Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 14.12.2023 – B 4 K 22.724
Titel:

Klimaentscheid, Zulassung eines Bürgerbegehrens, Bestimmtheit der Fragestellung, Anforderungen an die Bestimmtheit der Fragestellung

Normenketten:
GO Art. 18a
GO Art. 61
VwGO § 42 Abs. 1 Alt. 2
Leitsatz:
2. Mit einem Bürgerentscheid können auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderats ausgefüllt werden müssen. Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Fall eines Erfolgs reicht. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klimaentscheid, Zulassung eines Bürgerbegehrens, Bestimmtheit der Fragestellung, Anforderungen an die Bestimmtheit der Fragestellung, Kommunlarecht
Fundstellen:
ESG 2024, 78
LSK 2023, 42212
BeckRS 2023, 42212

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung und begehren die Zulassung eines von ihnen eingereichten Bürgerbegehrens.
2
Die Kläger sind Vertreter des Bürgerbegehrens „Klimaentscheid …“.
3
Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautete:
„Sind Sie dafür, dass die Stadt …
1. die Verwaltung beauftragt, innerhalb von einem Jahr nach Erfolg des Bürgerentscheids, einen konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan (1) zu erstellen, mit dem eine echte Klimaneutralität (2) (3) bis 2030 erreicht wird;
2. den Maßnahmenplan
- direkt im Anschluss an seine Erstellung im Rahmen einer Bürgerversammlung oder eines Online-Äquivalents vorstellt und mit den Bürger:innen diskutiert;
- unmittelbar danach überarbeitet und umsetzt;
3. dafür sorgt, dass
- die Verwaltung die Umsetzung des Maßnahmenplans überprüft, dokumentiert und den Maßnahmenplan allen Bürger:innen barrierefrei zur Verfügung stellt;
- der/die Oberbürgermeister:in jährlich über die Umsetzung des Maßnahmenplans und das Erreichen der Reduktion der CO2e-Emissionen* öffentlich Rechenschaft ablegt;
- bei allen zukünftigen Stadtratsbeschlüssen deren Auswirkungen auf das Erreichen des Zieles Klimaneutralität 2030 in der Beschlussvorlage deutlich gemacht werden müssen?”
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Am 2. Juni 2022 wurde das Bürgerbegehren durch Übergabe von 1066 Unterschriftenlisten bei dem Oberbürgermeister der Beklagten eingereicht. Mit Schreiben vom 20. Juni 2022 teilte die Beklagte den Initiatoren des Bürgerbegehrens mit, dass 3502 Unterschriften gültig seien und das erforderliche Quorum von 6% der Stimmberechtigten erfüllt werde.
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Mit Stadtratsbeschluss vom 29. Juni 2022 entschied der Stadtrat der Beklagten einstimmig, dass das Bürgerbegehren „Klimaentscheid …“ formell zulässig sei. Ebenso mit Stadtratsbeschluss vom 29. Juni 2022 entschied der Stadtrat mehrheitlich (25 gegen 15 Stimmen), dass das Bürgerbegehren „Klimaentscheid …“ materiell unzulässig sei und damit insgesamt nicht zugelassen werde.
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Mit Bescheid vom 5. Juli 2022 wies die Beklagte das am 2. Juni 2022 eingereichte Bürgerbegehren „Klimaentscheid …“ als unzulässig zurück.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das vorgelegte Bürgerbegehren enthalte unzulässige Formulierungen. Die Forderung in Ziffer 1 des Bürgerbegehrens verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Forderung, einen verbindlichen Maßnahmenplan zu erstellen, beinhalte nach dem objektiven Erklärungsinhalt zugleich eine vorbehaltlose Umsetzungsverpflichtung. Aus dem Wort „verbindlich“ folge, dass die darin enthaltenen Maßnahmen ohne jede Einschränkung umzusetzen seien. Auch die Formulierung „mit dem eine echte Klimaneutralität bis 2030 erreicht wird“ lasse unmissverständlich auf ein direktes Umsetzungserfordernis schließen. Dieses übergeordnete Ziel könne nur erreicht werden, wenn der Maßnahmenplan auch tatsächlich umgesetzt werde. Da der konkrete Maßnahmenkatalog aber noch nicht feststehe, könne sich die Beklagte nicht zu dessen Umsetzung verpflichten (lassen), ohne den Inhalt bzw. die finanziellen Auswirkungen zu kennen. Der geforderte Maßnahmenplan selbst solle nach der Begründung des Bürgerbegehrens aufzeigen, welcher Stellenbedarf und welche Kosten zur Umsetzung geschätzt würden. Damit sei nicht auszuschließen, dass dessen Umsetzung tatsächlich oder rechtlich wegen Verstoßes gegen die Haushaltsgrundsätze rechtswidrig bzw. sogar unmöglich sei. Ein Bürgerentscheid dürfe nicht zu einer Gefährdung der stetigen Aufgabenerfüllung oder einer unzulässigen Verschuldung führen. Der „Klimastadtplan …“ aus Juli 2020 könne für eine grobe Kostenschätzung als Anhaltspunkt herangezogen werden; es werde von einem Investitionsanteil der Kommune von 767 Millionen Euro ausgegangen, wovon 39 Millionen pro Jahr anfielen. Hinzu kämen laufende Kosten in Höhe von 1.798 Millionen Euro bis 2050, davon 60 Millionen jährlich. Der Personalbedarf werde mit 1.411 Vollzeitstellen angesetzt, was nahezu eine Verdoppelung des städtischen Personals bedeuten würde. Auch Ziffer 2 der Forderung verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Es sei widersprüchlich, wenn ein verbindlicher Maßnahmenplan gefordert werde, aber dennoch eine Diskussion des Maßnahmenplans mit den Bürgern und eine anschließende Überarbeitung erfolgen solle. Die Fragestellung lege nicht fest, mit welcher Zielsetzung diese Überarbeitung stattzufinden habe. Es sei nicht klar, inwiefern die Überarbeitung des Maßnahmenplans zulässig sei, beispielsweise, ob auch Überarbeitungsvorschläge von Bürgern berücksichtigt werden dürften, die ein Weniger an Klimaschutzmaßnahmen mit sich brächten. Es sei weiterhin zu unbestimmt, was genau seitens der Beklagten umgesetzt werden müsse. Der Bescheid wurde den Klägern per Postzustellungsurkunde jeweils am 7. Juli 2022 zugestellt.
