Inhalt

LG München II, Endurteil v. 10.01.2023 – 13 O 4125/21
Titel:

Rechtsschutzversicherung, Fiktive Abrechnung, Merkantiler Minderwert, Privates Sachverständigengutachten, Sachverständigenbüro, Netto-Reparaturkosten, Verbringungskosten, Gesamtschuldner, Markengebundene Fachwerkstatt, UPE-Aufschläge, Mündliches Gutachten, Unfallbedingtheit, Basiszinssatz, Feststellungsantrag, Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten, Geltendmachung, Mietwagenkosten, Feststellungsinteresse, Ersatzfähigkeit, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

Schlagworte:
fiktive Abrechnung, Haftungsausfüllung, Schadensersatz, Beweisaufnahme, Aktivlegitimation, Feststellungsinteresse, Zinsanspruch
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42471

Tenor

1.    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 4.622,94 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.03.2021 sowie weitere 540,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.11.2021 zu zahlen.
2.    Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner der Klägerin jeglichen weiteren unfallbedingten materiellen Schaden aus Anlass des Verkehrsunfalles vom 29.10.2020 um 17:30 Uhr auf dem Parkplatz des zu ersetzen haben.
3.    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.
2
Die Klägerin ist Halterin und Eigentümerin eines Kfz Typ mit dem amtlichen Kennzeichen ..., welches am 29.10.2020 gegen 17.30 Uhr auf dem Parkplatz des ordnungsgemäß geparkt stand. Die Beklagte zu 1) führte das bei der Beklagten zu 2) krafthaftpflichtversicherte Kfz mit dem amtlichen, um rückwärts aus einer Parklücke herauszufahren.
3
Mit Schreiben vom 25.2.2021 und 04.03.2021 forderte die Klagepartei die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz auf, wobei in letzterem eine Frist zur Zahlung bis 25.03.2021 gesetzt wurde. Mit Schreiben vom 26.03.2021 wurde unter Klageandrohung nochmals zum 09.04.2021 gemahnt. Mit Schreiben vom 09.03.2022 bestätigte die Rechtschutzversicherung der Klägerin, die außergerichtliche Geschäftsgebühr gezahlt zu haben und trat ihre Forderung zum Zwecke der klageweisen Geltendmachung an die Klägerin ab.
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Die Klägerin behauptet, das klägerische Fahrzeug sei von der Beklagten zu 1) rückwärtsfahrend angefahren worden, wobei der rechte hintere Fahrzeugteil des gegen den linken hinteren Bereich des gestoßen sei. Hierdurch sei es an der fahrerseitigen Tür, dem Türgriff und der Seitenwand zu Beschädigungen am klägerischen Fahrzeug gekommen, die durch ein privates Sachverständigenbüro festgestellt und mit Reparaturkosten von 3.528,62 € netto beziffert wurden. Die Klägerin macht daneben einen merkantilen Minderwert von 500,00 €, Gutachterkosten von 836,33 € brutto, eine Unkostenpauschale von 25,00 €, sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 540,50 € geltend, deren Höhe jeweils unstreitig ist.
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Sie ist der Ansicht, eine Feststellung der Ersatzpflicht für weitere unfallbedingte materielle Schäden sei erforderlich, da die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen sei. Bei der beabsichtigten Reparatur würden Nutzungsausfall oder aber Mietwagenkosten, Umsatzsteuer und u.U. eine Reparaturkostenausweitung durch bislang unentdeckte, unfallbedingte Schäden entstehen.
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Die Klägerin beantragt,
I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an die Klägerin € 4.889,95 nebst Zinsen hieraus von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.3.2021 und weitere € 540,50 vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zuzüglich Zinsen hieraus von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten samtverbindlich der Klägerin jeglichen weiteren unfallbedingten materiellen Schaden aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 29.10.2020 um 17:30 Uhr auf dem zu ersetzen haben.
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Die Beklagten beantragen
Abweisung der Klage.
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Die Beklagten behaupten, es haben Alt- und Vorschäden am klägerischen Fahrzeug bestanden.
