Titel:
Ermessensfehlerhafte Entscheidung über Gewährung von Fördermitteln
Normenketten:
BayHO Art 7, Art. 23, Art. 44
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1, Art. 40, Art. 41
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Subventionen stellen eine reine Leistungsverwaltung ohne Eingriffe in Rechtspositionen Privater dar. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Exekutive ist grundsätzlich frei, Regelungen über Empfänger, Gegenstand, Verfahren und Umfang von Zuwendungen zu treffen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit bei der Gewährung von Subventionen beschränkt sich auf die Frage, ob dem Kläger Fördermittel in einer den Gleichheitssatz verletzenden Weise vorenthalten worden. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ermessensdefizite, widersprüchliche Bescheidbegründung, fehlende Nachvollziehbarkeit von Entscheidungskriterien, Verpflichtungsantrag, SARS-CoV-2, Fördermittel, Subvention, Gleichheitssatz, Ermessensentscheidung, Ermessensfehler, Wiedereinsetzung, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, Digitalisierungsinvestitionen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42238
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 26.01.2022 wird aufgehoben, soweit er Ziffer 1 Satz 2 dieses Urteilstenors entgegensteht. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin, eingegangen bei der Beklagten am 18.07.2021, hinsichtlich folgender Kosten neu zu entscheiden:
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Fa. R.
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05.06.2021
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S... und SE...
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7.500,00 €
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Foto …
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25.06.2021
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Sony Alpha Kamera
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1.679,83 €
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…
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30.06.2021
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M. O. Home and Students
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103,35 €
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Fa. …
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29.06.2021
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Apple MACBook Pro 13“
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1.506,71 €
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Foto …
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29.06.2021
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Fotostudio
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2.828,02 €
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Fa. S.
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24.06.2021
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Schiebetüranlage
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4.960,00 €
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt unter entsprechender Abänderung des den Förderantrag teilweise ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 26.01.2022 die Bewilligung einer weiteren Förderung nach der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 18. Februar 2021, Az. PGÜ-3560-3/2/304 (BayMBl. Nr. 132) – im Folgenden Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III – in Höhe von 18.577,91 EUR für Digitalisierungs- und Hygienemaßnahmen.
2
1. Sie hat über ihren Steuerberater über das Online-Portal der Beklagten einen Antrag auf Überbrückungshilfe III gestellt, der am 12.07.2021 bei der Beklagten eingegangen ist. Darin hat sie angegeben, ein Einzelunternehmen für Teppiche zu betreiben, zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche zu gehören und zwei Angestellte über 30 Stunden zu beschäftigen (erfasst unter der Fallnummer …*). Insgesamt beantragte sie eine Förderung in Höhe von 78.606,84 EUR. Darunter befinden sich für Juni 2021 Kosten für Digitalisierung in Höhe von 20.382,50 EUR und Kosten für Hygienemaßnahmen in Höhe von 20.004,20 EUR (Bl. 23 Beiakte). Auf ihre weiteren Angaben zu den monatlichen Fixkosten zwischen Januar und Juni 2021 (Bl. 3 bis 5 sowie Bl. 19 bis 22 und Bl. 29 bis 30 Beiakte) wird Bezug genommen.
3
Hinsichtlich der o.g. Maßnahmen wurden folgende Rechnungen vorgelegt (Bl. 52 bis 66 Beiakte):
- Fa. R.vom 05.06.2021 für „S... und SE... sowie R. S.“
„Leistungsdatum Juni 2021“) in Höhe von netto 9.000 EUR,
4
Der Rechnung sind folgende Zahlungsbedingungen zu entnehmen:
„1) Die erste Teilzahlung in Höhe von 1.500 € (netto) wird verbindlich bis spätestens 15.06.2021 erwartet.
2) verbindliches Zahlungsziel Restbetrag: 30.06.2021.“
- Foto … vom 25.06.2021 für eine „Sony Alpha Kamera“ netto 1.679,83 EUR,
- … vom 30.06.2021 für Apple Airpods von 132,99 EUR
einen ARLO Essential, Spot für 345,99 EUR (Anm. Überwachungskamera), ein HAMA-Zubehör für 19.99 EUR und eine Software M. O. Home and Students für 122,99 EUR (Bruttopreise), brutto 621,96 EUR
- Fa. … vom 29.06.2021 über ein iMac für netto 1.595,80 EUR
mit Transportkosten von 5,03 EUR, netto 1.600,83 EUR
- … vom 29.06.2021 über einen Sonos Five Black (Anm. Lautsprecher) für netto 499,99 EUR,
- Fa. … vom 29.06.2021 für SON ONE Gen2 für 627,00 EUR
und SON ONE SL für 199,00 EUR (Anm. beides Lautsprecher), netto 694,12 EUR
- Fa. … v. 29.06.2021 für Apple MacBook Pro 13“
(netto 1.493,28 EUR) mit Transportkosten vom 15.99 EUR netto 1.506,71 EUR,
- Fa. F. … v. 29.06.2021, Fotostudioausrüstung netto 2.828,02 EUR
- … v. 29.6.2021, Apple iPhone für 979 EUR
zzgl. Versand 2,49 EUR brutto 981,49 EUR
- … v. 28.06.2021, Apple iPad Air für 594,26 EUR
und Apple IPad Air für 589,44 EUR brutto 1.183,70 EUR
- Fa. … v. 08.06.2021 („Leistungszeitraum Juni 2021“) für die Lieferung und den Einbau einer Klimaanlage in Höhe von netto 13.300,00 EUR
5
Der Rechnung ist noch Folgendes zu entnehmen:
„Eine Anzahlung ist bis zum 15.06.2021 in Höhe von 500 EUR zu leisten“
„Zahlbar binnen 14 Tagen nach Rechnungserhalt ohne jeden Abzug“
- Fa. S.v. 24.06.2021 Auftragsbestätigung („Liefertermin: 25 KW“) für automatische Schiebetüranlage in Höhe von netto 6.200,00 EUR,
(„Zahlungsbedingungen: 14 Tage netto ohne Abzug“
Fa. S.v. 25.06.2021, „1. Abschlagsrechnung“ für Materialbereitstellung in Höhe von netto 1.240,00 EUR,
6
Der Steuerberater der Klägerin erklärte auf Nachfrage der Beklagten am 04.10.2021 (Bl. 48, 49 Beiakte) und 12.10.2021 (Bl. 50/51 Beiakte), dass durch Investitionen in digitales Marketing durch S... und R. S. sichergestellt werde, dass Internetauftritte große Reichweiten hätten und die richtige Zielgruppe erfassten.
7
Die Maßnahmen zur Hygiene bzw. zum Umbau bestünden hauptsächlich aus dem Einbau einer automatischen Eingangstür (6.200 EUR) zum kontaktlosen Öffnen und Schließen und einer Klimaanlage (netto 13.300 EUR). Dadurch könnten weiterhin Kunden vor Ort empfangen werden, was vor allem für die ältere Zielgruppe im Laden ein Punkt der Sicherheit sei. Sämtliche Positionen seien im Monat 06/2021 entstanden und diesem zugeordnet worden.
