Titel:
Grundschullehrerin, Antrag auf weitere Ermäßigung der Wochenstundenanzahl, Entgegenstehen dienstlicher Belange, Vollzugshinweise der obersten Dienstbehörde, Lehrerbedarfsprognose
Normenkette:
BayBG Art. 88 Abs. 1
Schlagworte:
Grundschullehrerin, Antrag auf weitere Ermäßigung der Wochenstundenanzahl, Entgegenstehen dienstlicher Belange, Vollzugshinweise der obersten Dienstbehörde, Lehrerbedarfsprognose
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42214
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt eine weitere Ermäßigung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit.
2
Die am … geborene Klägerin wurde am 11.09.1995 als Lehrerin zur Anstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe und mit Wirkung vom 01.01.1999 als Lehrerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ernannt. Bislang arbeitete sie überwiegend in familienpolitischer Teilzeit nach Art. 89 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) mit einer reduzierten Zahl an Unterrichtswochenstunden (UWS). Die Voraussetzungen für eine familienpolitische Teilzeit sind bei der Klägerin im Jahr 2020 entfallen.
3
Mit Schreiben vom 11.01.2021 reichte die Klägerin über die Schulleitung der Grundschule … sowie das Schulamt … einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung nach Art. 88 BayBG ein. Der Antrag war ursprünglich auf eine Stundenreduzierung von 28 UWS (volles Wochenstundenmaß) auf 21 UWS gerichtet. Auf dem bei der Regierung von … (Regierung) eingereichten Antrag wurde die Stundenzahl mit Vermerk der Schulleitung am 20.10.2021 auf 24 Wochenstunden geändert, mit dem Hinweis „geändert nach Rücksprache mit Frau …“. Hintergrund dafür war, dass nach den Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (KMS III – BP7028-4b.703 vom 07.01.2020 und KMS III.5 – BP7020.0 – 4b.11127 vom 05.02.2020) im Zusammenhang mit einem Teilzeitantrag nach Art. 88 BayBG ein Mindestmaß von 24 UWS zu leisten sei, da ansonsten dienstliche Belange entgegenstünden (Sicherung der Unterrichtsversorgung). Zudem wurde der beantragte Zeitraum auf einen Jahreszeitraum vom 01.08.2021 bis 31.07.2022 geändert. Der so geänderte Antrag wurde mit Schreiben der Regierung vom 12.04.2021 positiv verbeschieden.
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Darüber hinaus stellte die Klägerin am 19.01.2021 beim Staatlichen Schulamt … einen „Antrag auf begrenzte Dienstfähigkeit“ unter Vorlage eines ärztlichen Attestes vom 11.01.2021, mit dem Hinweis, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nur in der Lage sei, maximal 21 UWS zu leisten. Daraufhin beantragte das Schulamt … bei der Regierung mit Schreiben vom 01.02.2021 die Überprüfung der Dienstfähigkeit der Klägerin. Mit Schreiben vom 12.02.2021 beauftragte die Regierung die Medizinische Untersuchungsstelle (MUS) mit der entsprechenden Untersuchung und Begutachtung im Rahmen eines amtsärztlichen Gutachtens. Mit Gesundheitszeugnis vom 28.04.2021 stellte die MUS fest, dass infolge der Erkrankungen aus ärztlicher Sicht keine dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten gemäß § 26 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) bestehe. Auch die Voraussetzungen für eine begrenzte Dienstfähigkeit seien nicht gegeben. Dies wurde der Klägerin mit Schreiben vom 26.05.2021 mitgeteilt; sie erhielt einen Abdruck des Gesundheitszeugnisses.
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Mit Schreiben vom 13.07.2021 und vom 11.10.2021 legte die Klägerin neuerliche Arztbriefe einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vor und ersuchte erneut um Anerkennung einer begrenzten Dienstfähigkeit. Nach Rücksprache mit der MUS teilte die Regierung der Klägerin am 29.09.2021 mit, dass sie diesbezüglich einen neuen Antrag auf Überprüfung der Dienstfähigkeit über das Schulamt … stellen und diesen auch begründen müsse. Aufgrund einer Eingabe der Klägerin mit E-Mail vom 19.10.2021 beantragte das Schulamt … unter dem 22.10.2021 die erneute Überprüfung der Dienstfähigkeit unter Berücksichtigung der neu vorgelegten Unterlagen/Arztbriefe. In der Folge beauftragte die Regierung am 02.11.2021 die MUS mit der amtsärztlichen Begutachtung der Klägerin. Mit Zwischengutachten vom 22.11.2021 stellte die MUS fest, dass infolge der Erkrankungen derzeit keine dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten gemäß § 26 Abs. 1 BeamtStG bestehe; auch die Voraussetzungen für eine begrenzte Dienstfähigkeit seien nicht gegeben. Darüber hinaus wurde aufgrund des in die Begutachtung eingeflossenen Krankheitsbildes sowie der längeren Erkrankung der Klägerin seit dem 14.09.2021 eine Wiedereingliederungsmaßnahme mit 14 Wochenstunden ab dem 06.12.2021 und mit 21 Wochenstunden ab dem 10.01.2022 festgelegt. Zudem sollte eine psychiatrische Zusatzbegutachtung durch einen Facharzt erfolgen. Die Klägerin erhielt einen Abdruck des Zwischenzeugnisses. Mit Schreiben der Regierung vom 29.11.2021 wurde der Klägerin die Unterrichtspflichtzeit aus gesundheitlichen Gründen entsprechend der im Zwischengutachten festgelegten Wiedereingliederungsmaßnahme reduziert.