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Die Beklagten sind der Ansicht, dass selbst bei Annahme einer Kausalität zwischen dem geltend gemachten Ereignis und den vorgetragenen Schäden die Reparaturkosten nur mit 3.095,98 € anzusetzen seien. Mit Blick auf das klägerseits eingeholte Sachverständigengutachten sei der Kleinteilezuschlag anzupassen und die Kosten für Desinfektionsmaßnahmen abzuziehen. Aufgrund der nur fiktiven Abrechnung seien auch die Kosten für die Verbringung des Fahrzeugs und die Aufschläge auf die unverbindliche Preisempfehlung (UPE) nicht erstattungsfähig. Die Arbeitszeit für die Erstellung eines Farbmusterblechs sei in den Lackiervorbereitungszeiten bereits enthalten und daher ebenso wie die entsprechenden Materialkosten in Abzug zu bringen, was mangels ausdrücklichen Bestreitens durch die Klageseite als unstreitiger Sachvortrag gilt.
10
Die Klageschrift vom 04.11.2021 wurde ausweislich der Postzustellungsurkunden der Beklagten zu 1) am 10.11.2021, der Beklagten zu 2) am 11.11.2021 zugestellt.
11
Mit Beschluss der 13. Zivilkammer vom 04.11.2022 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.
12
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen, und, sowie durch Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen. Die Beklagte zu 1) wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2022 informatorisch angehört.
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Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll aus der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2022 nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
I.
15
Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere besteht das für den Antrag zu II. erforderliche rechtliche Interesse der Klägerin an alsbaldiger Feststellung des Rechtsverhältnisses. Bei der Geltendmachung eines bereits eingetretenen Schadens genügt die bloße, auch nur entfernte Möglichkeit künftiger weiterer Folgeschäden zur Bejahung des Feststellungsinteresses (vgl. BGH NJW 98, 160). Dies hat die Klägerin hier vorgetragen.
II.
17
Die Klägerin ist auch hinsichtlich der Geltendmachung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aktivlegitimiert, da die Gebühren von der Rechtsschutzversicherung der Klägerin beglichen und der Erstattungsanspruch an die Klägerin abgetreten wurde.
III.
18
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 4.622,94 € aus §§ 18 Abs. 1 StVG, 7 Abs. 1 StVG, 249 ff. BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG.
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1. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht für das Gericht fest, dass die Beklagte zu 1) als Führerin des Kfz rückwärts aus ihrer Parklücke fuhr und dabei mit dem geparkten klägerischen Fahrzeug zusammenstieß.
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a) Die Beklagte zu 1) erklärte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2022, sie sei langsam rückwärts ausgeparkt. Der Abstandsmesser ihres Fahrzeugs habe nicht gepiepst, da zwischen den Fahrzeugen genug Platz gewesen sei. Als sie die hintere Ecke des klägerischen Fahrzeugs passiert gehabt habe, sei sie stehengeblieben, um umzulenken. Die Zeugin habe sie angesprochen, woraufhin sie aus dem Fahrzeug gestiegen sei. Der Abstand zwischen den Fahrzeugen habe dabei deutlich die Länge eines DIN-A4-Blatts überschritten.
21
b) Die Vernehmung der Zeugin, Tochter der Klägerin, und des Zeugen, Ehemann der Beklagten zu 1), in der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2022 war für die Entscheidung des Gerichts nicht relevant, da sich beide zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes nicht auf dem Parkplatz befanden, sondern erst danach hinzukamen.
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c) Die Zeugin erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2022, sie habe aus einer Entfernung von weniger als 10 Metern beobachtet, wie der mehrmals hin und her fuhr. Dann habe sie gehört, wie die Fahrzeuge aneinanderstießen. Auf Vorhalt der von der Zeugin nach dem Vorfall angefertigten Skizze (Anl. K2) erklärte sie, einen diagonalen Blick über den Parkplatz gehabt zu haben, wodurch sie die Rücklichter des klägerischen Fahrzeugs, nicht aber dessen fahrerseitige Seitenwand sehen konnte. Von einem unmittelbaren Kontakt der Fahrzeuge sei sie aber ausgegangen. Als sie die Beklagte zu 1) auf den Vorfall ansprach, sei diese bereits wieder ein Stück nach vorne gefahren gewesen. Die Aussage der Zeugin war hinreichend detailliert und zudem widerspruchsfrei. An der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen für das Gericht keine Zweifel.
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d) Maßgeblich für die Überzeugungsbildung des Gerichts war jedoch insbesondere auch das mündliche Gutachten des Sachverständigen.
