Inhalt

LG Bamberg, Hinweisbeschluss v. 03.08.2023 – 32 S 39/23
Titel:

Materielle Rechtmäßigkeit von Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung im Hinblick auf Limitierungsmaßnahmen

Normenketten:
VVG § 203 Abs. 2, Abs. 5
VAG § 155
Leitsätze:
1. Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung muss das Gericht dem pauschalen Einwand des Versicherungsnehmers, dem Treuhänder seien die erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt worden, nicht nachgehen (Anschluss an OLG Nürnberg BeckRS 2023, 3605; OLG Bremen BeckRS 2023, 10761; LG Köln BeckRS 2022, 32937; LG Gießen BeckRS 2023, 664; LG Koblenz BeckRS 2022, 47570; LG Bad Kreuznach BeckRS 2022, 38182; LG Düsseldorf BeckRS 2023, 2927). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine gerichtliche Überprüfung der Verwendung von Mitteln zur Begrenzung von Prämienerhöhungen (Limitierungsmittel) durch den jeweiligen privaten Krankenversicherer im Rahmen seiner Prämienkalkulation ist nur dann Raum, wenn nicht nur die Fehlerhaftigkeit des Treuhänder-Zustimmungsverfahrens, sondern bereits die zeitlich vorgelagerte unternehmerische Entscheidung hinsichtlich der Limitierungsmittelverwendung und damit die Höhe der Prämie im Ergebnis beanstandet wird (Anschluss an OLG Nürnberg BeckRS 2023, 12283 Rn. 53). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Krankenversicherung, Prämienanpassung, Beitragsanpassung, materielle Rechtmäßigkeit, Limitierungsmaßnahmen, maßgebliche Gründe, Treuhänder
Vorinstanz:
AG Forchheim, Urteil vom 13.04.2023 – 70 C 179/22
Rechtsmittelinstanz:
LG Bamberg, Beschluss vom 06.11.2023 – 32 S 39/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 43177

Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Forchheim vom 13.04.2023, Az. 70 C 179/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Da die Berufung mithin keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
3. Die Kammer beabsichtigt weiter, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 2.593,11 EUR festzusetzen.
4. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

I.
1
Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klagepartei in der Berufungsbegründung ist eine Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht veranlasst, da ihr ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler zum Nachteil des Berufungsklägers nicht zu entnehmen ist.
2
Die Abweisung der Klage ist zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beitragsanpassung in der bei der Beklagten bestehenden privaten Krankenversicherung mit der Vers.-Nr. … im Tarif … zum 01.01.2018 in Höhe von 23,79 € ist sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht wirksam.
1. Aktivlegitimation
3
Nicht anzuschließen vermag sich die Kammer der Ansicht des Erstgerichts dahingehend, die Klagepartei sei zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche bereits nicht aktiv legitimiert.
4
Unstreitig handelt es sich bei der Klägerin nicht um die Versicherungsnehmerin bei der Beklagten, jedoch wurde mit Schriftsatz vom 19.12.2022 eine auf den 23.11.2022 datierende Abtretungserklärung des Herrn … (ihrem Ehemann), dem Versicherungsnehmer, zu Gunsten der Klägerin vorgelegt (Blatt 229 der Akte), die die streitgegenständlichen Ansprüche ausdrücklich umfasste.
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Die Abtretung bezeichnet den Vertrag zwischen Altgläubiger (Zedent) und Neugläubiger (Zessionar), der unmittelbar die Übertragung der Forderung von dem Ersteren auf den Letzteren zum Gegenstand und zur Folge hat. Die diesbezüglichen Willenserklärungen sind grundsätzlich formfrei, können daher auch konkludent erfolgen, weswegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133,157) gelten (vgl. MüKoBGB/Kieninger BGB § 398 Rn. 13, 14 m.w.N.). Die Klägerin hat durch ihr insoweit nach außen getretenes Verhalten (Klageerhebung betreffend die streitgegenständlichen Ansprüche – Weiterverfolgung des Rechtsstreits auch nach Abtretung) unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass sie sich als Inhaberin der Ansprüche ansieht, und diese gegenüber der Beklagten verfolgt. In einem solchen Fall davon auszugehen, dass eine ausdrückliche Erklärung zu erfolgen hat, liefe im Übrigen auf bloße Förmelei hinaus.