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Mit Schreiben vom 13.12.2021 beauftragte die Regierung Herrn … (Facharzt für Psychiatrie) mit der psychiatrischen Untersuchung der Klägerin und ersuchte um gutachterliche Stellungnahme im Zusammenhang mit der Überprüfung der Dienstfähigkeit. Ein Begutachtungstermin fand am 02.02.2022 statt.
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Mit Schreiben vom 08.02.2022 zeigte der Bevollmächtigte der Klägerin deren Vertretung an und beschrieb den Begutachtungstermin vom 02.02.2022 als „ungewöhnlich“. Der Klägerbevollmächtigte teilte zudem dem Gutachter mit, dass sein Fachgutachten auf Basis des Gesprächs vom 02.02.2022 erstellt werden solle.
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Zwischenzeitlich verlängerte die Regierung der Klägerin im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme zur Überbrückung bis zum 08.04.2022 die Ermäßigung ihrer Unterrichtspflichtzeit auf 21 Wochenstunden.
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Mit Schreiben vom 30.03.2022 legte die MUS das abschließende Gesundheitszeugnis vor. Unter Einbeziehung des psychiatrischen Fachgutachtens und unter Berücksichtigung der seitens der Klägerin vorgelegten Arztbriefe sowie ihres weiteren Vorbringens gelangte die MUS zu dem Ergebnis, dass ein Missverhältnis zwischen Dauer und Anlass der Krankschreibungen sowie dem Umfang der therapeutischen Maßnahmen bestehe. Eine psychiatrische Diagnose sei aufgrund der vorliegenden Befunde nicht zu stellen. Eine Beeinträchtigung der Dienstfähigkeit sei nicht erkennbar. Es bestehe keine dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten gemäß § 26 Abs. 1 BeamtStG. Die Voraussetzungen für eine begrenzte Dienstfähigkeit seien nicht gegeben.
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In der Folge lehnte die Regierung einen seitens des Klägerbevollmächtigten gestellten Antrag auf weitere Verlängerung der Wiedereingliederungsmaßnahme über den 08.04.2022 hinaus ab. Daraufhin meldete sich die Klägerin ab dem 25.04.2022 krank. Das Staatliche Schulamt … beantragte sodann am 15.06.2022 erneut die Überprüfung der Dienstfähigkeit der Klägerin. Mit Schreiben der Regierung vom 13.07.2022 wurde der MUS ein entsprechender Untersuchungsauftrag erteilt. Mit Schreiben vom 19.07.2022 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Klägerin seit dem 20.06.2022 wieder im Dienst sei und bat um Aufhebung des Untersuchungsauftrags. Letzteres wurde im Anschluss durch die Regierung veranlasst.
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Mit Schreiben vom 05.08.2022 wandte sich der Klägerbevollmächtigte an die Regierung und machte geltend, dass Unsicherheit über die derzeitige Situation bestehe und eine abschließende Entscheidung über den Antrag auf Dienstzeitreduzierung getroffen werden solle. Daraufhin teilte die Regierung mit Schreiben vom 05.09.2022 mit, dass der Teilzeitantrag nach Art. 88 BayBG vom 11.01.2021 mit Schreiben vom 12.04.2021 mit dem Ergebnis verbeschieden worden sei, dass für die Zeit bis zum 31.07.2022 ein Teilzeitmaß von 24 Mindeststunden festgelegt worden sei. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass ein neuer Teilzeitantrag zu stellen sei, wenn eine weitere Teilzeitbeschäftigung für das neue Schuljahr gewünscht sei. Nach den Vorgaben des Kultusministeriums sei nach wie vor ein Mindeststundenmaß von 24 Wochenstunden abzuleisten; eine weitere Reduzierung sei nicht genehmigungsfähig.
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Über das Schulamt … wurde für die Klägerin ein am 17.10.2022 bei der Regierung eingegangener neuer Teilzeitantrag vom 13.09.2022 nach Art. 88 BayBG für das Schuljahr 2022/2023 eingereicht. Beantragt wurde wiederum eine Reduzierung auf 20 bzw. 21 UWS.
