Titel:
Unterbrechung einer Außenprüfung
Normenketten:
AO § 169, § 171 Abs. 4 S. 2
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1, § 139 Abs. 4
BGB § 738 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Nach § 171 Abs. 4 S. 2 AO tritt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO nicht ein, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat (Rn. 34)
2. Die Unterbrechung der Außenprüfung durch einen Rechtsbehelf ist vom Finanzamt nicht zu vertreten, wenn der mit dem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt einen hinreichenden sachlichen Zusammenhang zu dem Gegenstand der Außenprüfung hat. Dies ist dann anzunehmen, wenn das Ergebnis des Rechtsbehelfsverfahrens den Ablauf der Außenprüfung beeinflussen kann. (Rn. 36)
3. War der Beigeladene im Verfahren vor dem FG nicht vertreten und hat er auch erklärt, dass ihm besondere außergerichtliche Kosten nicht entstanden sind, besteht kein Anlass für eine Entscheidung gemäß § 139 Abs. 4 FGO über die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Schlagwort:
Ablaufhemmung
Fundstellen:
BeckRS 2023, 43653
DStRE 2024, 1330
LSK 2023, 43653
Tenor
1. Der Bescheid vom 26. Juli 2018 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Dem Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Entscheidungsgründe
1
Der Kläger war (der letzte verbliebene) Kommanditist der aufgelösten [… P-KG]; am […] 2021 wurde im Handelsregister eingetragen, dass die Gesellschaft erloschen ist. Bis zum 31. Januar 2006 war der zwischenzeitlich (im Sommer 2009) verstorbene [… HX] ebenfalls Kommanditist der P-KG. Komplementärin der P-KG war die [… P-GmbH], die am Vermögen der P-KG nicht beteiligt war. Die P-GmbH war an der Gewinnverteilung nicht beteiligt und erhielt nur eine Haftungsvergütung und eine Verzinsung des Verrechnungskontos. Die Auflösung der P-GmbH wurde am […] 2021 im Handelsregister eingetragen. Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin war der Kläger.
2
Die P-KG wurde nicht liquidiert. Mit Gesellschafterbeschluss vom […] 2020 ist die P-GmbH zum […] 2020 aus der P-KG ausgeschieden.
3
Mit Vertrag vom 28. Januar 2005 erwarb der Kläger von HX dessen Kommanditanteil. In dem Vertrag war vereinbart, dass der Kläger den Kommanditanteil mit Wirkung zum 31. Januar 2006 für einen Betrag von 10.000 € erwirbt. In dem Vertrag wurde weiter vereinbart, dass die Darlehensverbindlichkeit von HX gegenüber der P-KG vom Kläger nicht übernommen wird. Zum 31. Januar 2006 betrug der Buchwert des Kapitalkontos des HX in der Gesamthandsbilanz 29.282,02 €.
4
Mit einem weiteren Vertrag zwischen der P-KG und HX vom 28. Januar 2005 wurde vereinbart, dass das im Verrechnungskonto bei der P-KG gebuchte Darlehen mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsletzten für beide Seiten kündbar ist. Eine Kündigung durch die P-KG zu Lebzeiten von HX wurde ausgeschlossen. Das Verrechnungskonto wurde seit 1. Februar 2005 mit 1% pro Jahr verzinst (BP-Akte 2006-2008, Bl 14).
5
Zum Gesamthandsvermögen der P-KG gehörte ein Anteil von 50% an der […] (E-GmbH). In der Bilanz der P-KG auf den 31.12.2009 war der Anteil an der E-GmbH mit den historischen Anschaffungskosten von 383.468,91 € (entspricht 750.000 DM) ausgewiesen. Im Jahr 2013 veräußerte die P-KG ihre Beteiligung an der E-GmbH. Der Veräußerungsgewinn betrug 6.466.531,09 €.
6
In der am 25. März 2011 beim Beklagten, dem Finanzamt, eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2009 erklärte die P-KG steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von – 32.929,30 €. Außerdem erklärte die P-KG, dass in diesen erklärten Einkünften Einkünfte (Beteiligungserträge), die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, in Höhe von 1.000.000,00 € (davon steuerfrei 400.000,00 €) enthalten seien, sowie für HX Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 38.964,32 € und Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 50.000,00 €. Die P-KG hatte dabei in der Gewinn- und Verlustrechnung für 2009 eine Einzelwertberichtigung ihrer Darlehensforderung an HX in Höhe von 1.098.211,71 € vorgenommen. Die Teilwertabschreibung wurde damit begründet, dass HX [im Sommer] 2009 verstorben und der Nachlass überschuldet sei.
7
Der Beklagte – das Finanzamt – folgte im Bescheid vom 27. April 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb (Feststellungsbescheid) für 2009 den Angaben in der Steuererklärung und stellte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von – 32.929,30 € gesondert und einheitlich (gegenüber den Feststellungsbeteiligten P-GmbH, Kläger und HX) fest, die sich u.a. aus laufenden Einkünften (nach Quote verteilt) in Höhe von – 31.649,14 € und darin Einkünften, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, in Höhe von 1.000.000,00 €, sowie den erklärten Sonderbetriebseinnahmen und Ausgaben für HX zusammensetzen.
8
Mit Prüfungsanordnung vom 19. November 2015 ordnete das Finanzamt bei der P-KG für den Prüfungszeitraum 2009 bis 2012 eine steuerliche Außenprüfung unter anderem wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung einschließlich des Gewerbesteuermessbetrages sowie der Gewerbesteuer einschließlich der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes an. Als Prüfungsbeginn war voraussichtlich der 21. Dezember 2015 vorgesehen. In einem Telefongespräch vom 24. November 2015 mit dem steuerlichen Vertreter der P-KG vereinbarte der Betriebsprüfer mit diesem, dass die Betriebsprüfung im Finanzamt erfolgen solle, da keine Betriebsräume am Betriebssitz vorhanden seien. Am 21. Dezember 2015 wurde dem Betriebsprüfer in der Kanzlei der steuerlichen Vertreter der P-KG die Daten-CD mit den Umbuchungslisten übergeben (Aktenvermerk des Prüfers; BP-Handakten 2009-2013, Bl 4). In der elektronischen Akte des Betriebsprüfers ist vermerkt, dass er am 21. Dezember 2015 die Abschlussbuchungen 2009, die Bilanz 2009 und Gewinn- und Verlustrechnung 2009 sowie die Gesellschafterbeschlüsse 2010 und 2011 und am 29. Dezember 2015 die Handelsregisterauszüge für die P-KG und die Sitzverlegung archivierte und am 22. Dezember 2015 eine Excel-Datei zu den Filmrechten der P-KG anlegte (Rb-Akte Bl 22). Am 14. Januar 2016 richtete der Betriebsprüfer ein Amtshilfeersuchen an die für die E-GmbH zuständige Veranlagungsstelle (so Rb-Akte Bl 81 Rückseite) und fragte nach, wie die E-GmbH die Zahlung der Kapitalerträge am 22. Januar 2010 für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis 31. Januar 2009 an die P-KG sowie die Zahlung der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlages verbucht hatte und wann die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag abgeführt worden waren (BP-Handakte I Bl 99). Eine Antwort auf dieses Amtshilfeersuchen erhielt der Betriebsprüfer mit einem Datenblatt vom 15. Januar 2016 (BP-Handakte I Bl 100). Am 5. Mai 2017 fertigte der Betriebsprüfer einen Aktenvermerk zum Abbruch der Betriebsprüfung. Den Abbruch der Betriebsprüfung begründet der Betriebsprüfer damit, dass sich die Betriebsprüfung auf das Thema „Darlehen HX“ beschränkt, über die Frage der Zuordnung dieses Wirtschaftsgutes hinaus keine weiteren, erfolgversprechenden Feststellungen mehr zu erwarten seien und deshalb auf die Beantwortung der offenen Fragen verzichtet werde. Außerdem wird ausgeführt, dass diese Prüfungshandlungen auch dem Zweck gedient hätten, den Eintritt der Verjährung zu hemmen (BP-Handakte I Bl 2). Weiter ist in der elektronischen Akte eine spätere Aktivität des Betriebsprüfers erst wieder am 4. Oktober 2017 vermerkt (Rb-Akte Bl 22).
