Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 02.11.2023 – B 8 K 22.351
Titel:

Bewilligung von Leistungen aus Programm für Schäden bei Starkregen und Hochwasser

Normenketten:
GG Art. 3, Art. 20 Abs. 3
BayVwVfG Art. 40
BayHO Art. 23, Art. 44, Art. 53
BayAufbauhilfeverordnung 2021 § 2 Abs. 5 S. 1
VwGO § 42 Abs. 1 Alt. 2, § 114 S. 1 Alt. 2
Leitsätze:
1. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung in Form einer Billigkeitsleistung gelten dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Förderrichtlinien handelt es sich nicht um nach außen wirkende und anspruchsbegründende Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften, wobei es den Gerichten verwehrt ist, die Bewilligungspraxis durch eine eigenständige Auslegung der jeweiligen Richtlinien selbst zu bestimmen; sie haben vielmehr die Richtlinien als Willenserklärung des Richtliniengebers unter Berücksichtigung dessen wirklichen Willens und der tatsächlichen Handhabung (Bewilligungspraxis) auszulegen und anzuwenden. (Rn. 64) (redaktioneller Leitsatz)
3. Förderrichtlinien sind für die Verwaltung bindend und entfalten deshalb in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG und das im Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gebot des Vertrauensschutzes, sodass ein Antragsteller grundsätzlich (lediglich) Anspruch darauf hat, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm willkürfrei und im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes behandelt zu werden. (Rn. 63 – 64) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Programm zur Unterstützung vom Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 betroffener privater Haushalte und Wohnungsunternehmen in Bayern (BayHoPr 2021), Überprüfung von Ermessensentscheidungen bei Zuwendungen, Ermessensfehlerhafte Berücksichtigung der baurechtlichen Rechtmäßigkeit der tatsächlichen Nutzung bei der Entscheidung über Förderfähigkeit der Kosten für die Beseitigung von Schäden an Gebäuden, Wasserschaden, Beseitigung, Abwasser, Hochwasser, Schaden, Bescheidungsklage, Zuwendung, Förderrichtlinien, Selbstbindung, Ermessen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42237

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 25.10.2021 auf Förderung nach dem Bayerischen Programm zur Unterstützung vom Hochwasser im Juli 2021 betroffener privater Haushalte und Wohnungsunternehmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Bescheid des Beklagten vom 10.03.2022 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen Kläger und Beklagter je zur Hälfte.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bewilligung von Leistungen aus einem Programm zur Unterstützung von privaten Haushalten und Wohnungsunternehmen in Bayern, die vom Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 betroffen sind.
2
Der Kläger ist seit dem Jahr 2016 Eigentümer einer Penthouse-Wohnung (ca. 333 m2), zu der auch eine Einheit mit zwei Nutzungsebenen im Untergeschoss des Gebäudes gehören. Mit Tekturgenehmigung vom 02.06.1978 wurden die Räume als Hobbyraum/Nebenraum (1. Untergeschoss) und Kellerräume (2. Untergeschoss) genehmigt.
3
Im Jahr 2018 kündigte der Kläger gegenüber der Baugenehmigungsbehörde die Nutzungsänderung zu Wohnzwecken an, reichte jedoch im weiteren Verlauf keine förmlichen Antragsunterlagen ein.
4
Jedenfalls vom 14.03.2018 bis 13.01.2019 bewarb der Kläger die Untergeschossebenen auf einer eigenen Webseite und stellte auf verschiedenen Social-Media-Plattformen zahlreiche Beiträge ein, die den Fortschritt der Renovierung der Untergeschossebenen dokumentierten und eine Buchung für Gäste bewarben.
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Die Webseite „…com“ enthielt zum 13.03.2018 folgende Beschreibung zu den Untergeschossebenen:
„ …
2 GÄSTE
95 m²
Ferienwohnung … mit Schlafzimmer im echten Naturstein Gewölbekeller und Kristalle aus Alaska.
BUCHBAR JETZT AB 150 €“
6
Ein Beitrag auf F. mit dem Konto „…“ vom 17.04.2018 lautet:
„Nun sind wir im Endspurt, wir haben eine weitere, außergewöhnliche und luxuriöse Unterkunft für unsere Gäste geschaffen! Diese ist ab Mai bei den Portalen oder auch bei uns auf der Seite: www. …com buchbar. Weitere Bilder folgen nach Fertigstellung […] Wir freuen uns auf euren Besuch.“
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Ein weiterer Beitrag auf F. vom 28.12.2018 verweist auf die Überarbeitung der Webseite und lautet:
„Liebe Gäste und Besucher, die neue Internetseite ist in Arbeit und wird wahrscheinlich Mitte Januar 2019 wieder aktiv sein. Buchungsanfragen bitte per Mail oder per Telefon. Vielen Dank und einen guten Rutsch ins neue Jahr… Euer …“
8
Ein Beitrag auf I. des Kontos „…“ vom 13.01.2019 lautet:
„Das Gewölbe der FeWo …! Mit Naturstein aus Süditalien und viel Holz wurde diese Unterkunft mit viel Liebe für Sie hergestellt… Besuchen Sie uns jetzt auf www. …com !“.
9
Am 13.07.2021 traten größere Mengen Abwasser aus dem häuslichen Abwassersystem aus, sodass das 2. Untergeschoss überflutet wurde.
10
In einer E-Mail des Klägers vom 18.08.2021 an die Stadt … wegen Gewährung von Soforthilfe bezeichnete er die Räume als „Büro inkl. Fotostudio meiner selbstständigen Tätigkeit“, die „unter anderem als Home-Office genutzt“ werden würden und „auch Arbeitsstätte für Katalogaufnahmen“ seien.
11
Der Bericht des vom Kläger beauftragten Sachverständigen für Bauphysik vom 06.08.2021 beschreibt die Nutzung der Räume als „Weinbar mit Küche bzw. als temporäre Übernachtungsmöglichkeit (Gäste)“. Aus Sicht des Sachverständigen müssten zur Beseitigung der Schäden im untersten Geschoss sämtliche Böden entfernt und die Dämmschichten herausgenommen werden bis zur Freilegung der eigentlichen Bodenplatte und des Rohrleitungssystems, um anschließend den Fußboden und die Verkleidung der Wände neu aufzubauen.
12
Auf Antrag des Klägers vom 30.07.2021 hin gewährte die Stadt … dem Kläger mit Bescheid vom 26.08.2021 eine Soforthilfe „Haushalt/Hausrat“ in Höhe von 5.000,00 EUR, welche mit Bescheid vom 29.11.2021 in Höhe von 4.500,00 EUR wegen Vorrangigkeit einer Versicherungsleistung zurückgefordert wurde.
13
Den Antrag des Klägers vom 06.09.2021 auf Gewährung einer Entschädigung aus dem „Härtefonds Finanzhilfen“ lehnte die Stadt … mit Schreiben vom 08.09.2021 mangels Existenzgefährdung des Klägers ab.
