Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 06.06.2023 – B 1 K 22.893
Titel:

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnis wegen emotionaler Unbeherrschtheit

Normenkette:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, § 41 Abs. 1, § 45 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Die Befürchtung regelwidrigen Verhaltens zur Annahme einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine zukunftsbezogene Prognose voraus, die auf Tatsachen gestützt werden muss. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Befürchtung regelwidrigen Verhaltens setzt eine zukunftsbezogene Prognose voraus, die auf Tatsachen gestützt werden muss. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Bewertung einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG gilt der waffenrechtliche Grundsatz, dass ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die in einer Sprachnachricht ausgesprochenen Bedrohungen und Beleidigungen können als tatsächlicher Anhaltspunkt dafür gewertet werden, dass ein Waffenbesitzberechtigter aufgrund seiner Emotionalität und Unbeherrschtheit, die in diesem Verhalten zum Ausdruck kommen, nicht (mehr) die im Waffenrecht erforderliche Gewähr dafür bietet, jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß mit seinen Waffen umzugehen. Dies gilt auch dann, wenn das dem Verhalten zugrundeliegende strafrechtliche Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage durch das Gericht eingestellt wurde. (Rn. 33 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Text- und Sprachnachrichten, Bedrohung und Beleidigung, Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, Emotionale Unbeherrschtheit, Reizbarkeit, Fehlende Konfliktvermeidungsstrategie, Einstellung Strafverfahren, Prognosenentscheidung, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, emotionale Unbeherrschtheit, fehlende Konfliktvermeidungsstrategie, Widerruf waffenrechtliche Erlaubnis
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42188

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Bescheides, in dem seine Waffenbesitzkarte mit zwei eingetragenen Waffen widerrufen sowie angeordnet wurde, dass diese Waffen dauerhaft unbrauchbar zu machen sind und es ihm in Zukunft untersagt ist, Waffen oder Munition zu erwerben oder zu besitzen.
2
Am 8. April 2021 erstattete Hr. … Strafanzeige gegen den Kläger wegen zweifacher Bedrohung und mehrfacher Beleidigung sowie übler Nachrede (vgl. BA Bl. 43 ff.). Er habe zwei Sprachnachrichten vom Kläger erhalten, in denen er bedroht werde. Zugleich sei er in allen Sprachnachrichten mit Worten wie „Dreckschwein“, „Schlappschwanz“ und „Arschloch“ beleidigt worden. Die Nachrichten seien mit unterdrückter Rufnummer versendet worden, der Kläger sei jedoch durch seine getrenntlebende Frau, Fr. …, mit der er (Hr. **) befreundet sei, zweifelsfrei identifiziert worden.
3
Am 3. April 2021 gegen 12:08 Uhr ging eine Sprachnachricht auf dem Mobiltelefon des Hrn. … mit folgendem Wortlaut ein: „Hey du kleines Dreckschwein, du Schlappschwanz. Jetzt hab ich dich! Jetzt hab ich dich! Ich schlitz dich auf wie ein kleines Schweinchen.“ Anschließend folgte ein höhnisches Lachen.
4
Gegen 12:09 Uhr erhielt er eine weitere Nachricht vom Kläger: „Hey du Arschloch, meine Brüder kommen und nehmen dir die Bude auseinander. Ich freu mich auf dein dummes Gesicht, du Kleiner.“
5
Gegen 14:36 Uhr ging eine weitere Sprachnachricht des Klägers ein: „Ich schlitz dich auf wie ein kleines Schweinchen!“
6
Es folgen weitere Sprachnachrichten gegen 14:41 Uhr, 18:15 Uhr, 18:18 Uhr, 21:29 Uhr, 21:56 Uhr, 21:57 Uhr und am 4. April 2021 gegen 00:20 Uhr und 0:22 Uhr (vgl. polizeilicher Sachverhalt BA Bl. 73 f.).
