller hiergegen Klage (M 9 K 23.1525), baten mit ergänzendem Schriftsatz vom 11. September 2023, eingegangen bei Gericht am 12. September 2023 um einstweiligen Rechtsschutz, stellten jedoch keinen ausdrücklichen Antrag.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Standsicherheit der baulichen Anlage auf dem Nachbargrundstück FlNr. …/17, Gemarkung … gemäß Art. 10 BayBO nicht gegeben sei. Es bestehe Einsturzgefahr und eine Gefahr für Leib und Leben der Personen, die sich auf dem Grundstück der Antragsteller aufhielten. Auf das Gutachten von Herrn … vom 1. Juni 2016, das Gutachten des Herrn … … vom 6. August 2018 sowie das Gutachten des Herrn Dipl. Ing. … vom 3. Februar 2020 werde Bezug genommen. Ein weiteres Zuwarten bis zur Verhandlung der Hauptsache sei angesichts des hohen Ranges der betroffenen Rechtsgüter und der konkreten Umstände nicht vertretbar. Der seitens des Landratsamtes erlassene Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig und verletze die Antragsteller in ihren Rechten. Das Landratsamt gewähre den Antragstellern nicht den durch Art. 10 BayBO gewährleisteten Schutz. Danach müsse jede Anlage im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein. Das Landratsamt überwache die bauliche Anlage, welche sich aufgrund der mangelhaften Gründung bereits zum Grundstück der Antragsteller neige augenscheinlich, bis sich diese noch weiter absenke. Das Landratsamt habe keine Zweifel an der Einschätzung des Tragwerkplaners … gehabt, welcher u.a. eine frostsichere Fundamentausführung bestätigt habe. Dass die Fundamentausführung weder frostsicher noch grundbruchsicher sei, habe der Gutachter … … nach Prüfung jedoch bestätigt. Eine ausreichende Prüfung inklusive Bodengutachten habe durch den Gutachter … keinesfalls durchgeführt werden können. Nachdem die Gutachten von Herrn … … und Herrn Dipl. Ing. … vorlagen, habe das Landratsamt immer noch keine Zweifel an der Einschätzung von Herrn … gehabt. Das Landratsamt berufe sich nun auf die Vermutung des Bodengutachters … …, der nicht denke, dass die Fertiggarage umfallen werde, welcher jedoch die Tragwerksplanung nicht einschätzen könne und die Hinzuziehung eines Tragwerksplaners ausdrücklich empfehle. Der Gutachter … habe die Einsturzgefahr der gesamten baulichen Anlage aufgrund nicht standsichere Gründung bestätigt und eine Neugründung gefordert. Die konkrete Gefahr bestehe durch die ungenügende Ausführung der Fundamente (Tragwerke), die weder grundbruch- noch frostsicher auf nicht tragfähigem, erosionsempfindlichen Baugrund errichtet worden und nicht geeignet seien, die aufstehenden Lasten zu tragen. Auch seien der zusätzliche Anbau hinter der Fertigteilkonstruktion, die zusätzlichen Dachaufbauten sowie der Carport in den Berechnungen für die Betonfertigteilkonstruktion nicht berücksichtigt. Ob die Statik der Betonfertigteilkonstruktion überhaupt für Aufbauten ausgelegt sei, lasse sich nicht entnehmen. Unter Verweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung werde darauf hingewiesen, dass wenn die Standsicherheit nicht belegt werden könne, eine Beseitigungsanordnung oder Verpflichtung, einen standsicheren Zustand herzustellen, weder unverhältnismäßig noch ermessenfehlerhaft sei. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung genüge es angesichts des hohen Stellenwertes der Rechtsgüter Leben und Gesundheit für die Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts nach einer auf konkreten Tatsachen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen sei. Die seitens des Landratsamtes vorgenommene Maßnahme – Anbringen und Überwachung von Messpunkten – sei für eine Beurteilung der konkreten Gefahr eines Grundbruches bzw. Einsturzes völlig ungeeignet. Die angebrachten drei Referenzpunkte an der Garage seien seit März 2023 nicht mehr sichtbar. Dafür sei ein Stück Meterstab angebracht worden, welches zwischenzeitlich stark verwittert sei. Es sei zweifelhaft, ob ein Stück Holz, als veränderliches Material, für einen Bezugspunkt zu einer genauen Messung geeignet sei. Der Sachverhalt sei im Übrigen durch die Zivilgerichte falsch beurteilt worden. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sei nicht ausgeschlossen worden und im Beschluss vom 5. April 2022 auf Seite 5 sei die Einsturzgefahr der nicht standsicheren baulichen Anlage sogar bestätigt worden. Aufgrund irreführender Angaben seitens des Anwalts der Eigentümer habe das Zivilgericht Fundamentierung und aufstehende Garage differenziert und zweigeteilt betrachtet und den baurechtswidrigen Zustand nicht erkannt. Angesichts der vorgelegten Gutachten liege es im Ermessen des Landratsamtes, die Fertigteilkonstruktion auf Tragsicherheitsdefizite, wie von dem Gutachter … angeregt, überprüfen zu lassen. Erst wenn ein geprüfter Nachweis der Standsicherheit vorliege bzw. die Standsicherheit gewährleistet sei, könne das Landratsamt eine Gefahr für Leib und Leben von Personen ausschließen und den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten ermessensfehlerfrei ablehnen. Dem Schutzzweck des Art. 10 BayBO entsprechend müsse gewährleistet sein, dass der eigene Baugrund nicht gefährdet sei und der im Rahmen der Baugenehmigung genehmigte Bodenaustausch zur standsicheren Gründung der eigenen baulichen Anlage gefahrlos für Menschen und bedeutende Sachwerte durchgeführt werden könne. Im Übrigen zeige sich seit 2. Dezember 2023 ein senkrechter Riss in der Mitte der Betonfertiggarage, welcher sich bis zur Hälfte von unten nach oben ziehe und der auf den starken Schneefall der vergangenen Tage und der damit zusätzlichen Belastung der Garage durch Schneeablagerungen auf dem Dach zurückzuführen sei. Ein sofortiges bauaufsichtliches Einschreiten sei erforderlich. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 11. September 2023, 26. Oktober 2023, 2. November 2023 sowie 3. Dezember 2023 Bezug genommen.
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Der Antragsgegner beantragt
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Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid sowie auf die Stellungnahme der Regierung von Oberbayern vom 22. Juli 2022 Bezug genommen. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass zweimal pro Jahr eine Überprüfung der an der Garage angebrachten Höhenmarke zur Überwachung einer eventuellen Senkung erfolge. Mit Hilfe eines Nivelliergerätes werde durch einen technischen Sachbearbeiter überprüft, ob und wie weit sich das Gebäude senke. Ein Messgerät werde an derselben Stelle aufgebaut und mittels drei im Vorfeld festgelegten Referenzpunkten eine eventuelle Änderung der Höhenlage überprüft und dokumentiert. Eine Messung habe jeweils am 16. Dezember 2022, 10. Mai 2023, 24. Oktober 2023 und 4. Dezember 2023 stattgefunden. Änderungen hätten sich danach nicht ergeben. Eine konkrete Gefahr für Leib und Leben durch die Garage bestehe nach wie vor nicht. Weitere Anordnungen würden durch den Antragsgegner daher aktuell nicht getroffen. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 23. Oktober 2023 und vom 6. Dezember 2023 wird Bezug genommen.
