Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 27.10.2023 – B 1 S 23.820
Titel:

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnis wegen absoluter Unzuverlässigkeit bei summarischer Prüfung rechtmäßig

Normenkette:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, lit. b, lit. c, § 45 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Wer mit einer halbautomatischen Pistole Schießübungen in seiner Küche durchführt und diese dann auch im Küchenschrank aufbewahrt, ist absolut unzuverlässig iSd § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. b WaffG, so dass seine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG zu widerrufen ist. (Rn. 20 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Überlassen einer Waffe an eine andere Person ist schon dann anzunehmen, wenn der Überlassende – ohne seine eigene tatsächliche Gewalt aufzugeben – dieser die Möglichkeit einräumt, sich selbstständig und ohne Mitwirkung des anderen der Waffe bedienen zu können. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei den Aufbewahrungsvorschriften handelt es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften, die der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das private Interesse auf weitere Ausnutzung einer waffenrechtlichen Erlaubnis – hier auf Waffenbesitz und Sportschützenausübung – muss dem öffentlichen Vollziehungsinteresse gegenüber zurücktreten. (Rn. 36 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
waffenrechtliche Zuverlässigkeit, sorgfältige Verwahrung (Küchenschrank, Bettkasten), abgeschlossene Wohnung, kurze Nachlässigkeit, angemessene Frist, sorgfältige Verwahrung, öffentliches Vollzugsinteresse, Sofortvollzug, sorgfältige Verwahrung von Waffen und Munition
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42192

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 3.625,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage in Bezug auf den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis sowie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Anordnung der Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung seiner Waffen und der Anordnung der Rückgabe der Waffenbesitzkarte.
2
Dem Antragsteller wurde am … 1976 die Standard-Waffenbesitzkarte Nr. … erteilt. Hierin eingetragen sind vier Pistolen bzw. Revolver sowie ein Wechselsystem. Der Antragsteller ist Sportschütze. Er ist mit Hauptwohnsitz im … in … gemeldet und hat jeweils Nebenwohnsitze in der … und dem … in … sowie in der … in … Am 15. Mai 2023 um ca. 0:30 Uhr wurde die Polizeiinspektion … zu einem Einsatz in die … in …, gerufen. Beim Eintreffen der Beamten wurde der Antragsteller ohne Schuhe vor dem Haus angetroffen und äußerte, dass es in seiner Wohnung ätzend rieche, was durch die Beamten nicht bestätigt werden konnte. Am gleichen Tag um ca. 9:50 Uhr kam es zu einem weiteren Polizeieinsatz an dieser Adresse. Im Zuge der beiden Polizeieinsätze nahmen die Beamten eine in einer weiteren Wohnung des Antragstellers im Anwesen aufbewahrte Waffe des Antragstellers (High Standard, Kaliber .22lr, Herstellernummer …*) samt zugehöriger Munition an sich. Der Antragsteller verfügt über einen geeigneten Waffenschrank an seinem Hauptwohnsitz.
3
Mit Schreiben vom 4. Juli 2023 wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf seiner Waffenbesitzkarte angehört. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, sich zu äußern. Dies erfolgte durch Schreiben seines Bevollmächtigten vom 14. August 2023 (Behördenakte Bl. 324).
4
Mit Bescheid vom 15. September 2023, zugestellt am 19. September 2023, widerrief das Landratsamt … (im Folgenden Landratsamt) die dem Antragsteller erteilte Waffenbesitzkarte Nr. … (Ziffer 1). Es werde angeordnet, dass der Antragsteller die in jener Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen umgehend, spätestens jedoch binnen eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids, an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen habe; hierüber sei dem Landratsamt nach Erledigung unverzüglich ein geeigneter Nachweis zu erbringen. Gleiches gelte für sämtliche, durch die Polizei sichergestellte erlaubnispflichtige Munition (Ziffer 2). Die Waffenbesitzkarte Nr. … sei unverzüglich, spätestens jedoch binnen eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids an das Landratsamt zurückzugeben (Ziffer 3). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 2 und 3 dieses Bescheids werde angeordnet (Ziffer 4). Nach fruchtlosem Ablauf der unter Ziffer 2 des Bescheids genannten Frist würden die in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen sowie sämtliche sichergestellte erlaubnispflichtige Munition des Antragstellers eingezogen und der Vernichtung zugeführt (Ziffer 5). Nach fruchtlosem Ablauf der in Ziffer 3 des Bescheids genannten Frist zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte werde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR fällig (Ziffer 6). Der Antragsteller habe die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für diesen Bescheid werde eine Gebühr von 100,00 EUR erhoben (Ziffer 7).
5
Zur Begründung wird ausgeführt, bei der Durchsuchung einer Wohnung des Antragstellers im Anwesen … in … am 15. Mai 2023 sei eine halbautomatische Pistole High Standard, Kaliber .22lr, Herstellernummer … samt zugehöriger Munition unversperrt in einem Küchenschrank aufgefunden worden. Auf Nachfrage habe der Antragsteller angegeben, mit dieser Kurzwaffe Schießübungen in der Küche durchzuführen.
