Titel:
Zur Zwangsgeldandrohung gegen ein Pflegeheim bei Mängeln in der Wundpflege
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 1, § 43
BayVwZVG Art. 19, Art. 23, Art. 29, Art. 31, Art. 36, Art. 37, Art. 38
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BayPfleWoqG Art. 3 Abs. 2 Nr. 8
Leitsätze:
1. Anordnungen zur Vornahme bestimmter Handlungen im Rahmen der Wundversorgung und Wunddokumentation können nicht nur bezogen auf eine einzelne individuell benannte zu pflegende Person ausgesprochen werden, sondern auch sämtliche in der stationären Einrichtung zu versorgende und zu pflegende Personen umfassen, ohne hiermit unbestimmt zu sein. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Anordnung, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass entstehende Wunden durch die Mitarbeiter an die Pflegedienstleitung "und/oder" den internen Wundmanager gemeldet werden, ist nicht hinreichend bestimmt. (Rn. 106) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei mehreren gebotenen selbständigen Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen, die mittels Zwangsgelds durchgesetzt werden sollen, ist grundsätzlich für jede Maßnahme ein bezifferter Betrag anzugeben; ein Gesamtbetrag verstößt grundsätzlich gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und führt zur Rechtswidrigkeit der Androhung (hier: Pflicht zur Konsultation eines Arztes bei neuem Wundbefund und Pflicht zu engmaschigem Kontakt zur Arzt bei fortschreitender Verschlechterung des Wundbefundes). (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Heimrecht, stationäre Einrichtung, Mangel, Wunddokumentation, Wundmanagement, Anordnung, Zwangsgeldandrohung, Feststellungsklage, Fälligstellung Zwangsgeld, Anfechtungsklage, erneute Zwangsgeldandrohung, hinreichende Bestimmtheit der Anordnung, Androhung des Zwangsgelds in bestimmter Höhe, PDCA-Zyklus, Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, Fristbestimmung, Zuwiderhandlung gegen Anordnung, Zwangsgeldhöhe, Ermessen, Wundpflege, Zwangsgeld, fällig, Androhung, Bestimmtheit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 43643
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass das im Bescheid der Beklagten vom 4. März 2020 für die Nichterfüllung der darin enthaltenen Anordnung Ziffer 3. in Höhe von 2.000,00 EUR angedrohte Zwangsgeld nicht zur Zahlung fällig geworden ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2021 wird aufgehoben, soweit hiermit für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 3. und 4. des Bescheides der Beklagten vom 4. März 2020 ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß zur Fälligkeit angedroht worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 4/7 und die Beklagte zu 3/7 zu zahlen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Kostengläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin betreibt eine stationäre Pflegeeinrichtung für alte Menschen und für Menschen mit Demenz. Die Beteiligten streiten um die Fälligstellung von Zwangsgeldern, die die Beklagte für den Fall eines nicht sachgerechten Umgangs der Klägerin mit Wunden bei Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung angedroht hatte. Zudem streiten sie um eine erneute Zwangsgeldandrohung.
2
Die von der Klägerin betriebene stationäre Einrichtung umfasst 132 Pflegeplätze, hiervon 18 beschützende Plätze.
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1. Am 17. Juli 2019 führte die Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht – (FQA) in der Einrichtung der Klägerin eine turnusgemäße unangemeldete Prüfung durch. Hierbei wurde u.a. erneut ein Mangel festgestellt, zu dem bereits eine Beratung erfolgt war, dies im Bereich Wundmanagement und Wunddokumentation bei der Bewohnerin E. Es wurde eine entsprechende Beratung durchgeführt.
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Hierzu nahm die Beklagte mit einem undatierten Auszug aus dem Qualitätsmanagement-Handbuch dahingehend Stellung, bei chronischen Wunden werde eine aktuelle Wunddokumentation angelegt, der Wundverlauf werde nachvollziehbar abgebildet, die hinterlegten Dokumente seien vollständig ausgefüllt. Der Hautzustand aller Bewohner sei in Augenschein genommen worden. Das Wundmanagement werde überprüft.
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2. Am 9. Oktober 2019 nahm die FQA eine anlassbezogene Prüfung der Einrichtung vor. Hinsichtlich des Bewohners B. wurde festgestellt, am 15. August 2019 sei eine Wunddokumentation aufgrund einer Wunde am Gesäß angelegt worden. Ein Wundfoto sei nicht angelegt worden. Nach dem 15. August 2019 sei kein Wundbericht geführt worden. Am 30. August 2019 sei die Wunde als „abgeschlossen“ dokumentiert worden. Laut Pflegedokumentation sei es zu keiner Wundversorgung gekommen. Am 3. September 2019 sei der Bewohner ins Krankenhaus eingewiesen worden, wo Wundfotos eines Dekubitus Grad II angefertigt worden seien. Die Klägerin wurde dahingehend beraten, die in der Behandlungspflege tätigen Pflegekräfte nach dem Expertenstandard zu schulen und die praktische Anwendung zu begleiten.
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Hierzu nahm die Klägerin dahingehend Stellung, Schulungen seien an verschiedenen Tagen durchgeführt worden. Alle Pflegekräfte seien bei der Wundversorgung visitiert worden. Wundvisiten erfolgten wöchentlich mittwochs von der internen Wundmanagerin.
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3. Am 15. Januar 2020 führte die FQA eine wiederkehrende Prüfung der Einrichtung durch. Dabei wurden weiterhin diverse Mängel festgestellt, diese insbesondere hinsichtlich der Bewohnerin W. Die Klägerin wurde dahingehend beraten, die Pflegefachkräfte auf die Notwendigkeit einer professionellen Wundversorgung hinzuweisen und die Mitarbeitenden erneut zum Thema Wunde zu schulen. Die Informationsweitergabe an die interne Wundexpertin sowie an die Pflegedienstleitung sei unerlässlich. Die Anwendung in der Praxis müsse engmaschig von der Wundexpertin und der Pflegedienstleitung überprüft und begleitet werden.
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Hierzu nahm die Klägerin Stellung, es finde eine tägliche Abfrage von neu entstandenen Wunden statt. Ab sofort begleite die Pflegedienstleitung jeden Mittwoch die Wundversorgung der Bewohner und unterstütze die Pflegekräfte bei der Dokumentation. Es hätten an verschiedenen Terminen Schulungen stattgefunden. Montags, mittwochs und freitags werde die Wunddokumentation von den Pflegefachkräften zusammen mit der Pflegedienstleitung eingetragen.
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4. Am 4. März 2020 erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin einen Bescheid u.a. mit folgendem Inhalt:
2. In der von der … … … betriebenen Senioreneinrichtung … … … … … … … …, ist ab sofort bei Bewohnerinnen und Bewohnern die Entstehung von Wunden unverzüglich zu dokumentieren.
3. Bei einem neu festgestellten Wundbefund ist unverzüglich die Konsultation eines Arztes zur Festlegung eines Behandlungsplans vorzunehmen. Darüber hinaus ist bei fortschreitender Verschlechterung des Wundbefunds engmaschig Kontakt mit dem behandelnden Arzt zu halten.
4. Der Träger hat zudem durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass entstehende Wunden durch die Mitarbeiter an die Pflegedienstleitung und/oder den internen Wundmanager gemeldet werden, so dass eine adäquate Behandlung und Dokumentation der Wunde erfolgen kann.
5. In der o.g. Einrichtung muss in der Anwendung des Wundmanagements ein fortlaufender Pflegeprozess, z.B. anhand des PDCA-Zyklus, ersichtlich sein. Nach dem ersten Assessment zur Wunderhebung sind mindestens einmal wöchentlich die Wundparameter in einem Wundbericht zu erheben und Veränderungen nachvollziehbar zu dokumentieren.
8. Sollte die … … … den Anordnungen unter Ziffern 2 bis 7 dieses Bescheids zuwiderhandeln, wird ein Zwangsgeld in folgender Höhe zur Zahlung fällig:
8.1 In Höhe von 2.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß bei Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2 bis 5 dieses Bescheids.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, im Rahmen einer unangemeldeten Qualitätskontrolle am 15. Januar 2020 sei die Anwendung des Wundmanagements überprüft worden. Aus der Dokumentation sei ersichtlich geworden, dass bei einem noch im Krankenhaus befindlichen Bewohner aufgrund einer auffallenden Rötung des rechten Hallux am 13. Dezember 2019 mit dem Hausarzt kommuniziert worden sei. Im Pflegebericht der darauffolgenden Tage habe sich bis zum 2. Januar 2020 kein Eintrag zum Hautzustand gefunden. Am 2. Januar 2020 sei von der Hausarztpraxis eine antibiotische Creme und eine Wundauflage verordnet worden. Daraufhin habe sich erneut kein Eintrag im Pflegebericht zuordnen lassen. Am 8. Januar 2020 sei die erste Wunddokumentation mit Foto zu dieser Wunde angelegt worden. Anhand des Fotos habe man von einer nekrotischen Hautveränderung ausgehen können. Die hinzugezogene Firma A. habe eine trockene Wundauflage mit Polsterung empfohlen. Aus der Dokumentation sei nicht zu erkennen, ob die Verbände tatsächlich mit Antibiotika-Creme oder aber trocken durchgeführt worden seien. Am 11. Januar 2020 sei der Bewohner aufgrund der entzündlichen Veränderung der Wunde ins Krankenhaus eingewiesen worden. Die interne Wundexpertin der Einrichtung sei über diese Wunde nicht informiert worden. Bereits während der Begehungen am 17. Juli 2019 und am 8. Oktober 2019 seien Mängel bezüglich des Wundmanagements festgestellt worden.
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Die in Art. 3 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 8 PfleWoqG enthaltenen Anordnungen schlössen eine regelmäßige Überwachung der Wundheilung auf Veränderungen mit ein. Der Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ gebe vor, nach dem initialen Assessment zur Wunderhebung „mindestens einmal wöchentlich die Erhebung der Wundparameter (Wundbericht) durchzuführen und Veränderungen zu dokumentieren“. Hierbei sei die Informationsweitergabe an die interne Wundexpertin sowie an die Pflegedienstleitung unerlässlich. Die Arzt-Kommunikation müsse engmaschig erfolgen, um frühzeitig eine adäquate Wundtherapie einzuleiten. Diese Qualitätsanforderungen seien bei der unangemeldeten Qualitätskontrolle vom 15. Januar 2020 nicht gewährleistet gewesen. Zudem seien einige der genannten Sachverhalte bereits bei den Begehungen am 8. Oktober 2019 und am 17. Juli 2019 festgestellt worden. Diese Mängel seien bisher nicht behoben worden. Die Stellungnahme der Einrichtung vom 2. März 2020 habe zu keiner anderen Bewertung führen können. Ähnliche Stellungnahmen seien bereits zu den Prüfberichten der Begehungen vom 17. Juli 2019 und vom 8. Oktober 2019 eingegangen, ohne dass die dort angekündigten Maßnahmen die erwünschte Wirkung gezeigt hätten. Trotz der zahlreichen Schulungen, regelmäßigen Visiten, stichprobenartigen Kontrollen und Inaugenscheinnahme sämtlicher Bewohner seien jedoch bei der Begehung am 15. Januar 2020 wieder Mängel in der Wundversorgung aufgetreten. Für diese Defizite sei gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG der Träger der Einrichtung verantwortlich. Die angemessene Qualität der Wundversorgung sei aktuell nicht sichergestellt. Daher sei der Erlass der Anordnungen notwendig, um den gesetzlich vorgesehenen Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten. Die getroffenen Anordnungen seien verhältnismäßig und erforderlich, weil kein gleichgeeignetes aber milderes Mittel gegeben sei, dies insbesondere im Hinblick auf die erfolglos verlaufenden Beratungen. Die einzelnen Anordnungen seien zudem angemessen. Ein Fehlverhalten in diesen Bereichen stelle gegebenenfalls eine Gefahr für Leib und Leben dar. Daher sei möglichst schnell darauf hinzuwirken, dass Pflegedokumentation und Pflege- und Betreuungshandlungen den fachlichen Standards entsprechend ausgeführt werden würden. Die Zwangsgeldandrohung sei als Zwangsmittel geeignet und angemessen.
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Der Bescheid wurde der Klägerin am 11. März 2020 per Postzustellungsurkunde zugestellt. Er ist bestandskräftig.
