Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 15.05.2023 – B 8 K 20.1377
Titel:

Rückforderung landwirtschaftlicher Subventionen

Normenketten:
DirektZahlDurchfG § 2
BayVwVfG Art. 48, Art. 49, Art. 49a
Leitsatz:
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Aufhebungsgründen trägt grundsätzlich die Behörde. (Rn. 58 – 59)
Schlagworte:
Beweislast für das Vorliegen von Aufhebungsgründen, fehlende bzw. unvollständige behördliche Dokumentation, Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit, landwirtschaftliche Subventionen, Mehrfachantrag, Grundbescheid, Aufhebung, Darlegungs- und Beweislast, Treu und Glauben, Dauerkultur, Dauergrünland, Vertrauensschutz
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42234

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 11.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 (Ziff. 5) wird aufgehoben, soweit darin eine Rückforderung und Sanktionierung in Bezug auf die Maßnahme B 57 für das Feldstück 8 (18 Bäume) festgesetzt wurde. Der Beklagte wird verpflichtet, die Rückforderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Kostengläubiger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten mit Bescheid vom 11.11.2019 vorgenommene teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 18.08.2015 i.V.m. den Auszahlungsmitteilungen vom 11.12.2015, 10.08.2016, 05.12.2016 und 11.12.2017 betreffend Zahlungen im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogrammes (KULAP), welches Teil der Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen (AUM) ist, und die teilweise Rückforderung der ausgezahlten Förderung für die Jahre 2015 bis 2017.
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1. Mit Antrag vom 26.02.2015 beantragte der Kläger Zuwendungen für die Maßnahme B 20 („Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser: max. 1,40 GV/ha HFF“) und die Maßnahme B 57 („Streuobst“) im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) für die Jahre 2015 bis 2019.
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Mit der ersten Auszahlungsmitteilung für das Verpflichtungsjahr 2015 vom 11.12.2015 wurden dem Kläger auf Grundlage des Bewilligungsbescheides vom 18.08.2015 Zahlungen in Höhe von 1.586,91 € für die Maßnahme B 20 (9,39 ha) und mit der zweiten Auszahlungsmitteilung vom 10.08.2016 Zahlungen in Höhe von 1.880,00 € für die Maßnahme B 57 (235 ha) gewährt. Weiterhin wurden dem Kläger mit der Auszahlungsmitteilung vom 05.12.2016 für das Verpflichtungsjahr 2016 Zahlungen in Höhe von 3.465,22 € für die Maßnahme B 20 (9,38 ha) und B 57 (235 ha) und mit der Auszahlungsmitteilung vom 11.12.2017 für das Verpflichtungsjahr 2017 Zahlungen in Höhe von 3.478,74 € für die Maßnahme B 20 (9,46 ha) und B 57 (235 ha) gewährt.
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2. Mit Mehrfachantrag vom 19.05.2018 beantragte der Kläger u.a. die Auszahlung der KULAP-Zuwendungen für die Maßnahme B 57 („Streuobst“) für 235 Bäume (entspricht einer Fläche von 2,35 ha, da ein Baum mit 0,01 ha gleichzusetzen ist, vgl. Ziff. 6.7.1 Satz 2 der Gemeinsamen Richtlinie vom 18.12.2014 der Bayerischen Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) zur Förderung von Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen (AUM) in Bayern).
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Gleichzeitig versicherte er, von den Verpflichtungen und Hinweisen Kenntnis genommen zu haben, die in den Broschüren „Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland Ausgabe 15“ und „Cross Compliance 2018“, im Merkblatt zum Mehrfachantrag, in den Merkblättern zu den beantragten Einzelmaßnahmen, sowie in der Anleitung zum Ausfüllen des Flächen- und Nutzungsnachweises (FNN) genannt sind, und diese Verpflichtungen einzuhalten bzw. die Förderleistungen zu erfüllen. Er bestätigte, dass seine in diesem Antrag und den Anlagen enthaltenen Angaben richtig und vollständig seien sowie die Erklärungen in den Anträgen eingehalten würden.
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3. Am 30.08.2018 erfolgte die erstmalige Kontrolle eines Teils der Feldstücke des Klägers. Ein Prüfbericht wurde nicht erstellt. Im Rahmen einer weiteren Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018 durch die Abteilung L3.P – Prüfdienst des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) …, wurden u.a. auf folgenden Feldstücken Abweichungen zur beantragten Fläche festgestellt: Nr. 1 „…“ (0,04 ha), Nr. 2 „…“ (0,10 ha), Nr. 7 „…“ (0,02 ha) und Nr. 8 „…“ (0,5 ha).
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Außerdem wurde festgestellt, dass zwei Bäume auf dem Feldstück Nr. 1, zehn Bäume auf dem Feldstück Nr. 2, ein Baum auf dem Feldstück Nr. 7 und 18 Bäume auf dem Feldstück Nr. 8, mithin insgesamt 31 Bäume, die mit der Maßnahme B 57 beantragt waren, nicht förderfähig seien.
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Im Prüfbericht der Vor-Ort-Kontrolle findet sich zu Feldstück Nr. 1 folgende Feststellung: „S. 1 Code 822: Fläche ab 2018: 0,02 ha; Abzug ist Weg und Privatgarten“. Bei Feldstück Nr. 2 wurde Folgendes vermerkt: „S. 1 Code 822: Gesamtes Feldstück keine landwirtschaftliche Vegetation/ keine LF/ Baumförderung entfällt“. Feldstück Nr. 8 wurde wie folgt beschrieben: „S. 1 Code 451: Gesamt LF ab 2019: 1,61 ha. Abzugsfläche ist natürliche Ausbreitung des Waldes; S. 1 Code 592: Landwirt hat verbuschte Fläche gemulcht bzw. gemäht und Aufwuchs entsprechend Fotos liegen gelassen; S. 1 A Code B 57: Nur 53 Bäume für B 57 förderfähig; S. 1 B Code B 57: Zu wenig.“
9
Die bei der Kontrolle am 20.09.2018 ermittelten Nutzungs- bzw. Flächenabweichungen wurden rückwirkend u.a. für die Feldstücke Nr. 1 (Vorjahre bis 2014) und Nr. 2 (Vorjahre bis 2014) über Luftbilder festgestellt: Auch die Abweichungen von einem Baum auf Feldstück Nr. 7 und 18 Bäumen auf Feldstück Nr. 8 hätten bereits in den Vorjahren bestanden.
10
Am 20.11.2018 fand eine Nachkontrolle seitens des Prüfdienstes statt.