6
Beim Antragsteller liege die absolute Unzuverlässigkeit i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, b und c Waffengesetz (WaffG) vor. Der Antragsteller habe eine halbautomatische Pistole i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG leichtfertig verwendet, indem er Schießübungen in seiner Küche durchgeführt habe. Mögliche Konsequenzen seines Handelns, z.B. eine ungewollte Schussabgabe, habe er dabei außer Acht gelassen. Als unvorsichtig i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG müsse eine ungeschützte Aufbewahrung einer (auch ungeladenen) Waffe gelten; gleiches gelte für Waffen in einem Futteral. Bereits eine nur kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen könne genügen, um diese in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen. Auf eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit im Einzelfall komme es nicht an. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften (werden ausgeführt) berühre zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinne einer abstrakten Gefährdung. Weiter sei der Antragsteller unzuverlässig i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WaffG, da die Annahme einer Überlassung an Nichtberechtigte gegeben sei. Im Falle eines fahrlässigen Überlassens sei das „schuldhafte Nichtwissen“ um die Einräumung der Einwirkungsmöglichkeit erfasst. Der Antragsteller habe durch die mangelhafte Aufbewahrung die Möglichkeit des Zugriffs durch unberechtigte Personen geschaffen. In Betrachtung der Gesamtumstände lägen zahlreiche, eindeutige und gravierende Tatsachen bzw. Verstöße gegen grundlegende Vorsichts- und Umgangsmaßnahmen vor, welche die Prognose zuließen, dass der Antragsteller auch in Zukunft mit Waffen und Munition nicht ordnungsgemäß und sorgfältig umgehen werde. Durch die nachweislich erfolgten Verstöße habe der Antragsteller das in ihn gesetzte Vertrauen verwirkt, ohne dass es darauf ankomme, ob er sich über viele Jahre tadellos verhalten habe. Im Rahmen der Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnisse bestehe kein Ermessen, § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Anordnung der Überlassung an einen Berechtigten und/oder die Unbrauchbarmachung (Ziffer 2) basiere auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Anordnung verfolge den Zweck, dass der Widerruf in Ziffer 1 nicht wirkungslos bleibe und das waffenrechtlich nicht mehr legitimierte Eigentum an den erlaubnispflichtigen Waffen und Munition beendet werde bzw. kein Unberechtigter diese erwerben könne. Ein legitimer Zweck sei mithin gegeben, i.Ü. sei die Anordnung geeignet und erforderlich (wird ausgeführt). Das öffentliche Interesse, die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu schützen, überwiege das private Interesse am Besitz von erlaubnispflichtigen Waffen und Munition. Die Anordnung der Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnis (Ziffer 3) basiere auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Auf diese Weise werde verhindert, dass ungültig gewordene Erlaubnisdokumente im Rechtsverkehr missbräuchlich verwendet würden. Eine Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG (Ziffer 1) habe keine aufschiebende Wirkung (§ 45 Abs. 5 WaffG), ebendies gelte nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO für die Kostenentscheidung (Ziffer 7). I.Ü. seien die Anordnungen auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gestützt worden (vgl. Ziffer 4). Es liege im überwiegenden öffentlichen Interesse, dass die Verpflichtung zur Abgabe der erlaubnispflichtigen Waffen und Munition vor der u.U. verzögerten Bestandskraft des Bescheids wirksam werde. Der Besitz von erlaubnispflichtigen Waffen und Munition durch eine Person, die den strengen Anforderungen des Waffenrechts nicht genüge, stelle eine ständige Gefahr für die Allgemeinheit dar. Nach der ständigen Rechtsprechung sei im Rahmen der sofortigen Vollziehung von waffenrechtlichen Maßnahmen eine zusätzliche Begründung bei festgestellter Unzuverlässigkeit nicht erforderlich. Es dürfe dem Antragsteller darüber hinaus nicht möglich sein, sich mit einer widerrufenen Erlaubnisurkunde weiterhin als Waffenbesitzer zu legitimieren. Die Anordnung der Zuführung der Waffen und Munition zur Vernichtung in Ziffer 5 des Bescheids finde ihre Grundlage in § 46 Abs. 5 WaffG. Die Anordnung des Zwangsgelds (Ziffer 6) stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die gesetzte Frist sei nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG unter Berücksichtigung der dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten angemessen. Dabei sei insbesondere das öffentliche Interesse an der Rückgabe des ungültig gewordenen waffenrechtlichen Erlaubnisdokuments zu berücksichtigen. Es folgen Ausführungen zur Kostenentscheidung (Ziffer 7).
