Titel:
Teilnahme an einem unerlaubten Online-Glücksspiel eines ausländischen Anbieters
Normenketten:
BGB § 134
GlüStV 2011 § 4
Leitsatz:
Der einseitige Verstoß eines ausländischen Anbieters von Online-Glücksspielen gegen § 4 Abs. 4 GlüStV führt nicht zur Nichtigkeit des Spielvertrages. (Rn. 10 – 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Online-Glücksspiel, gesetzliches Verbot, einseitiger Verstoß, Schutzzweck
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42636
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Rückzahlung der von der Klägerin vorgenommenen Einzahlungen auf das Spielkonto bei der Beklagten, die unter der Internetadresse … ein Onlinecasino betreibt.
2
Im Zeitraum v. 24.06.2018 bis 29.10.2019 leistete die Klagepartei insgesamt Einzahlungen in Höhe von 6.229,00 € an die Beklagte. Im gleichen Zeitraum zahlte die Beklagte an die Klägerin 2.145,00 € aus.
3
Mit der Klage macht die Klägerin eine Rückzahlung des bei Onlinespielen erlittenen Verlustes in Höhe von 4.084,00 € geltend.
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Die Klägerin beantragt zuletzt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 4.084,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.05.2022 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 540,50 EUR zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung v. 26.10.2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von 4.084,00 € aus § 812 BGB, da der bzw. die abgeschlossenen Glücksspielverträge wirksam sind, die getätigten Spieleinsätze daher mit Rechtsgrund erfolgt sind.
9
Zwar liegt gem. § 4 IV GlüStV 2011 ein Verbotsgesetz vor. Dieses Verbotsgesetz führt aber nicht zur Nichtigkeit eines abgeschlossenen Glücksspielvertrags gem. § 134 BGB.
10
Das Verbot in § 4 IV GlüStV 2011 betrifft nur die Beklagte („Veranstalten, Vermitteln“). In der Regel sind Verträge, bei denen nur eine Vertragspartei gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (so wie hier), nicht von § 134 BGB betroffen. Nur in besonderen Fällen kann sich die Nichtigkeit auch aus einem einseitigen Verstoß ergeben. Voraussetzung ist dafür aber, dass der Zweck des Verbotsgesetzes nur durch die Nichtigkeit des Vertrags erreicht werden kann.
11
Zweck des § 4 IV GlüStV 2011 ist nicht, den Spieler vor dem allgemeinen Verlustrisiko zu schützen, der in jedem Glücksspiel innewohnt. Der Verlust von Geld hängt nicht vom Verbot des Glücksspielvertrages ab, sondern vom Risiko des Glücksspiels. Zweck des § 4 IV GlüStV ist vielmehr der Schutz des Spielers insbesondere vor Manipulation und Folgekriminalität. Um diesen Zweck zu erreichen, ist aber nicht die Nichtigkeit des einzelnen Glücksspielvertrages erforderlich.
12
Nach Ansicht des Gerichts sind vielmehr verwaltungs- und strafrechtliche Maßnahmen, die Vorrang vor der zivilrechtlichen Sanktion der Nichtigkeit haben, effektiver zu bewerten als die Nichtigkeit des einzelnen Glücksspielvertrages.
3. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.