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4. Mit Bescheid vom 11.11.2019, ausweislich des Einlieferungsbelegs versendet per Einwurf-Einschreiben am selben Tag, wurde der Bewilligungsbescheid in Verbindung mit den Auszahlungsmitteilungen bezüglich der in die Maßnahmen B 20 und B 57 einbezogenen Flächen teilweise aufgehoben und geändert, soweit für das Jahr 2015 ein Auszahlungsbetrag von 2.877,56 €, für das Jahr 2016 ein Auszahlungsbetrag von 2.879,25 € und für das Jahr 2017 ein Auszahlungsbetrag von 2.962,99 € überschritten wird (Ziff. 1 bis 3). Die für die Jahre 2015 bis 2017 zu Unrecht ausbezahlten Zuwendungen in Höhe von insgesamt 1.691,07 € wurden zurückgefordert (Nr. 4). Die jährliche Verzinsung des Rückforderungsbetrags für den Zeitraum zwischen dem 16.12.2019 (Fälligkeit der Forderung) und Rückzahlung (Eingangsdatum der Rückzahlung) wurde mit 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank festgesetzt (Nr. 5). Es wurde festgelegt, dass die Kosten des Verfahrens durch den Kläger zu tragen sind und für den Bescheid eine Gebühr von 70 € sowie Auslagen von 3,50 € festgesetzt (Ziff. 6).
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In Bezug auf die Maßnahme B 57 wurden Sanktionen für die Jahre 2015 und 2016 verhängt und der Auszahlungsbetrag jeweils um 30% gekürzt. Im Jahr 2017 wurde der Auszahlungsbetrag um 10% gekürzt sowie eine Flächenabweichung von 0,14 ha festgestellt, für die eine weitere Sanktion verhängt wurde (Flächenabzug von 0,28 ha). Von den beihilfefähigen Flächen wurden Gesamtkürzungen in Höhe von 0,42 ha (0,14 ha + 0,28 ha) vorgenommen.
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Am 04.12.2019 erhielt der Beklagte die versendeten Unterlagen per Post mit dem Vermerk „Nicht abgeholt“ zurück, woraufhin dieser den Bescheid ausweislich des Faxprotokolls am selben Tag per Fax an den Kläger übermittelte.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit E-Mail vom 16.12.2019, eingegangen bei dem Beklagten am selben Tag, Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 16.12.2019, auf dem eine Unterschrift fehlte, legte der Kläger erneut per Fax, eingegangen bei dem Beklagten am 18.12.2019, Widerspruch ein. Das selbe Schreiben übermittelte der Kläger nunmehr, unterschrieben, per Fax am 20.12.2019 an den Beklagten. Mit Schreiben vom 07.01.2020 begründete er seinen Widerspruch, akzeptierte das Fehlen eines Baumes auf Feldstück Nr. 7 und wandte sich im Wesentlichen gegen die Aberkennung von 18 Bäumen auf dem Feldstück 8, weil diese „zu alt und zu hoch“ seien.
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5. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2020 (Az.: …), den der Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 03.11.2020 erhalten hat, wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten u.a. den Widerspruch vom 20.12.2019 zurück (Ziff. 5). Gleichzeitig hob es den Bescheid des Beklagten insoweit auf, als darin für die Maßnahme B 57 im Jahr 2017 ein Auflagenverstoß von weniger als 30% sanktioniert wurde (Ziff. 5). Es wurde festgelegt, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Kläger zu tragen sind, und für den Bescheid eine Gebühr von 350 € festgesetzt (Ziff. 7 und 8).
16
Mit der Maßnahme B 57 („Streuobst“) werde der Erhalt von bestehenden oder neu gepflanzten Obstbäumen gefördert. Hierbei müsse es sich jedoch um Hochstamm-Baumarten handeln, die mindestens drei Meter Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,40 m haben. Außerdem würden maximal 100 Streuobstbäume pro ha landwirtschaftlich genutzter Fläche des Feldstücks gefördert (vgl. Merkblatt AUM 2015 – 2019 Abschnitt C Nr. 5 ab Seite 11).
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Auf dem Feldstück Nr. 1 habe ein Baum die Stammhöhe von 1,40 m nicht erreicht, ein weiterer Baum habe sich außerhalb des Feldstücks befunden, so dass von insgesamt sechs Bäumen nur vier für förderfähig erklärt worden seien. Da sich die Größe des Feldstücks von 0,06 ha auf 0,02 ha verkleinert habe, sei lediglich eine Förderung von zwei Bäumen zulässig, weshalb für zwei weitere Bäume keine Förderung ausbezahlt hätte werden können. Die beantragten zehn Bäume auf Feldstück Nr. 2 hätten insgesamt aberkannt werden müssen, da das Feldstück nicht landwirtschaftlich genutzt werde. Ein Baum auf Feldstück Nr. 7 sei aberkannt worden, weil er nicht die erforderliche Höhe von 1,40 m erreicht habe. Von den 71 beantragten Bäumen auf Feldstück Nr. 8 seien nur 53 vorgefunden worden, weshalb 18 Bäume aberkannt worden seien.
18
Im Förderjahr 2015 und 2016 seien 235 Bäume beantragt worden, wovon insgesamt 29 Bäume als nicht vorgefunden gelten würden. Dies habe unter Zuhilfenahme der Sanktionsmatrix eine Sanktion von 30% zur Folge, welche berücksichtigt werden habe müssen.
19
Im Förderjahr 2017 sei eine Umstellung des Sanktionssystems bezüglich der Maßnahme B 57 erfolgt. Ab diesem Jahr erfolge eine Sanktionierung von Flächenabweichungen und Auflagenverstößen. Die Flächenabweichung auf den Feldstücken Nr. 1 und Nr. 2 hätten sanktioniert werden müssen, da bei diesen beiden bei der Restfläche die Forderung nach 0,01 ha pro beantragtem Baum nicht mehr erfüllt werde. Eine Flächenabweichung von 0,14 ha bei beantragten 2,35 ha bedeute eine Übererklärung von 6,33% (0,14 ha / 2,21 ha). Da die Abweichung über 3% betrage, sei eine Sanktion zu verhängen. Die Sanktion, welche einen weiteren Flächenabzug zur Folge habe, berechne sich aus dem Doppelten der festgestellten Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014). Dies ergebe einen weiteren Flächenabzug von 0,28 ha (= 0,14 ha x 2). Als Gesamtkürzung seien daher von der beihilfefähigen Fläche 0,42 ha (= 0,14 ha + 0,28 ha) abzuziehen, sodass eine beihilfefähige Fläche von 1,93 ha (= 2,35 ha – 0,42 ha) verbleibe.