2. Formelle Wirksamkeit der Beitragsanpassung
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a) Nach § 203 Abs. 5 VVG werden die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach § 203 Abs. 2 und 3 VVG zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür „maßgeblichen Gründe“ an den Versicherungsnehmer folgt. Bei der Mitteilungspflicht gemäß § 203 Abs. 5 VVG handelt es sich um eine gesetzliche Voraussetzung für das Wirksamwerden der Prämienerhöhungen.
7
Die hier in Rede stehende Mitteilung erfolgte mit dem Anschreiben „Informationen zu Ihrem Vertrag“, das durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.07.2022 vorgelegt wurde (Blatt 82 f. der Akte).
8
aa) Hinsichtlich des Begriffes der maßgeblichen Gründe und der hierzu anzustellenden Mindestanforderungen hat der BGH in seinen Entscheidungen vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 und IV ZR 314/94 – wie folgt ausgeführt:
„Zunächst ist erforderlich, in der Mitteilung gemäß § 203 Abs. 5 VVG zur Begründung der Prämienanpassung die Rechnungsgrundlage zu nennen, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat, also die Veränderung der Leistungsausgaben bzw. Versicherungsleistungen und/oder der Sterbewahrscheinlichkeit bzw. Sterbetafeln, weil die Veränderung zumindest einer dieser beiden Rechnungsgrundlagen oder ggf. auch beider in § 155 VAG ausdrücklich als Voraussetzung für eine Prämienanpassung genannt sind. Die Benennung der Rechnungsgrundlage muss auch bezogen auf die konkrete Prämienanpassung erfolgen.“
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bb) Nach § 203 Abs. 5 VVG müssen nicht alle Gründe der Beitragserhöhung genannt werden, sondern nur die für die Prämienanpassung maßgeblichen und entscheidenden Umstände (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020 – IV ZR 294/19; Urteil vom 11. Januar 2023 – IV ZR 293/20). In diesem Sinne maßgeblich ist nur, ob – bezogen auf den konkreten Tarif – eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in § 155 Abs. 3 und 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreitet oder nicht (BGH a.a.O.). Die genaue gesetzliche Bezeichnung der Veränderung ist aus Sicht des Versicherungsnehmers dagegen kein entscheidender Umstand für die Prämienanpassung (BGH, Urteil vom 11. Januar 2023 – IV ZR 293/20). Die Mitteilungspflicht hat nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 11. Januar 2023 – IV ZR 293/20).
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Dabei ist klarzustellen, dass nicht jede Veränderung zur Anpassung führt, sondern erst die Überschreitung eines in den Versicherungsbedingungen festgelegten Schwellenwertes; der Schwellenwertmechanismus ist zu erläutern (OLG Dresden, Beschluss vom 4. Januar 2023 – 4 U 1819/22). Der Bundesgerichtshof lässt es hierbei genügen (Urteil vom 20. Juli 2022 – IV ZR 295/20), wenn dem Versicherungsnehmer mitgeteilt wird, dass er „bei einer bestimmten Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Leistungsausgaben, d. h. den Versicherungsleistungen, zur Anpassung der Beiträge verpflichtet“ ist (s. auch BGH, Urteil vom 30. November 2022 – IV ZR 329/20: „Angabe, dass eine Veränderung der Versicherungsleistungen den im Gesetz oder den in den Versicherungsbedingungen festgelegten Schwellenwert überschritten habe“). Es bedarf somit eines Hinweises auf die Überschreitung eines Schwellenwertes, eine Verwendung dieses Begriffs ist aber nicht vorgeschrieben. Ein Hinweis auf eine „bestimmte Abweichung“ wird als ausreichend erachtet (OLG Bamberg, Urteil vom 24. November 2022 – 1 U 457/21; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Oktober 2022 – 12 U 257/21; OLG Dresden, Urteil vom 5. Juli 2022 – 4 U 2649/21; OLG Nürnberg, Beschluss vom 21. November 2022 – 8 U 1621/22). Hiernach braucht der Begriff „Schwellenwert“ nicht ausdrücklich verwendet zu werden, eine ähnliche Formulierung oder Umschreibung genügt. Allgemein genügt es, wenn sich die erforderliche Begründung aus einer Zusammenschau aller dem Versicherungsnehmer übersandten Unterlagen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2022 – IV ZR 337/20; OLG Nürnberg, Beschluss vom 21. November 2022 – 8 U 1621/22).
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b) Nach diesen Maßstäben – denen sich die Kammer anschließt – genügt das seitens der Beklagten der Klagepartei zugesandte Informationsschreiben (noch) den Mindestanforderungen, die an die Mitteilung der „maßgeblichen Gründe“ im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG zu stellen sind.
