Titel:
Auslegung des Klageantrags einer Vornahmeklage als hilfsweise Bescheidungsklage, Begründung des Verwaltungsaktes, Untersuchungsgrundsatz in Massenverfahren, Berücksichtigung der Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Ermessen, Zeitpunkt der Auftragsvergabe als Indiz für mangelnde Coronabedingtheit im Rahmen der, Überbrückungshilfe III, Angemessenheit der Kosten im Rahmen der Überbrückungshilfe III
Normenketten:
VwGO § 88
BayVwVfG Art. 39
BayVwVfG Art. 24
Schlagworte:
Auslegung des Klageantrags einer Vornahmeklage als hilfsweise Bescheidungsklage, Begründung des Verwaltungsaktes, Untersuchungsgrundsatz in Massenverfahren, Berücksichtigung der Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Ermessen, Zeitpunkt der Auftragsvergabe als Indiz für mangelnde Coronabedingtheit im Rahmen der, Überbrückungshilfe III, Angemessenheit der Kosten im Rahmen der Überbrückungshilfe III
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42232
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt nach Teilablehnung durch die Beklagte die Gewährung von weiterer sog. Überbrückungshilfe III in Höhe von 120.000,00 EUR.
2
Der Kläger betreibt ein Restaurant. Er gab an, im Jahr 2019 folgende monatliche Umsätze gehabt zu haben:
3
Auf die Angaben des Klägers im Antrag zum Umsatzeinbruch im beantragten Förderzeitraum (hier: Januar bis Juni 2021) wird Bezug genommen.
4
Er errichtete für insgesamt 174.703,58 EUR als Erweiterung des Gastraums eine gläserne Überdachung, die zu allen Seiten nach außen hin durch Verglasung abgeschlossen ist.
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Die Rechnungen dafür stammen aus dem Zeitraum zwischen 12.03.2020 und 09.07.2020. Erste Informationsgespräche hatten schon Ende Januar bzw. im Februar 2020 stattgefunden. Der Kläger hatte am 04. oder 05.03.2020 bei seinem Vertragspartner angerufen und um ein Angebot für die Errichtung der Überdachung gebeten, woraufhin dieser noch am gleichen Tag vor Ort erschien. Eine erste „Auftragsbestätigung“ war am 08.03.2020 an den Kläger per E-Mail geschickt worden.
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Am 16.03.2020 untersagten die Bayerischen Staatsministerien für Gesundheit und Pflege sowie für Familie, Arbeit und Soziales durch Allgemeinverfügung (Az. 51-G8000-2020/122-67; BayMBl. 2020 Nr. 143) den Betrieb von Gastronomie jeglicher Art. Dies wurde später in § 2 Abs. 2 der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung – BayIfSMV) vom 27.03.2020 (BayMBl. 2020 Nr. 158) übernommen.
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Mit § 13 Abs. 5 der Fünften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (5. BayIfSMV) vom 29.05.2020 (BayMBl. 2020 Nr. 304) wurde das Verbot derart gelockert, dass die Abgabe von Speisen und Getränken durch Speisewirtschaften in Innenräumen von 6:00 bis 22:00 Uhr zulässig war, wenn ein bestimmter Mindestabstand gewährleistet war oder Trennvorrichtungen vorhanden waren.
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Am 18.02.2021 erließ das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie die „Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III)“ (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 18.02.2021, Az. PGÜ-3560-3/2/304, BayMBl. Nr. 132) – im Folgenden: Förderrichtlinie. Diese bestimmt unter Ziffer 3.1 folgende förderfähigen Kosten:
„Der Antragsteller kann Überbrückungshilfe III für die folgenden fortlaufenden, im Förderzeitraum anfallenden vertraglich begründeten oder behördlich festgesetzten und nicht einseitig veränderbaren betrieblichen Fixkosten beantragen,
m) Personalaufwendungen im Förderzeitraum, die nicht von Kurzarbeitergeld erfasst sind, werden pauschal mit 20% der Fixkosten nach den Buchstaben a bis k anerkannt; Lebenshaltungskosten oder ein Unternehmerlohn sind nicht förderfähig;
n) Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000 Euro pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten. Förderfähig sind Kosten, die im Zeitraum März 2020 bis Juni 2021 angefallen sind. Außerdem können unter denselben Voraussetzungen auch Investitionen in Digitalisierung (z. B. Aufbau oder Erweiterung eines Online-Shops, Eintrittskosten bei großen Plattformen) einmalig bis zu 20.000 Euro als erstattungsfähig anerkannt werden;
Kosten gelten dann als nicht einseitig veränderbar, wenn das zugrunde liegende Vertragsverhältnis nicht innerhalb des Förderzeitraums gekündigt oder im Leistungsumfang reduziert werden kann, ohne das Aufrechterhalten der betrieblichen Tätigkeit zu gefährden. Betriebliche Fixkosten fallen im Förderzeitraum an, wenn sie in diesem Zeitraum erstmalig fällig sind. Maßgeblich für den Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeit ist der Zeitpunkt, zu dem die Rechnung das erste Mal gestellt wird (nicht relevant sind der Zeitpunkt weiterer Zahlungsaufforderungen, der Zeitpunkt der Zahlung oder der Zeitpunkt der Bilanzierung). Die betrieblichen Fixkosten der Buchstaben a bis j müssen vor dem 1. Januar 2021 begründet worden sein. Davon ausgenommen sind Fixkosten, die nach dem 1. Januar 2021 entstehen und betriebsnotwendig sind, beziehungsweise zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich sind (z. B. Leasingverträge, die ausgelaufen sind, und ein vorher vorhandenes, erforderliches Objekt (z. B. Fahrzeug) durch ein neues ersetzen); dabei sind maximal die Kosten in bisheriger Höhe ansetzbar. Zahlungen für Fixkosten, die an verbundene Unternehmen im Sinne von Ziffer 2.4 gehen, sind nicht erstattungsfähig. Für Unternehmen, Soloselbständige und selbständige Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb mit einem monatlichen Umsatzeinbruch von mindestens 50% innerhalb des Zeitraums von November 2020 bis Juni 2021 werden folgende Aufschläge (Eigenkapitalzuschuss) auf die Überbrückungshilfe III im jeweiligen Monat des Erreichens der Schwelle gewährt:
9
Am 17.03.2021 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Überbrückungshilfe III für den Zeitraum Januar 2021 bis Juni 2021 in Höhe von insgesamt 21.175,51 EUR.
10
Mit Bescheid vom 25.03.2021 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe in Höhe von 10.587,76 EUR.
11
Mit Bescheid vom 05.04.2021 gewährte die Beklagte dem Kläger Überbrückungshilfe in Höhe von 21.175,51 EUR als Billigkeitsleistung im Sinne von Art. 53 BayHO nach der Förderrichtlinie.
12
Am 28.06.2021 beantragte der Kläger die Änderung der Bewilligung mit dem Ziel der Anpassung der Förderhöhe für den Zeitraum Januar 2021 bis Juni 2021 auf insgesamt 175.704,91 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten reichte der Kläger ein schriftliches Hygienekonzept sowie eine Übersicht über die Kosten für die Baumaßnahme im Jahr 2020 ein.
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Mit Bescheid vom 22.11.2021 änderte die Beklagte den Bescheid vom 05.04.2021 dahingehend ab, dass Überbrückungshilfe in Höhe von insgesamt 55.086,60 EUR gewährt wird. Den Antrag lehnte sie im Übrigen ab. Zur Begründung erläutert sie, die Errichtung des Wintergartens sei als bauliche Maßnahme zur Umsetzung von Hygienekonzepten nicht angemessen im Verhältnis zu den Zielen und diene nicht der Sicherung der Existenz des Unternehmens in der Pandemie.
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Mit Schriftsatz vom 20.12.2021, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt,
I. Ziffer 5 des zum Aktenzeichen … ergangenen Bescheid der Beklagten vom 22.11.2021 wird insoweit aufgehoben als die Gewährung der Überbrückungshilfe in Höhe von 120.000,00 EUR abgelehnt worden ist.
II. Die Beklagte wird verpflichtet, zusätzlich zu durch Bescheid vom 22.11.2021, Aktenzeichen …, gewährten Überbrückungshilfe eine weitere Überbrückungshilfe entsprechend dem Antrag des Klägers vom 30.06.2021 in Höhe von 120.000,00 EUR zu gewähren und auszuzahlen.