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Fr. … bestätigte gegenüber der Polizei im Rahmen einer Zeugenvernehmung am 13. April 2021, dass die Sprachnachrichten von ihrem Ex-Mann (dem Kläger) stammen (vgl. Protokoll zur Zeugenvernehmung BA Bl. 52 f.). Am 2. April 2021 habe er ihr gegen 8:00 Uhr eine Nachricht mit folgendem Inhalt geschrieben: „Hi, fremde EX, Dein Informant ist kranker Typ, ein Stalker. Polizeilich bekannt wegen sexueller Belästigung. Hat er Dir das auch erzählt. Richte ihm schöne Grüße von mir aus. Wenn er sich an meinen Kindern vergreifen sollte, oder mich stalkt, gibt es was auf die Fresse. Das geht gar nicht.“ Außerdem gab sie an, dass der Kläger ein impulsiver Typ mit ausgeprägtem schwarzen Humor sei. Sie glaube nicht, dass ihr Ex-Mann seine Waffen gebrauchen würde, um jemandem etwas anzutun. Er gehe mit seinen Waffen immer gewissenhaft und verantwortungsbewusst um.
8
Der Kläger selbst wollte sich bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 1. Juni 2021 nicht zur Sache äußern (vgl. BA Bl. 115).
9
Mit Schreiben der Stadt … vom 29. Juli 2021 wurde der Kläger zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse angehört, wobei ihm eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15. August 2021 gesetzt wurde. Die vom Kläger an Hrn. … versendeten Sprachnachrichten rechtfertigten die Annahme, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werde. Die waffenrechtliche Erlaubnis setze Zuverlässigkeit voraus. Eine Erlaubnis sei zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten würden, die zur Versagung hätten führen müssen (§ 45 Abs. 2 WaffG).
10
Mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 10. August 2021 wurde das Abwarten des Ausgangs des strafrechtlichen Verfahrens erbeten.
11
Am 19. September 2021 hat sich der Kläger per mobiler Textnachricht bei Hrn. … „wegen der Sache am 03.04.2021“ entschuldigt; man brauche „sich keine Sorgen zu machen, war eine unüberlegte Aktion“ (BA Bl. 142).
12
Am 13. Oktober 2021 erging ein Strafbefehl des Amtsgerichts … wegen Verleumdung in Tatmehrheit mit Beleidigung und Bedrohung in Tatmehrheit mit Beleidigung, in dem gegen den Kläger eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen verhängt wurde (Az. …*). Nach Einspruchseinlegung wurde das Verfahren mit Beschluss vom 23. März 2022 gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 2.000,00 EUR gemäß § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt (vgl. Einstellungsbeschluss BA Bl. 157).
13
Am 27. Juli 2022 wurde der Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 10. August 2022 zum beabsichtigten Widerruf der Waffenbesitzkarte sowie zu einem Waffenbesitzverbot angehört, wobei ihm eine Äußerungsfrist bis zum 12. August 2022 eingeräumt wurde.
14
Unter dem 9. August 2022 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass der Kläger Waffen missbräuchlich oder leichtfertig einsetzen werde, seien aus den Sprachnachrichten vom 3. April 2021 nicht erkennbar. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass es zu keiner Verurteilung des Klägers gekommen sei, da auch das Gericht im Hinblick auf die Gesamtumstände eine Ahndung nicht für angemessen erachtet habe.
15
Mit Bescheid vom 17. August 2022, zugestellt am 20. August 2022, widerrief die Beklagte die als waffenrechtliche Erlaubnis erteilte Waffenbesitzkarte Nr. …, ausgestellt von der Stadt … am 25. Februar 1998, mit dem Waffenbesitz der lfd. Nr. 1: halbautomatische Pistole, Kaliber .22lr, Hersteller Fabrique Nationale Herstal, Modell Browning, Seriennummer … und der lfd. Nr. 2: Revolver, Hersteller Smith & Wesson, Modell 686, Seriennummer … (Ziff. 1). Der Kläger habe die Waffenbesitzkarte innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides an die Stadt … zurückzugeben (Ziff. 2). Er habe die in die Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen bis zum 30.09.2022 dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen (Ziff. 3) und die Erfüllung dieser Verpflichtung innerhalb von zwei Wochen nach dem Unbrauchbarmachen oder dem Überlassen der Stadt … nachzuweisen (Ziff. 4). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 2 werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR (Ziff. 5 a)) und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 4 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR angedroht (Ziff. 5 b)). Dem Kläger werde auf Dauer untersagt, Waffen oder Munition zu erwerben oder zu besitzen (Ziff. 6). Die Kosten des Verfahrens trage der Kläger (Ziff. 7). Für diesen Bescheid werde eine Gebühr in Höhe von 350,00 EUR festgesetzt. An Auslagen seien 3,45 EUR zu erstatten (Ziff. 8).