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Der Beigeladene beantragt
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig sei und Gründe für einen einstweiligen Rechtsschutz nicht vorlägen. Die streitgegenständliche Garage sei nicht einsturzgefährdet. Es gehe keine Gefahr von ihr aus. Die streitgegenständliche Garage sei bereits im Jahr 2003 errichtet worden und habe sich lediglich im Laufe der Zeit in Richtung Nachbargrundstücksgrenze geneigt. Es sei durch die zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Ingolstadt sowie dem Oberlandesgericht München unter Berücksichtigung der Stellungnahmen und Einschätzungen der Gutachter entschieden worden, dass die Gefahr des Einsturzes der Garage nicht bestehe. Eine konkrete Gefahr bestehe bis zum heutigen Tag nicht. Der Nachbar habe nur einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert sei. Dies sei vorliegend jedoch mangels konkreter Gefahr für höherrangige Rechtsgüter nicht der Fall. Es werde im Übrigen darauf hingewiesen, dass es sich bei dem seitens der Antragsteller neu vorgetragenen Riss in der Wand der Grenzgarage nach dem Dafürhalten des Beigeladenen um einen feinen Haarriss in der Putzoberfläche handle. Dieser sei auch keinesfalls „sofort auffällig“, sondern erst nach intensivem Suchen festzustellen. Im Inneren der Garage befinde sich an dieser Stelle kein Riss. Auf die Schriftsätze vom 4. Oktober 2023 und vom 12. Dezember 2023 wird im Übrigen Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in diesem sowie im zugehörigen Klageverfahren (M 9 K 23.1525) sowie die Behördenakten Bezug genommen.
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Unter sachgerechter und zugunsten der Antragsteller möglichst weit verstandener Auslegung des mit Schriftsatz vom 11. September 2023 gestellten Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO), begehren die Antragsteller vorliegend den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, bauaufsichtliche Anordnungen zu treffen und umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um die Standsicherheit der streitgegenständlichen Grenzgarage sicherzustellen.
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass die Antragsteller das von ihnen behauptete streitige Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr ihrer Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend.
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1. Seitens der Antragsteller ist weder ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten (a.) noch ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung (b.) glaubhaft gemacht.
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a. Als Anspruchsgrundlage klassischen bauaufsichtlichen Handelns – wie vorliegend – kommen zwar grundsätzlich Art. 76 BayBO, Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO und Art. 54 Abs. 4 BayBO in Betracht. Allen genannten Anspruchsgrundlagen ist für das von den Antragstellern als Nachbarn begehrte Handeln der Behörde in ihrer Eigenschaft als Bauaufsicht gemein, dass das der Behörde insoweit auf der Rechtsfolgenseite eingeräumte Ermessen auf Null reduziert sein muss, um zu einem Anspruch der Antragsteller als Dritte zu gelangen. Speziell im dreipoligen Rechtsverhältnis – wie vorliegend – ergibt sich die Besonderheit, dass sich aus einer Verpflichtung der Behörde zu bauaufsichtlichem Einschreiten nicht ohne weiteres ein Anspruch eines Dritten auf behördliches Einschreiten ergibt. Aus Verpflichtungen für die Behörde erwachsen korrespondierende Ansprüche nur dann und soweit, als die zugrundeliegende Vorschrift für eine Person oder einen Personenkreis bestimmte Begünstigungen enthält. Solche Rechtsansprüche kommen vor allem für die Nachbarn in Betracht, wenn nachbarschützende Vorschriften verletzt werden. Eine Ermessensreduzierung auf Null und damit ein Rechtsanspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten kommt aber nur dann in Betracht, wenn zum Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften besonders qualifizierte Beeinträchtigungen der nachbarlichen Rechtsstellung hinzu treten, insbesondere wenn eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit droht oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind und die Abwägung der Beeinträchtigung des Nachbarn mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Überwiegen der Interessen des Nachbarn ergibt (st. Rspr. vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2010 – 9 ZB 08.319 – juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 10.4.2018 – 15 ZB 17.45 – juris). Zudem verlangt insbesondere Art. 54 Abs. 4 BayBO bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen auf der Tatbestandsseite begrifflich die Notwendigkeit einer Abwehr von „erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit“.