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Mit Schriftsatz vom 4. August 2022, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, ließen die Vertreter des Bürgerbegehrens durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage erheben und beantragen,
den Bescheid der Beklagten über die Nichtzulassung des Bürgerbegehrens „Klimaentscheid …“ vom 5. Juli 2022 (Az. …*) aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Klimaentscheid …“ zuzulassen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, Ziffer 1 des Bürgerbegehrens verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Aus dem eindeutig angegebenen Ziel „Klimaneutralität 2030“ ergebe sich, dass eine Grundsatzentscheidung darüber getroffen werden solle, ob die Beklagte einen Maßnahmenplan abzielend auf Klimaneutralität 2030 aufstellen soll. Die weiteren Ziffern (insbesondere die Bürgerbeteiligung und die anschließende Überarbeitung) gäben dabei Eckpfeiler vor, die die Beklagte bei der Maßnahmenplanerstellung beachten müsse. Dass das Bürgerbegehren zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Vorgaben für die Erarbeitung des Maßnahmenplans durch die Beklagte formuliere, führe nicht zur Unbestimmtheit der Forderung; der Handlungsauftrag sei eindeutig. Es liege außerdem in der Natur der Sache, dass ein solcher Grundsatzbeschluss nur Eckpunkte enthalte und der Beklagten bewusst einen Gestaltungsspielraum belasse. Ebenso sei es Wesen eines Grundsatzbeschlusses, dass die finanziellen Auswirkungen noch nicht im Detail feststünden. Auch das Wort „verbindlich” sei unschädlich. Es werde für Unterzeichnende aus dem Kontext eindeutig klar, dass das Ziel auch wirklich erreicht werden soll. Es wäre verwirrend und unzulässig, nur einen unverbindlichen Maßnahmenkatalog zu fordern. Denn ein Bürgerbegehren müsse eine rechtlich verbindliche Entscheidung herbeiführen (vgl. Art. 18a Abs. 13 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern – GO; nachfolgend jeweils in der zum Zeitpunkt der Urteilsfällung geltenden Fassung vom 31. Dezember 2023) und dürfe keine bloße Meinungsäußerung oder einen bloßen Appell mit „politischer Signalwirkung” darstellen. Ebenso sei es unschädlich, dass sich die Beklagte durch das Bürgerbegehren zur Umsetzung eines Plans verpflichten lasse, dessen Inhalt noch nicht feststehe; sie habe es selbst in der Hand, welche Maßnahmen sie für die Erreichung des Ziels wählen möchte und könne bei unterschiedlichen Möglichkeiten beispielsweise bewusst die jeweils kostengünstigere wählen. Vergleichbar sei die vorliegende Konstellation – da die Beklagte bereits einen Maßnahmenplan mit einem abweichenden Ziel (Jahr 2040) erstellt habe – mit einer Bauleitplanung, die durch eine Gemeinde bereits in Gang gesetzt sei. Auch bei einer solchen Bauleitplanung wäre ein Bürgerbegehren, das den Zielen der Gemeinde bei dieser Bauleitplanung politisch und wirtschaftlich zuwiderlaufe, durchaus zulässig, weil nicht die Abwägungsentscheidung selbst betroffen sei. Die Ablehnung damit zu begründen, man könne sich nicht zu etwas verpflichten lassen, das noch nicht im Detail feststehe, sei sachlich unzutreffend und verkenne den Maßstab, den Verwaltungsgerichte an die Formulierung von Bürgerbegehren stellen; es müsse Bürgern auch ohne juristische Vorkenntnisse und Detailwissen über Verwaltungsabläufe möglich sein, Bürgerbegehren zu formulieren. In anderen Bundesländern seien förmliche Verwaltungs- und Planungsverfahren bzw. Bauleitplanverfahren nach dem jeweiligen Gesetzeswortlaut von Bürgerbegehren ausgeschlossen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass dies in Bayern zulässig sei. Erst recht gelte dies für die Erstellung eines Maßnahmenplans in einem nicht-förmlichen Verfahren, bei dem die Beklagte zudem in der Ausgestaltung völlig frei wäre – abgesehen von der Vorgabe, dass irgendeine Form von Bürgerversammlung stattfinden solle (Ziffer 2 der Forderung). Die Erstellung des Maßnahmenplans inklusive der dabei stattfindenden Abwägungen liege nach der vorliegenden Forderung aber sogar ausdrücklich bei der Beklagten, denn es seien gerade nur Eckpunkte vorgegeben, womit sie größtmöglichen Planungsspielraum habe, da nur das Ziel (Klimaneutralität 2030) vorgegeben werde. Es wäre unzulässig, der Beklagten die einzelnen Maßnahmen vorzugeben, da damit ihr Handlungsspielraum erheblich beschränkt wäre. Auch bei einem „verbindlichen” Maßnahmenplan bestehe nicht die Gefahr, dass die Beklagte in Zukunft irgendwann Maßnahmen umsetzen müsse, mit denen sie gegen Haushaltsgrundsätze verstoße. Denn sie habe es selbst in der Hand, Maßnahmen zu wählen, die das Ziel ohne Verstoß gegen Haushaltsgrundsätze verwirklichen. Die Behauptung der Beklagten, dass die Maßnahmen ohne jede Einschränkung umgesetzt werden müssten, treffe nicht zu. Vielmehr könne es in Zukunft aufgrund einer Änderung der Sachlage zu einem Wegfall der Bindungswirkung kommen. Es sei für die mündigen Bürger vorliegend klar ersichtlich, wie die Forderung nach einer Diskussion mit Bürgern und nach anschließender Überarbeitung gemeint sei: Zunächst solle die Verwaltung beauftragt werden, einen Maßnahmenplan zu erarbeiten. Das Wort „verbindlich” betone in diesem Zusammenhang, dass es sich um einen Plan handele, der konkrete und umsetzbare Maßnahmen enthalte und nicht nur eine lose Ideensammlung sei. Zudem stelle das Wort „verbindlich” klar, dass der Stadtrat letztlich nach fertiger Überarbeitung und nach Einarbeitung der Bürgervorschläge diesen Plan auch tatsächlich umsetzen müsse und der Plan nicht als bloßes Konzeptpapier weiterbestehe. Das Ziel solle also für die Beklagte indisponibel sein, nicht jedoch der Weg dorthin. Insofern beinhalte dieser Aspekt eine Abstimmung über eine Regelung zum Verfahren der Maßnahmenplanaufstellung, die – da es sich um ein nicht-förmliches Verfahren handele – nicht im Gesetz vorgesehen sei. Sie könne aber verglichen werden mit Öffentlichkeitsbeteiligungsvorschriften in förmlichen Planaufstellungsverfahren (z.B. der Bauleitplanung), wo die Einbeziehung der Belange der Öffentlichkeit sogar gesetzlich vorgeschrieben sei. Hinsichtlich des Vortrags, dass nicht festgelegt sei, mit welcher Zielsetzung die Überarbeitung stattzufinden habe, werde entgegengehalten, dass sich aus der Forderung und der zugehörigen Begründung eindeutig ergebe, welche Anregungen bei der Überarbeitung berücksichtigt werden sollen. Das Ziel – Klimaneutralität bis 2030 – sei dort unmissverständlich festgehalten. Daraus folge, dass sowohl Vorschläge eingearbeitet werden dürfen, die in konkreten Punkten weniger Klimaschutz (z.B. eine langsamere Umstellung bestimmter Aspekte), als auch solche, die mehr Klimaschutz bedeuten. Es müsse lediglich darauf geachtet werden, dass in der Summe das vorgegebene Ziel erreicht werde. Es ergebe sich klar aus dem Kontext, dass es bei der Bürgerbeteiligung darum gehe, die Meinung der Bürger zu hören und in die Überlegungen zumindest mit einzubeziehen. Es liege kein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vor. Das streitgegenständliche Bürgerbegehren gebe die einzelnen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität 2030 nicht vor, sondern überlasse die Auswahl und Ausgestaltung vielmehr der Beklagten. Somit stehe noch gar nicht fest, welche finanziellen Mittel bei der Umsetzung der Maßnahmen zum Einsatz kämen. Die Beklagte sei bei Erstellung und Umsetzung des Maßnahmenplans an die Gesetze gebunden und daher gehalten, das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Ein Verstoß gegen eben dieses Gebot könne im Forderungstext gerade nicht liegen, weil vorliegend nicht das vorgegebene Ziel über die Einhaltung dieses Grundsatzes entscheide, sondern es darauf ankomme, auf welchem Weg dieses Ziel erreicht werde. Maßnahmen zur Senkung von Treibhausgas-Emissionen seien alles andere als unnötig, wie nicht zuletzt immer wieder die eindringlichen Berichte des Intergovernmental Panel on Climate Change, aber auch die Treibhausgasbilanz der Beklagten selbst zeige. Auch eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung und Leistungsfähigkeit sei nicht gegeben, es drohe keine Überschuldung. Es sei festzustellen, dass der „Klimastadtplan …” nicht als Grundlage für eine Kostenschätzung dienen könne, weil die darin enthaltenen Zahlen für die Beurteilung, welche Finanzmittel für die Zielerreichung Klimaneutralität 2030 nötig sind, ungeeignet seien. Die korrekten und aktuellen Zahlen fänden sich in der mittlerweile durch die Beklagte erstellten Treibhausgasbilanz und deutlich zutreffendere Kostenschätzungen im Klimaschutzkonzept für die Stadt … Art. 20a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) gebe vor, dass der Staat die natürlichen Lebensgrundlagen auch in Verantwortung für die zukünftigen Generationen schützen soll. Da es im vorliegenden Bürgerbegehren um einen verfassungsrechtlich fundierten Zweck gehe, würden von der Beklagten besondere Anstrengungen zur Beschaffung der hierfür erforderlichen finanziellen Mittel verlangt werden können. Auch spare es für die Beklagte erhebliche Kosten, je früher Klimaneutralität auf dem Stadtgebiet erreicht werde.