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5. Am 27. Januar 2021 führte die FQA der Beklagten eine unangemeldete anlassbezogene Prüfung der Einrichtung der Klägerin durch. Aus dem diesbezüglichen Bericht vom 15. Februar 2021 ergibt sich u.a. die Überprüfung des Wundmanagements der Bewohnerin S. mit aktuell sieben Dekubitus mit am 30. Dezember 2020, am 15. Januar 2021 und am 16. Januar 2021 dokumentierten Schmerzen. Gemäß einer Beschwerde sei die Wundversorgung nicht adäquat. Das Assessment zur Dekubitus-Risiko-Beurteilung sei am 18. November 2020 durchgeführt worden. Die vorliegenden Dekubitus seien im Körperschema nicht eingetragen worden.
14
Das Wundmanagement sei ab November 2020 begutachtet worden. In diesem Zeitraum lasse sich eine gravierende Progredienz der bereits bestehenden Dekubitus erkennen. Zudem seien in dieser Zeit drei neue schwere Dekubitus entstanden. Bei Verschlechterung der Wundverhältnisse sei der behandelnde Arzt oft nicht informiert worden. Die ärztlichen Anordnungen seien nicht befolgt worden. Beispielsweise sei die Versorgung des Sakral-Dekubitus nicht wie verordnet dreimal wöchentlich, sondern teilweise in einem Abstand von fünf Tagen erfolgt. Die Dokumentation im Wundverlauf sei äußerst lückenhaft. Die Wundgröße sei über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen nicht dokumentiert worden. Trotz der so gravierenden Wunden sei die Wundversorgung nur alle 14 Tage durch die konzerninterne Firma … begleitet worden. Es sei nicht ersichtlich, ob die hausinternen Wundmanager für die weitere Versorgung eingesetzt worden seien. Am 30. Dezember 2020 sei erstmals eine Wunde der rechten Gesäßhälfte beschrieben und als Dekubitus Grad IV klassifiziert worden. Eine vorherige Dokumentation sei nicht erfolgt. Der Arzt sei erstmals an diesem Tag über den Befund informiert worden. Anschließend sei umgehend eine Einweisung ins Krankenhaus erfolgt. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 6. Januar 2021 sei der Dekubitus innerhalb von 14 Tagen dreimal verbunden worden, beim vierten Verbandswechsel am 20. Januar 2021 sei eine stationäre Einweisung erfolgt. Die Größe des Dekubitus sei am 30. Dezember 2020 mit 4 cm x 2 cm und anschließend erst wieder am 20. Januar 2021 mit 12,5 cm x 6 cm dokumentiert worden. Am 20. Januar 2021 hätten sich die Wundverhältnisse als so gravierend dargestellt, dass eine Sepsis vermutet worden sei. Der neu entstandene Dekubitus der linken Gesäßhälfte sei erstmals am Tag der Krankenhauseinweisung am 20. Januar 2021 dokumentiert worden.
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6. Mit Schreiben vom 9. Februar 2021 benannte die Beklagte die Anordnungen in Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheids vom 4. März 2020 sowie die Feststellungen anlässlich der Begehung am 27. Januar 2021. Auf dieser Grundlage teilte die Beklagte der Klägerin mit, das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß sei damit zur Zahlung fällig geworden. Da nachweislich gegen jede der Anordnungen unter Ziffern 2 bis 5 des Bescheides vom 4. März 2020 verstoßen worden sei, werde insgesamt ein Zwangsgeld in Höhe von 6.000,00 EUR zur Zahlung fällig, das bis spätestens 8. März 2021 zu überweisen sei.
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Zudem forderte die Beklagte die Klägerin nochmals dazu auf, die Entstehung von Wunden unverzüglich zu dokumentieren, bei einem neu festgestellten Wundbefund unverzüglich den behandelnden Arzt zu kontaktieren und mit diesem bei fortschreitender Verschlechterung des Wundbefunds engmaschig Kontakt zu halten. Darüber hinaus forderte die Beklagte die Klägerin dazu auf, nach dem ersten Assessment zur Wunderhebung mindestens einmal wöchentlich die Wundparameter in einem Wundbericht zu erheben und Veränderungen nachvollziehbar zu dokumentieren.
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Weiterhin enthielt das Schreiben folgende Regelung:
„Für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 2 bis 5 des Bescheids der Stadt Schweinfurt vom 04.03.2020 wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß zur Fälligkeit angedroht.“
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Die erneute Androhung des Zwangsgeldes als Zwangsmittel sei im vorliegenden Fall nötig und erforderlich, um die Einrichtung zur Einhaltung der Anordnungen zu bewegen. Aufgrund der Tatsache, dass die vorausgegangene Anordnung des Zwangsgeldes erfolglos geblieben sei, sei nunmehr die Höhe des angedrohten Zwangsgelds anzuheben. Andere gleichgeeignete Zwangsmittel seien bei derzeitiger Sachlage nicht ersichtlich.
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Das Schreiben wurde der Klägerin am 11. Februar 2021 per Postzustellungsurkunde zugestellt.
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Am 11. März 2021 ließ die Klägerin im vorliegenden Verfahren Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen festzustellen, dass das von der Beklagten unter dem 9. Februar 2021 gegenüber der Klägerin abgeforderte Zwangsgeld zur Höhe von insgesamt 6.000,00 EUR nicht fällig geworden ist, den Bescheid der Beklagten über die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes vom 9. Februar 2021 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, die Anordnungen in den Ziffern 2 bis 4 des Bescheides vom 4. März 2020 gäben keine hinreichend bestimmten oder bestimmbaren Pflichten auf. Es handele sich nur um unbestimmte Rechtsbegriffe und Zielsetzungen, deren Voraussetzungen kein Vollstreckungsorgan (selbst) prüfen könne. In Ziffer 2 des Bescheides vom 4. März 2020 sei das Wort „unverzüglich“ unklar, dies etwa für den Fall, dass der Dekubitus subkutan entstehe. Hinsichtlich Ziffer 3 des Bescheides sei die Bedeutung des Wortes „Konsultation“ unklar. Nicht definiert sei der Begriff der „fortschreitenden Verschlechterung“, ebenso nicht derjenige des „engmaschigen Kontakts“. Unklar bleibe zudem, welchen Anwendungsbereich die Bestimmung im Fall der angeordneten Hinzuziehung eines Wundberaters haben solle. Dem Arzt obliege die Erstellung eines Behandlungsplanes, den das Pflegepersonal nicht dokumentiere. In Ziffer 4 des Bescheides verwechsele die Beklagte die Sachverhalte. Der Träger habe keinen „internen“ Wundmanager.
22
Der streitgegenständliche Grundverwaltungsakt sei für den hier in Rede stehenden Sachverhalt nicht vollstreckbar. Ihm fehle bereits der Regelungscharakter für den Einzelfall. Er habe für den Zusammenhang anderer Sachverhalte und wegen ganz anderer Bewohner nur abstrakt aufgegeben, dass unter bestimmten Voraussetzungen angeblich bestimmte einzelne pflegerische Handlungen vorzunehmen sein sollten. Solches Kuratel stehe im Widerspruch zum Grundsatz der Selbständigkeit des Trägers in der Zielsetzung und Durchführung seiner Aufgaben. Im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 9. Februar 2021 sei nichts mehr erzwingbar gewesen, weil alle verlangten Handlungen schon vorgenommen worden seien. Der fragliche Dekubitus sei zu diesem Zeitpunkt festgestellt, die ärztliche Behandlung habe stattgefunden, der Arztbericht habe sich bei den Akten der Klägerin befunden.
23
Der Pflegebetrieb schulde nur grundpflegerische Maßnahmen i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI. Diese Vorschrift lasse eine Erweiterung auf krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen an sich nicht zu. Alle darüber hinausgehenden und ärztlich verordneten Maßnahmen seien Behandlungspflege i.S. des § 37 SGB V. Voraussetzung hierfür sei jedoch die ärztliche Verordnung. Daraus folge, dass Behandlungspflege ohne Anordnung durch den behandelnden Arzt weder geschuldet sei noch erbracht werden dürfe.
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In Bezug auf die Bewohnerin S. seien Pflichten bei der pflegerischen Versorgung nicht verletzt worden. Im Anschluss an deren stationären Aufenthalt vom 18. November bis 4. Dezember 2020 habe regelmäßiger Kontakt zur Arztpraxis und zur Wundmanagerin bestanden, welche die Wundumgebung zuletzt am 16. Dezember 2020 gesehen habe. Die Feststellungen vom 30. Dezember 2020 hätten zur sofortigen Dokumentation und Hinzuziehung des Hausarztes geführt. Der Vorhalt, die am 30. Dezember 2020 neu festgestellten Wundverhältnisse deuteten auf ein längerzeitiges Versäumnis hin, sei eine bloße Vermutung.
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Im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 9. Februar 2021 habe es keinen Anlass gegeben, ein Zwangsgeld abzuverlangen. Dessen Ziel sei die Erzwingung der Handlung. Sei die Leistung als solche vorgenommen oder aus Sicht der Behörde nur nachträglich oder zu spät erbracht worden, gebe es keinen Raum für eine anschließende Vollstreckung wegen der schon erfüllten Pflicht.
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Unzulässig sei die Zergliederung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes in drei Zwangsgelder.
27
Die Bewohnerin S. habe sich immer wieder in mehrwöchiger stationärer Krankenhausbehandlung aufgehalten, so ab dem 22. Juli 2020, ab dem 1. September 2020 und ab dem 18. November 2020. Anlässlich des Krankenhausaufenthalts ab 30. Dezember 2020 seien erneute Infektionen der vorbekannten Dekubitus und multiple Dekubitus festgestellt worden, offenbar allerdings kein Dekubitus Grad IV. Im Rahmen des Krankenhausaufenthalts ab 20. Januar 2021 sei erneut über die bekannten Dekubitus Grad I bis III berichtet worden. Aus alledem ergebe sich, dass immer wieder nur über eine vorbekannte Erkrankung auf offensichtlich immer wieder gleicher Grundlage berichtet werde. Es sei nicht ersichtlich, was die Klägerin hier am 30. Dezember 2020 oder zu welchem Zeitpunkt auch immer versäumt haben solle.
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Zudem nahm die Klägerin auf eine ausführliche Stellungnahme vom 22. März 2021 zum Prüfbericht vom 27. Januar 2021 Bezug.
29
Die Beklagte beantragte,
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Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Prüfung am 27. Januar 2021 seien erhebliche im Einzelnen benannte Mängel in den Bereichen Schmerzmanagement, Dekubitusprophylaxe und Wundversorgung festgestellt worden. Da im Bereich Wundversorgung bereits in der Vergangenheit immer wieder Mängel festgestellt worden seien, habe die Beklagte bereits den Bescheid vom 4. März 2020 erlassen gehabt. Aufgrund der Feststellungen im Rahmen der Prüfung vom 27. Januar 2021 sei wegen dreier festgestellter Verstöße gegen die Anordnung vom 4. März 2020 mit Schreiben vom 9. Februar 2021 eine Fälligkeitsmitteilung über ein Zwangsgeld an die Klägerin übermittelt worden.
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Eine selbständige Rechtsverletzung durch die Anwendung des Zwangsmittels scheide aus (Art. 38 Abs. 3 VwZVG). Der Bescheid vom 4. März 2020 sei bestandskräftig und vollstreckbar. Demgegenüber sei er nicht nichtig. Grundlage für den Bescheid seien die während der Begutachtung anderer Bewohner getroffenen Feststellungen in der Vergangenheit. Jedoch sei den Feststellungen gemeinsam, dass eine mangelhafte Wundversorgung und damit zusammenhängende Dokumentation und Arztkommunikation vorgelegen habe. Es sei Pflicht des Trägers, eine adäquate Versorgung aller Bewohnerinnen und Bewohner sicherzustellen.