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Mit am 10. Oktober 2023 bei Gericht eingegangenem Schreiben ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Landratsamts vom 15. September 2023 erheben und beantragen,
1.
bezüglich Ziffer 1) des Bescheides des Landratsamts … vom 15.09.2023 die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und
2.
bezüglich Ziffern 2) und 3) des Bescheides vom 15.09.2023 die aufschiebende Wirkung der Klage wieder herzustellen.
8
Zur Begründung wird ausgeführt, es gebe keine Gründe, an der Zuverlässigkeit des Antragstellers i.S.d. § 5 WaffG zu zweifeln. Der Antragsteller sei beim Einsatz der Beamten am 15. Mai 2023 um ca. 0:30 Uhr nach seinen bekannten Waffen gefragt worden, woraufhin der Antragsteller erklärt habe, eine Pistole „in der einen Wohnung“ versteckt zu haben. Im Rahmen der Polizeikontrolle gegen 9:50 Uhr am nächsten Morgen habe der Antragsteller freiwillig diese Pistole samt Munition an die Beamten übergeben. Der Antragsteller lebe von seiner Frau getrennt und könne deshalb den Waffenschrank am früheren Hauptwohnsitz in … nicht nutzen. Der Antragsteller habe die Sportpistole in seiner Wohnung in der … in … gelagert, da er am 15. Mai 2023 ein Vergleichsschießen und Training mit einem Schützenkameraden durchführen habe wollen. Deswegen habe der Antragsteller die Waffe am 14. Mai 2023 von seiner weiteren Wohnung in …, wo seine sämtlichen Sportwaffen in einem entsprechenden Waffenschrank gelagert würden, in einem Waffenkoffer im Kofferraum seines Fahrzeugs nach … transportiert. In seiner Wohnung in der …, welche abgeschlossen gewesen sei, habe der Antragsteller die Waffe im Bettkasten seines Schlafsofas aufbewahrt, wobei er der Meinung gewesen sei, dass dies sicherer sei als im Waffenkoffer. Die Munition habe er in der Küche versteckt und das Magazin an einem anderen Ort in der Wohnung. Auf die beigefügte Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft … vom 15. September 2023 werde verwiesen. Es sei unklar, wie es zu der Behauptung der Aufbewahrung der Pistole im Küchenschrank gekommen sei. Der Antragsteller besitze seit mehr als 40 Jahren Waffen. Er sei zuverlässig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG. Es sei nicht nachvollziehbar, wie davon ausgegangen werden könne, dass der Antragsteller in seiner Küche Schießübungen vollziehe. Der Antragsteller habe zwar an seinem Küchenschrank auf dem Schießstand beschossene Schießscheiben hängen. Dies sei jedoch der Fall, weil ihn das Ergebnis auf den Schießscheiben erfreue. Hätte er dort wirklich geschossen, wären ein ohrenbetäubender Lärm sowie Beschädigungen an der Wand die Folge, was nicht der Fall sei. Der Antragsteller habe niemals auf die Schießscheiben in der Küche gezielt. Ebensowenig sei der Antragsteller unzuverlässig i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG. Der Antragsteller habe die Waffe nicht ungeschützt aufbewahrt. Die Waffe sei niemandem zugänglich gewesen, sondern sei besser abgesichert gewesen, als wenn er die Waffe in jener einzigen Nacht in einem Waffenkoffer in der Wohnung aufbewahrt hätte. Nachdem ihm kein Waffenschrank bzw. DINgerechtes Behältnis zur Verfügung gestanden habe, habe er alle Möglichkeiten genutzt, um die Waffe sicher in seiner Wohnung aufzubewahren. Auf § 13 Abs. 9 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) werde verwiesen. Zudem sei der Antragsteller nicht unzuverlässig i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WaffG, da eine Überlassung der Waffen an Nichtberechtigte nicht gegeben gewesen sei. Aus diesen Gründen seien auch die Anordnung zur Überlassung von Waffen und Munition an einen Berechtigten oder der Unbrauchbarmachung nicht berechtigt erfolgt. Gleiches gelte bezüglich der Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnis. Es bestehe derzeit kein Anlass für den Sofortvollzug bezüglich der Ziffern 1 bis 3 des Bescheids. Sämtliche Waffen seien durch den Antragsteller freiwillig an die Polizei herausgegeben worden, womit er keinen Zugriff auf die Waffen mehr habe. Es könne mithin nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen, schon vor Ausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs zur Abgabe der erlaubnispflichtigen Waffen und Munition zu verpflichten. Die im Rahmen der Zwangsgeldandrohung gesetzte Frist von einem Monat werde als erheblich zu kurz angesehen, da als Alternative zur Vernichtung des Eigentums des Antragstellers lediglich die Überlassung an einen Berechtigten verbleibe.