8
Der Steuerberater ergänzte (Bl. 67/68 Beiakte), dass der Einbau der Schiebetür erst Ende Oktober stattfinden könne und der Endbetrag sich auf voraussichtlich 6.000 € belaufen werde. Zusätzlich führte er zum Apple MacBook Pro Folgendes aus:
„Das MacBook Pro könne als Video- und Photoshop-Editor zur Realisierung der obigen Anwendungen auch zeitlich und örtlich unabhängig eingesetzt werden.“
9
Auf die weiteren Angaben zu IPhone, IMAC, iPad Air, Überwachungskameras, Lautsprecher wird Bezug genommen. Die Klägerin reichte über das Portal der Beklagten eine Online-Überweisung vom 26.06.2021 über 1.785,00 EUR an eine Fa. „B.“ auf das von der „Fa. R.“ auf ihrer Rechnung vom 05.06.2021 angegebene Konto nach (Schriftsatz vom 27.11.2021).
10
2. Mit einer E-Mail vom 21.01.2022 an die E-Mailadresse „…“ (Bl. 85 Beiakte) teilte die Beklagte mit, dass der Bewilligungsbescheid (adressiert an die Klägerin) zum Antrag (Fallnummer …) im digitalen Antragssystem bereitstehe (Bl. 85 Beiakte). Dieser Bescheid datiert vom 21.01.2022 (Bl. 86 Beiakte). Darin wurde der Klägerin unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid eine Überbrückungshilfe in Höhe von 54.642,64 EUR bewilligt. Eine Teilablehnung und eine Begründung fehlen.
11
Mit Korrekturbescheid vom 26.01.2022 (Bl. 91 ff. Beiakte) zum Bescheid vom 21.01.2022 wurde der Klägerin (insoweit inhaltlich als auch vom Wortlaut her identisch mit dem Bescheid vom 21.01.2022) eine Überbrückungshilfe in Höhe von 54.642,64 EUR bewilligt (Ziffer 1). Unter Ziffer 5 wurde im Übrigen der o.g. Antrag Nr. … vom 18.07.2021 auf Gewährung einer Überbrückungshilfe nach den in Ziffer 1 der Hauptbestimmungen dieses Bescheids genannten Rechtsgrundlagen in Höhe von 23.964,20 € abgelehnt.
12
Als Grund für die Teilablehnung ist im Wesentlichen Folgendes ausgeführt (Bl. 95 Beiakte):
„Digitalisierungskosten sind erstattungsfähig, wenn sie den FAQ entsprechen, die Kosten angemessen im Verhältnis zu den Zielen sind und der Sicherung der Existenz des Unternehmens in der Pandemie dienen. Bei der Anschaffung eines Ersatz PCs, IPad Air, IPhone, Kameras, Fotoausrüstung, etc. handelt es sich nicht um Maßnahmen, die der Sicherung des Unternehmens in der Pandemie dienen. Die Kosten wurden daher herausgenommen.
Im Übrigen wurden die Kosten für Digitalisierung und Hygienemaßnahmen herausgenommen, soweit sie nicht belegt bzw. bezahlt wurden. Insgesamt sind unter Berücksichtigung der jeweils einschlägigen Fördersätze die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe für den Betrag in Höhe von 23.964,20 € nicht erfüllt. Es entspricht daher der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, Ihren Antrag insoweit abzulehnen.
Die Entscheidung über die Ablehnung steht im pflichtgemäßen Ermessen. Bei haushaltsrechtlich relevanten Ermessensentscheidungen über die Erteilung und Aufhebung von Bewilligungsbescheiden verpflichtet Art. 7 BayHO zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel. Diese Vorschrift engt den Ermessenspielraum der Vorbemerkung der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie in der jeweils geltenden Fassung bei der Entscheidung über die Gewährung der Überbrückungshilfen gewährt, erheblich ein.
Gründe, die gegen diese Entscheidung sprechen oder eine Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, sind nicht ersichtlich.“
13
Wie dieser Bescheid der Klägerin bekannt gegeben worden ist, ist den Akten nicht zu entnehmen.
14
3. Die Klägerin erhob zunächst mit Fax vom 03.03.2022, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, Klage „aufgrund von unrechtmäßigen Kürzungen in Höhe von 6.014,56 EUR im Rahmen des Korrekturbescheides zum Bescheid vom 21.01.2022“. Nach dem Hinweis des Gerichts vom 04.03.2022 auf die zweifelhafte Unterschrift der Klägerin und den unklaren Fristenlauf übersandte die Klägerin am 04.03.2022 ein von ihr unterschriebenes Fax identischen Inhalts, das am gleichen Tage beim Gericht einging.
15
Mit Schriftsatz vom 25.03.2022 zeigte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Vorlage einer Vollmacht an. Er erklärte, dass nach hiesigem Kenntnisstand der hier streitgegenständliche Korrekturbescheid an einen Steuerberater am 31.01.2022 per E-Mail auf eine E-Mail-Adresse übermittelt worden sei, die nicht im Antrag hinterlegt gewesen sei. Es sei also somit nicht der zuständige persönliche Betreuer mit der E-Mail kontaktiert worden. Das üblicherweise verwendete Bundesportal sei nach hiesigem Kenntnisstand ebenfalls nicht aktiviert worden. Selbst wenn am 03.03.22 eine ordnungsgemäße Klageeinreichung nicht vorgelegen haben sollte, so sei aufgrund der Umstände des gesamten Vorganges Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren.
16
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.08.2023 beantragt die Klägerin:
1. Unter Abänderung des Korrektur-Bescheids der Beklagten vom 26.01.2022, Bescheid über eine Billigkeitsleistung auf Antrag der Klägerin vom 18.07.2021, wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin über die zugesprochene Überbrückungshilfe hinausgehend weitere 18.577,91 € zu bewilligen.
2. Hilfsweise zu 1.: Unter Abänderung des Korrektur-Bescheids der Beklagten vom 26.01.2022, Bescheid über eine Billigkeitsleistung auf Antrag der Klägerin vom 18.07.2021, wird die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag neu zu entscheiden, soweit in dem Korrektur-Bescheid weitere 18.577,91 € nicht bewilligt wurden.
17
Im gerichtlichen Verfahren konnten die streitgegenständlichen Maßnahmen und Beträge wie folgt geklärt werden:
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Digitalisierung
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Betrag netto
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Fa. R.
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v. 05.06.2021
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S... und SE...
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7.500,00 €
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Foto …
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v. 25.06.2021
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Sony Alpha Kamera
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1.679,83 €
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…
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v. 30.06.2021
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M. O. Home and Students
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103,35 €
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Fa. … Computer-vertrieb
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v. 29.06.2021
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Apple MACBook Pro 13“ (netto 1.493,28 € + 15,99 € Transport)
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1.506,71 €
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Foto …
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v. 29.06.2021
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4xStudioblitz DFX-600, Softbox QF 80x120, 4 Leuchtstative etc.
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2.828,02 €
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Hygienemaßnahmen
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Betrag netto
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Fa. S.
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v. 24.06.2021
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Schiebetüranlage
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4.960,00 €
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Gesamt:
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18.577,91 €
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18
Zur weiteren Begründung führt der Klägervertreter aus:
- Die Anerkennung bei den S.../SE... Maßnahmen nur in Höhe der Teilzahlung von 1.500 EUR (netto) mit der Begründung, dass nur diese belegt sei, widerspreche der Richtlinie insofern, als dort lediglich auf die vertragliche Fälligkeit aller Kosten abgestellt werde; auch den FAQ Ziff. 2.4 lasse sich ähnliches entnehmen. Danach sei ausdrücklich nicht relevant der Zeitpunkt weiterer Zahlungsaufforderungen und der Zeitpunkt der Zahlung oder der Zeitpunkt der Bilanzierung (vgl. auch Schriftsatz vom 06.09.2022). Die Kosten seien laut Rechnung der Fa. R.noch im Juni 2021 fällig gewesen. Die Restzahlung sei am 07.02.2022 erfolgt. Dazu wurde die Umsatz-Druckansicht über eine am 07.02.2022 erfolgte Überweisung von 8.925 EUR (Anlage K1 des Schriftsatzes vom 11.07.2022) vorgelegt.
