Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 11.09.2023 – B 8 K 20.1447
Titel:

Kürzungen von Direktzahlungsprämien (Betriebsprämien) und Ausgleichzulagen in benachteiligten Gebieten - hier Frage des Nutzungsrechts an landwirtschaftlichen Flächen

Normenketten:
Agrar-Direktzahlungs-VO Art. 34, Art. 35
AGZ
BGB § 745, § 2038 Abs. 2 S. 1
MOG § 14
Leitsatz:
Es gibt keine nationale Regelung, wonach für die Gewährung von Betriebsprämien iSd Art. 34 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 der Nachweis einer Nutzungsberechtigung zu erbringen ist. (Rn. 42 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Doppelbeantragung, Nutzungsrecht, Landwirtschaftliche Förderung bei Erbengemeinschaft, Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten, Betriebsprämie, Verzinsung von Förderansprüchen, Landwirtschaftliche Förderung, Erbengemeinschaft, Ausgleichszulage, Verzinsung, Existenzsicherung, Einkommensunterstützung, Gemeinschaftsverwaltung, Ordnungsmäßigkeit, Pachtvertrag
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 23.04.2024 – 6 ZB 23.2327
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42233

Tenor

1. Die Bescheide des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … vom 19.11.2010, 8.11.2010, 1.12.2011 und vom 19.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2020 werden aufgehoben, soweit darin für das Förderjahr 2010 Flächenabweichungen hinsichtlich der Feldstücke 25, 26, 28 und 29 und für das Förderjahr 2011 Flächenabweichungen hinsichtlich der Feldstücke 25 bis 29 angenommen wurden.
2.    Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger durch Erlass neuer Bescheide die Betriebsprämie durch Aktivierung von Zahlungsansprüchen und die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten für das Förderjahr 2010 ohne Kürzungen und Sanktionen wegen Doppelbeantragungen betreffend der Felstücke 25, 26, 28 und 29, sowie für das Förderjahr 2011 ohne Kürzungen und Sanktionen betreffend der Feldstücke 25 bis 29 entsprechend den gestellten Mehrfachanträgen zu gewähren.
3.    Der Beklagte wird weiter verpflichtet, die sich aus den unter 2 genannten Bescheiden ergebenden Beträge für die Betriebsprämie in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat seit Rechtshängigkeit, sowie die sich aus den unter 2 genannten Bescheiden ergebenden Beträge für die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit höchstens jedoch 6 % ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.
4.    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5.    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
6.    Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich zuletzt gegen die vom Beklagten mit Bescheiden vom 19.11.2010, 08.11.2010, 01.12.2011 und vom 19.12.2011 vorgenommenen Kürzungen betreffend die Direktzahlungsprämie (Betriebsprämie) und Ausgleichzulage (AGZ) in benachteiligten Gebieten für die Förderjahre 2010 und 2011 für die Feldstücke, die aus der Erbengemeinschaft R.(s.u.) herrühren.
2
1. Der Kläger bewirtschaftet in seinem Betrieb neben Flächen in G., die ihm unstreitig zur Bewirtschaftung nach seinem Vater zustehen, und (nicht mehr streitigen) Flächen nach seiner Großmutter … (verstorben 1986, Erbengemeinschaft E.) auch die streitgegenständlichen Flächen aus der Erbengemeinschaft nach seinem Großvater … (verstorben 1971, Erbengemeinschaft R.). Die Erbengemeinschaft E.besteht nach der Übertragung von Erbanteilen durch die Mutter des Klägers vom 30.12.2008, …, auf ihre Kinder mit folgenden Miterbenanteilen: … 1/6, … 1/6, … 1/6 (Kläger) und … 1/2. Mitglieder der hier maßgeblichen Erbengemeinschaft R. sind die Mutter des Klägers, …, mit einem Miterbenanteil zu 2/3 und der Onkel des Klägers, …, mit einem Miterbenanteil zu 1/3. In den Erbengemeinschaften herrscht jahrzehntelanger Streit über die Bewirtschaftung.
3
Dem Gericht liegt die Urkunde über die Erbteilsabtretung von Frau … an Frau … vor, die zu deren 2/3-Anteil an der Erbengemeinschaft R.geführt hat.
4
Dem Gericht liegt zudem ein Pachtvertrag zwischen der Mutter des Klägers und dem Kläger vom 30.09.1996 hinsichtlich des in R., Gemarkung R.belegene, im Grundbuch von … Bd. ... Bl. … bezeichneten Grundstückes vor. Handschriftlich ist weiter folgendes vermerkt: „2/3 Anteil am Erbengemeinschaftsbetrieb R.Land- und Forstwirtschaft in Erbengemeinschaft mit …“. Die Vertragsdauer beträgt laut § 8 des Vertrages 12 Jahre und zwar von 01. Oktober 1996 bis 30. September 2008. Der folgende Satz, der eine Verlängerung der Pachtzeit für den Fall, dass keine Kündigung vor Ablauf der vereinbarten Pachtzeit zum Inhalt hat, ist nicht ausgefüllt. Der Vertrag enthält als Anlage 1 einen nicht unterschriebenen „Flächen- und Nutzungsnachweis für noch nicht erfasste Betriebe“. Darauf wird Bezug genommen.
5
Weiter liegt ein Nachtrag zum „Landwirtschaftlichen Pachtvertrag“ vom 30.09.1996 zwischen … (Verpächter) und dem Kläger … (Pächter) über den landwirtschaftlichen Betrieb „R.“ vor, unterschrieben von den Vertragspartnern … und … am 18.02.1997. Darin ist handschriftlich folgendes ausgeführt:
„Änderung zu § 1 – Gegenstand der Pacht
Um die Bewirtschaftung des Betriebes der Erbengemeinschaft nach … (Anteile Erbquote 2/3 …, 1/3 …*) sicherzustellen, verpachte ich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung mit 2/3 Mehrheit den gesamten Betrieb an …, da … sich seit vielen Jahren nicht an der Bewirtschaftung und Erhaltung beteiligt. Ich selbst werde weiterhin im Betrieb tätig sein.