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Zusätzlich zur Sanktionierung der Flächenabweichung habe für das Jahr 2017 auch noch ein Auflagenverstoß für die 29 nicht vorhandenen Bäume erfasst werden müssen. Wie auch in den Jahren 2015 und 2016 erfolge die Sanktionierung hier über die Sanktionsmatrix mit dem Ergebnis einer 30%igen Kürzung, welche berücksichtigt werden müsse. Fälschlicherweise sei im Bescheid vom 11.11.2019 lediglich ein Auflagenverstoß mit einer Kürzung von 10% für das Jahr 2017 angenommen worden, weshalb die Rückforderung der daraus resultierenden Differenz noch ausstehe.
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Der Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … vom 11.11.2019 sei unrechtmäßig, soweit hierin in Bezug auf die Maßnahme B 57 im Jahr 2017 eine Sanktion des Auflagenverstoßes von weniger als 30% festgesetzt werde. Insoweit werde eine erneute Rückforderung zu erheben sein.
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6. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 02.12.2020, dort eingegangen am 03.12.2020, hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben. Er beantragt zuletzt,
Der Bescheid des Beklagten vom 11.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 wird insoweit aufgehoben, als darin eine Rückforderung und Sanktionierung in Bezug auf die Maßnahme B 57 für die Feldstücke 1, 2 und 8 festgesetzt wurde.
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Zur Begründung trägt er mit Schriftsatz vom 03.12.2021 vor, die überwiegend extensive Bewirtschaftung sowie die örtlichen Gegebenheiten hätten ein besseres Beweidungs- oder Bewirtschaftungsergebnis nicht zugelassen. Soweit die Sachlage bei der Vor-Ort-Kontrolle so interpretiert worden sei, dass die Flächen nicht landwirtschaftlich genutzt würden und deshalb nicht förderfähig seien, sei dieser Auffassung nicht zu folgen. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 30.03.2021 – 3 C 7.20 – juris) stehe der Bewilligungsbehörde, insbesondere dem Vor-Ort-Kontrolleur ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht (mehr) zu. Auch wenn ein Großteil eines Feldstücks aufgrund einer möglichen Verbuschung nicht vollständig beweidet werden könne, sei die Fläche dennoch als prämienfähiges Grünland anzuerkennen.
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Zudem sei bei der Vor-Ort-Kontrolle „möglicherweise“ ein GPS-Gerät verwendet worden, welches aufgrund der örtlichen Gegebenheiten schlechten Empfang gehabt habe. Die Funktionstüchtigkeit und Messgenauigkeit werde bestritten.
25
Darüber hinaus seien bei der Auswertung offensichtlich ältere Luftbilder verwendet und in unzulässiger Weise Rückschlüsse auf die Vergangenheit gezogen worden.
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Hinsichtlich der aberkannten Streuobstbäume sei die Begründung nicht nachvollziehbar. Die Stammhöhe läge jeweils oberhalb der Mindesthöhe von 1,40 m, die Bäume befänden sich auf einer landwirtschaftlichen Fläche.
27
Für den Beklagten beantragt die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAK) zuletzt,
die Klage abzuweisen.
28
Mit Schriftsatz vom 26.01.2022 trug sie vor, dass das Bundesverwaltungsgericht (s.o.) zwar entschieden habe, dass der Bewilligungsbehörde kein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs zustehe, gleichwohl werde in dem Urteil aber festgehalten, dass die Anerkennung einer Teilfläche als Dauergrünland eine entsprechende effektive Nutzung voraussetze. Das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzter Pflanzen und damit ein hereinwachsender Waldrand stehe der Annahme einer solchen Nutzung aber ebenso entgegen, wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen.
29
Die bei der Vor-Ort-Kontrolle verwendeten Messgeräte würden jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft.
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Flächenabweichungen in der Vergangenheit würden mittels der digitalen Orthophotos im Nachgang an die Kontrolle ermittelt. Dass es sich bei den Feldstücken Nr. 1 und 2 teilweise um nicht landwirtschaftliche Flächen handle, sei anhand digitaler Orthophotos feststellbar.
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Diese Art von zusätzlicher Methode parallel zur Vor-Ort-Kontrolle sei üblich. Zudem könnten die Mitarbeiter bei der Vor-Ort-Kontrolle erkennen, ob ein Bewuchs erst ein oder fünf Jahre alt sei.
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Im Schriftsatz vom 20.03.2022 führte der Kläger Weiteres zur Begründung seiner Klage aus. Der Kläger habe den Prüfer bei Beginn der Vor-Ort-Kontrolle unbeabsichtigt verärgert, was den gesamten Prüfungstermin zu seinen Lasten beeinflusst habe.
33
Zu den Feldstücken Nr. 1 und Nr. 2 trägt er vor, dass diese im Mehrfachantrag 2018 jeweils mit dem Code 822 (Streuobstanlage ohne Wiesen-/Ackernutzung) bzw. wie es in früheren Codierungslisten gestanden habe „ohne Untergrundnutzung“ beantragt worden seien. Dies heiße, dass keine landwirtschaftliche Nutzung des „Untergrundes“ erfolgen müsse. Dass sich auf Feldstück Nr. 1 ein „Privatgarten“ befunden habe, es am Waldrand gelegen und mit Sträuchern bewachsen gewesen sei, werde bestritten. Aber auch wenn dies so wäre, sei es aus o.g. Gründen förderunschädlich. Es würden nur Bäume gewertet, die nachweislich vorhanden gewesen seien.
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Auch dass sich das Feldstück Nr. 2 am Waldrand befunden und mit Sträuchern bewachsen gewesen sei, werde bestritten. Das Feldstück habe der Kläger im Jahr 2000 in die Obstbaumförderung einbezogen, da ihm dies seitens des Beklagten mit dem Hinweis empfohlen worden sei, dass beim Code 822 („Streuobstanlage ohne Untergrundnutzung“) eine Lagerung von Pflastersteinen und Siloballen nicht förderschädlich sei. Dass der Nutzungscode nicht eindeutig sei, dürfe nicht zu Lasten des Landwirtes gehen.
35
Das Feldstück Nr. 8 sei mit dem Code 451 („Wiesen einschließlich Streuobstwiesen“) mit einer Fläche von 1,64 ha beantragt worden. Die aberkannten 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 seien vorhanden, jedoch laut Prüfer zu hoch gewesen und hätten nicht abgeerntet werden können. Im Jahr 2010 sei die Existenz der Bäume bei einer Kontrolle bestätigt worden.
