Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 27.11.2023 – B 8 E 23.848
Titel:

Vorläufige Zulassung zum Studiengang Lehramtsstudium 

Normenketten:
BayHIG Art. 87 Abs. 1 S. 3
BayLBG Art. 19 Abs. 2
VwGO § 123
GG Art. 12 Abs. 1
Leitsätze:
1. Nach Art. 87 Abs. 1 S. 3 BayHIG ist die Immatrikulation in zwei oder mehreren zulassungsbeschränkten Studiengängen nur zulässig, wenn ein besonderes berufliches, wissenschaftliches oder künstlerisches Interesse am gleichzeitigen Studium in diesen Studiengängen besteht. Hierfür ist eine Prüfung im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände anzustellen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die doppelte Inanspruchnahme von beschränkten Studienplatzkapazitäten bedarf es eines besonderen Grundes. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist das Erreichen des Berufszieles auch auf anderem Weg, ohne Inanspruchnahme von weiteren beschränkten Kapazitäten möglich, sprechen gewichtige Gründe gegen das Vorliegen eines besonderen beruflichen Interesses. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
besonderes berufliches Interesse an einem Doppelstudium, Voraussetzung für die Immatrikulation in zwei oder mehreren zulassungsbeschränkten Studiengängen, Studium, vorläufige Zulassung, Doppelstudium, Lehramt Mittelschulen, Schulpsychologie, besonderes berufliches Interesse, Abwägung, Immatrikulation, Berufsziel, Anordnungsanpruch, zulassungsbeschränkter Studiengang
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 27.02.2024 – 7 CE 23.2292
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42223

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studiengang Lehramtsstudium Mittelschulen mit Schulpsychologischem Schwerpunkt an der …-Universität B… (Im Folgenden Universität B…). Er studiert derzeit an der …-Universität W… (Im Folgenden Universität W…) Lehramt Sonderpädagogik mit den Studienfächern Mathematik, Arbeitslehre/Wirtschaftslehre und Religionswissenschaft im 7. Semester sowie Psychologie BSc. im 5. Semester.
2
Er stellte unter dem 07.07.2023, unter dem 11.07.2023 und 31.07.2023 bei der Universität B… einen Antrag auf Zulassung zum Wintersemester 2023/2024 im Studiengang „LA Mittelschulen Erw. Schulpsychologie“ (Antrag vom 07.07.2023) bzw. „LA Mittelschulen Schulpsychologie“. Dabei legte er die Bescheinigung der Universität W… über alle seine bisherigen Studien- und Prüfungsleistungen in beiden Studienfächern (Lehramt Sonderpädagogik und Psychologie) vor.
3
Im Schreiben vom 23.08.2021 (vermutlich 2023 gemeint) führte er aus, dass es sein Ziel sei, als Schulpsychologe für Sonderpädagogik zu arbeiten. Er studiere seit dem Wintersemester 2020/2021 Lehramt Sonderpädagogik mit den Fachrichtungen Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen und Verhaltensstörungen an der Universität W… Er habe zum Wintersemester 2021/2022 das Studium Bachelor Psychologie begonnen, nachdem Prof. Dr. … [Anmerkung: Studienfachberater] von der Universität B… ihm bestätigt habe, dass die Module aus W… problemlos auf das Studium der Schulpsychologie angerechnet werden könnten. An einer anderen Universität habe er dies nicht machen können, da die Wege an die Universitäten in B… und E… zu weit seien. Ein Wechsel an die Ludwig-Maximilians-Universität München (Im Folgenden LMU) sei nicht denkbar gewesen, da er viele ECTS-Punkte verloren hätte. Zudem werde seine Ehefrau ab dem kommenden Schuljahr als Lehrerin in K… arbeiten und sie beide ab September in ein Eigenheim nach W… ziehen. Auch sei der Studiengang Lehramt Sonderpädagogik an der Universität W… nun nicht mehr zulassungsbeschränkt.
4
Mit Schreiben vom 22.08.2023 und 24.08.2023 signalisierte die Universität, dass der Antrag wohl keinen Erfolg haben werde, da das besondere Interesse, das Art. 87 Abs. 1 Satz 2 BayHIG für die Immatrikulation in zwei zulassungsbeschränkte Studiengänge voraussetzt, leider nicht gegeben sei.