9
Diese steuerliche Außenprüfung (zweite Betriebsprüfung) ab dem 21. Dezember 2015 schloss an die in der Zeit vom 25. August 2010 bis 19. Juni 2013 durchgeführte steuerliche Außenprüfung (erste Betriebsprüfung) für den Prüfungszeitraum 2006 bis 2008 (Abschlussfeststellung vom 15. Juli 2013, BP-Akte Bl 10-14; geänderte Abschlussfeststellung vom 15. Juli 2014; BP-Akte Bl 18-21) an. Diese erste Betriebsprüfung war von dem selben Betriebsprüfer durchgeführt worden. In diesem Prüfungszeitraum hatte die P-KG das Wirtschaftsjahr geändert; der bisherige Bilanzstichtag zum 31. Januar wurde im Jahr 2006 auf den 31. Dezember umgestellt. Dadurch ergab sich ein Wirtschaftsjahr vom 1. Februar 2005 bis 31. Januar 2006 und ein nachfolgendes Rumpfwirtschaftsjahr bis zum 31. Dezember 2006. Bei dieser ersten Betriebsprüfung hatte der Betriebsprüfer die Auffassung vertreten, dass der Darlehensvertrag vom 28. Januar 2005 über die Forderung nach dem Stand des Verrechnungskontos zum 31. Januar 2005 in Höhe von 1.125.451,07 € steuerlich nicht anzuerkennen sei. Die Darlehensforderung der P-KG gegen den Kommanditisten HX sei deshalb von den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile am Gesellschaftsvermögen im Jahr 2006 als entnommen zu behandeln. Außerhalb des Prüfungszeitraumes sei der Forderungsbetrag zu 100% wertberichtigt worden, nachdem HX im Jahr 2009 verstorben sei. Auf den Abschlussfeststellungen vom 15. Juli 2014 wurde handschriftlich am 20. Oktober 2014 vermerkt, dass nach einem Telefonat mit dem Betriebsprüfer der Vorbehalt der Nachprüfung 2006 bis 2008 aufgehoben werden könne und sich erst ab 2009 im neuen Prüfungszeitraum Auswirkungen ergeben würden (BP-Akte Bl 18).
10
Gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung vom 7. November 2014 hatte die P-KG am 11. November 2014 Einspruch erhoben und sich gegen die Auffassung gewendet, dass das Darlehen gegenüber HX steuerlich nicht anzuerkennen sei und dem gesamthänderisch gebundenen Privatvermögen zuzuordnen sei. Der Einspruch hatte insoweit keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017); das Finanzamt korrigierte den Gewinn aus Gewerbebetrieb und berücksichtigte nun Darlehenszinsen in 2006 von 10.735,50 €, von 10.765,72 € in 2007 und von 10.873,38 € in 2008 nicht mehr als Betriebseinnahmen, da das Darlehen nicht dem Betriebsvermögen zuzurechnen sei. Außerdem wurde der Gewinn 2006 wegen des Ausscheidens von HX um einen Veräußerungsgewinn erhöht, HX in den Jahren 2007 und 2008 nicht mehr als Feststellungsbeteiligter berücksichtigt und es wurden die Gewinne in den Jahren 2006, 2007 und 2008 um die Rentenzahlungen an HX nach dem 31. Januar 2006 vermindert. Die anschließende Klage (Az. 5 K 1195/17) wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2006 sowie gesonderten Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006, 31.12.2007 und 31.12.2008 begründete die P-KG u.a. damit, dass die Zinsen aus dem Darlehen im Jahr 2006 zu Betriebseinnahmen von 21.124,28 € und nicht nur von 10.735,50 € geführt hätten; außerdem seien auch die Zinseinnahmen aus den Jahren 2003 bis 2005 im Jahr 2006 erfolgswirksam zu korrigieren. Das Klageverfahren (Az. 5 K 1195/17) wurde nach Änderungsbescheiden vom 15. März 2018 über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2006 sowie den gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2006, 31.12.2007 und 31.12.2008 in der Hauptsache für erledigt erklärt (Kostenbeschluss vom 10. April 2018). Die P-KG führte in ihrem Schriftsatz vom 23. Februar 2018 aus, dass ihre Zustimmung zur Erledigung des Rechtsstreits durch die Abhilfebescheide nicht dahin gedeutet werden könne, dass die steuerliche Behandlung durch das Finanzamt für zutreffend erachtet werde (FG-Akte 5 K 1196/17 Bl 46).
11
Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 teilte der Betriebsprüfer der P-KG mit, dass über die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung am 4. April 2017 eine Einspruchsentscheidung ergangen sei und nun auch die Anschlussprüfung abgeschlossen werden könne; es liege im Ermessen der steuerlichen Vertreter der P-KG, ob eine Schlussbesprechung stattfinden solle. Mit Schreiben vom 18. September 2017 verzichtete der steuerliche Vertreter der P-KG auf eine Schlussbesprechung. Im Betriebsprüfungsbericht vom 4. Oktober 2017 (AB-Nr. 2255/15/4-B) vertrat der Betriebsprüfer u.a. die Auffassung, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2009 der P-KG 1.076.448 € betragen würden (Tz. C.1.1; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht verwiesen). Es sei der Gewinn um 1.098.342,08 € zu erhöhen (Tz. C.1.9), da die Teilwertberichtigung auf das Darlehen der P-KG an HX nicht anzuerkennen sei. Nach Auffassung des Finanzamts sei das „Darlehen [… HX]“ spätestens ab dem Jahr 2006 dem Privatvermögen der P-KG zuzurechnen. Dies sei ausführlich in der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017 wegen der Einsprüche gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung ausgeführt. Außerdem seien die Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben des HX nicht zu berücksichtigen (Tz. C.1.2).
12
Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und änderte mit Feststellungsbescheid vom 26. Juli 2018 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2009 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Das Finanzamt stellte nun einen Gewinn der P-KG in Höhe von 1.076.448,46 € gesondert und einheitlich (gegenüber den Feststellungsbeteiligten P-GmbH, Kläger und Nachlasspfleger für die unbekannten Erben nach HX) fest (darin Einkünfte, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, in Höhe von 1.000.000,00 €).