- Die teilweise Ablehnung (in Höhe von 4.960 EUR) für die Schiebetüranlage (6.200 EUR) wegen einer fehlenden Schlussrechnung sei rechtswidrig, da der Beklagten die entsprechende Zwischenrechnung, die nach den FAQ Ziff. 2.4 ausreiche, vorgelegen habe. Die endgültige Rechnungsstellung sei am 11.02.2022 erfolgt (Anlage K 2 des Schriftsatzes vom 11.7.2022) und der Betrag am 11.02.2022 angewiesen worden (Anlage K 3 des Schriftsatzes vom 11.07.2022). Wenn insoweit ausgeführt werde, dass zum Nachweis der entstandenen Fixkosten die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis Rechnungen bzw. auch Zwischenrechnungen akzeptiere, eine Beauftragung jedoch nicht ausreiche, so widerspreche dies den Förderrichtlinien.
- Die Ablehnung hinsichtlich der Kosten für die Anschaffung von Kamera, Laptop sowie Fotoausrüstung mit der Begründung, dies seien keine Maßnahmen, die der Existenzsicherung dienten, widerspreche den FAQ Anhang 4 zu Ziff. 2.4 Pos. 14; darin seien explizit auch Kamera, Mikrofon usw. benannt. Die Fotoausrüstung selbst falle unter den Punkt „Bereitstellung digitaler Serviceangebote“. Der Laptop sei eine Anschaffung von Hardware zur Umsetzung von Homeoffice-Lösungen. Die Anschaffung sei erforderlich gewesen, um in einem evtl. Lockdown von zu Hause aus arbeiten zu können. Der bisher vorhandene Windows-PC sei hierfür nicht tauglich gewesen. Die Argumentation, es handele sich um „allgemeine Betriebsmittel auch für Zeiten nach der Pandemie“ widerspreche den Richtlinien. In den FAQ Anhang 4 seien diese Produkte spezifisch als „Beispiele für Investitionen in Digitalisierung gemäß Ziffer 2.4 Pos. 14“ aufgelistet. Die Beklagte habe auch nicht nachgefragt, wofür Kamera und die übrige Fotoausrüstung verwendet würden und welche Auswirkungen erhofft worden seien.
19
Nicht streitgegenständlich seien die Kosten für die Anschaffungen der Sonos-Boxen, der Überwachungskameras und des IMAC.
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Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, der sich mit Schriftsatz vom 21.03.2022 angezeigt hatte, beantragt mit Schriftsatz vom 27.07.2022,
21
Der begehrte Förderanspruch sei nicht gegeben.
22
Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Hygienemaßnahme Automatische Schiebetüranlage sei Ziff. 3.1 Satz 1 der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III i.V.m. FAQ Ziff. 2.1 und 2.4. Zum Nachweis entstandener Fixkosten akzeptiere die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis Rechnungen beziehungsweise auch Zwischenrechnungen, eine reine Beauftragung reiche hingegen nicht aus. Vorkassenrechnungen würden nur unter der zusätzlichen Voraussetzung akzeptiert, dass Lieferung und Leistung der Maßnahme zum Zeitpunkt der Antragstellung nachgewiesen werden können. Abschlagszahlungen würden bis zu einer Höhe von maximal 50 Prozent anerkannt (vgl. auch Schriftsatz vom 04.10.2022). Entsprechend seien Kosten auf der Grundlage von Auftragsbestätigungen nicht förderfähig. Diese ständige Verwaltungspraxis der Beklagten finde sich auch in dem diesem Schriftsatz als Anlage B1 beigefügten anonymisierten Bescheid der Beklagten vom 06.04.2022. Aus den FAQ Ziff. 2.4 ergebe sich zudem folgender Wortlaut: „Maßgeblich für den Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeit ist ausschließlich der Zeitpunkt, der sich nach der ersten Rechnungsstellung ergibt (nicht relevant sind der Zeitpunkt weiterer Zahlungsaufforderungen, der Zeitpunkt der Zahlung oder der Zeitpunkt der Bilanzierung)“. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergebe sich daraus nicht, dass ein Zahlungsnachweis im Rahmen von Abschlagszahlungen, Angeboten und Vorkassenrechnungen nicht geführt werden müsse. Die Auffassung der Klägerin hinsichtlich der Fördervoraussetzungen werde von der Beklagten in ihrer Zuwendungspraxis insoweit nicht geteilt und widerspreche dem Zweck der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III. Dieser bestehe darin, die wirtschaftliche Existenz von Unternehmen – durch eine Erstattung von im November 2020 bis Juni 2021 anfallenden, vertraglich begründeten oder behördlich festgesetzten und nicht einseitig veränderbaren, betrieblichen Fixkosten – zu sichern.
23
Von den in der Fixkostenposition Nr. 24 (Hygienemaßnahmen) im Juni 2021 angegebenen Fixkosten in Höhe von 20.004,20 EUR sei von der Klägerin im Verwaltungsverfahren lediglich ein Betrag in Höhe von 14.540,00 EUR plausibilisiert worden. Denn nur hinsichtlich der Kosten für die Lieferung einer Klimaanlage (i.H.v. 13.300,00 EUR) und für die automatische Schiebetüranlage (i.H.v. 1.240,00 EUR) habe die Klägerin auf Nachfrage Rechnungen vorgelegt. Weitere Rechnungen habe die Klägerin im Förderverfahren nicht eingereicht.
24
Die Ablehnung der beantragten Digitalisierungsmaßnahmen (einmalig bis 20.000 EUR) beruhe auf Ziff. 3.1 Satz 1 Buchst. n) der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III. Danach müssten die Aufwendungen primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie dienen. Förderfähig seien vornehmlich Kosten, die infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie (zum Beispiel Corona-Arbeitsschutzverordnung, Homeoffice-Pflicht, Maskenpflicht und so weiter) entstünden beziehungsweise entstanden seien. Da es sich bei den Anschaffungen allerdings um allgemeine Betriebsmittel handele, die auch nach der Pandemie der Verkaufsförderung dienten, sei nicht dargelegt, dass damit gerade pandemiebedingte Vorschriften umgesetzt werden sollten. Zur Existenzsicherung seien diese Aufwendungen damit nicht erforderlich gewesen. IT-Hardware und Kameraequipment seien im Übrigen nach der Verwaltungspraxis der Beklagten damit nicht generell, sondern lediglich dann förderfähig, wenn sie infolge von pandemiebedingten Vorschriften zur Existenzsicherung des Unternehmens erforderlich seien. Dementsprechend werde die allgemeine Ausstattung eines Unternehmens mit Betriebsmitteln ohne Bezug zur Corona-Pandemie nicht gefördert. Zur Plausibilisierung der insoweit ablehnenden Verwaltungspraxis der Beklagten wurden als Anlagen B2 und B3 weitere anonymisierte Bescheide vom 17.08.2021 und 23.05.2022 beigefügt, in denen, neben anderen Positionen, die allgemeine Geschäftsausstattung eines Unternehmens mit IT-Hardware von der Beklagten nicht als förderfähig anerkannt worden sei (vgl. Schriftsatz vom 04.10.2022).
