Titel:
Erfüllungsübernahme, Kein rechtskräftig festgestellter Anspruch, Keine Analogie bei schuldunfähigem Täter
Normenkette:
BayBG Art. 97
Schlagworte:
Erfüllungsübernahme, Kein rechtskräftig festgestellter Anspruch, Keine Analogie bei schuldunfähigem Täter
Fundstelle:
BeckRS 2023, 43588
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,- EUR für den infolge eines bei einem dienstlichen Einsatz entstandenen Schadens im Wege der Erfüllungsübernahme nach Art. 97 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG.
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Der Kläger steht als Polizeioberkommissar im Dienste des Beklagten. Am … Juli 2021 befand sich der Kläger im dienstlichen Einsatz wegen eines aggressiven gewalttätigen Täters, der wegen Selbst- und Fremdgefährdung eingewiesen werden sollte. Als der Kläger den Täter zur Durchsetzung dieser Maßnahme ergreifen wollte, schlug dieser ihm mit der Faust ins Gesicht, woraufhin der Kläger sich eine Jochbeinfraktur zuzog.
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Dieser Unfall wurde mit Bescheid vom … September 2021 als Dienstunfall mit der Dienstunfallfolge „gering dislozierte Jochbeinfraktur links“ anerkannt.
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Im strafgerichtlichen Verfahren stellte das Landgericht T. mit Urteil vom 1. Februar 2022 fest, dass der Kläger unter anderem in rechtswidriger Weise den Tatbestand der schweren Körperverletzung erfüllt habe, dass er sich jedoch im Zeitpunkt der Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit im Sinne von § 20 des Strafgesetzbuches/StGB befunden habe. Einen Schmerzensgeldanspruch im zivilgerichtlichen Verfahren machte der Kläger gegenüber dem Schädiger nicht geltend.
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Mit Schreiben vom 10. Mai 2022 beantragte der Kläger beim Landesamt für Finanzen, Dienststelle R. die Übernahme des Schmerzensgeldes wegen unbilliger Härte gemäß Art. 97 BayBG in Höhe von 2.000,- EUR.
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Mit Bescheid vom … Juli 2022 lehnte das Landesamt für Finanzen den Antrag auf Erfüllungsübernahme ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Anspruch auf Erfüllungsübernahme schon seinem Wortlaut nach einen rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruch voraussetze. Da der Kläger einen solchen Titel, mit dem ein Schmerzensgeldanspruch rechtskräftig festgestellt werde, gerade nicht erstritten habe, bestehe auch kein Anspruch auf Erfüllungsübernahme.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom … August 2022 Widerspruch ein. Zur Begründung wird angeführt, dass kein zivilrechtlicher Titel erstritten worden sei, da der Täter bei der Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt habe und daher ein Schmerzensgeldanspruch mangels Verschuldens nicht bestanden habe. Es sei unbillig, wenn der Dienstherr die Zahlung von Schmerzensgeld bei einem schuldfähigen, vermögenslosen Täter übernehme, während der Beamte bei einem schuldlos handelnden Täter keinen Geldersatz erhalte. Vor diesem Hintergrund sei die Vorschrift des Art. 97 BayBG auf den Fall des schuldlos handelnden Täters analog anzuwenden. Denn der Gesetzgeber habe bei Erstellung der Regelung ersichtlich übersehen, dass es Fallkonstellationen wie die Vorliegende gebe, in denen der geschädigte Beamte gerade keinen Vollstreckungstitel erwirken könne. Hätte der Gesetzgeber dies erkannt, hätte er eine entsprechende Regelung getroffen. Denn ein Beamter, der an einen schuldunfähigen Täter gerate, könne nicht schlechter gestellt werden als bei einem Aufeinandertreffen mit einem schuldfähigen Täter. Insbesondere weise ein schuldunfähiger Täter häufig eine größere Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit auf als ein schuldfähiger Täter. Dem Kläger sei deshalb ein Schmerzensgeldanspruch zu gewähren.