14
Der Kläger stellte am 25.10.2021 bei der Regierung von … einen Antrag im Rahmen des Programms zur Unterstützung vom Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 betroffener privater Haushalte und Wohnungsunternehmen in Bayern (BayHoPr) für eine Förderung in Höhe von 150.301,22 EUR (bei angegebenen Gesamtkosten in Höhe von 160.801,22 EUR).
15
Die Richtlinien für das Programm zur Unterstützung vom Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 betroffener privater Haushalte und Wohnungsunternehmen in Bayern (BayHoPr 2021), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 6. Oktober 2021, Az. 31-4740.4-3-2 (BayMBl. Nr. 750) (im Folgenden: Förderrichtlinie), haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
„1. Zweck der Finanzhilfen als Billigkeitsleistungen
Die Hilfen sollen dazu beitragen, den Eigentümern, insbesondere selbstnutzenden Eigentümern, privaten Vermietern und Wohnungsunternehmen bei der Beseitigung und Behebung von Schäden an zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und Eigentumswohnungen sowie bei Schäden am Hausrat von Privathaushalten, insbesondere von Wohnungseigentümern und Mietern, rasch und wirkungsvoll zu helfen.
2. Empfänger der Finanzhilfen
Antragsberechtigt sind bei Schäden
a) an zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und Eigentumswohnungen private Eigentümer und Wohnungsunternehmen,
b) an Hausrat von Privathaushalten die Eigentümer und Mieter des Wohnraums, auch für deren Haushaltsangehörige, soweit dieser Hausrat ihnen oder einem der weiteren Haushaltsangehörigen gehört.
3. Gegenstand der Finanzhilfen
3.1 Berücksichtigt werden bei Wohngebäuden
a) Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden an durch Hochwasser beziehungsweise Starkregen beschädigten Wohngebäuden und zur Erneuerung beschädigter oder zerstörter Bauteile (Instandsetzung),
c) die Reparatur von beschädigten Hausratsgegenständen, soweit deren Aufwendungen den Wert der jeweiligen Sache nicht übersteigen, oder die Wiederbeschaffung zerstörter oder beschädigter Hausratsgegenstände, sofern eine Reparatur unwirtschaftlich ist, […].
Die teilweise gewerbliche Nutzung eines Gebäudes schließt eine Finanzhilfe für den zum Wohnen genutzten Teil nach Satz 1 nicht aus. […]
3.4 Zum Hausrat zählen die zur Haushalts- und Lebensführung notwendigen Möbel, Geräte und sonstigen Bestandteile einer Wohnungseinrichtung, soweit sie nicht über den angemessenen Bedarf hinausgehen. […]
4.1 Die Finanzhilfen werden bis zur Höhe von 80% des entstandenen Schadens unter Beachtung des § 2 Abs. 3 des AufbhG 2021 an die in Nr. 2 genannten Finanzhilfeempfänger für ausgleichsfähige Maßnahmen gewährt. Zur Vermeidung von Härtefällen können in begründeten Einzelfällen höhere Beträge gewährt werden.“
16
Mit Bescheid vom 10.03.2022 gewährte der Beklagte dem Kläger eine Finanzhilfe als Billigkeitsleistung in Höhe von 13.100,00 EUR, im Übrigen lehnte er den Antrag ab.
17
Zur Begründung der Teilablehnung führte er vorrangig aus, es läge eine mutmaßlich nicht zulässige Wohnnutzung der Räume vor. Die geschätzten Gesamtkosten für die Instandsetzung könnten deswegen nicht als angemessen gewertet werden. Deswegen sei lediglich eine Finanzhilfe für die Instandsetzung des Raumes „Sonstiges/Schlafen“ und der Küche zu gewähren, deren Höhe aus Angeboten ähnlich gelagerter Vorgänge ermittelt worden sei.
18
In einer E-Mail des Klägers vom 11.01.2022 an die Regierung von … hatte der Kläger die Kellerräume als Wohneinheit mit zwei Ebenen beschrieben, welche als Gästewohnung zur Penthouse-Wohnung und ausschließlich der Wohnnutzung diene. Das Untergeschoss sei bis 15.03.2020 zu Wohnzwecken vermietet gewesen, seit April 2020 sei es durch den Kläger selbst genutzt, ab 01.04.2022 solle es wieder vermietet werden. Eine gewerbliche Vermietung habe in den letzten Jahren nicht stattgefunden.
19
In einer E-Mail des Klägers an die Stadt … vom 16.03.2022 bat dieser den Sachbearbeiter, der Regierung mitzuteilen, dass das 1. Untergeschoss bereits der „Nutzung als Gästewohnung der Hauptwohnung mit Übernachtungsmöglichkeit dient“.
20
Mit Schriftsatz vom 05.04.2022, eingegangen bei Gericht am 07.04.2022, erhob der Kläger Klage. Er beantragt zuletzt sinngemäß:
1. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine weitere Billigkeitsleistung in Höhe von 111.800,00 EUR nach dem Bayerischen Programm zur Unterstützung vom Hochwasser im Juli 2021 betroffener privater Haushalte und Wohnungsunternehmen zu gewähren. Der Bescheid vom 10.03.2022 wird aufgehoben, soweit er dem oben genannten Antrag entgegensteht.
2. Hilfsweise wird der Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Der Bescheid vom 10.03.2022 wird aufgehoben, soweit er dem Antrag entgegensteht.
21
Er führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass der Ausbau der Räume mit Naturstein schon bei Erwerb vorhanden gewesen sei und der Hobbyraum laut Plänen der Stadt … (in der beigelegten Wohnflächenberechnung des Architekten aus dem Jahr 1977) sowie im Aufteilungsplan der Teilungserklärung vom 15.06.1978 durch die Kennzeichnung als „W35“ als Wohnraum gelte.
22
Als er beruflich 2018 längere Zeit abwesend gewesen sei, sei ihm die Idee gekommen, die Räume als Ferienwohnung oder feste Wohnung zu vermieten. Dazu habe er das Objekt in verschiedenen Portalen inseriert, um eine eventuelle Nachfrage zu ermitteln. Bauliche Veränderungen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit sowie ein Bauantrag seien vorbereitet worden, am Ende sei jedoch von einer Umsetzung abgesehen worden. Die Räume seien als Gästeeinheit für Weinverkostungen sowie Feiern bzw. als Getränkelager sowie Abstellraum genutzt worden. Die Penthouse Wohnung werde auf 1,5 Millionen EUR geschätzt, die Gästeeinheit auf 512.000,00 EUR.