Ergänzung zu § 8 – Vertragsdauer und Kündigung
Der Vertrag verlängert sich jeweils automatisch um 2 Jahre, wenn er nicht mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Ende der Laufzeit gekündigt wird. Alle weiteren Bestimmungen des Pachtvertrages bleiben unberührt weiter bestehen.“
6
Einem Urteil des AG … – Landwirtschaftsgericht (U.v. 24.04.2007 – XV 3/06) ist zu entnehmen, dass die Mutter des Klägers (.*), sowie deren Bruder (.*) die Bewirtschaftung wohl einige Jahre derart aufgeteilt hätten, dass … den Betrieb E.und … den Betrieb R.bewirtschafteten. In dem Rechtsstreit hatte … die Herausgabe und Bewirtschaftung von Flächen aus dem Betrieb E.an sie bzw. … angestrebt. Die Klage wurde abgewiesen. Tragender Grund hierfür war, dass es ihr nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass die von ihr angestrebte Aufteilung den Interessen der Erben gerecht werde.
7
Dem hiesigen Verfahren waren zudem bereits Verfahren beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth in den Jahren 2010 und 2012 vorausgegangen, an denen der Kläger beteiligt gewesen war.
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So waren im Verfahren B 4 K 10.1053, das den Förderantrag für das Jahr 2005 betroffen hatte, bereits Doppelbeantragungen, die aus den genannten Erbengemeinschaften herrührten, Streitgegenstand gewesen. Einigkeit über die Bewirtschaftung habe es lediglich in den Jahren vor 2005 sowie im Jahr 2006 gegeben (vgl. Niederschrift). Letztlich hat der Kläger, der auch Kläger des genannten Verfahrens war, seine Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
9
In den Verfahren B 4 K 12.714 und B 4 K 12.715 hatte der Kläger für die Förderjahre 2005 und 2007 Leistungen aus der Ausgleichzulage in benachteiligten Gebieten (AGZ) und die Auszahlung für das Kulturlandschaftsprogramm – Teil A (KULAP-A) für Flächen betreffend die Erbengemeinschaft E.eingeklagt. Diese endeten mit klageabweisenden Urteilen vom 30.04.2014. In der Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger offensichtlich kein Bewirtschaftungsrecht habe. Der daraufhin gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung blieb – nach erfolglosem Mediationsverfahren – erfolglos (Beschlüsse des BayVGH vom 11.05.2020 – Az. 21 ZB 14.1312 und 21 ZB 14.1314). Weiterhin war der Kläger zu Verfahren von Herrn … (Sohn von …) beigeladen worden, in dem dieser ebenfalls Förderleistungen für Flächen aus der Erbengemeinschaft E.begehrte und aus denselben Gründen (offensichtlich fehlendes Bewirtschaftungsrecht) scheiterte (B 4 K 12.733; B 4 K 12.735 und B 4 K 12.736).
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2. Mit Mehrfachanträgen vom 13.05.2010 und vom 15.05.2011 beantragte der Kläger für die Förderjahre 2010 und 2011 die Betriebsprämie durch Aktivierung der Zahlungsansprüche (ZA), die AGZ, die Auszahlung für das KULAP-A und mit letzterem Antrag zudem die Eiweißpflanzenprämie.
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Gleichzeitig versicherte er unter Teil Allgemeine Angaben in Nr. 1, dass er die seinem Antrag zu Grunde liegenden Produktionseinheiten (v.a. Fläche) in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bewirtschafte. Weiter versicherte er unter Teil B Fördermaßnahmen in Nr. 1.1, dass ihm alle mit „B“ gekennzeichneten Flächen zum maßgeblichen Stichtag des jeweiligen Jahres zur Verfügung stünden, dass sie im gesamten Kalenderjahr des jeweiligen Jahres beihilfefähig seien und er Änderungen unverzüglich dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) mitteilen werde. Außerdem versicherte er, dass er von den Verpflichtungen und Hinweisen Kenntnis genommen habe, die in der Anleitung zum Ausfüllen des jeweiligen Flächen- und Nutzungsnachweises (FNN) der Jahre 2010 und 2011 genannt sind und diese einhalte. Er bestätigte, dass die in den Anträgen und den Anlagen enthaltenen Angaben richtig und vollständig seien, sowie die Erklärungen im Antrag eingehalten würden.
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Bei den im jeweiligen FFN angegebenen Feldstücken (FS) wurden durch den Beklagten negative Flächenabweichungen/Doppelbeantragungen für die nachfolgenden FS festgestellt:
Für das Jahr 2010: FS Nr. 15, 16, 25, 26, 28, 29, 53;
für das Jahr 2011: FS Nr. 15, 16, 25, 26, 27, 28, 29, 53.
13
Die Feldstücke mit den Nummern 25, 26, 27, 28 und 29 gehören zur Erbengemeinschaft R., während die restlichen Feldstücke zur Erbengemeinschaft E.gehören.
14
Aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren übersandten Übersichten zur Identität der Doppelbeantrager (Schriftsatz vom 08.09.2023) ergibt sich, dass für die Förderjahre 2010 bis 2011 die hier maßgeblichen Doppelbeantragungen durch den Cousin des Klägers … verursacht worden sind, der wiederum der Sohn des Onkels des Klägers, …, ist.
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3. Mit Bescheid vom 08.11.2010 wurde die AGZ für das Förderjahr 2010 für eine Fläche von 39,05 ha statt der beantragten Fläche von 49,69 ha unter Berücksichtigung der sich aufgrund der Flächenabweichung ergebenden Sanktion bewilligt und ausbezahlt. Für das Förderjahr 2011 wurde die AGZ mit Bescheid vom 01.12.2011 für eine Fläche von 40,63 ha statt der beantragten 49,59 ha bewilligt und ausbezahlt.
16
Mit Bescheid vom 19.11.2010 wurde wegen der festgestellten Flächendifferenz von über 20% die Betriebsprämie für das Förderjahr 2010 vollständig abgelehnt. Mit Bescheid vom 19.12.2011 wurden die Direktzahlungen für das Förderjahr 2011 in Höhe von 8.106,13 € ausbezahlt. Darüber hinaus wurde der Kläger mit o.g. Direktzahlungsbescheid für das Förderjahr 2011 ein weiteres Mal in Höhe von 228,39 € von der Beihilfegewährung ausgeschlossen.
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Gegen die obigen Bescheide erhob der Kläger jeweils Widerspruch. Die streitigen Feldstücke habe ihm seine Mutter zur Bewirtschaftung übertragen.
18
Mit Schriftsätzen vom 17.07.2020 und 10.09.2020 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers zur Anhörung durch die FüAk mit Schreiben vom 25.05.2020 Stellung. Er bemerkte eingangs, der Kläger habe auf Veranlassung des Amtes für Landwirtschaft in … seit Jahren seinen landwirtschaftlichen Betrieb in G.unter einer einzigen Betriebsnummer angemeldet. Hätte er seine unterschiedlichen Eigentumslagen, nämlich die Alleineigentumslage des Betriebes in G.als Pächter seines Vaters und die Miteigentumslage in R.als Mitglied der Erbengemeinschaft nach … von Beginn an getrennt beantragt, wären Teile der jetzt entstandenen Probleme nicht aufgekommen. Insbesondere hätte er für seinen von seinem Vater gepachteten landwirtschaftlichen Betrieb in G.ohne Zweifel jährlich Fördermittel erhalten.