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Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem Schuljahr 2022/2023 Teilzeit in Höhe von 21 Wochenstunden auf Basis von 28 Wochenstunden zu bewilligen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antrag der Klägerin auf Teilzeitbeschäftigung vom 11.01.2021 durch die Regierung von Beginn an falsch behandelt worden sei. Über die beantragte Antragsteilzeit sei nie entschieden worden, daher bestehe ein Anspruch auf Verbescheidung. Die Voraussetzungen des Art. 88 BayBG seien erfüllt. Dienstliche Belange oder sonstige wichtige Gründe stünden einer Genehmigung vorliegend nicht entgegen. Soweit die Beklagtenseite auf kultusministerielle Vorgaben verweise, wonach bei Grundschullehrern eine Reduzierung der Arbeitszeit auf maximal 24 Stunden möglich sei, weil ein erheblicher Bedarf an Grundschullehrern bestehe, gehe dies nicht mit der Lehrerbedarfsprognose einher. Denn aus letzterer ergebe sich, dass das Angebot an Lehrkräften im Jahr 2020 mit 1.810 den Bedarf von 1.210 erheblich überstiegen habe. Darüber hinaus sei das KMS nicht geeignet, das auch für Lehrkräfte geltende Recht auf Antragsteilzeit nach Art. 88 BayBG auszuhebeln. Allgemeine Vollzugshinweise, wie sie sich aus dem KMS ergäben, seien nicht geeignet, einen gesetzlich gewährten Anspruch und die diesbezüglichen Voraussetzungen in der geschehenen pauschalen Form zu konkretisieren. Der Dienstherr trage die Beweislast dafür, das konkrete zwingende dienstliche Belange dem Antrag auf Antragsteilzeit entgegenstünden. Ein pauschaler Verweis auf ein KMS aus Januar 2020 sei insoweit nicht hinreichend. Soweit der Dienstherr zur Kompensation von fehlenden Lehrern in anderen Schulbereichen wie Mittelschule und Förderschule Grundschullehrer einsetze und damit zu einer künstlichen Verknappung von Grundschullehrkräften beitrage, könne dies nicht zum Erlöschen eines Anspruchs aus Art. 88 BayBG führen. Zudem sei das KMS auch aus übergeordneten rechtlichen Gründen nicht in der Lage zu einem vollständigen Ausschluss der Antragsteilzeit in einem Umfang unterhalb von 24 Wochenstunden zu führen. Denn die vorgetragenen zwingenden dienstlichen Belange seien nur dann eine ordnungsgemäße und das Gesetz ausfüllende Handlungsdirektive, wenn auch Ausnahmen möglich seien. Eine solche Ausnahme sei z. B. dann unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht erforderlich, wenn eine Lehrkraft – wie vorliegend – durch ärztliche Dokumente darlege, dass sie zu einer weiteren Leistung von 24 Wochenstunden dauerhaft nicht in der Lage sei. Dieser Umstand sei im Rahmen der Ermessensausübung zu beachten, was durch die strikte Handhabung des KMS vom 07.01.2020 und vom 05.02.2020 verhindert werde. Es gehe nicht darum, dass die Klägerin bereits aktuell eingeschränkt dienstfähig sei, sondern darum, die entsprechenden Warnsignale – wie sie hier durch ärztliche Bescheinigungen dargelegt seien – schon im Vorfeld aus Fürsorgegesichtspunkten zu berücksichtigen. Auch sei die strenge Handhabung der kultusministeriellen Vorgaben auf den Grundschulbereich beschränkt, weshalb dem klägerischen Antrag auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung stattzugeben sei.
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Mit Schriftsatz vom 03.11.2022 beantragt die Regierung für den Beklagten,
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich die Klage als unbegründet erweise. Soweit klägerseits auf den Teilzeitantrag der Klägerin vom 11.01.2021 Bezug genommen werde, sei daran erinnert, dass über diesen bereits mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 12.04.2021 entschieden worden sei. Im Bescheid vom 12.04.2021 sei der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2021 bis 31.07.2022 Teilzeit entsprechend der maximal möglichen Reduzierung der Unterrichtswochenstunden auf 24 Wochenstunden nach den Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (KMS III – BP7028-4b.703 vom 07.01.2020 und KMS III.5 – BP7020.0 – 4b.11127 vom 05.02.2020) gewährt worden. Dieses Mindestmaß diene der Sicherung der Unterrichtsversorgung und stelle insofern einen dienstlichen Belang im Sinne des Art. 88 Abs. 1 BayBG dar. Auch den Anträgen der Klägerin auf Überprüfung der Dienstfähigkeit vom 19.01.2021 und vom 19.10.2021 sei nachgekommen worden, beide Male mit dem Ergebnis, dass weder die Voraussetzungen für eine dauernde Dienstunfähigkeit noch für eine begrenzte Dienstfähigkeit vorlägen. Die Klägerin habe auch in der Sache keinen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit von 28 auf 21 UWS gemäß Art. 88 BayBG. Insoweit werde vollumfänglich auf den Beschluss des VG Augsburg vom 12.11.2020 – Au 2 E 20.1953 und den diesen bestätigenden Beschluss des BayVGH vom 25.01.2021 – 3 CE 20.2959 verwiesen, die eine vergleichbare Fallkonstellation beträfen. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe als oberste Dienstbehörde mit dem KMS III – BP7028-4b.703 vom 07.01.2020 und dem KMS III.5 – BP7020.0 – 4b.11129 vom 05.02.2020 dienstliche Belange generell festgestellt und festgelegt, ab wann diese der Gewährung von Antragsteilzeit entgegenstünden. Diese regelten ausweislich des jeweiligen Betreffs Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung an Grund- und Mittelschulen ab dem Schuljahr 2020/2021 (KMS III – BP7028-4b.703 vom 07.01.2020) sowie die Sicherung der Unterrichtsversorgung an Grund-, Mittel- und Förderschulen und Schulen für Kranke (KMS III.5 – BP7020.0 – 4b.11127 vom 05.02.2020). Eine weitere gesonderte Rechtsgrundlage sei hierfür nicht erforderlich. Die das dienstliche Bedürfnis vorprägende verwaltungspolitische Entscheidung zur erforderlichen Personalstärke und zum Einsatz der vorhandenen Lehrkräfte beruhe auf den regelmäßigen Bayerischen Lehrerbedarfsprognosen des hierfür zuständigen Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (vgl. Art. 92 Abs. 2 BayBG). Für den Bereich der Grundschullehrkräfte für die Jahre 2022 bis 2024 weise diese einen Bedarf an Lehrkräften von 1.730 bis 1.950 aus. Ausweislich der in diesem Zusammenhang für den Beklagten verbindlichen Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (KMS III – BP7028-4b.703 vom 07.01.2020 und KMS III.5 – BP7020.0 – 4b.11127 vom 05.02.2020) sei ein Mindeststundenmaß von 24 Wochenstunden abzuleisten. Die organisatorische Entscheidung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, die Mindestgrenze bei Antragsteilzeit für Lehrkräfte auf 24 UWS festzusetzen, sei angesichts der Feststellungen in den aktuellen Lehrerbedarfsprognosen inhaltlich nicht zu beanstanden. Vor diesem Hintergrund könne die Klägerin eine Reduzierung ihrer UWS auf 21 nicht beanspruchen.
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In Erwiderung hierauf trägt der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 18.11.2022 ergänzend vor, dass zu keinem Zeitpunkt eine Änderung des Teilzeitantrages der Klägerin vom 11.01.2021, der auf 21 UWS gelautet habe, mit dieser besprochen worden sei. Durch die Bezugnahme des Beklagten auf die Zahlen der Lehrerbedarfsprognose werde keine Aussage dazu getroffen, inwieweit der aktuelle Bedarf an Grundschullehrkräften durch eingestellte Grundschullehrer abgedeckt gewesen sei. Vielmehr weise die Lehrerbedarfsprognose für 2022 ein Überangebot von Grundschullehrkräften aus. Auch zum Zeitpunkt des Erlasses der KMS vom 07.01.2020 und vom 05.02.2020 habe das Angebot ausweislich der Lehrerbedarfsprognose den Bedarf überschritten. Mithin habe kein Anlass dafür bestanden, die Gewährung von Stundenreduzierungen einzuschränken. Dennoch einen Mangel an Grundschullehrern anzunehmen, sei lediglich dergestalt denkbar, dass Grundschullehrer in anderen Schulzweigen eingesetzt gewesen seien. Darauf lasse sich jedoch die Ablehnung der klägerseits beantragten Teilzeit gemäß Art. 88 BayBG nicht stützen. Die KMS vom 07.01.2020 sowie vom 05.02.2020 erwiesen sich zum Zeitpunkt ihres Erlasses aufgrund der Lehrerbedarfsprognose 2020 als ermessensfehlerhaft. Selbst wenn derzeit ein Mehrbedarf über Angebot vorliege, ändere dies nichts an dem Umstand, dass die nun zu treffende Entscheidung mit den KMS aus dem Jahr 2020 auf eine fehlerhafte Basis gestützt werden solle. Dies komme einem Ermessensausfall gleich. Art. 88 BayBG stelle eine Soll-Vorschrift dar, so dass ein Antrag auf Stundenreduzierung nur aus nachvollziehbaren dienstlichen Belangen abgelehnt werden könne.
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Mit Bescheid vom 14.12.2022 reduzierte die Regierung die Unterrichtspflichtzeit der Klägerin als Teil der regelmäßigen Arbeitszeit gemäß Art. 88 BayBG vom 01.01.2023 bis einschließlich 31.07.2023 von 28,00 auf 24,00 Unterrichtsstunden. Im Übrigen wurde der Teilzeitantrag der Klägerin vom 13.09.2022 abgelehnt, da dienstliche Belange der Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und der Bildungsauftrag des Staates einer weiteren Stundenreduzierung entgegenstünden. Der Bedarf an Lehrkräften in den kommenden Jahren könne nicht durch die vorhandenen Bewerber gedeckt werden. Nicht zuletzt belegten aktuelle Bedarfsprognosen einen sichtbaren Bedarfsanstieg, der nicht durch die vorhandenen Bewerber gedeckt werden könne. Die in den letzten Jahren bereits zusätzlich geschaffenen Lehrerstellen seien zur Bedarfsdeckung nicht ausreichend, da teilweise neue Bedarfe entstanden seien. Betrachtet werden dürfe dabei nicht nur die Situation an der konkreten Schule oder im Schulamtsbezirk, sondern die Gesamtsituation in ganz Bayern. Daher habe das Kultusministerium unverändert klargestellt, dass bei der Entscheidung über die Antragsteilzeit rein persönliche Gründe der Lehrkräfte grundsätzlich eine untergeordnete Rolle spielten, den dienstlichen Gründen der Sicherung der Unterrichtsversorgung ein viel höheres Gewicht beizumessen sei und ein Mindeststundenmaß von 24 Unterrichtswochenstunden einzuhalten sei. Der Personalrat habe der teilweisen Ablehnung des Teilzeitantrags zugestimmt.