5
Daraufhin führte der Antragsteller in einem weiteren Schreiben vom 13.09.2023 noch aus, die Schulpsychologie sei die perfekte Möglichkeit, die beiden in W… studierten Fächer, Lehramt Sonderpädagogik, und Psychologie (BSc.), in der Praxis zu nutzen. Für diese beiden Studiengänge habe er sich zu Beginn seines Studiums entschieden, um an einem Studienort und heimatnah studieren zu können. Ein Pendeln zwischen W… und einem Studienort, an dem das Studium mit schulpsychologischem Schwerpunkt angeboten wird, sei für alle Module im Umfang von 120 ECTS nicht möglich und damit unzumutbar. Deshalb sei ihm von verschiedenen Stellen, unter anderem den Studienberatungen in W… und B… geraten worden, in W… den Bachelor Psychologie zu studieren und sich gegen Ende des Studiums in B… zu immatrikulieren, um dort diejenigen Module zu absolvieren, welche man im Rahmen eines normalen Bachelors nicht belegen könne. Der Vorschlag bzw. Rat, so vorzugehen, stamme also nicht von ihm selbst, sondern von Studienberatungen derjenigen Universitäten, die bei diesem gemeinschaftlichen Vorgehen beteiligt seien. Dabei handele es sich um das Modul Schulpsychologie im Umfang von sechs ECTS und vier Semesterwochenstunden, welches sich laut Studienverlaufsplan über zwei Semester erstrecke. Zusätzlich sei noch das Praktikum in der Schulpsychologie zu absolvieren. Ein ganzes Jahr später in das Referendariat zu starten, um dieses eine Modul zu belegen, würde für ihn einen erheblichen Verlust von Zeit und Verdienstmöglichkeiten bedeuten. Dies sei ihm aufgrund seiner persönlichen Situation, welche im Schreiben vom 23.08.2023 dargelegt worden sei, nicht möglich. In seinem Fall sei das Doppelstudium für das von ihm angestrebte Berufsziel des Schulpsychologen nicht nur sinnvoll, also förderlich, sondern zwingende Voraussetzung – wie sich aus den Aussagen des Bayerische Kultusministeriums ergebe. Wenn ihm die Zulassung von der Universität B… versagt würde, würde dies einen unzulässigen Eingriff in sein Grundrecht auf freie Berufswahl i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG darstellen.
6
Die Universität B… erließ unter dem 18.09.2023 folgenden Bescheid:
„Der Antrag auf Immatrikulation im Doppelstudium für den zulassungsbeschränkten Studiengang Lehramt Mittelschulen/ Schulpsychologie zum Wintersemester 2023/24 wird abgelehnt.“
7
Zur Begründung ist ausgeführt, dass zwar mit Wirkung zum Wintersemester 2023/24 die Zulassungsbeschränkung nach den Informationen auf der Internetseite der Universität W… für das Lehramt Sonderpädagogik aufgehoben wird, es jedoch bei einem Doppelstudium in mindestens zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen namentlich Bachelor Psychologie an der Universität W… und Lehramt Mittelschulen/Schulpsychologie an der Universität B… bleibe. Für die Aufnahme eines Doppelstudiums (gleichzeitige Immatrikulation in zwei Studiengängen) sei keine zwingende berufliche Notwendigkeit / besonderes Interesse ersichtlich, da die Aufnahme des Doppelstudiums vielmehr mit seiner persönlichen Situation, nämlich ein Jahr früher in das Referendariat starten zu können und damit einen erheblichen Verlust von Zeit und Verdienstmöglichkeiten zu vermeiden, begründet werde. Weiterhin stelle die Versagung des Doppelstudiums keinen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG dar, da sich der Antragsteller nach Abschluss des Lehramtes Sonderpädagogik und des Bachelorstudiums der Psychologie erneut auf einen Studienplatz für Schulpsychologie an der Universität B… bewerben und einschreiben könne.
8
Dieser Bescheid wurde dem bevollmächtigten Rechtsanwalt des Antragstellers mit E-Mail vom 18.09.2023, der der Bescheid als Anhang beigefügt war, bekanntgegeben.
9
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2023, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, Klage mit dem Ziel der Bescheidaufhebung und der Verpflichtung des Antragsgegners, den Kläger zum Wintersemester 2023/23 im Doppelstudium zum Studiengang Schulpsychologie zuzulassen. Dieses Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen B 8 K 23.832 angelegt.
10
Mit Schriftsatz vom 18.10.2023, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, stellt der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers folgenden Antrag:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragssteller vorläufig im Doppelstudium für den zulassungsbeschränkten Studiengang Lehramt Mittelschulen/Schulpsychologie zum Wintersemester 2023/24 zuzulassen.
11
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller nach seinem Studium und dem anschließenden Referendariat beabsichtige, in Bayern als Schulpsychologe für Sonderpädagogik tätig zu werden. Das Kultusministerium Bayern verlange dafür ein abgeschlossenes Lehramtsstudium und ein Studium der Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt – so wie es an der Universität des Antragsgegners in B… angeboten werde. Aus dem Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 Satz 3 BayHIG ergebe sich nicht nur, dass es grundsätzlich möglich sein soll, gleichzeitig an zwei oder mehreren zulassungsbeschränkten Studiengängen immatrikuliert zu sein. Aus dem Wortlaut der Regelung ergebe sich auch nicht, dass die gleichzeitige Immatrikulation an derselben Hochschule zwingend sein muss. Voraussetzung sei das Bestehen eines besonderen beruflichen Interesses. Dieses habe der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner auch mehrfach und ausreichend ausführlich dargelegt. Eine Ablehnung würde einen unzulässigen Eingriff in sein Grundrecht auf freie Berufswahl i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG darstellen.
12
Auf die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 17.10.2023 wird Bezug genommen.