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Mit Schriftsatz vom 16. September 2022 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil das Bürgerbegehren „Klimaentscheid …“ materiell unzulässig sei. Es sei für den Bürger nicht erkennbar, was Erreichung „echter Klimaneutralität“ für die Beklagte im Einzelnen bedeute, insbesondere welche (zum Teil durchaus drastischen) Maßnahmen der zu erstellende Maßnahmenplan beinhalten müsse bzw. was bei dessen Umsetzung auf sie zukommen werde. Demzufolge sei den Bürgern nicht bewusst, welche Maßnahmen gemäß Ziffer 1 der Fragestellung als Inhalte des „verbindlichen Maßnahmenplans“ für die Stadt verbindlich festgelegt werden und gemäß Ziffer 2 der Fragestellung umgesetzt werden sollen. Die bloße Herbeiführung eines Grundsatzbeschlusses zur „Klimaneutralität 2030“ mit der Maßgabe, dass die Beklagte eine entsprechende Machbarkeitsstudie bzw. einen Klimaaktionsplan abzielend auf Klimaneutralität 2030 aufstellen soll, wäre möglicherweise zulässig. Für einen wie vorliegend geforderten konkreten Maßnahmenplan müssten für einen mittelfristigen Zeitraum von acht Jahren bereits alle Einzelmaßnahmen detailliert durchgeplant sein, was aufgrund der hohen Dynamik der Marktbedingungen, der Förderkulisse von Bund und Freistaat sowie der sich wandelnden rechtlichen Gegebenheiten nicht möglich sei. Auch könne die CO2-Einsparung für transformative Anreizprogramme oder verbesserte Infrastrukturmaßnahmen allenfalls sehr grob geschätzt werden. Ein Klimaschutzaktionsplan für das Ziel Klimaneutralität 2030 oder 2035 enthalte hingegen in erster Linie Szenarien für eine Zielerreichung über Mindestziele für einzelne Handlungsfelder und eine Einschätzung der indirekten oder direkten Einflussmöglichkeiten der Kommune. Unverständlich sei die Forderung zu Kompensationen bei Nichterreichung einer „echten Klimaneutralität“, oder konkreter, wie in Erläuterung (2) der Unterschriftenlisten definiert sei, der Treibhausgasneutralität. Erläuterung (1) fordere, dass im Maßnahmenplan nachvollziehbar aufgezeigt werden solle „wie viele CO2e-Emissionen pro Jahr in welchen Bereichen eingespart und wie etwaige Kompensationen durchgeführt werden sollen,“ was eine jährliche Kompensationsleistung suggeriere, die folgerichtig im Maßnahmenplan integriert sein müsse. In Erläuterung (3) hingegen sei von einer Kompensation „ab 2030“ die Rede, also einer Kompensationsleistung, die sich im Anschluss an den Maßnahmenplan aus nicht erreichten Zielen ergebe. Dabei stelle sich die Frage, ob der Maßnahmenplan das Ziel Klimaneutralität 2030 auch ohne Kompensationszahlungen erreichen können solle und nur die Emissionen, die (wider Erwarten) bis 2030 nicht eingespart werden (können) im Anschluss ausgeglichen werden sollen, oder ob der Maßnahmenplan in sich von einer Nichterreichung des kompensationsfreien Klimaneutralitätszieles ausgehen und von vornherein gewisse Kompensationszahlungen als Ausgleich vorsehen dürfe. Zudem stelle sich wegen einer weiteren missverständlichen Formulierung die Frage, welchen Anteil der Treibhausgase die Beklagte eigentlich kompensieren soll. In Erläuterung (3) sei die Rede von einem „Maßnahmenplan, der Klimaneutralität […], soweit es in den Zuständigkeitsbereich der Stadt fällt, verwirklicht bzw. entsprechende Anreize setzt.“ Dabei sei unklar, ob nur nicht vermeidbare CO2e-Emissionen im eigenen Zuständigkeitsbereich durch Kompensationszahlungen ausgeglichen werden müssen und was in diesem Sinne „in den Zuständigkeitsbereich der Stadt fällt“. Sei hier nur die Treibhausgasminderung und Kompensation für den Anteil an Emissionen aus städtischen Gebäuden und Fahrzeugen gemeint (dann wäre das bereits bestehende Ziel der Beklagten ambitionierter als die Forderung des Bürgerbegehrens) oder sei hier auch die Einflussnahme auf Beteiligungen gemeint, oder würden sogar infrastrukturelle Verbesserungen und fördertechnische Anreizsysteme als Zuständigkeit der Stadt angesehen, obwohl es sich hier um Maßnahmen handele, die nur indirekt wirken und letztlich voraussetzen würden, dass die Stadtgesellschaft aufgrund der Anreize ihr Verhalten ändere? Die im Bürgerbegehren verwendete Formulierung lasse offen, nach welchem Maßstab bzw. bis zu welcher Grenze die Überarbeitung erfolgen solle bzw. dürfe; es sei zum Zeitpunkt der Abgabe der Unterschriften völlig offen gewesen, welcher überarbeitete Maßnahmenkatalog später einmal verpflichtend umgesetzt werden solle. Lediglich hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass das Ziel echter Klimaneutralität bis 2030 auch für unmöglich gehalten werde. Ein Bürgerbegehren sei gemäß Art. 18a Abs. 1 GO nur über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises möglich und die Kommune dürfe nur tätig werden, soweit sie auch zuständig sei. Damit sei der Handlungsrahmen der Beklagten zur Erreichung der Klimaneutralität 2030 stark eingeschränkt. Das Erreichen echter Klimaneutralität bis 2030 mache Maßnahmen erforderlich, die außerhalb des Einflussbereichs der Kommune lägen. Es sei vielmehr eine globale Herausforderung, für die die rechtlichen Rahmenbedingungen auf EU-, Bundes- und Landesebene geschaffen werden müssten. Der Vergleich mit Klimazielen und deren wissenschaftlicher Beurteilung auf EU-, Bundes-, Landes- und Regionalebene zeige, dass 2030 als Klimaneutralitätsziel als nicht erreichbar angesehen werde. Ein Vergleich mit der Stadt Er... lasse erkennen, dass die Forderung „Klimaneutralität 2030“ unmöglich sei. Die Stadt Er... erstelle zurzeit mit dem ...-Institut den Fahrplan zum Klima-Aufbruch Er..., bei dem unter anderem die notwendigen Maßnahmen für das Szenario Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles/ Klimaneutralität 2030 ermittelt würden. Die Gesamtkosten lägen aktuell in einem mittleren sechsstelligen Bereich für den gesamten Erfassungsprozess. Laut der ...-Studie müsse etwa der PKW-Verkehr in Er... bis 2028 um 75% reduziert werden und das verbleibende Viertel auf vollständige E-Mobilität umgestellt werden; der ÖPNV müsse um das Vierfache ausgebaut werden; die PV-Leistung müsse jährlich um mehr als die Hälfte der derzeitig installierten Leistung in der Größenordnung von etwa 14 Fußballfeldern (knapp 100.000 m2) ausgebaut werden; die Sanierungsrate im privaten Wohnbereich müsse umgehend um das Fünf- bis Siebenfache erhöht werden. Da die Beklagte im Verhältnis zu Er... erst sechs Jahre später ein Klimaschutzkonzept erarbeitet und somit noch nicht die Vorreiterposition dieser Kommune erreicht habe, erscheine es der Beklagten aus den genannten Gründen unmöglich, echte Klimaneutralität bis 2030 in … erreichen zu können.