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Zur Begründung der Prämienanpassung wird zum einen ausgeführt, dass sich die medizinische Versorgung stetig verbessere und daher die Kosten im Gesundheitswesen steigen würden. Andererseits sorge eine höhere Lebenserwartung bzw. die demografische Entwicklung zu steigenden Kosten für die Krankenversicherer. Die gesetzlich geregelte jährliche Überprüfung der tatsächlichen Ausgaben und der Änderung der durchschnittlichen Lebenserwartung habe ergeben, dass die Beiträge in einigen Tarifen angepasst werden müssten, da eine deutliche Abweichung vorgelegen habe. Ein konkreter Schwellenwert wird insoweit zwar nicht angegeben, allerdings wird dem Versicherungsnehmer deutlich gemacht, dass nur bei einer deutlichen Steigerung die Beträge angepasst werden müssen.
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Neben weiteren allgemein gehaltenen Darlegungen findet sich im Informationsschreiben damit ein konkreter Bezug zu der anstehenden Beitragserhöhung und zu den Gründen für die Neuberechnung des Beitrags, der auch (noch) deutlich macht, dass (auch) die Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen hierfür verantwortlich ist.
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Mit diesen Angaben wird dem Versicherungsnehmer hinreichend deutlich gemacht, dass die Ursache der Beitragserhöhung in der Veränderung der Leistungsausgaben in Form der Überschreitung eines bestimmten Schwellenwertes zu sehen ist.
3. Materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassung
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a) In materieller Hinsicht seitens der Klagepartei ausschließlich gerügt wurde die Unvollständigkeit der dem Treuhänder bei der gesetzlich vorgesehenen Überprüfung der Verwendung von Mitteln für die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen nach § 155 Abs. 2 VAG (Klageschrift vom 13.04.2022, dort Seite 6; Blatt 7 der Akten) vorgelegten Unterlagen bzw. hierzu konkretisierend, dass nicht die technische Berechnung im Sinne von § 155 Abs. 1 VAG bestritten wird, sondern die Limitierung bzw. das Limitierungskonzept der Prämienerhöhungen, das Gegenstand des Beitragsanpassungvorgangs war (Schriftsatz vom 18.10.2022, dort Seite 1; Blatt 200 der Akten).
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Soweit die Klagepartei darauf abstellt, dass die dem Treuhänder für die Prüfung der Verwendung von Mitteln für die Rückstellung für Beitragserstattungen nach § 155 Abs. 2 VAG notwendigen Unterlagen und Informationen nicht vollständig vorgelegt worden seien, insb. wichtige Informationen zur Feststellung, ob eine ausgewogene Verteilung zwischen den jeweiligen Versichertenbeständen stattgefunden habe, gefehlt haben, so dass die zulässige Verwendung von Limitierungsmitteln nicht ordnungsgemäß geprüft werden konnte und insoweit die Meinung vertritt, dass bereits die Beeinträchtigung einer ordnungsgemäßen Überprüfbarkeit der zur Begrenzung der Prämienerhöhungen verwendeten Rückstellungen durch den Treuhänder zur materiellen Unwirksamkeit der damit im Zusammenhang stehenden Prämienanpassungen führe, kann dem nicht gefolgt werden.
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b) Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Frage der Unabhängigkeit der Treuhänder entschieden, dass (stets) die Voraussetzungen und der Umfang der Prämienerhöhung materiell zu prüfen ist; dies deshalb, weil damit zugleich eine umfassende Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der vorgenommenen Beitragsanpassung erfolge. Dies sei – so der Bundesgerichtshof – für die Frage der Prämienstabilität unabdingbar. Denn würden die Gerichte lediglich die Unabhängigkeit des Treuhänders überprüfen und führte bereits dies (ohne Überprüfung der Prämienanpassung der Höhe nach) zur Unwirksamkeit der Beitragsanpassung, würde dies die Gefahr bergen, „dass eine Überprüfung ihrer Richtigkeit im Übrigen unterbliebe und eine diesbezüglich nicht zu beanstandende Anpassung für unwirksam erklärt würde, obwohl auch ein anderer Treuhänder ebenso die Zustimmung hätte erteilen müssen“ (BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17; BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 30.10.2020 – 1 BvR 453/19).