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Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2023 beantragt der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, der Antragsteller habe nicht substantiiert dazu vorgetragen, weswegen er auf den Waffenbesitz angewiesen sei. Das private Interesse auf weitere Ausnutzung der waffenrechtlichen Erlaubnis – hier auf Waffenbesitz und Sportschützenausübung – müsse dann zurücktreten. Die Fristsetzung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG hinsichtlich der Rückgabe der Waffenbesitzkarte sei angemessen (wird ausgeführt). Auch die Fristsetzung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition, § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, sei angesichts des Maßnahmezwecks angemessen. § 46 Abs. 5 WaffG sei Rechnung getragen worden. Im Falle eines passiven Verhaltens des bisherigen Waffenbesitzers sei eine endlose Verwahrung durch den Antragsgegner nicht auszuschließen.
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Hierzu führte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 24. Oktober 2023 aus, dass die Beamten am 15. Mai 2023 nicht im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnung in der … in … die Pistole gefunden hätten, sondern der Antragsteller diese, als die Beamten am Morgen erneut gekommen seien, freiwillig übergeben habe. Frau G. und Herr H. hätten den Antragsteller morgens „in der Wohnung“ aufgesucht. Der Antragsteller habe die Waffe gemeinsam mit Herrn H. aus einer weiteren Wohnung des Antragstellers im dritten Stock des Anwesens geholt. Die Waffe habe sich nicht im Küchenschrank befunden, sondern im Bettkasten eines Schlafsofas in dieser weiteren Wohnung, wobei ein Handtuch über die Waffe gebreitet gewesen sei. Man habe dazu erst das Schlafsofa auseinander nehmen müssen. Auch die Munition habe der Antragsteller freiwillig übergeben; sie habe sich im hintersten Eck eines Küchenschranks in jener Wohnung im dritten Stock verdeckt hinter Geschirrtüchern befunden. Es sei zudem nicht erkennbar, warum die Behörde Maßnahmen i.S.d. § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG für erforderlich halte; es handle sich um eine Kann-Vorschrift. Der Antragsteller sei auf den Besitz der Waffen als Sportschütze angewiesen. Die Sportausübung werde erschwert, wenn man keine eigenen Waffen besitze und nur mit Leihwaffen schießen könne. Der Sachverhalt sei unzureichend aufgeklärt worden. Die Frist von einem Monat erscheine zu kurz, da der Antragsteller nicht mehr im Besitz der Waffen gewesen sei. Hinzu komme die Anordnung, dass der Antragsteller der Vernichtung der Waffen als sein Eigentum zustimmen solle. Hier werde das geschützte Eigentumsrecht verletzt. Mithin sei nicht nachvollziehbar, dass dem öffentlichen (Sofort-)Vollzugsinteresse der Vorrang eingeräumt werde; zudem sei die Unzuverlässigkeit nicht festgestellt worden.
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Vorgelegt wird ein Schreiben von Herrn H. vom 20. Oktober 2023, wonach er den Antragsteller am Morgen des 15. Mai 2023 in dessen Wohnung im vierten Stock in der … in … besucht habe. Auf Wunsch des Antragstellers seien sie in eine weitere, noch verschlossene Wohnung des Antragstellers im dritten Stockwerk gegangen. Dort habe der Antragsteller eine Schlafcouch auseinander genommen und aus dem Bettkasten eine in ein Handtuch eingewickelte Sportpistole entnommen. Er vermute, dass die Waffe ungeladen und gesichert gewesen sei. Er könne bestätigen, dass die Waffe beim Eintreffen zweier Polizeibeamter unverzüglich freiwillig übergeben worden sei. Des Weiteren vorgelegt wurde eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 24. Oktober 2023, worin das Vorbringen seines Bevollmächtigten bestätigt wird. Zudem führt der Antragsteller hier aus, dass er das zugehörige Magazin im Anorak in einer Tasche in der Wohnung versteckt habe. Am Morgen des 15. Mai 2023 habe er die Sportpistole zusammen mit Herrn H. aus dem Bettkasten des Schlafsofas genommen. Er sei nach der Übergabe der Waffe zusammen mit den Polizisten in seine Wohnung im dritten Stock gegangen und habe dort die Munition übergeben.
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Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2023 (Behördenakte Bl. 348) erteilte der Antragsteller sein Einverständnis zur Übertragung des Besitzes an seinen Waffen mit Munition an die Schützengesellschaft C. e.V. Dem Schreiben lag die Waffenbesitzkarte Nr. … des Antragstellers im Original bei. Sämtliche Waffen und Munition des Antragstellers wurden am 17. Oktober 2023 in die Vereins-Waffenbesitzkarte jener Schützengesellschaft eingetragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
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1. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
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Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der vorliegende Antrag keinen Erfolg, da die Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. September 2023 bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg hat.