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Mit Widerspruchsbescheid vom … April 2023, zugestellt am … April 2023, wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch vom … August 2022 gegen den Bescheid vom … Juli 2022 zurück. Zur Begründung trug das Landesamt für Finanzen vor, dass eine analoge Anwendung ausscheide, da die Erfüllungsübernahme nach Art. 97 BayBG eine Ausnahmeregelung darstelle. Dienstunfallfürsorge werde bereits nach den Art. 45 ff. des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes/BayBeamtVG geleistet. Nur für den Fall, dass ein vermögensloser Schädiger vorliege, komme die Erfüllungsübernahme nach Art. 97 BayBG als ergänzende Fürsorgeleistung zum Tragen. Der Schmerzensgeldanspruch bleibe weiterhin ein höchstpersönlicher Anspruch des Beamten, der vom Beamten im gerichtlichen Verfahren festzustellen und zu vollstrecken sei. Durch die Erfüllungsübernahme werde lediglich sichergestellt, dass der Dienstherr dem Beamten das Ausfallrisiko für zivilrechtliche Schmerzensgeldansprüche nach erfolglosen Vollstreckungsversuchen gegenüber dem vermögenslosen Schädiger abnehme. Dementsprechend beschränke sich die Erfüllungsübernahme darauf, unbillige Härten zu vermeiden, die sich aus dem Ausfall bei vermögenslosen Schädigern ergäben. Der Anspruch auf Erfüllungsübernahme knüpfe, was aus Art. 97 Abs. 3 Satz 1 BayBG abzulesen sei, gerade an erfolglose Vollstreckungsversuche an. Der Kläger habe den Nachweis erfolgloser Vollstreckungsversuche nicht geführt.
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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am … Mai 2023 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben. Der Kläger ist der Auffassung, der Anspruch auf Erfüllungsübernahme ergebe sich aus einer analogen Anwendung des Art. 97 BayBG. Diese Vorschrift sei nicht isoliert, sondern in ihrer systematischen Stellung zu Art. 98 BayBG zu betrachten. Beide Vorschriften seien Ausprägung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der hinter diesen Vorschriften stehende Plan des Gesetzgebers sei es gewesen, jeglichen Schaden – Sachschaden oder immateriellen Schaden – zu ersetzen, den ein Beamter bei Ausübung seiner Dienstfähigkeit erleide. Über die Vorschrift des Art. 98 BayBG, die den Ersatz von Sachschäden regele, könne der Beamte den Schadensersatzanspruch unmittelbar gegenüber dem Dienstherrn geltend machen, ohne dass zuvor ein zivilgerichtliches Verfahren durchlaufen werden müsse. Für den Ersatz immaterieller Schäden habe der gesetzgeberische Plan vorausgesetzt, dass der geschädigte Beamte, bevor er den Anspruch gegenüber dem Dienstherrn geltend mache, versuchen müsse, den Anspruch selbst zu realisieren. Dementsprechend sei in Art. 97 BayBG festgelegt worden, dass ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil vorliegen müsse. Dabei sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass der Beamte im Regelfall seinen immateriellen Anspruch gerichtlich verfolgen könne. Hierbei habe der Gesetzgeber schlicht übersehen, dass es Konstellationen gebe, in denen der Beamte außer Stande sei, ein rechtskräftiges Schadensersatzurteil zu erwirken. Hätte der Gesetzgeber diese Konstellation erkannt, hätte er eine Ausnahme von der Tatbestandsvoraussetzung des „gerichtlich rechtskräftig festgestellten Anspruchs“ geschaffen. Dies entspräche auch der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, da schuldunfähige Täter häufig gefährlicher seien als ein schuldfähiger Täter. Eine Erfüllungsübernahme sei auch dann möglich, wenn unter Mitwirkung des Schädigers ein Vergleich geschlossen worden sei. Denn der Vergleich sei mit einer rechtskräftigen Feststellung des Schmerzensgeldanspruchs durch Urteil gleichgesetzt worden. Erst recht müsse eine Erfüllungsübernahme möglich sein, wenn der Beamte aufgrund zufälliger Umstände, beispielsweise der Schuldunfähigkeit des Täters, nicht in der Lage sei, sich einen Titel zu verschaffen. Im Übrigen handele es sich bei der in Art. 97 Abs. 2 BayBG genannten Voraussetzung eines erfolgreichen Vollstreckungsversuchs nicht um eine Tatbestandsvoraussetzung, sondern um einen Beispielsfall für das Vorliegen einer besonderen Härte.