15
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, der streitgegenständliche Bescheid sei schon formell rechtswidrig, weil er auf Art. 7 BayHO gestützt werde, der nicht einschlägig sei. Zudem sei der Bescheid materiell rechtswidrig, denn er leide an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe ihr Ermessen unberechtigt als eingeschränkt gesehen und deswegen unzureichende Erwägungen angestellt (sog. Ermessensausfall). Zudem habe die Entscheidung erhebliche Belange nicht ausreichend miteinbezogen sowie sachfremde Erwägungen fehlerhafterweise berücksichtigt (sog. Ermessensfehlgebrauch).
16
Der Bau des Wintergartens diene der Umsetzung eines Hygienekonzepts, insbesondere den Anforderungen aus Ziffer 3.2.5 Satz 3 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Gesundheit und Pflege und für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie „Corona-Pandemie: Hygienekonzept Gastronomie“ vom 14.05.2020, Az. GZ6a-G8000-2020/122-315 (BayMbl. Nr. 270), worin vorgeschrieben sei, dass ein Abstand von 1,5 m zu anderen Personen eingehalten werden müsse. Nur durch die Erweiterung der Fläche habe der gesetzlich vorgegebene Abstand für eine gleichbleibende Anzahl an Gästen wie vor der Pandemie ermöglicht und ein getrennter Eingang und Ausgang vorgesehen werden können.
17
Die Beklagte hätte bei Zweifeln an der Förderfähigkeit den Kläger darauf hinweisen müssen und ihm jedenfalls die Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag entsprechend umzustellen.
18
Die Beklagte habe die bauliche Maßnahme des Klägers baurechtlich unzutreffend als „Wintergarten“ bezeichnet und behandelt. Zutreffenderweise handele es sich um eine Terrassenüberdachung.
19
Angesichts der Größe des Gastronomiebetriebs und der auch im Übrigen hohen Investitionen in den Betrieb sei die bauliche Maßnahme angemessen gewesen. Einfachere Maßnahmen hätten zudem wegen der Wetterbedingungen am Standort nicht ausgereicht. Die Obergrenze von 20.000,00 EUR pro Monat sei zudem eine erschöpfende Regelung mit Blick auf die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
20
Die bauliche Maßnahme sei zur Sicherung der Existenz des Unternehmens in der Pandemie notwendig gewesen, denn aufgrund der Pandemiebeschränkungen sei der Umsatz des Klägers im Jahr 2020 um mehr als 50% eingebrochen. Der Betrieb erwirtschafte zwei Drittel seines Umsatzes aus Feierlichkeiten, die 2020 größtenteils nicht stattgefunden hätten.
21
Er rüge die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes aus Art. 24 BayVwVfG sowie eine Verletzung der Anhörungspflicht aus Art. 28 BayVwVfG.
22
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
23
Sie stützt dies vorrangig darauf, dass die bauliche Maßnahme nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stehe und nicht primär der Existenzsicherung des Unternehmens diene. Die Kosten (120.000,00 EUR) stünden nicht mehr im Verhältnis zu dem Vergleichsumsatz im Jahr 2019, wobei im Monat Mai 2019 der höchste Umsatz mit 33.324,06 EUR erzielt worden sei. Deswegen sei die Anschaffung eines Wintergartens im oberen Preissegment nicht gerechtfertigt. Eine Qualifizierung als Wintergarten oder Terrassenüberdachung mache mit Blick auf die Förderfähigkeit keinen Unterschied.
24
Auch habe der Kläger eine unzulässige Verteilung der Kosten auf Monate, in denen sie nicht entstanden seien, vorgenommen, sodass die Fördersumme für Januar und Februar 2021 ohnehin um 20.000,00 EUR zu kürzen sei.
25
Zudem sei der Untersuchungsgrundsatz nicht verletzt, denn sie habe den maßgeblichen Sachverhalt umfassend (insbesondere durch ausdrückliche Nachfragen zum Hygienekonzept und der Existenzsicherungsfunktion) ermittelt. Der Anhörungspflicht im Verwaltungsverfahren sei Genüge getan worden, da der Kläger Gelegenheit gehabt habe, Stellung zu nehmen, inwiefern die Maßnahme aus seiner Sicht zur Umsetzung eines Hygienekonzepts erforderlich gewesen sei. Im Übrigen sei ein solcher Fehler mittlerweile durch die Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen des Klageverfahrens geheilt.
26
Der Kläger erwiderte hierauf, sein Gastronomiebetrieb sei eine bekannte und preisgekrönte Feier-Lokalität mit gehobenem Ambiente, der 80% seines Umsatzes mit der Durchführung von Feierlichkeiten und Events mit 50 bis 100 Personen, schwerpunktmäßig an Wochenenden in den Monaten April bis September und November/Dezember erwirtschafte. Nur durch die bauliche Maßnahme habe er trotz der Pandemie-Einschränkungen derartige größere Veranstaltungen durchführen können.
27
Die Beklagte habe den monatlichen Umsatz des Klägers falsch bewertet, im Juli 2019 seien ca. 45.900 EUR und im Dezember 2019 ca. 40.200 EUR erzielt worden.
28
Die Frage des Preissegmentes sei in Relation zur Größe des Lokals, des Wintergartens und zur Kategorie des jeweiligen Gastronomiebetriebs zu beurteilen.
29
Die Beklagte entgegnete darauf, der Kläger trage diese Punkte erstmals im Klageverfahren vor, und stellt sie in Abrede. Es ergebe sich zudem daraus nicht, wieso es zur Bewirtung der Gäste zwingend den Bau eines Wintergartens bedurft habe, denn der Kläger verfüge ausweislich seiner Webseite bereits über … Plätze im Innenraum, … Plätze in einer Festscheune und … Plätze auf einer Sonnenterrasse.
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Die Beklagte stelle in ständiger Verwaltungspraxis bezüglich der Angemessenheit auf objektiv messbare Kriterien wie den Umsatzeinbruch und das Verhältnis der Fixkosten hierzu ab. Nach diesen handele es sich bei den Kosten für einen Wintergarten in Höhe von 120.000 EUR nicht um förderfähige Fixkosten. Diese Kosten stünden nicht im Verhältnis zu den im Antrag angegebenen Umsätzen im Vergleichszeitraum von 11.343,57 EUR im Januar 2019 bis 23,901,90 EUR im Juni 2019 mit maximal 33.324,06 EUR im Mai 2019. Dem Kläger fehle es für den Monat Dezember 2020 schon an der nach Nr. 2.1 Satz 1 e) der Förderrichtlinie erforderlichen Antragsberechtigung, denn die erstmals im Klageverfahren erklärten Umsätze im Dezember 2019 und Dezember 2020 seien nicht Gegenstand des Förderantrags gewesen.
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Der Kläger weist die Sitzplatzzahlen als falsch zurück, es handele sich um Zahlen, die sich erst nach der baulichen Maßnahme ergeben hätten. Im November und Dezember 2020 sei ein mehr als 30%iger Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr gegeben gewesen. Der Kläger sei Empfänger einer gesonderten Nothilfe für die Gastronomie im November und Dezember 2020 und das Restaurant während der Zeit größtenteils geschlossen gewesen. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, eine Hochrechnung des Umsatzes für das Jahr 2019 vorzunehmen oder dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
32
Auf eine Aufforderung des Gerichts hin, zur Förderpraxis der Bewilligungsstelle Stellung zu nehmen, trug die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.03.2023 vor, sie prüfe die Angemessenheit einer Anschaffung zur Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie anhand des Verhältnisses der Kosten der Maßnahme zu den übrigen Kosten, zum Umsatz des Antragstellers im Jahr 2019 und anhand der zum Zeitpunkt der Anschaffung jeweils geltenden Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
33
Lägen die geltend gemachten Kosten einer Maßnahme bei einem geringeren Vergleichsumsatz danach oberhalb von 10.000,00 EUR oder seien die Kosten doppelt so hoch wie der durchschnittliche monatliche Umsatz im Jahr 2019, fordere die Beklagte den Antragsteller dazu auf, die Erforderlichkeit der Maßnahme näher zu erläutern. Auch wenn durch die Maßnahmen ein Investitionsstau abgebaut werden solle, seien diese nach der Förderpraxis nicht als coronabedingt entstanden anzusehen.