13
Der gegen den Feststellungsbescheid für 2009 vom 26. Juli 2018 gerichtete Einspruch der P-KG (vom 28. August 2018) blieb ohne Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 wurde der Einspruch der P-KG als unbegründet zurückgewiesen. Im Streitfall sei keine Verjährung für das Jahr 2009 eingetreten, da die Betriebsprüfung rechtzeitig im Jahr 2015 mit Prüfungshandlungen am 21. Dezember 2015 begonnen habe und zur Ablaufhemmung geführt habe. Am 21. Dezember 2015 sei der Datenträger vom Steuerberater der P-KG dem Betriebsprüfer überlassen worden und am selben Tag seien die Daten in die Systeme des Finanzamts überspielt worden und außerdem seien diverse Excel-Tabellen erstellt worden. In den folgenden Tagen seien die GuV-Rechnungen des Prüfungszeitraumes überprüft worden, sowie die Bilanzen, das Darlehen und die Kapitalertragsteuer (EE Seite 9, 2. Absatz). Die verjährungshemmende Wirkung sei auch nicht nachträglich entfallen. Denn die Betriebsprüfung sei nicht kurz nach ihrem Beginn für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen worden, die das Finanzamt zu vertreten habe. Im Streitfall sei die Unterbrechung der Außenprüfung wegen eines von der P-KG am 11. November 2014 eingelegten Rechtsbehelfs unterbrochen worden, der mit Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017 als unbegründet zurückgewiesen worden sei. Der Betriebsprüfer habe den Ausgang dieses außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens abgewartet. Da am 8. Mai 2017 Klage erhoben worden sei, sei die Prüfung kurzfristig am 5. Mai 2017 unterbrochen worden (Aktenvermerk Seite 2, 4. Absatz; Rb-Akte Bl 81 Rückseite; EE Seite 6, 3. Absatz) und nach 13 Tagen am 16. Mai 2017 wieder aufgenommen worden. Außerdem sei die Betriebsprüfung nochmals in dem Zeitraum vom 18. Mai 2017 bis 4. September 2017 für ca. vier Monate unterbrochen worden (EE Seite 11, 2. Absatz). Da die steuerliche Nichtanerkennung des Darlehens von der P-KG beanstandet worden sei und in der zweiten Betriebsprüfung auch die Prüfung des Darlehens im Vordergrund gestanden habe, habe auch ein sachlicher Zusammenhang mit dem Rechtsbehelfsverfahren betreffend die Jahre 2006 bis 2008 bestanden. Führe der Steuerpflichtige ein Rechtsbehelfsverfahren, lägen die Gründe für eine Verzögerung beim Steuerpflichtigen und nicht beim Finanzamt; dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), insbesondere dem z.B. BFH-Urteil vom 20. Juli 2005 X R 74/01 (EE Seite 11, 6. Absatz). Das Darlehen sei nicht dem Betriebsvermögen der P-KG, sondern dem gesamthänderisch gebundenen Privatvermögen zuzurechnen. Deshalb sei auch die Teilwertabschreibung dieses Darlehens in 2009 in Höhe von 1.098.342,08 € nicht anzuerkennen. Da die Eigenschaft als Betriebsvermögen für das Darlehen nicht anzuerkennen sei, sei auch keine Änderung des Gewinns 2013 aus der Veräußerung der Beteiligung an der E-GmbH veranlasst.
14
Die gegen den Änderungsbescheid nach der Betriebsprüfung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 gerichtete Klage begründet der Kläger im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten, mit denen bereits die P-KG ihre Einsprüche begründet hatte. Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass der Änderungsbescheid für das Jahr 2009 mangels Änderungsvorschrift rechtswidrig sei. Es sei Feststellungsverjährung eingetreten. Die Betriebsprüfung habe zwar am 21. Dezember 2015 begonnen. Die Betriebsprüfung sei jedoch kurz nach dem Beginn der steuerlichen Außenprüfung für mehr als sechs Monate unterbrochen worden und die Gründe für die Unterbrechung seien vom Finanzamt zu vertreten. Damit greife die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 4 Abgabenordnung (AO) nicht ein. Der Sachverhalt der Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderung sei dem Prüfer nicht aufgrund etwaiger eigener Ermittlungstätigkeiten im Rahmen der Betriebsprüfung des Jahres 2009 bekannt worden. Diesen Sachverhalt habe der Betriebsprüfer ebenso wie die Rechtsbehelfsstelle bereits vor Beginn der Außenprüfung gekannt. Die Unterbrechung der Betriebsprüfung kurz nach dem Beginn sei auch ausschließlich vom Finanzamt zu vertreten. Die Überlegungen des Finanzamts, dass eine Unterbrechung der Betriebsprüfung bereits dann dem Steuerpflichtigen zuzurechnen sei, wenn er einen Rechtsbehelf führe, der in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand der Außenprüfung stehe, sei unzutreffend und stehe im Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung. Die BFH-Rechtsprechung verlange nämlich für eine Zurechnung der Unterbrechung in den Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen, dass der angefochtene Verwaltungsakt in hinreichendem Zusammenhang mit dem Gegenstand der Außenprüfung stehe. Dies zeige sich auch deutlich in dem vom BFH bestätigten Urteil des FG Rheinland-Pfalz (FG, Urteil vom 12. Juni 2019 2 K 1277/18, EFG 2019, 1884; BFH-Beschluss vom 4. März 2020 VIII B 140/19, BFH/NV 2020, 753). Der Sinn und Zweck der Regelung des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO bestehe darin, einer missbräuchlichen Ausnutzung der Möglichkeit der Ablaufhemmung durch die Finanzbehörde entgegenzuwirken und dem Bedürfnis des Steuerpflichtigen nach Rechtssicherheit Rechnung zu tragen. Außenprüfungen sollten nicht pro forma begonnen werden, um den Ablauf der Festsetzungsfrist hinauszuschieben. Wenn das Finanzamt als Grund für die Unterbrechung angebe, dass für die Vorjahre ein Rechtsbehelfsverfahren geführt worden sei, gebe das Finanzamt zu, dass es bei Beginn der Prüfung nie die Absicht hatte, diese zeitnah abzuschließen.