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Daraufhin replizierte die Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 10. November 2022 im Wesentlichen ergänzend, es sei für die Bürger bei Unterzeichnung des Bürgerbegehrens durchaus erkennbar gewesen, welche Maßnahmen die Forderung nach Klimaneutralität 2030 mit sich bringen würde. Bei objektiver Betrachtung sei offensichtlich, dass mit diesem Ziel und dem entsprechenden Maßnahmenplan auch individuelle Einschnitte und andere Änderungen der Lebensverhältnisse für die Bürger verbunden sein können; die Medien würden auf lokaler wie bundesweiter Ebene seit Langem täglich über Klimaschutz-Themen und die Veränderungen, die notwendig seien, um die Klimaziele zu erreichen, berichten. Das nötige Wissen, um diesen Sachverhalt zu verstehen, sei als Grundwissen bei der … Bevölkerung vorhanden. Auch, dass das Ziel Klimaneutralität 2030 besonders schnelle und intensive Maßnahmen erfordere, sei für die Unterzeichnenden offensichtlich gewesen. Immerhin gebe es Klimaschutzziele bereits auf höherer Ebene, etwa auf Bundes- und Länderebene (Klimaneutralität 2045 bzw. 2040). Maßstab für die Bestimmtheit der Forderung sei nicht ein uninformierter, desinteressierter und unmündiger Bürger, sondern ein an den kommunalpolitischen Vorgängen der Gemeinde interessierter Bürger. Die Tatsache, dass Maßnahmen, Einsparpotentiale und Kosten noch unbekannt seien, sei kein Hindernis für die Erstellung eines konkreten Maßnahmenplans. Die Begründung der Forderung berücksichtige bereits, dass aufgrund teils unsicherer Zukunftsentwicklungen nicht exakt vorhersehbar sei, wie sich Kosten oder Fördermöglichkeiten entwickeln würden. Dementsprechend halte Erläuterung (1) ausdrücklich fest, dass bei Schwierigkeiten bei der Datenerhebung auf Durchschnittswerte zurückgegriffen und der Bedarf an Kosten und Personal geschätzt werden könne. Es dürfe genügend Studien und Einschätzungen über die zu erwartenden Entwicklungen geben, sowohl was CO2e-Einsparpotentiale bestimmter Maßnahmen angehe, aber auch, was prognostizierte Kostenentwicklungen angehe. Für die Beklagte gebe es mit der Treibhausgasbilanz und dem integrierten Klimaschutzkonzept der Beklagten bereits eine gute Datengrundlage für die nötigen Schätzungen. Zudem sei der zeitliche Planungshorizont von acht Jahren durchaus überschaubar und bei größeren Projekten oder Entwicklungsvorhaben von Kommunen nicht unüblich. Die Erstellung eines „konkreten und verbindlichen Maßnahmenplans“ bedeute, dass die einzelnen Maßnahmen enthalten sein müssen, die zur Klimaneutralität 2030 nötig seien. Inwiefern der Forderungstext bzgl. Kompensationen unverständlich sein solle, sei nicht nachvollziehbar; eine jährliche Kompensationsleistung sei keineswegs suggeriert. Die Beklagte ziehe diese Schlussfolgerung aus Erläuterung (1); die Worte „pro Jahr“ bezögen sich unmissverständlich nur darauf, wie viele CO2e-Emissionen pro Jahr eingespart werden sollen. Der zweite Halbsatz (eingeleitet durch die Konjunktion „und”) stehe davon unabhängig und enthalte den Bestandteil „pro Jahr” gerade nicht. Der Forderungstext suggeriere also keineswegs, dass schon für die Jahre vor 2030 eine jährliche Kompensationsleistung vorgesehen werden müsse. Demnach sei auch kein Widerspruch zu Erläuterung (3) zu erkennen, wo von einer Kompensation „ab 2030“ die Rede sei. Eindeutig und für alle Unterzeichnenden offensichtlich sei damit, dass Kompensationen keinesfalls vor 2030 nötig seien. Schließlich enthalte die Forderung keinen Restbudget-Ansatz, der die Einhaltung eines rechnerischen Budgets an CO2e-Emissionen verlangen würde. Für den Minderungspfad bis dahin gebe es keine Vorgaben, sodass folglich während der Durchführung der Maßnahmen bis 2030 die noch vorhandenen Emissionen nicht ausgeglichen werden müssen. Dem Argument, die Forderung sei unbestimmt, weil die Kosten für die Umsetzung nicht abschätzbar seien, sei entgegenzuhalten, dass den Bürgern klar sei, dass dies Änderungen beispielsweise in den Bereichen Mobilität und Energie mit sich bringen würde, und sich auch individuelle Verhaltensweisen aufgrund dieser Notwendigkeit ändern müssen. Art. 20a GG und dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (Az. 1 BvR 2656) lasse sich entnehmen, dass das Bürgerbegehren keinesfalls mit einem Verweis darauf abgelehnt werden dürfe, dass es sich um eine globale Herausforderung handle, die … gar nicht allein bewältigen könne. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Klimaschutzgesetzes (BayKlimaG) empfehle kommunalen Gebietskörperschaften ausdrücklich, ab 2030 ihre verbleibenden Treibhausgasemissionen zu kompensieren. Dies sei keine zwingende Vorgabe, zeige jedoch, dass Klimaneutralität im Sinne der vorliegenden Forderung (Reduktion der reduzierbaren und Kompensation der nicht reduzierbaren Emissionen) offenbar als erreichbar angesehen werde. Die Vergleiche mit Klimazielen und der wissenschaftlichen Beurteilung auf EU-, Bundes-, Länder- und Regionalebene seien kein valides Argument für eine Unmöglichkeit der vorliegenden Forderung. Insbesondere lasse sich dem Klimaschutzbericht entnehmen, dass die Ziele des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) Mindestziele seien. Darüber hinaus zeige der Bericht, dass es eine Reihe an wichtigen Treibern für Treibhausgasminderungen gebe, die letztlich indirekt auch die Erreichung von Klimaneutralität 2030 in … erleichtern würden. Die Zielsetzung für den Freistaat für 2030 laute, dass „mindestens“ 65% der Emissionen gegenüber 1990 zu reduzieren seien; da es sich um ein Mindestziel handele, könne dieses Ziel übertroffen werden. Die Beklagte übersehe, dass nicht „Emissionsfreiheit bis 2030“, sondern „Klimaneutralität 2030“ gefordert werde. Klimaneutralität sei ein Zustand, bei dem Emissionen, die (noch) nicht reduziert werden konnten, ab 2030 vollständig durch Kompensation ausgeglichen werden können. Die Beklagte habe Einflussnahmemöglichkeiten auf diese Rahmenbedingungen, wobei sie erheblichen Handlungsspielraum habe, gewisse Verhaltensmuster zu ermöglichen und zu verstärken.