34
Mit Blick auf den konkreten Fall sei noch zu beachten, dass die Erweiterung der Sitzplätze im Innenbereich durch den Wintergarten im Juli 2020 wegen der gesetzlichen Regelung zum Betrieb von Gastronomiebetrieben gar nicht hätte genutzt werden dürfen, sodass er auch nicht die Existenz des Unternehmens in der Pandemie habe sichern können.
35
Der Kläger trug mit Schriftsatz vom 09.06.2023 vor, erst die Corona-Situation im März 2020 habe ihn dazu bewogen, ein konkretes Angebot für die streitgegenständliche Terrassenüberdachung einzuholen. Ohne die Pandemie bzw. die Schließzeit im Frühjahr 2020 hätte er den entsprechenden Auftrag nicht erteilt.
36
Mit Schriftsatz vom 24.07.2023 trug der Kläger ergänzend vor, die Investitionsentscheidung sei allein durch die für das Unternehmen existenzbedrohenden Corona-Maßnahmen motiviert gewesen. Seit Januar 2020 habe die höchste Alarmstufe der Weltgesundheitsorganisation gegolten und es seien die ersten Fälle in Deutschland aufgetreten. Am 27.02.2020 sei ein Krisenstab auf Bundesebene eingesetzt worden. Am 09.03.2020 habe der damalige Gesundheitsminister an die Bürger appelliert, sich im Alltag anzupassen. Über kein anderes Thema sei zwischen Januar und September 2020 derart ausführlich in den Medien berichtet worden. Bereits Mitte/Ende Februar 2020 habe der Kläger deswegen eine rasante Stornierungswelle verzeichnen müssen. Aus massiver Existenzangst habe er beschlossen, sein Unternehmen durch die Investitionsmaßnahme zukunftsfähiger aufzustellen. Es sei für ihn schon zu Jahresbeginn vorhersehbar gewesen, dass sich Menschen in den wärmeren Monaten mehr im Außenbereich aufhalten würden und Innenräume wegen der Infektionsgefahr eher meiden würden.
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In der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2023 erklärte die Klägerbevollmächtigte, dass es ihres Wissens schon zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Durchführung der Baumaßnahme am 12.03.2020 Schließungen gegeben habe, zumindest seien Stornierungen erfolgt. Sie verweise zudem auf einen am 27.02.2020 eingesetzten bundesweiten Krisenstab und die Appelle des damaligen Gesundheitsministers, Kontakte so gering wie möglich zu halten.
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Der Beklagtenbevollmächtigte erklärte, dass er nicht mehr daran festhalte, dass die Verteilung der Investition auf die Monate im Förderzeitraum unzulässig gewesen sei. Er trägt darüber hinaus vor, nach der Förderpraxis der Beklagten müsse selbstverständlich ein Corona-Anknüpfungspunkt vorhanden sein, was nicht gegeben sei, wenn die zu fördernde Maßnahme bereits vor Beginn der Infektionsschutzmaßnahmen beschlossen worden sei, sodass auch insofern die Fördervoraussetzungen nicht gegeben seien.
39
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten und insbesondere auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 31.07.2023 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Entscheidungsgründe
40
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
41
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft.
42
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in der Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft.
43
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung von weiterer Überbrückungshilfe unmittelbar zu verpflichten (sog. Vornahmeklage).
44
Diesem Antrag kann auch der – jedenfalls hilfsweise gestellte – Antrag entnommen werden, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und die Beklagte dazu zu verpflichten, den Kläger lediglich unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (sog. Verbescheidungsklage). Das Gericht ist an die Fassung der Anträge nicht gebunden, darf aber über das Klagebegehren nicht hinausgehen (§ 88 VwGO). Der ausdrücklich gestellte Vornahmeantrag stellt ein Mehr zum im Wege der Auslegung ermittelten Verbescheidungsantrag nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO dar (vgl. BVerwG, U.v. 21.04.1977 – V CB 7.74 – juris Rn. 15) und für seinen Erfolg müssen höhere Anforderungen (z.B. an die sog. Spruchreife) erfüllt werden. Es entspricht im Rahmen dessen dem wohlverstandenen Klagebegehren des Klägers, sich gestützt auf die vorgetragenen Fehler bei der Entscheidungsfindung gegen die Entscheidung der Beklagten zu wehren und hierfür alle prozessual zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wahrzunehmen, zumal dies sich aufgrund der wirtschaftlichen Identität beider Streitgegenstände nicht streitwerterhöhend auswirkt.
45
2. Die Klage mit Antrag, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung von weiterer Überbrückungshilfe zu verpflichten (sog. Vornahmeklage), hat in der Sache keinen Erfolg, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den Erlass des beantragten Verwaltungsaktes (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Bei Verpflichtungsklagen ist Streitgegenstand die Rechtsbehauptung des Klägers, er sei durch die rechtswidrige Ablehnung oder Unterlassung des beantragten Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Bestandteil des Streitgegenstandes der Verpflichtungsklage ist aber nicht die Feststellung, dass der damalige Verwaltungsakt, in dem die Ablehnung nach außen Gestalt gefunden hat, rechtswidrig ist, sondern die Feststellung, dass die Weigerung der Behörde, in dem für das Verpflichtungsbegehren entscheidenden Zeitpunkt den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, die Rechtsordnung verletzt, weil ein Anspruch auf ihn besteht (vgl. BVerwG, U.v. 24.01.1992 – 7 C 24/91 – NVwZ 1992, 563/563). Der ablehnende Verwaltungsakt gehört insofern lediglich zur Vorgeschichte des Anspruches, der den Streitgegenstand bildet (vgl. Schübel-Pfister in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 113 Rn. 40; Riese in: Schoch/Schneider, 43. EL August 2022, VwGO § 113 Rn. 209, jeweils m.w.N.).
47
2.1 Es kann jedoch offenbleiben, ob aus den oben genannten Gründen die vom Kläger gerügten rein formellen Fehler des ablehnenden Verwaltungsaktes (Begründung, Anhörung, Untersuchungsgrundsatz und Beratungspflichten) nicht entscheidungserheblich sind. Denn die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Klägers ihren verfahrensrechtlichen Pflichten Genüge getan.
48
Die Beklagte hat die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Begründung des Bescheides (Art. 39 BayVwVfG) erfüllt.
49
Insbesondere ist die vom Kläger gerügte Darstellung der Rechtsvorschriften nicht zu beanstanden. Angesichts des klaren Wortlauts von Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG („Gründe […], die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben“) ist die inhaltliche Richtigkeit der Begründung keine Frage der Prüfung der rein formellen Begründungspflicht, sondern betrifft allein die materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes (vgl. BVerwG, U.v. 29.09.1998 – 1 C 8- 96 – NVwZ 1999, 303/303; B.v. 29.07.2019 – 2 B 19/18 – NVwZ-RR 2020, 113/115 Rn. 24). Im Übrigen wäre durch den Vortrag der Beklagten im Klageverfahren eine Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG eingetreten.
50
Auch die gerügte Verletzung der Pflicht zur Anhörung (Art. 28 BayVwVfG) liegt nicht vor. Es bestand hier keine Anhörungspflicht, denn sie gilt nach dem Wortlaut von Art. 28 BayVwVfG ausdrücklich nur für Verwaltungsakte, die in Rechte eines Beteiligten eingreifen. Die Ablehnung der beantragten Förderung ist kein solcher Verwaltungsakt, der in die Rechte des Klägers eingreift, da er keine diesen durch Eingriff in den vorhandenen Rechtskreis belastende Regelung enthält, sondern stattdessen lediglich eine zusätzliche Begünstigung ablehnt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1982 – 3 C 46/81 – NJW 1983, 2044/2045) schließt dies die Anhörungspflicht aus.