13
Der Antragsteller stellte klar (Schriftsatz vom 26.10.2023), dass der Antragsteller das Berufsziel des Schulpsychologen für Sonderpädagogik verfolge. Der vom Antragsgegner angebotene Studiengang Lehramt Mittelschulen/Schulpsychologie führe zum Beruf des Schulpsychologen für Mittelschulen, nicht jedoch zu dem Berufswunsch des Antragstellers (Schulpsychologe für Sonderpädagogik). Es sei daher also unzutreffend, dass der Antragsteller im Hinblick auf sein Berufsziel unmittelbar von Beginn seines Studiums an der Universität B… seinen Berufswunsch hätte verwirklichen können, da die Universität B… diese Kombination nicht anbiete. Ein vollständiger Wechsel des Antragstellers von der Universität W… an die Universität B… würde für den Antragsteller bedeuten, dass ihm nur vergleichsweise wenig Studienleistungen aus W… angerechnet würden. Ferner arbeite der Antragsteller mittlerweile bereits an seiner Bachelorarbeit in der Psychologie, die in der Sonderpädagogik anerkannt werden soll. Zusammenfassend ergebe sich aus diesen Ausführungen, dass ein Wechsel des Antragstellers vom Bachelorstudiengang Psychologie in W… nicht ohne weiteres an die Universität des Antragsgegners möglich sei. Ferner verhalte es sich so, dass der Antragsteller nur einige wenige Module aus dem angestrebten Studiengang Schulpsychologie/Mittelschulen beim Antragsgegner benötigen würde, die im Rahmen des Bachelorstudiengangs Psychologie an der Universität W… nicht angeboten würden, jedoch zwingende Voraussetzung für den Beruf des Staatlichen Schulpsychologen an Schulen in Bayern seien. Voraussichtlich würde der Antragsteller im Falle einer Zulassung zu dem begehrten Doppelstudium beim Antragsgegner nur vergleichsweise kurze Zeit bzw. wenige Semester an der Universität des Antragsgegners in B… immatrikuliert sein und dort studieren – nämlich nur solange, bis der Antragsteller die an der Universität W… nicht angebotenen Module absolviert und die entsprechenden ECTS-Punkte gesammelt habe. Mit dem losen Verweis auf die Möglichkeit, mehrere Studiengänge auch nacheinander zu absolvieren, würde die Regelung des Art. 87 Abs. 1 S. 3 BayHIG vollkommen leerlaufen.
14
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 23.10.2023,
den im Schriftsatz vom 18. Oktober 2023 begehrten Erlass der einstweiligen Anordnung kostenpflichtig abzuweisen.
15
Die vom Antragsteller angegebenen Gründe seien kein gesetzlicher Grund, im Doppelstudium an der Universität B… mit fortgeschrittenem Studienerfolg zugelassen zu werden. Vielmehr hätte er sich ohne Umwege direkt zu Beginn seines Hochschulstudiums für ein Studium des Lehramts an Mittelschulen/Schulpsychologie an der Universität B… oder an anderen angebotenen Universitätsstandorten bewerben können, ohne zunächst ein Studium der Sonderpädagogik und des Bachelor Psychologie in W… zu beginnen, um später eine Zulassung zum Studium des Lehramtes an Mittelschulen/Schulpsychologie an der Universität B… im Weg des Doppelstudiums zu verfolgen. Aus den vom Antragsteller angeführten Beratungsgesprächen in den Studienberatungen in W… und B…, die nach Einlassung des Antragstellers einen solchen Werdegang vorgeschlagen hätte, könne kein etwaiger Vertrauensschutz abgeleitet werden. Der insoweit darlegungspflichtige Antragsteller könne nicht belegen, von wem zu welchem genauen Zeitpunkt die behauptete Auskunft auf welche gestellte Frage gegeben worden sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, inwieweit der Sachverhalt des Doppelstudiums gerade in zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen Gegenstand der Beratung gewesen war, da die Beantwortung von Fragen in solchen Konstellationen regelmäßig in den Wirkungskreis der Studierendenkanzlei als zuständigem Fachreferat falle.
16
Ungeachtet dessen liege ein Antrag auf Immatrikulation in zwei zulassungsbeschränkte Studiengänge vor, ohne dass ein begründetes besonderes berufliches, wissenschaftliches oder künstlerisches Interesse am gleichzeitigen Studium in diesen Studiengängen gegeben wäre. Insoweit sei entgegen den Ausführungen des Antragstellers weiter ein enger Maßstab anzulegen (z.B. VGH München, – 7 B 82 A.3 und 7 CE 84 B.1154 –). Bei einem Parallelstudium in zwei zulassungsbeschränkte Studiengänge sei vor dem Hintergrund der begrenzten Studienplatzkapazitäten eine chancengerechte Teilhabe der Studienbewerber/innen zu gewährleisten. Auch wenn mittlerweile die Zulassungsbeschränkung für das Lehramt Sonderpädagogik aufgehoben worden sei, bleibe davon das Doppelstudium in mindestens zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen unberührt. Ein Doppelstudium von zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen sei aber kaum genehmigungsfähig (zuletzt VGH München, B.v. 02.04.2020 – 7 CE 19.10045 – Rn. 14, VG Ansbach, B.v. 04.07.2018 – AN 2 E 18.10000 – Rn. 24). Für die Aufnahme eines Doppelstudiums (gleichzeitige Immatrikulation in zwei Studiengänge) sei nach den mitgeteilten Informationen kein besonderes berufliches Interesse ersichtlich. Vielmehr begründe der Antragsteller die Aufnahme des Doppelstudiums weitergehend mit der Notwendigkeit aus seiner persönlichen Situation heraus, nämlich ein Jahr später in das Referendariat zu starten sowie einen erheblichen Verlust von Zeit und Verdienstmöglichkeiten. Dies sei nicht mit einem „durchgreifenden Interesse“ (vgl. BeckOK HochschulR Bayern/Leiber, BayHSchG Art. 42 Rn.14) gleichzusetzen. Die Ablehnungsentscheidung der Universität sei auch im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG aus den oben genannten Gründen gerechtfertigt, wobei eben nicht nur ein berufliches Interesse, sondern ein besonderes berufliches Interesse am gleichzeitigen Studium in zwei oder mehreren zulassungsbeschränkten Studiengängen bestehen müsse.