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Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Gericht kommt unter Berücksichtigung der vorgelegten Gutachten und des sonstigen Vorbringens zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall trotz fehlender Standsicherheit der streitgegenständlichen Garage weder eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit noch Umstände, die einen Anspruch eines Dritten auf bauaufsichtliches Einschreiten infolge Ermessenreduzierung auf Null begründen könnten, ausreichend glaubhaft gemacht sind. Damit kann im Ergebnis auch offenbleiben, auf welche Befugnisnorm die von den Antragstellern begehrte Maßnahme bauaufsichtlichen Handelns gestützt werden könnte.
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Grundsätzlich muss jede bauliche Anlage im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein gemäß Art. 10 BayBO standsicher sein. Die Standsicherheit muss auch während der Errichtung und bei der Änderung und der Beseitigung gewährleistet sein. Die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrunds des Nachbargrundstücks dürfen nicht gefährdet werden. Insofern handelt es sich auch um eine nachbarschützende Vorschrift (Nolte/Thum in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Werkstand: 151. EL August 2023, Art. 10 Rn. 21). Unstreitig und von den Beteiligten insgesamt auch so vorgetragen, ist der im Rahmen des zivilgerichtlichen Verfahrens bestellte Sachverstände für Erd- und Grundbau … … in seinem Gutachten vom 6. August 2018 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gründung der Garage nach den allgemeinen Regeln der Technik nicht standsicher ist, weil die anstehenden Streifenfundamente der Garage weder grundbruchsicher noch frostsicher gegründet sind. Auch der Sachverständige für Stahlbetonhochbau, Mauerwerksbau und Schäden an Gebäuden Dipl. Ing. … … führte in seinem Gutachten vom 3. Februar 2020 auf dieser Grundlage aus, dass er zwar an der Betonfertigteilkonstruktion – ohne unverhältnismäßige zerstörende Prüfungen vorgenommen zu haben – keine Tragsicherheitsdefizite habe feststellen können, dass die Standsicherheit der Garage aber allein aufgrund der vom Vorgutachter festgestellten Gründungsdefizite nicht gewährleistet sei. In der Folge liegt, so auch seitens des Antragsgegners angenommen, eine Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift mangels Standsicherheit der streitgegenständlichen Garage vor. Gleichwohl begründet dieser Umstand unter Berücksichtigung der vorgelegten Akten, Gutachten und Einschätzungen – insbesondere mit Blick auf Art. 54 Abs. 4 BayBO – keine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit. Ausweislich der erstellten Gutachten kann aus der fehlenden Standsicherheit auch nicht der automatische Schluss gezogen werden, dass deshalb eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit droht, die einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten eines Dritten infolge Ermessenreduzierung auf Null gegenüber dem Antragsgegner begründen könnte. Denn eine solche Gefahr ist den fachlichen Einschätzungen allesamt nicht zu entnehmen. Die Sachverständigengutachten enthalten keine Hinweise dafür, dass ein Einsturz der – immerhin schon seit über 20 Jahren existierenden – Garage wegen der vorhandenen Gründungsdefizite unmittelbar drohen würde. Vielmehr äußert der Gutachter … …, dass die Gründung „schon ärgere Zeiten“ überstanden hätte und dass nach seiner Einschätzung die Garage, so wie sie sich beim Ortstermin dargestellt habe (steifer Stahlbetonfertigteilkasten), nicht umfallen werde (S. 9 des Gutachtens vom 6. August 2018). Er schlägt daher als Sanierungsmöglichkeit vor, die Garage, so wie sie ist zu belassen (auf eigenes Risiko) und die geplante Garage der Antragsteller in Pfahlgründung zu errichten. Überdies führte der Sachverständige … … in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. April 2019 aus, dass er sich – auch wenn er kein