51
Gleiches gilt im Ergebnis für die gerügte Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 24 BayVwVfG), welcher ebenfalls eine verfahrensrechtliche Anforderung festlegt (vgl. BayVGH, B.v. 13.01.2014 – 14 CS 13.1790 – Rn. 17, juris; Schneider in: Schoch/Schneider, 3. EL August 2022, VwVfG § 24 Rn. 159; Kallerhoff/Fellenberg in: Stelkens/Bonk/Sachs, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 24 Rn. 58). Die Beklagte hat entgegen des Vortrags des Klägers nicht dadurch den Untersuchungsgrundsatz verletzt, dass sie nicht weitere Ermittlungen im Hinblick auf die Angemessenheit der Investitionen durch Bestimmung der Größe des Betriebes bzw. der Höhe zurückliegender Investitionen im konkreten Einzelfall angestellt hat. Die Förderpraxis der Beklagten, auf die im Antrag angegebenen Informationen abzustellen und lediglich punktuell Rückfragen über das Online-Portal zu stellen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
52
Für die konkreten Anforderungen an die Pflicht zur Ermittlung der Tatsachen des Einzelfalls können schwerlich generelle Maßstäbe festgelegt werden, da die Bandbreite der existierenden Verwaltungsverfahren von höchst individuellen, langwierigen und nur seltenen Einzelfallentscheidungen bis hin zu (fast) vollständig typisierenden und zeitkritischen Massenverfahren reicht (vgl. BayVGH, B.v. 20.06.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16).
53
Bei der Förderentscheidung im Rahmen der Corona-Hilfen ist auch zu berücksichtigen, dass neben dem Interesse an materieller Einzelfallgerechtigkeit auch die eigenen Mitwirkungspflichten des Antragstellers im Förderverfahren sowie das Allgemeininteresse an der zügigen Bearbeitung der Anträge in zur Verhinderung von schon bestehenden, existenziellen Liquiditätsengpässen eingerichteten Massenverfahren bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 20.07.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 21). Die fast fünf Millionen Anträge auf Corona-Hilfen (lt. Bundesministerium der Finanzen, „Umfassende Corona-Hilfen für Unternehmen und Soloselbstständige“, 01.07.2022, URL: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Corona/ueberbrueckungshilfe.html, abgerufen am 19.09.2023) machen die Gewichtung der letzteren Punkte deutlich.
54
Dass auch der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass sich die Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung je nach Art des Verwaltungsverfahrens beurteilen, zeigt der Blick auf die verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Anhörung, die anerkanntermaßen ebenfalls der Tatsachenermittlung dient (vgl. BayVGH, B.v. 09.08.2004 – 21 CS 04.1328 – BeckRS 2004, 16292 m.w.N.: sogar „vornehmlich“). So stellt Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG an das Verwaltungsverfahren zum Erlass gleichartiger Verwaltungsakte, die in größerer Zahl erlassen werden, geringere Anforderungen bis hin zu einem völligen Absehen von einer Anhörung.
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Zudem ist die Bewilligungsstelle im Förderverfahren besonders auf Angaben des Antragstellers angewiesen, die sie nicht selbst auf Richtigkeit überprüfen kann. Insofern muss die Förderentscheidung häufig anhand von Angaben, die lediglich einer Überprüfung auf Plausibilität unterzogen werden können, getroffen werden. Lediglich durch die Überprüfung des prüfenden Dritten (vgl. Ziff. 7.1 der Förderrichtlinie) sowie die vorgelagerte Strafbarkeit nach § 264 StGB, der ausnahmsweise schon unrichtige oder unvollständige vorteilhafte Angaben im Subventionsverfahren mit ganz erheblichen Strafen belegt, kann insofern eine gewisse Sicherheit hinsichtlich der Richtigkeit tatsächlicher Angaben erreicht werden. Dies begründet auch eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht des Antragstellers im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben (vgl. BayVGH, B.v. 20.06.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16).
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Deswegen liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung darzulegen und nachzuweisen (vgl. BayVGH, B.v. 20.06.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21; VG Halle, U.v. 25.04.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25; VG München, U.v. 20.09.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 und 26 ff.; VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris Rn. 38; VG Weimar, U.v. 29.01.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.09.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26; VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 09.11.2022 – B 8 K 22.390 – juris Rn. 57). Dies gilt noch vielmehr für zentralisierte (Massen-)Förderverfahren, bei denen die bewilligende Behörde in der Regel auf die Abfrage typischerweise relevanter Informationen in den Antragsformularen angewiesen ist. Gleichzeitig bestehen bei diesem Verfahren nur geringe bis keine Möglichkeiten zur Überprüfung der Situation vor Ort oder zur Befragung des Antragstellers in Person, da die Kontaktaufnahme oft nur über Online-Plattformen stattfinden kann.
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Gleichsam hat die Beklagte nicht gegen ihre Pflichten zur Beratung und Auskunft nach Art. 25 BayVwVfG verstoßen, als sie den Kläger vor Erlass des Verwaltungsaktes nicht gesondert auf die fehlende Förderfähigkeit der Maßnahme hingewiesen hat, damit der Kläger seinen Antrag ergänzen oder umstellen kann.
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Aus den oben genannten Erwägungen zum gleitenden Maßstab der Verfahrenspflichten der Behörde je nach Charakter des Verwaltungsverfahrens sowie zu den Besonderheiten des hier vorliegenden über ein Online-Portal abzuwickelnden, zeitkritischen Massenverfahrens, das besonders auf die Mitwirkung der jeweiligen Antragsteller angewiesen ist, ergibt sich, dass es in diesem Fall dem Antragsteller obliegt, aus eigener Initiative vorweg alle Kostenpositionen mit den maßgeblichen Informationen mitzuteilen.
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2.2 Doch auch materiell-rechtlich ist die Ablehnung der Förderung nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat keinen unmittelbaren Anspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsaktes. Die Ablehnung der Förderung beruht rechtsfehlerfrei auf der zugrundeliegenden Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (BayHO) sowie der einschlägigen Förderrichtlinie, hier der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 18.02.2021, Az. PGÜ-3560-3/2/304 (BayMBl. Nr. 132).
60
Bei der Gewährung dieser Förderung handelt es sich rechtlich um eine in das pflichtgemäße Ermessen der Bewilligungsstelle gestellte Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 BayHO, die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird (vgl. Vorbemerkung Sätze 1 und 3 sowie Nr. 1 Satz 5 der Förderrichtlinie). Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung in Form einer Billigkeitsleistung gelten dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.548 – BeckRS 2022, 42039 Rn. 25, beck-online).
61
Eine solche Förderung setzt grundsätzlich keine besondere gesetzliche Ermächtigung voraus, weil es sich bei der Gewährung beantragter Zuwendungen um eine reine Leistungsverwaltung ohne Eingriffe in Rechtspositionen Privater handelt. Gesetzesfrei gewährte Fördermittel haben ihre Legitimationsgrundlage in der jeweiligen Haushaltsordnung in Verbindung mit dem jeweils geltenden – als Gesetz beschlossenen – Haushaltsplan, in welchem Einzelplan, Kapitel und Titel die konkret bezeichneten Zuwendungen ausgewiesen sind (vgl. BVerwG, B.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/273; U.v. 27.03.1992 – 7 C 21/90 – NJW 1992, 2496; U.v. 21.03.1958 – VII C 6/57 – NJW 1958, 1153).
62
Im Übrigen ergeben sich Einzelheiten zum Antragsverfahren, den Bewilligungsvoraussetzungen, Finanzierungsarten und Höhe sowie Rückabwicklung der Förderung aus den Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 BayHO im Allgemeinen und den fachspezifischen Förderrichtlinien im Besonderen. Die Exekutive ist grundsätzlich frei, Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.1979 – 3 C 111/79 – NJW 1979, 2059/2059).
63
Dies geschieht üblicherweise durch Förderrichtlinien. Dabei handelt es sich nicht um nach außen wirkende und anspruchsbegründende Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften. Den Gerichten ist es verwehrt, die Bewilligungspraxis durch eine eigenständige Auslegung der jeweiligen Richtlinien selbst zu bestimmen. Sie haben vielmehr die Richtlinien als Willenserklärung des Richtliniengebers unter Berücksichtigung dessen wirklichen Willens und der tatsächlichen Handhabung (Bewilligungspraxis) auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 19.09.2000 – 1 C 19/99 – BVerwGE 112, 63/67; OVG Lüneburg, U.v. 21.02.2006 – 10 LB 45/03 – Rn. 31, juris). Allerdings sind diese Richtlinien bindend für die Verwaltung und entfalten deshalb in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz nach Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und das im Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (vgl. BVerwG, U.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/274).