16
Die Waffenbesitzkarte sei nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG in Ziff. 1 zu widerrufen, da nachträglich Tatsachen eingetreten seien, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis setze voraus, dass der Antragsteller zuverlässig sei. Der Kläger sei vorliegend nicht mehr zuverlässig, da Annahmen die Tatsachen rechtfertigten, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werde (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 a WaffG). Auch wenn er nicht verurteilt worden sei – wobei die Äußerungen auch nie bestritten worden seien – so könne die Tat als bewiesen angesehen werden. Die getrennt lebende Ehefrau des Klägers habe den Kläger als Urheber der Sprachnachrichten identifiziert. Anhand der Handlungen des Klägers sei eine Persönlichkeitsbeurteilung durchgeführt worden, auf der wiederum die Prognoseentscheidung fuße. Der Kläger habe sich vehement in verleumderischer und beleidigender Weise geäußert, was in der Gesamtschau auf einen extrem unbeherrschten Charakter schließen lasse. Daher sei zu besorgen, dass der Kläger in psychischen Ausnahmesituationen weitere unberechenbare Handlungen begehe. Im Waffenrecht müsse ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Einem Tatbestand könne ordnungsrechtlich ein höheres Gewicht beigemessen werden als strafrechtlich, weshalb die Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens unbeachtlich sei.
17
Die Abgabeverpflichtung der Waffenbesitzkarte in Ziff. 2 beruhe auf § 46 Abs. 1 WaffG.
18
Ziff. 3 basiere auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Unter Ausübung des eingeräumten Ermessens sei die Stadt zu der Entscheidung gelangt, dem Betroffenen aufzugeben, die in die Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen, sowie einen Nachweis hierüber zu führen (Ziff. 4). Die Fristsetzung sei angemessen.
19
Die Androhung der Zwangsgelder in Ziff. 5 basiere auf Art. 31 und 36 VwZVG.
20
Das Waffenbesitzverbot in Ziff. 6 beruhe auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG. Dem Kläger fehle die waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Der Umstand, dass der Kläger Hrn. … zweimal explizit bedroht habe, lasse befürchten, dass er derartige Bedrohungen insbesondere mittels einer Hieb- und Stoßwaffe in die Tat umsetzen könnte. Deshalb sei es erforderlich, jeglichen Umgang mit Waffen zu unterbinden. Ein anerkennenswertes Interesse des Klägers, erlaubnisfreie Waffen zu besitzen, sei nicht festgestellt worden und sei auch nicht geltend gemacht worden. Die Untersagung sei verhältnismäßig und angemessen.
21
Aus einem Aktenvermerk der Beklagten ergibt sich, dass der Kläger am 30. August 2022 im Amt vorgesprochen, seine Waffenbesitzkarte zurückgegeben und seine Waffen am 2. September 2022 an einen Berechtigten veräußert hat (BA Bl. 172 f.).
22
Mit Schriftsatz vom 15. September 2022, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Bescheid erheben. Unter dem 4. November 2022 wurde folgender Antrag gestellt:
23
Der Bescheid der Stadt … vom 10.08.2021 wird aufgehoben.