13
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2022 trug die Beklagte im Wesentlichen ergänzend vor, ein mündiger Bürger, der sich für Klimaschutz interessiere, könne die Begrifflichkeiten wie Klimaneutralität, CO2-Neutralität, Treibhausgasneutralität und Emissionsfreiheit nicht ohne Weiteres unterscheiden und verstehen. Selbst wenn man sich vor Unterzeichnung des Bürgerbegehrens mit der Klimaproblematik eingehend beschäftigt habe, gebe es unzählige Möglichkeiten, Schwerpunkte im Bereich des Klimaschutzes zu setzen, sodass ein Bürger nicht annähernd habe erkennen können, welche konkreten Maßnahmen und gegebenenfalls Einschnitte mit der Forderung einhergehen würden. Der erhebliche Erklärungsaufwand der Gegenseite, wie die Forderung eigentlich habe verstanden werden sollen, zeige, dass diese nicht nur stark auslegungsbedürftig sei, sondern auch genügend Anlass zu Missverständnissen biete. Die Regierung von … habe die rechtsaufsichtliche Genehmigung der städtischen Haushaltsatzung 2022 – neben der bereits bekannten Auflage zur Reduktion freiwilliger Leistungen – mit folgender neuer Auflage verbunden: „Bevor neue Investitionsmaßnahmen begonnen werden, sind die bereits begonnenen Maßnahmen abzuschließen. Es ist darauf zu achten, dass nur solche Vorhaben in den Haushaltsplan aufgenommen werden, die auch tatsächlich realisiert werden können.“ Die haushaltskonforme Umsetzung kostenintensiver Klimaschutzmaßnahmen sei demnach nur sichergestellt, sofern bereits begonnene Investitionen fortgeführt würden, was die Aussage der Klägervertreterin widerlege, dass es nicht verboten sei, Ausgaben für bisherige freiwillige Leistungen stattdessen in freiwillige Klimaschutzmaßnahmen fließen zu lassen. Sobald die Handlungsmöglichkeiten von Kommunen hinsichtlich Klimaschutzmaßnahmen gesetzlich ausgeweitet würden, werde die Beklagte ohne zu zögern von den ihr neu eröffneten Möglichkeiten und Handlungsspielräumen Gebrauch machen.
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Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2022 ergänzte die Klägerbevollmächtigte daraufhin im Wesentlichen, dass die städtische Haushaltssatzung jedes Jahr neu beschlossen werde, womit der Stadtrat jedes Jahr erneut die Möglichkeit habe, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren und andere Projekte (insbesondere klimaschädliche) zur Seite zu legen, soweit keine rechtlichen Bindungen bestünden. Auch die Regierung von … sei an § 13 KSG und Art. 20a GG gebunden, weshalb sie auch bei der Entscheidung über die Genehmigung des Haushaltes z.B. zu berücksichtigen habe, ob die Klimafolgekosten bei Unterlassen einer Klimaschutzmaßnahme womöglich sogar deutlich höher ausfallen bzw. wie stark die Einschränkungen der … Bevölkerung zukünftig sein würden, wenn man die notwendigen Investitionen in die Energiewende und eine klimafreundliche Lebensweise in der Stadt verzögere. Es werde darauf hingewiesen, dass sich die Stadt Nürnberg mit dem Klimaentscheid Nürnberg (der ebenfalls Klimaneutralität 2030 fordere) auf die Übernahme der zentralen Punkte der Forderung geeinigt habe, was zeige, dass die Beklagte es sich mit der pauschalen Behauptung der Unmöglichkeit zu einfach mache.
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Daraufhin äußerte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 im Wesentlichen dahingehend, dass der vom Nürnberger Stadtrat in seiner Sitzung am 14. Dezember 2022 gefasste Beschluss lediglich vorsehe, rasch ein externes Planungsbüro mit einem Integrierten Klimaschutzkonzept zu beauftragen sowie dem Stadtrat im Frühjahr 2023 einen aktuellen Statusbericht zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen vorzulegen. Hieraus ergebe sich keine direkte Umsetzungspflicht für den späteren Maßnahmenplan.
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Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2023 verwiesen. Ergänzend wird nach § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
17
Die Klage ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
18
1. Die vorliegend erhobene Versagungsgegenklage gemäß Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist zulässig. Insbesondere ändert der Wegzug der Klägerin zu 1) aus dem Gebiet der Beklagten nichts an der Klagebefugnis der Kläger im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, weil das Gesetz an die Person des Vertreters des Bürgerbegehrens keine besonderen, über die Geschäfts- und Prozessfähigkeit hinausgehenden Anforderungen stellt. Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO gibt insoweit lediglich vor, dass das Bürgerbegehren bis zu drei Personen benennen muss, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten (ausführlich dazu BayVGH, U.v. 25.7.2007 – 4 BV 06.1438 – juris Rn. 42).
19
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Bescheid vom 5. Juli 2023 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Sie haben keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, weil die unterbreitete Fragestellung gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstößt. Zum einen ist die Fragestellung an sich nicht hinreichend bestimmt (dazu unter a.), zum anderen ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Begründung des Bürgerbegehrens keine hinreichend bestimmte Fragestellung (dazu unter b). Schließlich ist – ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme – auch fraglich, ob das Ziel des Bürgerbegehrens überhaupt (noch) erreicht werden kann (dazu unter c.).
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a. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens verstößt gegen den Grundsatz der inhaltlichen Bestimmtheit, weil sie für den Bürger weder hinreichend konkret erkennen lässt, wofür bzw. wogegen er abstimmt (dazu unter aa.), noch zu welchen Maßnahmen die Beklagte verpflichtet werden soll (dazu unter bb.).
21
Die Zulassung eines Bürgerbegehrens setzt voraus, dass die mit ihm unterbreitete Fragestellung ausreichend bestimmt ist (st. Rspr. des BayVGH, statt vieler BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 24 m.w.N.). Das bedeutet zwar nicht zwingend, dass es zur Umsetzung des Bürgerentscheids nur noch des Vollzugs durch den Bürgermeister im Rahmen der laufenden Angelegenheiten im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO bedarf. Mit einem Bürgerentscheid können vielmehr auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderats ausgefüllt werden müssen. Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Fall eines Erfolgs reicht (BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 8.4.2005 – 4 ZB 04.1246 – juris Rn. 10; vgl. auch OVG Lüneburg, B.v. 10.9.2004 – 10 ME 76/04 – juris Rn. 3 m.w.N.). Die auf eine Grundsatzentscheidung abzielenden Bürgerbegehren unterliegen damit strengeren Bestimmtheitsanforderungen als entsprechende Beschlussanträge im Gemeinderat, der an seine früheren Entscheidungen in keiner Weise gebunden ist und nicht vollzugsfähige Beschlüsse jederzeit präzisieren kann (BayVGH, B.v. 22.3.2022 – 4 CE 21.2992 – juris Rn. 17 m.w.N.).