64
Der Antragsteller hat so grundsätzlich (lediglich) Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm willkürfrei und im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes behandelt zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/274). Ein unmittelbarer Anspruch auf Förderung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz nicht schon, wenn lediglich die intern festgelegten Fördervoraussetzungen abstrakt erfüllt werden, sondern nur wenn vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Beklagten auch tatsächlich positiv verbeschieden wurden (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 19).
65
2.3 Nach diesen Maßstäben ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Überbrückungshilfe für die Kosten der Errichtung des Wintergartens.
66
Ein solcher ergibt sich nicht aus dem verfassungsmäßigen Recht auf Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern (Art. 3 Abs. 1 GG), denn die Beklagte hat nicht in nicht zu rechtfertigender Weise Gleiches oder zumindest Vergleichbares ungleich behandelt.
67
Es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass vergleichbare Fälle in der tatsächlichen Förderpraxis der Beklagten positiv verbeschieden wurden. Dies gilt für die Vergleichbarkeit mit Hinblick auf die Angemessenheit der Höhe der Investition, auf das Kriterium des Dienens des Existenzsicherungszwecks als auch auf den für den Pandemiebezug relevanten Zeitpunkt der Investitionsentscheidung. Die Beklagte bestreitet insbesondere nicht die grundsätzliche Förderfähigkeit der Kosten für die Errichtung einer – wie auch immer gearteten – Überdachung, sodass sich insofern keine Ungleichbehandlung zu anderen Fällen ergeben kann.
68
Eine derartige tatsächliche Förderpraxis in Fällen, die hinsichtlich der die Ablehnung tragenden Merkmale vergleichbar sind, wurde vom Kläger auch nicht behauptet. Der Kläger rügt stattdessen ausdrücklich Verfahrens- und Ermessensfehler bei der Entscheidung über seinen Förderantrag, nämlich insbesondere, dass die Maßstäbe, die die Beklagte hinsichtlich Angemessenheit, Existenzsicherungszweck und Hygienekonzept angelegt hat, nicht die individuellen tatsächlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Derartige Fehler können nicht zu einem unmittelbaren Anspruch auf Gewährung der Förderung verhelfen, sondern allenfalls zur Rechtswidrigkeit der behördlichen Entscheidung führen und damit nur einen Anspruch auf erneute, ermessensfehlerfreie Entscheidung begründen.
69
Auch eine sonstige Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor. Eine solche Reduzierung des Ermessens kommt nur in engen Ausnahmefällen in Betracht und setzt voraus, dass nach Lage der Dinge alle denkbaren Alternativen offenkundig bei pflichtgemäßer Entscheidung nicht zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 19.05.2016 – 5 C 36/15 – NJW 2016, 3607/3609 Rn. 31). Dies gilt insbesondere für Einschränkungen aus höherer Recht wie dem Verfassungsrecht, z.B. aus den Grundrechten (vgl. BVerwG, U.v. 06.04.2016 – 3 C 10/14 – NVwZ 2016, 1413/1417 Rn. 37).
70
Ein unmittelbarer Anspruch auf eine Förderung in einer bestimmten Höhe ergibt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht weder aus dem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) zum Ausgleich der Betriebsschließungen als Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb noch aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Für beide Verfassungsnormen gilt, dass dem Förder- bzw. Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der Ausgleichsansprüche zusteht, der auch durch die Rechtsprechung nicht eingeengt bzw. umgangen werden darf (vgl. BayVGH, B.v. 17.08.2023 – 22 ZB 23.1125 – BeckRS 2023, 24494 Rn. 14 mit Verweis auf BGH, U.v. 11.05.2023 – III ZR 41/22 – juris Rn. 48; U.v. 17.3.2022 – III ZR 79/21 – juris Rn. 59; U.v. 11.05.2023 – III ZR 41/22 – juris Rn. 53). Gleiches gilt für das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), für das die Seite des Eingriffs durch Pandemiemaßnahmen von der des Ausgleichs durch Subventionen zu trennen ist, wobei letztere lediglich eine Begünstigung betrifft, die nur an wettbewerbsrechtlichen und beihilferechtlichen Schranken zu messen ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.08.2023 – 22 ZB 23.1009 – BeckRS 2023, 24493 Rn. 14).
71
Im Ergebnis hat der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Gewährung der Förderung, sodass seine Klage insoweit – hinsichtlich der sog. Vornahmeklage – unbegründet und deswegen abzuweisen ist.
72
3. Auch der dem Klageantrag durch Auslegung zu entnehmende Antrag (s.o.), den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und dazu zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (sog. Bescheidungsklage), hat in der Sache keinen Erfolg, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
73
Die sog. Verbescheidungsklage wird dann relevant, wenn das Gericht nach den materiell-rechtlichen Vorschriften nicht zu einer abschließenden Entscheidung über den Erlass des Verwaltungsakts in der Lage ist (vgl. BVerwG, B.v. 17.11.2015 – 4 B 35.15 – ZfBR 2016, 156/157 Tz. 4).
74
Sie knüpft insbesondere an den materiellen Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Art. 40 BayVwVfG) an. Ihr Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, die nicht (vollständig) durch gesetzliche Regelungen determiniert ist. Außer in Fällen, in denen das behördliche Ermessen auf Null reduziert ist, darf das Gericht sein Ermessen hier nicht an die Stelle des Ermessens der Behörde setzen und somit auch nicht durch Verpflichtung zum Erlass des Verwaltungsaktes „durchentscheiden“ und damit die künftige Behördenentscheidung vorwegnehmen.
75
In Fällen von Ermessenentscheidungen überprüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der ablehnende Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (sog. Ermessensfehler). Abweichend zur sog. Vornahmeklage (s.o.) kommt hier dem ablehnenden Verwaltungsakt somit unzweifelhaft eine Bedeutung zu (vgl. Wolff in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, VwGO § 113 Rn. 412).
76
Der Kläger hat hier keinen Anspruch auf Neuverbescheidung, da die Ablehnung des Verwaltungsakts nicht ermessensfehlerhaft war und ihn deswegen nicht in seinem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung verletzen konnte.
77
3.1 Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Voraussetzungen der Gewährung der Förderung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Behördenentscheidung durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 22.11.2021, nicht dagegen der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
78
Der maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich grundsätzlich nach dem materiellen Recht, das im Subventionsrecht mangels gesetzlicher Regelung durch die (auf den Förderrichtlinien beruhende) ständige Verwaltungspraxis der Bewilligungsstelle bestimmt wird (vgl. BayVGH, B.v. 02.02.2022 – 6 C 21.2701 – BeckRS 2022, 2008 Rn. 10; B.v. 18.05.2020 – 6 ZB 20.438 – BeckRS 2020, 14701 Rn. 16; VG Würzburg U.v. 14.11.2022 – 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296 Rn. 31, beck-online), sodass – abgesehen von vertiefenden Erläuterungen – ein neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren grundsätzlich irrelevant sind (vgl. VG Weimar, U.v. 17.09.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26; VG München, B.v. 25.6.2020 – M 31 K 20.2261 – juris Rn. 19; siehe auch schon VG Würzburg, U.v. 08.02.2021 – W 8 K 20.1180 – juris Rn. 27 und 50 zur Stichtagsregelung bei Baukindergeld; VG Würzburg, U.v. 26.07.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21).
79
Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen (vgl. BayVGH, B.v. 20.06.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21; VG Halle, U.v. 25.04.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25; VG München, U.v. 20.09.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 und 26 ff.; VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris Rn. 38; U.v. 26.07.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; VG Weimar, U.v. 29.01.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.09.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26; VG Bayreuth, U.v. 20.03.2023 – B 8 K 21.361 – juris Rn. 106 ff.). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht oder erkennbar war, konnte und musste die Beklagte auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigen, sodass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, im Nachhinein keine Berücksichtigung finden können (vgl. VG Weimar, U.v. 17.09.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 25 f. m.w.N., vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 25.07.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894 Rn. 28 ff.; U.v. 25.07.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31 ff.)