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Die Klagepartei hat zuletzt beantragt,
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Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom … Juli 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom … April 2023 verpflichtet, an den Kläger im Wege der Erfüllungsübernahme 2.000,- EUR zu bezahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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Zur Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid vom … April 2024 verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass der Kläger auch nicht im Wege der Analogie einen Anspruch auf Erfüllungsübernahme hinsichtlich des nicht rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruchs ableiten könne. Eine analoge Anwendung des Art. 97 BayBG scheitere bereits am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke. Aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck des Art. 97 BayBG gehe hervor, dass es dem Plan des Gesetzgebers entspreche, die „rechtskräftige Feststellung eines Schmerzensgeldanspruchs“ für sämtliche Fälle der Erfüllungsübernahme als anspruchsbegründende Tatbestandsvoraussetzung vorzuschreiben. Bereits aus der Bezeichnung der Norm als „Erfüllungsübernahme“ werde deutlich, dass es sich bei Art. 97 BayBG anders als bei Art. 98 BayBG nicht um eine materiell-rechtliche Schadensnorm handele. Auch die Systematik des Art. 97 BayBG zeige, dass ein rechtskräftiger Titel erforderlich sei. Sonst hätte es für den Fall des Vergleichs (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), der nicht der Rechtskraft fähig sei, keine ausdrückliche Ausnahmebestimmung in Art. 97 Abs. 1 Satz 2 BayBG gebraucht. Auch die in Art. 97 Abs. 3 Satz 1 BayBG geregelte Tatbestandsvoraussetzung „Nachweis der Vollstreckungsversuche“ setze das Vorliegen eines Vollstreckungstitels denklogisch voraus. Zudem ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des Art. 97 BayBG, dass der „rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Schmerzensgeld“ nach dem Plan des Gesetzgebers unabdingbare Voraussetzung für eine Erfüllungsübernahme sei. Aufgrund der höchstpersönlichen Natur des Schmerzensgeldanspruchs wegen der Beziehung zwischen Opfer und Schädiger müsse die Geltendmachung dem Beamten vorbehalten bleiben. Wie aus der in Art. 97 Abs. 3 Satz 1 BayBG geregelten Tatbestandsvoraussetzung „Nachweis der Vollstreckungsversuche“ ersichtlich werde, obliege es zunächst dem Beamten als Gläubiger, das Zwangsvollstreckungsverfahren zu betreiben, um privatrechtliche Ansprüche zu befriedigen. Art. 97 BayBG diene lediglich dazu, dem Beamten ein etwaiges Ausfallrisiko auf der Vollstreckungsebene abzunehmen, während das Risiko der gerichtlichen Geltendmachung des Schmerzensgeldanspruchs bei dem Beamten verbleibe. Mit Art. 97 BayBG habe nicht der Rechtskreis der verletzten Beamten erweitert, sondern nur das Vollstreckungsrisiko abgemildert werden sollen. Ein Anspruch des Beamten gegenüber dem Dienstherrn auf Vorleistung könne aus Art. 97 BayBG nicht abgeleitet werden. Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des Art. 97 BayBG zeigten, dass das Fehlen eines rechtskräftig titulierten Schmerzensgeldanspruchs dem Plan des Gesetzgebers entsprechend zum Ausschluss der Erfüllungsübernahme führe, unabhängig von dem der Titulierung entgegenstehenden rechtlichen oder tatsächlichen Grund. Die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke scheide vor diesem Hintergrund aus. Vielmehr stünde die analoge Anwendung des Art. 97 BayBG auf den vorliegenden Fall, in dem der Schmerzensgeldanspruch wegen der fehlenden Schuldfähigkeit des Schädigers zivilrechtlich nicht durchgesetzt werden könne, im Widerspruch zum Plan des Gesetzgebers und wäre mit Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes/GG nicht vereinbar.
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Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 19. September 2023 auf die Einzelrichterin übertragen worden.
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Am 17. November 2023 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erfüllungsübernahme oder jedenfalls – als Minus vom Klageantrag erfasst – auf Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom … Juli 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom … April 2023 erweist sich vielmehr als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erfüllungsübernahme, da die Tatbestandsvoraussetzungen der streitentscheidenden Norm des Art. 97 Abs. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG nicht erfüllt sind (siehe unter 1.) und auch eine analoge Anwendung der Norm nicht in Betracht kommt (siehe unter 2.). Dementsprechend besteht auch kein Anspruch auf Neuverbescheidung über die Erfüllungsübernahme eines Schmerzensgeldanspruchs (siehe unter 3.).