17
Im Übrigen müsse das Studium der Schulpsychologie in B… vollständig durchlaufen und mit einer Prüfung abgeschlossen werden (Schriftsatz vom 26.10.2023). Demnach müsse der Antragsteller das Lehramtsstudium der Schulpsychologie zwingend an der Universität B… abschließen. Selbst wenn über die Anrechnung eine Höherstufung im Studium in B… möglich wäre, setze dies einen Studienplatz voraus. Es seien jedoch lediglich zwei Studienplätze in Psychologie – Lehramt Mittelschulen – vorhanden (http://www.uni-b…pdf).
18
Nach gerichtlichen Hinweisen nahmen die Beteiligten zu der Frage dazu Stellung, wie die vom Antragsteller angestrebte Immatrikulation in den Studiengang Lehramt Mittelschulen mit seinen Berufswunsch Lehrer und Schulpsychologe für Sonderpädagogik in Einklang zu bringen ist, Stellung.
19
Der Antragsteller räumt ein (Schriftsatz vom 10.11.2023), dass die Antragsgegnerin nur Studienplätze für Schulpsychologie an Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasium anbiete, wobei die Kombination auch mit Sonderpädagogik und dem Lehramt für Berufliche Schulen notwendig sei, sodass die Bewerber für diese Schularten auf die erstgenannten Schularten ausweichen müssten. Nach Kontakt mit der Studierendenkanzlei der Antragsgegnerin habe er den Studiengang Lehramt Mittelschule gewählt, da er in seinem Studium der Sonderpädagogik ebenfalls den Schwerpunkt Mittelschuldidaktik gewählt habe. Auch wenn es sich bei dem Studium der Schulpsychologie für Sonderpädagogik um eine sogenannte „nachträgliche Erweiterung“ handle, stehe dies in keinem Zusammenhang zum Studienbeginn. Der Begriff beziehe sich alleine auf die Prüfungen und sei in Abgrenzung zum „grundständigen Studium“ zu sehen. Die schulpsychologischen Inhalte der einzelnen Lehrämter unterschieden sich zudem nicht voneinander. Zusätzlich (Schriftsatz vom 20.11.2023) führt er aus, der angestrebte Studienweg stelle die einzige Möglichkeit dar, sein Berufsziel mittelfristig zu erreichen. Die Universität B… biete keinen Studiengang der Sonderpädagogik an, wohingegen die Universität W… die Schulpsychologie nicht anbiete. Sein Studieninteresse habe sich stufenweise entwickelt, nachdem er das Lehramt an Sonderschulen schon begonnen hatte. Der eingeschlagene Umweg über den Bachelor sei von mehreren unabhängigen Beratungsinstitutionen der beiden Universitäten vorgeschlagen und als gangbar bezeichnet worden. Gerne hätte er sich damals schon an die letztlich angesprochenen Stellen gewandt, sei aber abgewiesen und schriftlich von Herrn Prof. Dr. … am 26.03.2021 darauf verwiesen worden, dass eine Beratung erst dann möglich ist, wenn er eingeschrieben sei. Gleiches sei in der Studierendenkanzlei der Antragsgegnerin passiert. Nachdem er im Unklaren gelassen worden sei, habe er sich auf die mündlichen Aussagen der Beratungsstellen verlassen müssen. Wenn die Antragsgegnerin Studierende zunächst dahingehend berate, den vom Antragsteller gewählten Weg einzuschlagen, nunmehr aber die Immatrikulation verweigere, verhalte sie sich widersprüchlich. Der Antragsteller habe in die beiden Studiengänge in W… schon viel investiert, sodass eine Exmatrikulation dort unzumutbar sei. Der Vorschlag, erst nach Abschluss der Studiengänge an der Universität W…, die Erweiterung in der Schulpsychologie zu beginnen, hätte zur Folge, dass der Antragsteller ein ganzes Studienjahr benötige, um ein Modul zu absolvieren, welches er ansonsten während der regulären Studiendauer ableisten könne. Der Wunsch des Antragsgegners, Studienplatzressourcen zu schützen sei vollkommen nachvollziehbar und werde respektiert. Jedoch benötige der Antragssteller, um sein Berufsziel zu erreichen, diesen Studienplatz ohnehin. Dementsprechend sei es im Ergebnis unerheblich, zu welchem Zeitpunkt dies geschehe. Er habe bereits die Möglichkeit angesprochen, nur für diese bestimmten Module zugelassen zu werden, da er niemandem den Platz wegnehmen wolle – weder aktuell noch später.