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a. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere fehlt dem Antragsteller nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Anordnungen unter den Ziffern 1 bis 3 des Bescheids durch deren Erfüllung – die Abgabe der waffenrechtlichen Erlaubnis sowie Sicherstellung der Waffen mit Munition – erledigt hätten. Denn diese bilden nach wie vor den Rechtsgrund für die Verwahrung der dem Antragsteller gehörenden Waffen und Munition durch einen Berechtigten sowie der Erlaubnisurkunden durch den Antragsgegner (VG Leipzig, B.v. 11.9.2018 – 5 L 453/18 – juris Rn. 17). Auch die erfolgte Eintragung der Waffe des Antragstellers in die Waffenbesitzkarte der Schützengesellschaft führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Antragsteller erklärte mit Schreiben vom 10. Oktober 2023 lediglich sein Einverständnis mit der Besitzübertragung seiner Waffen und Munition. Mithin stünden ihm ggf. zivilrechtliche Herausgabeansprüche zu. Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. NdsOVG, U.v. 26.1.2006 – 11 LB 178/05 – juris) war jene Übertragung des Weiteren noch nicht ersichtlich.
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b. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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aa. Ziffer 1 des Bescheids erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig.
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Rechtsgrundlage der Anordnung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen, ohne dass der Behörde Ermessen eingeräumt wäre, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Einen solchen Versagungsgrund normiert § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, wonach die Erlaubnis voraussetzt, dass der eine waffenrechtliche Erlaubnis Beantragende die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinn von § 5 WaffG und die persönliche Eignung gemäß § 6 WaffG besitzt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG besitzen Personen jene Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WaffG entfällt die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit auch bei Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.
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§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschreibt insoweit im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich so bedenklich, nämlich im hohen Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sogenannte absolute Unzuverlässigkeit; vgl. auch die Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758 S. 54). Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BT-Drs.14/7758 S. 51). Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (st. Rspr. vgl. z.B. BVerwG, B.v. 31.1.2008 – 6 B 4.08 – juris Rn. 5; BVerwG, B.v. 2.11.1994 – 1 B 215.93 – juris Rn. 10). Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition besteht (BayVGH, B.v. 16.9.2008 – 21 ZB 08.655 – juris Rn. 7).
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Antragsteller hat seine Waffen nicht sorgfältig verwahrt. Dies sind Tatsachen, die die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG rechtfertigen. Es handelt sich hierbei um einen gravierenden Verstoß, auf den sich eine negative Prognose im Hinblick auf einen zukünftigen ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition stützen kann. Zudem sind Tatsachen ersichtlich, die nahelegen, dass der Antragsteller Waffen oder Munition Personen überlassen hat, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WaffG.
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(1) Der Antragsteller hat seine Waffen nicht sorgfältig aufbewahrt. Vorsichtig und sachgemäß im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten sämtlich ausgenutzt werden, die Waffe so zu verwahren, dass ein Zugriff Unberechtigter nach Möglichkeit verhindert wird (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2021 – 24 ZB 20.3095 – juris Rn. 15). Die Anforderungen, die für die sorgfältige Verwahrung von Waffen zu erfüllen sind, folgen aus § 36 WaffG. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 15). Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) sind Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sind, ungeladen und in einem Behältnis aufzubewahren, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 mit dem in Absatz 2 geregelten Widerstandsgrad und Gewicht entspricht und zum Nachweis dessen über eine Zertifizierung durch eine akkreditierte Stelle gemäß Absatz 10 verfügt.
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Im Rahmen der beiden Polizeieinsätze am 15. Mai 2023 wurde festgestellt, dass in einer der Wohnungen des Antragstellers in der … in … eine halbautomatische Pistole High Standard, Kaliber .22lr, Herstellernummer … samt zugehöriger Munition jedenfalls nicht in einem Waffenschrank oder ähnlich gesicherten Behältnis aufbewahrt wurde. Hierin liegt ein Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AWaffV.
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Die gegenständliche Waffe mit zugehöriger Munition wurde vorliegend – insofern maßgeblich – nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten nicht ordnungsgemäß i.S.d. § 36 WaffG verwahrt. Der Antragsgegner trägt insoweit vor, die Waffe samt zugehöriger Munition sei unversperrt in einem Küchenschrank aufgefunden worden. Auch u.a. aus dem Schlussvermerk der Polizeiinspektion … vom 13. Juli 2023 (Behördenakte, Bl. 320 ff.) geht hervor, dass die Sportpistole … des Antragstellers am 15. Mai 2023 in einem Küchenschrank aufgefunden wurde. Der Antragsteller lässt vortragen, die Waffe sei mit einem Handtuch überdeckt im Bettkasten eines Schlafsofas in einer weiteren, abgesperrten Wohnung des Antragstellers im gleichen Anwesen versteckt gewesen. Man habe das Sofa auseinandernehmen müssen, um an die Waffe zu kommen. Die Munition sei im Küchenschrank und das Magazin im Anorak in einer Tasche – jeweils vermutlich in der gleichen Wohnung – versteckt gewesen.