80
Dies gilt jedenfalls insoweit, als die Ermessenserwägungen schon zum Zeitpunkt des Ablehnungsbescheids vorgelegen und diesen getragen haben. Ergänzt dagegen die Behörde ihre Ermessenserwägungen um neue Erwägungen (§ 114 S. 2 VwGO), die über eine bloße Konkretisierung oder Klarstellung der schon vorher entscheidungsrelevanten Ermessenserwägungen hinausgehen, wird man dem Kläger nicht das Recht absprechen können, im Sinne der prozessualen Waffengleichheit ebenfalls Tatsachen zu den neu eingeführten Ermessenserwägungen vorzubringen, da ansonsten die Rechtsverteidigung des Klägers beeinträchtigt wäre.
81
3.2 Die Ermessenerwägungen der Beklagten stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:
82
a. Der ursprüngliche Teilablehnungsbescheid vom 22.11.2021 stützt sich allgemein auf die Fördervoraussetzungen der Angemessenheit der Kosten im Verhältnis zu den Zielen, dem Dienen der Existenzsicherung in der Pandemie und der Umsetzung eines bestehenden Hygienekonzepts.
83
b. Die Beklagte hat Ermessenerwägungen jedoch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Vortrag in den vorbereitenden Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung konkretisiert bzw. in prozessrechtlich zulässiger Weise nach § 114 Satz 2 VwGO ergänzt.
84
Letzteres war möglich, weil eine Ergänzung der Ermessenserwägungen materiell-rechtlich zulässig ist. Da im gesetzlich geregelten Bereich das Nachschieben von Ermessenserwägungen regelmäßig zulässig ist, ist die Anwendung der gleichen Kriterien im Bereich des materiellen Subventionsrechts nicht zu beanstanden. Auch die weiteren Voraussetzungen an das Nachschieben von Ermessenserwägungen sind erfüllt:
85
Es fand hier keine unzulässige erstmalige Ermessensausübung im gerichtlichen Verfahren statt (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 − 1 C 14/10 − NVwZ 2012, 698/698 Rn. 9; U.v. 23.10.2007 − 1 C 10/07 − NVwZ 2008, 326/328 Tz. 30; U.v. 05.09.2006 – 1 C 20/05 – NVwZ 2007, 470 Tz. 22). Zudem wurden keine nach dem Zeitpunkt der Behördenentscheidung entstandenen Tatsachen berücksichtigt. Es wurde auch keine über die bloße „Ergänzung“ i.S.d. § 114
86
Satz 2 VwGO hinausgehende Wesensänderung des Verwaltungsaktes bewirkt, denn die neuen Ermessenerwägungen konkretisieren inhaltlich die im Bescheid genannten bzw. knüpfen inhaltlich an sie an. Auch die Rechtsverteidigung des Klägers wird nicht beeinträchtigt, da im Hinblick auf den Zeitpunkt des Nachschiebens eine Reaktion des Klägers (z.B. durch Vortrag eigener Tatsachen hierzu, Anpassung der Verteidigungsstrategie oder ihn vor Kostentragung bewahrende Erledigungserklärung) weiterhin möglich war. Zudem ist das Nachschieben hinreichend bestimmt erfolgt, denn es ist erkennbar, welche Erwägungen Teil der Ermessensentscheidung sind bzw. nicht mehr sind, sodass dem Kläger die Rechtsverteidigung und dem Gericht die Überprüfung der Ermessensentscheidung weiterhin möglich ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 13.12.2011 – 1 C 14/10 – NVwZ 2012, 698/699 Rn. 18).
87
c. In der Klageerwiderung vom 29.12.2021 hat die Beklagte die Maßstäbe der genannten Ermessenswägungen konkretisiert. So hat sie klargestellt, dass sich die Frage des Existenzsicherungszwecks anhand eines Vergleichs der Kosten der Maßnahme mit den im Förderantrag angegebenen und den übrigen Fixkosten ermittelt. Zudem konkretisierte sie die Ermessenserwägungen des unzureichenden Hygienekonzeptes, das ihrer Ansicht nach nicht ausreiche, weil es auf der Absicht, mehr Gäste bewirten zu können und die Abstände zwischen diesen zu verringern, beruhe. Zudem rügte sie erstmals die Verteilung der Kosten über mehrere Monate.
88
Im Schriftsatz der Beklagten vom 02.03.2022 konkretisierte sie, dass insbesondere der vorgetragene Wunsch des Beklagten, auch einen größeren Bereich an Gästetischen im Außenbereich bei schlechtem Wetter weiter bedienen können und das Sicherheitsgefühl der Gäste zu stärken, nicht die Kriterien für die Förderfähigkeit erfüllen würden. Umsätze des Klägers aus anderen Zeiträumen als dem beantragen Förderzeitraum seien darüber hinaus nicht relevant gewesen, da sie der Beklagten nicht bekannt gewesen seien.
89
Mit Schriftsatz der Beklagten vom 27.03.2023 konkretisiert sie weiterhin die Darstellung ihrer Förderpraxis dahingehend, dass Antragssteller aufgefordert würden, die Erforderlichkeit der Maßnahme näher zu erläutern, wenn die Kosten einer Maßnahme bei einem geringeren Vergleichsumsatz oberhalb von 10.000 € lägen oder die Kosten doppelt so hoch seien wie der durchschnittliche monatliche Umsatz im Jahr 2019.
90
In der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2023 legte die Beklagte dar, dass nach der Behördenpraxis ein Sachvortrag des Antragsstellers nur bis zur Entscheidung über den Förderantrag berücksichtigt werden könne und folglich ein neuer Vortrag des Klägers im Klageverfahren (z.B. zum besonderen Charakter des Unternehmens) nicht mehr zu berücksichtigen sei.
91
Zudem führt die Beklagte erstmals aus, dass die Maßnahme nicht förderfähig sei, da die Auftragsvergabe bereits vor Pandemiebeginn erfolgt sei. Es müsse stets ein Corona-Anknüpfungspunkt vorhanden sein, sodass vorher vergebene Maßnahmen unabhängig von dem Durchführungszeitraum nicht förderfähig seien.
92
Sie erklärte zudem, nicht mehr daran festzuhalten, dass die Verteilung der Investition auf die Monate im Förderzeitraum rechtswidrig gewesen sei.
93
3.3 Der vom Kläger gerügte Ermessensfehler des Ermessensnichtgebrauchs (oder Ermessensausfalls) liegt nicht vor.
94
Ein Ermessensnichtgebrauch ist gegeben, wenn die Behörde kein Ermessen ausübt, z.B., weil sie verkennt, dass sie Ermessen hat (vgl. BVerwG, B.v. 14.01.1999 – 6 B 133-98 – NJW 1999, 2912/2912; B.v. 05.05.2014 – 6 B 46/13 – NVwZ 2014, 1034/1035 Rn. 9).
95
Ob die Behörde tatsächlich Ermessen ausgeübt hat, muss grundsätzlich anhand einer Auslegung ihres Bescheides ermittelt werden, jedoch kann sich im Übrigen ausnahmsweise auch aus dem Gesamtzusammenhang ergeben, dass sie tatsächlich Ermessenserwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, B.v. 15.01.1988 – 7 B 182/87 – NVwZ 1988, 525/526; Schübel-Pfister in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 114 Rn. 18).
96
Im Teilablehnungsbescheid vom 22.11.2021 ist erkennbar, dass die Behörde Ermessen ausgeübt hat, soweit ihr bei der Entscheidung nach Bindung durch die Förderpraxis noch ein Ermessen zusteht.
97
So stellt die Beklagte ausdrücklich fest, dass die Ablehnung im pflichtgemäßen Ermessen steht. Zudem wird Bezug genommen auf die Ermessensgesichtspunkte der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel und die Bindung an die regelmäßige Entscheidungspraxis. Auch die in der Begründung des Bescheides genannten Voraussetzungen der Förderpraxis (Umsetzung von Hygienekonzepten, Angemessenheit im Verhältnis zu den Kosten, Existenzsicherungszweck der Maßnahme) sind hier nicht als Tatbestandsvoraussetzungen, sondern als echter Teil der Ermessenserwägungen einzuordnen, da sie nicht auf einer gesetzlichen Regelung beruhen, sondern lediglich ohne unmittelbare Außenwirkung in der Förderrichtlinie niedergelegt sind.