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Mit Schriftsatz vom 22.12.2022 beantragt der Klägerbevollmächtigte,
die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 14.11.2022, Az. …, verurteilt, der Klägerin ab dem Schuljahr 2022/2023 Teilzeit in Höhe von 21 Wochenstunden auf Basis von 28 Wochenstunden zu bewilligen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass hinsichtlich der nunmehr getroffenen Entscheidung des Beklagten eine Antragsergänzung veranlasst sei. Der Bescheid vom 14.12.2022 stelle weiterhin auf die Vorgabe des Kultusministeriums ab und gehe davon aus, dass rein persönliche Gründe der betreffenden Lehrkraft nur eine untergeordnete Rolle spielten und den dienstlichen Gründen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung ein höheres Gewicht beizumessen sei. Die Regierung fasse offensichtlich Leistungseinschränkungen von Lehrkräften als rein persönliche Gründe auf und gehe davon aus, dass auch gesundheitliche Belange den dienstlichen Gründen im Zusammenhang mit der Unterrichtsversorgung untergeordnet seien. Dies verkürze die Anwendung von Art. 88 BayBG in rechtswidriger Weise und stelle eine Verletzung der Fürsorgepflicht dar. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn beinhalte als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums auch, dass bei reduzierter Leistungsfähigkeit ein reduziertes Leistungsangebot gemacht werden müsse, um letztlich eine vollständige Dienstunfähigkeit zu vermeiden.
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Mit Schriftsatz vom 14.12.2022 verzichtete der Vertreter des Beklagten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Weiter erklärte die Regierung mit Schriftsatz vom 09.01.2023, dass mit der Einbeziehung des antragsablehnenden Teils des Bescheids vom 14.12.2022 in das hiesige Klageverfahren Einverständnis bestehe und an dem Verzicht auf mündliche Verhandlung festgehalten werde. Mit Schriftsatz vom 12.01.2023 erklärte der Klägerbevollmächtigte sein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Entscheidungsgründe
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Mit Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Durch die Änderung des Klageantrags mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 22.12.2022 wurde erstmalig die Teilaufhebung des Bescheides der Regierung vom 14.11.2022 beantragt, mit welchem die Arbeitszeit der Klägerin gemäß Art. 88 BayBG bis zum Ende des Schuljahres 2022/2023 von 28,00 auf 24,00 UWS reduziert, der Teilzeitantrag vom 13.09.2022 im Übrigen jedoch abgelehnt worden ist. Dieser Übergang von einer Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) auf eine Versagungsgegenklage, stellt bereits keine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO dar, vielmehr ist die in Rede stehende Veränderung des Klageantrags ohne Weiteres gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig (vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2005 – 22 A 04.40061 – juris Rn. 17). Im Übrigen liegen auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 Alt. 1 VwGO vor, da der Beklagte mit Schriftsatz vom 09.01.2023 ausdrücklich seine Einwilligung zur Änderung des Klageantrags erklärte.
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Die zulässige Versagungsgegenklage erweist sich jedoch als unbegründet. Die teilweise Ablehnung des klägerischen Teilzeitantrags mit Bescheid vom 14.11.2022 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitere Reduzierung ihrer Teilzeitbeschäftigung durch eine Verringerung der zu leistenden Wochenstunden auf 21.
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1. Der klägerseits begehrten Antragsteilzeit von 21 UWS stehen dienstliche Belange entgegen.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist Art. 88 Abs. 1 BayBG. Demnach soll Beamtinnen und Beamten auf Antrag die Arbeitszeit bis zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit ermäßigt werden, soweit dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Die Ausgestaltung als „Soll-Vorschrift“ führt wegen des dadurch beschränkten Ermessens dazu, dass die Ermäßigung der Arbeitszeit regelmäßig zu gewähren ist, wenn keine dienstlichen Belange entgegenstehen; ist dies aber der Fall, muss der Antrag auf die begehrte Herabsetzung der Stundenzahl abgelehnt werden (Conrad in Weiß/Niedermeier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: März 2023, Art. 88 BayBG Rn. 37).
