Inhalt

VGH München, Beschluss v. 06.03.2023 – 10 CS 22.2343
Titel:

Erfolgreicher Eilantrag gegen Haltungsuntersagung und Abgabepflicht für Rottweiler

Normenketten:
BayLStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Art. 37 Abs. 1
BayKampfhundeV § 1 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Gelingt dem Halter der Nachweis, dass ein Hund, dessen Eigenschaft als Kampfhund nach § 37 Abs. 1 S. 2 BayLStVG iVm § 1 Abs. 2 BayKampfhundeV vermutet wird, keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren aufweist (Wesenstest), handelt es sich bei dem betroffenen Hund nicht um einen Kampfhund, zu dessen Haltung es weder einer Erlaubnis noch einer Zuverlässigkeitsprüfung des Halters bedarf. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der zuständigen Behörde kommt diesbezüglich kein Beurteilungsspielraum zu; ein vorgelegtes Gutachten ist jedoch als nicht ausreichend anzusehen, wenn dem Sachverständigen wesentliche Informationen nicht bekannt waren oder wenn das Gutachten in sich widersprüchlich oder nicht nachvollziehbar ist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kampfhund (Rottweiler), Negativzeugnis, Abgabeverpflichtung, Gutachten (Wesenstest), Kampfhund, Rottweiler, Gutachten, Wesenstest
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 24.10.2022 – Au 8 S 22.1562
Fundstelle:
BeckRS 2023, 4257