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Anhand der von den Parteien gefertigten Lichtbilder sowie einer eigenen Untersuchung der Fahrzeuge, auch im Rahmen eines Ortstermins, stellte dieser an den beteiligten Fahrzeugen korrespondierende Schäden fest. An der fahrerseitigen Tür und Seitenwand des klägerischen Fahrzeugs stellte er eine Zugfalte fest, die durch Fremdeinwirkung als Sekundärschaden entstanden sei und im Einklang mit einer Verformung im unteren Türbereich stehe (vgl. Bild 12 der vom Sachverständigen angefertigten Fotos). Am Stoßfänger des stellte er horizontale Streifspuren fest, die zunächst in einer vertikalen, leicht nach rechts gekrümmten Seitenlinie endeten. Rechts hiervon stellte er noch weitere, jedoch weniger intensive Kratzspuren fest (vgl. Bild 29 der vom Sachverständigen angefertigten Fotos). Die von der Zeugin beschriebene Kollisionsstellung wurde anlässlich des Ortstermins nachgestellt (vgl. Fotos 35 bis 46, sowie Anl. 1 zum Gutachten). Der Sachverständige stellte fest, dass bei einem derartigen Kontakt einerseits die horizontalen Kratzspuren am Stoßfänger des beklagten zu erwarten seien und andererseits hiermit auch die Druckstelle und der Verzug in der Fahrertüre und dem Seitenteil des klägerischen korrespondiere. Insbesondere sei für ein Vorbeistreifen, Abstoppen und darauffolgendes Lösen eines Kontaktes zwischen zwei Fahrzeugen charakteristisch, dass es zu der auf den Fotos des zu erkennenden sog. Spurumkehr komme. Er bezog sich dabei auf die bereits beschriebene deutliche Begrenzung intensiverer horizontaler Kratzspuren und die rechts hiervon liegenden weniger intensiven Kratzspuren. Weiter führte er aus, dass der Anstoß für die Beklagte zu 1) definitiv taktil wahrzunehmen gewesen sei.
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Das Gericht schließt sich den überzeugenden, da detaillierten und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen an. Insbesondere die Erläuterungen zur Spurumkehr der weißen horizontalen Kratzspuren am Beklagtenfahrzeug, decken sich mit der Beschreibung der Zeugin, welche beobachtet hatte, wie die Beklagte zu 1) zunächst gegen das klägerische Fahrzeug stieß und sodann wieder ein Stück nach vorne fuhr.
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2. Auf haftungsausfüllender Ebene war der Klägerin ein Betrag vom 4.622,94 € zuzusprechen.
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Gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Gläubiger bei Beschädigung einer Sache statt der Herstellung nach Abs. 1 auch den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (sog. fiktive Abrechnung). Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit ist dabei für jeden Schadensposten gesondert zu prüfen. Von der ursprünglichen Kalkulation im privaten Sachverständigengutachten war daher für den Türgriff ein Abzug von 61,21 € bei den Ersatzteilen vorzunehmen, der Aufschlag auf die unverbindliche Preisempfehlung der Ersatzteile auf 10% zu senken und außerdem die Kosten für Desinfektionsmaßnahmen (7,50 € an Nebenkosten, sowie 34,80 € des anteiligen Arbeitslohns) und für die Erstellung eines Farbmusterblechs abzuziehen.
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a) Im Rahmen seines mündlichen Gutachtens machte der Sachverständige auch Ausführungen zu den eingetretenen Schäden und zur Schadenskalkulation der Klägerin im Rahmen des privaten Sachverständigengutachtens.
29
Er konnte die im privaten Sachverständigengutachten erfassten Schäden zum Großteil bestätigen, nicht jedoch die Beschädigung der innenseitigen Türgriffhalterung. Von der Kalkulation der Ersatzteile sei daher der hierfür veranschlagte Betrag von 61,21 € abzuziehen. Er erläuterte zudem, dass bei ein Ersatzteilzuschlag von wenigstens 10% üblich sei und dass sowohl Verbringungs- als auch Desinfektionskosten üblicherweise anfielen.
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Auch diesbezüglich schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in technischer Hinsicht an.
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b) Wird ein Fahrzeug beschädigt, hat der Geschädigte auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten und zwar unabhängig davon, ob er das Fahrzeug voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (BGH, Urteil vom 29.10.2019 – VI ZR 45/19). Auch die Frage der Ersatzfähigkeit der UPE-Aufschläge entscheidet sich nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten. Danach darf der Geschädigte der fiktiven Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Ersatzteilkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (BGH, Urteil vom 25.9.2018 – VI ZR 65/18). Den im privaten Sachverständigengutachten angesetzten UPE-Aufschlag von 22% erachtet das Gericht jedoch nicht als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Es war lediglich ein Aufschlag von 10% anzurechnen, da er nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich das Gericht anschließt, lediglich in dieser Höhe bei Fachwerkstätten von üblich ist.