Sachverständiger für Tragwerksplanung sei – einen Einsturz der Garage auch auf lange Sicht nicht vorstellen könne (S. 6 der Stellungnahme vom 3.4.2019, Bl. 92 GA im Verfahren M 9 K 23.1525). Der Sachverständige Dipl. Ing. … wiederum ist auf die Beurteilung von … … aufbauend zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der vom Vorgutachter festgestellten Gründungsdefizite die Standsicherheit der Garage nicht gewährleistet sei. Dagegen vermochte er Tragsicherheitsdefizite an der Betonkonstruktion, die eine höhere als durch die technischen Baubestimmungen vorgegebene Wahrscheinlichkeit eines Tragwerksversagens und damit einer Einsturzgefahr begründen würden, ohne unverhältnismäßige zerstörende Prüfungen nicht festzustellen. Der Gutachter … wies darauf hin, dass die Beantwortung der Frage, ob sich die Garage, deren Betonfertigteilkonstruktion selbst keine Tragsicherheitsdefizite aufweise, weiter neigen werde, rein spekulativ sei und hielt es im Übrigen für vertretbar, auch unter Berücksichtigung der Schiefstellung der Garage und der Tatsache, dass er keine Schäden an der Garage festgestellt habe, in die Garage Autos einzustellen (S. 3 der Anhörung am 21.07.2021, Bl. 34 BA). Eine solche Aussage wäre seitens des Gutachters nicht getroffen worden, wenn die fehlenden konkreten Berechnungen an der Stahlbetonkonstruktion (welche ohne die Kenntnis der Baustoffe, der Bewehrung und Bewehrungsführung etc. nicht aussagekräftig wäre und der Nachweis nicht führbar wäre) von ausschlaggebender Relevanz für die Beurteilung einer konkreten Einsturzgefahr gewesen wären. Insofern liegt auch seitens des Antragsgegners, wie die Antragsteller wohl meinen, kein Ermittlungsdefizit vor, welches zu einem Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten führen könnte. Auch die seitens des Antragsgegners zuletzt durchgeführten Kontrollen der Messpunkte vor Ort am 24. Oktober 2023 und 5. Dezember 2023 (Bl. 83 und 113 GA) haben keine weitere Setzung ergeben. Eine anspruchsbegründende Gefahr bzw. Gefährdung im oben dargestellten Sinne ist nach alledem nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Beide Gutachter gehen nicht von einem Einstürzen der Garage aus, auch ansonsten fehlt es insofern an der ausreichenden Glaubhaftmachung. Dabei schadet nicht, wie die Antragsteller (wohl) meinen, dass jeder Gutachter für sich in seinem eigenen Kompetenzbereich eine Einschätzung abgegeben hat und Garage und Gründung streng genommen getrennt voneinander beurteilt wurden. Denn beide Gutachter haben – wie dargestellt – im Ergebnis auch eine Einschätzung mit Blick auf die Gesamtsituation und die Gefahr des Einsturzes der Garage abgegeben. Es schadet auch nicht, dass keiner der Gutachter eine Stellungnahme dazu abgegeben hat, ob für alle Zeiten ausgeschlossen werden kann, dass auf dem Grundstück der Antragsteller ein Schaden eintritt. Denn Maßstab für eine etwaige Ermessensreduzierung auf Null kann nur eine konkrete Gefahr sein und nicht eine allgemeine, in ferner Zukunft liegende, abstrakte. Eine solche konkrete Gefahr in Form der Einsturzgefahr haben beide Gutachter nicht angenommen und auch sonst ist eine solche nicht ausreichend belegt. Nach alledem sind weder eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit noch eine Gefährdung für hochrangige Rechtsgüter und damit auch keine anspruchsbegründenden, zu einer Ermessensreduzierung auf Null führende Umstände ausreichend glaubhaft gemacht. Anders ist die Sachlage auch nicht unter Berücksichtigung der nach Gutachtenerstellung neu aufgetretenen Umstände zu beurteilen, dass, wie die Antragsteller mit Schreiben vom 3. Dezember 2023 vortragen, zwischenzeitlich ein Riss in der Mitte der Garage vorhanden ist. Denn die hierauf unmittelbar erfolgende Baukontrolle am 5. Dezember 2023 durch den fachkundigen Techniker des Antragsgegners hat ergeben, dass zum einen keinerlei Setzungen erfolgt sind und es sich zum anderen augenscheinlich um einen (schwer zu findenden) Riss im