98
Auch dass sich die Beklagte durch die Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in Art. 7 BayHO in ihrem Ermessensspielraum ausdrücklich eingeengt gesehen hat, führt nicht – wie vom Kläger vorgetragen – zur Annahme eines (teilweisen) Ermessensausfalls.
99
Es handelt sich hierbei um Erwägungen, die bei der Ermessensausübung anerkannterweise berücksichtigt werden dürfen (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1965 – II C 3/63 – VerwRspr 1966, 936/938; Schübel-Pfister in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 114 Rn. 21). Sie schränken nach Art. 109 Abs. 4 GG i.V.m. § 6 Abs. 1 und § 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) sogar den formellen Bundes- und Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung des Haushaltsrechts und somit erst recht die Exekutive im Rahmen der Ermessensausübung bei der Vergabe der Fördermittel ein.
100
Angesichts der unbezifferbar großen wirtschaftlichen Einbußen, die letztendlich in ihrer unmittelbaren (z.B. Erkrankung von Mitarbeitern) oder mittelbaren kausalen Verbindung (z.B. dauerhaft geändertes Konsumverhalten mit Blick auf Vor-Ort-Geschäftsmodelle) auf die Pandemie zurückgehen, ist die Beschränkung der Ersatzfähigkeit auf solche Einbußen, die noch durch staatliche Förderungen im Rahmen der Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ausgeglichen werden können, notwendigerweise zentraler Gesichtspunkt der Ausgestaltung der Förderpraxis, sodass die Beklagte ihren Ermessenspielraum dadurch eingeengt sehen durfte. Dies gilt umso mehr in der wirtschaftsfördernden Leistungsverwaltung, da den Grundsätzen von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hier nicht wie beispielsweise in der sozialrechtlichen Leistungsverwaltung bedeutende subjektive Individualrechte (z.B. Art. 1 GG: menschenwürdiges Existenzminimum) gegenüberstehen.
101
3.4 Auch der vom Kläger gerügte Ermessensfehler des Ermessensfehlgebrauchs liegt nicht vor. Ein solcher liegt vor, wenn die Behörde ihr Ermessen entgegen § 114 S. 1 Alt. 2 VwGO nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hat.
102
Dabei überprüft das Gericht insbesondere, ob die Behörde die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat, um die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1965 – II C 3/63 – VerwRspr 1966, 936/937 f.).
103
Hinsichtlich des gleitenden Maßstabes für die Pflicht zur Ermittlung der Tatsachen des Einzelfalls kann auf die obigen Ausführungen zum verfahrensrechtlichen Untersuchungsgrundsatz (Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG) verwiesen werden.
104
Nach diesen Maßstäben ist die Förderpraxis der Beklagten nicht zu beanstanden, auf die im Antrag angegebenen Informationen abzustellen und lediglich punktuell Rückfragen über das online-Portal zu stellen. Insbesondere erscheint es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte bei der Beurteilung des Umsatzes des Antragstellers auf die Umsatzdaten abstellt hat, die vom Antragsteller für den Vergleichszeitraum 2019 im Antrag angegeben worden war. Nach Überzeugung des Gerichts war es des Weiteren auch nicht erforderlich, die Einzelheiten des konkreten Geschäftszuschnitts des einzelnen Unternehmens (hier nach Vortrag des Klägers: überwiegend Eventgastronomie) auf eigene Initiative detailliert zu erfragen.
105
Daneben ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, ob sich die Behörde von Erwägungen hat leiten lassen, die nicht vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sind und damit als sachwidrig einzustufen sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1965 – II C 3/63 – VerwRspr 1966, 936/938; U.v. 01.01.1967 – I C 98.64 – BVerwGE 26, 135, Rn. 33). Des Weiteren überprüft das Gericht, ob der Behörde eine Verkennung der objektiven Gewichtung der Erwägungen entgegen dem Zweck der Ermächtigung vorzuwerfen ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1992 – 7 C 34/91 – NJW 1993, 609/610; Riese in: Schoch/Schneider, 43. EL August 2022, VwGO § 114 Rn. 66).
106
Der Beklagten sind keine derartigen Ermessenfehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO vorzuwerfen. Nach Überzeugung des Gerichts stellen die von der Beklagten getätigten Erwägungen sachgerechte Gründe dar, die vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sind. Auch eine objektive Fehlgewichtung, die zu einem Ermessensfehler führen würde, ist der Beklagten nicht vorzuwerfen.
107
a. Schon der Zeitpunkt der Auftragsvergabe und Auftragsanbahnung reicht nach Überzeugung des Gerichts aus, um im Rahmen der Ermessensabwägung eine Versagung der Förderung zu rechtfertigen.
108
Es ist nach Überzeugung des Gerichts nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte in Zweifelsfällen auf den Zeitpunkt der unternehmerischen Investitionsentscheidung abstellt, um zu bestimmen, ob der in der Förderrichtlinie erwähnte (vgl. Nr. 3.1 Satz 1 Buchst. n Förderrichtlinie) und in der tatsächlichen Förderpraxis vorausgesetzte Zweck der genannten baulichen Maßnahmen bzw. Hygienemaßnahmen – die Umsetzung von Hygienekonzepten – tatsächlich verfolgt wurde.
109
Unter Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufs der staatlichen Maßnahmen zu Beginn der Pandemie im ersten Halbjahr 2020 erscheint es dem Gericht nicht ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte diese Zweckverfolgung hier als nicht gegeben ansieht.
110
Mit Allgemeinverfügung der Bayerischen Staatsministerien für Gesundheit und Pflege sowie für Familie, Arbeit und Soziales vom 16.03.2020 wurde in Bayern der Betrieb von Gastronomie jeglicher Art untersagt. Dies wurde später in § 2 Abs. 2 der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (BayIfSMV) vom 27.03.2020 übernommen. Mit der fünften BayIfSMV vom 29.05.2020 wurde in § 13 Abs. 5 das Verbot derart gelockert, dass die Abgabe von Speisen und Getränken durch Speisewirtschaften in Innenräumen von 6:00 bis 22:00 Uhr zulässig war, wenn ein bestimmter Mindestabstand gewährleistet war oder Trennvorrichtungen vorhanden waren.
111
Erste Informationsgespräche hat der Kläger nach eigenen Angaben Ende Januar bzw. im Februar 2020 geführt. Ein Angebot für die Errichtung hat der Kläger nach eigenen Angaben am 04. oder 05.03.2020 eingeholt. Vom 12.03.2020 datieren eine Abschlagsrechnung sowie eine Auftragsbestätigung des Vertragspartners des Klägers.
112
Die Darstellung der Prozessvertreterin des Klägers zu Beginn der mündlichen Verhandlung, die Entscheidung zur Investition sei eine spontane Entscheidung angesichts der Schließungen der Gastronomie gewesen, erscheint vor diesem Hintergrund als nicht tragfähig, da die eigentliche Entscheidung schon vor Beginn der staatlichen Schließungen gefallen war.
113
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger angeführten staatlichen Handeln vor Beginn der Pandemiebeschränkungen für die Gastronomie.
114
Wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt, hat der am 27.02.2020 eingesetzte bundesweite Krisenstab selbst am 10.03.2020 lediglich die Absage aller Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 erwarteten Teilnehmern und im Übrigen nur eine Risikoabschätzung empfohlen. Auch der Appell des Bundesgesundheitsministers vom 09.03.2020, Kontakte so gering wie möglich zu halten, vermögen die Ablehnungsentscheidung nicht ermessensfehlerhaft erscheinen lassen, zumal das Angebot zur Errichtung des Wintergartens schon vorher eingeholt worden war. Zu diesem Zeitpunkt war nicht abzusehen, wann und in welcher Form es zu einer Schließung der Gastronomie kommen würde. Auch waren die Tatsachen zur Ausbreitung und Auswirkungen des Virus (z.B. Übertragungswege und -wahrscheinlichkeit, Letalität) noch im Einzelnen höchst ungeklärt. Noch schwieriger bis unmöglich abzusehen war zudem die teilweise Wiederöffnung der Gastronomie mit der fünften BayIfSMV vom 29.05.2020 mit ihrem konkreten Umfang (z.B. Abstandsvorgaben). Dies wäre indes Voraussetzung gewesen, um eine derartige Investition als mit Blick auf die Existenzsicherung in der Pandemie wirtschaftlich vertretbare und damit glaubhaft vom Aspekt der Pandemiehygiene getragene Entscheidung anzusehen.
