Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.03.2023 – 15 CS 23.142
Titel:

Einstweiliger Rechtsschutz eines Nachbarn gegen Flussbühne

Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, § 212a
ZPO § 173 S. 1, § 174 Abs. 1, § 175 Abs. 4
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3
WHG § 78 Abs. 5 S. 1
Leitsätze:
1. Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis ist erst dann als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit der Fertigstellung des Rohbaus fehlt es regelmäßig am Rechtsschutzbedürfnis, soweit sich der Antragsteller gegen Beeinträchtigungen zur Wehr setzt, die von der Errichtung der baulichen Anlage als solcher – also vom Baukörper selbst und nicht auch von dessen Nutzung – ausgehen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Regelung in § 212a Abs. 1 BauGB misst dem Vollzugsinteresse des Bauherrn ein besonderes Gewicht bei. Hierbei ist unerheblich, ob parallel ein wasserrechtliches Verfahren betrieben wird, da es sich um zwei eigenständige Genehmigungen handelt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist regelmäßig inopportun, im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wenn im Laufe des Hauptsacheverfahrens über einen ergänzenden Genehmigungsbescheid eine Nachbarrechtswidrigkeit mit wenig Aufwand beseitigt werden kann. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarbeschwerde, Flussbühne, Lärmimmissionen, Zustellung, Rechtsschutzinteresse, Interessenabwägung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 23.12.2022 – RO 7 S 22.2601
Fundstelle:
BeckRS 2023, 4263

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Errichtung einer Flussbühne im Regen.
2
Mit Unterlagen vom 9. Mai 2022 beantragte die Beigeladene Stadt R. … die Erteilung einer Baugenehmigung sowie einer wasserrechtlichen Genehmigung zur Errichtung einer Flussbühne im Regen auf den Grundstücken FlNr. … und … Gemarkung R. … Der Antragsteller ist Eigentümer des dem Flussufer gegenüberliegenden Grundstücks FlNr. . Gemarkung M. … Die beantragten Genehmigungen wurden vom Landratsamt C. mit Bescheid vom 13. September 2022 erteilt. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2022 erhob der Antragsteller sowohl gegen die erteilte Baugenehmigung (I. und II. des Bescheids vom 13.9.2022) als auch gegen die wasserrechtliche Genehmigung (Nr. III. und IV des Bescheids vom 13.9.2022) Klage zum Verwaltungsgericht. Mit Beschluss vom 14. November 2022 trennte das Verwaltungsgericht das wasserrechtliche Verfahren (RO 8 K 22.2638) und das baurechtliche Verfahren (RO 7 K 22.2483); über beide Klagen ist bislang noch nicht entschieden.
3
Mit Schriftsatz vom 7. November 2022 beantragte der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Den ebenfalls mit Beschluss vom 14. November 2022 abgetrennten Antrag im wasserrechtlichen Eilverfahren (RO 8 S 22.2637) lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. November 2022 ab; die hiergegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 20.1.2023 – 8 CS 22.2562).
4
Die baurechtlichen Eilanträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage sowie auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Stilllegung der Bauarbeiten und auf Untersagung der Nutzungsaufnahme lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Dezember 2023 ab. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Erfolgsaussichten der Hauptsache offen seien, da weiter aufgeklärt werden müsse, ob ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf Lärmimmissionen vorliege. Jedoch überwiege bei der Interessenabwägung das Vollzugsinteresse der Beigeladenen das Suspensivinteresse des Antragstellers. Für das beantragte bauaufsichtliche Einschreiten sei kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
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Der Antragsteller ist der Ansicht, dass kein Interesse an der Umsetzung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts bestehe. Das Verwaltungsgericht habe die Nachbarrechtswidrigkeit nicht ausreichend geprüft. Die lärmbedingte Konfliktlage sei nicht gelöst, da die Antragsgegnerin keinerlei schalltechnische Untersuchung durchgeführt habe. § 212a BauGB komme zudem ein geringeres Gewicht zu, da die Baugenehmigung mit einer wasserrechtlichen Genehmigung verbunden sei, weshalb die Klage ursprünglich keine aufschiebende Wirkung gehabt habe. Es sei nicht prognostizierbar, dass keine unzumutbaren, vollendeten Tatsachen geschaffen würden. Der Antragsteller habe zudem deutlich auf seine wasserwirtschaftlichen Eigentümerbelange hingewiesen. Wegen des Gesundheits- und Eigentumsschutzes könne er sich auch auf einen Anordnungsgrund berufen.