23
Die Kosten zur Beseitigung der Schäden am Wohngebäude beziffere er auf brutto 156.137,89 EUR, basierend auf einem Kostenvoranschlag für Natursteinarbeiten in Höhe von 144.512,76 EUR, für Malerarbeiten in Höhe von 1.336,67 EUR, für Fliesenarbeiten in Höhe von 3.356,72 EUR und für Arbeiten an Türen in Höhe von 6.931,75 EUR.
24
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
25
Er stützt sich darauf, dass baurechtwidrige Zustände perpetuiert würden, wenn die baurechtliche Zulässigkeit der Nutzungsart nicht Gegenstand der Ermessenentscheidung wäre. Die Bewilligungsbehörde sei deswegen berechtigt gewesen, im Rahmen der Ermessensentscheidung die Höhe der Zuwendung auf das Maß zu begrenzen, welches der Wiederherstellung eines hypothetischen baurechtskonformen Zustandes der Räumlichkeit betrifft.
26
Bei der Nutzung der Räume des 2. Untergeschosses sei eindeutig von einer Wohnnutzung auszugehen, was sich daran zeige, dass sich das Schlafzimmer, die Küche und der Ankleideraum der einheitlichen Wohnung im 2. Untergeschoss befänden.
27
Der Kläger habe die Kellerräume zudem mit einer besonders hochwertigen Ausstattung für die baurechtswidrige Nutzung versehen. Hätte er dies nicht getan, wäre ein Schaden in dieser Höhe nicht eingetreten. Ihm sei deswegen grobe Fahrlässigkeit, jedenfalls aber ein sonstiges Mitverschulden nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB vorzuwerfen.
28
Darüber hinaus sei die Nutzung auch baurechtlich nicht genehmigungsfähig und selbst durch bauliche Maßnahmen könne kein genehmigungsfähiger Zustand hergestellt werden.
29
Die Höhe der bewilligten Förderung (16.402,99 EUR) sei zulässigerweise auf Grundlage der Mengenangabe im Angebot für Natursteinarbeiten unter Anerkennung von Arbeiten für 45 m2 Boden- und ca. 25 m2 Wandflächen (11.709,60 EUR) geschätzt wurden. Zusätzlich seien die Kosten für die Instandsetzung der Küche (4.693,93 EUR) vollständig berücksichtigt worden.
30
Später korrigierte der Beklagte seinen Vortrag dahingehend, dass wohl schon vor Erwerb durch den Kläger eine nicht einer Kellernutzung entsprechende, besonders hochwertige Ausstattung vorhanden gewesen sein müsse, da der Genehmigungsplan aus dem Jahr 1978 die Natursteinverkleidung darstelle. Der Kläger habe aber wohl auch eigene Einbauten vorgenommen.
31
Der Kläger erwidert darauf, dass er zu keinem Zeitpunkt bauliche Veränderungen an den Kellerräumen vorgenommen habe. Die hochwertige Ausstattung sei schon vorhanden gewesen, dies würden auch Fotos aus der Zeit vor dem Erwerb der Wohnung durch ihn sowie weitere Pläne zeigen. Er habe auch keine Küche dort eingebaut, stattdessen seien die Anschlüsse schon vorhanden gewesen und bei Erwerb sei die Küche mit einer neuen Küchenzeile mit neuem Bodenbelag erneuert worden.
32
Die Förderung sei unabhängig davon, ob es sich um einen Garten, eine Garage, einen Wohnraum oder einen Keller handeln würde. Dass sie auch für Kellerräume gewährt werde, sehe auch der Beklagte so.
33
Er habe im Jahr 2018 eine Nutzungsänderung in eine Wohnnutzung angedacht und dafür mit dem Bauamt Kontakt aufgenommen sowie zur Marktanalyse zeitgleich Inserate für eine dauerhafte Vermietung und für eine Vermietung als Ferienwohnung veröffentlicht. Diese Idee habe er später jedoch wieder verworfen.
34
Es sei widersprüchlich, dass der Beklagte die Kosten für die Erneuerung der Küche im 2. Untergeschoss anerkenne, jedoch die Kosten für Natursteinarbeiten teilweise wegen baurechtlicher Unzulässigkeit der angenommenen Wohnnutzung nicht anerkenne.
35
Zusätzlich trägt der Kläger mit Schriftsatz vom 07.10.2022 vor, das Hochwasserprogramm sehe keine Differenzierung vor, dass nur ein bestimmter Standard gefördert werde. Diese sehe auch der Beklagte so.
36
Es sei ohnehin unerheblich, ob der Kläger die Räume baurechtswidrig genutzt habe, da die beschädigte hochwertige Ausstattung schon nachweislich vor Erwerb der Wohnung im Jahr 2015 eingebaut worden sei.
37
Der Kläger habe den Raum nie als Wohnraum genutzt, sondern als Kellerraum. Die Inserate seien nur zu Marktanalyse online gestellt worden. Die Gegenstände seien danach wieder entfernt und die Räume als Abstellraum genutzt worden.
38
Das Gericht hat mit Schreiben vom 22.03.2023 die Bauakten der Stadt … für das Anwesen sowie die Förderakten „Soforthilfe Haushalt/Hausrat“ und „Härtefonds Finanzhilfen“ der Stadt … beigezogen.
39
Der zweite Tekturplan des Kellergeschosses des Bauvorhabens, welcher mit Bescheid vom 02.06.1978 genehmigt wurde, zeigt den Tiefkeller mit einer in den Raum hineinragenden Wandvertäfelung.
40
Auf Bitte des Gerichts vom 28.04.2023 nahm der Beklagte mit Schriftsatz vom 25.05.2023 Stellung zur ständigen Förderpraxis der Bewilligungsstelle:
41
Eine Förderpraxis speziell zur hier entscheidenden Frage gebe es nicht, da bayernweit keine vergleichbare Konstellation aufgetreten sei. Der Beklagte sei berechtigt, vor dem Hintergrund des § 2 Abs. 5 Satz 1 Aufbauhilfeverordnung 2021 (AufbhV 2021), der auf die Einhaltung von baulichen und technischen Normen abstellt, zu prüfen, ob die Schadenshöhe durch eine baurechtswidrige Nutzung beeinflusst worden sei. Dementsprechend habe er dem Kläger eine Förderung in Höhe der Kosten zugestanden, die der Wiederherstellung der Räumlichkeiten in den Zustand einer zulässigen üblichen Nutzung (hier: Keller-/Lagerraum) entspreche.
42
Eine Beschränkung der Kosten auf einen bestimmten Standard der Nutzung sei genauso wenig wie eine absolute Obergrenze der ersatzfähigen Kosten vorgesehen.
43
In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2023 gab der Kläger auf das Verlesen seiner E- Mail vom 11.01.2022 hin an, seine eigene Firma habe die Räume zum Lagern der Fotoausrüstung sowie unter anderem Messeausrüstungen angemietet. Die Räume seien jedoch nicht zu Wohnzwecken vermietet gewesen.