20
Die Antragsgegnerin erläuterte im Schriftsatz vom 15.11.2023 und telefonisch (vgl. Telefonnotiz vom 20.11.2023), dass sie Schulpsychologie parallel zum Lehramtsstudium nur für das Lehramt an Grundschulen, Mittelschulen, Realschulen, Gymnasium und Berufliche Schulen anbiete. Da der Bewerbungswille des Antragstellers auf ein Studium an der Universität B… gerichtet war, habe das Lehramt an Mittelschulen aufgrund der vom Antragsteller präferierten Mittelschuldidaktik nahegelegen. Eine Erweiterung durch das Studium der Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt sei grundsätzlich möglich. Hierfür müsse jedoch auch der Abschluss dieses Lehramtsstudiums durch Prüfungen erfolgen, die dann auch die Schulpsychologie beinhalteten. Der Kläger könne jedoch nicht so einfach in das Lehramtsstudium Mittelschule immatrikuliert und dann je nach den anzuerkennenden Studiennachweisen nachträglich in höhere Semester höhergruppiert werden, da es hierfür leere Plätze in dem zulassungsbeschränkten Fach bedürfe. Daneben gebe es noch die Möglichkeit des nachträglichen Erweiterungsstudiums der Schulpsychologie, das aber den Abschluss eines Lehramtsstudiums, z.B. Sonderpädagogik, voraussetze. Es wurde erneut betont, dass das angestrebte Doppelstudium entscheidend für die Ablehnung gewesen sei. Das gleichzeitige Bachelorstudium Psychologie sei gerade nicht entscheidend für die Verwirklichung des Berufswunsches des Antragstellers, sodass ein besonderes berufliches Interesse am gleichzeitigen Studium in zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen nicht ersichtlich sei.
21
Der Antragsteller trug hierzu mit Schriftsatz vom 23.11.2023 vor, die Aussagen der Antragsgegnerin hätten einen deutlichen Bruch. Vor der offiziellen Bewerbung hätte man ihm telefonisch etwas anderes mitgeteilt als jetzt. Man habe ihm explizit die Bewerbung für ein höheres Fachsemester und für das erste Fachsemester empfohlen und gemeint, dies steigere seine Chancen auf Zulassung; das zugelassene Semester sei für ihn unerheblich, da er sobald alle Module absolviert sind, das Examen schreiben dürfe. Es sei nie die Rede davon gewesen, dass er vor der Zulassung das Staatsexamen im Lehramt Sonderpädagogik benötigen würde. Hierfür gebe es keine rechtliche Grundlage und die LMU handhabe dies auch anders, dort könne man jederzeit mit der Erweiterung beginnen. Dass ein bestandenes erstes Staatsexamen Voraussetzung für die Zulassung zum Staatsexamen in der Erweiterung sei, sei dem Antragsteller bekannt und für ihn unproblematisch. Er wolle jedoch die Seminare parallel, wie andernorts üblich, bereits während des Grundstudiums absolvieren. Eine davon abweichende Rechtsgrundlage sei ihm weder bekannt, noch sei diese vom Antragsgegner jemals erwähnt worden.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die und auf die vorgelegten Behördenunterlagen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend) verwiesen.
II.
23
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf vorläufige Zulassung zur Immatrikulation in den Studiengang Lehramtsstudium Mittelschulen mit Schulpsychologischem Schwerpunkt an der Universität B… Ihm fehlen ein Anordnungsanspruch (s.u. Nr. 1.1) sowie – ohne entscheidungserheblich zu sein – ein Anordnungsgrund (s.u. Nr. 1.2).
24
1. Gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern die Maßnahme unerlässlich erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Beide Arten einer vorläufigen Anordnung setzen ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten streitbefangenen Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist von der Antragspartei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO), wobei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend sind. Über den Erfolg des Antrags ist aufgrund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung zu entscheiden. Ergibt die überschlägige rechtliche Beurteilung auf der Grundlage der verfügbaren und von der Antragspartei glaubhaft gemachten Tatsachenbasis, dass von überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen ist, besteht regelmäßig ein Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass es der Antragspartei unter Berücksichtigung ihrer Interessen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl., § 123 Rn. 26 m.w.N.).
25
1.1 Ein Anordnungsanspruch ist nach der im Eilverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht gegeben. Die Voraussetzungen für eine Immatrikulation liegen voraussichtlich nicht vor.