22
Gleichwohl dürfen an die Bestimmtheit und damit an die sprachliche Abfassung der Fragestellung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr verlangt das Gesetz eine Fragestellung, die von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnis formuliert werden kann. Vor diesem Hintergrund kann es notwendig sein und ist es zulässig, den Inhalt einer Frage durch Auslegung zu ermitteln, bei der eine wohlwollende Tendenz gerechtfertigt ist, um das Rechtsinstitut Bürgerbegehren für die Bürger handhabbar zu machen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass das sachliche Begehren aufgrund des objektiven Erklärungsinhalts, wie er in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden kann, erkennbar ist (OVG RhPf, U.v. 25.9.2019 – 10 A 10472/19 – juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 4 B 11.221 – juris Rn. 21 m.w.N.).
23
In der jüngeren Rechtsprechung stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nunmehr darauf ab, dass sich die geforderte inhaltliche Bestimmtheit der gestellten Frage bereits unmittelbar aus dem Abstimmungstext ergeben muss und sich gerade nicht erst aufgrund einer Zusammenschau mit der auf den Unterschriftenlisten abgedruckten Begründung ermitteln lassen darf (BayVGH, B.v. 22.3.2022 – 4 CE 21.2992 – juris Rn. 22; bestätigend BayVGH, B.v. 29.3.2023 – 4 CS 22.2412 – juris Rn. 26). Diese Ansicht fußt auf der Überlegung, dass die nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO geforderte Begründung lediglich den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens in der Phase der Unterschriftensammlung vorliegt, nicht hingegen den abstimmenden Bürgern im Rahmen des später stattfindenden Bürgerentscheids. Ab Zulassung des Bürgerbegehrens (Art. 18a Abs. 9 GO) verliert die ursprüngliche Begründung damit jede rechtliche Bedeutung. Von diesem Zeitpunkt an können die vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens etwa bei der Darstellung ihres Abstimmungsvorschlags in Veröffentlichungen der Gemeinde (Art. 18a Abs. 15 GO) auch gänzlich andere oder zusätzliche Gründe anführen, die aus ihrer (nunmehrigen) Sicht für eine Stimmabgabe zugunsten des Bürgerentscheids sprechen. Die bei der Unterschriftensammlung verwendete Begründung des Bürgerbegehrens kann daher im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids – auch nach Auffassung der Kammer, die sich der nachvollziehbaren Argumentation anschließt – grundsätzlich nicht zur Auslegung des von der Aktivbürgerschaft Gewollten herangezogen werden (BayVGH, B.v. 22.3.2022 – 4 CE 21.2992 – juris Rn. 22; bestätigend BayVGH, B.v. 29.3.2023 – 4 CS 22.2412 – juris Rn. 26; ähnlich bereits OVG NW, B.v. 21.6.2013 – 15 B 697/13 – juris Rn. 13 und OVG NW, B.v. 15.5.2014 – 15 B 499/14 – juris Rn. 18, wonach die Begründung insbesondere Aufschluss über die Motive des Bürgerbegehrens geben soll, um dessen Sinn und Zweck nachvollziehen zu können; es werde nicht von der Verpflichtung entbunden, die Frage selbst hinreichend bestimmt zu formulieren; offen lassend VG Potsdam – U.v. 2.3.2017 – 1 K 3918/16 – juris Rn. 42; a.A. VGH BW, U.v. 28.3.1988 – 1 S 1493/87, abgedruckt bei Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand 1.9.2023, 41.03 sowie OVG RhPf, U.v. 25.9.2019 – 10 A 10472/19 – juris Rn. 29, wonach es auf den objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung zum Ausdruck gebracht wird ankomme; krit. zudem Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand 1.9.2023, 13.04 S. 12a).
24
Vorliegend stützt auch § 22 Abs. 2 der Satzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in … vom 30. März 2022 (die Regelung entspricht der Mustersatzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, dazu: Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand 1.9.2023, 21.00 S. 26c und Erläuterung dazu auf S. 28e: Begründungen und Vertreter gehören nicht zu den notwendigen Bestandteilen eines Bürgerentscheids) die Ansicht der Kammer, dass sich die Bestimmtheit bereits aus der formulierten Fragestellung ergeben muss und die nachfolgende Begründung für die Frage der Bestimmtheit nicht heranzuziehen ist. Denn die Vorschrift regelt, dass auf dem Stimmzettel nur die mit dem Bürgerbegehren unterbreitete oder vom Stadtrat beschlossene Fragestellung abgedruckt wird; darüber hinausgehende Angaben sind unzulässig.
25
Zwar enthält die Abstimmungsbekanntmachung gemäß § 21 Abs. 3 der Satzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in … vom 30. März 2022, sofern ein Bürgerentscheid aufgrund eines zugelassenen Bürgerbegehrens durchgeführt wird, eine Erläuterung des Abstimmungsleiters, die bündig und sachlich sowohl die Begründung der vertretungsberechtigten Personen als auch die Auffassung des Stadtrats zum Gegenstand des Bürgerbegehrens unter Beachtung des Art. 18a Abs. 15 GO beinhaltet. Den vertretungsberechtigten Personen eines Bürgerbegehrens soll zuvor Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt darzulegen und zu formulieren. Jedoch hat es in diesem Fall grundsätzlich der Abstimmungsleiter (dazu § 10 der Satzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in … vom 30. März 2022) in der Hand, wie ausführlich die Begründung des Bürgerbegehrens sowie die Auffassung des Stadtrats abgedruckt werden und es besteht die Möglichkeit, dass die Initiatoren eine andere – nicht demokratisch durch die Unterschriftenliste legitimierte – Begründung anführen (vgl. auch BayVGH, B.v. 22.3.2022 – 4 CE 21.2992 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 29.3.2023 – 4 CS 22.2412 – juris Rn. 26). Gemäß § 16 Abs. 4 der Satzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in … vom 30. März 2022 sind Bekanntmachung und Stimmzettelmuster am Tag der Abstimmung am oder im Eingang des Gebäudes, in dem sich der Abstimmungsraum befindet, anzubringen, was teilweise als Argument dafür herangezogen wird, dass die Begründung des Bürgerbegehrens als Bestandteil der amtlichen Abstimmungsunterlagen bei einer eventuell notwendig werdenden Auslegung herangezogen werden kann (Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand 1.9.2023, 13.04 S. 12b). Diese Ansicht lässt jedoch unberücksichtigt, dass es für den abstimmenden Bürger ein anderes Informationsgewicht hat, wenn Fragestellung und Begründung des Bürgerbegehrens auf der Unterschriftenliste in unmittelbarer Nähe zueinander abgedruckt sind (zu der Vorgabe, dass sich Fragestellung, Begründung und Unterschriften auf der gleichen Seite bzw. jedenfalls auf Vorder- und Rückseite befinden müssen: BayVGH, B.v. 4.2.1997 – 4 CE 96.3435 – BeckRS 1997, 20766; Müller in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand April 2023, Art. 18a Rn. 24), als die Fragestellung am Abstimmungstag isoliert vor sich zu haben, während sich die Begründung etwa im Eingangsbereich des Abstimmungsraumes befindet, die die meisten Bürger lediglich im Vorbeigehen wahrnehmen werden. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass vor allem Briefwahlnutzer die Begründung in diesem Fall allenfalls auf der Abstimmungsbekanntmachung lesen. Nach den jüngsten Wahlerfahrungen der letzten Landtagswahl in Bayern ist dieser Anteil im Jahr 2023 sogar höher als bei den Abstimmenden im Wahllokal (vgl. Pressemitteilung zur Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober 2023, wonach der Anteil der Briefwähler bei 55,1% lag, abrufbar unter: https://www.statistik.bayern.de/presse/mitteilungen/2023/pm22/index.html).