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Er beantragt,
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den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2022 abzuändern und den Anträgen aus erster Instanz stattzugeben.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zu verwerfen.
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Es bestünden Bedenken gegen die Zulässigkeit, da die Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 28. Dezember 2022 versandt worden sei, das Empfangsbekenntnis des Bevollmächtigten des Antragstellers aber erst auf den 5. Januar 2023 datiert sei. Die Beschwerde gehe nicht auf das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers sowie dessen Lärmvorbelastung ein und lege nicht dar, inwieweit im baurechtlichen Verfahren neben dem wasserrechtlichen Verfahren noch Raum für wasserrechtliche Belange bestehe. Im Übrigen sei das Verwaltungsgericht von offenen Erfolgsaussichten ausgegangen und habe deshalb zu Recht eine Interessenabwägung vorgenommen. Lärmintensive Veranstaltungen seien witterungsbedingt zeitnah nicht zu erwarten. Zudem könnten im Bescheid ergänzende Auflagen hierzu erfolgen.
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Die Beigeladene beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Es bestünden Zweifel am angegebenen Zugang am 5. Januar 2023, weil der Bevollmächtigte des Antragstellers zwischen den Jahren Schriftsätze im wasserrechtlichen Verfahren versandt habe. Zudem sei die Beschwerde nicht qualifiziert elektronisch signiert und im wasserrechtlichen Verfahren wegen eines Verstoßes gegen § 55d VwGO verworfen worden. Der Antragsteller genüge auch der Darlegungslast nicht, da er nur die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wiederhole, sich mit dieser aber nicht auseinandersetze. Außerdem sei das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, weil die Flussbühne mittlerweile baulich fertiggestellt sei. Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen die Interessenabwägung zutreffend vorgenommen, da die Defizite bezüglich der Ermittlung von Lärmimmissionen bei Nutzungsaufnahme beseitigt seien. Die Beigeladene habe bereits ein schalltechnisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Antragsteller sei zudem bereits erheblichen Verkehrslärmimmissionen sowie Immissionen durch den Volksfestplatz „Am Esper“ ausgesetzt. Die wasserrechtliche Genehmigung ändere an der Wertung des § 212a BauGB für das baurechtliche Verfahren nichts. Eine Beeinträchtigung des Antragstellers sei derzeit ausgeschlossen, da Veranstaltungen witterungsbedingt erst ab voraussichtlich Mai stattfinden könnten.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Die Beschwerde bleibt erfolglos. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben oder abzuändern wäre. Die vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen geht demnach zulasten des Antragstellers aus.
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1. Die vom Antragsgegner und der Beigeladenen geltend gemachten Zweifel an der Zulässigkeit der Beschwerde greifen nicht.
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a) Die Zulässigkeit der Beschwerde scheitert nicht an der vom Antragsgegner und von der Beigeladenen geltend gemachten Verspätung ihrer Einlegung und Begründung.
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Im Falle der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 56 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 174 Abs. 1 ZPO ist die Zustellung erst dann als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet (BGH, B.v. 19.4.2012 – IX ZB 303/11 – juris Rn. 6; VGH BW, B.v. 27.9.2022 – 9 S 3088/21 – juris Rn. 6). Ausweislich des Empfangsbekenntnisses der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist diese Entgegennahme des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2022 am 5. Januar 2023 erfolgt. Damit waren sowohl die Einlegung der Beschwerde am 19. Januar 2023 als auch ihre Begründung am 6. Februar 2023 fristgerecht. Zwar ist der Beweis, dass das zuzustellende Schriftstück den Adressaten tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt erreicht hat, nicht ausgeschlossen. Nicht ausreichend ist aber eine bloße Erschütterung der Richtigkeit der Angaben im Empfangsbekenntnis. Vielmehr muss die Beweiswirkung vollständig entkräftet, mit anderen Worten jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung ausgeschlossen werden (vgl. BGH, B.v. 7.10.2021 – IX ZB 41/20 – juris Rn. 10). Dies ist hier nicht der Fall. Für die Übermittlung des Empfangsbekenntnisses als elektronisches Dokument (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 175 Abs. 4 ZPO) gilt nichts anderes, da der Gesetzgeber bewusst auf eine automatisierte elektronische Bestätigung verzichtet hat (vgl. BT-Drs. 17/13948, S. 34; Jacklofsky in Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 8. Auflage 2022, § 14 BORA Rn. 29).