25
Mit Schriftsatz vom 27.07.2023 erklärte die Beklagte, dass die Software M. O. Home and Students nach Zahlungsvorlage als förderfähig anerkannt worden sei und verwies auf die Aufstellung von förderfähigen und nicht förderfähigen Maßnahmen auf Seite 43 der Beiakte. Darin ist diese Software mit 122,99 EUR als „förderfähig“ aufgeführt. Diese Auffassung wurde in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf eine unterschiedliche Behandlung von Hard- und Software bestätigt und später durch das Angebot ersetzt, die Beklagte könne anbieten, diese Frage nochmals im Rahmen eines Abhilfebescheids klären zu lassen.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
Entscheidungsgründe
27
1. Die Klage ist zulässig und als Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) statthaft. Sie ist auch fristgerecht erhoben. Mangels eines Bekanntgabenachweises (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) für den streitgegenständlichen Korrekturbescheid vom 26.01.2022, was zu Lasten der hierfür darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten geht (vgl. Art. 41 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 BayVwVfG; Eyermann/Schübel-Pfister, 16. Aufl. 2022, VwGO § 86 Rn. 18), ist der letztendlich wirksame, weil unterschriebene Klageeingang am 04.03.2022 als fristgerecht anzusehen. Eine besondere Form der Bekanntgabe ist – im Gegensatz zur besonderen Form der Antragstellung über das Online-Portal des Bundes (vgl. Ziff. 6 Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III) – nicht vorgesehen.
28
Die im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten und in der mündlichen Verhandlung enthaltene, erstmalige Konkretisierung der streitigen Maßnahmen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 28. Auflage 2022, Rn. 10 zu § 82 und Rn. 8 zu § 103) ist gegenüber den in der Klageschrift enthaltenen Angaben nicht als – wegen Verfristung unzulässige – Klageerweiterung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO zu werten, da sie sich im Rahmen des ursprünglichen, nach seinem erkennbaren Zweck und unter Berücksichtigung aller Umstände zu bestimmenden Klageziels hält (hier: Angreifen des Korrekturbescheids, der erstmalig die Ablehnung enthält) (vgl. VGH München, B.v. 17.06.2010 – 7 ZB 10.375 – BeckRS 2010, 52033 Rn. 11, beck-online). Die Klageschrift der (noch) nicht anwaltlich vertretenen Klägerin lässt schon nicht erkennen, was konkret angegriffen wird. Zwar war richtet sich die Klage ihren Angaben zufolge gegen den Korrekturbescheid vom 26.01.2022 („unrechtmäßige Kürzungen“ (…) „im Rahmen des Korrekturbescheides zum Bescheid vom 21.01.2022“) und sie nennt einen Betrag, der aber keiner Maßnahme zuzuordnen ist; konkretere Angaben enthält diese Klageschrift nicht.
29
Dieser Korrekturbescheid vom 26.02.2022 ist auch wirksam (Art. 41 BayVwVfG). Denn er hat – auf eine unbekannte Weise – die Klägerin mit Wissen und Wollen des Beklagten erreicht.
30
2. Die Klage hat – im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – teilweise Erfolg.
31
Der Korrekturbescheid vom 26.01.2022 zum Bescheid vom 21.01.2022 stellt einen Zweitbescheid (und keine bloße wiederholende Verfügung) dar, da die Beklagte neben der Wiederholung der Bewilligung in Höhe von 54.642,64 EUR auch erstmalig den Antrag im Übrigen in Höhe von 23.964,20 EUR abgelehnt, diese Ablehnung begründet sowie erneut eine Rechtsbehelfsbelehrungangefügt hat. Damit hat die Beklagte ihren eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, eine neue, an die Stelle des ursprünglichen unanfechtbaren Verwaltungsakts tretende Sachentscheidung zu treffen (vgl. Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 42 Rn. 25; Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. Anh § 42 Rn. 29, jew. m.w.N.; VG Düsseldorf, U.v. 04.11.2013 – 17 K 8594/12 – BeckRS 2013, 59675, beck-online).
32
2.1 Der streitgegenständliche, die Förderung ablehnende Bescheid beruht auf der zugrundeliegenden Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (BayHO) sowie der einschlägigen Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III (s.o.) samt den maßgeblichen, gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium für Finanzen veröffentlichten FAQ zur „Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen“, Dritte Phase von November 2020 bis Juni 2021 (- FAQ –, Stand 22.12.2021), genehmigt durch die Europäische Kommission (vgl. Pressemitteilung vom 20.11.2020; Presse-Ecke | Europäische Kommission (europa.eu). Der Förderzeitraum nach Ziffer 2.1 Satz 1 der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III reicht von November 2020 bis Juni 2021.
33
In der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III Ziffer 1 Sätze 4 und 5 ist als Ziel Folgendes festgehalten:
„4Diese Überbrückungshilfe III ist in Form einer Billigkeitsleistung gemäß § 53 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) bzw. Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) als freiwillige Zahlung zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz zu gewähren, wenn Unternehmen, Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe Coronabedingt erhebliche Umsatzausfälle erleiden. 5Durch Zahlungen als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten soll ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werden.“
34
Ziff. 3.1 „Förderfähige Kosten“ Satz 1 Buchst. n) der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III lautet wie folgt:
„1Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000 Euro pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten. 2Förderfähig sind Kosten, die im Zeitraum März 2020 bis Juni 2021 angefallen sind. 3Außerdem können unter denselben Voraussetzungen auch Investitionen in Digitalisierung (z.B. Aufbau oder Erweiterung eines Online-Shops, Eintrittskosten bei großen Plattformen) einmalig bis zu 20.000 Euro als erstattungsfähig anerkannt werden; “
35
FAQ v. 22.12.2021 Anhang 4 Satz 4 „Beispiele Digitalisierungs- und Hygienemaßnahmen“ lautet:
„Förderfähig sind vornehmlich Kosten, die infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie (zum Beispiel Corona-Arbeitsschutzverordnung, Homeoffice-Pflicht, Maskenpflicht und so weiter) entstehen beziehungsweise entstanden sind.“
36
Unter den FAQ Anhang 4 „Beispiele für Investitionen in Digitalisierung gemäß Ziffer 2.4 Position 14“ finden sich u.a. folgende Positionen:
- „Aufbau oder Erweiterung eines Online-Shops“
- „Anschaffung von Hardware und Software-Lizenzen zur Umsetzung von Homeoffice-Lösungen „Investitionen digitales Marketing (Social Media, S..., SE..., e-Mail Marketing, und so weiter)“
- Update von Softwaresystemen zur Weiterentwicklung digitaler Geschäftsmodelle
- Ausrüstung zur Bereitstellung digitaler Service Angebote (Kamera, Mikrofon, und so weiter)
- „Foto-/Video-Shootings, wenn sie zur Ausübung der betrieblichen oder selbstständigen Tätigkeit erforderlich sind“
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2.1.1 Der Bescheid ist formell-rechtlich nicht rechtswidrig. Es hat die gemäß der Ziffer 5 der o.g. Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III in eigener Verantwortlichkeit handelnde und zuständige Industrie- und Handelskammer für ... – IHK – gehandelt (§ 47b Zuständigkeitsverordnung – ZustV –) entschieden.