26
aa. Gemessen an diesen Maßgaben genügt die Fragestellung im vorliegenden Fall nicht den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit eines Bürgerbegehrens. Denn den abstimmenden Bürgern ist nicht klar, welchen Inhalt der in Ziffer 1 der Fragestellung geforderte „konkrete und verbindliche Maßnahmenplan“ hat, mit dem eine „echte Klimaneutralität bis 2030“ erreicht werden soll.
27
Für den abstimmenden Bürger ist ohne die beispielhafte Aufzählung der in Betracht kommenden Sektoren unter Fußnote (3) bereits nicht hinreichend erkennbar, welche Sektoren von den zu treffenden Maßnahmen eines solchen Plans an sich und konkret im Stadtgebiet der Beklagten erfasst sein können. Selbst wenn die in Betracht kommenden Sektoren an sich eindeutig wären, bleibt für den abstimmenden Bürger die Frage offen, welchen Inhalt die durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben würde, weil nicht deutlich ist, welche Maßnahmen im Bereich der einzelnen Sektoren eingesetzt bzw. durchgeführt werden würden, um das vorgegebene Ziel zu erreichen (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2021 – 4 CE 21.2576 – juris Rn. 21). Darüber hinaus ist ohne die angeführten Fußnoten nicht verständlich, was die Initiatoren unter einer „echten Klimaneutralität“ verstehen bzw., was der Unterschied zwischen der Bezeichnung „Klimaneutralität“ und „echter Klimaneutralität“ ist. Damit sind zentrale Begrifflichkeiten in der formulierten Fragestellung nicht in sich widerspruchsfrei und aus sich heraus verständlich, sondern bieten Anlass zu Missverständnissen, was gegen die Bestimmtheit der Fragestellung spricht (vgl. OVG NW, B.v. 15.5.2014 – 15 B 449/14 – juris Rn. 10). Zudem ist dem abstimmenden Bürger nicht klar, ob nur solche Maßnahmen erfasst sein sollen, die dem Einflussbereich der Beklagten unterliegen bzw. inwieweit die Beklagte überhaupt Einfluss auf einzelne Sektoren hat.
28
Zwar kann der vorliegend verlangte „konkrete und verbindliche Maßnahmenplan, mit dem eine echte Klimaneutralität bis 2030 erreicht werden soll“ als Grundsatzentscheidung angesehen werden, bei dem das konkrete Ziel „echte Klimaneutralität bis 2030“ eindeutig erkennbar ist (zu Grundsatzentscheidungen und deren Bürgerbegehrensfähigkeit auch OVG RhPf, U.v. 25.9.2019 – 10 A 10472/19 – juris Rn. 38). Gleichwohl ist für die abstimmenden Bürger nach dem Dargestellten bereits nicht ersichtlich, was unter dem Terminus der „echten Klimaneutralität“ und damit unter dem Ziel des Bürgerbegehrens zu verstehen ist (zu einem Grundsatzbeschluss, bei dem die Zielsetzung des Bürgerbegehrens klar und unmissverständlich zum Ausdruck gekommen ist: BayVGH, B.v. 20.12.2021 – 4 CE 21.2576 – juris Rn. 21 f.). Hinzu kommt, dass die Rahmenbedingungen des Bürgerbegehrens – namentlich der Inhalt des umzusetzenden Maßnahmenplans – unübersichtlich sind, weshalb das Bürgerbegehren nicht erkennen lässt, welchen Inhalt die durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben würde. Im Gegenteil, die Tatsache, dass in den Fußnoten, die in der Begründung angeführt werden, erklärt wird, was unter einem „konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan“, „Klimaneutralität“ und „echter Klimaneutralität“ zu verstehen ist, zeigt, dass die Vertreter selbst davon ausgehen, dass die verwendeten Begrifflichkeiten und deren Tragweite nicht aus sich heraus verständlich und die Erläuterungen notwendig sind. Auch in der mündlichen Verhandlung führte die Klägerbevollmächtigte auf Frage des Gerichts, wie nach der Vorstellung der Klägerseite der Stimmzettel eines Bürgerentscheids auszusehen hätte, aus, dass die Erläuterungen in den Fußnoten abzudrucken seien (S. 2 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2023).
29
bb. Aus der Fragestellung lässt sich – auch bei wohlwollender Auslegung – zudem nicht erkennen, wie die sich an die Erstellung anschließende Umsetzung des konkreten und verbindlichen Maßnahmenplans in Ziffer 2 – erst recht nach einer weiteren Überarbeitung – auszusehen hätte.
30
Käme das Bürgerbegehren „Klimaentscheid …“ in der vorliegenden Fassung zur Abstimmung und fände sich dafür die nötige Mehrheit, müsste die Beklagte sämtliche in Betracht kommende Maßnahmen, mit denen eine „echte Klimaneutralität 2030“ erreicht werden kann, sektorenübergreifend auf eine etwaige Erfolgseignung hin untersuchen und sie in einen Maßnahmenplan überführen. Selbst wenn dem abstimmenden Bürger erstens bewusst wäre, welche möglichen Optionen in den verschiedenen Sektoren in Betracht kämen, um eine geforderte „echte Klimaneutralität bis 2030“ zu erreichen und zweitens deutlich wäre, was sich hinter dieser Begrifflichkeit verbirgt (dazu bereits unter aa.), so vermag eine Vielfalt voneinander unabhängiger, auch kumulativ nutzbarer Handlungsoptionen aber selbst ein umfassend informierter Bürger bei seiner Stimmabgabe nicht zu überblicken. Denn er kann nicht im Vorhinein anhand objektiver Maßstäbe oder allgemeiner Erfahrungswerte abschätzen, in welcher Reihenfolge und mit welchem Nachdruck die einzelnen Maßnahmen eingesetzt werden müssten, um eine „echte Klimaneutralität 2030“ zu erreichen (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Konstellation nicht zu überblickender Umsetzungsmaßnahmen: BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 39). Dies gilt umso mehr deshalb, weil der Maßnahmenplan laut Ziffer 2 der Fragestellung direkt im Anschluss an seine Erstellung im Rahmen einer Bürgerversammlung oder eines Online-Äquivalents vorgestellt und mit den Bürgern diskutiert sowie unmittelbar danach überarbeitet und umgesetzt werden soll. Dies verstärkt den Umstand, dass die einzelnen in Betracht kommenden Maßnahmen für den abstimmenden Bürger nicht erkennbar sind und sorgt für weitere Missverständnisse. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das übergeordnete Ziel der Diskussion „echte Klimaneutralität 2030“ ist, ist nicht im Ansatz ersichtlich, inwieweit die Bürgerbeteiligung auf den seitens der Beklagten erstellten Maßnahmenplan einwirken würde. Hinzu kommt, dass sich die Forderung nach der Erstellung eines „konkreten und verbindlichen Maßnahmenplans“ in Ziffer 1 widersprüchlich zu der Forderung in Ziffer 2, diesen Plan mit den Bürgern zu diskutieren, unmittelbar danach zu überarbeiten und wiederum umzusetzen, verhält. Denn es fehlt an Klarheit dahingehend, inwieweit ein Plan, der einerseits „konkret und verbindlich“ sein soll, zur Diskussion gestellt werden kann.