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Gemäß Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG kann der Dienstherr die Erfüllung eines rechtskräftig festgestellten Anspruchs auf Schmerzensgeld übernehmen, welcher daraus resultiert, dass ein Beamter in Ausübung des Dienstes oder außerhalb dessen wegen seiner Eigenschaft als Beamter einen tätlichen rechtswidrigen Angriff erleidet. Der Dienstherr kann den Anspruch bis zur Höhe des festgestellten Schmerzensgeldbetrages übernehmen, soweit dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig ist. Eine unbillige Härte liegt nach Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BayBG insbesondere vor, wenn die Vollstreckung über einen Betrag von mindestens 500 € erfolglos geblieben ist.
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1. Gemessen daran sind bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Erfüllungsübernahme nach Art. 97 Abs. 1 BayBG nicht erfüllt. Denn der Kläger verfügt nicht über einen rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Schmerzensgeld, dessen Erfüllung vom Dienstherrn übernommen werden könnte.
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Tatbestandsvoraussetzung des Anspruchs auf Erfüllungsübernahme ist, wie sich bereits aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift ergibt, ein rechtskräftig festgestellter Anspruch auf Schmerzensgeld. Der bayerische Gesetzgeber hat mit der Formulierung „rechtskräftig festgestellter Anspruch auf Schmerzensgeld“ zum Ausdruck gebracht, dass es maßgeblich auf die materielle Rechtskraftfähigkeit der Entscheidung ankommt und nimmt mit dieser Formulierung auf zivilrechtliche und prozessuale Begrifflichkeiten Bezug (so BayVGH, B.v. 16.12.2020 – 3 B 20.1556 – juris Rn. 26 m.w.N.).
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Der Kläger hat keinen rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Schmerzensgeld gegen seinen Schädiger erwirkt, weder im strafgerichtlichen, noch im zivilgerichtlichen Verfahren. Im strafgerichtlichen Verfahren hat das Landgericht T. die Schuldunfähigkeit des Schädigers gem. § 20 des Strafgesetzbuchs/StGB festgestellt (vgl. Urteil v. 1.2.2022 – siehe Anlage K 1). Ein zivilgerichtliches Verfahren zur Erlangung eines Schmerzensgeldanspruchs hat der Kläger nicht durchgeführt. Da der Schädiger des Klägers verschuldensunfähig im Sinne von § 827 Abs. 1 und Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches/BGB ist, scheidet die Entstehung des Anspruchs auf Schmerzensgeld von vornherein aus. Das im Bürgerlichen Gesetzbuch geltende „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ des Zivilrechts führt dazu, dass der Kläger zivilrechtlich den Schaden „wie ein Unglück hinnehmen muss“ (vgl. hierzu Wagner in MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, § 827 Rn. 2). Mangels rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Erfüllungsübernahme nach Art. 97 Abs. 1 BGB.
24
Der Gesetzgeber hat mit der Formulierung „rechtskräftig festgestellter Anspruch auf Schmerzensgeld“ zum Ausdruck gebracht, dass es einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung über den Schmerzensgeldanspruch bedarf (vgl. BayVGH, U.v. 16.12.2020 – 3 B 20.1556 – juris Rn. 26 ff.). Eine „Auslegung“ der Vorschrift über die Wortlautgrenze dahingehend, dass diese Vorschrift die im Zivilrecht fehlenden Anspruchsvoraussetzungen kompensieren soll, kommt nicht in Betracht.
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Denn als Ausnahmeregelung für eine ergänzende Fürsorgeleistung des Dienstherrn ist Art. 97 BayBG wie alle Ausnahmevorschriften restriktiv auszulegen. Der Ausnahmecharakter der Regelung wird bereits durch deren systematische Stellung außerhalb des Regelungsgefüges der Dienstunfallfürsorgeleistungen der Art. 45 ff. des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes/BayBeamtVG deutlich. Diese Vorschrift soll eine Ergänzung für die Fälle sein, in denen die in Art. 45 ff. BayBeamtVG normierte Unfallfürsorge als ansonsten umfassender Ausgleich der durch einen Dienstunfall eingetretenen materiellen und immateriellen Schäden keine angemessene Abdeckung von besonderen Härten bietet. Ausweislich der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber diese Regelung explizit als Ausnahmetatbestand für den speziellen Fall konzipiert, dass ein rechtskräftig festgestellter Schmerzensgeldanspruch des Beamten infolge der Vermögenslosigkeit des Schädigers uneinbringlich ist. Der Gesetzgeber hat sich mithin nur in den Fällen, in denen sich das vollstreckungsrechtliche Ausfallrisiko nachweislich realisiert hat, zur Übernahme der Erfüllung des Anspruchs bereit erklärt (vgl. Erläuterungen zum Haushaltsgesetz 2015/2016 und den Durchführungsbestimmungen hierzu – LT-Drs. 17/2871 S. 48, 55).