Tenor

I. In Abänderung von Nr. I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Oktober 2022 wird die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 2.1, 2.2 und 2.3 des Bescheids vom 28. Juni 2022 wiederhergestellt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. In Abänderung von Nr. II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Oktober 2022 trägt die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
IV. In Abänderung von Nr. IV des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Oktober 2022 wird dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt und Rechtsanwalt Dr. … M. …, Augsburg, beigeordnet.
V. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. … M. …, Augsburg, beigeordnet.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung für seinen Hund.
2
Der Antragsteller ist Halter des Rottweiler-Rüden „R.“, für den er ein sog. Negativzeugnis (Bescheinigung, dass für ihn keine Erlaubnispflicht nach Art. 37 LStVG als Kampfhund besteht) beantragt hat. Nach der Vorlage mehrerer Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, die den Hund als „kein Hund mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit“ beurteilt hatten, jedoch vom Veterinäramt der Antragsgegnerin als unzureichend abgelehnt worden waren, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28. Juni 2022 den Antrag auf Erteilung eines Negativzeugnisses für den Hund „R.“ ab (Nr. 1 des Bescheids). Dem Antragsteller wurde unter der Nr. 2 die Haltung und Betreuung sowie ein Wiedererwerb des Hundes untersagt (Nr. 2.1), er wurde verpflichtet, den Hund abzugeben (Nr. 2.2) und einen Nachweis über die Abgabe vorzulegen (Nr. 2.3); der Erlass weiterer Anordnungen bleibe vorbehalten (Nr. 2.4). Unter Nr. 3 wurde die sofortige Vollziehung der Verpflichtungen unter Nr. 2 des Bescheids angeordnet. Ferner wurden Zwangsgelder angedroht (Nr. 4 mit Nr. 4.1, 4.2 und 4.3) und der Antragsteller verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen; es wurden eine Gebühr von 300,- Euro und Auslagen von 4,11 Euro festgesetzt (Nr. 5).
3
Der Antragsteller hat hiergegen Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg lehnte mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 24. Oktober 2022 den Antrag, gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnungen unter Nr. 2 sowie gegen Nr. 5 des Bescheids wiederherzustellen bzw. anzuordnen, ab. Ferner lehnte es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Rechtsanwalts ab.
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Mit seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller, den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und den Vollzug der in den Nr. 2.1 bis 2.4 sowie Nr. 5 des Bescheids ergangenen Anordnungen „auszusetzen“, sowie – sinngemäß – Prozesskostenhilfe für beide Instanzen unter Beiordnung seines Bevollmächtigten.
II.
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Die Beschwerde ist zulässig und im Wesentlichen begründet.
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1. Der Vortrag des Antragstellers in der Beschwerdebegründung, den der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigt es, unter entsprechender Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die aufschiebende Wirkung der anhängigen Klage hinsichtlich Nr. 2.1., 2.2 und 2.3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 28. Juni 2022 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen.
7
Der Vorbehalt weiterer Anordnungen in Nr. 2.4 des Bescheids enthält keine der sofortigen Vollziehung zugängliche Verpflichtung des Antragstellers. Insoweit geht die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 3 des Bescheids ohnehin ins Leere.
8
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Rottweiler-Rüden „R.“ um einen Kampfhund der sogenannten Kategorie II gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 (GVBl S. 268), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. September 2002 (GVBl S. 513, 583) – sog. KampfhundeVO – handelt, bei dem die Eigenschaft als Kampfhund (widerlegbar) vermutet wird, solange nicht der zuständigen Behörde für den betroffenen Hund nachgewiesen wird, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. Dieser Nachweis obliegt dem Halter des Hundes durch ein entsprechendes Gutachten (Wesenstest; vgl. Nr. 37.3.2 der Vollzugsbekanntmachung zum LStVG – VollzBek LStVG). Gelingt ihm die Widerlegung, handelt es sich bei dem konkreten Hund nicht um einen Kampfhund, und es bedarf zu seiner Haltung weder einer Erlaubnis noch einer Zuverlässigkeitsprüfung des Halters (BayVGH, B.v. 31.7.2020 – 10 CS 20.1432 – juris Rn. 4; Schwabenbauer in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 15.1.2023, LStVG Art. 37 Rn. 24; Luderschmid in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Aug. 2018, Art. 37 Rn. 29).
9
Ob das vorgelegte Sachverständigengutachten die Vermutung widerlegt, ist durch die „zuständige Behörde“ – das ist im Fall des Art. 37 LStVG die Gemeinde, hier also die Antragsgegnerin – unter Einschaltung des Veterinäramts zu beurteilen. Der Gemeinde und damit auch dem Veterinäramt kommt aber kein Beurteilungsspielraum zu; ihre Entscheidung ist gerichtlich voll überprüfbar. Werden die fachlichen Anforderungen an den Sachverständigen und an das Gutachten erfüllt, hat es die Gemeinde zu akzeptieren. Anderes gilt nur, wenn das Gutachten defizitär ist, weil dem Sachverständigen wesentliche Informationen nicht bekannt waren oder wenn das Gutachten in sich widersprüchlich oder nicht nachvollziehbar ist (Schwabenbauer in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 15.1.2023, LStVG Art. 37 Rn. 38; Luderschmid in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Aug. 2018, Art. 37 Rn. 40). Wesentliche Kriterien für ein Gutachten in formeller und inhaltlicher Hinsicht ergeben sich – für Verwaltungsbehörden bindend – aus Nr. 37.3.4 VollzBek LStVG (die seit 1.7.2021 geltende Fassung vom 5.6.2021 ist insoweit praktisch wortgleich mit der zuvor geltenden Fassung vom 4.12.2014).
10
Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat bei der nur summarischen Prüfung überzeugt, dass jedenfalls durch das zuletzt vorgelegte Sachverständigengutachten vom 23. Januar 2021 nachgewiesen worden ist, dass der Hund „R.“ keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist, so dass die Vermutung der Eigenschaft als Kampfhund widerlegt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KampfhundeVO).
11
Das Gutachten lehnt sich erkennbar sehr eng an die Kriterien der Nr. 37.3.4 Buchst. a und b VollzBek LStVG an und beschreibt unter anderem akribisch und unter Schilderung vieler Einzelheiten das bei dem Hund in einer Vielzahl von Situationen beobachtete Verhalten (siehe „Verhaltensüberprüfungen“, S. 15-20, „Rundgang“, S. 20-41 des Gutachtens). Es kommt unter Anwendung der gängigen „Breitsamer-Kriterien“ zu dem Ergebnis, dass der Hund „R.“ als „nicht aggressiv und nicht gefährlich“ einzustufen ist. Nach eingehender Durchsicht des immerhin 49 Seiten umfassenden Gutachtens sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten wesentliche Gesichtspunkte vermissen ließe oder dass es in sich widersprüchlich, unklar, nicht nachvollziehbar oder sonst defizitär wäre.