26
Rechtsgrundlage für die Versagung der Immatrikulation ist Art. 87 Abs. 1 Satz 3 Bayerisches Hochschulinnovationsgesetz (BayHIG) vom 5. August 2022 (GVBl. S. 414, BayRS 2210-1-3-WK), das zuletzt durch § 3 des Gesetzes vom 23. Juni 2023 (GVBl. S. 251) und durch § 2 des Gesetzes vom 24. Juli 2023 (GVBl. S. 455) geändert worden ist. Danach ist die Immatrikulation in zwei oder mehreren zulassungsbeschränkten Studiengängen nur zulässig, wenn ein besonderes berufliches, wissenschaftliches oder künstlerisches Interesse am gleichzeitigen Studium in diesen Studiengängen besteht. Hierfür ist eine Prüfung im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände anzustellen. Nachdem nur ein besonderes berufliches, wissenschaftliches oder künstlerisches Interesse zu berücksichtigen ist, spielen persönliche Umstände allenfalls eine untergeordnete Rolle. Bei der Aufstellung von Anforderungen an das besondere berufliche Interesse sind aufgrund der Betroffenheit des Grundrechtes auf freie Berufswahl aus Art. 12 GG keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Daneben ist jedoch genauso in den Blick zu nehmen, dass nicht nur der jeweilige Antragsteller, der das Doppelstudium anstrebt, in seinen Grundrechten betroffen ist, sondern auch diejenigen, die aufgrund der Belegung des Antragstellers nicht zum Studium zugelassen werden können. Daher bedarf es für die doppelte Inanspruchnahme von beschränkten Studienplatzkapazitäten eines besonderen Grundes. Zwischen den Interessen der Studienplatzanwärter ist ein Ausgleich zu schaffen. Ein besonderes berufliches Interesse setzt jedenfalls voraus, dass mit der angestrebten Immatrikulation auch der angestrebte Beruf erreicht werden kann, denn nur dann besteht ein belastbarer Grund, in zwei Studiengängen Kapazitäten in Anspruch zu nehmen. Hierbei muss auch berücksichtigt werden, inwiefern der jeweilige Antragsteller seinen Berufswunsch auch ohne doppelt begrenzt vorhandene Kapazitäten in Anspruch zu nehmen, erreichen kann. Ist das Erreichen des Berufszieles auch auf anderem Weg, ohne Inanspruchnahme von weiteren beschränkten Kapazitäten möglich, sprechen gewichtige Gründe gegen das Vorliegen eines besonderen beruflichen Interesses. Zumindest wäre dieses gegenüber den anderen Studienplatzanwärtern nicht gleichermaßen schützenswert. Der jeweilige Studienplatzanwärter wäre tendenziell auf den kapazitätsschonenderen Weg zu verweisen. Außerdem darf die doppelte Immatrikulation nicht dazu führen, dass der Studienplatzanwärter letztlich zwischen (vermeintlich) leichteren Prüfungen an den jeweiligen Universitäten wählen kann oder versucht, die gesetzlich zwingende Exmatrikulation wegen einer endgültig nicht bestandenen Prüfung an einem Hochschulort zu umgehen (vgl. BeckOK HochschulR Bayern/Leiher, 26. Ed. 01.08.2022, BayHSchG Art. 42 Rn. 16 zum insoweit inhaltsgleichen früher geltenden Art. 42 BayHschG). Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn ein Doppelstudium in ein und demselben Studiengang an unterschiedlichen Universitäten aufgenommen werden soll, kann jedoch auch bei unterschiedlichen Studiengängen mit größeren Schnittmengen hinsichtlich des Prüfungsstoffes zum Tragen kommen. Ein Rosinenpicken hinsichtlich der Prüfungen und des Studieninhaltes zu Lasten anderer Studienplatzanwärter für den kapazitätsbegrenzten Studiengang ist unter diesem Gesichtspunkt grundsätzlich ebenfalls zu vermeiden.
27
Bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung ist das Gericht der Auffassung, dass bei Abwägung aller Umstände die Voraussetzungen für ein Doppelstudium zweier kapazitätsbeschränkter Studiengänge nicht gegeben sind und damit kein Anordnungsgrund dargelegt ist.
28
Der Kläger begehrt mit der Immatrikulation in den Studiengang Lehramt an Mittelschulen mit Erweiterungsstudium Schulpsychologie (vgl. Art. 15 Nr. 4 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz (BayLBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.1995) die Immatrikulation in einen zulassungsbeschränkten Studiengang bei der Antragsgegnerin (vgl. Satzung über die Festsetzung der Zulassungszahlen der im Studienjahr 2023/2024 an der …-Universität B… als Studienanfängerinnen oder Studienanfänger sowie im höheren Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen oder Bewerber (vgl. Zulassungszahlsatzung 2023/2024) vom 20.06.2023; abrufbar unter https://www.uni-b…pdf). Daneben ist er bereits in den Studiengang Lehramt für Sonderpädagogik und den Studiengang Psychologie an der Universität W… eingeschrieben. Letzterer ist ebenfalls zulassungsbeschränkt (vgl. Satzung über die Festsetzung der Zulassungszahlen der im Studienjahr 2023/2024 an der …-Universität W… als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie im höheren Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2023/2024) vom 04.06.2023; abrufbar unter https://www.uni-w….
29
Für die Immatrikulation in diese beiden zulassungsbeschränkten Studiengänge macht er ein besonderes berufliches Interesse geltend. Hiermit kann er nach überschlägiger Prüfung nicht durchdringen.