19
Die Sach- und Rechtslage im Betrieb R.entspreche in einem sehr wesentlichen Punkt nicht der Sach- und Rechtslage, die den Entscheidungen des VG Bayreuth vom 30.04.2014 (s.o.) zugrunde gelegen hätte. Danach sei der Kläger zur Bewirtschaftung der streitgegenständlichen Flächen in E.nicht berechtigt gewesen, da er weder über einen mit der Erbengemeinschaft geschlossenen Pachtvertrag noch über einen einvernehmlichen Auftrag der Miterben verfügt habe. Seit 2008 sei der Kläger selbst Beteiligter der Erbengemeinschaft E.zu 1/6.
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Für den Betrieb R.sei genau diese Sachlage jedoch nicht gegeben, der Kläger verfüge seit Januar/Februar 1997 über einen von der Erbengemeinschaft nach … abgeschlossenen Pachtvertrag hinsichtlich des gesamten Betriebes R.Dieser Pachtvertrag sei dem Beklagten seit Jahrzehnten bekannt. Der Kläger habe deshalb zivilrechtlich und schuldrechtlich die Befugnis, gegen Zahlung von Pachtzins die Flächen dieser Erbengemeinschaft zu bewirtschaften und demgemäß als Betriebsinhaber und Nutzungsberechtigter Fördermittel zu beantragen. Die Rechtsfrage, ob die Verpachtung durch Frau … rechtswirksam gewesen sei oder nicht, sei nicht eine Frage der Wirksamkeit des Pachtvertrages im Außenverhältnis zum Pächter, sondern ausschließlich eine Frage, die innerhalb der Erbengemeinschaft ausgetragen werden müsse. Im Außenverhältnis sei der Pachtvertrag zweifelsohne wirksam und vermittle dem Kläger eine – zu keinem Zeitpunkt von irgendjemandem infrage gestellte oder gar beendete – Nutzungsberechtigung, auch wenn der Miterbe zu 1/3, sein Onkel …, überlappende Anträge in Bezug auf die Flächen der Erbengemeinschaft R.gestellt habe. Von dem gesamthänderisch geprägten Grundprinzip der Erbengemeinschaft (§ 2038 Abs. 1 BGB) gebe es eine ganze Reihe von Ausnahmen. Gemäß § 745 Abs. 3 Satz 1 BGB, der für die Abwicklung von Erbengemeinschaften anwendbar sei, ergebe sich, dass der Schutzzweck der Einstimmigkeit sich auf eine wesentliche Veränderung des Nachlasses als Ganzes beschränke. Bisher habe der Beklagte den Pachtvertrag im Rahmen der Förderungen auch anerkannt. Alleine eine Doppelbeantragung durch Herrn …, der letztlich den Tatbestand des Subventionsbetrugs erfülle, könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 05.12.2019 – 3 C 22/17) führt er weiter aus, selbst eine (unbeachtliche) Doppelbeantragung ab dem Jahr 2010 könne nicht dazu führen, dass die Flächen anderweitig zuzuordnen seien. Es bleibe in Anwendung des Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 1782/2003 bis zum Beweis des Gegenteils dabei, dass die Flächen dem bisherigen Betriebsinhaber zuzuordnen seien. Allein eine durch nichts belegte Doppelbeantragung durch einen nicht bewirtschaftenden Dritten könne an der verbindlichen Zuordnung der Flächen, die durch die Verordnung 1782/2003 der EG verfügt worden sei, nichts ändern.
21
Der Beklagte half den Widersprüchen nicht ab und legte sie der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) zur Entscheidung vor.
22
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2020 (Az.: …, …, …, …*), den der Klägerbevollmächtigte ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 18.11.2020 erhalten hat, wurde der Bescheid des Beklagten vom 01.12.2011 (AGZ 2011) hinsichtlich des geförderten Flächenumfangs abgeändert und insoweit aufgehoben, als darin mehr als 2.844,60 € bewilligt und ausbezahlt wurden. Der Bescheid des Beklagten vom 19.12.2011 (DZP 2011) wurde insoweit aufgehoben, als darin eine Mehrjahressanktion in Höhe von 228,39 € verbeschieden und in Höhe von 612,68 € verrechnet wurde. Weiter wurde er hinsichtlich des geförderten Flächenumfangs und des ZA-Durchschnittsbetrages bezogen auf die Betriebsprämie sowie hinsichtlich des geförderten Flächenumfangs bezogen auf die Eiweißprämie abgeändert und insoweit aufgehoben, als darin ein Betrag von weniger als 9.269,99 € bewilligt und ausbezahlt wurde (Ziff. 1). Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen (Ziff. 2). Es wurde festgelegt, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Kläger zu 94% und durch den Beklagten zu 6% zu tragen sind und für den Bescheid eine Gebühr von 300 € festgesetzt (Ziff. 3 und 5).
23
Um förderberechtigt zu sein, müsse der Antragsteller das alleinige Nutzungsrecht haben und die Fläche tatsächlich bewirtschaften. Demnach sei die Zuordnung von beihilfefähigen Flächen zum Betrieb eines Landwirts dann zu bejahen, wenn er in der Lage ist, diese mit einer hinreichenden Selbstständigkeit in eigenem Namen und auf eigene Rechnung für seine landwirtschaftliche Tätigkeit für einen von ihm festgelegten Zeitraum zu nutzen, wobei erforderlich sei, dass der Landwirt zu dieser Nutzung auch rechtlich in der Lage ist, er somit befugt ist, die fragliche Fläche zum Zwecke der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten, d.h. sie mit hinreichender Selbstständigkeit für seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu nutzen. Selbst wenn der Kläger gemäß seinen Ausführungen die Flächen tatsächlich selbstständig bewirtschaftet habe, so fehle es ihm gleichwohl am erforderlichen Nutzungsrecht. Fördermittel für die Bewirtschaftung von Flächen könnten nicht gewährt werden, wenn der Bewirtschafter nur faktisch – gegen den Willen des Berechtigten – die Verfügungsgewalt über die Flächen ausübt, ohne eine rechtliche Verfügungsbefugnis zu besitzen. Die Gewährung von Zuwendungen sei in diesen Fällen mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar. Die streitgegenständlichen Flächen stünden im Eigentum einer Erbengemeinschaft. Gemäß § 2038 Abs. 1 BGB stehe die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Vorliegend bestehe jedoch keinerlei Vereinbarung zwischen den Erben der Erbengemeinschaft. Da Herr … der Bewirtschaftung der streitgegenständlichen Flächen durch den Kläger bisher nicht zugestimmt habe, fehle das erforderliche Nutzungsrecht. Es seien bisher auch keine Unterlagen vorgelegt worden, aus denen klar und nachvollziehbar hervorgehe, wem ein Nutzungsrecht an welchen Flächen zusteht. Eine Förderung scheide daher aus.