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Der Kläger ergänzte im Schriftsatz vom 29.03.2022, dass es auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb, den er 1993 von seinem Vater übernommen habe, bis 2019 acht Betriebsprüfungen gegeben habe, bei denen es bei sieben Prüfungen keinerlei Beanstandungen gegeben habe. Bei der streitgegenständlichen Prüfung hingegen sei nunmehr jedes Feldstück des Klägers beanstandet worden.
37
Mit Schriftsatz vom 27.04.2022 trug der Beklagte ergänzend vor, dass die beiden Feldstücke Nr. 1 und Nr. 2 mit dem Nutzungscode 822 Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung) beantragt worden seien. Mit diesem Nutzungscode seien Flächen zu codieren, bei denen die Obstnutzung eindeutig im Vordergrund stehe (regelmäßige und vollständige Obstnutzung; im Zweifelsfall mit Nachweisen z.B. Brennerei, Vermarktung). Es handele sich dabei um Flächen, die üblicherweise mit ca. 100 Bäumen (Hoch- oder Halbstamm) je Hektar bepflanzt seien. Es erfolge keine Weide-/Wiesen-/Ackernutzung, der Aufwuchs werde lediglich gemulcht. Bei den beiden Feldstücken handle es sich aber gerade nicht um eine Streuobstanlage nach der o.g. Definition. Ebenso handle es sich um keine landwirtschaftliche Fläche, welche mit einem anderen Nutzungscode hätte beantragt und gefördert werden können.
38
Auf gerichtliche Nachfrage teilte die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Schriftsatz vom 24.03.2023 mit, dass es sich bei dem Abzug von lediglich 0,14 ha (entspricht 14 Bäumen) in der streitgegenständlichen Auszahlungsmitteilung um einen Fehler im Abrechnungsprogramm gehandelt habe. Aufgrund von Anpassungen bei der Erfassung der Vor-Ort-Kontrolle sei die tatsächliche Abweichung von 31 Bäumen nicht rechtzeitig vor dem automatisierten Versand an das Abrechnungsprogramm übermittelt worden.
39
Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers, die 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 seien vom Vor-Ort-Kontrolleur als „zu hoch“ aberkannt worden, legte sie dar, dass es sich bei den Bäumen aus Sicht des Kontrolleurs nicht um den Kulturbaum „Kirsche“, sondern um eine Wildkirschenform (Vogelkirsche) gehandelt habe. Bei Letzteren sei das Wachstum in der Regel deutlich schlanker, wodurch sie „höher“ erschienen, außerdem seien deren Früchte viel kleiner. Bei der Vogelkirsche handle es sich jedoch um keinen Streuobstbaum, weshalb eine Förderung nicht möglich sei. Sie verwies dazu auf eine E-Mail des Referates L3 – Weinbau und Gartenbau – des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 25.02.2015.
40
Mit Schriftsatz vom 19.04.2023 teilte die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit, dass die vorgenommenen Flächenabweichungen von 0,14 ha (14 Bäumen) in der streitgegenständlichen Auszahlungsmitteilung korrekt seien. Ein Flächenabzug bei der Maßnahme B 57 werde nur vorgenommen, wenn bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt worden sei, dass es sich bei der Fläche, auf der die Streuobstbäume beantragt wurden, um eine nicht-landwirtschaftliche Fläche handle. Vorliegen sei dies (nur) bei den Feldstücken Nr. 1 (-0,04 ha) und Nr. 2 (-0,10 ha) der Fall, woraus sich eine Flächenabweichung von 0,14 ha ergeben habe. Sie verwies hierzu ergänzend auf das Sanktionssystem bei AUM-Auflagenverstößen (Sanktionsmatrix).
41
Jedoch seien aufgrund der verspäteten Erfassung der Kontrollergebnisse nicht alle Streuobstbäume in die Berechnung des Auflagenverstoßes miteinbezogen worden. Aufgrund dessen sei lediglich ein Auflagenverstoß von 10% erfasst worden. Korrekterweise hätte dieser 30% (Auflagenverstoß für 29 nicht vorgefundene Bäume) betragen müssen.
42
In der mündlichen Verhandlung gab der damalige Kontrolleur demgegenüber an, dass von den zitierten 18 Vogelkirschen nur acht Bäume tatsächlich Vogelkirschbäume gewesen seien; zehn Bäume seien zwar grundsätzlich förderfähige Kulturbäume, vermutlich Apfelbäume gewesen. Sie seien jedoch im Waldbestand zu finden und damit nicht beerntbar gewesen. Außerdem sei der Erhalt dieser Obstbäume nicht gewährleistet gewesen. Die (aktuelle) Differenzierung beruhe auf einer Feststellung Ende April 2023. Im Jahr 2018 seien lediglich 18 nicht förderfähige Streuobstbäume festgestellt und abgezogen worden.
43
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Entscheidungsgründe

44
Die zulässige Anfechtungsklage hat im Hinblick auf Feldstück Nr. 8 Erfolg, im Übrigen war die Klage abzuweisen.
45
1. Die Klage ist zulässig.
46
Ob der Widerspruch fristgemäß erhoben wurde, bedarf keiner Entscheidung, denn ungeachtet einer möglichen Verspätung hat die Widerspruchsbehörde zur Sache entschieden und einen (teilweise verbösernden) Widerspruchsbescheid erlassen. Damit hat sie für den Kläger auch die Klagemöglichkeit gegen den „Erstbescheid“ wiedereröffnet (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 70 Rn. 8).
47
2. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 11.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO), soweit darin eine Rückforderung und Sanktionierung in Bezug auf die Maßnahme B 57 für das Feldstück 8 (18 Bäume) für die Jahre 2015 bis 2017 festgesetzt wurde. Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids war insoweit aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Das Gericht ist, soweit die Klage Feldstück Nr. 8 betrifft, zur Überzeugung gelangt, dass die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der Förderung in Bezug auf 18 Obstbäume betreffend Feldstück Nr. 8 rechtswidrig erfolgte. In Bezug auf Feldstück Nr. 1 und 2 war die Klage hingegen abzuweisen.
48
2.1 Die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids begegnet keinen Bedenken. Insbesondere hat das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … gehandelt (vgl. Buchst. E der Gemeinsamen Richtlinie vom 18.12.2014 der Bayerischen Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) zur Förderung von Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen (AUM) in Bayern (- Gemeinsame Richtlinie –) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Lfd. Nr. 18 der Anlage 1 zur Ämterverordnung-LM (AELFV) vom 16.06.2005 (GVBl. S. 199, BayRS 7801-2-L), die zuletzt durch Verordnung vom 28.07.2021 (GVBl. S. 505) geändert worden ist).