Außenputz handelt, was jedoch letztlich erst über ein Entfernen des Putzes belegt werden könnte. Nach der Beurteilung des Technikers weise der Riss eine Länge von ca. 1,60 m auf. Auf einer Länge von ca. 20 cm habe er eine Breite von ca. 0,5 mm und auf den restlichen 1,40 m eine Breite von weniger als 0,5 mm auf null auslaufend. Da Fertigteilgaragen zum überwiegenden Teil und so auch in diesem Fall aus Stahlbeton gefertigt seien und eine Wandstärke von überwiegend 8-10 cm aufweisen würden, sei durch die eingelegten Eisenmatten und deren Verbindung über Eck und Boden/Dach ein schlagartiges und vollständiges Einbrechen in sich nahezu ausgeschlossen. Es bestünden keinerlei Bedenken hinsichtlich des Drohens eines schlagartigen Einstürzens und erst recht nicht eines Umkippens (Bl. 113 GA). Unter Berücksichtigung der fachlichen Einschätzungen sieht das Gericht eine Gefahr für Leben und Gesundheit bzw. eine zu einer Ermessensreduzierung auf Null führende Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter auch unter Berücksichtigung der neuen Sachlage nicht. Anhaltspunkte für eine konkrete Einsturzgefahr sind nicht glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist weiterhin nicht glaubhaft gemacht. Lediglich der Vollständigkeit halber weist das Gericht darauf hin, dass die Frage, ob sich das Landratsamt bei seiner Entscheidung aus dem Jahr 2017 mit der Bescheinigung des Ingenieurs … vom 17. Oktober 2017 – welcher u.a. eine umfassende Standsicherheit bestätigt hatte (Bl. 41 BA) – zufriedengeben durfte, für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung ist. Denn diese Einschätzung ist durch die späteren gerichtlichen Gutachten ohnehin überholt und für die Beurteilung der Lage im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts damit ohne Bedeutung. Ebenso verhält es sich mit Blick auf das vorgelegte Gutachten Dipl. Ing. … …, vorgelegt durch die Antragsteller aus dem Jahre 2016 und 2018. Auch der Antragsgegner hat im Übrigen seiner Entscheidung mit Bescheid vom 28. Februar 2023 ausschließlich die Gutachten … … und … zugrundegelegt.
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b. Den Antragstellern steht darüber hinaus auch kein Anspruch zu, dass über ihren Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten neu entschieden wird, da die Ablehnungsentscheidung des Antragsgegners mit Bescheid vom 28. Februar 2023 ermessenfehlerfrei erfolgt ist. Zwar kann allein die Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften – den fehlenden Bestandsschutz der streitgegenständlichen Garage unterstellt – einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten begründen und ist vorliegend eine solche drittschützende Vorschrift mangels Standsicherheit – wie dargelegt – verletzt. Gleichwohl scheidet ein solcher Anspruch vorliegend aus. Denn dieser ist bereits durch die ermessensfehlerfreie Entscheidung des Landratsamtes erloschen und ein darüber hinaus gehender Anspruch im Übrigen nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner hat seine mit Bescheid vom 28. Februar 2023 getroffene Entscheidung, von einem bauaufsichtlichen Einschreiten abzusehen, damit begründet, dass die Garage, trotz fehlender Standsicherheit, nach den Feststellungen der Gutachter … … und … derzeit und auch in naher Zukunft nicht einzustürzen drohe. Ein Einschreiten sei daher nicht ermessensgerecht, weil der Aufwand der Herstellung der Standsicherheit nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehe. Diese Einschätzung ist nach dem Dafürhalten des Gerichts und unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen der Ermessensausübung nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO). Das Landratsamt hat im Rahmen seiner Ablehnungsentscheidung ermessenfehlerfrei die betroffenen (Nachbar-)Belange in die Abwägung eingestellt und alle relevanten Umstände gewürdigt. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner zur Überwachung einer eventuellen Senkung an der betroffenen Seite der Garage am 16. Dezember 2022 eine Höhenmarke angebracht hat, welche zweimal im Jahr überprüft wird, um etwaige Senkungen erfassen zu können. Ein ermessensfehlerhaftes oder unzureichendes Handeln kann das Gericht entgegen dem Vortrag der Antragsteller insofern nicht erkennen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass zwei Gutachter sowie die Sachgebietsleitung Technik des Antragsgegners im Ergebnis ausgeführt haben, dass sie sich einen Einsturz der streitgegenständlichen Garage unter Zugrundelegung der aktuellen Lage und dem Umstand, dass es sich um eine Fertigteilkonstruktion handelt, nicht vorstellen können. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Interesse der Antragsteller, eine eigene Garage zu errichten gewahrt bleibt. Denn auch wenn der auf dem Grundstück des Beigeladenen errichteten Garage wegen unzureichender Gründung die Standsicherheit fehlt, sind die Antragsteller nicht gehindert, auf ihrem Grundstück ihrerseits eine entsprechende Grenzgarage zu errichten. Dies entspricht sogar dem vom Sachverständigen … … alternativ vorgeschlagenen Vorgehen, die Garage des Beigeladenen zu belassen und die neu zu bauende Garage der Antragsteller in Pfahlgründung zu errichten (S. 9 des Gutachtens vom 6.8.2018). Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der von den Antragstellen angeführten obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach im Falle fehlender Standsicherheit eine Beseitigungsanordnung oder eine Verpflichtung, einen standsicheren Zustand herzustellen, weder unverhältnismäßig noch ermessenfehlerhaft sei. Denn die insoweit angeführten Fälle sind mit dem vorliegenden schon insofern nicht vergleichbar, als dass dort hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die bauliche Anlage einsturzgefährdet ist bzw. war die Frage der Einsturzgefahr – anders als vorliegend – nicht gutachterlich und fachlich beurteilt worden oder die Gefahrenlage bzw. der Sachverhalt mit Blick auf die Auswirkungen der Nachbarrechte – anders als hier – seitens der Behörde noch nicht vollständig ermittelt worden. Schlussendlich ergibt sich auch keine andere Bewertung aus dem Umstand, dass sich zwischenzeitlich die Sachlage insofern geändert hat, als dass ein – wie die Antragsteller vortragen – Riss in der Außenwand der streitgegenständlichen Garage aufgetreten ist. Angesichts der nachvollziehbaren Einschätzung des fachkundigen Mitarbeiters des Antragsgegners und ausweislich von dessen Einschätzung im Vermerk vom 6. Dezember 2023 (Bl. 113 GA, siehe ausführlich dazu oben), wird hierdurch keine (neue) Verpflichtung des Landratsamtes zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung ausgelöst. Die seitens des Landratsamtes getroffene Entscheidung ist ermessensgerecht und nicht zu beanstanden. Nach alledem ist auch ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht glaubhaft gemacht. Daraus, dass der Antragsgegner die Situation weiterhin zu beobachten verpflichtet ist, ergibt sich auch nichts anderes, da er das (bislang) tut und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er damit aufhört.
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Nach alledem ist weder ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten noch ein Anspruch auf (erneute) ermessenfehlerfrei Entscheidung glaubhaft gemacht. Der Antrag im Verfahren nach § 123 VwGO wird abgelehnt. Darauf, dass auch ein Anordnungsgrund mangels Eilbedürftigkeit (s.o.) nicht glaubhaft gemacht ist, kommt es deswegen nicht weiter an.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat einen Antrag gestellt und sich somit auch einem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO ausgesetzt, sodass es der Billigkeit entspricht (§ 162 Abs. 3 VwGO), den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen.
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3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. 9.7.1, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.