24
Auch der genannte Pachtvertrag aus dem Jahr 1996 zwischen dem Kläger und seiner Mutter, Frau …, führe zu keinem anderen Ergebnis. Unabhängig davon, dass der Pachtvertrag in keinem der bisherigen gerichtlichen Verfahren Erwähnung gefunden habe und erst mit Schreiben vom 10.09.2020 vorgelegt worden sei, räume dieser dem Kläger kein Nutzungsrecht ein, da er nicht gemeinschaftlich und für die Erbengemeinschaft geschlossen worden sei. Bei dem Pachtvertrag, mit dem der gesamte Betrieb der Erbengemeinschaft an den Kläger verpachtet werde und der sich ohne rechtzeitige Kündigung automatisch verlängere, handele es sich nicht um eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses im Sinne von §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 Satz 1 BGB, die als laufende tägliche Verwaltung des Nachlasses mehrheitlich beschlossen werden könne. Darüber hinaus sei der Pachtvertrag ohne Kenntnis und entgegen dem Interesse des Miterben, Herrn …, abgeschlossen worden, der selbst eine Landwirtschaft betreibe und die Flächen bewirtschaften könne.
25
4. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15.12.2020 hat der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth, dort eingegangen am selben Tag, Klage erhoben. Er beantragt zuletzt,
1.
Die Bescheide des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … vom 19.11.2010, vom 08.11.2010, vom 01.12.2011 und vom 19.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 16.11.2020 werden aufgehoben, soweit darin für das Förderjahr 2010 Flächenabweichungen hinsichtlich der Feldstücke 25, 26, 28, und 29 und für das Förderjahr 2011 Flächenabweichungen hinsichtlich der Feldstücke 25 bis 29 angenommen wurden.
2.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger durch Erlass neuer Bescheide die Betriebsprämie durch Aktivierung von Zahlungsansprüchen und die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten für die Förderjahre 2010 ohne Kürzungen und Sanktionen wegen Doppelbeantragungen betreffend der Feldstücke 25, 26, 28 und 29, sowie für das Förderjahr 2011 ohne Kürzungen und Sanktionen wegen Doppelbeantragungen betreffend der Feldstücke 25 bis 29 entsprechend den gestellten Mehrfachanträgen zu gewähren.
3.
Der Beklagte wird weiter verpflichtet, 6% Zinsen jeweils ab 31.12. des jeweils vom Kläger gestellten Mehrfachantrages,
hilfsweise ab dem Datum des angegriffenen Widerspruchsbescheides 2019,
äußerst hilfsweise ab Rechtshängigkeit zu gewähren.
26
Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen zur notwendigen unterschiedlichen rechtlichen Behandlung der Erbengemeinschaften R.und E.Der Kläger habe seit dem Jahr 1997 die der Erbengemeinschaft R.zustehenden Flächen des ehemaligen Betriebes … und die dazugehörige Hofstelle zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb auf Grundlage eines zivilrechtlich wirksamen Pachtvertrages hinzugepachtet und diese bis dato eigenverantwortlich und ununterbrochen bewirtschaftet. Er zahle hierfür seit 1997 den vereinbarten Pachtzins an die Erbengemeinschaft. Dies habe der Beklagte seit 1997 nicht in Zweifel gezogen, bis im Jahr 2010 Herr … ebenfalls einen Antrag in Bezug auf die Flächen gestellt habe, obwohl dieser nicht einmal Mitglied der Erbengemeinschaft sei. Die aufgrund der Doppelbeantragung begründete Schlussfolgerung des Beklagten, die Flächen stünden dem Kläger nicht mehr in berechtigter Weise zur Verfügung, sei durch die Verordnung in keiner Weise gedeckt. Das BVerwG habe mit der Entscheidung vom 05.12.2019 – 3 C 22/17 – klargestellt, dass es im Interesse eines effizienten Massenverfahrens nicht Aufgabe der für die Agrarförderung zuständigen Stellen sei, zivilrechtliche Konflikte zwischen dem Eigentümer und dem Nutzer einer landwirtschaftlichen Fläche zu entscheiden, zumal diese vor den ordentlichen Gerichten auszutragen seien. Diese Erwägungen seien aus seiner Sicht durchaus übertragbar, da auch dort ein Fall von Doppelbeantragung vorgelegen habe. Nach der genannten Entscheidung sei allein die tatsächliche Nutzung ausschlaggebend. Offene Nutzungskonflikte seien im Rahmen des Schadensersatzrechtes vor den Zivilgerichten zu klären.
27
Der Pachtvertrag betreffend die Flächen in R.sei dem AELF schon seit langem bekannt gewesen. Zivilrechtlich sei der streitgegenständliche Pachtvertrag als Verwaltungsangelegenheit der Erbengemeinschaft einzustufen, die einer Mehrheitsentscheidung zugänglich sei. Auf Anordnung des AELF habe die Mutter des Klägers, die die Betriebe der Erbengemeinschaft R.und G.unter getrennten Betriebsnummern geführt habe, diese dann in einer Betriebsnummer zusammengeführt. Fördertechnisch und förderrechtlich sei in der Folgezeit für beide vormaligen Betriebe der Kläger als der zuständige und berechtigte Nutzer vom AELF anerkannt worden.
28
Es sei zudem unzulässig, wenn die Beklagtenseite zehn Jahre mit einer Entscheidung zuwarte, um dann aufgrund einer zivilrechtlich nicht haltbaren Rechtsauffassung, die Nutzungsberechtigung zu verneinen und den Kläger mit Mehrjahressanktionen zu überziehen. Der Kläger habe bei diesem Vorgehen keine Möglichkeit, etwaige sanktionswürdige Fehler in der Beantragung abzustellen. Dies sei jedoch einer der Zwecke der Sanktionierung. Das Amt habe durch die Mehrjahressanktionen im unangemessenen Umfang Kürzungen und letztlich die volle Streichung festgelegt, die der Kläger nicht hinnehmen müsse. Das Vorgehen der Behörde sei unangemessen und willkürlich, da dem Kläger das Reagieren verwehrt worden sei. Zudem trug er vor, die Selbstbewirtschaftung des Klägers sei vom AELF zwischen 1996 und 2009 zu Recht nie ernsthaft in Frage gestellt worden. Auch den Prüfberichten zu den Vor-Ort-Kontrollen aus 2013 und 2017 ließen sich keine Zweifel des Beklagten an der Bewirtschaftung der Flächen durch den Kläger entnehmen.