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Die Meinung der Klägerin, der Bescheid vom 4. März 2020 erfülle nicht die Merkmale eines Verwaltungsaktes, gehe fehl. Vielmehr stelle die Wundversorgung eine der Einzelmaßnahmen dar, zu der mit Bescheid vom 4. März 2020 Anordnungen getroffen worden seien. Die Vollstreckung eines Anordnungsbescheides setze lediglich voraus, dass der Vollstreckungsschuldner seine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt habe. Dies sei vorliegend der Fall. Dass eine nachträgliche oder verspätete Erfüllung dieser Pflichten bei dem für die Fälligstellung des Zwangsgeldes ausschlaggebenden Dekubitus nicht mehr möglich gewesen sei, sei ohne Belang. Bei den im Bescheid vom 4. März 2020 getroffenen Anordnungen handele es sich um Dauerverpflichtungen. Die Fälligstellung des Zwangsgeldes sowie die Androhung eines erhöhten Zwangsgeldes hätten den Zweck, den Träger dazu anzuhalten, die Anordnungen vom 4. März 2020 bei allen neu entstehenden Wunden und bei allen Bewohnern der Einrichtung zu befolgen.
33
Die Anordnungen im Bescheid vom 4. März 2020 seien bestimmt, nachprüfbar und damit vollstreckbar. Die Bedeutung des Wortes unverzüglich sei vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Die Anordnung betreffe eine Vielzahl von Personen mit jeweils unterschiedlichen Grundbedingungen. Sobald dem Pflegepersonal also eine Wunde in Abhängigkeit vom individuellen Einzelfall erstmals auffalle, sei diese ohne schuldhaftes Zögern zu dokumentieren. Konsultation des Arztes bedeute, die Kommunikation mit dem behandelnden Arzt herzustellen, damit dieser einen Behandlungsplan festlegen könne. Der in der Anordnung beschriebene engmaschige Kontakt sei vom Ausmaß und der Entwicklung der konkreten Wunde abhängig.
34
Im Rahmen der Begehung vom 27. Januar 2021 sei festgestellt worden, dass ärztliche Anordnungen nicht befolgt worden seien, dass die Kommunikation zum behandelnden Hausarzt nicht oder verspätet aufgenommen worden sei und nicht aktiv gesucht und forciert worden sei, so dass eine ärztliche Anordnung nicht habe erfolgen können. Verschlechtere sich jedoch ein Wundzustand oder werde eine unzureichende Wundtherapie festgestellt, liege der diesbezügliche Kontakt zum behandelnden Arzt in der Verantwortung der Einrichtung. Bei der grundpflegerischen Versorgung sei daher eine gründliche Hautbeobachtung unerlässlich. Die fachkundige Beurteilung und Dokumentation der Pflegesituation gehöre zu einer der Hauptaufgaben einer Pflegefachkraft. Bei Hautveränderungen oder auftretenden Wunden sei umgehend der Arzt zu informieren, der über die Wundversorgung entscheide. Für die Einschätzung des Wundverlaufs auch durch den behandelnden Arzt sei die Wunddokumentation entscheidend.
35
Zwar hätten bei der Bewohnerin S. bereits im Vorfeld mehrere Dekubitus bestanden, ausschlaggebend für die Fälligstellung des Zwangsgeldes sei jedoch ein Dekubitus an der rechten Gesäßhälfte, der zuvor nicht in Erscheinung getreten gewesen sei. Relevant für die Beurteilung der Pflegequalität sei ausschließlich die in der Einrichtung geführte Dokumentation. Informationen aus Entlassbriefen seien für die Beurteilung der vorgefundenen Pflegequalität in der Einrichtung nicht maßgeblich. Der Eintrag der Pflegekraft zum Dekubitus an der rechten Gesäßhälfte am 30. Dezember 2020 habe einen Dekubitus Grad IV, teilweise nekrotisch, dokumentiert. Ein Wundfoto sei aufgrund der starken Schmerzen nicht möglich gewesen. Vor dem 30. Dezember 2020 habe keinerlei Wunddokumentation zu dieser Wunde existiert. Aufgrund der Dokumentation vom 30. Dezember 2020 habe dieser Dekubitus bereits seit mehreren Tagen existieren müssen. Dies hätte auffallen müssen. Zudem sei dieser Dekubitus in den Entlassbriefen vor dem 30. Dezember 2020 nicht enthalten gewesen. Auch sei der Hausarzt bezüglich dieser Wunde nicht kontaktiert worden, was einen Verstoß gegen Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 darstelle. Die Bewohnerin sei am 6. Januar 2021 aus dem Krankenhaus entlassen worden, erst am 20. Januar 2021 seien die Wundparameter dokumentiert worden. In dieser Zeit habe sich der Dekubitus stark vergrößert gehabt. Dies stelle einen Verstoß gegen Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 dar, wonach nach dem ersten Assessment zur Wunderhebung mindestens einmal wöchentlich die Wundparameter in einem Wundbericht zu erheben und Veränderungen nachvollziehbar zu dokumentieren seien. Auch habe bis zur nächsten Krankenhauseinweisung am 20. Januar 2021 kein Arztkontakt stattgefunden, was einen Verstoß gegen Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 darstelle.
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Die Feststellung, dass das am 30. Dezember 2020 erstmals dokumentierte Wundverhältnis bereits länger habe bestehen müssen, sei keine bloße Vermutung, sondern beruhe auf der fachlichen Einschätzung der ärztlichen und pflegerischen Begutachtung. Die Entstehung eines Dekubitus Grad IV binnen weniger Stunden bzw. Tage bei täglicher Grundpflege und adäquater Versorgung der weiteren Dekubitus erscheine medizinisch gesehen sehr unwahrscheinlich. Zudem hätte eine Wunddokumentation und eine Arztkommunikation bereits viel früher erfolgen müssen. Nach der Entlassung der Bewohnerin aus dem Krankenhaus am 6. Januar 2021 und bis zu ihrer erneuten Einweisung am 20. Januar 2021 liege eine ärztliche Verordnung nicht vor. Die folgenden Dokumentationen mit den Wundfotos seien in sich nicht stimmig. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 4. Dezember 2020 habe die Pflegekraft bereits am 14. Dezember 2020 eine Verschlechterung verschiedener Dekubitus bemerkt. Erst am 16. Dezember 2020 sei der Arzt involviert worden, wohl aufgrund der vorherigen Einschaltung der externen Wundschwester. Dies sei jedoch bereits am 14. Dezember 2020 angezeigt gewesen. Bis zur erneuten stationären Einweisung am 30. Dezember 2020 sei der Arzt nicht erneut informiert worden. Zwar könne ein Dekubitus Grad IV innerhalb von 14 Tagen entstehen, jedoch nicht direkt aus der intakten Haut. Wären die in unmittelbarer Nähe gelegenen anderen Wunden nach ärztlicher Anordnung dreimal wöchentlich verbunden worden, hätte das Entstehen des Dekubitus bemerkt werden müssen.
37
Aufgrund des Zwecks der Anordnungen, den Schutz aller Bewohner der Einrichtung zu gewährleisten, bezögen sich die Anordnungen und die damit verbundenen Zwangsgeldandrohungen nicht auf einzelne Sachverhalte oder einzelne Bewohner, sondern sie sollten die ordnungsgemäße Wundversorgung bei allen Bewohnern sicherstellen. Die Anordnungen beträfen hierbei die Komponenten, die für eine adäquate Wundversorgung erforderlich seien.
38
Die Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohung sei jedenfalls unbegründet. Trotz Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 2.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß seien mehrere Verstöße gegen die Anordnungen vom 4. März 2020 festgestellt worden. Die vorausgegangene Zwangsgeldandrohung sei damit erfolglos geblieben, weshalb eine erneute Androhung erforderlich gewesen sei.
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Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 21. September 2023, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Schweinfurt im Verfahren … … … wegen fahrlässiger Körperverletzung, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist zum einen die Fälligstellung eines Zwangsgelds in Höhe von 6.000,00 EUR (3 x 2.000,00 EUR) mit Schreiben vom 9. Februar 2021, welches die Beklagte mit der Begründung anfordert, die Klägerin habe gegen die zwangsgeldbewehrten Anordnungen in den Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 verstoßen. Zwar benennt die Beklagte in der Begründung für die Fälligstellung des Zwangsgelds Verstöße gegen die „Anordnungen unter Ziffern 2 bis 5 des Bescheides vom 04.03.2020“; allerdings ergibt sich aus den Gesamtzusammenhang, dass die Beklagte lediglich Zwangsgelder aufgrund von Verstößen gegen die in den Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 festgehaltenen Anordnungen fällig gestellt hat. Denn die Beklagte hat im Schreiben vom 9. Februar 2021 zuvor diese Ziffern benannt, den Verstoß gegen die in diesen Ziffern enthaltenen Anordnungen dargelegt und ein Zwangsgeld in Höhe von 6.000,00 EUR („2.000 Euro je festgestelltem Verstoß“) fällig gestellt. Hieraus wird klar, dass die Beklagte kein Zwangsgeld hinsichtlich des Verstoßes gegen die Anordnung in Ziffer 4 des Bescheides vom 4. März 2020 fällig gestellt hat. Ziel der Klägerin ist die Feststellung, dass die wegen Verstößen gegen die in Ziffer 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen fällig gestellten Zwangsgelder nicht fällig geworden sind. Demgegenüber macht die Klägerin keine Einwendungen im Sinne des Art. 21 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) i.d.F.d.Bek. vom 11. November 2017 (BayRS II S. 232), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geltend, die den zu vollstreckenden Anspruch selbst betreffen und die sie zuvor erfolglos bei der Beklagten im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hätte.
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Zum anderen ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die erneute Androhung von Zwangsgeldern in Höhe von jeweils 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 2 bis 5 des Bescheides vom 4. März 2020. Hier ist nicht erkennbar, dass die Beklagte entgegen dem Wortlaut der Androhung lediglich Zwangsgelder für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen in Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 angedroht hat. Denn bei der erneuten Androhung von Zwangsgeldern handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der von der im selben Dokument enthaltenen Fälligstellung von Zwangsgeldern aufgrund von Verstößen gegen die in Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen rechtlich gesehen unabhängig ist. Deshalb kann auch die Begründung für die Fälligstellung der Zwangsgelder wegen bereits erfolgter Verstöße gegen die in Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen nicht zur Auslegung des Inhalts der erneuten Zwangsgeldandrohungen herangezogen werden. Denn die erneute Androhung eines Zwangsgeldes setzt zwar einen erstmaligen Verstoß gegen die betreffende Anordnung voraus (vgl. Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG), nicht jedoch die diesbezügliche erstmalige Fälligstellung eines hierfür angedrohten Zwangsgeldes (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: 1.7.2023, Art. 36 VwZVG Rn. 14; Giehl/Adolph/Fabisch, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: September 2023, Art. 36 VwZVG Rn. 11). Daher hat der Verzicht auf die Fälligstellung des hinsichtlich der in Ziffer 4 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnung angedrohten Zwangsgelds keinen Einfluss auf die Frage, ob insoweit ein weiteres (höheres) Zwangsgeld angedroht werden kann und ob die Beklagte ein weiteres Zwangsgeld androhen wollte.
42
Demgegenüber ist der Bescheid vom 4. März 2020 selbst nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Dieser ist bereits bestandskräftig geworden und die Klägerin hat ihn im vorliegenden Verfahren auch nicht ausdrücklich angegriffen. Deswegen gehen auch die Argumente der Klägerin, die sich der Sache nach mit der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides beschäftigen, ins Leere. Dies betrifft insbesondere das Argument, der Pflegebetrieb schulde nur grundpflegerische Maßnahmen im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI sowie das Argument, es sei unzulässig, einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere Anordnungen und damit mehrere Zwangsgeldandrohungen aufzugliedern.
43
Die gegen die Fälligstellung des Zwangsgelds in Höhe von 6.000,00 EUR aufgrund von Verstößen gegen die in den Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen erhobene Feststellungsklage hat insoweit Erfolg, als sie sich auf die Fälligstellung eines Zwangsgelds in Höhe von 2.000,00 EUR aufgrund eines Verstoßes gegen die in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltene Anordnung bezieht. Hinsichtlich der Fälligstellung in Höhe von je 2.000,00 EUR hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 bleibt sie erfolglos.