115
Für alle den staatlichen Schließungsanordnungen vorgelagerte Maßnahmen und Warnungen gilt im Übrigen Folgendes: Nach Überzeugung des Gerichts erscheint es im hier vorliegenden Fall nahezu fernliegend, dass bei einer derartig einmaligen, selbst für epidemiologische Fachinstitutionen noch unklaren und sich höchst kurzfristig verändernden Situation sozusagen „auf gut Glück“ die unternehmerische Entscheidung getroffen wird, eine nach eigenen Angaben auf Jahrzehnte angelegte Erweiterung (Kosten von ca. 174.700 EUR bei einem im Antrag angegebenen durchschnittlichen monatlichen Umsatz von Januar bis Juni 2019 von ca. 21.600 EUR) durchzuführen und dass bei dieser Investitionsentscheidung tatsächlich die Existenzsicherung durch Sicherstellung der Hygiene in der zukünftigen Pandemie – und nicht allgemeine Beweggründe zur Erweiterung des Betriebes – der entscheidende Gesichtspunkt sind.
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Schon dieser Gesichtspunkt der angeführten Ermessenserwägungen stützt die Ermessensentscheidung, da eine auf mehrere Gründe gestützte Ermessensentscheidung grundsätzlich auch dann rechtmäßig ist, wenn nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.1987 – 2 C 53/86 – NJW 1988, 783/784; U.v. 19.05.1981 – 1 C 169/79 – BVerwGE 62, 215-224, Rn. 22 m.w.N.). Anhaltspunkte für Letzteres bestehen nicht.
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b. Nach Überzeugung des Gerichts hat die Beklagte zudem nicht dadurch ermessensfehlerhaft entschieden, dass sie ein Kriterium der Angemessenheit der Kosten bei der Beurteilung der Förderfähigkeit herangezogen hat und dieses hier als nicht erfüllt angesehen hat, was ebenfalls die Ablehnung des Förderantrages trägt.
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Angesichts der Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit erscheint es insbesondere sachgerecht und nicht von einer Fehlgewichtung getragen, wenn die Beklagte eine gleitende Obergrenze der Kosten vorsieht, die sich angesichts der unüberbrückbaren Vielzahl möglicher Fallkonstellationen nach den Umständen des Einzelfalls bemessen muss. Hinsichtlich des Maßstabs der Angemessenheit steht der Beklagten angesichts dessen, dass kein Anspruch auf eine bestimmte Höhe der Förderung besteht, ein weiter Ermessensspielraum zu, der im vorliegenden Fall nicht überschritten ist.
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Nachdem die Beklagte im Förderverfahren vorrangig auf die Angaben der Antragsteller angewiesen ist (s.o.), begegnet eine Heranziehung des durchschnittlichen monatlichen Umsatzes im Vergleichszeitraum 2019 als Vergleichsgröße keinen Bedenken. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Beurteilung der Angemessenheit des Investitionsvolumens anhand des Umsatzes des Unternehmens nicht den anerkannten Methoden der Betriebswirtschaftslehre widerspricht.
120
Nur hilfsweise sei angemerkt, dass weitere betriebswirtschaftliche Kennzahlen erst nach der Entscheidung über die Förderung im Klageverfahren eingereicht wurden (z.B. Gewinn- und Verlustrechnung 2019, Kostennachweis zur Bilanz 2019, Einkommensteuerbescheid 2019, Höhe der Investitionen seit dem Jahr 2001) und somit bei der Ermessensentscheidung nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Gleiches gilt für den vom Kläger zum Punkt der Angemessenheit der Kosten vorgetragenen besonderen Unternehmenszuschnitt auf Feierlichkeiten (Eventgastronomie).
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c. Auch im Übrigen sind die Ermessenserwägungen nach Überzeugung des Gerichts nicht als ermessensfehlerhaft einzustufen.
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Entgegen der Ausführungen des Klägers sind insbesondere die Erwägungen der Beklagten zu den allgemeinen Grundsätzen von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht deswegen sachwidrig, weil diese Wertungen schon in der konkreten Voraussetzung der Angemessenheit der Kosten im Verhältnis zu den Zielen und in der Obergrenze von 20.000 EUR je Monat für bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen zur Umsetzung von Hygienekonzepten enthalten sind.
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Es ist stattdessen übliche dogmatische (teleologische) Herangehensweise, bei Auslegung von aus allgemeinen Grundsätzen abgeleiteten konkretisierten Voraussetzungen die allgemeinen, übergeordneten Grundsätze zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der konkretisierten Voraussetzungen heranzuziehen. Nichts Anderes kann bei der Bestimmung der Förderpraxis gelten, wenn die Fördervoraussetzungen – wie hier – nicht in gesetzlichen Normen geregelt sind, die ausgelegt werden. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass die Bezugnahme auf diese allgemeinen Grundsätze neben den konkretisierten Voraussetzungen in der Bescheidsbegründung einen Ermessenfehler durch Berücksichtigung sachfremder Belange indiziert.
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Dass die Beklagte nach Ansicht des Klägers die Baumaßnahme des Klägers als Wintergarten und nicht als Terrassenüberdachung bezeichnet hat, kann entgegen dem Vortrag des Klägers keine Ermessensfehler begründen. Zum einen ist für die Beurteilung der Förderfähigkeit der Maßnahme nicht die Bezeichnung, sondern die Funktion der Maßnahme relevant, zum anderen bezeichnete der Steuerberater des Klägers die Maßnahme gegenüber der Beklagten auf der Nachfrage hin mit Nachricht vom 15.10.2021 selbst als „Bau von Glashaus/Wintergarten“. Auch die Prozessbevollmächtigte des Klägers verwendete diesen Begriff in der mündlichen Verhandlung, um die Baumaßnahme zu beschreiben. Außerdem ist eine bloße Terrassenüberdachung gerade mit Blick auf die Angemessenheit der Kosten nicht gleichzusetzen mit einem auf ein Fundament aufgesetzten Wintergarten oder einem Glashaus, sodass insofern eine Klassifizierung als Terrassenüberdachung die Maßnahme auch nicht zutreffend kennzeichnen würde.
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d. Entgegen der Ausführungen des Klägers hat die Beklagte auch nicht den Sinn der Ermessensermächtigung verkannt, den der Kläger als Herstellung von Einzelgerechtigkeit bezeichnet.
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Es ist grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte sich bei der Entscheidung über die Förderung an ihrer bisherigen Verwaltungspraxis orientiert, die auf den typisierenden Regelungen in der Förderrichtlinie beruht. Sie ist aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber dem Antragsteller dazu sogar grundsätzlich verpflichtet. Lediglich in besonderen, atypischen Einzelfällen kann es als nicht ermessensgerecht angesehen werden, eine an der ständigen Verwaltungspraxis orientierte Ermessensentscheidung zu treffen, wenn dies notwendig ist, um wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen, die von der Verwaltungspraxis nicht hinreichend erfasst sind und solches Gewicht aufweisen, dass sie eine abweichende Rechtsfolge auch gebieten (vgl. BayVGH, B.v. 22.05.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 38; VGH BW, U.v. 13.07.2023 – 14 S 2699/22 – juris Rn. 89).
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Anhaltspunkte dafür, dass der vorliegende Fall derartige Besonderheiten aufweist, die ein Abweichen gebieten, sind indes nicht erkennbar. Insbesondere handelt es sich bei dem Betrieb des Klägers um einen für die Überbrückungshilfe klassischen Betrieb, nämlich einen Gastronomiebetrieb. Auch der vom Kläger vorgetragenen etwas höhere Standard des Restaurants sowie die Bedeutung von Feierlichkeiten und sonstigen Events für die Existenzsicherung – soweit sie nicht schon verspätet erst im Klageverfahren vorgetragen wurden – stellen einen regelmäßig in der Gastronomie anzutreffenden Zuschnitt eines Betriebs dar.
128
Im Ergebnis hat der Kläger deswegen keinen Anspruch auf Neuverbescheidung, sodass seine Klage auch insoweit – hinsichtlich der sog. Verbescheidungsklage – unbegründet und deswegen abzuweisen ist.
129
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.