24
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da er wichtige Aspekte außer Betracht lasse. So sei das strafrechtliche Verfahren gegen den Kläger vom Amtsgericht … gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Es sei ein wichtiges Indiz, dass auch das Strafgericht von einer verschärften Ahndung des Klägers absehen wollte. Des Weiteren seien die Sprachnachrichten des Klägers zu betrachten, bei denen auffalle, dass der Kläger zu keiner Zeit Schusswaffengewalt angedroht habe. Von den Textnachrichten könne nicht ein Rückschluss darauf gezogen werden, dass der Kläger Waffen gegen den Nachrichtenempfänger anwenden würde und deshalb seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit verloren habe. Zwar habe der Kläger in einem Zeitraum massiv Sprach- und Textnachrichten versendet, das Verhalten habe aber genauso plötzlich geendet, wie es angefangen habe. Der Kläger habe die Sinnlosigkeit und Unrechtmäßigkeit seines Handelns erkannt. Der Kläger habe sich gegenüber dem Nachrichtenempfänger Hrn. … entschuldigt, sich freiwillig verpflichtet, Abstand zu halten, sich selbst einer Kontaktsperre unterworfen und dazu verpflichtet, in Zukunft solche Handlungen zu unterlassen. Die Entgleisungen des Klägers deuteten darauf hin, dass er nur kurzzeitig in diesem Zustand gewesen sei, von ihm aber innerhalb dieses Zustands keine tatsächliche Gefahr ausgegangen sei. Der Kläger arbeite als Meister im öffentlichen Dienst und auch das Bundeszentralregister weise keine Eintragungen auf. Zudem habe die Ex-Frau des Klägers bei ihrer Zeugeneinvernahme ausgesagt, dass der Kläger seine Waffen immer gewissenhaft und verantwortungsbewusst gehandhabt und gelagert habe. Die von der Beklagten angestellte Prognose könne deshalb nicht gehalten werden.
25
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2022 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
26
Eine Prognoseentscheidung sei auf Grundlage des Verhaltens des Klägers auch für die Zukunft möglich. Im Waffenrecht dürfe ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Für die Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG sei keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genüge es, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition bestehe. Die durch den Kläger versendeten Nachrichten seien ein wesentlicher Beleg für seine Unzuverlässigkeit. Auch wenn der Kläger gegenüber Hrn. … nicht mehr in Erscheinung getreten sei, so belege die damalige drastische Wortwahl die Unbeherrschtheit des Klägers. Der Kläger habe mit seiner Wortwahl eine Tötungsabsicht signalisiert und die Ernsthaftigkeit seiner Drohung unterstrichen, indem er die Drohung gegenüber Hrn. … wiederholte. Der Zwischenfall lasse befürchten, dass der Kläger in einer jederzeit möglichen Ausnahmesituation die Beherrschung verliere. Bei der waffenrechtlichen Beurteilung komme es nicht darauf an, ob die Handlungen des Klägers zu einer strafrechtlichen Verurteilung führten. Auch sei unerheblich, ob der Kläger erneut strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.
27
Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

28
Die Klage hat keinen Erfolg.
29
1. Die Klage ist im wohlverstandenen Sinne des anwaltlich vertretenen Klägers so auszulegen, dass dieser die Aufhebung des Bescheides des Landratsamts vom 17. August 2022 mit Ausnahme der Ziffer 5 (Zwangsgeldandrohung) begehrt. Die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 5 des streitgegenständlichen Bescheides hat sich infolge der rechtzeitigen Rückgabe der Waffenbesitzkarte sowie des rechtzeitigen Nachweises über die Überlassung der in die Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen an einen Berechtigten erledigt, weshalb einer Klage bezüglich dieser Anordnung das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde. Gemäß Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) ist die Anwendung der Zwangsmittel einzustellen, sobald der Pflichtige seiner Verpflichtung nachkommt. Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2023 die rechtzeitige Erfüllung der zwangsgeldbewehrten Verpflichtungen durch den Kläger bestätigt, weshalb keine Fälligstellung von Zwangsgeldern droht.
30
2. Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid vom 17. August 2023 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
31
a. Ziffer 1 des Bescheides begegnet keinen Rechtmäßigkeitsbedenken.
32
aa. Rechtsgrundlage der Anordnung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis ist § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG). Demgemäß ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz – hier: die Waffenbesitzkarte gemäß § 10 Abs. 1 WaffG – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein Ermessensspielraum ist der Behörde dabei nicht eingeräumt. Eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
33
bb. Der Kläger ist waffenrechtlich unzuverlässig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG, weshalb die Waffenbesitzkarte zu widerrufen war.
34
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Nr. 2 a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Nr. 2 b), oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Nr. 2 c).