31
Auch bei wohlwollender Auslegung der formulierten Fragestellung ist nicht ersichtlich, was die Beklagte im Einzelnen unternehmen müsste, um einem Bürgerentscheid nachzukommen, der das Ziel „echte Klimaneutralität bis 2030“ festlegt, ohne die dafür einzusetzenden Instrumente zu benennen. Angesichts der mangelnden Bestimmtheit der Fragestellung könnte der Stadtrat in diesem Fall auch nicht von seinem aus Art. 18a Abs. 14 Satz 1 GO folgenden Recht Gebrauch machen, die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme – die Erstellung eines konkreten und verbindlichen Maßnahmenplans, mit dem eine echte Klimaneutralität bis 2030 erreicht werden soll sowie die anschließende Überarbeitung nach Beteiligung der Bürger und anschließender Umsetzungsverpflichtung – von sich aus zu beschließen und damit den Bürgerentscheid überflüssig zu machen. Auch dies belegt, dass das streitgegenständliche Bürgerbegehren hinter den gesetzlich vorausgesetzten inhaltlichen Mindestanforderungen zurückbleibt und demnach unzulässig ist (dazu auch BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 41). Worin der seitens des Bürgerbegehrens erteilte Auftrag zur Erstellung eines konkreten und verbindlichen Maßnahmenplans und dessen Umsetzung im Wesentlichen bestehen soll und wie sich dies auf die im Stadtgebiet der Beklagten wohnenden Bürger unmittelbar bzw. mittelbar auswirkt, bleibt nach der Formulierung der Fragestellung unklar.
32
b. Selbst wenn man – entgegen der Auffassung der Kammer (s.o. unter a.) – die Begründung zur Auslegung der Fragestellung heranziehen würde führt dies nicht dazu, dass die vorliegend zu beurteilende Fragestellung hinreichend bestimmt wäre. Denn auch die Begründung des Bürgerbegehrens eröffnet an einigen Stellen einen weiten Auslegungsspielraum, führt zu Missverständnissen und ist deshalb zu unbestimmt.
33
Zunächst wirft die beispielhafte Aufzählung der Sektoren im Klammerzusatz unter Fußnote (3) die Frage auf, welche weiteren Sektoren in Betracht kommen. Zum einen sorgt dies für Unklarheiten dahingehend, in welchen weiteren Bereichen Maßnahmen geplant bzw. umgesetzt werden könnten; zum anderen werden die benannten Sektoren auch nicht verbindlich und abschließend aufgezählt, weshalb für den Abstimmenden nicht absehbar ist, in welchen der genannten Bereichen (einschneidende) Maßnahmen auf sie zukommen (können). Auch die Auswahl der genannten Sektoren ist wenig nachvollziehbar. So legt etwa § 4 Abs. 1 KSG jährliche Minderungsziele durch die Vorgabe von Jahresemissionsmengen zur Erreichung nationaler Klimaschutzziele für die folgenden Sektoren fest: Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Sonstiges, Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Auch das Bayerische Klimaschutzgesetz nimmt in Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 auf eben diese Sektoren Bezug. Der in Fußnote (3) der Begründung des Bürgerbegehrens genannte Sektor der Nahrungsmittelproduktion wird dort gar nicht aufgeführt. Die gewählte Aufzählung führt dementsprechend auch bei einem informierten und mit dem Thema Klimaschutz vertrauten Bürger zu Verwirrung. Auch der Passus in Fußnote (3) der Begründung zum Bürgerbegehren „soweit es in den Zuständigkeitsbereich der Stadt fällt“ ist selbst für einen an den kommunalen Vorgängen interessierten Bürger nicht hinreichend klar zu verstehen und zu überblicken. Hinzu kommt, dass sich die Frage stellt, welche Zuständigkeit die Stadt in den Bereichen Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion hat. In diesem Zusammenhang sorgt auch der Umstand für Verwirrung bzw. Missverständnisse, dass der Einflussbereich der Stadt in einigen Sektoren begrenzt ist; etwa im Bereich Verkehr, der – als Straßenverkehr – teilweise über Staats- und Bundesstraßen und eine Bundesautobahn durch das Stadtgebiet führt und daneben etwa im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs auch teilweise in den Zuständigkeitsbereich des Landkreises fällt oder etwa hinsichtlich der weiterhin nicht elektrifizierten Bahnanbindung ebenfalls dem Einfluss der Beklagten entzogen ist (eigenen Angaben zufolge kann die Beklagte unter Bezugnahme auf das Integrierte Klimaschutzkonzept lediglich auf 2,7% des CO2e-Austoßes tatsächlich Einfluss nehmen, Bl. 89 der Gerichtsakte). Schließlich ist unklar, inwieweit es für einen konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan, mit dem eine echte Klimaneutralität bis 2030 erreicht werden und der umgesetzt werden soll, ausreicht, dass „Anreize“ gesetzt werden, vor allem weil die Klägerseite selbst vorträgt, dass der Einflussbereich der Beklagten insbesondere mit Blick auf Privatpersonen sehr begrenzt ist (vgl. dazu S. 3 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2023). Aus der Gesamtschau der Fußnote 1 und Fußnote 3 ergeben sich weitere Missverständnisse aufgrund verschiedener Auslegungsmöglichkeiten bezüglich der Kompensationen, was auch die Diskussion der Beteiligten zeigt. Denkbar ist das Verständnis, dass etwaige Kompensationsleistungen im Maßnahmenplan aufgezeigt werden, tatsächlich aber erst ab dem Jahr 2030 nötig werden (dafür spricht der Passus „und ab 2030 die Kompensationen etwaiger nicht reduzierter Emissionen“ in Fußnote (3)). Möglich ist aber auch das Verständnis, dass zu erwartende Kompensationen bereits derart im Maßnahmenplan integriert und vorgesehen sind, dass nur mit ihnen das geforderte Ziel „echte Klimaneutralität 2030“ erreicht werden kann (diese Deutung findet Anklang in Fußnote (1): „und wie etwaige Kompensationen durchgeführt werden sollen“).
34
c. Das Bürgerbegehren „Klimaentscheid …“ lässt es zweifelhaft erscheinen, ob ein rechtlich oder tatsächlich unmöglich umzusetzendes Ziel verfolgt wird (dazu etwa BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 4 B 11.221 – juris Rn. 24 ff.; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand 1.9.2023, 13.04 S. 12b). Zum einen ist fraglich, ob das Ziel des Bürgerbegehrens nach hypothetischer Zulassung innerhalb eines Jahres einen konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan zu erstellen, der in der Folge – in nicht konkret festgelegter Zeit – zur Diskussion gestellt und erneut überarbeitet wird, um dann mit Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden müssten, in dann jedenfalls weniger als fünf Jahren klimaneutral zu sein, überhaupt zu erreichen ist (dazu etwa Integriertes Klimaschutzkonzept der Beklagten, S. 18). Zum anderen führen die haushaltsrechtlichen Grundsätze des Art. 61 GO (dazu ausführlich BayVGH, U.v. 18.3.1998 – 4 B 97.3249 – juris Rn. 16 ff.), insbesondere auch die Haushaltssatzung der Beklagten sowie die Vorgaben der Rechtsaufsichtsbehörde zu objektiven Grenzen bei der Erstellung eines konkreten und verbindlichen Maßnahmenplans und erst recht bei der Umsetzung. Daneben stellen etwaige Kompensationszahlungen ab dem Jahr 2030 eine zusätzliche (unter Umständen erhebliche) Belastung für den kommunalen Haushalt dar. Für die Kammer bestehen insoweit nicht unerhebliche Bedenken, ob das mit dem Bürgerbegehren verfolgte Ziel, „echte Klimaneutralität“ in der Stadt … bis zum Jahr 2030 zu erreichen, tatsächlich bzw. rechtlich möglich ist. Letztlich kann diese Frage aber nach den Ausführungen unter a. und b. dahinstehen.
II.
35
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat; da das streitige Rechtsverhältnis den Klägern gegenüber nur einheitlich entschieden werden konnte, wurden die Kosten den Klägern als Gesamtschuldner auferlegt.
III.
36
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).