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Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsauffassung diverser Gerichte (OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss v. 7.3.2023 – 8 U 3056/22; OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 28.3.2023 – 3 U 26/22; LG Köln, Urteil vom 01.06.2022 – 20 O 475/21; LG Gießen, Urteil vom 11.01.2023 – 2 O 178/22; LG Koblenz, Urteil vom 17.11.2022 – 16 O 208/22; LG Bad Kreuznach, Urteil vom 05.12.2022 – 2 O 87/22; LG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2023 – 9 O 46/22) an und vertritt in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 19.12.2018 (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17; NJW 2019, 919) die Auffassung, dass alleine die materiell-rechtliche Richtigkeit der Prämienanpassung gerichtlich überprüfbar ist und alleine Defizite im treuhänderischen Kontrollverfahren eine solche materiell-rechtliche Unrichtigkeit weder begründen noch indizieren und einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sind.
19
Nachdem die Klägervertreter im vorliegenden Fall die rein rechnerische Richtigkeit der Beitragsanpassung an sich nicht angreifen und der Einwand der angeblich nicht hinreichend erfolgten Unterrichtung des Treuhänders unbeachtlich ist, kann die Kammer die materielle Rechtswidrigkeit der Beitragsanpassung nicht erkennen.
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c) Soweit die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 18.10.2022 „konkretisieren“, dass nicht die technische Berechnung im Sinne von § 155 Abs. 1 VAG bestritten wird, sondern die Limitierung bzw. das Limitierungskonzept der Prämienerhöhungen, das Gegenstand des Beitragsanpassungvorgangs war (Schriftsatz vom 18.10.2022, dort Seite 1; Blatt 200 der Akten), ändert dies nichts.
21
Zwar umfasst die gerichtliche Überprüfung der Beitragsanpassungen grundsätzlich auch die Limitierungsmaßnahmen, denn Maßnahmen zur Limitierung der Beitragserhöhung durch Verwendung der Mittel aus den Rückstellungen für die Beitragsrückerstattungen sind in systematischer Hinsicht Teil der Prämienberechnung (BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17 = NJW 2019, 919). Für eine gerichtliche Überprüfung der Verwendung von Mitteln zur Begrenzung von Prämienerhöhungen (Limitierungsmittel) durch den jeweiligen privaten Krankenversicherer im Rahmen seiner Prämienkalkulation ist allerdings nur dann Raum, wenn nicht nur die Fehlerhaftigkeit des Treuhänder-Zustimmungsverfahrens, sondern bereits die zeitlich vorgelagerte unternehmerische Entscheidung hinsichtlich der Limitierungsmittelverwendung und damit die Höhe der Prämie im Ergebnis beanstandet wird (OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss v. 5.6.2023 – 8 U 3284/22; so im Ergebnis auch OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 7.3.2023 – 8 U 3056/22). Aber gerade diese Prämienberechnung greift die Klagepartei mit der vorliegenden Klage weiterhin ausdrücklich nicht an.
22
Nach diesen Maßstäben – denen sich die Kammer wiederum anschließt – ist auch das insoweit vorgebrachte Bestreiten der Limitierung bzw. des Limitierungskonzepts unbeachtlich.
4. Verjährung
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Auf die Frage der Verjährung kommt es mithin im Ergebnis nicht an.
24
Die Kammer schließt sich jedoch auch insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17.11.2021 – IV ZR 113/20) an, wonach der Versicherungsnehmer mit dem Zugang der Änderungsmitteilungen bereits Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hat und es nicht entscheidungserheblich ist, ob dieser mit Zugang der Änderungsmitteilungen auch Kenntnis von den Tatsachen hatte, aus denen die von ihm ebenfalls geltend gemachte materielle oder formelle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen folgen könnte.
5. Bestand des Ersturteils
25
Ansprüche der Klagepartei gegen die Beklagte bestehen aufgrund der formellen und materiellen Wirksamkeit der Beitragsanpassung zum 01.01.2018 nicht, weswegen das Erstgericht im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen hat. Die gezahlten Beiträge finden ihren Rechtsgrund in den wirksamen Beitragsanpassungen, für die Feststellung deren Unwirksamkeit verbleibt kein Raum.
26
Die gegen die Entscheidung des Amtsgerichts gerichtete Berufung erweist sich demnach als offensichtlich aussichtslos.
II.
27
Der Klageantrag auf Feststellung, dass Beitragserhöhungen unwirksam sind, wurde gem. § 9 ZPO analog mit dem 3 1/2 fachen Jahreswert der Beitragserhöhungen bewertet.