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Bestehende Bedenken gegen die inhaltliche Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) führen vorliegend nicht zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides. Obwohl in diesem Bescheid kaum nachvollziehbar ist, welche beantragte Maßnahme in welcher Höhe genehmigt und welche Maßnahme in welchem Umfang abgelehnt worden ist, waren die abgelehnten Maßnahmen und damit der streitige Regelungsinhalt des Bescheides nach dem Ausschlussprinzip zumindest noch bestimmbar, auch wenn die Beklagte die Nachvollziehbarkeit durch Vermischung von Brutto- und Nettobeträgen sowie durch unzutreffende Stellungnahmen zur erfolgten Förderung der Software M. O. nicht vereinfacht hat.
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2.1.2 Der Bescheid ist jedoch materiell-rechtlich rechtswidrig.
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a. Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Zuwendungen des Freistaates Bayern, eine Subvention im Sinne der Definition in Art. 23 BayHO. Subventionen stellen eine reine Leistungsverwaltung ohne Eingriffe in Rechtspositionen Privater dar. Gesetzesfrei gewährte Fördermittel haben grundsätzlich ihre Legitimationsgrundlage in der jeweiligen Haushaltsordnung in Verbindung mit dem jeweils geltenden – als Gesetz beschlossenen – Haushaltsplan; darin ist die Gesamtsumme der Fördermittel im Einzelplan, Kapitel und Titel ausgewiesen.
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Das Fehlen einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage macht die Gewährung einer konkreten Förderung deshalb nicht rechtswidrig. Insbesondere für den Bereich der leistungsgewährenden Verwaltung ist anerkannt, dass ein allgemeiner Gesetzesvorbehalt (d.h. eine gesetzliche Regelung) nicht notwendig ist. Im Übrigen ergeben sich Einzelheiten zum Antragsverfahren, zu den Bewilligungsvoraussetzungen und Finanzierungsarten sowie zur Höhe sowie Rückabwicklung der Förderung aus den Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 BayHO im Allgemeinen und den fachspezifischen Förderrichtlinien im Besonderen. Die Exekutive ist grundsätzlich frei, Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.1979 – 3 C 111/79 – in juris, NJW 1979, S. 2059; BVerwG, U.v. 27.03.1982, BVerwGE 90, 112). Dies geschieht üblicherweise durch Förderrichtlinien.
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Die jeweilige Förderrichtlinie begründet vom Ansatz her keinen gebundenen Anspruch auf die (freiwillige) Billigkeitsleistung in bestimmter Höhe. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsstelle über den Förderantrag nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. Art. 40 BayVwVfG i.V.m. Satz 3 der Vorbemerkung der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III). Diese Förderrichtlinie ist eine interne Verwaltungsvorschrift und keine Rechtsnorm, d.h. kein Rechtssatz mit Außenwirkung. Ihre Funktion besteht darin, für die Verteilung der Fördermittel einheitliche Maßstäbe zu setzen und dadurch die Entscheidungen der Bewilligungsbehörde intern zu binden und zu steuern. Als entscheidungslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen derartige Förderrichtlinien auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind. Durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist die Bewilligungsbehörde in ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger – abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns – gebunden. Wenn sich die Behörde an ihre Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Dabei kann dabei neben den Förderrichtlinien ergänzend auf öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungsbehörde, der dieser übergeordneten Landesbehörde oder der aufgrund Verwaltungsvereinbarung in die Förderung eingebundenen zuständigen Bundesbehörde zurückgegriffen werden (VG Düsseldorf, U.v. 15.09.2022 a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Relevant insoweit sind auch die gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen veröffentlichten FAQ. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer möglichst bundeseinheitlichen Verwaltungspraxis ist es legitim und sachgerecht, die Förderpraxis an den o.g. FAQ zu orientieren (VG Magdeburg, – U.v. 30.11.2021 – 3 A 61/21MD – juris Rn. 38). Weicht die Behörde hingegen generell von den Förderrichtlinien bzw. den FAQ ab, so verlieren diese insoweit ihre entscheidungsweisende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Behördenpraxis. Dem Zuwendungsgeber, der zuständigen Behörde, steht es frei, sich für eine bestimmte Förderpraxis zu entscheiden und diese konsequent anzuwenden.
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Letztlich reduziert sich daher die Überprüfungsmöglichkeit des Gerichtes im Rahmen der Verpflichtungsklage auf die Frage, ob der Gleichheitssatz verletzt ist und der Klagepartei Fördermittel in einer Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Weise vorenthalten worden. Dabei wird die Willkürgrenze selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder ggf. bessere Gründe gäbe. Eine Willkür wäre nur dann anzunehmen, wenn die im Rahmen der Behördenpraxis/Förderpraxis maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und/oder sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (BayVGH, a.a.O. juris Rn. 6 und 13; VG Düsseldorf, a.a.O. Rn. 30 m.w.N.). Im Rahmen der Bescheidungsklage überprüft das Gericht gem. § 114 Satz 1 VwGO, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, z.B. weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde oder sonst ein Ermessensfehler vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 08.11.1021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; VG Düsseldorf, U.v. 15.09.2022 – 16 K 5167.21 – juris Rn. 29).
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b. Dies zugrunde gelegt fehlt mangels nachvollziehbarer Entscheidungskriterien bzw. einer fehlenden Ermessensreduzierung auf Null die erforderliche Spruchreife für den Verpflichtungsantrag (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klage ist deshalb insoweit abzuweisen. Der daraufhin zu prüfende Hilfsantrag hat allerdings Erfolg. In dem im Tenor Ziffer 1 Satz 2 genannten Umfang verletzt der Korrekturbescheid vom 26.01.2022 wegen Ermessensfehlern die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Er ist deshalb insoweit rechtswidrig und aufzuheben. Die Beklagte ist verpflichtet, über den Förderantrag der Klägerin, soweit es die im Tenor genannten Streitgegenstände betrifft, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts und näherer Darlegung der Förderpraxis erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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Diese Entscheidung beruht auf folgenden Erwägungen:
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aa. Hinsichtlich des Apple MacBook Pro 13“ und der Software M. O. sind bereits im Bescheid selbst die Entscheidungskriterien zur Beurteilung der Förderfähigkeit von Computer-Ausrüstung in sich unschlüssig und damit ermessensdefizitär. Daran vermochte auch die mündliche Verhandlung nichts zu ändern.
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So lässt bereits die unzutreffende Stellungnahme der Beklagten, die Anschaffung der Software M. O. sei gefördert worden, an der Nachvollziehbarkeit der angegebenen Kriterien zur Förderfähigkeit zweifeln: Da bei den Digitalisierungsmaßnahmen von den beantragten 20.382,50 EUR ausweislich der Bescheidbegründung lediglich die Anzahlung für die „S.../SE...-Maßnahme i.H.v. 1.500 EUR als förderfähig anerkannt wurde, ist die streitige Maßnahme „Software M. O.“ zweifelsfrei abgelehnt worden.