44
Die Formulierung „zu Wohnzwecken vermietet“ habe sich allein auf die Penthouse-Wohnung bezogen. Dem Kläger läge außerdem ein Mietvertrag vor, der die Wohnung 25 in diesem Gebäudeblock beinhaltet. Dies sei nicht die Penthousewohnung, sondern eine andere Wohnung, die dem Kläger ebenfalls gehöre. Zu diesem Mietvertrag sei ein Zusatz für die Mitvermietung des Untergeschosses samt Tiefkeller mit insgesamt ca. 90 m² abgeschlossen worden. Eine separate Vermietung der sogenannten Gästeeinheit habe dagegen nicht stattgefunden.
45
Die Seite „…“ sei nur im Aufbau gewesen und habe nie wirklich funktioniert. Es habe sich darüber nie jemand gemeldet. Seine Bestrebungen hätten nur der Markterkundung gedient.
46
Dem Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2023 eine Schriftsatzfrist gewährt, die Mietverträge mit der eigenen Firma über die Lagerung von Ausrüstungsgegenständen sowie den Mietvertrag über die Wohnung 25 mit Ergänzung zur sog. Gästeeinheit im Untergeschoss vorzulegen. Die Beteiligten erklärten darüber hinaus, auf weitere mündliche Verhandlung zu verzichten.
47
Mit Schriftsatz des Klägers vom 04.08.2023 legte dieser insbesondere einen Mietvertrag über die Wohnung Nr. 25 (ca. 67 m², 2. OG) sowie einen Zusatzvertrag über einen sog. Hobbyraum zur Wohnung Nr. 25 (ca. 90 m², EG und 1. UG) jeweils vom 15.02.2019 zum 01.05.2019 vor.
48
Zusätzlich legte er einen Gewerberaummietvertrag (insgesamt ca. 80 m2, EG und 5. Stock) zwischen dem Kläger und der … GmbH vom 01.12.2015 vor, der laut schriftlichem Vermerk am 02.05.2017 zum 31.12.2017 gekündigt worden sei. Auch eine Reservierungsstatistik des Webportals …com für den Zeitraum 01.08.2018 bis 31.07.2021, die keine Buchungen ausweist, sowie einen Mietvertrag über die Penthouse-Wohnung (ca. 326 m2, 4. und 5. OG) und den sog. Hobby-/Kellerraum (EG/UG) vom 21.11.2021 mit Mietbeginn zum 01.04.2022 reichte er ein.
49
Mit Schriftsatz des Beklagten vom 17.08.2023 führte dieser aus, nur der Mietvertrag vom 15.02.2019 sei relevant, dieser enthalte aber in sich widersprüchliche Angaben zum Charakter der vermieteten Räume. Der zwischen dem Kläger und der … GmbH am 01.12.2015 geschlossene Mietvertrag sei insbesondere nur bedingt relevant, da er einen Zeitraum vor dem Schadensereignis betreffe. Wolle man ihn berücksichtigen, so wäre die Nutzung als nicht förderfähige, gewerbliche Nutzung einzustufen.
50
Mit Schriftsatz des Klägers vom 04.08.2023 entgegnete dieser, der Mietvertrag vom 15.02.2019 deute nicht auf Wohnzwecke hin, die streitgegenständliche Einheit sei nur als übliche Zusatzräume in Kombination mit anderen Wohnräumen vermietet worden.
51
Mit Schriftsätzen vom 10.10.2023 bzw. 17.10.2023 verzichteten der Beklagte bzw. der Kläger erneut auf mündliche Verhandlung.
52
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 24.07.2023 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

53
Das Gericht konnte gem. § 101 Abs. 2 VwGO in der Sache ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben.
54
Die zulässige Klage hat in der Sache teilweise Erfolg.
55
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft.
56
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in der Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und den Beklagten zur Gewährung einer weiteren Förderung unmittelbar zu verpflichten (sog. Vornahmeklage). Das Gericht geht bei der Auslegung des Klageantrags nach § 88 VwGO im wohlverstandenen Interesse der Klagepartei davon aus, dass schon der in der Klageschrift noch ohne Prozessbevollmächtigten erhobene Antrag so zu verstehen ist, dass er sich auf die weitere Bewilligung von 111.800,00 EUR bezieht, da erkennbar die Teilbewilligung in Höhe von 13.100,00 EUR im Bescheid vom 10.03.2022 sowie die in Nr. 8.4 Satz 2 der Förderrichtlinien vorgesehene Pflicht zur Abrundung auf volle 100 EUR nicht berücksichtigt wurde und dem Kläger zudem ein offensichtlicher Rechenfehler unterlaufen ist.
57
Zusätzlich hat der Kläger hilfsweise beantragt, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und den Beklagten dazu zu verpflichten, den Kläger lediglich unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (sog. Bescheidungsklage).
58
2. Die Klage mit Antrag, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und den Beklagten zur Gewährung einer weiteren Förderung zu verpflichten (sog. Vornahmeklage), hat in der Sache keinen Erfolg, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den Erlass des beantragten Verwaltungsaktes (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
59
Bei Verpflichtungsklagen ist Streitgegenstand die Rechtsbehauptung des Klägers, er sei durch die rechtswidrige Ablehnung oder Unterlassung des beantragten Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Bestandteil des Streitgegenstandes der Verpflichtungsklage ist aber nicht die Feststellung, dass der damalige Verwaltungsakt, in dem die Ablehnung nach außen Gestalt gefunden hat, rechtswidrig ist, sondern die Feststellung, dass die Weigerung der Behörde, in dem für das Verpflichtungsbegehren entscheidenden Zeitpunkt den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, die Rechtsordnung verletzt, weil ein Anspruch auf ihn besteht (vgl. BVerwG, U.v. 24.01.1992 – 7 C 24/91 – NVwZ 1992, 563/563). Der ablehnende Verwaltungsakt gehört insofern lediglich zur Vorgeschichte des Anspruches, der den Streitgegenstand bildet (vgl. Schübel-Pfister in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 113 Rn. 40; Riese in: Schoch/Schneider, 43. EL August 2022, VwGO § 113 Rn. 209, jeweils m.w.N.).
60
2.1 Die Entscheidung des Beklagten über die Förderung beruht auf den Richtlinien für das Programm zur Unterstützung vom Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 betroffener privater Haushalte und Wohnungsunternehmen in Bayern (s.o.).
61
Bei der Gewährung dieser Förderung handelt es sich rechtlich um eine in das pflichtgemäße Ermessen der Bewilligungsstelle gestellte Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 BayHO, die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird (vgl. Vorbemerkung Sätze 1 und 3 der Förderrichtlinien). Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung in Form einer Billigkeitsleistung gelten dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.548 – BeckRS 2022, 42039 Rn. 25, beck-online).