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Das weitere Vorbringen des Antragstellers, wonach dieser aufgrund eines anstehenden Vergleichsschießens die Waffe für die Dauer einer Nacht in der Wohnung in der … in … aufbewahrt habe, steht einer Feststellung der Verletzung von Aufbewahrungsvorschriften nicht entgegen (vgl. BayVGH, B.v. 4.11.2015 – 21 CS 15.2023 – juris Rn. 14: „Damit kommt es auch nicht darauf an, ob das Vorbringen des Antragstellers zutrifft, wonach er die Langwaffe und die Munition aus dem Waffenschrank geholt habe, um an diesem Tag mit einem befreundeten Jäger auf die Jagd zu gehen bzw. die Jagdwaffe und die Munition im Vorgriff hierauf zu reinigen“). Die Gefahren, die mit nicht ordnungsgemäßer Verwahrung von Schusswaffen und Munition verbunden sind, bestehen nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Unterbringung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20). In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, darf ein Restrisiko nicht hingenommen werden (BayVGH, B.v. 4.11.2015 – 21 CS 15.2023 – juris Rn. 15). Der Antragsteller hätte die Waffe vielmehr im Rahmen eines vorschriftsmäßigen Transports direkt von seiner Wohnung in … – sofern es sich hier um eine ordnungsgemäße Aufbewahrung handelte – zum Ort des Vergleichsschießens bringen müssen und sie nicht zwischenzeitlich ungesichert in seiner Wohnung in … aufbewahren dürfen.
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Wie der Antragsteller selbst ausführen lässt, besuchten den Antragsteller am Morgen des 15. Mai 2023 seine Ehefrau sowie Herr H. Beide Personen verfügen laut Auskunft des Antragsgegners mit Schreiben vom 26. Oktober 2023 nicht über waffenrechtliche Erlaubnisse. Zumindest Herr H. holte laut eigenem Vortrag des Antragstellers mit eidesstattlicher Versicherung vom 24. Oktober 2023 die Waffe mit dem Antragsteller gemeinsam aus dem Bettkasten. Mithin genügte vorliegend auch die kurzfristige Aufbewahrung ohne erforderliche Schutzvorkehrungen zur Realisierung des bestehenden Risikos der Zugänglichmachung an Nichtberechtigte bei der Waffenaufbewahrung.
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Dabei führt der Vortrag des Antragstellers, dass seine weitere Wohnung im Anwesen … in …, in der die Waffe aufbewahrt worden sei, abgeschlossen gewesen sei, zu keiner anderen Bewertung. Eine verschlossene Tür – noch dazu augenscheinlich in einem Mehrfamilienhaus – ist keine Vorkehrung, um zu verhindern, dass Waffen und Munition abhandenkommen oder unbefugte Dritte diese an sich nehmen können. Insoweit ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Tür durch ein Sicherheitsschloss oder Zusatzschloss besonders gesichert gewesen sei. Dies kann jedoch ohnehin dahinstehen, da selbst eine allein bewohnte, stets abgeschlossene Wohnung als solche nicht als geeigneter Aufbewahrungsort von Waffen angesehen werden kann (BayVGH, B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 17; OVG RhPf, B.v. 23.10.2013 – 7 A 10715/13 – juris Rn. 7: „Zwar hat der Kläger immer wieder vorgetragen, er wohne allein in dem Haus und kein anderer habe Zutritt bzw. eine Zugangsmöglichkeit; Hauszugänge seien besonders gesichert. Damit ist aber die Gefahr, dass Unbefugte in den Besitz der von ihm unsachgemäß gelagerten Waffen kommen, nicht ausgeschlossen“). Zudem wurden die Waffe, Munition und das Magazin nach dem Vortrag des Antragstellers scheinbar in ein und derselben Wohnung jeweils ohne gesicherte Behältnisse aufbewahrt, womit, sobald ein Zutritt Nichtberechtigter zu der betroffenen Wohnung ermöglicht würde, der ungehinderte Zugriff auf alle Waffenbestandteile erfolgen könnte.
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§ 13 Abs. 9 AWaffV, welchen der Antragsteller ins Feld führen lässt, betrifft schon dem Wortlaut nach die vorübergehende Aufbewahrung von Waffen oder Munition außerhalb der Wohnung, insbesondere im Zusammenhang mit der Jagd oder dem sportlichen Schießen, d.h. während Transporten etc. Die ungesicherte Aufbewahrung im Küchenschrank bzw. Bettkasten des Schlafsofas oder im Anorak in einer augenscheinlich unbewohnten Wohnung ohne Beaufsichtigung entspricht in keiner Weise den insoweit geforderten besonderen Sorgfaltspflichten (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2020 – 24 ZB 20.1648 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 4.11.2015 – 21 CS 15.2023 – juris Rn. 11: „Daraus ergibt sich, dass Waffen und Munition grundsätzlich nur dann unbeaufsichtigt bleiben dürfen, wenn sie in einem sicheren Behältnis verwahrt werden. Ist dies nicht der Fall, ist eine Beaufsichtigung sicherzustellen“; BayVGH, U.v. 21.7.2004 – 21 B 03.2631 – juris LS 2: „Ein besonders sorgloser Umgang mit Waffen oder Munition auch in einem Einzelfall kann hinreichende Anhaltspunkte für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit bieten (Hier: Aufbewahrung von Munition in einem unverschlossenen Schrank)“). Es bleibt anzumerken, dass reguläre Schlafsofas nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht auseinandergebaut werden müssen, um den Bettkasten zu erreichen, sondern dieser sich mit einem Handgriff ausziehen lässt.