35
Die Befürchtung regelwidrigen Verhaltens setzt eine zukunftsbezogene Prognose voraus, die auf Tatsachen gestützt werden muss. Als Tatsachen kommen alle Tatsachen in Betracht, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung von Bedeutung sein können. Anders als die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG geregelten Fälle knüpft eine Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht an ein konkretes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Antragstellers in der Vergangenheit, sondern an die Befürchtung regelwidrigen Verhaltens in der Zukunft an (OVG Saarlandes, U.v. 12.3.2020 – 2 A 285/19 – juris Rn. 29; Gade, Waffenrecht, 3. Aufl. 2022, § 5 WaffG, Rn. 6). Im Rahmen der zukunftsbezogenen Beurteilung ist anhand des bisherigen Verhaltens zu beurteilen, ob der gesetzesmäßige Umgang mit der Waffe gewährleistet ist. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschreibt im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich bedenklich, nämlich im hohen Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, so dass – anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG – eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird. Für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG reicht es somit auch ohne das Vorliegen strafrechtlich relevanten Verhaltens aus, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Annahme eines unsachgemäßen Umgangs mit der Waffe durch den Antragsteller rechtfertigen (Gade, a.a.O., § 5 Rn. 6). Bestimmte Wesensmerkmale einer Person können die Befürchtung eines missbräuchlichen oder leichtfertigen Umgangs begründen. So, wenn der Betroffene leicht reizbar ist, unbeherrscht auf Provokationen reagiert, in der Vergangenheit in Stresssituationen unangemessen reagiert hat oder er in Konfliktsituationen ein mangelndes Potenzial für gewaltfreie Konfliktlösungen gezeigt hat (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2001 – 19 ZS 01.357 – juris Rn. 27; VGH BW, U.v. 26.10.2018 – 1 S 1726/17 – juris Rn. 50; VG Gießen, U.v. 5.3.2020 – 9 K 8133/17.Gl – juris Rn. 22). Derartige Persönlichkeitszüge können in vielfältiger Weise zutage treten und müssen keinesfalls in waffenrechtlich spezifischer Weise aufgetreten sein, um für eine Prognose im Rahmen des § 5 herangezogen werden zu können (Gade, a.a.O. § 5 Rn. 11). Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. OVG Saarl, a.a.O. Rn. 30). In Anbetracht der in Rede stehenden Schutzgüter und dem strikt präventiven Charakter der gesetzlichen Regelung ist keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für ein Fehlverhalten erforderlich. Vielmehr reicht eine auf Lebenserfahrung gestützte Einschätzung der Behörde aus, soweit diese auf tatsächlichen Anknüpfungspunkten basiert. Ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14 mit Hinweis auf st.Rspr. des BVerwG z.B. B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris, sowie B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris; Gade, a.a.O.*§ 5 Rn. 20).
36
Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2023 die Gelegenheit genutzt, dem Gericht die Hintergründe, insbesondere die Ursachen für die beleidigenden und bedrohenden Text- und Sprachnachrichten vom 3. und 4. April 2021 zu erläutern. Dabei verwies er auf die ereignisreichen letzten drei Jahre, die ihn sehr belastet hätten. So habe er 2018 einen Verkehrsunfall gehabt und auch eine Corona-Erkrankung habe ihn aus der Bahn geworfen. Zu dieser Zeit sei außerdem das Ehescheidungsverfahren gelaufen, das bereits zu Beginn des Jahres 2019 begonnen und mit dem Scheidungsurteil im Februar 2021 beendet worden sei. Zudem führte der Kläger aus, er habe dem Hörensagen nach erfahren, dass der Empfänger der Text- und Sprachnachrichten, Hr. …, einen sehr schlechten Ruf genieße, da er – so habe er es gehört – Frauen „betatsche“. Aufgrund des Umstandes, dass zum damaligen Zeitpunkt seine zwei Kinder bei seiner Frau wohnten und diese ein für ihn nicht genau einzuordnendes Verhältnis zu Hrn. … pflegte, habe er Angst um seine Kinder gehabt, weshalb er seine Frau über diese in Erfahrung gebrachten Informationen habe in Kenntnis setzen wollen. Zudem sei er emotional erregt und in Rage gewesen, da er einen Tag vor dem Versenden der Text- und Sprachnachrichten, am 2. April 2021, nachmittags halbstündig ca. drei bis vier Anrufe mit unterdrückter Nummer erhalten habe, bei denen sich niemand am anderen Ende der Leitung gemeldet habe. Diesbezüglich habe er die starke Vermutung gehabt, die Anrufe seien durch Hrn. … erfolgt, da seine Frau diesen über die seinerseits getätigten Anschuldigungen den Hrn. … betreffend wohl informiert habe. Den Zusammenhang zwischen diesen Anrufen und den von ihm versendeten Nachrichten an Hrn. … erklärte der Kläger dem Gericht so, dass er mit diesen habe erreichen wollen, dass die Anrufe mit der unterdrückten Nummer durch Hrn. … unterlassen würden. Auf Nachfrage des Gerichts gab der Kläger zu, dass auch „Eifersucht und Neid“ eine Rolle gespielt hätten und er hierdurch emotional aufgebracht gewesen sei; die Scheidung sei von seiner Frau ausgegangen. Erst abends habe er über die versendeten Nachrichten nachgedacht und festgestellt, dass er wohl in Rage gewesen war. Sein Verhalten bewerte er als nicht korrekt, weshalb er sich auch bei Hrn. … entschuldigt habe.