62
Eine solche Förderung setzt grundsätzlich keine besondere gesetzliche Ermächtigung voraus, weil es sich bei der Gewährung beantragter Zuwendungen um eine reine Leistungsverwaltung ohne Eingriffe in Rechtspositionen Privater handelt. Gesetzesfrei gewährte Fördermittel haben ihre Legitimationsgrundlage in der jeweiligen Haushaltsordnung in Verbindung mit dem jeweils geltenden – als Gesetz beschlossenen – Haushaltsplan, in welchem Einzelplan, Kapitel und Titel die konkret bezeichneten Zuwendungen ausgewiesen sind (vgl. BVerwG, B.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/273; U.v. 27.03.1992 – 7 C 21/90 – NJW 1992, 2496; U.v. 21.03.1958 – VII C 6/57 – NJW 1958, 1153).
63
Im Übrigen ergeben sich Einzelheiten zum Antragsverfahren, den Bewilligungsvoraussetzungen, Finanzierungsarten und Höhe sowie Rückabwicklung der Förderung aus den Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 BayHO im Allgemeinen und den fachspezifischen Förderrichtlinien im Besonderen. Die Exekutive ist grundsätzlich frei, Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.1979 – 3 C 111/79 – NJW 1979, 2059/2059).
64
Dies geschieht üblicherweise durch Förderrichtlinien. Dabei handelt es sich nicht um nach außen wirkende und anspruchsbegründende Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften. Den Gerichten ist es verwehrt, die Bewilligungspraxis durch eine eigenständige Auslegung der jeweiligen Richtlinien selbst zu bestimmen. Sie haben vielmehr die Richtlinien als Willenserklärung des Richtliniengebers unter Berücksichtigung dessen wirklichen Willens und der tatsächlichen Handhabung (Bewilligungspraxis) auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 19.09.2000 – 1 C 19/99 – BVerwGE 112, 63/67; OVG Lüneburg, U.v. 21.02.2006 – 10 LB 45/03 – Rn. 31 – juris). Allerdings sind diese Richtlinien bindend für die Verwaltung und entfalten deshalb in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz nach Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und das im Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (vgl. BVerwG, U.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/274).
65
Der Antragsteller hat so grundsätzlich (lediglich) Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm willkürfrei und im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes behandelt zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/274). Ein unmittelbarer Anspruch auf Förderung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz nicht schon, wenn lediglich die intern festgelegten Fördervoraussetzungen abstrakt erfüllt werden, sondern nur, wenn vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch tatsächlich positiv verbeschieden wurden (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 19).
66
2.2 Nach diesen Maßstäben ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch der Klagepartei auf Gewährung einer Förderung für die Kosten der Renovierung der Natursteinvertäfelung aus dem verfassungsmäßigen Recht auf Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Beklagte hat nicht in nicht zu rechtfertigender Weise Gleiches oder zumindest Vergleichbares ungleich behandelt.
67
Es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass vergleichbare Fälle in der tatsächlichen Förderpraxis des Beklagten positiv verbeschieden wurden. Nach dem Vortrag des Beklagten besteht mit Blick auf die besondere Sachverhaltskonstellation kein vergleichbarer Fall, in dem eine Förderung bewilligt wurde. Dies wurde auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
68
2.3 Darüber hinaus würde eine Verurteilung zur unmittelbaren Verpflichtung auf Gewährung an der fehlenden Spruchreife (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) scheitern.
69
Dabei bedeutet Spruchreife, dass das Gericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung über das Klagebegehren, mithin über den geltend gemachten Anspruch, treffen kann. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn der Behörde auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessensspielraum zusteht (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2013 – 6 C 21/12 – NVwZ 2014, 1029/1030 Rn. 22; BVerwG, U.v. 29.08.2001 – 6 C 4/01- NVwZ 2002, 341/341). Der Beklagte hat hier einen Ermessensspielraum; er hat sich schon mangels vergleichbarer Fälle auch nicht über Art. 3 Abs. 1 GG gebunden, sodass das Ermessen nicht auf Null reduziert ist.
70
Ob die Ermessenserwägungen des Beklagten, die die Ablehnung konkret tragen, ermessensfehlerhaft sind, ist für die Spruchreife nicht relevant. Selbst wenn die angestellten Erwägungen ermessensfehlerhaft wären, würde dies noch nicht als Automatismus dazu führen, dass die Förderung gewährt werden muss und das Ermessen (im Übrigen) auf Null reduziert ist. Neben ermessensfehlerhaften Ermessenserwägungen, die zur Ablehnung geführt haben, könnten nach der Entscheidungspraxis des Beklagten noch weitere Ermessenserwägungen treten, die z.B. mangels Entscheidungserheblichkeit noch nicht in der Ermessensentscheidung berücksichtigt sind, aber unter Umständen die Entscheidung tragen könnten.
71
Im Ergebnis ist die Klage insoweit – hinsichtlich der sog. Vornahmeklage – unbegründet und deswegen abzuweisen.
72
3. Der Antrag, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und dazu zu verpflichten, die Klagepartei unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (sog. Bescheidungsklage), hat jedoch in der Sache Erfolg, denn die Klagepartei hat einen Anspruch auf Neuverbescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
73
Die sog. Bescheidungsklage wird dann relevant, wenn das Gericht nach den materiell-rechtlichen Vorschriften nicht zu einer abschließenden Entscheidung über den Erlass des Verwaltungsakts in der Lage ist (vgl. BVerwG, B.v. 17.11.2015 – 4 B 35.15 – ZfBR 2016, 156/157 Tz. 4). Sie knüpft insbesondere an den materiellen Anspruch der Klagepartei auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Art. 40 BayVwVfG) an. Ihr Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, die nicht (vollständig) durch gesetzliche Regelungen determiniert ist. Außer in Fällen, in denen das behördliche Ermessen auf Null reduziert ist, darf das Gericht sein Ermessen hier nicht an die Stelle des Ermessens der Behörde setzen und somit auch nicht durch Verpflichtung zum Erlass des Verwaltungsaktes „durchentscheiden“ und damit die künftige Behördenentscheidung vorwegnehmen.
74
In Fällen von Ermessenentscheidungen überprüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der ablehnende Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (sog. Ermessensfehler). Abweichend zur sog. Vornahmeklage (s.o.) kommt hier dem ablehnenden Verwaltungsakt somit eine Bedeutung zu (vgl. Wolff in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, VwGO § 113 Rn. 412).
75
Die Klagepartei hat hier einen Anspruch auf Neuverbescheidung, da die Ablehnung des Verwaltungsakts ermessensfehlerhaft war und sie deswegen in ihrem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung verletzt ist.
76
3.1 Die Ermessenerwägungen des Beklagten stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:
77
a. Schon der ursprüngliche Teilablehnungsbescheid vom 10.03.2022 stützt sich darauf, dass es sich um eine mutmaßlich nicht zulässige Wohnnutzung des Tiefkellers handele. Statt der geltend gemachten Kosten für den Austausch der Natursteinvertäfelung würden deswegen hypothetische Kosten einer Instandsetzung angesetzt, die der zulässigen Nutzung der Räume als Kellerräume entspreche.