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Als unvorsichtig i.S.d. Vorschrift muss in jedem Fall die ungeschützte Aufbewahrung einer (auch ungeladenen) Waffe gelten (Gade, in Gade, WaffG, 3. Auflage 2022, § 5 Rn. 15 m.w.N.), womit es nicht darauf ankommt, ob die nicht ordnungsgemäß aufbewahrte Waffe geladen war.
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Damit rechtfertigen die schwerwiegenden Verstöße des Antragstellers gegen die Aufbewahrungsvorschriften des § 36 Abs. 1 WaffG die Annahme seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG, auch wenn man davon ausgeht, dass es sich um erstmaliges Fehlverhalten handelt.
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(2) Soweit der Antragsteller selbst im Rahmen der eidesstattlichen Versicherung vom 24. Oktober 2023 angibt, er habe am 15. Mai 2023 morgens die gegenständliche Waffe gemeinsam mit dem – wie ausgeführt – waffenrechtlich nichtberechtigen Herrn H. aus dem Bettkasten des Schlafsofas genommen und diesem damit aktiv Zugriff auf die Waffe gewährt, kommt auch § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WaffG in Betracht. Damit liegen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller Waffen oder Munition Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WaffG. Nach der in Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 3 zum Waffengesetz enthaltenen Legaldefinition überlässt jemand eine Waffe oder Munition i.S.d. Waffengesetzes, wer einem anderen die tatsächliche Gewalt darüber einräumt. Hierbei erfordert das Überlassen nicht, dass der Überlassende die tatsächliche Gewalt aufgibt, vielmehr ist ein Überlassen schon dann anzunehmen, wenn der Überlassende – ohne seine eigene tatsächliche Gewalt aufzugeben – einer anderen Person die Möglichkeit einräumt, sich selbstständig und ohne Mitwirkung des anderen der Waffe bedienen zu können (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1978 – I C 7.77 – juris Rn. 18; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 7 K 18.2637 – juris Rn. 36). Die weitere Sachverhaltsaufklärung kann insoweit dahinstehen, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG vorliegen.
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(3) Das Landratsamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem festgestellten schwerwiegenden Verstoß der ungesicherten Aufbewahrung einer Waffe und Munition in einer Wohnung um eine solch gravierende Verletzung waffenrechtlicher Sorgfaltsvorschriften handelt, die bereits an und für sich die Prognose rechtfertigt, dass der Antragsteller auch künftig seine Waffen nicht mit der nötigen Sorgfalt verwahren wird. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht (BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 21 ZB 14.2236 – juris Rn. 11; B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12). Bei den Aufbewahrungsvorschriften, die der Antragsteller nicht beachtet hat, handelt es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften, die der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. Hat ein Waffenbesitzer – wie hier der Antragsteller – in diesem Sinn bereits einmal versagt, ist allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 21 ZB 14.2236 – juris Rn. 11; B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris). Somit rechtfertigt bereits ein einmaliger Verstoß gegen grundlegende Vorsichts- und Umgangsmaßregeln die negative Zukunftsprognose. In dem Verhalten des Antragstellers kommt eine Gleichgültigkeit gegenüber den waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften zum Ausdruck. Der Gesetzgeber hat sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für strenge Aufbewahrungsvorschriften entschieden, da in der Regel bei einer anderweitigen Aufbewahrung die Gefahr der Nutzung durch unbefugte Dritte besteht. Wer sich über diese Vorschriften stellt, sich ihnen gegenüber gleichgültig zeigt oder diese für sich als nicht verbindlich betrachtet, der bietet nicht die Gewähr für einen jederzeitigen sorgfältigen Umgang mit Waffen und Munition, wie es der Gesetzgeber beabsichtigte. Das Vorbringen seitens des Antragstellers, die Waffe sei nach seiner Ansicht im Bettkasten besser abgesichert gewesen als in einem Waffenkoffer in der Wohnung, stützen die negative Zukunftsprognose – auch angesichts der vorgetragenen Tatsache, dass der Antragsteller bereits seit mehr als 40 Jahren Waffen besitze – zusätzlich.
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bb. Auch Ziffer 2 des Bescheids erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig.
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Die auf § 46 Abs. 2 WaffG gestützte Anordnung kann als Folgeentscheidung rechtlich auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden. Jene Anordnung dient der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2014 – 21 CS 14.2330 – juris Rn. 13).