den Bescheid vom 26. Juli 2018 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 aufzuheben,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
16
Der Beklagte beantragt,
17
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
18
Der Beklagte ist der Auffassung, dass für das Streitjahr 2009 keine Feststellungsverjährung eingetreten sei. Die Betriebsprüfung habe vor Ablauf der Festsetzungsfrist begonnen. Im Anwendungserlass (AEAO) zu § 198 AO sei ausgeführt, dass die steuerliche Außenprüfung grundsätzlich in dem Zeitpunkt beginne, in dem der Außenprüfer nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung konkrete Ermittlungshandlungen vornehme. Bei einer Datenträgerüberlassung beginne die Außenprüfung spätestens mit der Auswertung der Daten. Die Handlungen bräuchten für den Betroffenen nicht erkennbar zu sein; es genüge vielmehr, dass der Außenprüfer nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung mit dem Studium der den Steuerfall betreffenden Akten beginne. Als Beginn der Außenprüfung sei auch ein Auskunfts- und Vorlageersuchen der Finanzbehörde anzusehen, mit dem unter Hinweis auf die Außenprüfung um Beantwortung verschiedener Fragen und Vorlage bestimmter Unterlagen gebeten werde. Dies sei erfolgt. Nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung seien vom Betriebsprüfer mit Schreiben vom 24. November 2015 vom steuerlichen Vertreter der P-KG konkrete Unterlagen angefordert worden. Diese seien anschließend vom Prüfer persönlich am 21. Dezember 2015 um ca. 9:15 Uhr abgeholt worden. Die Auswertung der Daten-CD sei durch den Prüfer protokolliert worden. Die Außenprüfung sei auch nicht aus Gründen unterbrochen worden, die die Finanzverwaltung zu vertreten habe. Grund für die Unterbrechung seien die Rechtsbehelfsverfahren gegen die aufgrund des Berichtes der ersten Betriebsprüfung geänderten Steuerbescheide der Jahre 2006 bis 2008. Werde eine Außenprüfung aufgrund eines eingelegten Rechtsbehelfs unterbrochen, dann beruhe die Unterbrechung nicht auf einem in der Sphäre der Finanzverwaltung liegenden Grund. Die Unterbrechung sei in einem solchen Fall von der Finanzbehörde nicht zu vertreten, wenn der mit dem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt einen hinreichenden sachlichen Zusammenhang zu dem Gegenstand der Außenprüfung habe. Dieser sachliche Zusammenhang sei im Streitfall bei der Frage nach der Beurteilung des Darlehens und dessen Auswirkungen gegeben, insbesondere, da sich das Darlehen im Jahr 2009 erstmals steuerlich auswirke. Nach Ergehen der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017 sei am 8. Mai 2017 beim Finanzgericht Klage wegen der Jahre 2006 bis 2008 eingereicht worden. Dennoch sei darauf vom Prüfer mit Schreiben vom 16. Mai 2017 der steuerliche Vertreter angeschrieben worden, um noch offene Punkte zu klären und um einen Termin für eine Schlussbesprechung zu vereinbaren. Dies stelle das Ende der Prüfungsunterbrechung dar; auf AEAO zu § 171, Nr. 3.5 werde hingewiesen. Nachdem vom Steuerberater (nach dem erneuten Anschreiben der Betriebsprüfung vom 4. September 2017) mit Schreiben vom 18. September 2017 auf eine Schlussbesprechung verzichtet worden sei, sei die Betriebsprüfung am 21. September 2017 beendet worden (Hinweis auf den Aktenvermerk vom 27. Oktober 2017). Da eine Schlussbesprechung unterblieben sei, ende die Feststellungfrist gemäß § 171 Abs. 4 Satz 3 AO spätestens, wenn nach den letzten Ermittlungen die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen abgelaufen seien; damit ende sie im Streitfall mit Ende des Kalenderjahres 2021. Der Änderungsbescheid des Streitjahres 2009 sei am 26. Juli 2018 zur Post gegangen, also noch vor Ablauf der Feststellungsfrist.
19
Der Ausfall des Darlehens im Streitjahr 2009 führe nicht zu einem steuerlichen Verlust für die Gesellschaft oder die Gesellschafter. Eine Berücksichtigung als Anschaffungskosten der Beteiligung bei dem Kläger scheide aus. Ob die ursprüngliche Darlehensgewährung an den damaligen Kommanditisten HX betrieblich veranlasst gewesen sei oder nicht, lasse sich nicht mehr feststellen, da es an entsprechenden Unterlagen mangele und der Darlehensnehmer zudem verstorben sei. Es hätten zudem bereits bei der ursprünglichen Darlehensgewährung Anhaltspunkt vorgelegen, dass die Darlehensgewährung nicht fremdüblich gewesen sei. Hierzu zähle, dass kein Tilgungsplan vorgelegen habe, die Laufzeit unbegrenzt gewesen sei und das Darlehen nicht gesichert gewesen sei. Die Vermutung, dass keine betriebliche Darlehensvergabe vorgelegen habe, werde spätestens durch die Umbuchung des Darlehens auf ein Verrechnungskonto bestätigt. Zudem sei spätestens mit der Änderung der Darlehenskonditionen mit Vertrag vom 28. Januar 2005 auch eine Fremdüblichkeit nicht mehr gegeben. Das Darlehen sei daher spätestens zum 28. Januar 2005 weder betrieblich veranlasst noch fremdüblich. Es gehöre damit zwar privatrechtlich weiterhin zum Gesamthandsvermögen, sei aber steuerlich nicht als Betriebsvermögen zu behandeln, sondern als Entnahme und allen Gesellschaftern anteilig unter Minderung ihrer Kapitalkonten zuzurechnen. Dies ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung des BFH, insbesondere dem BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 IV R 64/93 (BFHE 180, 380, BStBl II 1996, 642).
20
Mit Beschluss vom 3. April 2023 hat der Berichterstatter die Gerichtsakte des Klageverfahrens Az. 5 K 1197/17 beigezogen.
21
Mit Beschluss vom 26. Juni 2023 hat der Senat das vorliegende Verfahren wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Einkommensteuer für 2009 vom Verfahren Az. 12 K 1834/21 abgetrennt. Mit Beschluss vom 27. Juni 2023 hat der Berichterstatter den Rechtsanwalt […] BX als Nachlasspfleger für die unbekannten Erben nach dem verstorbenen HX zum Verfahren beigeladen.
22
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.
23
Die zulässige Klage ist begründet.
24
1. Die Klage konnte zutreffend vom Kläger erhoben werden.
25
a) Mit dem Ausscheiden der P-GmbH aus der P-KG zum 31. Dezember 2020 wurde die P-KG ohne Liquidation vollbeendet und der Kläger als letzter verbliebener Kommanditist durch Anwachsung gemäß § 738 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Gesamtrechtsnachfolger der P-KG.
26
b) Erlischt eine Personengesellschaft durch Vollbeendigung ohne Abwicklung, kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten werden, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die der anzufechtende Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Die Befugnis der Personengesellschaft, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen die Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung <FGO>), ist mit deren Vollbeendigung erloschen (BFH-Urteil vom 23. April 2009 IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650, und BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2013 IV R 25/10, BFH/NV 2014, 170). Insoweit lebt die bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf. Die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO geht deshalb auch nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft über (BFH-Urteil vom 22. Januar 2015 IV R 62/11, BFH/NV 2015, 995; BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 170).
27
c) Der Kläger hat auf die richterliche Anordnung die Vollbeendigung der P-KG ohne Liquidation durch die Vorlage des Gesellschaftsvertrages vom […] 2020 nachgewiesen. Die Komplementärin ist nach diesem Vertrag zum […] 2020 aus der P-KG ausgeschieden und das Vermögen der Gesellschaft ist auf den Kläger – als letzten verbliebenem Gesellschafter – durch Anwachsung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Der Handelsregistereintrag vom […] über die Auflösung und das Erlöschen der P-KG ist insoweit unzutreffend.
28
2. Die Klage ist begründet.
29
a) Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2009 durfte im Jahr 2018 nicht mehr geändert werden, denn es ist Feststellungsverjährung (§ 181 Abs. 1 i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO) eingetreten.
30
b) Die Feststellungserklärung für 2009 wurden beim Finanzamt am 25. März 2011 eingereicht; damit ist die reguläre Feststellungsverjährung nach vier Jahren mit Ablauf des Jahres 2015 eingetreten (§ 181 Abs. 1 i.V.m. § 170 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO).