78
b. Der Beklagte hat die Ermessenerwägungen jedoch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Vortrag in den vorbereitenden Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung konkretisiert bzw. in prozessrechtlich zulässiger Weise nach § 114 Satz 2 VwGO ergänzt.
79
Letzteres war möglich, weil eine Ergänzung der Ermessenserwägungen materiell-rechtlich zulässig ist. Da im gesetzlich geregelten Bereich das Nachschieben von Ermessenserwägungen regelmäßig zulässig ist, ist die Anwendung der gleichen Kriterien im Bereich des materiellen Subventionsrechts nicht zu beanstanden. Auch die weiteren Voraussetzungen an das Nachschieben von Ermessenserwägungen sind erfüllt:
80
Es fand hier keine unzulässige erstmalige Ermessensausübung im gerichtlichen Verfahren statt (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 − 1 C 14/10 − NVwZ 2012, 698/698 Rn. 9; U.v. 23. 10. 2007 − 1 C 10/07 − NVwZ 2008, 326/328 Tz. 30; U.v. 05.09.2006 – 1 C 20/05 – NVwZ 2007, 470 Tz. 22). Es wurde auch keine über die bloße „Ergänzung“ i.S.d. § 114 Satz 2 VwGO hinausgehende Wesensänderung des Verwaltungsaktes bewirkt, denn die neuen Ermessenerwägungen konkretisieren inhaltlich die im Bescheid genannten bzw. knüpfen inhaltlich an sie an. Auch die Rechtsverteidigung der Klagepartei wird nicht beeinträchtigt, da im Hinblick auf den Zeitpunkt des Nachschiebens eine Reaktion der Klagepartei (z.B. durch Vortrag eigener Tatsachen hierzu, Anpassung der Verteidigungsstrategie oder sie vor Kostentragung bewahrende Erledigungserklärung) weiterhin möglich war. Zudem ist das Nachschieben hinreichend bestimmt erfolgt, denn es ist erkennbar, welche Erwägungen Teil der Ermessensentscheidung sind bzw. nicht mehr sind, sodass der Klagepartei die Rechtsverteidigung und dem Gericht die Überprüfung der Ermessensentscheidung weiterhin möglich ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 13.12.2011 – 1 C 14/10 – NVwZ 2012, 698/699 Rn. 18).
81
c. In der Klageerwiderung vom 27.04.2022 wird ausgeführt, der Beklagte sei berechtigt, vor dem Hintergrund des § 2 Abs. 5 Satz 1 Aufbauhilfeverordnung 2021 (AufbhV 2021), der auf die Einhaltung von baulichen und technischen Normen abstellt, zu prüfen, ob die Schadenshöhe durch eine baurechtswidrige Nutzung beeinflusst worden sei. Es wäre zudem nicht mit dem Regelungsziel der Förderrichtlinien zu vereinbaren, wenn durch Gewährung der Zuwendung baurechtswidrige Zustände perpetuiert werden würden. Dem Kläger sei grobe Fahrlässigkeit, jedenfalls aber ein sonstiges Mitverschulden nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB vorzuwerfen, da die Kellerräume mit einer besonders hochwertigen Ausstattung für die baurechtswidrige Nutzung versehen habe.
82
Mit Schriftsatz vom 28.04.2022 korrigierte der Beklagte dies dahingehend, dass wohl schon vor Erwerb durch den Kläger eine nicht einer Kellernutzung entsprechende, besonders hochwertige Ausstattung vorhanden gewesen sein müsse, da der Genehmigungsplan aus dem Jahr 1978 die Natursteinverkleidung darstelle.
83
In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2023 trug der Beklagte außerdem vor, der Kläger sei nicht der Beweislast nachgekommen, dass keine baurechtlich unzulässige Wohnraumnutzung des Tiefkellers vorliege.
84
3.2 Ein Ermessensnichtgebrauch (oder Ermessensausfall) liegt nicht vor.
85
Ein Ermessensnichtgebrauch ist gegeben, wenn die Behörde kein Ermessen ausübt, z.B., weil sie verkennt, dass sie Ermessen hat (vgl. BVerwG, B.v. 14.01.1999 – 6 B 133-98 – NJW 1999, 2912/2912; B.v. 05.05.2014 – 6 B 46/13 – NVwZ 2014, 1034/1035 Rn. 9). Ob die Behörde tatsächlich Ermessen ausgeübt hat, muss grundsätzlich anhand einer Auslegung ihres Bescheides ermittelt werden, jedoch kann sich im Übrigen ausnahmsweise auch aus dem Gesamtzusammenhang ergeben, dass sie tatsächlich Ermessenserwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, B.v. 15.01.1988 – 7 B 182/87 – NVwZ 1988, 525/526; Schübel-Pfister in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 114 Rn. 18).
86
Im Teilablehnungsbescheid vom 10.03.2022 ist eine Ermessensausübung bei der Entscheidung über den Antrag auf Förderung zu erkennen. Die Bewilligungsstelle hat erkennbar die eigenen Interessen, keine baurechtswidrige Wohnnutzung zu fördern, gegen die Interessen des Antragstellers, eine angemessene Finanzhilfe für die entstandenen Schäden zu erhalten, durchgeführt, bevor sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass als „Mittelweg“ nur die hypothetisch angefallenen Kosten für die Instandsetzung eines Kellerraums ersatzfähig sind.
87
3.3 Jedoch liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor, da die Behörde ihr Ermessen entgegen § 114 S. 1 Alt. 2 VwGO nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hat.
88
Dabei ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, ob sich die Behörde von Erwägungen hat leiten lassen, die nicht vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sind und damit als sachwidrig einzustufen sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1965 – II C 3/63 – VerwRspr 1966, 936/938; U.v. 01.01.1967 – I C 98.64 – BVerwGE 26, 135, Rn. 33). Des Weiteren überprüft das Gericht, ob der Behörde eine Verkennung der objektiven Gewichtung der Erwägungen entgegen dem Zweck der Ermächtigung vorzuwerfen ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1992 – 7 C 34/91 – NJW 1993, 609/610; Riese in: Schoch/Schneider, 43. EL August 2022, VwGO § 114 Rn. 66).