44
1. Die Klage ist insoweit als allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.
45
Die Androhung eines Zwangsgeldes ist ein aufschiebend bedingter Leistungsbescheid im Sinne des Art. 23 Abs. 1 VwZVG (BayVGH, U.v. 17.12.2019 – 10 B 19.1297 – juris Rn. 22). Erfüllt der Pflichtige diese Pflicht nicht bzw. nicht rechtzeitig, wird die Zwangsgeldforderung gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG fällig. Daher ist die Fälligkeitsmitteilung kein mittels Anfechtungsklage anfechtbarer Verwaltungsakt, sondern lediglich die Mitteilung eines Bedingungseintritts. Hiergegen ist die Feststellungsklage statthaft mit dem Ziel festzustellen, dass das Zwangsgeld nicht zur Zahlung fällig geworden ist (BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf.50-VI-05 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 3). Bestreitet der Pflichtige den Eintritt der Bedingung, bestreitet er die Geldforderung der öffentlichen Hand und kann ein Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO an der Feststellung des Nichtbestehens der Zwangsgeldforderung geltend machen (BayVGH, U.v. 17.12.2019 – 10 B 19.1297 – juris Rn. 22).
46
Nach Art. 38 Abs. 3 VwZVG ist weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage gegen die Fälligstellung eines Zwangsgelds eine hierdurch eintretende selbständige Rechtsverletzung. Denn nach dieser Vorschrift sind förmliche Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde bei der Anwendung eines Zwangsmittels insoweit zulässig, als geltend gemacht werden kann, dass diese Maßnahmen eine selbständige Rechtsverletzung darstellen. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Denn es geht um die Anwendung eines Zwangsmittels, da die Fälligkeitsmitteilung gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG eine Anwendung des Zwangsmittels Zwangsgeld darstellt. Im Rahmen der Anwendung dieses Zwangsmittels macht die Klägerin geltend, dass die Fälligstellung des Zwangsgelds eine selbständige Rechtsverletzung darstellt, dies deswegen, weil sie bestreitet, dass die Bedingungen für die Fälligstellung im Sinne des Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG eingetreten sind. Von Bedeutung ist dabei die Frage, ob die Klägerin ihre Pflichten aus Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 vollständig und rechtzeitig erfüllt hat (BayVGH, B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 3 f.).
47
2. Die Klage ist nur teilweise begründet. Denn lediglich hinsichtlich der in Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 19 VwZVG und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 29 ff. VwZVG vor und die Klägerin hat insoweit ihre mit Bescheid vom 4. März 2020 auferlegten Pflichten nicht erfüllt. Demgegenüber liegen diese Voraussetzungen hinsichtlich Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 nicht vollständig vor. All dies ergibt sich aus Folgendem:
48
a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 VwZVG können „Verwaltungsakte“ vollstreckt werden. Dies setzt zunächst einen wirksamen Verwaltungsakt voraus (Giehl/Adolph/Fabisch, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: September 2023, Art. 19 VwZVG Rn. 3 m.w.N.). Nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm getroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Im vorliegenden Fall ist der Verwaltungsakt vom 4. März 2020 der Klägerin mit Postzustellungsurkunde vom 11. März 2020 bekannt gegeben worden, so dass er wirksam geworden ist. Zudem bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser Bescheid gemäß Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG aufgrund Nichtigkeit unwirksam sein könnte (vgl. zur Geltendmachung der Nichtigkeit eines zu vollstreckenden Verwaltungsaktes im Vollstreckungsverfahren: BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 13). Denn weder hat die Klägerin vorgetragen noch ist für das Gericht anderweitig erkennbar, dass der Bescheid vom 4. März 2020 gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden könnte, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig wäre, noch liegen die Voraussetzungen für die in Art. 44 Abs. 2 Nrn. 1 bis 6 BayVwVfG aufgeführten Einzelfälle vor, in welchen ein Verwaltungsakt ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig wäre. Weiterhin ist der Bescheid vom 4. März 2020 nicht im Sinne des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt.
49
Weiterhin kann ein Verwaltungsakt u.a. nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwZVG dann vollstreckt werden, wenn er nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden kann. Dies ist vorliegend der Fall, denn die Klägerin hat den am 11. März 2020 per Postzustellungsurkunde zugestellten Bescheid vom 4. März 2020 nicht mit einem förmlichen Rechtsbehelf angegriffen, so dass er bestandskräftig geworden ist.
50
Entgegen dem Vortrag der Klägerin sind die in den Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen zudem hinreichend bestimmt.
51
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies ist auch eine Grundvoraussetzung für seine Vollstreckbarkeit, denn erst dann, wenn die rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Feststellung möglich ist, welche Pflicht von wem zu erfüllen ist, ist die zwangsweise Durchsetzung dieser Pflicht möglich. Sowohl der Pflichtige selbst als auch die Vollstreckungsbehörde müssen aus dem Bescheid den Umfang der Verpflichtungen zweifelsfrei entnehmen können (Giehl/Adolph/Fabisch, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: September 2023, Art. 19 VwZVG Rn. 5a; BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 13 m.w.N.; BVerwG, U.v. 26.1.1990 – 8 C 69.87 – juris Rn. 14). Zur Wahrung des Bestimmtheitsgebots im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG genügt es, wenn sich die hinreichende Klarheit für den Adressaten im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung und unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der Begründung der Entscheidung und den den Beteiligten näher bekannten Umständen des Erlasses gewinnen lässt (BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 17).
52
Die Klägerin wendet sich gegen die Fälligstellung des Zwangsgeldes mit dem Argument, die in Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen seien deshalb nicht vollstreckbar, weil ihnen der Regelungscharakter für den Einzelfall fehle und sie deshalb nicht hinreichend bestimmt seien. Dies ergebe sich daraus, dass diese Regelungen nur abstrakt vorgäben, dass unter bestimmten Voraussetzungen einzelne pflegerische Handlungen vorzunehmen seien. Der Sache nach vertritt die Klägerin damit die Auffassung, derartige Anordnungen seien lediglich bezogen auf bestimmte im Einzelnen zu benennende zu pflegende Bewohnerinnen und Bewohner möglich; betreffe eine solche Anordnung eine unbestimmte Vielzahl von Bewohnerinnen und Bewohnern, sei sie zu unbestimmt. Dem kann das Gericht nicht folgen.
53
Derartige Anordnungen zur Vornahme bestimmter Handlungen im Rahmen der Wundversorgung und Wunddokumentation können nicht nur bezogen auf eine einzelne individuell benannte zu pflegende Person ausgesprochen werden. Vielmehr können sie auch sämtliche in der stationären Einrichtung zu versorgende und zu pflegende Personen umfassen, ohne hiermit unbestimmt zu sein. Denn es ist für die hinreichende Bestimmtheit unerheblich, ob beispielsweise für den Fall der Entstehung von Wunden die Dokumentationspflicht (vgl. Ziffer 2 des Bescheides vom 4.3.2020) lediglich für eine einzelne individuell benannte Person ausgesprochen wird oder für alle Bewohnerinnen und Bewohner der stationären Einrichtung. Denn es ist eindeutig erkennbar, dass für den Fall, dass – bei welchem Bewohner oder welcher Bewohnerin auch immer – eine Wunde entsteht, diese unverzüglich zu dokumentieren ist. Wird also der Tatbestand der Wundentstehung festgestellt, realisiert sich die Dokumentationspflicht. Unerheblich ist es für die Bestimmtheit der Anordnung demgegenüber, ob dies lediglich bei einer individuell benannten Person der Fall ist oder bei allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung. Gleiches gilt für die in Ziffern 3 und 5 festgehaltenen Anordnungen. Ob – wie die Klägerin vorträgt – ein solches „Kuratel“ im Widerspruch zum Grundsatz der Selbständigkeit des Trägers in der Zielsetzung und Durchführung seiner Aufgaben steht, ist demgegenüber nicht Prüfungsgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Wie oben ausgeführt, wird in einem Verfahren mit dem Ziel der Feststellung, dass ein Zwangsgeld nicht fällig geworden ist, der Grundverwaltungsakt nicht mehr auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft. Damit ist die dargestellte Argumentation der Klägerin unbehelflich.
54
Entgegen dem Vortrag der Klägerin sind die in den Ziffern 2 und 3 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen in diesem Sinne hinreichend bestimmt, zudem auch die in Ziffer 5 enthaltene Anordnung.
55
Die Klägerin zieht dies hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 2 bezüglich des Wortes „unverzüglich“ für den Fall eines subkutan entstehenden Dekubitus in Zweifel. Dem hält die Beklagte entgegen, sobald dem Pflegepersonal eine Wunde in Abhängigkeit vom individuellen Einzelfall erstmals auffalle, sei dies ohne schuldhaftes Zögern zu dokumentieren. In der Begründung des Bescheides vom 4. März 2020 ist hierzu festgehalten, zwar sei aufgrund einer auffallenden Rötung des rechten Hallux eines Bewohners am 13. Dezember 2019 mit dem Hausarzt kommuniziert worden; erst am 8. Januar 2020 sei die erste Wunddokumentation mit Foto zu dieser Wunde angelegt worden. Hinsichtlich eines weiteren Bewohners wird ausgeführt, dieser sei am 5. Juli 2019 aus dem Krankenhaus zur Kurzzeitpflege in die Einrichtung der Klägerin verlegt worden; bei der Begehung am 17. Juli 2019 habe er drei verschiedene teils ausgeprägte Wunden aufgewiesen, zu denen seit der Aufnahme in die Einrichtung zwölf Tage zuvor noch keine Wunddokumentation angelegt worden sei, dies, obwohl eine chirurgische Versorgung einer Wunde im Krankenhaus erfolgt gewesen sei und obwohl für zwei Wunden Verordnungen des Hausarzts vorgelegen hätten. Weiterhin benennt der Bescheid vom 4. März 2020 das bei der Begehung am 8. Oktober 2019 aufgefallene Fehlen eines Wundfotos einer im Übrigen am 15. August 2019 erstmals dokumentierten Wunde. All dies macht deutlich, dass die Beklagte mit dem Begriff „unverzüglich“ die Erstdokumentation einer neu entstandenen Wunde ohne schuldhaftes Zögern nach der tatsächlichen erstmaligen Kenntnisnahme von ihrem Vorhandensein erreichen will. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Wunden als Läsionen, die durch eine Durchtrennung oder durch eine oberflächliche Beschädigung der Haut oder Schleimhaut entstehen, definiert werden (vgl. z.B. Flexikon, Doccheck.com/de/wunde, abgerufen am 29.9.2023). Entsteht demgegenüber – wie von der Klägerin ins Spiel gebracht – eine Schädigung des Gewebes unterhalb der Haut im Körper, so wird dies nicht als Wunde bezeichnet.
56
Die Klägerin zieht weiterhin die Bestimmtheit der Anordnung in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 in Frage mit dem Argument, die Bedeutung des Wortes „Konsultation“ sei unklar. Gemäß dem Werk Duden, Bedeutungswörterbuch (herausgegeben und bearbeitet von Wolfgang Müller, 2. Aufl. 1985) bedeutet das Wort „Konsultation“ die Untersuchung und Beratung durch einen Fachmann, besonders durch einen Arzt. Die Beklagtenseite interpretiert den Begriff als Herstellung der Kommunikation mit dem behandelnden Arzt, damit dieser einen Behandlungsplan festlegen kann. Abgeleitet ist das Wort „Konsultation“ vom lateinischen Verb consultare mit der Bedeutung „jemanden befragen, um Rat fragen, zu Rate ziehen, beratschlagen“. Damit wird deutlich, dass das Wort „Konsultation“ unzweifelhaft eine auf die entsprechende Wunde bezogene fachliche Kommunikation mit dem behandelnden Arzt meint. Es ist nicht erkennbar, dass es anderweitige Bedeutungen dieses Wortes geben könnte.
57
Die Klägerin zieht weiterhin die Bestimmtheit der Anordnung in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 in Frage mit dem Argument, die Bedeutung des Begriffs „fortschreitende Verschlechterung“ sei unklar. Eine Begründung hierzu findet sich jedoch nicht im klägerischen Vortrag. Es liegt auf der Hand, dass die fortschreitende Verschlechterung eines Wundbefundes die Verschlimmerung der Wunde bedeutet. Ob sich die Wunde beispielsweise vergrößert, vertieft, entzündet oder nekrotisches Gewebe entsteht, ist eine Frage des Einzelfalls. In jedem Fall ist es fachlich überprüfbar, ob sich eine Wunde verschlechtert. Fortschreitend ist die Verschlechterung dann, wenn es sich um einen Prozess handelt, der sich über einen gewissen Zeitraum erstreckt. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Begriff anders zu verstehen sein könnte, sind nicht erkennbar.