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Darüber hinaus wurde im streitgegenständlichen Bescheid die Ablehnungsbegründung [die streitigen Maßnahmen seien nicht, wie in den FAQ Anhang 4 (s.o.) vorgesehen, „infolge von pandemiebedingten Vorschriften zur Existenzsicherung erforderlich“ gewesen und es handele sich dabei „nicht um Maßnahmen, die der Sicherung des Unternehmens in der Pandemie dienen“] schon nicht durchgängig eingehalten. Vielmehr wurden im gleichen Förderbescheid die Digitalisierungsmaßnahme „S...“ und „SE...“ (sowie die Hygienemaßnahmen Klimaanlage und automatische Schiebetüranlage) grundsätzlich als förderfähig angesehen, obwohl sich die Notwendigkeit auch dieser Maßnahmen „infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie“ nicht zweifelsfrei erschließt. Weder diese als (grundsätzlich) förderfähig anerkannten, noch die streitigen abgelehnten Maßnahmen waren durch pandemiebedingte Vorschriften (entsprechend z.B. einer Homeofficepflicht) direkt verursacht. Im Bescheid blieben die Maßstäbe für den kausalen Zusammenhang unklar.
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Eindeutige Maßstäbe ergeben sich auch nicht aus den FAQ, insbesondere aus Satz 5 des Anhangs 4 „Beispiele Digitalisierungs- und Hygienemaßnahmen“ [„Förderfähig sind vornehmlich Kosten, die infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie (zum Beispiel Corona-Arbeitsschutzverordnung, Homeoffice-Pflicht, Maskenpflicht und so weiter) entstehen beziehungsweise entstanden sind.“]. Dabei ist der Begriff „vornehmlich“ nicht gleichbedeutend mit dem Begriff ausschließlich. In diesem Zusammenhang erschließt sich jedenfalls nicht auf den ersten Blick, in welchem Ausmaß die in den FAQ Anhang 4 „Beispiele für Investitionen in Digitalisierung gemäß Ziffer 2.4 Position 14“ aufgeführten Maßnahmen („Aufbau oder einer Erweiterung eines Online-Shops“, „Investitionen digitales Marketing (Social Media, S..., SE..., e-Mail Marketing, und so weiter“ und „Ausrüstung zur Bereitstellung digitaler Service Angebote (Kamera, Mikrofon und so weiter)“ bzw. „Foto-/Video-Shootings, wenn sie zur Ausübung der betrieblichen oder selbstständigen Tätigkeit erforderlich sind“) pandemiebedingt sein müssen.
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Wie sich das in der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III genannte, allerdings nicht näher ausgeführte Ziel der wirtschaftlichen Existenzsicherung in der Behördenpraxis niederschlägt, ist ebenfalls nicht erkennbar.
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Die auch in der mündlichen Verhandlung bestätigte, unterschiedliche Förderfähigkeit von Computer Hard- und Software verstärkt den Eindruck einer inkonsistenten Behördenpraxis. Letztendlich erschließt sich dem Gericht nicht, aus welchem Grund die ablehnende Argumentation der Beklagten zur Computer Hardware (diese sei ein allgemeines Betriebsmittel, das nicht der Sicherung des Unternehmens in der Pandemie diene, sondern nur anlässlich der Pandemie, insbesondere auch für die Zeit nach der Pandemie angeschafft worden) nicht in gleicher Weise auch für die Beurteilung der Förderfähigkeit der Software M. O. gelten soll. Die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung als auch Schriftsatz der Beklagten vom 27.07.2023, wonach eine Förderfähigkeit nach Vorlage der Zahlungsvorlage bestehe, trugen nicht zur Klärung bei.
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Auch hier lassen sich die ablehnende Entscheidung tragende Erwägungen einer nach Hard- und Software differenzierten Förderfähigkeit weder den Förderrichtlinien Überbrückungshilfe III noch den FAQ entnehmen. Vielmehr sind im Anhang 4 der FAQ als Beispiele für Investitionen in Digitalisierung gemäß Ziffer 2.4 Position 14 die „Anschaffung von Hardware und Software-Lizenzen zur Umsetzung von Homeoffice-Lösungen“ als Einheit genannt. Soweit die Beklagte hiervon abweichen möchte, hat sie – wie oben bereits ausgeführt – eine gleichmäßige, abweichende Behördenpraxis zur Überprüfbarkeit der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht hinreichend dargelegt, insbesondere weil bereits der streitgegenständliche Bescheid in sich unschlüssig ist. Eine solche nach Hard- und Software differenzierende Behördenpraxis ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten vorgelegten Bescheiden vom 17.08.2021 und 23.05.2022 zu Kosten für „Laptops, Smartphones etc.“ bzw. „eines Druckers, eines Tablets, einer Tastatur und eines Handys“. Die vorgelegten o.g. Bescheide vermögen nicht zu erklären, aus welchen Grund im streitgegenständlichen Bescheid die „S...“ und „SE...“-Maßnahmen als Digitalisierungsmaßnahme in Anwendung der genannten Ablehnungsgründe gefördert wurden und aus welchem Grund die Förderung von Hard- und Software als unterschiedlich förderfähig dargestellt worden ist. Der dortigen knappen Ablehnungsbegründung, es handele sich um eine „übliche Geschäftsausstattung, nicht um Maßnahmen zur Digitalisierung im Zusammenhang mit Corona“ bzw. „um allgemeine Anschaffungen für die Verwaltung bzw. Modernisierungsmaßnahmen“, die „nicht primär der Sicherung des Unternehmens in der Pandemie“ dienten, ist nicht zu entnehmen, welche Maßnahmen infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie entstanden sein müssen und bei welchen Maßnahmen die Anforderung in dieser Strenge nicht gilt. Es ist auch hier nicht erkennbar, welche Maßstäbe bei der Existenzsicherung angelegt werden und inwieweit die dort vorgelegenen Lebenssachverhalte mit denen der Klägerin (Aufbau eines Online-Angebots) vergleichbar gewesen sind.
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Der Förderantrag ist deshalb hinsichtlich der streitigen o.g. Maßnahmen unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen erneut zu verbescheiden. Darin kann auch auf die in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten erstmalig thematisierte Angemessenheit sowie die vom Kläger benannte, in den FAQ unter Ziff. 2.14 Nr. 14 aufgeführte Voraussetzung (IT-Hardware ist unter der Voraussetzung ansetzungsfähig, „dass diese zum Zeitpunkt der Schlussabrechnung noch im Unternehmen vorhanden ist“) eingegangen werden.
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bb. In gleicher Weise sind die Ausführungen zur Ablehnung der Fotostudioausrüstung (Studioblitze, Softbox, Leuchtstative) mit Kamera (Sony Alpha Kamera) zu beanstanden.
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Der Ablehnungsbegründung auch hinsichtlich der Fotostudioausrüstung [es handele sich nicht um Maßnahmen, die der Sicherung des Unternehmens in der Pandemie (im streitgegenständlichen Bescheid vom 26.01.2022) sowie der Vermeidung eines Kundenkontakts dienten (in der mündlichen Verhandlung), d.h. es fehle der Bezug zu Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie, und die Ausrüstung stelle eher ein allgemeines, nicht förderfähiges Betriebsmittel dar] ist nicht zu entnehmen, welche Maßnahmen infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie entstanden sein müssen und welche Kriterien an die Kausalität gestellt werden (s.o.).