29
Seinen Zinsanspruch begründete er im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Rechtsgedanken nach Treu und Glauben. Die Beklagte habe durch ihre beharrlich auf einer unzutreffenden Rechtsansicht beruhenden Verfahrensweise den Kläger in Existenznöte gebracht. Die Agrarförderung habe für Landwirte existenzielle Bedeutung. In entsprechender Anwendung des § 242 BGB i.V.m. § 27 SGB IV oder der §§ 681 Satz 2 und 688 BGB bzw. unter Heranziehung des Gedankens des § 49a VwVfG komme eine entsprechende Verzinsung in Betracht. Was für die Rückzahlung von zu Unrecht erhaltenen Subventionen durch den Bürger gelte, müsse auch für die Auszahlungsverpflichtung des Staates gelten.
30
Für den Beklagten beantragt die FüAk mit Schriftsatz vom 18.02.2021,
die Klage abzuweisen.
31
Sie trug vor, dass es dem Kläger auch hinsichtlich der Flächen der Erbengemeinschaft R.an einem erforderlichen Bewirtschaftungsrecht fehle. Ein ohne Kenntnis des Miterben noch vor der Erbauseinandersetzung geschlossener Pachtvertrag über den Nachlass sei nicht geeignet, die Grundsätze der gemeinschaftlichen Verwaltung gemäß § 2038 Abs. 1 BGB auszuhebeln. Der Pachtvertrag, auf den sich der Kläger berufe, laute im Übrigen auf dessen Mutter, Frau …, als Verpächterin und nicht auf die betroffene Erbengemeinschaft. Der Kläger habe den Pachtvertrag entgegen seiner schriftsätzlichen Einlassung erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt. Es sei auch unzutreffend, dass im Zeitraum 1997 bis 2020 die Bewirtschaftung durch den Kläger ohne Widerspruch seitens des Miterben der Erbengemeinschaft geblieben sei. Bereits 1994 sei es hinsichtlich der Flächen der Erbengemeinschaft R.zu Doppelbeantragungen gekommen. Bezüglich beider Erbengemeinschaften bestehe zwischen den Miterben ein jahrzehntelanger Streit.
32
Die Auszahlung von Fördergeldern begründe im Übrigen nicht den Umkehrschluss, dass damit konkludent das Vorliegen sämtlicher Fördervoraussetzungen bestätigt werde. Darüber hinaus könne aus den Vor-Ort-Kontrollen nicht geschlossen werden, dass es keine Zweifel an der Nutzungsberechtigung gegeben habe. Diese hätten einen anderen Prüfungsgegenstand.
33
Solange es keine Unstimmigkeiten bzw. Zweifel – etwa auf Basis von Feststellungen im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle oder im Rahmen der programmtechnischen Plausibilitätsprüfung und anschließender Verwaltungskontrollen bei Flächenüberlappungen oder bei Doppelbeantragungen – gebe, werde die Berechtigung des Antragstellers entsprechend seiner Angaben vermutet, schließlich versichere der Antragsteller subventionsbetrugserheblich die Richtigkeit seiner Angaben. Hinsichtlich der Anforderung von Nachweisen eines Nutzungsrechtes habe die Behörde einen Ermessensspielraum. Nachweise würden nicht regelmäßig angefordert. Vorliegend sei eine vertiefte Prüfung erst durch die Doppelbeantragung ausgelöst worden.
34
Die vermeintlich durch nichts begründete Doppelbeantragung sei gerade Ausprägung des Kernproblems einer nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft mit nachweislich jahrzehntelanger Uneinigkeit. Zudem sei nach der Entscheidung des BVerwG die Entscheidung des Verwaltungsgericht Bayreuth durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt worden, in der dieses für den Betrieb E.den Nachweis eines Nutzungsrechtes gefordert und ausgeführt hatte, dass die Verwaltung den Erben gemeinschaftlich zustehe.
35
Der Sachverhalt, der der klägerseits zitierten Entscheidung des BVerwG zu Grunde lag, sei nicht vergleichbar. Er sei gänzlich anders gelagert als die vorliegende Sach- und Rechtslage. Sie beziehe sich auf einen Fall, bei dem zunächst eine landwirtschaftliche Fläche wirksam gepachtet wurde und die Klägerin dieses Verfahrens unabhängig vom Fortbestehen des Pachtverhältnisses unstreitig im maßgeblichen Zeitraum die unmittelbare Sachherrschaft über die streitigen Flächen innehatte.
36
Auch unter Beachtung der Tatsache, dass längere Zeit nicht über die Anträge entschieden worden sei, könne sich im Übrigen keine Abweichung von der förderrechtlichen Sanktionsregelung ergeben. Die Mehrjahressanktionen seien aufgrund der fehlenden Bestandskraft bisher nicht zum Tragen gekommen. Dem Kläger sei die Problematik der Nutzungsberechtigung in den entsprechenden Förderjahren zudem bewusst gewesen. Soweit der Kläger ausführe, die Klärung des Nutzungsrechtes sei Aufgabe der Zivilgerichtsbarkeit, stelle sich die Frage, warum er diese nicht angestrebt habe.
37
Zudem gebe es für den Zinsanspruch keine Anspruchsgrundlage.
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Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die Verfahren B 8 K 20.1447, B 8 K 20.1448 und B 8 K 20.1455 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.
39
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten, sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Entscheidungsgründe

40
Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
41
Die streitgegenständlichen Bescheide des Amtes für Ernährung Landwirtschaft und Forsten … vom 19.11.2010, 8.11.2010, 01.12.2011 und vom 19.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2020 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit darin aufgrund von Doppelbeantragungen Ablehnungen, Kürzungen und Sanktionen der begehrten Förderungen hinsichtlich der Feldstücke aus der Erbengemeinschaft R.enthalten sind, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat einen Anspruch auf Agrarförderung ohne Kürzungen und Sanktionen hinsichtlich der nun noch strittigen Feldstücke aus der Erbengemeinschaft R.im Rahmen der Ausgleichszulage und der Direktzahlungsprämie für die Jahre 2010 und 2011. Die Zahlungsansprüche sind ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.