58
Die Klägerin zieht weiterhin die Bestimmtheit der Anordnung in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 in Frage mit dem Argument, die Bedeutung des Begriffs des „engmaschigen Kontakts“ mit dem behandelnden Arzt sei zu unbestimmt. Die Beklagte führt hierzu aus, der engmaschige Kontakt sei vom Ausmaß und der Entwicklung der konkreten Wunde abhängig. Diesbezüglich führt die Beklagte in ihrem Bescheid vom 4. März 2020 aus, die Klägerin müsse für eine regelmäßige Überwachung der Wundheilung auf Veränderungen hin sorgen. Der Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ gebe vor, nach dem initialen Assessment zur Wunderhebung mindestens einmal wöchentlich die Erhebung der Wundparameter durchzuführen. Die Arztkommunikation müsse engmaschig erfolgen, um frühzeitig eine adäquate Wundtherapie einzuleiten. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass der Kontakt mit dem Arzt in solchen zeitlichen Abständen erfolgen muss, dass er die Möglichkeit hat, von der Verschlechterung des Wundbefundes Kenntnis zu nehmen und über die bereits eingeleiteten Gegenmaßnahmen hinaus weitere oder andere Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dies ist vom individuellen Einzelfall abhängig und kann fachlich überprüft werden.
59
Damit sind die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des Art. 19 VwZVG zu bejahen.
60
b) Allerdings liegen die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen zur Gänze nur hinsichtlich der in Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen vor, nicht jedoch hinsichtlich der in Ziffer 3 enthaltenen Anordnungen.
61
aa) Zu Recht hat die Beklagte auf der Grundlage von Art. 29 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 VwZVG zur Vollstreckung eines Verwaltungsakts, mit dem eine Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, ein zulässiges Zwangsmittel, nämlich das Zwangsgeld ausgewählt. Hierbei handelt es sich gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 VwZVG um ein bestimmtes Zwangsmittel, das die Beklagte schriftlich angedroht hat.
62
bb) Allerdings hat die Beklagte gemäß Art. 36 Abs. 5 VwZVG den Betrag des Zwangsgelds in bestimmter Höhe lediglich hinsichtlich der in Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen angedroht, nicht jedoch hinsichtlich der in Ziffer 3 enthaltenen Anordnung.
63
Nach Art. 36 Abs. 5 VwZVG ist der Betrag des Zwangsgelds in bestimmter Höhe anzudrohen. Bei mehreren gebotenen selbständigen Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen, die mittels Zwangsgelds durchgesetzt werden sollen, ist grundsätzlich für jede Maßnahme ein bezifferter Betrag anzugeben. Ein Gesamtbetrag verstößt grundsätzlich gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und führt zur Rechtswidrigkeit der Androhung (Giehl/Adolph/Fabisch, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: September 2023, Art. 31 VwZVG Rn. 13). Lediglich dann, wenn mehrere angeordnete Maßnahmen rechtlich oder tatsächlich zusammen hängen und so im Sinne einer einheitlichen Verpflichtung miteinander verknüpft sind, ist die Androhung eines einheitlichen Zwangsgelds gerechtfertigt, welches in voller Höhe auch dann fällig wird, wenn nur eine der gebotenen Maßnahmen nicht erfüllt wird (Giehl/Adolph/Fabisch, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.).
64
Auf dieser Grundlage enthält die Anordnung in Ziffer 2 des Bescheides vom 4. März 2020 lediglich eine einzige Pflicht, nämlich die unverzügliche Dokumentationspflicht bei der Entstehung von Wunden bei Bewohnerinnen und Bewohnern. Diesbezüglich ist in Ziffer 8.1 des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR bei Zuwiderhandlung angedroht worden.
65
Demgegenüber enthält Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 zwei verschiedene Anordnungen, die der Klägerin unterschiedliche Pflichten auferlegen, die nicht aufgrund eines tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhangs im Sinne einer einheitlichen Verpflichtung miteinander verknüpft sind. Ziffer 3 Satz 1 enthält die Pflicht, bei einem neu festgestellten Wundbefund unverzüglich den Arzt zur Festlegung eines Behandlungsplans zu konsultieren. Ziffer 3 Satz 2 enthält „darüber hinaus“ die Verpflichtung, bei fortschreitender Verschlechterung des Wundbefundes engmaschig Kontakt mit dem behandelnden Arzt zu halten. Hierbei handelt es sich um zwei unterschiedliche Pflichten: Die eine bezieht sich auf ein Handeln bei einem neu festgestellten Wundbefund, die andere Pflicht bezieht sich auf ein Handeln bei der fortschreitenden Verschlechterung eines bereits bekannten Wundbefundes. Beide Pflichten müssen denknotwendig zu unterschiedlichen Zeiten erfüllt werden, denn erst zeitlich nach der erstmaligen Feststellung eines Wundbefundes kann dieser sich im Rahmen eines zeitlichen Prozesses fortschreitend verschlechtern. Zudem ist es möglich, gegen eine der beiden Pflichten zu verstoßen und die andere zu befolgen. Hieraus ergibt sich auch, dass beide Maßnahmen nicht in einer Art rechtlich oder tatsächlich zusammenhängen, dass sie im Sinne einer einheitlichen Verpflichtung miteinander verknüpft sind.
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Allerdings hat die Beklagte hinsichtlich dieser beiden in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen, jeweils selbständigen Pflichten in Ziffer 8.1 des Bescheides ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht. Damit ist für die Klägerin nicht erkennbar, unter welchen Voraussetzungen dieses Zwangsgeld fällig wird, ob sie also lediglich gegen eine einzige der beiden in Ziffer 3 des Bescheides auferlegten Pflichten verstoßen muss oder gegen beide Pflichten. Hieraus ergibt sich, dass hinsichtlich der in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 angeordneten Pflichten das Zwangsgeld nicht in bestimmter Höhe angedroht worden ist, so dass in dieser Hinsicht eine besondere Vollstreckungsvoraussetzung für die Fälligstellung dieses Zwangsgelds fehlt.
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Demgegenüber ist in Ziffer 5 des Bescheides vom 4. März 2020 lediglich eine einzige Handlungspflicht festgelegt worden. Nach Ziffer 5 Satz 1 des Bescheides muss in der Anwendung des Wundmanagements ein fortlaufender Pflegeprozess, z.B. anhand des PDCA-Zyklus ersichtlich sein. Satz 2 schreibt vor, nach dem ersten Assessment zur Wunderhebung mindestens einmal wöchentlich die Wundparameter in einem Wundbericht zu erheben und Veränderungen nachvollziehbar zu dokumentieren. Hiernach muss also zum einen ein fortlaufender Pflegeprozess „ersichtlich“ sein. Das Wort „ersichtlich“ macht deutlich, dass es hier um Dokumentationspflichten geht, die den Pflegeprozess auch für Außenstehende erkennbar machen. Zum anderen geht es um die mindestens wöchentliche nachvollziehbare Dokumentation von Veränderungen der Wundparameter in einem Wundbericht. Allerdings gelangt das Gericht zur Erkenntnis, dass die im zweiten Satz festgelegte Pflicht zur wöchentlichen Dokumentation von Wundveränderungen in einem Wundbericht ein Teil der in Satz 1 festgelegten Pflicht ist, in Anwendung des Wundmanagements einen fortlaufenden Pflegeprozess ersichtlich zu machen, dies z.B. anhand des PDCA-Zyklus. Damit handelt es sich um eine einheitliche Verpflichtung. Dies ergibt sich aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften in Zusammenhang mit den Vorgaben für die Pflege von Menschen mit chronischen Wunden.
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Gemäß Art. 3 Abs. 2 Nr. 3 PfleWoqG haben der Träger und die Leitung einer stationären Einrichtung sicherzustellen, dass die Leistungen nach dem jeweils allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse erbracht werden; zudem haben sie gemäß Nr. 4 der Vorschrift sicherzustellen, dass eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Kenntnisse gesichert ist. Sicherzustellen ist nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 PfleWoqG auch, dass der an der Person des Pflegebedürftigen orientierte Pflegeprozess umgesetzt und dessen Verlauf aufgezeichnet wird. Als Pflegeprozess wird in der professionellen Pflege eine systematische Arbeitsmethode bezeichnet. Es handelt sich um die geplante Krankenpflege unter Einbeziehung ersichtlicher und zu erwartender Pflegeprobleme sowie der Fähigkeiten und Kräfte des Patienten und aller in seiner medizinischen und psychologischen Betreuung involvierten Personen sowie eventuell seiner Angehörigen und Freunde. Der Pflegeprozess besteht aus der Informationssammlung (Pflegeanamnese), der Feststellung von Pflegeproblemen, Ressourcen und Pflegezielen, der Planung der Pflegemaßnahmen, der Durchführung der geplanten Maßnahmen, der Beurteilung der Ergebnisse und eventuell der Festlegung neuer Ziele bzw. veränderter Pflegemaßnahmen (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Aufl. 2004, Stichwort: Pflegeprozess).
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Mit den oben genannten Vorschriften des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes haben Träger und Leitung der stationären Einrichtung die Pflicht, den Pflegeprozess nach dem jeweils allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu dokumentieren.
70
Der Gesetzgeber hat die genannten gesetzlichen Vorgaben für die Aufstellung individueller Pflegeplanungen und die Dokumentation der Pflege auf die Überlegung gestützt, dass diese Verpflichtungen nicht nur die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Pflege erleichtern, sondern vorrangig die gesundheitliche Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner sichern und den erforderlichen Nachweis ermöglichen sollen (LT-Drs. 15/10182, S. 22, zu Art. 3 Abs. 2 Nr. 8).
71
Damit dient die Dokumentation des Pflegeprozesses der Feststellung der Fähigkeiten und Ressourcen des Pflegebedürftigen, dem Festlegen von Verantwortlichkeiten für die Durchführung einzelner Maßnahmen sowie der Überprüfung der Maßnahmen auf ihre Angemessenheit hin. Die Pflegedokumentation soll das individuelle und aktuelle Bild des Pflegebedürftigen widerspiegeln, so dass sich auch eine nicht in der Einrichtung beschäftigte Pflegekraft ein zutreffendes Bild über die Situation des zu Pflegenden machen und danach pflegen kann, ohne dass dadurch ein Schaden für den zu Pflegenden besteht (Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 3 Rn. 28).
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Die Dokumentationspflichten bezwecken damit den vorbeugenden Schutz und die Sicherung einer qualifizierten gesundheitlichen Betreuung der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner. Dokumentationsmängel können eine Gefährdung der Gesundheit nach sich ziehen (BayVGH, B.v. 29.9.2011 – 12 CS 11.2022 – juris Rn. 80).
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In diesem Rahmen ist es unerlässlich, dass der Pflegeprozess fortlaufend dokumentiert wird, um diese Zwecke zu erreichen. Diesen Gedanken hat die Beklagte in Ziffer 5 des Bescheides vom 4. März 2020 aufgenommen und in der Begründung des Bescheides ausgeführt, hierzu gehöre insbesondere, dass der Verlauf des Pflegeprozesses aufgezeichnet werde, was auch eine regelmäßige Überwachung der Wundheilung auf Veränderungen miteinschließe. Schon dies macht deutlich, dass die mindestens wöchentliche Dokumentation der Wundparameter in einem Wundbericht Teil der umfangreicheren Dokumentation des fortlaufenden Pflegeprozesses ist.
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Verdeutlicht wird dies dadurch, dass der fortlaufende Pflegeprozess sich zum Beispiel am PDCA-Zyklus ausrichten soll. Hierbei handelt es sich um ein universelles Modell zur Optimierung des Qualitätsmanagements in Unternehmen. Er beschreibt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Der Zyklus enthält vier Phasen: Zum ersten die Planung, die die Lokalisation des Problems, eine Analyse des Ist-Zustandes und eine Zielbestimmung sowie die Beschreibung der erforderlichen Maßnahmen umfasst; zum zweiten die Umsetzung der geplanten Maßnahmen einschließlich der Dokumentation sämtlicher Aktivitäten; zum dritten die objektive Betrachtung der Frage, ob das Ziel erreicht worden ist und zum vierten die Reflexion des Prozesses. Wird hierbei festgestellt, dass das Ziel noch nicht erreicht worden ist, so wird der Zyklus erneut durchlaufen (refa.de/service in refa-lexikon/pdca-zyklus; abgerufen am 6.10.2023). Wird aber der Pflegeprozess anhand eines solchen Zyklus durchgeführt und dokumentiert, so ist die wöchentliche nachvollziehbare Dokumentation der Wundparameter in einem Wundbericht Teil dieses Zyklus, nämlich der Phase 3 mit der Frage, ob das Ziel, die Wunde zum Heilen zu bringen, erreicht worden ist.