89
3.3.1 Nach Überzeugung des Gerichts stellen die von dem Beklagten tatsächlich getätigten Erwägungen, einen Ausschluss von der Förderung auf die fehlende Rechtmäßigkeit der tatsächlichen Nutzung zum Zeitpunkt des Schadenseintritts zu stützen, hier keine sachgerechten Gründe dar, die noch vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sind. Der Zweck der gesetzlichen Ermächtigung bestimmt sich hier nach dem Förderkonzept der Bewilligungsstelle, wie es in der tatsächlichen Verwaltungspraxis ausgeübt wird. Dabei können sich Anhaltspunkte auch aus den zur Vereinheitlichung der Förderpraxis beschlossenen Förderrichtlinien ergeben, da jedenfalls ohne gegenteiligen Anhaltspunkt davon auszugehen ist, dass sich die tatsächliche Verwaltungspraxis an den Förderrichtlinien orientiert.
90
a. Die von der Bewilligungsstelle angeführte baurechtliche Zulässigkeit der tatsächlichen Nutzung der Räumlichkeiten zum Schadenseintritt stellt jedenfalls dann kein sachgerechtes Differenzierungskriterium für den Ausschluss von der Förderung dar, wenn diese Nutzung keinen Zusammenhang zur Gebäudesubstanz hat, deren Beschädigung durch die Förderung ausgeglichen werden soll, und ohne weiteres eine baurechtlich formell und materiell zulässige Nutzung der Gebäudesubstanz zu Wohnzwecken – wie hier als einer Wohnung zugeordneter Kellerraum – möglich ist, die die Fördervoraussetzungen nach Ziffer 2 der Förderrichtlinien erfüllt, und auch bei lebensnaher Betrachtung eine zulässige Nutzung nicht ausgeschlossen ist.
91
Die tatsächliche Nutzung der Räume kann nach dem Förderkonzept den Ausschluss von der Förderung ohne weiteres rechtfertigen, wenn sie nicht mehr „Wohnzwecken“ im Sinne von Ziffer 2 Buchst. a der Förderrichtlinien zuzuordnen ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Nutzung als gewerblich zu qualifizieren ist. Die baurechtliche Rechtmäßigkeit einer tatsächlichen Nutzung, die jedenfalls Wohnzwecken dient, ist innerhalb dieser förderfähigen Nutzungsbandbreite dagegen hier kein zulässiges Differenzierungskriterium, wenn ohne weiteres eine baurechtlich zulässige Nutzung möglich ist.
92
Die der Ablehnung zugrunde gelegte baurechtliche Zulässigkeit der tatsächlichen Nutzung bei Schadenseintritt hat hier keinen Bezug zum Gegenstand der Förderung, nämlich dem Gebäudeschaden. Auch bei einer rechtmäßigen Nutzung des Tiefkellers als bloßer Kellerraum wäre ein Schaden an der Gebäudesubstanz in gleicher Höhe entstanden, welcher ersatzfähig gewesen wäre. Ob die Art der Nutzung zum Zeitpunkt des Schadenseintritts baurechtlich zulässig ist oder nicht, verändert nicht die Höhe des eingetretenen Schadens an der Gebäudesubstanz, sodass sie auch nicht bei der Angemessenheit der Höhe der Kosten berücksichtigt werden kann. Hätte ein vermögender Weinliebhaber ebenfalls eine weit überdurchschnittlich teure Natursteinverkleidung bei Errichtung des Kellers vorgesehen und diesen auch tatsächlich baurechtlich zulässig nur als (Wein-)Keller genutzt, wäre der gleiche Schaden an der Gebäudesubstanz entstanden, welcher nach dem vom Beklagten dargestellten Förderkonzept trotz der Höhe der Kosten auch ersatzfähig gewesen wäre.
93
b. Die bei Errichtung des Gebäudes hergestellte Gebäudesubstanz, deren Beschädigung Gegenstand der Förderung ist, ist (anders als die vermutete tatsächliche Nutzung bei Schadenseintritt) aber weder materiell noch formell baurechtswidrig.
94
Aus materieller Sicht verbietet das Baurecht nicht eine besonders hochwertige Ausstattung mit einer Natursteinvertäfelung in Kellerräumen. Eine solche ist stattdessen baurechtlich zulässig. Dass eine solche Ausstattung unter Zugrundelegung üblicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse wirtschaftlich nicht möglich oder jedenfalls wirtschaftlich völlig unsinnig erscheint, hat auf die baurechtliche Zulässigkeit keine Auswirkung. Aus baurechtlicher Sicht findet keine Bewertung der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des geplanten Vorhabens statt.
95
Aus formeller Sicht wurde die Natursteinvertäfelung ausweislich des genehmigten Tekturplans mit Bescheid am 02.06.1978 durch die zuständige Bauordnungsbehörde ordnungsgemäß genehmigt, sodass sie auch nicht formell rechtswidrig ist. Sie ist schon im der Baugenehmigung zugrunde gelegten Tekturplan des Tiefkellers zu erkennen.
96
c. Auch § 2 Abs. 5 Satz 1 Aufbauhilfeverordnung 2021 (AufbhV 2021), der auf die Einhaltung von baulichen und technischen Normen abstellt, lässt das Heranziehen der baurechtlichen Rechtmäßigkeit der tatsächlichen Nutzung bei Schadenseintritt nicht ermessensgerecht erscheinen.
97
§ 2 AufbhV 2021 ist schon keine Regelung zu entnehmen, die hier angewandt werden könnte. Er steht unter der amtlichen Überschrift „Ermittlung der Gesamtschäden“ und regelt die Schadensermittlung, um nach § 1 Abs. 4 Satz 2 AufbhV 2021 („Mittel und Mittelverteilung“) die Verteilung der Mittel auf die betroffenen Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen entsprechend der Verteilung der Schäden anzupassen. Er betrifft damit nicht die Bewilligung der Einzelförderung gegenüber den vom Hochwasser Betroffenen, sondern lediglich die interne Mittelverteilung des Fonds „Aufbauhilfe 2021“ zwischen den beteiligten Bundesländern als Rechtsträger der Bewilligungsstellen.
98
Schwerer wiegt jedoch, dass die Kosten für die Wiederherstellung der Schäden unter Einhaltung von baulichen und technischen Normen gerade auch die Herstellung der Natursteinvertäfelung umfasst, da ihre Errichtung und damit auch ihre Wiederherstellung – wie oben dargestellt – nicht gegen baurechtliche Normen verstoßen.
99
d. Da die baurechtliche Rechtmäßigkeit der tatsächlichen (Wohn-)Nutzung bei Schadenseintritt kein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt, kann hier auch dahinstehen, ob eine solche Wohnnutzung im engeren Sinne der Kellerräume zum Schadenzeitpunkt stattgefunden hat und, ob der Beklagte hinreichend glaubhaft dargelegt hat, dass keine solche Wohnnutzung im engeren Sinne vorgelegen habe.