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Die vom Antragsgegner und von der Beigeladenen geltend gemachten Zweifel im Hinblick auf die elektronische Versendung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses am 28. Dezember 2022 sowie die anwaltliche Tätigkeit des Bevollmächtigten des Antragstellers im wasserrechtlichen Parallelverfahren in der Zeit bis zum 5. Januar 2023 genügen trotz der zeitlichen Diskrepanz nicht für einen Gegenbeweis (vgl. BGH, B.v. 7.10.2021 a.a.O. Rn. 11; B.v. 19.4.2012 a.a.O. Rn. 8). Dies gilt unabhängig davon, ob die vom Antragstellerbevollmächtigten geltend gemachten Probleme mit dem besonderen Anwaltspostfach für eine Ersatzeinreichung im wasserrechtlichen Verfahren glaubhaft gemacht wurden oder nicht (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2023 – 8 CS 22.2562 – juris Rn. 15). Es ist jedenfalls nicht ersichtlich oder dargelegt, dass der Bevollmächtigte des Antragstellers, z.B. durch Bezugnahme auf die Entscheidung oder deren Weiterleitung an seinen Mandanten, tatsächlich vor dem 5. Januar 2023 Kenntnis erlangt hat.
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b) Dem Antragsteller fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
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Zwar ist dieses in jeder Lage des Prozesses von Amts wegen zu prüfen (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2022 – 1 CS 22.1732 – juris Rn. 9) und entfällt, wenn der Antragsteller keinen tatsächlichen oder rechtlichen Vorteil mehr erlangen kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 15 CS 19.1845 – juris Rn. 14). Dies ist regelmäßig mit der Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Bauvorhabens der Fall, soweit sich der Antragsteller gegen Beeinträchtigungen zur Wehr setzt, die von der Errichtung der baulichen Anlage als solcher – also vom Baukörper selbst und nicht auch von dessen Nutzung – ausgehen. Denn das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist nach Fertigstellung der baulichen Anlage nicht mehr zu erreichen. Dem rechtsschutzsuchenden Dritten würde eine Einstellung der Bauarbeiten, die er infolge einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs erreichen könnte, keinen rechtlichen Vorteil verschaffen, da die behauptete Rechtsverletzung mit der Fertigstellung des Rohbaus bereits eingetreten ist und diese nicht mehr durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorläufig – bis zur Entscheidung in der Hauptsache – verhindert werden kann. Die Inanspruchnahme stellt sich dann, soweit sich der Rechtsmittelführer gegen die Errichtung der baulichen Anlage als solche wendet, als unnütz dar (vgl. BayVGH, B.v. 11.1.2022 – 15 CS 21.2913 – juris Rn. 28).
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Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Antragsteller (auch) nutzungsbezogene Beeinträchtigungen geltend macht (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 15 CS 20.45 – juris Rn. 11; B.v. 17.11.2015 – 9 CS 15.1762 – juris Rn. 19). Soweit der Antragsteller sich gegen den nutzungsbezogenen Veranstaltungslärm wendet, kann das Rechtsschutzbedürfnis daher nicht verneint werden. Darauf, dass der Antragsteller mit seinen – unsubstantiierten – Einwendungen einer bloßen Behauptung der Beeinträchtigung seiner wasserwirtschaftlichen Eigentümerbelange wohl auch errichtungsbezogene Einwendungen geltend macht, kommt es im Hinblick auf die Unbegründetheit der Beschwerde, unabhängig von der Frage, ob hierfür neben dem wasserrechtlichen Verfahren überhaupt noch Raum ist, nicht an.
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2. Die Beschwerde ist unbegründet.
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a) Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, wenngleich nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 15 CS 21.2447 – juris Rn. 16). Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen.