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Bestätigt wird dies durch die Heranziehung des Expertenstandards Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, 1. Aktualisierung 2015, des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege. Dieser ist für den vorliegenden Fall anwendbar und einschlägig (OVG NRW, B.v. 17.2.2011 – 12 A 241/10 – juris Rn. 16, Rn. 18, Rn. 32; VG München, U.v. 23.8.2012 – M 17 K 11.287 – juris Rn. 27; Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 3 Rn. 14 f.; vgl. hierzu auch die allgemeinen Ausführungen zur Anwendung von Expertenstandards in BayVGH, B.v. 28.7.2011 – 12 ZB 09.3198 – juris). Bei diesem Expertenstandard handelt es sich um ein evidenzbasiertes monodisziplinäres Instrument, das den spezifischen Beitrag der Pflege für die gesundheitliche Versorgung von Bewohnerinnen und Bewohnern zu zentralen Qualitätsrisiken aufzeigt und Grundlage für eine kontinuierliche Verbesserung der Pflegequalität in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen bietet. Er stellt ein professionell abgestimmtes Leistungsniveau dar, das dem Bedarf und den Bedürfnissen der damit angesprochenen Bevölkerung angepasst ist und Kriterien zur Erfolgskontrolle dieser Pflege einschließt. Ein Expertenstandard zeigt die Zielsetzung komplexer, interaktionsreicher pflegerischer Aufgaben sowie Handlungsalternativen und Handlungsspielräume in der direkten BewohnerInnenversorgung auf. Er erhebt den Anspruch, ein wirksames Instrument der Qualitätsentwicklung zu sein und durch einen aktiven Theorie-/Praxis-Transfer zur Entwicklung und Professionalisierung der Pflege beizutragen (Altmiks in Schlegel/Voelzke, JurisPK-SGB XI, 3. Aufl., 1.10.2021, § 113a Rn. 10).
76
Zielsetzung dieses Expertenstandards ist es, dass jeder Patient mit einer chronischen Wunde u.a. vom Typ Dekubitus eine pflegerische Versorgung erhält, die das individuelle Krankheitsverständnis berücksichtigt, die Lebensqualität fördert, die Wundheilung unterstützt und die Rezidivbildung von Wunden vermeidet. Dieser Expertenstandard nimmt die oben dargestellten Schritte eines kontinuierlichen Pflegeprozesses auf und legt im Rahmen der im Einzelnen beschriebenen Prozesskriterien unter anderem und insbesondere fest, dass die Pflegefachkraft in individuell festzulegenden Abständen, spätestens jedoch nach vier Wochen, die lokale Wundsituation beurteilt (Wiederholung des wundspezifischen Assessments) und unter Beteiligung eines pflegerischen Fachexperten spätestens alle vier Wochen die Wirksamkeit der gesamten Maßnahmen überprüft (Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege, Hrsg., Expertenstandard, Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, 1. Aktualisierung 2015, Ziffer 2.3). Hinsichtlich der Häufigkeit der Wundeinschätzung sieht der genannte Expertenstandard (Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege, Expertenstandard, Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, 1. Aktualisierung 2015, Ziffer 3.4.6.4) vor, dass nach dem initialen Assessment mindestens eine wöchentliche Wiederholung stattfinden soll, in der Veränderungen dokumentiert werden. Ein wöchentliches Assessment bietet hiernach die Möglichkeit, frühe Komplikationen zu erkennen und die Notwendigkeit einer Therapieänderung abzuleiten. Auch dies macht deutlich, dass die mindestens einmal wöchentliche Dokumentation der Wundparameter in einem Wundbericht Teil eines fortlaufenden Pflegeprozesses ist.
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Damit stellt sich die Anordnung in Ziffer 5 Satz 2 des Bescheides vom 4. März 2020 als Teil einer allgemeineren Anordnung in Ziffer 5 Satz 1 dieses Bescheides dar.
78
cc) Im Rahmen der Prüfung der besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen ist weiter festzustellen, dass die Beklagte im Bescheid vom 4. März 2020 gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ordnungsgemäß eine Frist bestimmt hat, innerhalb welcher der Klägerin der Vollzug der auferlegten Pflichten billigerweise zugemutet werden kann.
79
Die Beklagte hat in Ziffer 2 des Bescheides vom 4. März 2020 als Frist die sofortige Befolgung der Anordnung festgelegt. Die Verwendung des Wortes „sofort“ macht deutlich, dass die Anordnung unmittelbar nach Zugang des Bescheides zu beachten ist. Zwar finden sich in den Ziffern 3 und 5 des Bescheides keine Bestimmungen, dass die dort genannten Anordnungen sofort zu befolgen sind; aus dem Gesamtzusammenhang und der Begründung des Bescheides wird jedoch deutlich, dass auch diese Anordnungen sofort umzusetzen sind. Denn die Beklagte führt in der Begründung des Bescheides aus, die festgestellten Mängel wirkten sich direkt und unmittelbar auf das Wohl und den Gesundheitszustand der Bewohnerinnen und Bewohner aus; ein Fehlverhalten in diesen Bereichen stelle gegebenenfalls eine Gefahr für Leib und Leben dar. Daher sei möglichst schnell darauf hinzuwirken, dass Pflegedokumentation und Pflege- und Betreuungshandlungen den fachlichen Standards entsprechend ausgeführt werden würden. Dies gelte umso mehr, als die genannten Defizite bereits mehrmals vorgefunden worden seien und sich bislang nach der jeweils erfolgten Beratung keine ausreichende und nachhaltige Besserung gezeigt habe.
80
Damit ist in den genannten Anordnungen eine von der Beklagten einzuhaltende Frist benannt worden, so dass für die Beklagte eindeutig erkennbar war, ab welchem Zeitpunkt sie die Anordnungen zu beachten hatte.
81
Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte die Frist für die Erfüllung der Verpflichtungen nicht in Ziffer 8.1 des Bescheides vom 4. März 2020, also im Rahmen der Androhung des jeweiligen Zwangsgeldes, bestimmt hat, sondern bereits in den Anordnungen Ziffern 2, 3 und 5 selbst.
82
Ob die nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG bestimmte Frist für den Vollzug der Verpflichtung dem Betroffenen billigerweise zugemutet werden kann, ist nicht Gegenstand einer Klage mit dem Ziel festzustellen, dass das Zwangsgeld nicht fällig geworden ist. Dies wäre vielmehr Prüfungsgegenstand einer Klage gegen den Bescheid vom 4. März 2020 gewesen.
83
dd) Aus alledem ergibt sich, dass die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen lediglich bezüglich Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020, nicht jedoch bezüglich Ziffer 3 des Bescheides vorliegen.
84
c) Weiterhin ist festzustellen, dass die Klägerin die ihr von der Beklagten in den Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 auferlegten Pflichten nicht erfüllt hat. Die in Ziffer 3 auferlegten Pflichten hat sie – ohne dass es hierauf noch ankäme – lediglich teilweise erfüllt.
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aa) Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang das Argument der Klägerin, im Zeitpunkt der Fälligstellung des Zwangsgelds am 9. Februar 2021 sei nichts mehr erzwingbar gewesen, weil alle verlangten Handlungen schon vorgenommen worden seien. Diese Argumentation beruht auf der schon oben dargestellten verfehlten Sichtweise, die Anordnungen könnten nicht abstrakt für verschiedene – andere – Bewohnerinnen und Bewohner gelten, sondern nur hinsichtlich derjenigen Person, bei welcher ein bestimmter Mangel bereits festgestellt worden sei, vorliegend also bezüglich der Bewohnerin W. Insbesondere die auf diese Bewohnerin bezogenen festgestellten Pflegemängel hatten den Anlass für den Erlass des Bescheides vom 4. März 2020 gegeben. Demgegenüber ist – wie schon oben dargestellt – Ziel und Inhalt der angeordneten Pflichten nicht deren – gegebenenfalls einmalige – Umsetzung hinsichtlich einer einzigen individuell benannten Person, sondern hinsichtlich aller Bewohnerinnen und Bewohner der klägerischen Einrichtung. Damit können sie nicht – wie z.B. die Anordnung, ein Gebäude abzureißen – mit einer einmaligen Handlung abschließend erfüllt werden, sondern es handelt sich um dauerhaft zu beachtende Pflichten, die sich nicht durch eine einmalige Befolgung erledigen. Wäre demgegenüber die Klägerin der Auffassung, sie habe die ihr auferlegten Pflichten bereits endgültig und abschließend durchgeführt, so hätte sie sich in dieser Hinsicht im Rahmen des Art. 21 VwZVG an die Anordnungsbehörde wenden müssen mit dem Antrag, die Vollstreckung aus dem Verwaltungsakt vom 4. März 2020 wegen der abschließenden Erfüllung der auferlegten Pflichten für unzulässig zu erklären (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: 1.7.2023, Art. 21 VwZVG Rn. 3; Giehl/Adolph/Fabsich, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: September 2023, Art. 21 VwZVG Rnrn. 47, 49, 52, 54 jeweils m.w.N.).
86
bb) Die Klägerin hat gegen die ihr in Ziffer 2 des Bescheides vom 4. März 2020 auferlegte Pflicht zweifelsfrei (vgl. zu diesem Maßstab: BayVGH, U.v. 17.12.2019 – 10 B 191297 – juris Rn. 23) verstoßen. Hiernach hatte die Klägerin bei Bewohnerinnen und Bewohnern die Entstehung von Wunden unverzüglich zu dokumentieren.
87
Hinsichtlich ihrer Behauptung, die Klägerin hätte dieser Anordnung zuwidergehandelt, beruft sich die Beklagte auf die Feststellungen bei der Begehung der Einrichtung am 27. Januar 2021, bezogen auf die Bewohnerin S. In der entsprechenden Dokumentation sei am 30. Dezember 2020 erstmals eine Wunde an der rechten Gesäßhälfte beschrieben und unmittelbar als Dekubitus Grad IV klassifiziert worden. Dies nimmt der Prüfbericht vom 15. Februar 2021 auf mit der Feststellung, der Dekubitus habe am 30. Dezember 2020 eine Größe von 4 cm x 2 cm gehabt. Hieraus schließt die Beklagte, dass diese Wunde nicht kurzfristig entstanden sein könne und somit schon länger bestanden haben müsse. Diese fachliche Einschätzung beruhe auf der pflegerischen und ärztlichen Begutachtung. Damit sei die Wunde nicht unverzüglich nach ihrer Entstehung dokumentiert worden. Dem hat die Beklagte keine anderslautende fachliche Einschätzung entgegengesetzt.