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1. a. Grundlage für die Gewährung der Betriebsprämie für die Förderjahre 2010 und 2011 ist Art. 34 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (Im Folgenden: VO (EG) 73/2009). Danach erfolgt eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung. Diese wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähiger Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge. Nach Artikel 34 Abs. 2 lit. a der genannten Verordnung ist eine beihilfefähige Hektarfläche in diesem Sinne jede Iandwirtschaftliche Fläche, die für eine Iandwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine Iandwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird. Diese landwirtschaftliche Fläche muss dem Betriebsinhaber nach Art. 35 Abs. 1 VO (EG) 73/2009 auch zur Verfügung stehen. Dies setzt voraus, dass der Betriebsinhaber hinsichtlich der Flächen bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit über eine hinreichende Selbstständigkeit verfügt. Darüber hinaus dürfen die streitigen Flächen in dieser Zeit nicht von einem Dritten landwirtschaftlich genutzt werden bzw. dessen Betrieb zugeordnet werden können. Eine dieser tatsächlichen Verfügungsgewalt zugrundeliegende rechtliche Nutzungsbefugnis gegenüber dem Eigentümer der Flächen aus einem wirksamen Pachtvertrag oder einem ähnlichen Rechtsverhältnis ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht erforderlich, erst recht nicht die Vorlage eines gültigen Rechtstitels, der ein entsprechendes Nutzungsrecht nachweist (EuGH, U.v. 14.10.2010 – C-61/09, Landkreis Bad Dürkheim Rn. 59 – 65; EuGH, U.v. 24.06.2010 – C 375/08, Pontini u.a., Rn. 57 ff. Rn. 66; BVerwG, U.v. 05.12.2019 – 3 C 22/17, Rn. 13 ff. – juris).
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Auch wenn eine nationale Bestimmung zulässig sein könnte, auf deren Grundlage der Nachweis einer Nutzungsberechtigung verlangt wird, ist eine solche nationale Regelung jedoch nicht gegeben (BVerwG U.v. 05.12.2019 – 3 C 22/17, Rn. 20 ff. – juris).
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Eine intensive Prüfung des Nutzungsrechtes oder eines Rechtes zum Besitz ist grundsätzlich auch nicht geboten. Soweit die tatsächliche Nutzung unstreitig ist, impliziert dies zunächst ohnehin das entsprechende Nutzungsrecht. In diesem Fall besteht für den Beklagten grundsätzlich kein Anlass, die Nutzungsberechtigung in Frage zu stellen. Seinen Angaben zufolge handelt der Beklagte im Regelfall auch in diesem Sinne. Die Behörde muss nicht in jedem Fall das Bestehen eines Nutzungsrechtes prüfen. Dies ergibt sich nicht aus dem Wortlaut der der Förderung zugrundeliegenden Normen und würde zudem dem Charakter des Massenverfahrens zuwiderlaufen. So könnten komplexe zivilrechtliche Konflikte das Bewilligungsverfahren überfrachten. Es würde dem intendiert vereinfachten Antragsverfahren widersprechen, wenn gegebenenfalls zunächst Tatsachenermittlungen beispielsweise hinsichtlich etwaiger Vertragsschlüsse und Interessenlagen erforderlich würden. Gegebenenfalls müssten hierzu sogar Dritte in das eigentlich auf schnelle Entscheidung ausgelegte Förderverfahren einbezogen werden, um die zivilrechtlichen Voraussetzungen zu klären. Dies würde unangemessen viel Zeit und personelle Kapazität in Anspruch nehmen. Zudem wäre es sachfremd, wenn zivilrechtliche Konflikte im Bewilligungsverfahren, in dem andere Verwaltungs- und Prozessgrundsätze als im Zivilrecht gelten, geklärt werden müssten. Etwas Anderes gilt dann, wenn offensichtlich ist, dass kein Nutzungsrecht besteht. Denn der Beklagte ist nicht verpflichtet, sehenden Auges öffentliche Gelder für Nutzungen zu bewilligen, die offensichtlich gegen die bestehende Rechtsordnung verstoßen. Dies würde den Haushaltsgrundsätzen und dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip widersprechen. Insofern ist ein offenkundig fehlendes Nutzungsrecht förderschädlich.
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Diese Erwägungen zugrunde gelegt, ist das Gericht in Würdigung aller Gesamtumstände zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die (noch) streitgegenständlichen Flächen im streitgegenständlichen Zeitraum selbstständig bewirtschaftet hat. Dass dem Kläger allerdings das Nutzungsrecht fehlt, ist nach Überzeugung des Gerichts anders als in den vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, denen ein anderer Sachverhalt zu Grunde lag (andere Erbengemeinschaft mit anderer Aufteilung der Miterbenanteile und Vorliegen eines Pachtvertrages) keinesfalls offensichtlich.
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Dem Gesichtspunkt der Einkommensunterstützung zur Sicherung einer angemessenen Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung (vgl. Erwägungsgründe 11 und 23 der VO (EG) 73/2009), kommt hierbei besondere Bedeutung zu. Nachdem es sich um eine existenzsichernde Unterstützung handelt, bedarf es ausreichend belastbarer Gründe, diese Einkommensunterstützung vorzuenthalten.
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Inwieweit in diesem Zusammenhang die Zusammenlegung der Betriebe G.und der Erbengemeinschaft R.noch eine Rolle spielen könnte, kann dahingestellt bleiben.
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Nach Überzeugung der Kammer lagen keine ausreichend belastbaren Gründe für das Vorenthalten von Einkommensbestandteilen vor, insbesondere, weil das Nutzungsrecht des Klägers nicht offensichtlich fehlt. Zwar lag nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des Beklagten eine „Doppelbeantragung“ hinsichtlich der streitgegenständlichen Flurstücke vor, was grundsätzlich sowohl Zweifel an der tatsächlichen Bewirtschaftung als auch an der Nutzungsberechtigung des Antragstellers aufkommen lässt.