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c) Auch die Verbringungskosten sind im Rahmen der fiktiven Abrechnung ersatzfähig, wenn die zur Referenz herangezogenen Werkstätten wie hier zumindest teilweise nicht über eigene Lackierabteilungen verfügen und daher Verbringungskosten anfallen (vgl. hierzu insb. OLG München, Urteil vom 27.05.2010 – 10 U 3379/09).
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d) Hinsichtlich der Kosten für Desinfektionsmaßnahmen i.H.v. 7,50 € zzgl. Arbeitslohn i.H.v. 34,80 € wird die Ersatzfähigkeit im Rahmen der fiktiven Abrechnung durch das Gericht abgelehnt. Ob eine Desinfektion bei einer späteren Reparatur erforderlich ist, zeigt sich erst in dem Zeitpunkt, in dem das Kfz repariert wird. Maßgebend für die Erforderlichkeit der Desinfektion ist bei der Geltendmachung von Nettoreparaturkosten somit nicht der Unfalltag, sondern der Zeitpunkt, in dem die Reparatur tatsächlich stattfindet. (vgl. hierzu AG Regensburg, Urteil vom 23.06.2022 – 9 C 168/22). Nach formaler Beendigung der Pandemie-Lage spricht vieles dafür, dass die Desinfektionsmaßnahmen tatsächlich nicht mehr anfallen und somit nicht als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gelten können. Vom Feststellungsantrag (Ziff. II.) sind diese jedoch mit erfasst und können von den Beklagten bei tatsächlichem Anfallen daher ersetzt verlangt werden.
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e) Auch die Kosten für die Erstellung eines Farbmusterblechs i.H.v. 75,26 € waren von den klägerseits kalkulierten Reparaturkosten in Abzug zu bringen. Die Beklagtenseite hat in der Klageerwiderung vorgetragen, dass dies bereits von den Vorbereitungsarbeiten umfasst sei und nicht mehrfach berechnet werden dürfe. Die Klägerin hat dies nicht ausdrücklich bestritten, weshalb der Vortrag gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Auch geht die Absicht, dies bestreiten zu wollen nicht aus den übrigen Erklärungen der Partei hervor (§ 138 Abs. 3 Hs. 2 ZPO). Zwar kann bereits in einem vorangegangenen widersprechenden Vortrag ein konkludentes Bestreiten nachfolgender Behauptungen liegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. 5. 2001 – VI ZR 55/00). Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin mit der Klageschrift auf das privat eingeholt Gutachten Bezug genommen und es zu eigenem Vortrag erhoben. Dies führt jedoch im Gegensatz zur zitierten Entscheidung des BGH hier nicht zu einem konkludenten Bestreiten des späteren Vortrags der Beklagtenseite. Die Klageseite hatte sich in dem als Replik bezeichneten Schriftsatz vom 15.02.2022 und auch im Schriftsatz vom 02.12.2022 ausführlich mit den Streitpunkten der UPE-Aufschläge, Verbringungskosten und Desinfektionskosten auseinander gesetzt, zu den Kosten für die Erstellung des Farbmusterblechs jedoch nicht weiter ausgeführt. Die Absicht, auch diese bestreiten zu wollen, kann nicht ohne weiteres aus der ursprünglichen Bezugnahme der privaten Schadenskalkulation abgeleitet werden.
35
f) Der Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwerts i.H.v. 500,00 € ergibt sich aus § 251 Abs. 1 BGB.
IV.
36
Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus der Hauptforderung i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.03.2021, sowie auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 540,50 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.11.2021 aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288, 291 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG.
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Die eingeklagte Forderung war bereits mit Eintritt der Rechtsgutsverletzung selbst am Unfalltage fällig (vgl. BGH, Beschluss vom 18.11.2008, VI ZB 22/08), so dass die Klägerin durch die Schreiben vom 25.02.2021 und 04.03.2021 und die hierin gesetzte Zahlungsfrist bis 25.03.2021 wirksam Verzug ab dem darauffolgenden Tag begründete.
V.
38
Auch dem Feststellungsantrag war stattzugeben. Die Ersatzpflicht der Beklagten wurde dem Grunde nach festgestellt und es ist nicht auszuschließen, dass der Klägerin noch weitere materielle Schäden entstehen.
VI.
39
Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 S.1, S. 2 ZPO. Trotz teilweiser Abweisung der Klage waren den Beklagten die gesamten Prozesskosten aufzuerlegen, da die Zuvielforderung der Klägerin in der Hauptsache mit unter 10% geringfügig war und mangels Gebührensprung keine höheren Kosten veranlasst hat.