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Dass zunächst ein im zivilrechtlichen Sinne rechtskräftig festgestellter Schmerzensgeldanspruch gegeben sein muss, dessen Erfüllung vom Dienstherrn anstelle des Schädigers übernommen wird, ergibt sich auch nach einer Auslegung der Vorschrift nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck. Der dezidiert zivilrechtsakzessorische Charakter der Vorschrift ist nicht zuletzt in der Gesetzesüberschrift („Erfüllungsübernahme von Schmerzensgeldansprüchen“) und der Gesetzesformulierung, wonach der Dienstherr auf Antrag „die Erfüllung dieses [rechtskräftig festgestellten] Anspruchs [auf Schmerzensgeld gegen den Dritten] übernehmen kann“, angelegt. Die Vorschrift soll die Erfüllung eines im Zivilrecht bestehenden Anspruchs (§ 362 BGB) vom Schädiger auf den Dienstherrn überleiten, sofern entsprechende Vollstreckungsversuche des Geschädigten erfolglos geblieben sind (vgl. Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BGB; vgl. zu alldem bereits VG Würzburg, U.v. 28.3.2023 – juris Rn. 21 ff.). Dieses Verständnis steht zudem im Einklang mit dem Wesen des Schmerzensgeldanspruchs, der auch im Zivilrecht aufgrund seiner Genugtuungsfunktion eine Sonderstellung einnimmt. Als höchstpersönlicher Anspruch ist der Schmerzensgeldanspruch vorrangig gegenüber dem Schädiger geltend zu machen, während die Erfüllungsübernahme durch den Dienstherrn „subsidiären“ Charakter aufweist (vgl. LT-Drs. 17/2871 S. 48 f.; BayVGH, U.v. 16.12.2020 – 3 B 20.1556 – juris Rn. 29; VG Augsburg, U.v. 5.12.2019 – Au 2 K 18.1445 – juris Rn. 36).
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Das Erfordernis eines rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruchs folgt auch aus einer systematischen Auslegung mit Blick auf die Regelung in Art. 97 Abs. 3 Satz 3 BayBG, wonach Ansprüche gegen den Dritten auf den Dienstherrn übergehen, soweit der Dienstherr deren Erfüllung übernommen hat. Damit eine solche Überleitung eines Anspruchs Sinn macht, muss denklogisch zuvor ein zivilrechtlicher Schmerzensgeldanspruch bestanden haben. Aus diesem gesetzlich angeordneten Forderungsübergang ergibt sich, dass der Schädiger nicht von seiner eigentlichen Leistungspflicht freigestellt wird, sondern der Dienstherr bei einem etwaigen Wegfall des Vollstreckungshindernisses Regress nehmen kann (vgl. Buchard in Brinktrine/Voitl, BeckOK BeamtenR Bayern, Stand: 1.9.2022, Art. 97 BayBG Rn. 42). Dies setzt zwingend einen (rechtskräftig festgestellten) Schmerzensgeldanspruch voraus.
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Auch der Regelungszusammenhang zu Art. 97 Abs. 1 Satz 2 BayBG, wonach der rechtskräftigen Feststellung ein – unwiderruflicher und in der Höhe angemessener – Vergleich (im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung/ZPO) gleichsteht, wäre sinnentleert, wenn es nicht eines rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruchs bedürfen würde. Denn dann wäre diese Regelung für den Vergleich, der nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist, überflüssig. Weiter knüpft auch die Bestimmung in Art. 97 Abs. 3 BayBG für den Fristlauf zur Beantragung der Erfüllungsübernahme an die Rechtskraft des Urteils an und verlangt den Nachweis von Vollstreckungsversuchen. Dies setzt denklogisch das Vorliegen eines Vollstreckungstitels voraus.