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Bei dem negativen Tatbestandsmerkmal („dienstliche Belange nicht entgegenstehen“) handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ohne dass dem Dienstherrn insoweit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Allerdings ist zu beachten, dass dienstliche Belange in Ausübung des dem Dienstherrn zustehenden Organisationsermessens maßgebend durch verwaltungspolitische Entscheidungen geprägt werden, die nur beschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegen. (BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 21.03 – juris Rn. 10 zu § 88 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG SH). Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn zur Umsetzung gesetzlicher und politischer Ziele die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre Priorität zu bestimmen und ihre Erfüllung durch Bereitstellung personeller und sachlicher Mittel zu sichern. Dem Dienstherrn kommt hinsichtlich der die dienstlichen Belange maßgeblich (vor) prägenden verwaltungspolitischen Entscheidungen über die zur effektiven Aufgabenerfüllung erforderliche Personalstärke und den Einsatz des vorhandenen Personals eine Einschätzungsprärogative und eine organisatorische Gestaltungsfreiheit zu mit der Folge, dass diese Entscheidungen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind (vgl. VGH BW, B.v. 27.7.2017 – 4 S 1764/16 – NVwZ-RR 2017, 926 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 25.1.2021 – 3 CE 20.2959 – juris Rn. 8; VG Augsburg, B.v. 12.11.2020 – Au 2 E 20.1953 – juris Rn. 24). Dabei ist die oberste Dienstbehörde befugt, die in ihrem Bereich entgegenstehenden dienstlichen Belange generell festzustellen und festzulegen, ab wann diese Belange der Gewährung von Antragsteilzeit entgegenstehen (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 21.03 – juris Rn. 17).
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Dies hat das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit den KMS vom 07.01.2020 (Az. III – BP7028 – 4b.703) und vom 05.02.2020 (Az. III.5 – BP7020.0 – 4b.11127) getan. Sie regeln ausweislich des jeweiligen Betreffs Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung an Grund- und Mittelschulen ab dem Schuljahr 2020/2021 (KMS vom 07.01.2020) sowie die Sicherung der Unterrichtsversorgung an Grund-, Mittel- und Förderschulen und Schulen für Kranke – Vollzugsbestimmungen (KMS vom 05.02.2020) und setzen das zu erbringende Mindestmaß bei Antragsteilzeit für Lehrkräfte und Fachlehrkräfte im Grund- und Mittelschulbereich auf 24 Wochenstunden fest. Eine weitere gesonderte Rechtsgrundlage ist nicht erforderlich. Die Vollzugshinweise dienen vielmehr der Ausfüllung des Begriffs der „dienstlichen Belange“ in Art. 88 Abs. 1 BayBG, für die der Dienstherr die Darlegungslast trägt (vgl. VGH BW, B.v. 27.7.2017 – 4 S 1764/16 – juris Rn. 17). Diese das dienstliche Bedürfnis vorprägende verwaltungspolitische Entscheidung zur erforderlichen Personalstärke und zum Einsatz der vorhandenen Lehrkräfte an den Grundschulen beruht auf der Bayerischen Lehrerbedarfsprognose des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus von Mai 2020. Nach Art. 92 Abs. 2 BayBG trifft die oberste Dienstbehörde, hier also das Kultusministerium, die Entscheidungen nach Art. 88 BayBG. Zwar kann sie ihre Befugnisse durch Rechtsverordnung auf andere Behörden übertragen. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass für den Lehrerbedarf auf den Regierungsbezirk … abzustellen wäre (vgl. VG Augsburg, B.v. 12.11.2020 – Au 2 E 20.1953 – juris Rn. 25).
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Aus der Lehrerbedarfsprognose 2020 ist zunächst ersichtlich, dass das Angebot an Lehrkräften an den Grundschulen im Jahr 2020 (1.810) den Bedarf an Lehrkräften (1.210) überstieg (Abbildung 7a Bl. 24 der Lehrerbedarfsprognose 2020). Allerdings ergibt sich aus der Prognose (dort S. 25) ebenfalls, dass aufgrund der besonderen Bedarfssituation im Schuljahr 2020/2021 Grundschullehrkräfte auch an Mittelschulen und Förderschulen hätten eingesetzt werden müssen. Im Schuljahr 2020 fehlten an der Mittelschule 440 Lehrkräfte (S. 26 Abb. 9a Lehrerbedarfsprognose 2020), an der Förderschule 340 Lehrkräfte (S. 28 Abb. 11a). Daraus ist ersichtlich, dass das Defizit an Lehrkräften an den Mittel- und Förderschulen nicht durch den bestehenden Überhang an Grundschullehrkräften (600) im Jahr 2020 gedeckt werden konnte. Der schulartfremde Einsatz der Grundschullehrkräfte gehört dabei zu der oben genannten verwaltungspolitischen – vom Gericht nur eingeschränkt überprüfbaren – Entscheidung des Dienstherrn in Bezug auf den Einsatz des vorhandenen Personals unter Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen, Art. 21 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes (BayLBG) (vgl. VG Augsburg, B.v. 12.11.2020 – Au 2 E 20.1953 – juris Rn. 26).