49
Die erforderliche Anhörung (Art. 28 BayVwVfG) erfolgte im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018, im Rahmen eines Gesprächs am 06.06.2019 sowie vor Erlass des Widerspruchbescheids mit Schreiben vom 25.03.2020. Der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides enthält eine ausreichende Begründung (Art. 39 BayVwVfG).
50
2.2 Rechtsgrundlage für den Aufhebungsbescheid vom 11.11.2019 sind die nationalen Vorschriften der Art. 48, 49 und 49a BayVwVfG, weil maßgebliches Unionsrecht zwar die betreffende Rückzahlungspflicht des Beihilfeempfängers regelt, nicht jedoch eine Ermächtigung für einen Aufhebungs- bzw. Rückforderungsbescheid enthält (BVerwG, U.v. 01.10.2014 – 3 C 31/13 – juris Rn. 12, vgl. auch Nr. 7.5 der Gemeinsamen Richtlinie). Dabei hat das nationale Recht aber vorrangiges materiell-rechtliches Unionsrecht zu beachten.
51
Grundlage für die erhaltene Förderung sind im Wesentlichen die Mehrfachanträge der Jahre 2015 bis 2017 in Verbindung mit dem Grundbescheid vom 07.12.2015, dem die verschiedenen Rechte und Pflichten des Klägers zu entnehmen sind.
52
Bei mehrjährigen Förderprogrammen vollzieht sich die Förderung in zwei Stufen. Zunächst wird dem Grunde nach für einen bestimmten – meist 5-jährigen – Zeitraum eine Förderung (mit verschiedenen Einzelmaßnahmen) bewilligt. Sodann wird für jedes Antragsjahr eine Auszahlung dieser dem Grunde nach bereits bewilligten Förderung im Rahmen eines Auszahlungsbescheides festgelegt. Der Grundbescheid ist dann für den Betriebsinhaber Anspruchsgrundlage für die jährliche Auszahlung. Der Inhalt der Förderkriterien, Verpflichtungen und Auflagen ergibt sich aus diesem Grundbescheid (hier u.a. Ziffer 4 des Grundbescheids vom 18.08.2015: vgl. Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, 2. Aufl. 2022, VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 35 Rn. 20).
53
Auf unionsrechtlicher Ebene sind Rechtsgrundlagen die Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005, der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates.
54
Die genannten europarechtlichen Bestimmungen setzen den rechtlichen und strategischen Rahmen, dessen Ausfüllung den Mitgliedsstaaten, konkret in Deutschland dem jeweiligen Bundesland, überlassen bleibt. Dabei verbleibt den Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Modalitäten der vorgesehenen Förderung ein Gestaltungsspielraum (EuGH, U.v. 01.12.2022 – C-409/21 – juris Rn. 27, 30, 33); hier das im Freistaat Bayern geltende Merkblatt AUM.
55
2.3 Der Bescheid ist materiell-rechtlich zu beanstanden, soweit darin – bezogen auf das Feldstück Nr. 8 (Maßnahme B 57) – eine Rückforderung der Förderung in Bezug auf 18 Obstbäume erfolgte.
56
Ob der Grundbescheid in Verbindung mit den jährlichen Auszahlungsmitteilungen gemäß Art. 49 BayVwVfG widerrufen wurde (so laut Bescheid vom 11.11.2019) oder gemäß Art. 48 BayVwVfG (so laut Widerspruchsbescheid vom 02.11.2020) zurückgenommen wurde, kann dahinstehen. Denn für das Gericht ist es jedenfalls nicht erwiesen, dass – bezogen auf das Feldstück Nr. 8 – entweder Fördervoraussetzungen nicht vorgelegen haben oder der Kläger gegen Verpflichtungen oder sonstige Auflagen verstoßen hat.
57
a. Die hier maßgeblichen Bestimmungen zur Maßnahme B 57 – „Streuobst“ finden sich nach Nr. 4 des Grundbescheids vom 18.08.2015 im Merkblatt AUM 2015 – 2019 Abschnitt C Nr. 5 Seite 11. Sie lauten wie folgt:
„B57 – Streuobst – einzelflächenbezogen
- (.) Förderfähig ist der Erhalt von bestehenden oder neu gepflanzten Streuobstbäumen. Zu Streuobst (Kernobst, Steinobst, Nussbäume) auf landwirtschaftlich genutzter Fläche zählen Hochstamm-Obstbäume als Einzelbäume, kleine Baumgruppen, Baumzeilen entlang von Wegen und Straßen sowie extensiv genutzte Streuobstbestände mit oder ohne Unternutzung.
- […]
- Gefördert werden Hochstamm-Baumarten, die mind. 3 m Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,4 m haben.
- Es werden maximal 100 Streuobstbäume pro ha LF des Feldstücks gefördert.
- […]
- Höhe der Zuwendung: 8 €/Baum“
58
b. Das Gericht erlangte aufgrund der vorliegenden schriftlichen Unterlagen und der mündlichen Verhandlung in Würdigung und Abwägung aller Argumente und fachkundigen Stellungnahmen nicht die erforderliche Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass dem Kläger entsprechende Bestimmungen auf Feldstück Nr. 8 nicht eingehalten hat. Dies geht zu Lasten des Beklagten.
59
Denn dieser trägt grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Aufhebungsgründen. Im Falle der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts trägt regelmäßig die zurücknehmende Behörde die materielle Beweislast (Feststellungslast) dafür, dass der begünstigende Verwaltungsakt rechtswidrig ergangen ist (vgl. BVerwG, U.v. 05.09.1991 – 3 C 64/68 – juris Rn. 40). Nichts Anderes kann für den Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes gelten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat nach der o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann zu gelten, wenn die Unerweislichkeit auf einem gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßenden unlauteren Verhalten des Begünstigten beruht; dies setzt grundsätzlich ein schuldhaftes, also mindestens ein fahrlässiges Verhalten voraus.
60
c. Vorliegend stützt der Beklagte die Aufhebung darauf, dass 18 Obstbäume auf Feldstück Nr. 8 als nicht vorhanden gegolten hätten, da diese nicht vorgefunden worden seien.