31
c) Die Voraussetzungen für eine Ablaufhemmung gemäß § 181 Abs. 1 i.V.m. § 171 Abs. 4 AO sind nicht erfüllt, da die Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wurde, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.
32
aa) Wird vor Ablauf der Feststellungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft gemäß § 171 Abs. 4 AO die Feststellungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall des Hinausschiebens der Außenprüfung erstrecken sollte, gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO u.a. nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide (Feststellungsbescheide) unanfechtbar geworden sind.
33
bb) Nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO tritt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO aber nicht ein, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Diese Rechtsfolge wird auch damit umschrieben, dass die Ablaufhemmung rückwirkend entfällt (BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 IX R 65/95, BFHE 186, 485, BStBl II 1999, 4). Die Bestimmung will einer missbräuchlichen Ausnutzung der Möglichkeit der Ablaufhemmung durch die Finanzverwaltung entgegentreten; Außenprüfungen sollen nicht pro forma begonnen werden, um den Ablauf der Festsetzungsfrist hinauszuschieben (BTDrucks 7/4292, S. 33; BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 54/07, BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7; BFH-Beschluss vom 4. März 2020 VIII B 140/19, BFH/NV 2020, 753). Die Finanzbehörde soll demnach die in § 171 Abs. 4 Satz 1 AO bestimmte Rechtsfolge nicht durch lediglich formelle Prüfungshandlungen oder Scheinhandlungen, die zu keinem ernsthaften tatsächlichen Beginn einer Außenprüfung führen, eintreten lassen können (BFH-Urteil in BStBl II 2011, 7).
34
cc) Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO tritt nur ein, wenn ernsthaft mit der Prüfung begonnen wurde. Der Beginn der Außenprüfung setzt deshalb voraus, dass eine förmliche Prüfungsanordnung erlassen wurde und – wenn auch nur stichprobenweise – tatsächlich Prüfungshandlungen für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorgenommen wurden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2. Februar 1994 I R 57/93, BFHE 173, 487, BStBl II 1994, 377; vom 24. April 2003 VII R 3/02, BFHE 202, 32, BStBl II 2003, 739; vom 16. Juni 2015 IX R 51/14, BFHE 251, 98, BStBl II 2016, 13; vom 26. April 2017 I R 76/15, BFHE 258, 210, BStBl II 2017, 1159). Dies setzt Maßnahmen voraus, die für den Steuerpflichtigen als Prüfungshandlungen erkennbar und geeignet sind, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen (BFH-Urteil in BStBl II 2003, 739); dies ist erst dann der Fall, wenn der Betriebsprüfer nach der Übergabe oder Übersendung der Prüfungsanordnung Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls vornimmt. Als Prüfungshandlungen kommen insoweit das informative Gespräch, das Verlangen nach Belegen und Unterlagen oder Auskünften, ggf. auch von Dritten, in Betracht (BFH-Urteil in BStBl II 2017, 1159, Rz. 22; Paetsch in Gosch, AO/FGO, § 171 AO Rz. 68 [Jan. 2022]). Wird nur zum Schein mit einer Prüfung begonnen, ist diese Handlung auch dann nicht geeignet, den Fristablauf zu hemmen, wenn der Prüfer nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist, aber innerhalb der Frist des Abs. 4 Satz 2 ernsthaft in die Prüfung des Steuerfalls eintritt (Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 100 [April 2018]).
35
dd) Die Sechs-Monatsfrist des Absatzes 4 Satz 2 greift nur ein, wenn die Außenprüfung unmittelbar nach dem Beginn unterbrochen wurde. Wird die Prüfung erst zu einem späteren Zeitpunkt unterbrochen, so wird dadurch die mit dem Prüfungsbeginn ausgelöste Ablaufhemmung nicht berührt (BFH-Urteil in BStBl II 2003, 739); das gilt auch dann, wenn die Prüfung für einen länge Zeitraum unterbrochen wird (Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 101 [April 2018]; BFH-Beschluss vom 21. Januar 2015 VIII B 112/13, BFH/NV 2015, 800). Ob eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden ist, ist grundsätzlich nach den Verhältnissen im Einzelfall zu beurteilen. Dabei sind neben dem zeitlichen Umfang der bereits durchgeführten Prüfungsmaßnahmen alle Umstände zu berücksichtigen, die Aufschluss über die Gewichtigkeit der Prüfungshandlungen vor der Unterbrechung geben. Unabhängig vom Zeitaufwand ist eine Unterbrechung unmittelbar nach Beginn der Prüfung dann anzunehmen, wenn der Prüfer über Vorbereitungshandlungen, allgemeine Informationen über die betrieblichen Verhältnisse, das Rechnungswesen und die Buchführung und/oder die Sichtung der Unterlagen des zu prüfenden Steuerfalls bzw. ein allgemeines Aktenstudium nicht hinausgekommen ist. Eine Außenprüfung ist danach nur dann nicht mehr unmittelbar nach Beginn unterbrochen, wenn die Prüfungshandlungen von Umfang und Zeitaufwand gemessen an dem gesamten Prüfungsstoff erhebliches Gewicht erreicht oder erste verwertbare Ergebnisse erbracht haben (Banniza in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 100 [April 2018]; BFH-Urteile in BStBl II 2003, 739; in BStBl II 2017, 1159, Rn. 25 juris). Letzteres bedeutet allerdings nicht, dass die ermittelten Ergebnisse geeignet sein müssen, unmittelbar als Besteuerungsgrundlage Eingang in einen Steuer- oder Feststellungsbescheid zu finden; ausreichend ist vielmehr, dass Ermittlungsergebnisse vorliegen, an die bei der Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann (BFH-Urteil in BStBl II 2017, 1159).
36
ee) Die Unterbrechung für die Dauer von mehr als sechs Monaten muss nach Absatz 4 Satz 2 außerdem auf Gründen beruhen, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.
37
Die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO wird nur in Lauf gesetzt, wenn die Prüfung aus Gründen unterbrochen wurde, die in der Sphäre der Finanzverwaltung liegen (z.B. Arbeitsüberlastung, Krankheit, Versetzung oder anderweitiger Arbeitseinsatz des Prüfers); auf ein Verschulden der Finanzbehörde kommt es nicht an; das Gesetz spricht nur von einem Vertretenmüssen (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rz. 46 [Jan. 2020]). Insoweit ist die Regelung das Gegenstück zum Hinausschieben des Prüfungsbeginns auf Antrag des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil in BStBl II 2011, 7; Banniza in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 102 [April 2018]). Steuerpflichtiger und Finanzbehörde sollen demnach die in § 171 Abs. 4 Satz 1, 1. Alt. AO bestimmte Rechtsfolge weder verhindern noch durch lediglich formelle Prüfungshandlungen oder Scheinhandlungen, die zu keinem ernsthaften tatsächlichen Beginn einer Außenprüfung führen, eintreten lassen können (BFH-Urteil in BStBl II 2011, 7). Die Finanzverwaltung hat insbesondere zu vertreten: fehlende Prüfungskapazität, Fehlstellen im Prüfungsdienst, anderweitigen Einsatz des Prüfers, Abordnung zum Lehrgang, Versetzung, Urlaub, Krankheit, Kuraufenthalt des Prüfers (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rz. 46 [Jan. 2020]). Die Finanzverwaltung hat es aber nicht zu vertreten, wenn die Prüfung aus Gründen unterbrochen wird, die in der Sphäre des Steuerpflichtigen liegen (z.B. Urlaub oder Krankheit des Steuerpflichtigen selbst, seiner Beauftragten oder Bevollmächtigten; Arbeitsüberlastung, Betriebsverlegung, Betriebsumgestaltung etc.) (Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 102 [April 2018]).