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Die bereits im Jahr 2020 angespannte Personalsituation an Grundschulen hat sich nach den Ausführungen der Bayerischen Lehrerbedarfsprognose 2022 in den hier zu betrachtenden Jahren 2022 und 2023 weiter zugespitzt. So überstieg der Bedarf an Lehrkräften im Jahr 2022 (1.730) das Angebot (1.430) um 300 Lehrkräfte. Auch im Jahr 2023 ergibt sich ein Bedarf an Lehrkräften (1.590), der nicht durch das vorhandene Gesamtangebot (1.460) gedeckt werden kann (vgl. Abb. 7a Bl. 24 der Lehrerbedarfsprognose 2022). Ausweislich der weiteren Ausführungen der Lehrerbedarfsprognose 2022 werde das Gesamtangebot den rechnerischen Einstellungsbedarf erst im Jahr 2025 wieder übersteigen. Insbesondere die zuletzt stark angestiegenen Geburtenzahlen ließen in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts den Einstellungsbedarf auf hohem Niveau verweilen – selbst ohne Berücksichtigung der noch zusätzlich benötigten Lehrkräfte infolge der Ukraine-Krise. Zudem würden Ersatzbedarfe für zweitqualifizierte Lehrkräfte, die an ihre originär angestrebte Schulart (Realschule, Gymnasium) wechselten, erwartet. Für die kurz- und mittelfristige Bedarfsdeckung müssten daher Zweitqualifizierungsmaßnahmen fortgeführt werden (S. 25 der Lehrerbedarfsprognose 2022). Die Lehrerbedarfsprognose 2022 verweist darüber hinaus auf die Notwendigkeit der Fortführung der mit den KMS vom 07.01.2020 (Az. III – BP7028 – 4b.703) und vom 05.02.2020 (Az. III.5 – BP7020.0 – 4b.11127) eingeführten Maßnahmen freiwilliger und dienstrechtlicher Art zur Gewinnung von Lehrerkapazitäten (Arbeitszeitkonto für Grundschullehrkräfte, Anhebung des Mindeststundenmaßes bei Antragsteilzeit, Anhebung der Altersgrenze bei Antragsruhestand, Aussetzen der Genehmigung von Sabbatmodellen). Zudem wird klargestellt, dass bereits jetzt weitere bedarfssenkende Maßnahmen wie die teilweise Ersetzung von Grundschullehrkräften durch anderes Personal in den Randbereichen der Stundentafeln umgesetzt würden und sich andernfalls an den Grundschulen schon bald eine Lücke im mittleren dreistelligen Bereich aufbauen würde (S. 25 der Lehrerbedarfsprognose 2022).
33
Vor dem Hintergrund der Ausführungen der Lehrerbedarfsprognose 2020, die von Klägerseite nicht substantiiert in Zweifel gezogen wurden, ist die organisatorische Entscheidung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (Vollzugsbestimmungen im KMS vom 05.02.2020, 2.), mit dem ab dem Schuljahr 2020/2021 die neue Mindestgrenze bei Antragsteilzeit für Lehrkräfte an Grundschulen auf 24 Stunden heraufgesetzt wird, nicht zu beanstanden. Das unter anderem mit dieser Maßnahme verfolgte Ziel der landesweiten Sicherung einer gleichmäßigen Unterrichtsversorgung für Grund-, Mittel- und Förderschulen kann auch für das hier fragliche (laufende) Schuljahr nicht ernsthaft infrage gestellt werden, ebenso wenig die für die Erreichung dieses Ziels grundsätzliche Eignung der Heraufsetzung der Mindestgrenze bei Antragsteilzeit. Denn auch aus der neuerlichen Lehrerbedarfsprognose 2022 ergibt sich – in gegenüber dem Jahr 2020 noch deutlicherer Weise –, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Grundschulausbildung gefährdet ist.
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Nach alledem stehen einer weiteren Arbeitszeitreduzierung der Klägerin dienstliche Belange i.S.v. Art. 88 Abs. 1 BayBG entgegen, so dass ihr Teilzeitantrag, soweit er das Wochenstundenkontingent von 24 UWS überstieg, abgelehnt werden musste. Ein Ermessen stand dem Beklagten dabei nicht zu. Vielmehr kann die eingeschränkte Ermessensausübung bei Art. 88 Abs. 1 BayBG erst beginnen, wenn festgestellt ist, dass dienstliche Belange der Teilzeitbeschäftigung nicht entgegenstehen (vgl. Conrad in Weiß/Niedermeier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: März 2023, Art. 88 BayBG Rn. 37).