61
Das Gericht konnte sich aus folgenden Erwägungen nicht die notwendige Überzeugung bilden, dass 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 nicht vorhanden bzw. förderfähig waren:
62
Weder aus den Behördenakten, noch aus dem streitgegenständlichen Bescheid und auch nicht aus dem Widerspruchsbescheid ist ersichtlich, warum 18 Bäume nicht förderfähig gewesen sein sollen. Aus dem Prüfbericht der Vor-Ort-Kontrolle ergibt sich zwar, dass nur 53 Bäume auf dem Feldstück Nr. 8 als förderfähig angesehen wurden (Bl. 112 der Behördenakte 2018), im Förderbescheid hingegen wurde nur eine Flächenkürzung bzw. ein Auflagenverstoß für 14 Bäume festgesetzt. Im Widerspruchsbescheid wurde demgegenüber für insgesamt 31 nicht förderfähige Bäume ein Auflagenverstoß angenommen. Erst auf Vorhalt des Gerichts, dass nach Mitteilung des Klägers der Kontrolleur die 18 Bäume als „zu hoch“ angesehen hätte, teilte die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit, dass es sich hierbei um nicht förderfähige Wildkirschen (Vogelkirschen) gehandelt habe (Schriftsatz vom 19.04.2023). Auf Nachfrage des Gerichts, warum im streitgegenständlichen Bescheid nur 14 Bäume abgezogen worden seien, antwortete die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zunächst, es habe sich bei dem Abzug von 14 Bäumen um einen Fehler im Abrechnungsprogramm gehandelt. Aufgrund von Anpassungen bei der Vor-Ort-Kontrolle sei die tatsächliche Abweichung von 31 Bäumen nicht rechtzeitig vor dem automatisierten Versand der Auszahlungsmitteilung an das Abrechnungsprogramm übermittelt worden. Mit Schriftsatz vom 19.04.2023 teilte sie mit, dass die vorgenommene Flächenabweichung von 0,14 ha (14 Bäume) in der Auszahlungsmitteilung korrekt gewesen sei. Ein Flächenabzug werde nur vorgenommen, wenn bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt werde, dass die Bäume auf einer nicht-landwirtschaftlichen Fläche stehen. Vorliegend sei dies bei Feldstücken Nr. 1 (Abzug 4 Bäume) und Nr. 2 (Abzug 10 Bäume) der Fall, woraus sich eine Flächenabweichung von 0,14 ha ergäbe. Jedoch seien aufgrund der verspäteten Erfassung der Kontrollergebnisse nicht alle Streuobstbäume in die Berechnung des Auflagenverstoßes miteinbezogen worden. Aufgrund dessen sei in der Auszahlungsmitteilung lediglich ein Auflagenverstoß von 10% erfasst. Korrekterweise hätte dieser aber 30% betragen müssen.
63
In der mündlichen Verhandlung teilte der bei der Vor-Ort-Kontrolle anwesende Kontrolleur schließlich mit, dass unter den zitierten 18 Vogelkirschen nur acht Bäume tatsächlich Vogelkirschen gewesen seien. Zehn Bäume seien hingegen grundsätzlich förderfähige Kulturbäume, „vermutlich“ Apfelbäume gewesen, die jedoch aufgrund deren Lage im Waldbestand nicht beerntbar gewesen seien.
64
Eine (bildlichen) Dokumentation in der Behördenakte, die das Gericht in die Lage versetzt hätte, die Bewertung des Prüfers selbst nachvollziehen zu können, fehlt vollständig. Allein dessen zweifellos vorliegende Fachkenntnis vermag die Nachprüfbarkeit der von ihm vorgenommenen Bewertungen nicht grundsätzlich zu ersetzen. Die Differenzierung hinsichtlich der nicht anerkannten Streuobstbäume, die wie er in der mündlichen Verhandlung angab, auf Feststellungen Ende April 2023, also fünf Jahre nach der ausschlaggebenden Vor-Ort-Kontrolle beruht, vermag daran nichts ändern. Die in sich nicht konsistenten Begründungen zur fehlenden Förderfähigkeit machen die Dokumentation nicht hinfällig.
65
Die Unerweislichkeit der dem Kläger vorgeworfenen Verstöße ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass sie auf einem gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßenden unlauteren Verhalten des Begünstigten beruht, sondern folgt vielmehr aus der – wie oben ausgeführt – unzureichenden Dokumentationen des vermeintlichen Verstoßes, auf die die „Kürzung“ der AUM-Zahlungen gestützt wurde.
66
Aus den oben genannten Gründen sind die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung der Förderung, sowie die entsprechende Sanktionierung in Bezug auf 18 Obstbäume rechtswidrig. Die diesem Ergebnis entgegenstehende, verbösernde Entscheidung im Widerspruchsbescheid ist deshalb aufzuheben.
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2.4 Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Die Rückforderung der Förderung in Bezug auf 14 Bäume auf Feldstück Nr. 1 und 2 und die deshalb verhängte Sanktion erfolgte rechtmäßig.
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Die Aufhebung der Bewilligung konnte rechtmäßig durch Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß Art. 48 BayVwVfG erfolgen. Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage lagen vor (2.4.1), die Entscheidung des Beklagten ist auch auf Rechtsfolgenseite nicht zu beanstanden (2.4.2).
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2.4.1 Der Grundbescheid in Verbindung mit den Auszahlungsmitteilungen war rechtswidrig, da die Fördervoraussetzungen für die streitgegenständlichen Obstbäume nach Überzeugung des Gerichts bereits bei dessen Erlass nicht vorlagen.
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Ein Förderkriterium für die Gewährung der Förderung nach KULAP ist eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, vgl. Ziff. 1 der Gemeinsamen Richtlinie und Merkblatt AUM 2015 bis 2019 Abschnitt B Nr. 2 Seite 4.
71
„Landwirtschaftliche Fläche“ ist jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird (Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
72
Unter den Begriff „Dauerkultur“ fallen nicht in die Fruchtfolge einbezogener Kulturen außer Dauergrünland und Dauerweideland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, einschließlich Reb- und Baumschulen und Niederwald mit Kurzumtrieb (Art. 4 Abs. 1 Buchst. g Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
73
Der Begriff „Dauergrünland und Dauerweideland“ (zusammen „Dauergrünland“) wird in Art. 4 Abs. 1 Buchst. h Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 definiert als „Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind […]“.
74
„Gras oder andere Grünfutterpflanzen“ wiederrum sind alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden (Art. 4 Abs. 1 Buchst. i Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
75
Der Begriff „landwirtschaftliche Tätigkeit“ in Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Nr. ii und iii Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 bezeichnet die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden (Nr. ii), oder die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden (Nr. iii).