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Dass Art. 97 BayBG gerade das rechtskräftig festgestellte Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen eines Schmerzensgeldanspruchs voraussetzt und nicht fehlende Anspruchsvoraussetzungen kompensiert, wird auch vom Sinn und Zweck der Vorschrift gestützt. Zentrale Intention des Gesetzgebers ist es gerade, den Beamten nach tätlichen Angriffen durch Dritte aus Fürsorgegründen wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte die Möglichkeit einzuräumen, bei uneinbringlichen, rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldansprüchen eine entsprechende Übernahme der Erfüllung bei ihrem Dienstherrn zu beantragen (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2021 – 3 BV 20.1258 – juris Rn. 21 m.w.N. unter Verweis auf die Gesetzesbegründung).
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Da der Kläger unstreitig keinen rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruch hat, hat er keinen Anspruch auf Erfüllungsübernahme in direkter Anwendung des Art. 97 BayBG.
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2. Auch eine analoge Anwendung des Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG auf Fälle, in denen wegen der Verschuldensunfähigkeit des Schädigers ein Anspruch auf Schmerzensgeld (zivilrechtlich) nicht entstanden ist und in der Folge auch nicht rechtskräftig festgestellt wurde, kommt nicht in Betracht. Denn eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor.
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Eine Analogie setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 26.01.2016 – 2 B 17.15 – Buchholz 239.1 § 38 BeamtVG Nr. 4, juris Rn. 8; U.v. 28.06.2012 – 2 C 13.11 – BVerwGE 143, 230, juris Rn. 24; U.v. 27.03.2014 – 2 C 2.13 – Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 13, juris Rn. 17; BayVGH, B.v 26.02.2021 – 3 BV 20.1258 – Schütz BeamtR ES/C IV 8 Nr. 9, juris Rn. 24).
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Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, sodass für das Gericht weder Anlass, noch die Befugnis besteht, den Anwendungsbereich der Norm durch richterliche Rechtsfortbildung zu erweitern. Der Ausschluss der Erfüllungsübernahme von Schmerzensgeldansprüchen, die wegen der Verschuldensunfähigkeit des Schädigers im zivilrechtlichen Sinne von vornherein nicht entstanden sind und in der Folge auch nicht rechtskräftig festgestellt wurden aus dem Anwendungsbereich des Art. 97 BayBG stellt keine planwidrige Reglungslücke in dem obigen Sinne dar.
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Zwar liegt eine Regelungslücke vor, da die vorliegende Fallkonstellation, in der wegen der Verschuldensunfähigkeit des Schädigers ein Schmerzensgeldanspruch nicht entstanden und damit auch nicht rechtskräftig festgestellt wurde, nicht von Art. 97 BayBG erfasst ist. Diese Regelungslücke ist jedoch nicht planwidrig. Denn es sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Konstellation versehentlich nicht geregelt hat, noch lässt sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen, dass der Gesetzgeber die Konstellation, in der ein rechtskräftig festgestellter Schmerzensgeldanspruch mangels Schuldfähigkeit des Schädigers fehlt, mit der Konstellation gleichgestellt hätte, in der der Beamte über einen rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruch verfügt, diesen jedoch wegen Vermögenslosigkeit des Schädigers nicht vollstrecken kann. Hierfür besteht weder eine Stütze in den Gesetzesmaterialien, noch wird dies der vom Normgeber gewählten Gesetzesformulierung noch dem von diesem verfolgten Regelungsziel gerecht.
35
Der Gesetzgeber hat die Erfüllungsübernahme in Art. 97 BayBG als Ausnahmeregelung ausgestalten wollen (siehe hierzu bereits oben Rn. 25). Die Vorschrift soll ausnahmsweise außerhalb des Regelungsregimes der Unfallfürsorgeleistungen der Art. 45 ff. BayBeamtVG einen Ausgleich schaffen, wenn ein rechtskräftig festgestellter Schmerzensgeldanspruch des Beamten infolge der Vermögenslosigkeit des Schädigers uneinbringlich ist. Dass die Konstellation des schuldlosen Täters nicht von der Vorschrift erfasst sein sollte, ergibt sich aus der weiteren Gesetzesbegründung, wonach die Erfüllungsübernahme den Beamten nur von dem Risiko entlasten könne, einem vermögenslosen Schädiger gegenüberzustehen, nicht aber per se Entlastung von gefährlichen Einsätzen und ihren Folgen schaffen solle (LT-Drs. 17/2871 S. 48, 55). Eine Anwendung dieses Sondertatbestandes auf die Konstellation, in denen ein Anspruch mangels Schuldfähigkeit des Schädigers schon gar nicht entstehen kann, würde diese als Ausnahme des Gesetzgebers gewollte Regelung in unzulässiger Weise ausdehnen. Dies ist nicht zulässig. Denn durch eine Analogie darf eine vom Gesetzgeber als Ausnahme gewollte Regelung nicht zum allgemeinen Prinzip erhoben werden (vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl. 1983, S. 181).