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Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Erfolgsaussichten offen seien, da im Hauptsacheverfahren weiter aufgeklärt werden müsse, ob im Hinblick auf die zu erwartenden Lärmimmissionen ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vorliege (BA S. 7). Es hat ferner ausgeführt, dass der Antragsgegner nicht geprüft habe, ob die festgesetzten Werte bei regelmäßigem Betrieb (Veranstaltungen auf der Flussbühne) überhaupt eingehalten werden könnten und auf welcher Grundlage die Immissionsrichtwerte festgelegt worden seien (BA S. 12). Unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen seien deshalb nicht völlig ausgeschlossen (BA S. 13). Dem tritt das Beschwerdevorbringen, das ohne nähere Begründung von einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids ausgeht, mit dem bloßen Hinweis, das Verwaltungsgericht hätte die Nachbarrechtswidrigkeit prüfen müssen, nicht substantiiert entgegen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass und weshalb entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts und der von diesem angenommenen Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung von der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung vom 13. September 2022 auszugehen wäre. Zu einer Beeinträchtigung wasserwirtschaftlicher Eigentümerbelange lässt sich der Beschwerde über die bloße Behauptung hinaus schon nichts weiter entnehmen.
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b) Im Hinblick auf die offenen Erfolgsaussichten hat das Verwaltungsgericht sodann eine Interessenabwägung vorgenommen und kommt bei der Abwägung des Vollzugsinteresses der Beigeladenen und des öffentlichen Interesses mit dem Suspensivinteresse des Antragstellers zu dem Ergebnis, dass erstere überwiegen (BA S. 13). Hiergegen ist nichts zu erinnern.
27
Soweit die Beschwerde der Ansicht ist, § 212a BauGB komme ein geringeres Gewicht zu, weil die Baugenehmigung mit einer wasserrechtlichen Genehmigung verbunden sei, ist dem nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass § 212a Abs. 1 BauGB dem Vollzugsinteresse des Bauherrn ein besonderes Gewicht beimisst (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2019 – 15 CS 19.2048 – juris Rn. 28 m.w.N.). Hierbei ist unerheblich, dass parallel ein wasserrechtliches Verfahren betrieben wird, in dem § 212a BauGB nicht zur Anwendung kommt. Denn insoweit handelt es sich bei der Baugenehmigung und der wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 5 Satz 1 WHG um zwei eigenständige Genehmigungen (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2020 – 1 ZB 19.1575 – juris Rn. 9). Auch wenn beide in einem Bescheid zusammengefasst werden können, sind an die jeweilige Genehmigung doch unterschiedliche rechtliche und prozessuale Schicksale geknüpft.
28
Das Verwaltungsgericht stellt ferner zutreffend darauf ab, dass ergänzende Auflagen möglich seien (BA S. 14). Dem tritt das Beschwerdevorbringen ebenfalls nicht substantiiert entgegen. Es ist regelmäßig inopportun, im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wenn im Laufe des Hauptsacheverfahrens über einen ergänzenden Genehmigungsbescheid (immissionsschutzrechtliche) Unklarheiten und eine gegebenenfalls gegenwärtige Nachbarrechtswidrigkeit mit wenig Aufwand beseitigt werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2022 – 15 CS 22.1389 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 18). Dass solches ohne Eingriff in die Bausubstanz nicht möglich wäre, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen.
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Schließlich setzt sich die Beschwerde mit den vom Verwaltungsgericht angeführten Aspekten der öffentlichen Förderung und der Verkehrslärmvorbelastung des Grundstücks des Antragstellers nicht auseinander. Zum Anordnungsgrund wird – wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren – nur pauschal und unsubstantiiert auf wasserwirtschaftliche Eigentümerbelange, den Gesundheits- und den Eigentumsschutz verwiesen. Mit den vom Verwaltungsgericht angeführten Aspekten der (nahezu) vollständig abgeschlossenen Baumaßnahme, der zweiwöchigen Anzeigepflicht und der (aktuell fehlenden) witterungsbedingten Abhängigkeit der Nutzungsaufnahme (BA S. 15 f.) setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
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Darüber hinaus ist nicht ersichtlich oder im Beschwerdevorbringen dargelegt, dass die geltend gemachten Beeinträchtigungen des Antragstellers erkennbar und erheblich über das Maß dessen hinausgehen, was Nachbarn letztlich hinzunehmen haben werden (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 15 CS 20.45 – juris Rn. 21). Die derzeitigen Beeinträchtigungen erscheinen hier deshalb jedenfalls vorübergehend bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei Aufklärung der weiteren immissionsschutzrechtlichen Fragen und im Hinblick auf die witterungsbedingt eingeschränkte Nutzbarkeit für den Antragsteller zumutbar. Die Interessenabwägung fällt somit auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zu Lasten des Antragstellers aus.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene im Beschwerdeverfahren einen eigenen Antrag gestellt hat und damit auch ein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass diese ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.1.1, 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).