88
Demgegenüber wird die Einschätzung der Beklagten durch das Gutachten des Pflegedirektors/Vorstand am Universitätsklinikum W. M. H. vom 30. Dezember 2022 bestätigt. Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt hat dieses Gutachten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens 11 UJs 745/21 wegen fahrlässiger Körperverletzung, bezogen auf drei im Einzelnen benannte Bewohnerinnen und Bewohner, darunter auch die Bewohnerin S., eingeholt. Hierbei hat die Staatsanwaltschaft Schweinfurt u.a. die Klärung folgender Frage in Auftrag gegeben: Lassen sich anhand der vorhandenen Unterlagen Mängel bei der Pflege von S., W. und/oder B. feststellen? Grundlage des Gutachtens waren die staatsanwaltschaftlichen Akten, Ausführungen zu akut stationär geführten Patientenakten sowie die Pflegedokumentation, die zu den auch dem Gericht vorliegenden Behördenakten gehört. Demgegenüber standen dem Gutachter die Wundberichte von externen Pflegefachkräften, der Bewegungsförderplan aus dem Zimmer der Bewohnerin S., der Durchführungsnachweis „Position/Lagerung“ zum Sachverhalt der Frau S. und die Pflegeplanung zum Sachverhalt der Frau S. vor dem 6. November 2020 nicht zur Verfügung. Nach allgemeinen Ausführungen zur Definition, zur Äthiologie und zu den Risikofaktoren hinsichtlich eines Dekubitus und zur Dekubitus-Klassifizierung führt der Gutachter aus, dass sich bei Frau S. im Zeitraum vom 6. August 2018 bis zum 30. Dezember 2020 insgesamt sechs Dekubital-Ulcerationen entwickelt haben, darunter auch diejenige in der Gesäßhälfte rechts. Anschließend thematisiert der Gutachter Defizite bei den Dekubitus-Assessments und er führt in diesem Zusammenhang aus: „Der Nachweis von insgesamt sechs Dekubital-Ulcerationen und fehlender regelmäßiger Einschätzung des Risikos belegen im Nachhinein das sehr schicksalhafte Versäumnis und die komplette Fehleinschätzung zur Beurteilung der Situation zur Dekubitus-Risikoeinschätzung der betreuenden Pflegefachkräfte.“ Anschließend führt der Gutachter die für den Zeitraum vom 6. November 2020 bis 5. Februar 2021 gültige Pflegeplanung auf, in welcher sich eine „Maßnahme zur Hautkontrolle: Bei allen pflegerischen Verrichtungen – aber mind. 1 x täglich: Kontrolle druckbelasteter Körperstellen auf Rötung (…).“ findet. Im Dokument „Durchführung“ für den Zeitraum vom 15. Dezember 2020 bis zum 30. Dezember 2020 wurde diese Maßnahme nach Angabe des Gutachters mehrmals täglich als erledigt abgezeichnet. Weiter führt der Gutachter aus: „Wenn dem so gewesen wäre, wie dies dokumentiert wurde, dann hätte die dokumentierte Maßnahme zur Hautinspektion auch zwingend die Entstehung des Dekubitus an der Gesäßhälfte rechts vom 30.12.2020 rechtzeitig bemerken müssen und dieser Dekubitus hätte nicht mit einer Klassifizierung in der Kategorie 4 begonnen. Die hier als erledigt abgezeichnete Dokumentation ist von daher sehr anzuzweifeln und erscheint keinesfalls glaubhaft.“ Unter der Ziffer 2.5.4 nimmt der Gutachter zur Wundversorgung des Dekubitus Gesäßhälfte rechts unten Stellung und führt aus, dieser Dekubitus sei am 30. Dezember 2020 mit der Kategorie 4 erhoben worden. Die Wundbeschreibung laute wie folgt: „Wunde teilweise nekrotisch, Umgebung stark verhärtet, starker Wundgeruch, Hausarztinformation, Bewohnerin hat sehr starke Schmerzen, deshalb kein Foto mögl., Hausarzt hat Überweisung an KH gestellt, 4 cm x 2 cm, Umgebung trocken, stark verhärtet, Entzündungsanzeichen Rötung, Rand wulstig, Wundgrund Fibrinavitales Gewebe, Exsutat kein, Geruch vorhanden.“ Weiter führt der Gutachter aus: „Wie bereits an anderer Stelle angemerkt, hätte auch hier wesentlich früher, spätestens bei der regelmäßigen abgezeichneten Hautinspektion, dieser Befund auffallen müssen.“
89
Das von der Staatsanwaltschaft Schweinfurt eingeholte Gutachten ist für das Gericht im vorliegenden Fall verwendbar. Das Gutachten beschäftigt sich mit der für das Gericht relevanten Fragestellung, ob die Klägerin bei Bewohnerinnen und Bewohnern die Entstehung von Wunden unverzüglich dokumentiert hat, dies spezifiziert auf die Dokumentation der bei der Bewohnerin Frau S. am Gesäß unten rechts entstandenen Wunde. Es wählt die richtige Methode zur Beantwortung der Frage, nämlich die Ausrichtung an den wissenschaftlichen Grundlagen zur Entstehung von Dekubitus und diesbezüglichen Risikofaktoren, zur Dekubitus-Klassifizierung und zu Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Behandlung eines Dekubitus. Es berücksichtigt sämtliche zur Beantwortung dieser Frage erforderlichen Materialien und Erkenntnismittel. Die vom Gutachter aufgezählten nicht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel sind für die Beantwortung der konkreten Frage nicht erforderlich. Sowohl die Wundberichte von externen Pflegefachkräften als auch der Bewegungsförderplan als auch der Durchführungsnachweis „Positionierung/Lagerung“ als auch die Pflegeplanung vor dem 6. November 2020 spielen für die Beantwortung der Frage, ob der am 30. Dezember 2020 erstmals dokumentierte Dekubitus unverzüglich nach seiner Entstehung dokumentiert worden ist, ersichtlich keine Rolle. Die Ausführungen des Gutachters sind für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen. Das Gutachten ist damit dazu geeignet, dem Gericht den notwendigen Sachverstand hinsichtlich der Frage, ob die bei Frau S. am Gesäß rechts entstandene Wunde unverzüglich dokumentiert worden ist, zu vermitteln. Deshalb macht sich das Gericht das Gutachten zu eigen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 2.4.1969 – VI C 76.65 – Buchholz 232, § 139, BBG Nr. 9).
90
Auf der Grundlage der Ausführungen der Beklagten und auf der Basis der Ausführungen des Gutachters gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass die Klägerin gegen die in Ziffer 2 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltene Anordnung verstoßen hat.
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cc) Weiterhin gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass die Beklagte der in Ziffer 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnung zuwidergehandelt hat. Hiernach muss in der Anwendung des Wundmanagements ein fortlaufender Pflegeprozess, z.B. anhand des PDCA-Zyklus ersichtlich sein und in diesem Rahmen nach dem ersten Assessment zur Wunderhebung mindestens einmal wöchentlich die Wundparameter in einem Wundbericht erhoben und Veränderungen nachvollziehbar dokumentiert werden.
92
Bei der Fälligstellung des Zwangsgeldes mit Schreiben vom 9. Februar 2021 beruft sich die Beklagte darauf, dass die Größe des am 30. Dezember 2020 erstmals dokumentierten am Gesäß unten rechts befindlichen Dekubitus Grad IV an diesem Tag mit einer Größe von 4 cm x 2 cm und erst hernach wieder am 20. Januar 2021 mit einer Größe von 12,5 cm x 6 cm dokumentiert worden ist. Im Prüfbericht vom 15. Februar 2021 zur Begehung am 27. Januar 2021 wird präzisiert, nach der Erstdokumentation dieses Dekubitus am 30. Dezember 2020 sei Frau S. umgehend in das Krankenhaus eingewiesen und am 6. Januar 2021 wieder entlassen worden. Erst am 20. Januar 2021 sei der Dekubitus dokumentiert worden.
93
Im Gutachten des Pflegedirektors H. vom 30. Dezember 2022 wird unter Ziffer 2.5.4 zum Dekubitus Gesäßhälfte rechts unten ausgeführt die Kategorisierung der Wunde sei nicht korrekt vorgenommen worden. Des Weiteren sei kein Maßnahmenplan vorhanden gewesen, teilweise sei die Behandlung im Wundverlauf niedergeschrieben, jedoch nicht regelmäßig. Somit sei unklar, wie die Versorgung der Wunde tatsächlich durchgeführt worden sei. Auch diese Wunde sei, entgegen jeder Vorgabe, „herunterkategorisiert“ worden.
94
Auch insoweit ist das Gutachten für das Gericht verwendbar. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
95
Die Klägerin hat die genannten Äußerungen der Beklagten und des Gutachters inhaltlich nicht in Frage gestellt.
96
Auf der Grundlage der für das Gericht nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten und der verwendbaren Ausführungen des Gutachters steht für das Gericht fest, dass die Klägerin gegen die in Ziffer 5 des Bescheides vom 4. März 2020 angeordneten Dokumentationspflichten bezogen auf die bei Frau S. vorhandene Wunde im Bereich Gesäßhälfte rechts unten verstoßen hat. Damit kommt es auf mögliche Verstöße bezüglich der weiteren bei der Bewohnerin Frau S. vorhandenen Dekubitus (vgl. hierzu die Ausführungen des Gutachters in Ziffern 2.5., 2.5.1, 2.5.2, 2.5.3 und 2.5.5 des Gutachtens) nicht an.
97
dd) Auf die Frage, ob die Klägerin gegen die in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen verstoßen hat, kommt es aufgrund der oben dargestellten Androhung des Zwangsgeldes in unbestimmter Höhe nicht mehr an. Allerdings spricht viel dafür, dass die Klägerin lediglich gegen die Pflicht aus Ziffer 3 Satz 2 verstoßen hat; ein Verstoß gegen die in Ziffer 3 Satz 1 enthaltene Anordnung ist für das Gericht wohl nicht nachgewiesen.
98
Hinsichtlich Ziffer 3 Satz 1 führt die Beklagte im Rahmen der Fälligstellung des Zwangsgeldes mit Schreiben vom 9. Februar 2021 aus, der Arzt sei hinsichtlich des bei Frau S. am Gesäß unten rechts aufgetretenen Dekubitus erst am 30. Dezember 2020 informiert worden, demzufolge nicht unverzüglich ab neu festgestelltem Wundbefund. Demgegenüber dürfte gemäß der Formulierung dieser Anordnung auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Feststellung des Wundbefundes abzustellen sein und nicht – wie die Beklagte dies tut – auf den Zeitpunkt, zu dem eine erstmalige Feststellung möglich gewesen wäre. Ist dies aber so, hat die Klägerin im Fall des Dekubitus Gesäßhälfte unten rechts den Arzt noch am selben Tag, also unverzüglich konsultiert. Anderweitige Verstöße gegen diese Anordnung dahingehend, dass ein Wundbefund neu festgestellt worden und daraufhin der Arzt nicht unverzüglich konsultiert worden wäre, sind für das Gericht nicht eindeutig erkennbar.
99
Demgegenüber spricht viel dafür, dass die Klägerin gegen die in Ziffer 3 Satz 2 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltene Anordnung verstoßen und bei fortschreitender Verschlechterung des Wundbefundes nicht engmaschig Kontakt mit dem behandelnden Arzt gehalten hat. Dies ergibt sich hinsichtlich des bei Frau S. vorhandenen Dekubitus am Gesäß unten rechts daraus, dass der Dekubitus nach der Entlassung von Frau S. aus dem Krankenhaus am 6. Januar 2021 dreimal verbunden wurde und beim vierten Verbandswechsel am 20. Januar 2021 eine erneute stationäre Einweisung erfolgte, der behandelnde Arzt jedoch erst am 26. Januar 2021 hierüber informiert worden ist. Die Ausführungen der Klägerseite im Gerichtsverfahren hierzu, es habe durchgängig eine ärztliche Behandlung bestanden und der Hausarzt sei regelmäßig eingebunden gewesen, sind in dieser Pauschalität nicht nachvollziehbar.
100
d) Aus alledem ergibt sich, dass hinsichtlich der in den Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen die allgemeinen und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und die Klägerin insoweit die ihr hiermit auferlegten Pflichten nicht erfüllt hat. Damit ist jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR aufgrund der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2 und gegen Ziffer 5 des Bescheides vom 4. März 2020 zur Zahlung fällig geworden. Insoweit war die Klage abzuweisen. Hinsichtlich der in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen liegen die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 29 VwZVG nicht zur Gänze vor, weil das Zwangsgeld nicht in bestimmter Höhe angedroht worden ist. Insofern war der Klage stattzugeben und festzustellen, dass das für die Nichterfüllung der Anordnung in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 in Höhe von 2.000,00 EUR angedrohte Zwangsgeld nicht zur Zahlung fällig geworden ist.
101
Die Klage, die sich gegen die im Bescheid vom 9. Februar 2021 erfolgte erneute Androhung von Zwangsgeldern in Höhe von jeweils 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 2 bis 5 richtet, ist als Anfechtungsklage zulässig. Denn bei der Androhung von Zwangsgeldern nach Art. 36 Abs. 1 VwZVG handelt es sich um einen Verwaltungsakt (Giehl/Adolph/Fabisch, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: September 2023, Art. 36 VwZVG Rn. 1). Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 VwZVG sind gegen die Androhung eines Zwangsmittels, also auch eines Zwangsgeldes, die förmlichen Rechtsbehelfe gegeben, die gegen den Verwaltungsakt zulässig sind, dessen Durchsetzung erzwungen werden soll. Dies ist vorliegend die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO. Diese ist zudem fristgerecht erhoben worden, da die Beklagte der Klägerin den Bescheid vom 9. Februar 2021 am 11. Februar 2021 per Postzustellungsurkunde zugestellt hat und die Klägerin die Klage am 11. März 2021 innerhalb der Monatsfrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben hat.