76
Der deutsche Gesetzgeber hat den Begriff „landwirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Nr. ii und iii Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 in § 2 des Gesetzes zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungen-Durchführungsgesetz – DirektZahlDurchfG) weiter konkretisiert. Danach liegt eine solche vor, wenn der Betriebsinhaber einmal vor dem 16. November des Jahres den Aufwuchs mäht und das Mähgut abfährt (Nr. 1) oder den Aufwuchs zerkleinert und ganzflächig verteilt (Nr. 2).
77
Das DirektZahlDurchfG gilt unmittelbar zur Durchführung der Direktzahlungen. Nach Buchstabe E der Gemeinsamen Richtlinie werden die nationalen Regelungen zur 1. Säule (Direktzahlungen-Durchführungsgesetz [DirektZahlDurchfG], Direktzahlungen-Durchführungsverordnung [DirektZahlDurchfV] und Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems [InVeKoS-Verordnung – InVeKoSV]), soweit dies für ein einheitliches Vorgehen erforderlich ist, jedoch auf die Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen entsprechend angewendet.
78
Darüber hinaus muss es sich bei den Bäumen um Hochstamm-Baumarten handeln, die mindestens drei Meter Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,40 m haben. Außerdem werden maximal 100 Streuobstbäume pro ha landwirtschaftlich genutzter Fläche des Feldstücks gefördert (vgl. Merkblatt AUM 2015 – 2019 Abschnitt C Nr. 5 Seite 11).
79
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Aufhebungsgründen trägt grundsätzlich der Beklagte (s.o.).
80
a. Auf Feldstück Nr. 1 wurde ein Baum aberkannt, da er sich außerhalb der Feldstücksgrenze befand. Dies ist auch aus den vorgelegten Behördenakten ersichtlich und mit Fotos dokumentiert (Bl. 84 Behördenakte 2018). Der Kläger vermochte dem nichts entgegenzubringen. Für das Gericht besteht deshalb kein Anhaltspunkt, an der Rechtmäßigkeit des Abzugs auch bis ins Jahr 2015 zu zweifeln, denn die Größe bzw. Grenze des Feldstücks hat sich seitdem nicht verändert.
81
Ein weiterer Baum wurde aberkannt, da er nicht die erforderliche Stammhöhe von 1,40 m aufwies. Auch dieser Baum ist in den Behördenakten mit Foto eindeutig dokumentiert (Bl. 85 Behördenakte 2018). Naturgemäß war der Baum auch in den Jahren 2015 bis 2017 aufgrund seiner Größe nicht förderfähig.
82
Weiter wurden zwei Bäume aberkannt, da die landwirtschaftliche Fläche nach Kürzung nur noch 0,02 ha betrug und damit maximal zwei Bäume gefördert werden. Eine Fläche von 0,04 ha wurde aufgrund des Vorhandenseins eines Weges und eines „Privatgartens“ aberkannt.
83
Der Abzug des Weges, der im Übrigen auf den Bildern in der Behördenakte (Bl. 83 der Behördenakte 2018) eindeutig dokumentiert ist, erfolgte rechtmäßig, denn auf einem befestigten Weg kann jedenfalls keine landwirtschaftliche Nutzung i.S.d. Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 erfolgen.
84
Ebenso wenig ist eine solche auf der als „Privatgarten“ bezeichneten Teilfläche erkennbar. Die Fläche ist, wie aus den Bildern (Bl. 83 der Behördenakte 2018) ersichtlich mit Bodendeckern (vermutlich Immergrün) bewachsen.
85
Der Verweis des Klägers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Bewilligungsbehörde ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht zustehe (BVerwG, U.v. 30.03.2021 – 3 C 7.20 – juris Rn. 23), und seine Einlassung, er habe den Aufwuchs von Feldstück Nr. 1 gemäht und an sein Damwild verfüttert, ist in der Sache unbehelflich, denn der Kläger hat das Feldstück Nr. 1 nicht als „Dauergrünland“, sondern als „sonstige förderfähige Flächen“ mit dem Nutzungscode 822 als „Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung)“ beantragt.
86
Dieser Nutzungscode bezeichnet eine „Dauerkultur“, wie sie in Art. 4 Abs. 1 Buchst. g Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 definiert ist (s.o.). Nach der Anleitung zum Ausfüllen des Flächen- und Nutzungsnachweises (FNN) des Jahres 2018 (S. 5) sind damit „Flächen zu codieren, bei denen die Obstnutzung eindeutig im Vordergrund steht (regelmäßige und vollständige Obstnutzung). Es handelt sich dabei um Flächen, die üblicherweise mit ca. 100 Bäumen (Hoch- oder Halbstamm) je Hektar bepflanzt sind. Es erfolgt keine Wiesen/Ackernutzung, der Aufwuchs wird lediglich gemulcht.“
87
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der aberkannten Teilfläche des Feldstücks Nr. 1 um keine Streuobstanlage nach der o.g. Definition. Nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung stünden auf dem Feldstück insgesamt vier Obstbäume, darunter ein Pflaumen- und ein Apfelbaum mit wenig Ertrag, sowie zwei Apfelbäume, die mit ca. 100 kg pro Jahr gut getragen hätten (Protokoll S. 3).
88
Nach der o.g. Definition und der Förderpraxis des Beklagten ist jedoch grundsätzlich eine „regelmäßige und vollständige Obstnutzung“ erforderlich. Dies bedarf nach der in der mündlichen Verhandlung erklärten Förderpraxis (Protokoll S. 5) im Zweifel einen Nachweis, beispielsweise einer Brennerei oder Vermarktung des Obstes. Selbiges hat der Kläger aber weder behauptet noch vermochte er einen entsprechenden Nachweis zu führen.
89
Auf der streitgegenständlichen Teilfläche (Weg und „Privatgarten“) befinden sich – ausweislich der sich in der Behördenakte befindlichen Fotos (Bl. 83 ff. der Behördenakte 2018) – auch keine (anerkannten) Obstbäume, so dass diese Fläche jedenfalls nicht als „Dauerkultur“ förderfähig ist. Naturgemäß waren auch in den Jahren 2015 bis 2017 keine förderfähigen Bäume vorhanden.
90
b. Auf Feldstück Nr. 2 wurden zehn Bäume aberkannt, da das Feldstück von dem Beklagten insgesamt als nicht landwirtschaftlich genutzte Fläche eingestuft wurde. Auch diesbezüglich ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Förderkriterien für die streitgegenständlichen Teilflächen im maßgeblichen Zeitraum 2015 bis 2017 nicht erfüllt hat.