12
Die Stellungnahme des Veterinäramts der Antragsgegnerin vom 30. März 2022 (Bl. 408 der Behördenakten) – also 14 Monate nach Zuleitung des Gutachtens am 1. Februar 2021 –, in der ohne weitere Begründung festgestellt wird, das Gutachten erfülle „nicht die Mindestanforderungen an ein Sachverständigengutachten“ gemäß der Vollz-Bek LStVG, ist allerdings ihrerseits für den Senat nicht nachvollziehbar. Eine substantiierte Begründung für diese Behauptung ist auch dem weiteren Inhalt der Behördenakte nicht zu entnehmen.
13
Auch die Vorbehalte gegen das Gutachten im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts (BA Rn. 58 mit Verweisung auf Rn. 55 ff.) greifen nicht durch. Von einem „unnatürlichen Dominanzverhalten“ ist in dem Gutachten weder die Rede, noch kann es erschlossen werden. Die Kritik an „allenfalls beispielhaften“ Situationsbeschreibungen in den Punkten 5.b.05, 5.b.08 und 5.b.09 des Gutachtens übersieht, dass es sich hier um einleitende und zusammenfassende Kapitel handelt, die darlegen, in welchen Situationsgestaltungen das Verhalten des Hundes überprüft wurde (5.b.05 „Verhalten gegenüber Fremden und im Straßenverkehr“, 5.b.08 „Verhalten gegenüber Hunden/Tieren“, 5.b.09 „Überprüfungen des Verhaltens bei optischen und akust. Reizen“); anschließend folgt eine ausführliche und im Detail dargestellte Schilderung des Verhaltens des Hundes in einer Vielzahl von einzelnen Situationen („Rundgang“, S. 20-41 des Gutachtens). Warum sich aus einem einzelnen daraus herausgegriffenen Satz („Auf dem Gehweg trafen wir auf Fußgänger …“ auf S. 21 des Gutachtens) ergeben sollte, dass das Verhalten des Hundes zu knapp interpretiert und beurteilt worden wäre, erschließt sich dem Senat nicht.
14
Soweit seitens des Veterinäramtes der Antragsgegnerin hinsichtlich der früher vorgelegten Gutachten eine nicht ausreichende Beschreibung der „Gestik und Mimik“ des Hundes beanstandet wurde, ist anzumerken, dass das Gutachten das „Verhalten“ des Hundes zu beurteilen hat. „Gestik und Mimik“ mag ein Teil des „Verhaltens“ sein, wesentlich sind jedoch die Schlussfolgerungen, die der Gutachter daraus zieht. Jedenfalls im Gutachten vom 23. Januar 2021 sind „Gestik und Mimik“ im Übrigen ausführlich beschrieben.
15
Da sich somit aller Voraussicht nach im Hauptsacheverfahren ergeben wird, dass die Vermutung der Eigenschaft als Kampfhund bei dem Hund „R.“ als widerlegt anzusehen ist und dem Antragsteller ein Negativzeugnis auszustellen sein wird, ist den Anordnungen zur Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung in Nr. 2 des Bescheids die Grundlage entzogen. Soweit die Antragsgegnerin die Anordnungen (allein) auf die Abwehr einer Gefahr durch das bloße Halten eines „Kampfhundes“ gestützt hat (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 LStVG), hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass allein daraus eine konkrete Gefahr nicht abgeleitet werden kann (BA Rn. 42). Aber auch der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit (Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG) ist damit nicht erfüllt, so dass auch ein Einschreiten zur Unterbindung einer rechtswidrigen Tat (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG) – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – nicht in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2020 – 10 CS 20.1432 – juris Rn. 6).
16
Es wird darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin auch bei Erteilung eines Negativattestes nicht daran gehindert ist, unter den Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 LStVG nach pflichtgemäßem Ermessen Anordnungen für die Haltung des Hundes „R.“ zu treffen, wie sie etwa von der Antragsgegnerin in dem Vermerk vom 1. Februar 2021 (Bl. 382 der Behördenakte) bereits erwogen worden sind. In Betracht kommt insbesondere eine Leinenpflicht, wie sie auch in dem Sachverständigengutachten empfohlen wird (S. 2 des Gutachtens).
17
2. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, soweit auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der Nr. 5 des Bescheides vom 28. Juni 2022 (Kostentragungspflicht für den Antragsteller und Festsetzung einer Bescheidsgebühr und von Auslagen) beantragt ist. Insoweit hat der Antragsteller entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nichts vorgetragen.
18
Der Senat weist allerdings drauf hin, dass die Kostenentscheidung als Nebenentscheidung das rechtliche Schicksal der Sachentscheidung teilt (vgl. z.B. Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2021, § 80 Rn. 54).
19
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Senat erachtet das Unterliegen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren als so gering, dass eine Kostenteilung nicht veranlasst ist.
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4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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5. Soweit sich die Beschwerde gegen Nr. IV des erstinstanzlichen Beschlusses richtet, ist sie ebenfalls begründet. Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Eilverfahren zu bewilligen und sein Bevollmächtigter beizuordnen; die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist insoweit abzuändern.
22
Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
23
Hinsichtlich der Erfolgsaussichten dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in dem Sinn, dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss, ist nicht erforderlich, sondern es genügt bereits eine sich bei summarischer Überprüfung ergebende Offenheit des Erfolgs. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen. Deshalb dürfen bislang ungeklärte oder im Einzelfall schwierige Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (stRspr d. BVerfG, vgl. z.B. B.v. 4.8.2016 – 1 BvR 380/16 – juris Rn. 12; B.v. 28.7.2016 – 1 BvR 1695/15 – juris Rn. 16 f.; B.v. 13.7.2016 – 1 BvR 826/13 – juris Rn. 11 f.; B.v. 20.6.2016 – 2 BvR 748/13 – juris Rn. 12).
24
Gemessen an diesen Grundsätzen bestanden für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO – wie oben dargelegt – im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife hinreichende Erfolgsaussichten.
25
Bedürftigkeit im Sinn von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 115 ZPO liegt nach den vorgelegten Unterlagen vor.
26
Da die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, ist dem Antragstellerin sein Bevollmächtigter beizuordnen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO).
27
Einer Kostenentscheidung insoweit bedarf es nicht. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO), Gerichtsgebühren fallen nicht an.
28
6. Ebenso ist dem Antragsteller für das vorliegenden Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und sein Bevollmächtigter beizuordnen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).
29
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).