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Es ist vorliegend nicht zu bemängeln, dass das Landratsamt im Rahmen der Interessenabwägung dem öffentlichen Vollziehungsinteresse den Vorrang eingeräumt hat. Es liegt auf der Hand, dass wegen der Gefährlichkeit von Schusswaffen diese nicht bis zum Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens im Besitz der – nach unwiderleglicher Vermutung – unzuverlässigen Person bleiben können; die Anordnung der Unbrauchbarmachung oder Überlassung von Waffen und Munition gemäß § 46 Abs. 2 WaffG erscheint deshalb ermessensgerecht. Eine umfangreichere Begründung war nicht erforderlich angesichts der Gefährlichkeit von Waffen und der Tatsache, dass der Antragsteller nichts vorbrachte, was trotz des Entzuges der Erlaubnisscheine den weiteren Verbleib von Waffen und Munition bei ihm rechtfertigen könnte (vgl. VG Würzburg, B.v. 3.4.2009 – W 5 S 09.163 – juris Rn. 17). Das private Interesse auf weitere Ausnutzung der waffenrechtlichen Erlaubnis – hier auf Waffenbesitz und Sportschützenausübung – muss dann zurücktreten (vgl. BayVGH, B.v. 1.10.2014 – 21 CS 14.1765 – juris Rn. 10 m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen, dass dem Antragsteller durch die angefochtenen waffenrechtlichen Maßnahmen die Ausübung des Hauptberufs, die Sportausübung oder eine sonstige geschützte Tätigkeit unzumutbar erschwert oder gar unmöglich gemacht würden (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 14). Hinsichtlich der Anordnung ergeben sich auch keine rechtlichen Bedenken mit Blick auf das Eigentumsrecht des Antragstellers an den Waffen und der Munition. Durch den Widerruf der Waffenbesitzkarte erlischt das Recht des Antragstellers, Waffen und Munition zu besitzen (vgl. VG Bayreuth, U.v. 12.11.2013 – B 1 K 13.408 – juris Rn. 45).
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Dabei erweist sich die gesetzte Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids angesichts des Maßnahmezwecks als angemessen (vgl. BayVGH, B.v. 1.10.2014 – 21 CS 14.1765 – juris Rn. 10 hinsichtlich einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung eines Änderungsbescheids).
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cc. Ebensowenig ergeben sich Rechtmäßigkeitsbedenken hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 3 des Bescheids. Auch die Rückgabe der Waffenbesitzkarte dient der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2014 – 21 CS 14.2330 – juris Rn. 13). Die Anordnung der Einbehaltung der Erlaubnisdokumente beruht auf § 46 Abs. 1 WaffG, wonach widerrufene Erlaubnisse unverzüglich bei der Behörde zurückzugeben sind. Für bereits sichergestellte bzw. wie vorliegend freiwillig abgegebene Erlaubnisdokumente stellt § 46 Abs. 1 WaffG den Rechtsgrund für das Einbehalten der Dokumente dar. Die gesetzte Frist zur Abgabe von einem Monat erweist sich dabei als angemessen (vgl. z.B. VG Augsburg, B.v. 26.9.2007 – Au 4 S 07.1146 – juris Rn. 4, 25 hinsichtlich einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids).
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dd. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides genügt auch den (formalen) Anforderungen der §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Belange des Antragstellers überwiegen die öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung der Abgabepflichten in den Ziffern 2 und 3 des Bescheides nicht. Das Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit ist vorliegend durch das einschlägige materielle Recht bereichsspezifisch vorgeprägt. Gerade im Recht der Gefahrenabwehr, zu dem auch das Waffenrecht gehört, können sich die für den Erlass des Verwaltungsaktes und die sofortige Vollziehung maßgebenden Gründe decken. Angesichts des mit dem privaten Waffenbesitz verbundenen erheblichen Sicherheitsrisikos besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, dieses Risiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C 12/95 – juris Rn. 25). Ist dieses Vertrauen nicht mehr gerechtfertigt, überwiegt das öffentliche Interesse, die Gefahr eines vorschriftswidrigen Umgangs mit Schusswaffen mit sofort wirksamen Mitteln zu unterbinden (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21 zur Sofortvollzugsanordnung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis nach alter Rechtslage). Denn bei der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit geht es darum, den weiteren Waffenbesitz von hierfür nicht hinreichend zuverlässigen Personen auch vor Bestandskraft der Abgabeanordnungen zu verhindern (BayVGH, B.v. 23.11.1998 – 21 ZS 98.2036 – Juris Rn. 5). Vor diesem Hintergrund begegnet die Begründung der Sofortvollzugsanordnung, die sich im Wesentlichen auf den Wegfall der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit stützt und das öffentliche Interesse betont, welches daran besteht, dass die Abgabe der Erlaubnisscheine sowie der im Besitz befindlichen Waffen in solchen Fällen ohne weitere Verzögerung erfolgt, keinen formellen und inhaltlichen Bedenken.
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2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt.
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3. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).
I.