91
Auf dem Feldstück wurden Pflastersteine, ein Autowrack und Siloballen gelagert. Die Lagerung der Pflastersteine und Siloballen erfolgt nach Angabe des Klägervertreters mindestens seit dem Jahr 2010 (vgl. Schriftsatz vom 20.03.2022, Bl. 136 der Gerichtsakte).
92
Der Kläger hat das Feldstück wie Feldstück Nr. 1 als „sonstige förderfähige Fläche“ mit dem Nutzungscode 822 als „Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung)“ beantragt.
93
Das Feldstück Nr. 2 entspricht jedoch nicht einer „Dauerkultur“ nach der o.g. Definition. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, es stünden darauf drei Kirschbäume mit etwa 30 kg Ertrag, zwei bis drei Pflaumenbäume (mit zwei bis drei Pflaumen) und Birnbäume, die ebenfalls wenig getragen hätten (Protokoll S. 3), lassen eine „regelmäßige und vollständige Obstnutzung“ nicht erkennen. Auf den sich in der Behördenakte befindlichen Fotos des Feldstücks (Bl. 90 ff. Behördenakte 2018) ist vielmehr zu erkennen, dass die Fläche auf der die Obstbäume stehen, stark zugewachsen ist und einen „waldähnlichen“ Charakter aufweist. Aufgrund der Höhe des Bewuchses ist erkennbar, dass dieser auch in den Vorjahren bereits bestanden haben muss. Eine ordnungsgemäße Ernte der vorhandenen Obstbäume ist nach Überzeugung des Gerichts aufgrund des dichten Bewuchses ohne weiteres kaum möglich. Der Kläger vermochte dies jedenfalls nicht zu entkräften. Auch einen Nachweis beispielsweise einer Brennerei oder Vermarktung des Obstes hat der Kläger auch für das Feldstück Nr. 2 nicht erbracht.
94
c. Soweit der Kläger einwendet, dass bei der Auswertung offensichtlich ältere Luftbilder verwendet und in unzulässiger Weise Rückschlüsse auf die Vergangenheit gezogen worden seien, ist dem entgegenzuhalten, dass das Nichteinhalten von Förderkriterien während des Verpflichtungszeitraums zum Entfallen der „Zugangsbedingungen“ für den ganzen Verpflichtungszeitraum führt, vgl. Merkblatt AUM 2015 bis 2019 Abschnitt A Nr. 3 Seite 2. Maßgeblich ist daher der Zustand der Feldstücke im Jahr der Vor-Ort-Kontrolle 2018, der ausweislich der Behördenakten auch hinreichend dokumentiert ist und entsprechende Rückschlüsse für die Vorjahre zulässt.
95
d. Der Vortrag des Klägers, dass die Flächenabweichungen deshalb nicht rechtmäßig seien, weil bei der Vor-Ort-Kontrolle „möglicherweise“ ein GPS-Gerät verwendet worden sei, das an den dortigen örtlichen Gegebenheiten keinen Empfang hatte und dessen erforderliche Funktionstüchtigkeit und Messgenauigkeit nicht nachgewiesen sei, ist nicht substantiiert und kann ihm nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar trifft den Beklagten nach dem Grundsatz, wonach jeder Beteiligte regelmäßig die Beweislast für das Vorhandensein aller Voraussetzungen der ihm günstigen Rechtsnormen trägt (U.v. 19.09.1969 – IV C 18.67 – VerwRspr 1970, 202/210), die Beweislast, denn er bedarf eines rechtfertigenden Grundes für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheids. Dem Kläger obliegt es – ungeachtet der hier grundsätzlich beim Beklagten liegenden materiellen Beweislast – in diesem Rahmen konkret darzulegen, warum die Feststellungen unzutreffend sind. Der Kläger vermochte dem Gericht keine Anhaltspunkte aufzuzeigen, diese Angaben in Zweifel zu ziehen. Wie der Beklagte dargelegt hat, werden die bei der Flächenkontrolle verwendeten GPS-Geräte jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft (Bl. 102 der Gerichtsakte). Die abgezogenen (Teil-)Flächen sind im Übrigen anhand der vorgelegten Orthophotos ausreichend dokumentiert und nachvollziehbar.
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e. Die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG ist gewahrt. Die für die Rücknahme erheblichen Tatsachen sind der Behörde erst dann vollständig bekannt, wenn der Sachverhalt lückenlos und zutreffend ermittelt worden ist (vgl. Art. 24 BayVwVfG). Zur Herstellung der Entscheidungsreife gehört in diesem Zusammenhang die Anhörung des Betroffenen gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Für den Lauf der Jahresfrist folgt daraus, dass die Aufbereitung des Sachverhalts in der Regel frühestens mit der Beendigung des Anhörungsverfahrens – unabhängig von dessen Ergebnis – abgeschlossen ist, (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 3. EL August 2022, § 48 Rn. 249). Die Anhörung des Klägers erfolgte am 06.06.2019, so dass der Erlass des Bescheids am 11.11.2019 fristgerecht erfolgte.
97
2.4.2 Rechtsfolge der fehlenden Fördervoraussetzungen ist die Rücknahme des Grundbescheids bzw. der Auszahlungsmitteilungen und die Rückforderung der Förderung mit Wirkung für die Vergangenheit. Gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG steht der Widerruf grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Wegen der vorrangigen unionsrechtlichen Rückabwicklungsregelungen in Art. 7 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 809/2014, wonach der Begünstigte bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zur Rückzahlung der betreffenden Beträge zuzüglich der gegebenenfalls gemäß Abs. 2 der Vorschrift berechneten Zinsen verpflichtet ist, ist jedoch die (rückwirkende) Aufhebung der Bewilligung im Falle einer Nichterfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen zwingend, sofern – wie hier – kein Vertrauensschutz eingreift (vgl. VG Lüneburg, U.v. 29.03.2023 – 1 A 289/20 – juris Rn. 73). Auf Vertrauen kann sich der Kläger nicht berufen, da er zum einen zwei Bäume auf Feldstück Nr. 1 beantragt hat, obwohl diese die Förderkriterien nicht erfüllen, und zum anderen die Feldstücke Nr. 1 und Nr. 2 mit dem Code 822 beantragt hat, obwohl dessen Voraussetzungen nicht vorlagen (vgl. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG). Dabei ist nicht entscheidend, ob die fehlerhaften Angaben schuldhaft gemacht worden sind (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 48 Rn. 156).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO und entspricht dem gegenseitigen Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.