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Im Übrigen werden Ausführungen angeregt, unter welchen Voraussetzungen in der Behördenpraxis eine Ausrüstung zur Bereitstellung digitaler Service Angebote (Kamera, Mikrofon usw.) überhaupt als förderfähig angesehen wurde oder wird oder inwieweit diese Ausrüstung dem Aufbau oder Erweiterung eines Online-Shops dienen kann. Immerhin ermöglicht die erworbene Ausrüstung erst die für online-Angebote notwendigen Aufnahme von Bildern und Videos für den digitalen Service (hier: z.B. Dokumentation einer Reparatur in Form eines Videos als Kundenservice). Dabei kann aber auch berücksichtigt werden, inwieweit die von der Klägerseite mithilfe der streitigen Ausrüstung gefertigten und auf seiner Webseite veröffentlichten sowie die für Kunden gedrehten Videos zur Dokumentation von Reinigungs- bzw. Reparaturvorgängen einen Zusammenhang mit der Pandemie bedürfen.
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Die Ermessensentscheidung über den darauf gerichteten Förderantrag ist deshalb unter Darlegung der Förderpraxis nachzuholen.
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cc. Auch die Begründung im Bescheid vom 26.01.2022 zur Ablehnung der ausstehenden Restzahlung an die Fa. R.bezüglich „S... und SE...“ und für die „Schiebetüranlage“ („Im Übrigen wurden die Kosten für Digitalisierung und Hygienemaßnahmen herausgenommen, soweit sie nicht belegt bzw. bezahlt wurden.“) ist ermessensfehlerhaft.
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Auch hier sind bereits im streitgegenständlichen Bescheid selbst keine einheitlichen Kriterien erkennbar. So wurde beispielsweise im streitgegenständlichen Bescheid die Maßnahme „Klimaanlage“ vollumfänglich gefördert, obwohl deren erkennbare Kriterien sich von denen der Maßnahme „S... und SE...“ nicht maßgeblich unterscheiden; die Leistungs- („Juni 2021“) und Fälligkeitszeitraum („innerhalb von 14 Tagen“) lag laut Rechnung für die Klimaanlage vom 08.06.2021 ebenfalls im Förderzeitraum und die Rechnung beinhaltete ebenfalls eine Anzahlung. Den vorgelegten Akten ist zudem nicht zu entnehmen, dass die Anzahlung sowie die Zahlung der Restsumme für die Klimaanlage innerhalb der Förderzeitraums erfolgten, während dieses im Falle der Maßnahme „S... und SE...“ bekannt war.
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Im Rahmen der Neubescheidung wird darauf einzugehen sein, dass die laut Angaben der Beklagten von der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III und FAQ abweichende Behördenpraxis bislang nicht ausreichend und zur Überzeugung des Gerichts dargelegt ist.
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Ziff. 3.1 Sätze 2 bis 4 Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III lauten wie folgt:
„„2Kosten gelten dann als nicht einseitig veränderbar, wenn das zugrunde liegende Vertragsverhältnis nicht innerhalb des Förderzeitraums gekündigt oder im Leistungsumfang reduziert werden kann, ohne das Aufrechterhalten der betrieblichen Tätigkeit zu gefährden. 3Betriebliche Fixkosten fallen im Förderzeitraum an, wenn sie in diesem Zeitraum erstmalig fällig sind. 4Maßgeblich für den Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeit ist der Zeitpunkt, zu dem die Rechnung das erste Mal gestellt wird (nicht relevant sind der Zeitpunkt weiterer Zahlungsaufforderungen, der Zeitpunkt der Zahlung oder der Zeitpunkt der Bilanzierung).“
Ziffer 2.4 Sätze 3 und 4 FAQ lauten wie folgt:
„Berücksichtigungsfähig sind ausschließlich solche Verbindlichkeiten, deren vertragliche Fälligkeit im Förderzeitraum liegt (inklusive vertraglich vereinbarte Anzahlungen). Maßgeblich für den Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeit ist ausschließlich der Zeitpunkt, der sich nach der (ersten) Rechnungsstellung ergibt (nicht relevant sind der Zeitpunkt weiterer Zahlungsaufforderungen, der Zeitpunkt der Zahlung oder der Zeitpunkt der Bilanzierung).“
Damit stellen sowohl die Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III als auch die maßgeblichen FAQ ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der vertraglichen Leistung innerhalb des Förderzeitraums ab, während z.B. der Zeitpunkt der Zahlung ausdrücklich als Maßstab ausgeschlossen wurde.“
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Ausweislich der Rechnung der Fa. R.vom 05.06.2021 wären die o.g. Vorgaben der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III erfüllt, da unter Nr. 2 der Zahlungsbedingungen für den Restbetrag (Anm.: nach Abzug der ersten Netto-Teilzahlung von 1.500 EUR) als verbindliches Zahlungsziel der 30.06.2021 ausgewiesen ist; dieses Zahlungsziel liegt innerhalb des Förderzeitraums. Soweit die Restzahlung nach den Angaben der Klägerin tatsächlich erst am 07.02.2022 erfolgt ist, wäre dies nach dem Wortlaut der Förderrichtlinie unbeachtlich.
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Auch die Einlassung der Beklagten zur Maßnahme „automatische Schiebetür“, eine reine Beauftragung reiche nicht aus, lässt sich dem Wortlaut der Förderrichtlinie nicht ausdrücklich entnehmen. Lediglich bei baulichen Maßnahmen finden sich entsprechende Ausführungen in den FAQ Ziff. 2.4 Nr. 14 („eine reine Beauftragung der baulichen Maßnahmen reicht hingegen nicht aus (mindestens Zwischenrechnungen erforderlich“), nicht jedoch bei Hygiene- und Digitalisierungsmaßnahmen. Die Schiebetür wurde jedoch als Hygienemaßnahme behandelt.
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Soweit die Beklagte darauf verweist, es sei dem Wortlaut der Richtlinie und den FAQ nicht zu entnehmen, dass ein Zahlungsnachweis im Rahmen von Abschlagszahlungen, Angeboten und Vorkassenrechnungen ausgeschlossen sei, ist dies zwar zutreffend, ändert allerdings nichts daran, dass es nach der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III trotzdem nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung ankommen soll. Selbst wenn dieser außerhalb der Förderzeitraums liegen sollte, wäre dies danach kein Ausschlussgrund.
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Auch ihre weiteren Erwägungen [es komme für die Förderfähigkeit auf den Zeitpunkt der Zahlung als auch der Lieferung im Förderzeitraum an, Vorkassenrechnungen würden nur unter der zusätzlichen Voraussetzung akzeptiert, dass Lieferung und Leistung der Maßnahme zum Zeitpunkt der Antragstellung nachgewiesen werden können, und Abschlagszahlungen würden bis zu einer Höhe von maximal 50 Prozent anerkannt (vgl. auch Schriftsatz vom 04.10.2022) ] weichen vom Wortlaut der Förderrichtlinie ab.
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Diese abweichende Behördenpraxis vermochte die Beklagte bislang nicht ausreichend nachvollziehbar darzulegen. Eine solche abweichende Behördenpraxis ergibt sich insbesondere weder aus dem – dem Gericht aus anderen Verfahren gerichtsbekannten – Auszug aus dem „Wiki“ der Beklagten „Abschlagszahlung vs. Vorkasse“ noch aus den vorgelegten Bescheiden.
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Dieser Auszug aus dem Wiki lautet wie folgt:
„Abschlagsrechnungen (Anzahlungen) werden entsprechend dem Fälligkeitsdatum der Teil-/Abschlagsrechnung bis max. 50% des Gesamtpreises anerkannt. Das heißt: Als „Abschlagszahlung“ gilt eine Zahlung nur dann, wenn sie maximal 50% des Gesamtpreises beträgt. Sie werden zum Fälligkeitszeitpunkt in der gezahlten Höhe anerkannt. Die Schlussrechnung (Restzahlung) wird anerkannt, wenn ihre Fälligkeit auch innerhalb des Förderzeitraums liegt.