37
Das Gericht kommt nach Würdigung der Gesamtumstände des Sachverhalts und des persönlichen Eindrucks vom Kläger und dessen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2023 zu den Hintergründen der Text- und Sprachnachrichten, die die Grundlage für das waffenrechtliche Widerrufsverfahren darstellen, sowie unter besonderer Berücksichtigung des strikt präventiven Charakters des Waffenrechts zu dem Ergebnis, dass die durch den Kläger am 3. und 4. April 2021 gegenüber dem Hrn. … ausgesprochenen Bedrohungen und Beleidigungen als tatsächlicher Anhaltspunkt dafür zu werten sind, dass der Kläger aufgrund seiner Emotionalität und Unbeherrschtheit, die in diesem Verhalten zum Ausdruck kommen, nicht die im Waffenrecht erforderliche Gewähr dafür bietet, jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß mit seinen Waffen umzugehen. Insofern ist auch der waffenrechtliche Grundsatz zu beachten, dass ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss. In dem Verhalten des Klägers am 3. und 4. April kommt eine erhebliche aggressive Grundhaltung zum Ausdruck, die zusammen mit dem affektartigen Verhalten, der emotionalen Unbeherrschtheit, der leichten Provozierbarkeit und dem fehlenden Konfliktvermeidungspotenzial die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG begründet.
38
Dabei hat das Gericht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass sich dieser zwischenzeitlich bei Hrn. … für sein Verhalten entschuldigt und auch in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht Reue gezeigt und die Einsicht geäußert hat, dass sein Verhalten nicht richtig war, auch wenn einbezogen werden muss, dass die Entschuldigung des Klägers wohl unter dem Druck des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgte. Insbesondere hat das Gericht die in der Verhandlung vom Kläger dargestellten Hintergründe – die schwere Zeit des Klägers in den letzten drei Jahren aufgrund des Autounfalls, des Todes seiner Mutter und insbesondere der Scheidung von seiner Ehefrau – gewürdigt. Diesbezüglich ist anzumerken, dass die Ausführungen des Klägers hierzu zumindest dessen Lebenssituation im Zeitpunkt des Versendens der Text- und Sprachnachrichten erläutern und dessen angespannte emotionale Lage nachvollziehbar werden lassen. Keinesfalls aber führen diese Erwägungen zu einer Rechtfertigung der Vorfälle am 3. und 4. April 2021. Vielmehr zeigt sich an dem Verhalten des Klägers, dass er in schwierigen Lebenssituationen emotional unbeherrscht reagiert, wodurch das Risiko begründet wird, dass er auch allgemein in sonstigen alltäglichen Konfliktsituationen eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Emotionalität zeigt, die sich in einem unbeherrschten Umgang niederschlägt, der durch die Gefahr begleitet wird, dass der Kläger auch seine Waffen in nicht ordnungsgemäßer Weise verwenden könnte.