38
ff) Ist die Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn aus von der Finanzbehörde zu vertretenden Gründen unterbrochen worden, lässt sich die eingetretene Ablaufhemmung über die 6-Monatsfrist nicht dadurch erhalten, dass die Finanzbehörde zwischendurch unbedeutende Prüfungshandlungen durchführen lässt (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rz. 47 [Jan. 2020]).
39
d) Daraus folgt für den Streitfall: Die Voraussetzungen für eine Ablaufhemmung der Feststellungsfrist gemäß § 181 Abs. 1 i.V.m. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO sind erfüllt (vgl. aa). Die Ablaufhemmung ist aber rückwirkend gemäß § 171 Abs. 4 Satz 2 AO entfallen (vgl. bb).
40
aa) Im Streitfall wurde vor Ablauf der Feststellungsverjährung am 31. Dezember 2015 mit der Betriebsprüfung begonnen (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO) und zwar am 21. Dezember 2015.
41
Im Streitfall ist der Prüfer am 21. Dezember 2015 in der Steuerkanzlei der P-KG erschienen. Zwar beginnt die Außenprüfung noch nicht mit dem Erscheinen zur Prüfung, erst recht nicht schon mit Beginn der Prüfungsvorbereitung, etwa dem vorbereitenden Aktenstudium im Finanzamt (BFH-Urteil v. 8. Juli 2009 XI R 64/07, BFHE 226,19, BStBl II 2010, 4, Rz. 28). Der Prüfer hat aber nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vom 19. November 2015 mit Schreiben vom 24. November 2015 vom steuerlichen Vertreter der P-KG Unterlagen und eine Daten-CD angefordert und diese auch anschließend persönlich am 21. Dezember 2015 um ca. 9:15 Uhr beim Empfang der für die P-KG tätigen Steuerkanzlei abgeholt (Aktenvermerk vom 21. Dezember 2015, Handakten I Bl 4). In seinen Handakten hat der Betriebsprüfer als den Prüfungsbeginn auch den 21. Dezember 2015 um 9:15 Uhr gemäß § 198 Satz 2 AO vermerkt (Arbeitsbogen; Handakte I, Bl 1).
42
Der Betriebsprüfer hat mit ernsthaften Prüfungshandlungen am 21. Dezember 2015 begonnen. Unter den angeforderten und abgeholten Unterlagen befand sich auch die Daten-CD. Bei einer Datenträgerüberlassung i.S. des § 147 Abs. 6 Alt. 2 AO beginnt die Betriebsprüfung noch nicht mit der Übergabe des Datenträgers, sondern erst mit dessen Auswertung (vgl. auch AEAO zu § 198, Nr. 1 Satz 2; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 198 AO Rz. 3). Im Streitfall ist mit der Auswertung der Daten-CD durch den Betriebsprüfer am 21. Dezember 2015 begonnen worden und diese Auswertung der Daten-CD ist auch durch ihn protokolliert worden. Im Streitfall scheidet als früherer Beginn der Betriebsprüfung das vorherige Aktenstudium aufgrund der Aktenanforderung des Betriebsprüfers vom 9. Januar 2015 (BP-Handakten I Bl 12 mit Rückgabe der Akten am 15. Juni 2015 (BP-Handakten I Bl 10) aus. Denn dieses Aktenstudium geschah vor der Prüfungsanordnung gegenüber der P-KG. Außerdem kann das Aktenstudium im Amt nur ausnahmsweise der Beginn einer Außenprüfung sein, wenn eine Prüfung an Amtsstelle angeordnet worden ist (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 198 AO Rz. 3; kritisch Weigel, AO-StB 2008, 160). Auch das Anfordern des Handelsregisterauszuges […] kann nicht als Prüfungsbeginn gesehen werden, denn die Anforderung vom 20. November 2015 (BP-Handakte I Bl 92) liegt zwar nach der Prüfungsanordnung, gehört aber zur Prüfungsvorbereitung.
43
bb) Die Ablaufhemmung ist aber rückwirkend wieder entfallen, denn die Außenprüfung ist im Streitfall unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO).
44
Ausweislich der Handakten ist der Betriebsprüfer zuerst nur in der Zeit vom 21. Dezember 2015 bis 14. Januar 2016 tätig geworden. Der zeitliche Umfang der zu Beginn der Außenprüfung durchgeführten Prüfungsmaßnahmen beschränkt sich damit auf ca. drei Wochen, die zusätzlich durch die Feiertage um Weihnachten, Silvester/Neujahr und Heilige Drei Könige unterbrochen sind. Nach Auffassung des Senats ist die Arbeit des Betriebsprüfers in dieser Zeit nicht über allgemeine Informationen über die betrieblichen Verhältnisse, das Rechnungswesen und die Buchführung und/oder die Sichtung der Unterlagen des zu prüfenden Steuerfalls bzw. ein allgemeines Aktenstudium hinausgekommen. Und diese – über den Zeitraum von drei Wochen gestreckten – Prüfungshandlungen haben an Umfang und Zeitaufwand gemessen an dem gesamten Prüfungsstoff auch kein erhebliches Gewicht erreicht oder erste verwertbare Ergebnisse erbracht.
45
So hat der Betriebsprüfer nach dem Prüfungsbeginn einen weiteren Ausdruck des Handelsregisterauszuges angefordert; dieser Auszug datiert auf den 29. Dezember 2015 (BP-Handakte I Bl 93). Dieser Auszug bringt jedoch im Vergleich zu dem früheren Auszug vom 20. November 2015 (der noch in der Zeit der Prüfungsvorbereitung liegt) keine neuen Erkenntnisse; er zeigt nur, dass die letzte Änderung am […] Oktober 2015 eingetragen wurde, nämlich die Sitzverlegung von [… G-Dorf] nach [… T-Dorf]. Als nächste Handlung des Prüfers erfolgte ein Amtshilfeersuchen zur Steuerbescheinigung 2009 der E-GmbH vom 14. Januar 2016 (BP-Handakte I Bl 99; Fest-A 2009 Bl 34) an den für die E-GmbH zuständigen Veranlagungsbeamten. Die entsprechende Antwort findet sich auf einem Ausdruck eines Sachkontos der E-GmbH vom 15. Januar 2016 (BP-Handakte I Bl 100). Auch diese beiden Prüfungshandlungen können nicht als qualifizierte Prüfungshandlungen eingestuft werden und brachten auch keine verwertbaren Ergebnisse, wie es erforderlich ist (BFH-Urteil in BStBl II 2017, 1159, Rn. 25 juris m.w.N.), um den Zeitpunkt „unmittelbar nach Beginn der Prüfung“ zu überschreiten. Und für die Beurteilung der Einkünfte der P-KG war dieses Amtshilfeersuchen auch nicht nötig, denn aus der vorliegenden Steuerbescheinigung war bereits ersichtlich, dass die Ausschüttung des Gewinnanteils an der E-GmbH zu Einkünften gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG in Höhe von 1.000.000 € (Nettodividende […], KapESt 25% 250.000 €, Solz […]) führen wird, unabhängig davon, wie die E-GmbH diese Gewinnausschüttung verbucht hat.