30
Berufsziel des Antragstellers ist, Lehrer für Sonderpädagogik mit schulpsychologischem Schwerpunkt zu werden. Art. 19 Abs. 2 BayLBG sieht hierfür – anders als für alle anderen Schularten, in denen auch eine grundständige Erweiterung erfolgen kann (vgl. z.B. Art. 15 Nr. 4 BayLBG für das Lehramt an Mittelschulen) – alleine eine nachträgliche Erweiterung gemäß Art. 23 BayLBG vor.
1.1.1
31
Der Studiengang Lehramt Mittelschulen mit der Erweiterung Schulpsychologie nach Art. 15 Nr. 4 BayLBG, für den der Antragsteller sich nun im Wege der einstweiligen Anordnung bei der Antragsgegnerin immatrikulieren will, führt schon nicht zu diesem Berufsziel. Dies ist bereits ein Indiz, dass kein schützenswertes besonderes berufliches Interesse vorliegt, das eine ausnahmsweise Zulassung zum Doppelstudium in zwei kapazitätsbeschränkten Studiengängen rechtfertigt.
1.1.2
32
Das besondere berufliche Interesse am gleichzeitigen Studium der zwei zulassungsbeschränkten Studiengänge, Psychologie und Lehramt Mittelschule ist auch deshalb fraglich, weil das Studium der Psychologie in W… für das angestrebte Lehramtsstudium an der Universität B… nicht erforderlich ist. Dies gilt sowohl für das Lehramtsstudium mit Erweiterungsstudium als auch für ein etwaiges alleiniges Erweiterungsstudium Schulpsychologie.
33
Soweit er eine Zeitersparnis (nur) beim Erweiterungsstudium Schulpsychologie durch Anrechnung etwaiger Leistungen im Psychologiestudium anführt, ist dies schon nicht dargelegt und würde im Übrigen nicht nur zum jetzigen Zeitpunkt greifen, sondern auch für ein später begonnenes Erweiterungsstudium der Schulpsychologie gelten.
1.1.3
34
Dagegen kann der Antragsteller seine Argumente, die überwiegend eher privaten Ursprungs sind, wie die Antragsgegnerin zutreffend bemerkt, nicht mit Erfolg geltend machen. Bei der Frage des besonderen beruflichen Interesses sind sie allenfalls nachrangig zu berücksichtigen.
35
Er macht geltend, dass sich sein Berufswunsch erst langsam nach Aufnahme des Studiums entwickelt habe und mit einem (nachträglichen) Wechsel in einen anderen Studiengang größere Härten einhergehen würde. So könnten erbrachte Studienleistungen nicht mehr berücksichtigt werden bzw. würde er unnötig Zeit und Verdienstmöglichkeiten verlieren. Weiterhin sei er auch örtlich aufgrund seiner familiären Situation und durch den Erwerb einer Immobilie gebunden. Diese Argumente resultieren im Wesentlichen aus seiner persönlichen Situation und stellen eher kein besonderes berufliches Interesse dar.
1.1.4
36
Ein besonderes berufliches Interesse lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass dem Antragsteller sonst das Erreichen seines Berufszieles objektiv nicht möglich wäre. Auch ohne die von ihm angestrebte Kombination zweier kapazitätsbeschränkter Studiengänge ist das Erreichen des Berufszieles objektiv nicht unmöglich.
37
So bietet die LMU einen Studiengang Lehramt Sonderpädagogik mit Schulpsychologischem Schwerpunkt dergestalt an, dass die Module der Schulpsychologie parallel und grundständig zu denen des Lehramtsstudiums absolviert werden können (https://www.lmu.de/de/studium/studienangebot/1x1-des-lehramtsstudiums/lehramt-fuer-sonderpaedagogik/index.html unter dem Punkt „nachträgliche Erweiterung“ („Folgende Erweiterungsfächer gelten als nachträgliche Erweiterung, was bedeutet, dass in diesen Erweiterungsfächern keine zweite Staatsprüfung abgelegt werden kann. Dennoch können diese Erweiterungsfächer parallel zum Lehramtsstudium studiert und die erste Staatsexamensprüfung darin abgelegt werden.“).
38
Diese Möglichkeiten eröffnet die Universität B… gerade nicht. Dort ist eine grundständige Erweiterung mit Schulpsychologie nur für die Lehramtsstudiengänge für Grundschulen, Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien und Beruflichen Schulen möglich. Für das Lehramtsstudium Sonderpädagogik kann ein auf das Erweiterungsfach Schulpsychologie beschränktes Studium nach den Auskünften der Antragsgegnerin allenfalls als nachträgliche Erweiterung gewählt werden, da dieses Lehramtsstudium bei ihr gar nicht angeboten wird.