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2. Der klägerseits geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 des Grundgesetzes – GG), weil die Erhöhung der Mindestwochenstundenanzahl nicht für Lehrkräfte an den Realschulen bzw. den Gymnasien gilt, liegt nicht vor. Es fehlt insoweit bereits am Vorliegen wesentlich gleich gelagerter Sachverhalte. Im Jahr 2020 (und im Jahr 2021) überstieg für die Realschule das Angebot an Lehrkräften den Bedarf (vgl. Abbildung 13a Bl. 30 Lehrerbedarfsprognose 2020); gleiches galt auch für das Gymnasium (Abbildung 15a S. 32 Lehrerbedarfsprognose 2020). Ferner ist zu berücksichtigen, dass Lehrkräfte mit dem Lehramt an Realschulen und mit dem Lehramt an Gymnasien nicht direkt regulär an Grund-, Mittel- oder Förderschulen zum Einsatz kommen können und zur Deckung des dortigen Bedarfs Sondermaßnahmen für Lehrkräfte dieser Lehrämter angeboten werden. Soweit sich aus der Lehrerbedarfsprognose 2022 für Realschullehrkräfte in den Jahren 2022 und 2023 ebenfalls eine Personalunterdeckung von 120 bzw. 160 ergibt (vgl. Abb. 13a Bl. 30 Lehrerbedarfsprognose 2022), ist diese jedenfalls im Jahr 2022 nicht mit dem Mehrbedarf von 300 Lehrkräften im Grundschulbereich vergleichbar. Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass Grundschullehrkräfte gemäß Art. 21 BayLBG auch an den nach wie vor erheblich von Personalmangel betroffenen Mittelschulen eingesetzt werden können (vgl. Abb. 9a Bl. 26 Lehrerbedarfsprognose 2022). Hinsichtlich der Gymnasien übersteigt das Angebot auch in den Jahren 2022 und 2023 den jeweiligen Bedarf erheblich (vgl. Abb. 15a Bl. 32 Lehrerbedarfsprognose 2022).
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3. Die Ablehnung einer weiteren Arbeitszeitreduzierung der Klägerin verstößt auch nicht gegen die in § 45 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) geregelte Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Die Fürsorgepflicht kann zwar grundsätzlich Anspruchsgrundlage für Leistungen des Dienstherrn sein, die aber nicht über das hinausgehen dürfen, was einer Beamtin bzw. einem Beamten durch spezialgesetzliche Regelung an Rechten abschließend gewährt ist. Da dem Antrag der Klägerin dienstliche Belange entgegenstehen, begründet ihre Berufung auf die Fürsorgepflicht keinen Anspruch auf eine weitere Ermäßigung der Wochenstundenzahl (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2008 – 15 ZB 07.153 – juris Rn. 6; VG Augsburg, B.v. 12.11.2020 – Au 2 E 20.1953 – juris Rn. 32).
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4. Soweit die Klägerin ihre gesundheitliche Situation zur Begründung des Anspruchs anführt, ist davon auszugehen, dass nach dem jüngsten Gesundheitszeugnis der MUS vom 30.03.2022, welches auf der Grundlage eines psychiatrischen Fachgutachtens vom 17.03.2022 erstellt wurde, die Voraussetzungen einer begrenzten Dienstfähigkeit bei der Klägerin nicht vorliegen. Dieser Einschätzung der mit den besonderen Anforderungen des öffentlichen Dienstes vertrauten Amtsärztin kommt nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als privatärztlichen Bescheinigungen (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.2001 – 1 DB 8.01 – ZBR 2001, 297; B.v. 20.1.1976 – I DB 16.75 – BVerwGE 53, 118; OVG NW, B.v. 18.2.2004 – 6 B 2059/03; B.v. 10.10.2000 – 6 B 4554/00). Im Vergleich zu einem Privatarzt, der bestrebt sein wird, das Vertrauen der Patientin bzw. des Patienten zu ihm zu erhalten, kann ein Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und auch unabhängig abgeben. Diese Neutralität und Unabhängigkeit verleiht der Beurteilung durch den Amtsarzt neben dessen speziellem Sachverstand ein höheres Gewicht (vgl. BVerwG, U.v. 9.10.2002 – 1 D 3.02 – juris). Damit kommt der Klägerin ein Anspruch auf weitere Herabsetzung der Arbeitszeit auch unter dem Gesichtspunkt der begrenzten Dienstfähigkeit gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG nicht zu. Darüber hinaus ist die Frage, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für eine begrenzte Dienstfähigkeit nach § 27 BeamtStG vorliegen, bereits nicht Streitgegenstand des hiesigen Klageverfahrens.
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Im Übrigen ist kein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts bekannt, dass das Interesse einer uneingeschränkt dienstfähigen Beamtin ausschließlich an ihrer gesundheitlichen Schonung durch Bewilligung von Teilzeit überhaupt einen Belang darstellt, der geeignet ist, die dienstlichen Belange des Dienstherrn an der Erbringung der vollen Arbeitsleistung der Beamtin zu überlagern. Vielmehr ist hinsichtlich der dienstlichen Beanspruchung im Grundsatz davon auszugehen, dass jede Beamtin bzw. jeder Beamte dem Dienstherrn für jede ihrer bzw. seiner Laufbahn und ihrem bzw. seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Aufgabe zur Verfügung steht und damit verbundene Belastungen hinnehmen muss (vgl. VG München, U.v. 15.11.2013 – M 21 K 12.1372 – juris Rn. 26; VG Augsburg, B.v. 12.11.2020 – Au 2 E 20.1953 – juris Rn. 33).
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Mithin war die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin hat als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus
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§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.