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Die Zweifel an der tatsächlichen Bewirtschaftung durch den Kläger haben sich in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht bestätigt. Der Kläger hat sowohl in den Mehrfachanträgen als auch in der mündlichen Verhandlung versichert, die Flächen der Erbengemeinschaft R., insbesondere die Feldstücke 25-29 in den Jahren 2010 und 2011 selbst bewirtschaftet zu haben. Herr …, der für die streitgegenständlichen Flächen ebenfalls eine Förderung beantragt hatte, hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, diese streitgegenständlichen Flächen nicht bewirtschaftet zu haben, sondern diese im Antrag lediglich mit einer entsprechenden Kennzeichnung – „N“ für Nichtauszahlung – im Antrag angegeben zu haben. Dabei ist festzuhalten, dass die von Herrn … in der mündlichen Verhandlung genannten Feldstücknummern 52-55 in seinem Antrag den Feldstücknummern 25-29 im Antrag des Klägers entsprechen. Insofern gibt es keinen Anhaltspunkt (mehr), die tatsächliche, selbstständige Bewirtschaftung durch den Kläger anzuzweifeln. Ebenso wenig ergeben sich hieraus (noch) Anhaltspunkte, dass die streitgegenständlichen Flächen einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet werden könnten. Auch der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung (S. 7 der Niederschrift) erklärt, „dass die Bewirtschaftung der Flächen aus der Erbengemeinschaft R.hinsichtlich aller streitigen Jahrgänge für inzwischen unstreitig angesehen werde.“ Damit hegt er selbst keine Zweifel (mehr) an der alleinigen Bewirtschaftung durch den Kläger.
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Die Nutzung durch den Kläger ist auch nicht offensichtlich rechtswidrig.
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Der Kläger hat zum Nachweis des Nutzungsrechtes für die streitgegenständlichen Flächen einen Pachtvertrag vorgelegt. Dieser ist auch zu berücksichtigen, da er zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der letzten Behördenentscheidung dem Beklagten bekannt gewesen ist. Bereits im Verwaltungsverfahren ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Schreiben vom 17.07.2020 sehr ausführlich auf diesen Pachtvertrag eingegangen. Auch ausweislich der Ausführungen im Widerspruchsbescheid („Da, wie bereits ausgeführt, dem AELF … der nunmehr zu Vorlage gebrachte Pachtvertrag nicht bekannt, konnte dieser entgegen Ihren Ausführungen auch nicht als ausreichende Bewirtschaftungsgrundlage angesehen werden.“) war dem Beklagten zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der Pachtvertrag bekannt.
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Dieser ist nicht offensichtlich unwirksam. Der Pachtvertrag wurde zwischen dem Kläger als Pächter und seiner Mutter als Miterbin der Erbengemeinschaft R.mit einem Erbanteil zu 2/3 als Verpächterin geschlossen. Im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung der Erbengemeinschaft als Mehrheitsverwaltung kann grundsätzlich auch der Abschluss eines Pachtvertrages zulässig sein.
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In der Erbengemeinschaft gilt ein dreifach abgestuftes Verwaltungsmodell: Im Grundsatz gilt die Gemeinschaftsverwaltung, die im Innenverhältnis einen einstimmigen Beschluss und im Außenverhältnis ein einvernehmliches, nicht aber unbedingt gleichzeitiges Auftreten erfordert. Jeder Miterbe ist gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB den anderen gegenüber verpflichtet, an Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich und mit denen keine wesentlichen Nachlassänderungen verbunden sind. Diese Maßnahmen unterliegen gem. § 2038 Abs. 2 S. 1, § 745 Abs. 2 und Abs. 3 BGB der Mehrheitsverwaltung. Die zur Erhaltung notwendigen Maßnahmen kann jeder Erbe gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB allein treffen (Notverwaltung).
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Verwaltung im Sinne der Norm meint jegliche Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten.
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Im Gegensatz zum Gesellschaftsrecht differenziert das Gesetz bei der Erbengemeinschaft grundsätzlich nicht zwischen Geschäftsführung (Innenverhältnis) und Vertretung (Außenverhältnis). Der herrschende Verwaltungsbegriff umfasst sowohl das Innenverhältnis als auch das Außenverhältnis betreffende Rechtshandlungen. § 2040 Abs. 1 BGB bestimmt, dass Verfügungen über Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich erfolgen können. Nach mittlerweile gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist § 2038 BGB – trotz des recht klaren Wortlauts und der systematischen Stellung im Gesetz – vorrangig zu § 2040 Abs. 1 BGB. Daraus folgt: Soweit eine Verfügung zugleich eine Maßnahme der Notverwaltung oder eine erforderliche Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung darstellt, können Verfügungen auch ohne Mitwirkung aller Erben wirksam sein (vgl. Frieser/Potthast: Verwaltung, Verwertung und Fruchtziehung in der Erbengemeinschaft, ErbR 2020, 2 m.w.N.).
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Was „Ordnungsmäßigkeit” im Rahmen der Gemeinschaftsverwaltung bedeutet, folgt aus § 2038 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V. m. § 745 BGB. Danach muss die Verwaltung der Beschaffenheit des Gegenstands und dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen. Welche Maßnahmen im Einzelfall als solche der ordnungsgemäßen Verwaltung anzusehen sind, ist vom Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers zu entscheiden. Weder das Gesamthandvermögen, noch die den Miterben zustehende Nutzung dürfen gefährdet oder beeinträchtigt werden. Diese für die Verwaltungsart wichtige Abgrenzung hängt sehr von der Zusammensetzung des einzelnen Nachlasses im konkreten Fall ab. Abzuwägen ist zwischen den Anforderungen einer vernünftigen Praktikabilität, die eine nicht zu enge Auslegung nahelegen, und dem Grundprinzip von § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach jede Mehrheitsentscheidung eine Einschränkung des grundsätzlich maßgebenden übereinstimmenden Willens aller Miterben darstellt (vgl. OLG Hamm, U.v. 19.10.2010 – 10 U 79/10, ZEV 2011, 539). In der zivilgerichtlichen Rechtsprechung wurde in diesem Zusammenhang auch die Kündigung oder der Abschluss von Pacht- oder Mietverträgen als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung anerkannt (BGH, U.v. 28.04.2006 – LwZR 10/05 – BeckRS 2006, 6394; BGH, U.v. 29.03.1971 – II ZR 255/68, NJW 1971, 1265). Grenze ist, dass keine wesentliche Veränderung des Nachlasses erfolgen darf. Dabei ist aber selbst eine weitgehende Umgestaltung etwa die Verpachtung von Grundbesitz zur Auskiesung (AG Kerpen, U.v. 21.11.2017 – 102 C 104/17, ErbR 2018, 411), oder die Veräußerung einzelner Nachlassgegenstände (BGH, U.v. 28.09.2005 – IV ZR 82/04, NJW 2006,439) in der Rechtsprechung als zulässig erachtet worden.