1.1.5
39
Zudem liegt die Vermeidung, doppelte Ausbildungskapazitäten in Anspruch zu nehmen, im öffentlichen Interesse. Im Gegensatz zum angestrebten Doppelstudium der beiden kapazitätsbeschränkten Studiengänge (der Psychologie an der Universität W… und des Lehramts Mittelschule mit Erweiterungsfach Schulpsychologie an der Universität B…) erfordern beide oben genannten alternativen Ausbildungswege keine doppelten Ausbildungskapazitäten. Im Rahmen des Lehramtsstudiums Sonderpädagogik mit Erweiterung Schulpsychologie an der Universität München würde nur Kapazität in diesem Studiengang an dieser Hochschule in Anspruch genommen werden: der Antragsteller könnte mit der Kapazität eines einzigen Studienplatzes seinen Berufswunsch erreichen. Bei einer nachträglichen Erweiterung nach Erwerb der Befähigung zum Lehramt bei der Antragsgegnerin würde die Kapazität des für den Antragsteller eigentlich teilweise fachfremden Studiengangs des grundständigen Studiums Lehramt Mittelschulen Schulpsychologie geschont und nur die eigentlich notwendige Erweiterung seines Lehramtsstudiums um den Studiengang Schulpsychologie als isolierte nachträgliche Erweiterung in Anspruch genommen, die ausweislich der Zulassungszahlensatzung nicht kapazitätsbeschränkt ist.
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Weiterhin kann nicht außer Acht gelassen werden, dass bei dem vom Antragsteller gewählten Weg, entgegen des gesetzlichen Regelfalles hinsichtlich der Prüfungen die Gefahr besteht, dass, wenn er das kapazitätsbegrenzte Lehramtsstudium Sonderpädagogik in W… nicht bestehen würde, die weitere kapazitätsrelevante Belegung eines kapazitätsbegrenzten Studienfachs in B… umsonst gewesen wäre. Dann hat er weder den einen noch den anderen Abschluss, dennoch aber zwei kapazitätsbegrenzte Studienplätze in Anspruch genommen. Demgegenüber geht das BayLBG eher von dem Regelfall der nachträglichen Erweiterung aus, bei dem bereits eine Befähigung für ein Lehramt vorliegt (Art. 23 BayLBG).
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Letztlich möchte der Antragsteller das angestrebte Berufsziel durch einen so dort nicht vorhandenen und eigens von ihm durch Kombination von Studiengängen kreierten Studiengang an den Universitäten B… und W… erreichen, der dem der LMU entspricht. So ist seinen Ausführungen zu entnehmen, dass er aus dem Lehramtsstudiengang für Mittelschulen lediglich das grundständige Erweiterungsstudium Schulpsychologie belegen und mit einer Prüfung beenden möchte. An dem Lehramtsstudium für Mittelschulen zeigt er jedoch kein Interesse. Diese Kombination ist von Universität B… jedoch nicht vorgesehen.
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Diesem so geäußerten Interesse stehen zudem sowohl die Interessen der anderen Studienplatzbewerber als auch die Interessen der Hochschulen gegenüber. Den Hochschulen steht im Rahmen der wissenschaftlichen Gestaltungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) grundsätzlich das Recht zu, die Lehre ihren Vorstellungen entsprechend zu organisieren (BVerwG U.v. 13.12.1984 – 7 C 16.84 – NVwZ 1985, 573, Rn. 8; HessVGH B.v. 03.03.1993 – K 12 G 4041/91 T – juris Rn. 17), sodass sie auch nicht alle Studien- und Berufswünsche mit Angeboten bedienen müssen. Darüber hinaus haben die anderen Studienplatzbewerber ein gegenüber den Interessen des Antragsstellers ebenso gewichtiges Interesse an einem kapazitätsschonenden Studium, so dass sie gegebenenfalls ebenfalls zugelassen werden können. In diesem Spannungsfeld haben die vor allem der persönlichen Situation geschuldeten Wünsche des Antragstellers für eine außergewöhnliche Studiengangskombination nach summarischer Prüfung untergeordnete Bedeutung.
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Der Antragsteller hat damit einen Anordnungsanspruch, nämlich ein gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 3 BayHIG besonderes berufliches Interesse an mehreren zulassungsbeschränkten Studiengängen, nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr muss er sich auf einen kapazitätsschonenderen Weg verweisen lassen.
1.1.6
44
Auch aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ergibt sich nach summarischer Prüfung kein anderes Ergebnis. Der Antragsteller hat selbst eingeräumt, dass ihm eine (verbindliche) Beratung verweigert wurde. Insofern liegt auch die Annahme eines Vertrauensschutztatbestands eher fern.
45
1.2 Im Übrigen ist, ohne dass es noch entscheidungserheblich wäre, auch der Anordnungsgrund fraglich.
46
In § 110 Abs. 5 Nr. 2 Lehramtsprüfungsordnung I [(LPO I) vom 13. März 2008 (GVBl. S. 180, BayRS 2038-3-4-1-1-K), die zuletzt durch Verordnung vom 12. September 2022 (GVBl. S. 631) geändert worden ist] ist vorgesehen, dass erforderliche praktisch-psychologische Tätigkeiten auch während der Tätigkeit als Lehrkraft nachgewiesen werden können. Ein etwaiger tatsächlicher Zeit- oder Verdienstverlust ist nach überschlägiger Prüfung daher überschaubar und nicht unzumutbar, selbst wenn der Antragsteller das Erweiterungsstudium erst nach seiner ersten Lehramtsprüfung bzw. seinem Bachelorabschluss in Psychologie beginnen sollte.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 18.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Das Gericht erachtet im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Hälfte des Regelstreitwerts in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für angemessen.
I.