36
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es der bayerische Gesetzgeber versehentlich unterlassen hat, die Regelung des Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG auch auf die Konstellation des schuldunfähigen Täters zu erstrecken. Die Annahme eines derartigen Versäumnisses liegt bereits aufgrund der Existenz der Regelung des Art. 97 Abs. 1 Satz 2 BayBG fern. Hierin ist geregelt, dass der rechtskraftfähigen Feststellung ein – unwiderruflicher und der Höhe nach angemessener – Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gleichsteht. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Grund des Art. 97 Abs. 1 Satz 2 BayBG in der fehlenden Rechtskraftfähigkeit eines Vergleiches sieht (vgl. LT-Drs. 17/2871 S. 48, 55). Ausweislich dessen war sich der bayerische Gesetzgeber also durchaus bewusst, dass es Fälle geben kann, in denen kein rechtskräftig festgestellter Schmerzensgeldanspruch vorliegt. Er hat sich jedoch dafür entschieden, dass allein ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der rechtskräftigen Feststellung gleichstehen soll (vgl. hierzu bereits VG Würzburg, U.v. 28.3.2023 – juris Rn. 32 ff.).
37
Mit dieser ausdrücklichen Entscheidung des bayerischen Gesetzgebers, die Erfüllungsübernahme von vornherein auf die Fälle zu beschränken, in denen ein Schmerzensgeldanspruch rechtskräftig oder durch einen Vergleich festgestellt wurde und sich das vollstreckungsrechtliche Ausfallrisiko nachweislich realisiert hat, geht auch dessen bewusste Entscheidung einher, in allen übrigen Fällen, insbesondere in solchen, in denen von vornherein kein vollstreckungsfähiger Anspruch auf Schmerzensgeld entstanden ist, von einer Erfüllungsübernahme abzusehen.
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Ein solches Verständnis wird auch dem Regelungsziel der Norm gerecht. Die bundesweit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1. Januar 2015 einmalige Regelung geht zurück auf einen Beschluss des Bayerischen Landtags vom 16. Juli 2013 (LT-Drs. 16/18027), in dem ein Prüfauftrag an die Bayerische Staatsregierung im Hinblick auf Verbesserungen der Fürsorgeleistungen des Freistaats Bayern für von tätlichen Angriffen betroffene Polizei- und Justizvollzugsbeamte – vor allem durch die Übernahme rechtskräftiger uneinbringlicher Schmerzensgeldansprüche – erteilt wurde. Dieser Prüfauftrag beruhte wiederum auf der politischen Forderung, der gegenwärtig wachsenden Gewaltbereitschaft insbesondere gegen Polizeibeamten ein klares Signal der Wertschätzung für die betroffenen Beamten entgegenzusetzen. In diesem Zusammenhang wurde es von den Befürwortern im Lichte der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 45 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern/BeamtStG) als nicht hinnehmbar erachtet, dass Polizeibeamte zum Wohle der Allgemeinheit sowie für ihren Dienstherrn regelmäßig ihre Gesundheit riskieren, anschließend aber selbst das Ausfallrisiko eines nicht vollstreckbaren Schmerzensgeldtitels tragen mussten.