100
e. Nach Überzeugung des Gerichts sprechen jedenfalls die im Klageverfahren gewonnenen Indizien zudem gegen die Annahme, dass eine Nutzung der Untergeschossebenen für Kurzzeitvermietungen, wie auf den oben genannten, verschiedenen Plattformen angeboten, zum Schadenszeitpunkt vorgelegen hat. Eine solche Nutzung könnte ermessensfehlerfrei als nicht „Wohnzwecken“ dienende, gewerbliche Nutzung eingestuft werden (vgl. zur baurechtlichen Einordnung: BayVGH, B. v. 16.12.2020 – 12 N 19.1179 – Rn. 8, juris; B.v. 12.08.2019 – 15 ZB 19.921 – Rn. 7, juris), sodass die Förderung ausgeschlossen wäre.
101
Das Gericht zweifelt zwar an der Darstellung des Klägers, die Räume keiner gewerblichen Kurzzeitvermietung zugeführt zu haben, dies betrifft indes einen Zeitraum, der im Jahr 2019 endete und damit deutlich vor Eintritt des Schadens am 13.07.2021 lag. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung an, die Beiträge auf Social-Media-Portalen und seiner Webseite in der Zeit von 14.03.2018 bis 13.01.2019 hätten lediglich der Markterkundung, nicht dagegen der Vermietung gedient. Dies ist aus Sicht des Gerichts nur schwer zu vereinbaren mit dem Wortlaut der abrufbaren Social-Media-Beiträgen und der Versionen der Webseite des Klägers (z.B. Webseite „…com“ am 13.03.2018 „BUCHBAR JETZT AB 150 €“, Beitrag auf F. vom 17.04.2018: „Nun sind wir im Endspurt, wir haben eine weitere, außergewöhnliche und luxuriöse Unterkunft für unsere Gäste geschaffen! Diese ist ab Mai bei den Portalen oder auch bei uns auf der Seite: www. …com buchbar.“, Beitrag auf I. vom 13.01.2019: „Das Gewölbe der FeWo …! […] Besuchen Sie uns jetzt auf www. …com!“).
102
Jedoch ist für den Zeitpunkt des Schadenseintritts zu beachten, dass der Kläger insofern glaubhaft dargelegt hat, die Räume im Keller durch den vorgelegten Zusatzmietvertrag vom 15.02.2019 zum 01.05.2019 als sog. Hobbyraum bei der Vermietung einer anderen Wohnung im selben Gebäude mitvermietet zu haben. Ob dies tatsächlich die Nutzungsart korrekt charakterisiert oder lediglich eine Tarnung für eine Wohnnutzung im engeren Sinne bieten soll, ist hier irrelevant, da zumindest die o.g. Bestrebungen zur gewerblichen Kurzzeitvermietung mit der dauerhaften Vermietung an einen Dritten zu Wohnzwecken endeten, was anhand der Chronologie der Beiträge und des Zeitpunktes des Vertragsschlusses nachvollziehbar ist. Der Kläger hat somit insofern glaubhaft vorgetragen, dass die o.g. Bestrebungen eine Zeit vor dem Schadenseintritt betreffen, sodass sie für die Förderfähigkeit hier nicht von Einfluss sein können.
103
3.3.2 Dass die tatsächlich angestellten Ermessenserwägungen, die auf die baurechtliche Rechtmäßigkeit der tatsächlichen Nutzung bei Schadenseintritt abstellen, nicht ermessensfehlerfrei sind, schließt im Übrigen nach Ansicht des Gerichts nicht aus, eine Beschränkung der Förderhöhe oder gar einen Ausschluss von der Förderung in Einzelfällen ermessensfehlerfrei herbeizuführen.
104
a. Das Gericht ist der Überzeugung, dass es der Bewilligungsstelle im Rahmen ihres Ermessens bei der Ausgestaltung des Förderkonzepts möglich sein könnte, die Höhe der Kosten nach oben hin – beispielsweise auf eine absolute Obergrenze der Förderung, eine relative Obergrenze je Quadratmeter oder auf die Höhe der angemessenen Kosten im Sinne eines baulichen Standards – zu begrenzen.
105
Eine derartige Begrenzung ist dem in den Förderrichtlinien niedergelegten Förderkonzept der Bewilligungsstelle zumindest nicht fremd. So sind für die Kosten für die Erneuerung des Hausrats eines vollständigen Hausstands in Ziffer 4.3 Satz 1 der Förderrichtlinien als angemessen erachtete Pauschalbeträge vorgesehen. Für einzelne Hausratsgegenstände ist darüber hinaus in Satz 3 beschrieben, dass die Bewilligungsstellen individuell entsprechende Beträge festlegen können, die als angemessen anerkannt werden.
106
Ein solches Förderkonzept erschiene auch nicht willkürlich, da ein sachlicher Grund für diese Differenzierung zwischen angemessenen und nicht mehr angemessenen Kosten denkbar ist, da die Entscheidung für eine besonders hochwertige Ausstattung im Gegensatz zur lediglich normalen Grundausstattung eher der Risikosphäre des Gebäude-/Wohnungseigentümers bzw. Mieters zuzurechnen ist. Die Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit können insofern eine derartige Beschränkung auf angemessene Kosten rechtfertigen, wenn sie ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz umgesetzt wird.
107
Nach der eigenen Darstellung der Bewilligungsstelle spielte jedoch der bauliche Standard vor dem Schadenseintritt bei Schäden an Gebäuden als solcher bisher keine „bestimmende Rolle“ bei der Beurteilung der Angemessenheit der Kosten der Schadensbeseitigung.
108
b. Denkbar wäre es auch, im Rahmen des Förderkonzepts einen Ausschluss für Fälle vorzusehen, in denen der Antragsteller selbst durch unrichtige, widersprüchliche oder unvollständige Angaben die Aufklärbarkeit des Sachverhaltes hinsichtlich der Fördervoraussetzungen erschwert oder verhindert hat. Gleiches gilt erst recht für den Fall, dass der Antragsteller eine mit dem Tatbestand des Subventionsbetruges (§ 264 Abs. 1, Abs. 5 StGB) vergleichbare Handlung vorgenommen oder versucht hat.
109
Dass dies hier der Fall sein könnte, erscheint angesichts der divergierenden Aussagen des Klägers in den unterschiedlichen Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Nutzung als bloßer Kellerraum, als selbständiger Wohn-/Aufenthaltsraum im engeren Sinne, zur gewerblichen Kurzzeitvermietung sowie zur gewerblichen Vermietung als Lagerraum zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen.
110
3.3.3 Da jedoch die vom Beklagten angestellten Ermessenserwägungen fehlerhaft waren, hat die Klagepartei einen Anspruch auf Neuverbescheidung, sodass die Klage insoweit – hinsichtlich der sog. Verbescheidungsklage – begründet ist.
111
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Beteiligten obsiegen und unterliegen jeweils hälftig, da der Streitwert des Antrags auf Neuverbescheidung hier mit der Hälfte des Streitwerts des Antrags auf Verpflichtung zur Gewährung anzusetzen ist (vgl. Nr. 1.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 [NVwZ-Beilage 2013, 57]).
112
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.