46
Als nächste Aktivität ist in den Betriebsprüfungsakten erst wieder ein Aktenvermerk vom 5. Mai 2017 wegen der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017 betreffend die Jahre 2006 bis 2008 (BP-Handakte I Bl 118) zu finden. An diesem 5. Mai 2017 hat der Betriebsprüfer auch einen weiteren Aktenvermerk über den Abbruch der Außenprüfung gefertigt (BP-Handakte I Bl 2). In diesem Aktenvermerk hat er ausgeführt, dass auf die Beantwortung der offenen Fragen verzichtet wird und: „Diese Prüfungshandlungen dienten auch dem Zweck, den Eintritt der Verjährung zu hemmen“. Der Senat sieht in dieser Feststellung einen weiteren Beleg dafür, dass die Handlungen des Prüfers nach dem Dezember 2015 keine ernsthaften Prüfungshandlungen waren.
47
Im Übrigen verkennt das Finanzamt bei seinen Ausführungen, dass die Betriebsprüfung in keinem Fall mehr als sechs Monate unterbrochen wurde, den Unterschied zwischen dem Abbruch der Betriebsprüfung und einer Unterbrechung. Die Ausführungen, dass sowohl die kurzfristige Unterbrechung zwischen dem 5. Mai 2017 und dem 18. Mai 2017 und die Unterbrechung zwischen dem 18. Mai 2017 und dem 4. September 2017 keine sechs Monate betragen (EE Seite 11, 2. Absatz) betreffen den Zeitraum, nachdem der Betriebsprüfer vermerkt hatte, dass er die Prüfung abbricht. Der Kläger merkt zu Recht an (Schriftsatz vom 5. Oktober 2015, Seite 8 und 10, FG-Akte Bl 28 30), dass der Zeitraum zwischen Januar 2016 und Mai 2017 – der Zeitraum des Stillstandes über 14 Monate – nicht vom Finanzamt behandelt wird. Und dieser Zeitraum ist als Unterbrechung der Betriebsprüfung festzuhalten.
48
Als einzige Prüfungsfeststellungen im Betriebsprüfungsbericht vom 4. Oktober 2017 beschreibt der Betriebsprüfer die steuerliche Zurechnung des Darlehens gegenüber dem ehemaligen Kommanditisten HX zum gesellschaftsrechtlichen Privatvermögen (Tz. C.1.9) sowie die Nichtberücksichtigung des Sonderbilanzergebnisses des bereits 2006 ausgeschiedenen Gesellschafters HX (Tz. C.1.2). In diesem Zusammenhang weist der Betriebsprüfungsbericht als Begründung aus, dass die steuerrechtliche Zurechnung des Darlehens HX zum Privatvermögen durch die Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017 (betreffend den Zeitraum der ersten Betriebsprüfung) spätestens ab 2006 festgestellt ist (BP-Bericht vom 4. Oktober 2017, Tz. C.1.9). Für diese beiden Prüfungsfeststellungen war eine Anknüpfung an die vorher im Dezember 2015 getätigten Prüfungshandlungen also gar nicht nötig. Im Übrigen ist aus den Handakten des Prüfers nur zu erkennen, dass auf verschiedenen Blättern, die am 1. Dezember 2015 ausgedruckt wurden (u.a. Jahresabschlüsse 31. Dezember 2009, 2010 und 2011, Handakte Bl 53 ff.) Markierungen mit Farbstiften vorgenommen wurden; dazu behauptet aber nicht einmal der Beklagte, dass es sich dabei um ernsthafte Prüfungshandlungen handelt, die im Dezember 2015 vorgenommen worden sind. Die Feststellung, dass das Sonderbilanzergebnis des HX in 2009 nicht zu berücksichtigen ist, hatte der Betriebsprüfer im Übrigen bereits im Rahmen der Prüfungsvorbereitungen notiert, denn auch dies war ihm bereits aus der ersten Betriebsprüfung bekannt. Dass der Betriebsprüfer dies bereits im Rahmen der Prüfungsvorbereitungen festgestellt hatte, ergibt sich für den Senat daraus, dass der Betriebsprüfer in einem Aktenvermerk (ohne Datum) auf der Rückseite des Blattes (BP-Akte Bl 13) vermerkt hatte, dass nach Rücksprache mit dem Sachgebietsleiter eine Prüfungsanordnung ausreicht und eine Einzelbekanntgabe der Prüfungsanordnung an den Nachlassverwalter (sic!) nicht veranlasst ist. Der Betriebsprüfungsbericht vom 4. Oktober 2017 behandelt anschließend den bereits zum 31. Januar 2006 ausgeschiedenen (und 2009 verstorbenen) HX als Mitunternehmer mit einer Quote von 0% (Seite 4 und Anlage 1 Berechnung für 2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Beteiligter 3 mit Austritt [Sommer] 2009).
49
cc) Diese Unterbrechung für mehr als sechs Monate unmittelbar nach dem Beginn der Prüfung ist auch von der Finanzbehörde zu vertreten.
50
(1) Nach dem Wortlaut von § 171 Abs. 4 Satz 2 AO muss nicht nur die Unterbrechung als solche, sondern auch die Nichtfortsetzung der Prüfung über den im Gesetz genannten Zeitraum von der Finanzbehörde zu vertreten sein. Dies entspricht dem Sinn der gesetzlichen Regelung (BFH-Urteil vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195, Rn. 71 juris). § 171 Abs. 4 Satz 2 AO ist daher nicht anwendbar, wenn eine Außenprüfung zwar aus einem in der Sphäre der Finanzbehörde liegendem Grund von voraussichtlich kurzer Dauer unterbrochen wird, die Fortdauer der Unterbrechung über den Zeitraum von mehr als sechs Monaten aber auf einem Ereignis beruht, das nicht von der Finanzbehörde zu vertreten ist.
51
(2) Die Auffassung des Finanzamts, dass es die Unterbrechung der Außenprüfung nicht zu vertreten habe, weil die P-KG einen Einspruch gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung geführt hat, ist unzutreffend. Dieser Einspruch der P-KG ist kein Grund, der die Verantwortung für die Unterbrechung der Betriebsprüfung aus der Sphäre der Finanzbehörde herausnimmt.
52
In der BFH-Rechtsprechung wird vertreten, wenn eine Außenprüfung wegen eines eingelegten Rechtsbehelfs unterbrochen wird, dass dann die Unterbrechung auf einem nicht in der Sphäre der Finanzbehörde liegenden Grund beruhen kann. Die Unterbrechung ist in einem solchen Fall von der Finanzbehörde nicht zu vertreten, wenn der mit dem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt einen hinreichenden sachlichen Zusammenhang zu dem Gegenstand der Außenprüfung hat. Dies ist dann anzunehmen, wenn das Ergebnis des Rechtsbehelfsverfahrens den Ablauf der Außenprüfung beeinflussen kann. Nicht erforderlich ist, dass die Finanzbehörde infolge des Rechtsbehelfsverfahrens rechtlich an der Durchführung der Außenprüfung gehindert ist (so bei FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 1990 5 K 2941/89, StE 1990, 209, n.v. juris) und nicht entscheidend ist, ob der Rechtsbehelf zum Erfolg geführt hat (BFH-Urteil vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195, Rn. 71 juris).