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Dem Vortrag der Klagepartei, der Gesetzgeber habe dem Beamten jede Art von Schaden ersetzen wollen, soweit der Beamte auch nur (erfolglos) versucht habe, den Anspruch gegenüber dem Schädiger geltend zu machen, kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden. Vielmehr legen auch die Gesetzesmaterialien nahe, dass es die zentrale Intention des Gesetzgebers war, den Beamten nach tätlichen Angriffen durch Dritte aus Fürsorgegründen wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte die Möglichkeit einzuräumen, (nur) bei uneinbringlichen, rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldansprüchen eine entsprechende Übernahme der Erfüllung bei ihrem Dienstherrn zu beantragen (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2021 – 3 BV 20.1258 – juris Rn. 21 unter Verweis auf die Gesetzesbegründung). Wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht wollte der Gesetzgeber das einer Vollstreckung immanente Ausfallrisiko übernehmen. Demnach sollte die Einführung der Erfüllungsübernahme den Beamten, der einerseits Opfer eines tätlichen Angriffs durch Dritte wurde und dadurch ein erhebliches Sonderopfer für die Allgemeinheit erbracht hat und dessen Vollstreckungsversuche der rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldansprüche andererseits erfolglos geblieben sind, von dem Risiko, einem vermögenslosen Schädiger gegenüberzustehen, entlasten (Erläuterungen zum Haushaltsgesetz 2015/2016 und den Durchführungsbestimmungen hierzu – LT-Drs. 17/2871 S. 48, 55).
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Wenn die Klagepartei annimmt, dass sich eine Pflicht zur Übernahme von jeglichen materiellen oder immateriellen Schäden aus der systematischen Stellung der Erfüllungsübernahme zu Art. 98 BayBG unter Berücksichtigung der dienstrechtlichen Fürsorgepflicht ergebe, überzeugt dies nicht. Denn anders als die Vorschrift des Art. 98 BayBG handelt es sich bei Art. 97 BayBG schon nicht um eine materiell-rechtliche Schadensnorm, sondern um eine Norm, die die Erfüllung eines rechtskräftig festgestellten Anspruchs auf den Dienstherrn überleitet. Die unterschiedliche Stoßrichtung der Anspruchsgrundlagen ergibt sich bereits aus der Gesetzesüberschrift des Art. 98 BayBG („Schadensersatz bei Gewaltakten Dritter und Sachschadensersatz bei Unfällen“) und dem Gesetzeswortlaut („Werden durch Gewaltakte Dritter […] Gegenstände beschädigt oder zerstört […] oder den Beamten und Beamtinnen sonstige, nicht unerhebliche Vermögensschäden zugefügt, so kann der Dienstherr hierfür Ersatz leisten.“). Schon die verwendete Terminologie legt nahe, dass es sich bei Art. 98 BayBG im Gegensatz zu Art. 97 BayBG um eine materiell-rechtliche Schadensnorm handelt, die keinen rechtskräftig festgestellten (zivilrechtlichen) Anspruch voraussetzt. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch für Schmerzensgeldansprüche eine eigene materiell-rechtliche Anspruchsnorm geschaffen wird, hätte er Art. 97 BayBG parallel zur Vorschrift des Art. 98 BayBG als materiell-rechtliche Schadensnorm ausgestalten können. Dies hat er jedoch nicht getan. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien, dass der bayerischen Gesetzgeber mit der Einführung des Art. 97 BayBG das ausdrückliche Ziel verfolgt hat, Beamten nach tätlichen Angriffen durch Dritte aus Fürsorgegründen wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte die Möglichkeit einzuräumen, bei uneinbringlichen, rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldansprüchen eine entsprechende Übernahme der Erfüllung bei ihrem Dienstherrn zu beantragen, mithin das einer Vollstreckung immanente Ausfallrisiko zu übernehmen, nicht aber, eine eigene Schadensnorm für alle Schäden, die dem Beamten bei der Dienstausübung entstehen, zu schaffen.
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Soweit die Klagepartei einen Anspruch auf Erfüllungsübernahme auf die allgemeine beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn stützen will, ist dies nicht zielführend. Denn die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht geht nach ständiger Rechtsprechung nicht über das hinaus, was Beamten oder früheren Beamten durch spezialgesetzliche Regelung abschließend eingeräumt ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 26.10.2000 – 2 C 38/99 – DVBl 2001, 734 – juris Rn. 24 m.w.N.).
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3. Da nach den vorstehenden Ausführungen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Erfüllungsübernahme eines Schmerzensgeldanspruchs gemäß Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG nicht erfüllt sind und auch eine analoge Anwendung dieser Norm auf den vorliegenden Fall ausscheidet, liegt auch kein Anspruch der Klägerin auf erneute Ermessensentscheidung des Beklagten über ihren Antrag auf Erfüllungsübernahme vor.
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4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.