Dies gilt auch, wenn es sich um eine Kostenschätzung für noch in der Zukunft liegende Fördermonate handelt.
Im Falle von angesetzten An- und Restzahlungen kann die tatsächliche Lieferung außerhalb des Förderzeitraums liegen, muss jedoch spätestens zur Schlussabrechnung erfolgt sein, Sowohl die Lieferung wie auch die Zahlungen sind im Rahmen der Schlussabrechnung nachzuweisen.
Vorkasse (Vorauszahlung von mehr als 50% des Gesamtbetrags) wird ausschließlich dann anerkannt, wenn die Vorkassenzahlung im Förderzeitraum erfolgt und die Lieferung nachgewiesen ist. Als „Vorkasse“ gilt eine (Voraus-) Zahlung immer dann. wenn sie mehr als 50% der Gesamtsumme beträgt.
Hintergrund für diese strengere Anforderung (Nachweis Lieferung von vornherein nötig), dass in der Praxis häufig solche Verträge gar nicht erfüllt und am Ende rückabgewickelt werden oder dass trotz Zahlung keine Lieferung erfolgt.
Dennoch müssen wir bei bezahlten Vorkassenrechnungen akzeptieren, dass die Lieferung außerhalb des Förderzeitraums erfolgt. Entscheidend ist nur, dass sie bis zur Schlussabrechnung erfolgt und somit nachweisbar ist. Es wären sonst seriöse Unternehmen benachteiligt, die ggf. aufgrund ihrer Bonität auf Vorkasse angewiesen sind, aber bei denen sich Lieferzeiten verschieben (Bsp.: Lieferung nicht am 30.06. sondern am 01.07.“
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Zum einen ist dieses Wiki rechtlich wenig belastbar sind, weil nicht erkennbar ist, zu welchem Zeitpunkt diese Handlungsrichtlinie gegolten haben soll. Zum anderen wäre auch nach diesem Wiki die streitige, noch ausstehende Restzahlung für die Maßnahme „SE... und S...“ (nach der erfolgten Zahlung der Abschlagsrechnung) förderfähig, da ihre Fälligkeit ausweislich der Rechnung innerhalb des Förderzeitraumes liegt. Die tatsächliche Lieferung als auch die Restzahlung kann nach dem Wiki auch außerhalb des Förderzeitraums erfolgen. Da sogar beides erst im Rahmen der Schlussabrechnung nachgewiesen werden muss, erschließt sich ein Förderausschluss bereits im Rahmen der Förderentscheidung, die weit vor der Schlussabrechnung liegt, nicht.
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Auch die beiden von der Beklagten vorgelegten, anonymisierten Bescheide legen keine von dem Wortlaut der Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III und den FAQ abweichende, einheitliche Behördenpraxis dar. So ist dem Bescheid der Beklagten vom 23.05.2022 lediglich zu entnehmen, dass „maßgeblich für den Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeit der Zeitpunkt“ sei, „zu dem die Rechnung das erste Mal gestellt wurde (nicht relevant sind der Zeitpunkt weiterer Zahlungsaufforderungen, der Zeitpunkt der Zahlung oder der Zeitpunkt der Bilanzierung)“ … und es entsprechend der Fälligkeit der Kosten für die „Ausbesserung der Bemalung und die Lackierung der Rückseiten eines Mandelwagens“ eine Zuordnung zum Monat April erfolgen hätte müssen. Diese Begründung trägt die streitgegenständliche Ablehnung nicht; vielmehr wäre auch danach die streitige Maßnahme S... und SE... förderfähig, da auf den Zeitpunkt der Fälligkeit abgestellt ist. Zwar ist im Gegensatz dazu im Bescheid vom 06.04.2022 wiederum auf eine erfolgte Zahlung und Leistung und nicht auf die vertragliche Fälligkeit abgestellt; die Entscheidung betrifft allerdings eine – das vorliegenden Verfahren nicht betreffende – Vorkasserechnung:
„An- und Abschlagszahlungen können nur dann anerkannt werden, wenn Sie maximal 50% des Gesamtrechnungsbetrages betragen. Vorliegend wurden beinahe die gesamten Kosten der geltend gemachten Terrassenerweiterung als Anzahlungen angesetzt. Zahlungen und erbrachte Leistungen wurden hingegen nicht belegt. Im Rahmen der Anhörung wurde dann belegt, dass ausschließlich die Endrechnung am 24.01.2022 bezahlt wurde. Die geltend gemachten Kosten in den Monaten November 2020, April und Mai 2021 können daher nicht erstattet werden und wurden herausgenommen.
Für die geltend gemachten Digitalisierungskosten wurden ebenfalls weder die Zahlung noch eine Leistung nachgewiesen, so dass diese Kosten nicht erstattet werden können und herausgenommen wurden.“
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In der Gesamtschau des streitgegenständlichen Bescheides, der vorgetragenen Erwägungen und der vorgelegten Entscheidungen vom 23.05.2022 und 06.04.2022 ergibt sich deshalb keine widerspruchsfreie und in sich stimmige Ermessensentscheidung.
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Die fehlende, nachvollziehbare Darlegung der Entscheidungskriterien hinsichtlich der Anerkennung von ausstehenden Restzahlungen betrifft grundsätzlich auch die streitigen Restkosten für die Schiebetüranlage. Darüber hinaus bedürfen die besonderen Umstände dieses Einzelfalles einer weiteren Würdigung im Rahmen der Neuverbescheidung. So ist – auch wenn die Überschrift „Rechnung“ fehlt – auf der letzten Seite der „Auftragsbestätigung“ vom 24.06.2021 eine Fälligkeit vorgesehen („Zahlungskondition: 14 Tagen netto ohne Abzug“) und auf der ersten Seite ein Liefertermin innerhalb des Förderzeitraums („Liefertermin KW 25“, Anm: 21.06. – 27.06.2021) benannt. Dabei wäre klärungsbedürftig, inwieweit das zugrundeliegende Vertragsverhältnis nicht mehr innerhalb des Förderzeitraums gekündigt oder im Leistungsumgang reduziert kann, wie die Förderrichtlinie Überbrückungshilfe III in Ziffer 3.1 Satz 2 und die FAQ Ziffer 2.4 Satz 1 vorsehen. Dass ausweislich der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen die Lieferung als auch die Restzahlung (vor einer Schlussrechnung) im Februar 2022 erfolgt sind, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Diese besonderen Umstände wurden von der Beklagten übersehen und in keiner Weise gewürdigt, so dass insoweit ein Ermessensdefizit vorliegt und auch diese Maßnahme neu zu verbescheiden ist. Dabei kann berücksichtigt werden, wie glaubhaft entsprechende Angaben angesichts der Zeitknappheit sein können; denn wenn die Rechnung vom 24.06.2021 datiert, ist ein Liefertermin im angegebenen Zeitrahmen vom 21.06. – 27.06.2021 nur schwer vorstellbar.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO und folgt dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO, da lediglich die Klägerin den nach der Kostenentscheidung von der Beklagten zu tragenden Anteil der Gerichtskosten aus dem angesetzten Streitwert vollstrecken kann.