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Unter Berücksichtigung dieser Entscheidungen ist der vom Kläger vorgelegte Pachtvertrag nicht offensichtlich unwirksam. Die Beurteilung, ob der Pachtvertrag tatsächlich eine erforderliche Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung darstellt, muss vielmehr den dafür originär zuständigen Zivilgerichten vorbehalten bleiben.
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Der Kläger hat daher einen Anspruch auf Neuverbescheidung hinsichtlich der Betriebsprämie für die Jahre 2010 und 2011.
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b. Entsprechendes gilt für die Ausgleichszulage.
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Grundlage für die Ausgleichszulage ist die Richtlinie vom 06.09.2010 Az.: A 6-7275-2755 des Bayerischem Staatsministeriums für Ernährung Landwirtschaft und Forsten für die Gewährung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (AGZ) gemäß Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (im Folgenden AGZ-Richtlinie). Die AGZ-Richtlinie findet unionsrechtlich insbesondere ihre Grundlage in der für das Förderjahr geltenden Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.09.2005 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003.
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Nach Ziff. 4.1 der AGZ-Richtlinie ist Zuwendungsvoraussetzung unter anderem, dass der Antragsteller im jeweils maßgeblichen Zeitraum mindestens 3 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche in den benachteiligten Gebieten selbst bewirtschaftet. Eine Selbstbewirtschaftung des Betriebs ist anzunehmen, wenn die Flächen tatsächlich bewirtschaftet wurden, und der Betriebsinhaber das unternehmerische Risiko der Flächenbewirtschaftung trägt. Das Vorliegen eines Nutzungsrechtes oder eines Rechtes zum Besitz ist auch hier grundsätzlich nicht Anspruchsvoraussetzung. Die obenstehenden Erwägungen zur Betriebsprämie können insbesondere auch deshalb übertragen werden, weil die Ausgleichszulage ihre Grundlage in den für die Betriebsprämie relevanten europäischen Rechtsakten, namentlich der VO (EG) Nr. 73/2009 hat.
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Die tatsächlich erfolgte Nutzung durch den Kläger in den Jahren 2010 bis 2011, die nicht offensichtlich gegen die Rechtsordnung verstoßen hat (s.o.), ist damit auch im Rahmen der Ausgleichszulage förderfähig und der Kläger hat auch insofern einen Anspruch auf Neuverbescheidung.
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2. Der Kläger hat erst ab Rechtshängigkeit einen Anspruch auf Verzinsung seines Anspruches auf Ausgleichszulage und Betriebsprämie in dem im Tenor bestimmten Umfang.
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a. Aus § 14 Abs. 1 Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz – MOG) i.V.m. § 238 Abgabenordnung (AO) hat der Kläger einen Anspruch auf Verzinsung der Betriebsprämien in Höhe von 0,5 Prozent je vollem Monat seit Rechtshängigkeit, sprich Klageerhebung (§ 90 VwGO).
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Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 MOG sind Ansprüche auf Vergünstigungen und im Rahmen von Interventionen ab Rechtshängigkeit nach Maßgabe der §§ 236, 238 und 239 der AO zu verzinsen. Zu solchen Vergünstigungen nach § 6 MOG zählen auch Direktzahlungen in Form von Betriebsprämien (vgl. BT Drs. 15/2553 Seite 29, BVerwG U.v. 09.07.2020 – 3 C 11/19, BeckRS 2020, 24274; BayVGH, B.v. 17.07.2008 – 19 ZB 08.1232 – BeckRS 2010,53805). Die Höhe des Zinsanspruches von einhalb Prozent für jeden vollen Monat ergibt sich aus § 238 Abs. 1 AO.
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Da die Verzinsung nach dem MOG nicht für die Ausgleichszulage gilt (vgl. VG Augsburg, U.v. 22.06.2007 – Au 3 K 06.236 – BeckRS 2007,34952; VG Regensburg Gerichtsbescheid v. 11.4.2018 – 5 K 18.525, BeckRS 2018, 14197), ergibt sich hierfür grundsätzlich ein Zinsanspruch aus § 291 BGB ab Rechtshängigkeit, also Klageerhebung (§ 90 VwGO), in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, § 291 Satz 2 BGB i.V. m. § 288 Abs. 1 BGB. Das Gericht kann jedoch nicht über das Klagebegehren des Klägers von 6% hinausgehen, § 88 VwGO.
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b. Vor Rechtshängigkeit hat der Kläger keinen Anspruch auf Verzinsung.
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Für die vom Kläger begehrte Verzinsung des Anspruches ab 31.12. des Jahres des jeweils vom Kläger gestellten Mehrfachantrages, gibt es keine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus Treu und Glauben oder in analoger Anwendung anderer Anspruchsgrundlagen herleiten. Gleiches gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch ab dem Datum des angegriffenen Widerspruchsbescheides.
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In Bezug auf die Betriebsprämie steht dem schon § 14 Abs. 2 Satz 2 MOG entgegen, der regelt, dass neben der dort einschlägigen Verzinsung ab Rechtshängigkeit (s.o.) keine weiteren Zinsen verlangt werden können.
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Für eine analoge Anwendung einer Norm bedürfte es einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. Die planwidrige Regelungslücke kann im Hinblick auf die Betriebsprämie angesichts der ausdrücklichen Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 MOG bereits ausgeschlossen werden. Auch hinsichtlich der Ausgleichszulage ergibt sich eine solche nicht. Zinsen haben in aller Regel keinen Entschädigungs-, Haftungs- oder Sanktionscharakter. Letztlich ist dies jedoch genau das, was der Kläger mit seinem Zinsanspruch erreichen will: Er möchte für die aus seiner Sicht überlange Verfahrensdauer im Rahmen von Zinsen entschädigt werden. Dies ist dem Zinsrecht jedoch eher fremd. Gegen eine überlange Verfahrensdauer hätte der Kläger sich zudem anderweitig, etwa mit einer Untätigkeitsklage zur Wehr setzen und dann auch eine entsprechende Verzinsung ab Rechtshängigkeit erreichen können. Daher ist eine planwidrige Reglungslücke nicht erkennbar. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage für eine Verzinsung vor Rechtshängigkeit.
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Aus den selben Erwägungen scheidet eine Verzinsung auf Grundlage von Treu und Glauben aus. Nachdem der Kläger eine Verzinsung wegen der aus seiner Sicht überlangen Verfahrensdauer auch durch eine Untätigkeitsklage hätte erreichen können, gibt es kein Erfordernis, diese aus Treu und Glauben herzuleiten.
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3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Kläger unterliegt mit einem Teil seines beantragten Zinsbegehrens zu einem im Verhältnis zum gesamten Streitgegenstand geringen Teil.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.