Inhalt

AG Erlangen, Beschluss v. 17.01.2023 – 4 XVII 1204/16
Titel:

Elektronisches Dokument, Elektronischer Rechtsverkehr, Aufgabe zur Post, Erbrechtliche Angelegenheiten, Verlängerung der Betreuung, Aufhebung der Betreuung, Sofortige Wirksamkeit der Entscheidung, Bekanntgabe, Anordnung der sofortigen Wirksamkeit, Beschwerdefrist, Aufenthaltsbestimmung, Auswahl des Betreuers, Beschwerdeschrift, Beschwerde gegen, Beschwerdeführer, Beschwerdeeinlegung, Qualifizierte elektronische Signatur, Betreuungsbehörde, Niederschrift, Persönliche Anhörung

Schlagworte:
Betreuung, Erweiterung, Verlängerung, Aufhebung, Krankheit, Behinderung, Gutachten
Rechtsmittelinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 23.06.2023 – 13 T 889/23
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2024 – XII ZB 334/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 43953

Tenor

Der Antrag der Betreuten auf Aufhebung der Betreuung wird abgelehnt.
Die Betreuung wird verlängert und erweitert.
Die Betreuung umfasst folgende Aufgabenbereiche:
- Vermögenssorge
- Aufenthaltsbestimmung
- Behörden-, Renten- und andere Sozialleistungsangelegenheiten
- Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post
- Gesundheitssorge
- erbrechtliche Angelegenheiten
- Wohnungsangelegenheiten
- Strafrechtliche Angelegenheiten
Zum Betreuer wird bestellt:
Herr …
als Mitarbeiter des Vereins … E.
- Vereinsbetreuer -
Als Betreuerin wird entlassen:
Frau … … E.
Das Gericht wird spätestens bis zum 06.11.2029 über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung entscheiden.
Bis zu einer erneuten Entscheidung gelten die getroffenen Regelungen fort. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Gründe

1
Die Voraussetzungen für die Erweiterung und Verlängerung der Betreuung (§ 295 FamFG) sind gegeben. Dagegen liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung einer Betreuung nicht vor, sodass der entsprechende Antrag der Betroffenen abzulehnen war.
2
Die Betreute ist aufgrund einer Krankheit oder Behinderung, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich zu besorgen.
3
Die gerichtlichen Ermittlungen haben ergeben, dass die Betreute außerstande ist, die folgenden Sachverhalte im Alltag einer sachgerechten Regelung zuzuführen:
Klärung und Regelung finanzieller Angelegenheiten
Klärung und Regelung gesundheitlicher Fragen
Klärung und Regelung von Wohnungsangelegenheiten
Durchsicht und Abarbeitung Post und E-Mails Entgegennahme, Öffnen und Bearbeitung der Post
Klärung strafrechtlicher Angelegenheiten und erbrechtlicher Fragen
4
Durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, können diese Angelegenheiten nicht erledigt werden, insbesondere nicht durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht.
5
Dies folgt insbesondere aus dem gemäß § 279 Abs. 2 FamFG eingeholten Bericht der Betreuungsbehörde Stadt E., der Stellungnahme der vormaligen Betreuerin sowie der persönlichen Anhörung der Betroffenen und dem persönlichen Eindruck, den sich das Gericht anlässlich der Anhörung verschafft hat.
6
Ausweislich des erholten Gutachtens des Sachverständigen … vom 07.11.2022 leidet die Betreute unter einer paranoiden Schizophrenie.
7
Infolge dieser Behinderung oder Erkrankung kann die Betreute die zuvor beschriebenen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht ausreichend besorgen, die zu den genannten Aufgabenbereichen gehören.
8
Das Gutachten erstreckt sich auf das Krankheits- bzw. Behinderungsbild einschließlich der Entwicklung, die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse, den körperlichen und psychischen Zustand der Betroffenen, den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.
9
Das Gericht hat das Gutachten auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin überprüft und keine Zweifel an der Richtigkeit. Hieran ändern auch die zahlreichen, von der Betroffenen im Rahmen der Anhörung bzw. in ihrem überreichten Schreiben an das Gericht nichts.
10
Zudem hat das Gericht gemäß § 279 Abs. 1 FamFG … angehört.
11
Die bisherige Betreuerin … ist zu entlassen, da ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1868 Abs. 1 Satz 1 BGB), nämlich die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit und der Betreuungsverein dies beantragt hat (§ 1868 Abs. 6 BGB).
12
Bei der Auswahl des Betreuers ist das Gericht dem bedenkenfreien Vorschlag der Betreuungsbehörde gefolgt.
13
Die Betreute hat keinen Vorschlag unterbreitet.
14
Bei der Festsetzung der Überprüfungsfrist hat das Gericht die Ausführungen des Sachverständigen berücksichtigt.
15
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 287 Abs. 2 Satz 1 FamFG.