53
Dies vorausgesetzt, kann aus dem Umstand, dass die P-KG Einspruch gegen die Änderungsbescheide nach der ersten BP eingelegt hat, nicht gefolgert werden, dass die Unterbrechung der Außenprüfung von der Finanzbehörde nicht zu vertreten ist. Der Einspruch gegen die Änderungsbescheide vom 7. November 2014 nach der ersten Betriebsprüfung (insbesondere die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2006, 2007 und 2008 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2006, 2007 und 2008) wurde bereits am 11. November 2014 eingelegt. Das Finanzamt hat jedoch mit seiner Betriebsprüfung erst am 21. Dezember 2015 begonnen. Beginnt das Finanzamt mit seiner Betriebsprüfung trotz des eingelegten Einspruchs (und betrachtet damit den Einspruch nicht als Hindernis für eine Betriebsprüfung), kann eine Unterbrechung auch nicht wegen des eingelegten Einspruchs erfolgt sein. Aus dem gleichen Grunde kann auch eine Fortdauer der Unterbrechung nicht mit dem eingelegten Einspruch begründet werden.
54
(3) Nach Auffassung des Senats bestand wegen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung auch gar kein Bedarf, die zweite Betriebsprüfung zu unterbrechen und auf das Ergebnis des Rechtsbehelfsverfahrens zu warten. Die Rechtsauffassung des Betriebsprüfers und des Finanzamts nach der ersten Betriebsprüfung hinsichtlich der Behandlung des Darlehens der P-KG an HX zugrunde gelegt, hätte das Finanzamt jederzeit aufgrund der vorhandenen Erkenntnisse die Teilwertabschreibung auf diese Darlehensforderung im Streitjahr 2009 nicht berücksichtigen können und insoweit ein anschließendes Einspruchsverfahren gegen diese Änderungsbescheide nach der zweiten Betriebsprüfung zum Ruhen bringen können, bis über die Rechtsbehelfe gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung entschieden wurde. Das Finanzamt hätte sich auf diese Art und Weise unproblematisch die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 3a AO für das Streitjahr 2009 sichern können. Im Übrigen hätte das Finanzamt aufgrund der in den Akten befindlichen Feststellungen aus der ersten Betriebsprüfung die Änderungen bereits vor einer Betriebsprüfung vornehmen können; dies hätte jedoch bedeutet, dass aus der zweiten Betriebsprüfung insoweit kein Mehrergebnis zu erzielen gewesen wäre.
55
(4) Dass das Rechtsbehelfsverfahren gegen die Änderungsbescheide für 2006 bis 2008 nach der ersten Betriebsprüfung auch kein Grund für die Unterbrechung der Außenprüfung sein kann, zeigt sich nach Auffassung des Senats auch in dem Umstand, dass der Betriebsprüfer den Betriebsprüfungsbericht vom 4. Oktober 2017 fertigen konnte, obwohl nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017 gegen die Änderungsbescheide am 8. Mai 2017 beim Finanzgericht Klage erhoben worden war. Der Ausgang des Klageverfahrens war demgemäß für das Ergebnis der Betriebsprüfung ohne Bedeutung; der Betriebsprüfer konnte seinen Bericht unabhängig vom Ausgang des Klageverfahrens fertigen. Wenn aber sogar das Ergebnis der Klageverfahren gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung kein Grund für die Unterbrechung der Außenprüfung ist, kann auch das Einspruchsverfahren kein Hinderungsgrund für den Betriebsprüfer sein.
56
(5) Da der Betriebsprüfer die Korrektur der durch die Teilwertabschreibung ausgelösten Gewinnminderung außerhalb der Bilanz vornahm (Betriebsprüfungsbericht Tz. C.1.9) und den Gewinn der P-KG um den Betrag von 1.098.342,08 € erhöhte, kann auch der Grundsatz des Bilanzzusammenhanges keinen Grund für eine Unterbrechung der Außenprüfung darstellen. Für den Betriebsprüfer war die Kenntnis des Wertansatzes des Darlehens in der Schlussbilanz der P-KG auf den 31.12.2008 (als Anfangsbestand auf den 1.1.2009) nicht erforderlich und das Darlehen war auch nicht in der Schlussbilanz der P-KG zum 31.12.2009 (wegen der vollständigen Teilwertabschreibung) ausgewiesen und auch nicht in der Schlussbilanz des Betriebsprüfers zum 31.12.2009 (wegen der Zurechnung zum gesamthänderisch gebundenen Privatvermögen).
57
(6) Im Übrigen hat der Beklagte in der Vergangenheit sogar einen Zusammenhang des Einspruchsverfahrens gegen die Änderungsbescheide nach der ersten Betriebsprüfung mit dem Prüfungsstoff der zweiten Betriebsprüfung verneint. So führt das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2017 (BP-Handakte I Bl 119) betreffend die Jahre 2006 bis 2008 aus, dass für das Thema der Zugehörigkeit der Forderung der P-KG gegen HX zu deren gesamthänderisch gebundenen Privatvermögen kein Zusammenhang mit den Veranlagungen der Folgejahre und der Teilwertabschreibung auf diese Forderung besteht (EE, Seite 9 Zeilen 10 ff.) und deshalb ein Ruhen des Einspruchsverfahrens wegen der Jahre 2006 bis 2008 bis zum Abschluss der zweiten Betriebsprüfung ausscheidet (BP-Handakte I Bl 123).
58
(7) Die Unterbrechung der Außenprüfung in der Zeit zwischen Januar 2016 und Mai 2017 ist auch vom Finanzamt zu vertreten, denn das Finanzamt hat der Untätigkeit des Betriebsprüfers bei der zweiten Betriebsprüfung bei der P-KG ohne weitere Beanstandungen zugesehen und einen anderweitigen Einsatz des Prüfers zugelassen.
59
3. Da der Rechtsstreit bereits in der Hauptsache Erfolg hat, war über den Hilfsantrag betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2013 (im Verfahren Az. 12 K 1834/21; vgl. dazu das entsprechende Urteil vom 1. August 2023) nicht mehr zu entscheiden (BFH-Urteile vom 16. März 2023 VIII R 36/19, BFH/NV 2023, 808, Rn. 40, juris; vom 23. Januar 2001 VIII R 30/99, BFHE 194, 403, BStBl II 2001, 621, Rn. 14).
60
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. War der Beigeladene im Verfahren vor dem FG und auch im Revisionsverfahren – wie im Streitfall – nicht vertreten und hat er auch erklärt, dass ihm besondere außergerichtliche Kosten nicht entstanden sind, besteht kein Anlass für eine Entscheidung gemäß § 139 Abs. 4 FGO über die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 139 FGO Rz. 570b [Juni 2018]; BFH-Urteil vom 19. November 2008 III R 105/07, BFHE 223, 365, BStBl II 2010, 1057, Rn. 31; jeweils m.w.N.).
61
5. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.