102
Die Klage ist nur teilweise begründet. Denn lediglich hinsichtlich der auf die Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 bezogenen Zwangsgeldandrohungen liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 19 VwZVG und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 29 VwZVG vor. Insoweit ist der Verwaltungsakt vom 9. Februar 2021 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Demgegenüber liegen diese Voraussetzungen hinsichtlich der erneuten Zwangsgeldandrohung bezüglich Ziffern 3 und 4 des Bescheides vom 4. März 2020 nicht vollständig vor, so dass der Bescheid vom 9. Februar 2021 sich insoweit als rechtswidrig erweist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
103
Dies ergibt sich aus Folgendem: Nach Art. 38 Satz 1 VwZVG sind gegen die Androhung des Zwangsmittels die förmlichen Rechtsbehelfe gegeben, die gegen den Verwaltungsakt zulässig sind, dessen Durchsetzung erzwungen werden soll. Nach Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift kann die Androhung nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird, wenn die Androhung – wie im vorliegenden Fall – nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden und dieser unanfechtbar geworden ist.
104
1. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen für die erneute Zwangsgeldandrohung hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 zur Gänze vor, nicht jedoch hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 4. a) Wie bereits ausgeführt, ist der Bescheid vom 4. März 2020 hinsichtlich seiner Ziffern 2, 3 und 5 nicht nichtig. Gleiches gilt auch für die Anordnung in seiner Ziffer 4. b) Der Bescheid vom 4. März 2020 kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden, da er bestandskräftig geworden ist.
105
c) Wie bereits oben ausgeführt, sind die in den Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen hinreichend bestimmt.
106
Dies gilt jedoch nicht für die in Ziffer 4 des Bescheides enthaltene Anordnung. Hiernach hat die Klägerin durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass entstehende Wunden durch die Mitarbeiter an die Pflegedienstleitung und/oder den internen Wundmanager gemeldet werden. Auch unter Berücksichtigung einer am gesamten Inhalt des Bescheides ausgerichteten und am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung und mit Blick auf den Gesamtzusammenhang (BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 17) ist nicht eindeutig erkennbar, welche Pflicht zu erfüllen ist, um der Fälligstellung des Zwangsgeldes zu entgehen. Dies ergibt sich aus der Formulierung „und/oder“, die es offen lässt, ob sichergestellt werden soll, dass entstehende Wunden durch die Mitarbeiter ausschließlich an die Pflegedienstleitung, ausschließlich an den internen Wundmanager, wahlweise an die eine oder andere Person oder aber zwingend an beide Personen zu melden sind. Auch der im letzten Halbsatz der Anordnung angegebene Zweck, nämlich die Ermöglichung einer adäquaten Behandlung und Dokumentation der Wunde, hilft hier nicht weiter, da sowohl die Pflegedienstleitung als auch der interne Wundmanager für Behandlung und Dokumentation der Wunde sorgen können. Damit erweist sich die in Ziffer 4 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltene Anordnung als zu unbestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG; sie ist damit nicht vollstreckbar, so dass sich schon deshalb das diesbezüglich mit Bescheid vom 9. Februar 2021 angedrohte Zwangsgeld als rechtswidrig erweist.
107
2. Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen für eine erneute Zwangsgeldandrohung lediglich hinsichtlich der in den Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen zur Gänze vor. Dies gilt jedoch nicht für die in den Ziffern 3 und 4 enthaltenen Anordnungen.
108
a) Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich beim Zwangsgeld gemäß Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 VwZVG um ein zulässiges Zwangsmittel.
109
b) Die Androhung ist gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG mit Bescheid vom 9. Februar 2021 schriftlich erfolgt.
110
c) Gemäß Art. 36 Abs. 5 VwZVG ist der Betrag auch des erneuten Zwangsgeldes in bestimmter Höhe anzudrohen. Auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
111
Dieses Erfordernis ist hinsichtlich der erneuten Androhung für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt. Gleiches gilt für die in Ziffer 4 des Bescheides enthaltene Meldepflicht bei entstehenden Wunden; hierbei handelt es sich um eine einzige Pflicht, wobei – wie oben ausgeführt – lediglich unklar bleibt, ob die Meldung an die Pflegedienstleitung, an den internen Wundmanager, wahlweise an eine der beiden Personen oder an beide Personen gerichtet werden muss. Demgegenüber enthält, wie oben dargestellt, die in Ziffer 3 des Bescheides enthaltene Anordnung zwei unterschiedliche Pflichten. Dennoch hat die Beklagte auch für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffer 3 des Bescheides vom 4. März 2020 ein einheitliches Zwangsgeld angedroht, so dass es für die Klägerin nicht erkennbar wird, unter welchen Voraussetzungen das Zwangsgeld fällig wird.
112
d) Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist auch bei der erneuten Androhung eines Zwangsgeldes eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher den Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Zwar ergibt sich aus der Androhung im Bescheid vom 9. Februar 2021 nicht direkt eine Frist, innerhalb derer die Klägerin die Pflichten aus den in Ziffern 2 bis 5 des Bescheides vom 4. März 2020 enthaltenen Anordnungen erfüllen muss, um der Fälligstellung des Zwangsgeldes zu entgehen. Allerdings ergibt sich aus der Begründung, dass es auch hier – wie schon bei der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 4. März 2020 – um die sofortige Umsetzung der Anordnungen geht, die Frist also als „sofort“ bestimmt worden ist. Dies ergibt sich schon aus den Worten „mit sofortiger Fälligkeit“, welche – in der Formulierung leicht verunglückt – im Sinnzusammenhang deutlich macht, dass die Anordnungen in Ziffern 2 bis 5 des Bescheides vom 4. März 2020 sofort befolgt werden müssen, um der Fälligstellung des Zwangsgeldes zu entgehen. Gleiches ergibt sich auch aus dem letzten Satz der Begründung, wonach die Zwangsgeldforderung fällig wird und im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann, ohne dass ein neuer Bescheid erforderlich ist, wenn gegen die getroffenen Anordnungen verstoßen wird. Auch hier ist keine Frist genannt, was impliziert, dass die Anordnungen sofort zu befolgen sind. Dies wird auch deshalb klar, weil die Beklagte bereits im Grundverwaltungsakt vom 4. März 2020 eine sofortige Befolgung der Auflagen verlangt hat. Benennt sie nun nicht ausdrücklich eine längere Frist, muss es bei dieser kurzen Frist verbleiben.
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Es ist der Klägerin auch billigerweise zuzumuten, die genannten Pflichten sofort nach Zugang des Bescheides vom 9. Februar 2021 erfüllen zu müssen. Denn sie ist bereits mehrfach auf diese gesetzlichen zwingend einzuhaltenden Pflichten hingewiesen worden, insbesondere im Rahmen der Prüfung am 17. Juli 2019. Auch bei den Begehungen am 8. Oktober 2019 und am 15. Januar 2020 ist diese Problematik angesprochen worden. Zudem geht es um die Gesundheit und das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner, die bei einer mangelhaften Wundversorgung und -dokumentation akut und ernsthaft gefährdet werden. Damit ist die Entscheidung der Beklagten, die Umsetzung der Anordnungen „sofort“ zu verlangen, nicht zu beanstanden.
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e) Im Rahmen der besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen ist nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG eine erneute Androhung erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Dies bedeutet, dass ein Zwangsgeld erneut nur dann angedroht werden darf, wenn die Beklagte ihre mit Bescheid vom 4. März 2020, Ziffern 2 bis 5 auferlegten Pflichten nicht rechtzeitig erfüllt hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung ist der Erlass der erneuten Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 9. Februar 2021. Es ist entscheidend, ob zu diesem Zeitpunkt die Erfüllung der Verpflichtung substantiiert geltend gemacht wurde oder für die Behörde unabhängig davon ersichtlich war (BayVGH, B.v. 2.12.2019 – 9 ZB 19.999 – juris Rn. 8; B.v. 6.7.2021 – 9 ZB 19.1629 – juris Rn. 13). Diese Voraussetzung der Erfolglosigkeit der vorausgegangenen Androhung des Zwangsgelds liegt hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 zur Gänze vor, hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer 3 nur zum Teil. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer 4 des Bescheides hat weder die Beklagte einen Verstoß dargelegt, noch ist ein solcher für das Gericht erkennbar. Dies ergibt sich schon daraus, dass aufgrund der oben dargestellten Unbestimmtheit der Anordnung nicht klar erkennbar ist, unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß hiergegen erfolgt, dies aufgrund der Tatsache, dass entstandene Wunden an die Pflegedienstleitung „und/oder“ den internen Wundmanager gemeldet werden sollen. Auch unabhängig hiervon hat die Beklagte keinen konkreten Verstoß gegen diese Anordnung substantiiert dargelegt.
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f) Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Nach Satz 2 der Vorschrift soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG ist das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen. Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften ist das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß nicht zu beanstanden. Der Beklagten steht innerhalb des gesetzlichen Rahmens grundsätzlich ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Eine besondere Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (BayVGH, B.v. 16.9.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23; B.v. 9.11.2021 – 9 ZB 19.1586 – juris Rn. 10). Es ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, dass ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß zu hoch angesetzt wäre, zumal das zunächst angedrohte Zwangsgeld hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 keinen Erfolg gezeigt hat. Auf dieser Grundlage sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen erkannt und ausgeübt. Dies ergibt sich aus den Formulierungen im Bescheid vom 9. Februar 2021 „Die erneute Androhung des Zwangsgeldes als Zwangsmittel ist im vorliegenden Fall nötig und erforderlich um die Einrichtung zur Einhaltung der Anordnungen zu bewegen“ und „Aufgrund der Tatsache, dass die vorausgegangene Androhung des Zwangsgelds (Zwangsmittels) erfolglos geblieben ist, war nunmehr die Höhe des angedrohten Zwangsgelds anzuheben“.
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g) Nach alledem erweist sich die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 9. Februar 2021 für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 als rechtmäßig. Sie verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Androhung eines Zwangsgelds im Bescheid vom 9. Februar 2021 für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 3 und 4 des Bescheides vom 4. März 2020 ist jedoch rechtswidrig, da das Zwangsgeld hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 3 des Bescheides nicht in bestimmter Höhe angedroht worden ist und darüber hinaus sich das Gericht nicht davon überzeugen konnte, dass die Klägerin ihrer Pflicht aus Ziffer 3 Satz 1 und ihrer Pflicht aus Ziffer 4 des Bescheides vom 4. März 2020 bisher nicht nachgekommen ist. Insoweit erweist sich der Bescheid vom 9. Februar 2021 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Auf der Grundlage dieser Erwägungen war hinsichtlich der Fälligstellung des Zwangsgeldes mit Schreiben vom 9. Februar 2021 festzustellen, dass das im Bescheid der Beklagten vom 4. März 2020 für die Nichterfüllung der darin enthaltenen Anordnung Ziffer 3 in Höhe von 2.000,00 EUR angedrohte Zwangsgeld nicht zur Zahlung fällig geworden ist. Im Übrigen war die Klage hinsichtlich dieses Streitgegenstandes abzuweisen, da das hinsichtlich der im Bescheid vom 4. März 2020 für die Nichterfüllung der Anordnungen Ziffern 2 und 5 in Höhe von jeweils 2.000,00 EUR angedrohte Zwangsgeld zur Zahlung fällig geworden ist. Weiterhin ist die Klage erfolgreich, soweit die Beklagte mit Bescheid vom 9. Februar 2021 für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 3 und 4 des Bescheides vom 4. März 2020 ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß zur Fälligkeit angedroht hat. Hinsichtlich dieses Streitgegenstandes war sie, soweit sie sich jedoch gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 4.000,00 EUR je festgestelltem Verstoß für den Fall der erneuten Nichtbeachtung der Anordnungen unter Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 4. März 2020 richtet, abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.