39
Die klägerischen Ausführungen, er sei wegen der Anrufe mit unterdrückter Nummer emotional aufgebracht gewesen und habe sodann in Rage die Text- und Sprachnachrichten versendet, können das klägerische Verhalten nicht in Gänze erklären. So bleibt für das Gericht fraglich, weshalb die Anrufe mit unterdrückter Nummer, die laut Aussage des Klägers am 2. April 2021 stattgefunden haben sollen, den Kläger erst zur Mittagszeit des 3. April 2021 derart in Rage gebracht haben sollen, dass er sich zu solchen in ihrer Wortwahl drastischen Text- und Sprachnachrichten hat hinreißen lassen. In dem Verhalten klingt ein emotionales Hineinsteigern des Klägers an, welches letztlich in konkreten Bedrohungen und Beleidigungen des Hrn. … gipfelten. Dabei ist insbesondere zu Lasten des Klägers zu gewichten, dass in der Wortwahl eine deutliche Gewaltaffinität zum Ausdruck kommt. Erschwerend tritt hinzu, dass die Äußerungen – wenn auch nicht in Bezug auf die in die Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen – einen offensichtlichen Bezug zum (Hieb-)Waffeneinsatz („ich schlitz dich auf (…)“) aufweisen. Auch fällt zu Lasten des Klägers ins Gewicht, dass die Äußerungen nicht bloß abstrakt und allgemein erfolgten, sondern konkrete Bedrohungen darstellen, die gegenüber der Person des Hrn. … geäußert und von diesem auch als ernst zu nehmend wahrgenommen wurden. Der Zeitraum – konkret ab der Mittagszeit am 3. April 2021 bis kurz nach Mitternacht am 4. April 2021 – zeigt, dass es dem Kläger über einen längeren Zeitraum nicht gelungen ist, sich selbst zu beruhigen. Auch schien er sich und sein Verhalten in dieser Zeit nicht selbst zu reflektieren, sondern steigerte sich vielmehr hinein, indem er es nicht bei einer Sprachnachricht beließ, sondern insgesamt elf Text- und Sprachnachrichten mit beleidigendem und bedrohendem Inhalt versendete. An dem Verhalten des Klägers zeigt sich, dass dieser nicht nur zur emotionalen Unbeherrschtheit neigt, sondern in der konkreten Konfliktsituation auch eine mangelnde Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, zeigt. Es ist jedoch gerade dieser Umstand – die emotionale Unbeherrschtheit in Kombination mit dem fehlenden Konfliktvermeidungspotenzial –, den das Waffenrecht in seiner Restriktivität aufgrund des strikt präventiven Charakters als gefahrenbegründenden Aspekt verhindern möchte.
40
Der Einwand des Klägers, selbst das Strafgericht habe von einer verschärften Ahndung der Bedrohungen und Beleidigungen abgesehen, indem das strafrechtliche Verfahren gegen Geldauflage eingestellt worden sei, verfängt nicht. Der Kläger verkennt hier die unterschiedlichen Zielrichtungen einerseits eines Straf- oder Bußgeldverfahrens und andererseits des gefahrenabwehrrechtlich mit Blick auf die Zukunft intendierten waffenrechtlichen Verwaltungsverfahrens, in dem es nicht um die nachträgliche Sanktionierung und Feststellung der persönlichen Schuld vor dem Hintergrund einer insoweit geltenden Unschuldsvermutung geht. Maßgeblich ist die Abwehr aktueller und künftiger Gefahren im Interesse der Allgemeinheit, die eine „Ungefährlichkeitsvermutung“ oder „im Zweifel“ einen Verzicht auf eine Gefahrenabwehr vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung für die Rechtsgüter Leben und Gesundheit nicht zulässt (SächsOVG, B.v. 28.4.2022 – 6 B 72/22 – juris Rn. 13; OVG Saarland, B.v. 9.12.2016 – 2 A 85/16 – juris Rn. 12 m.w.N.). Es ist unerheblich, ob das Verhalten des Antragstellers zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hat. Die Waffenbehörde hat eine eigenständige Bewertung vorzunehmen, die sich insbesondere an präventiven Gesichtspunkten orientiert (BayVGH, B.v. 8.6.2022 – 24 CS 22.837 – juris Rn. 19). Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts ist eine Prognose zu erstellen und der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG).
41
b. Die Ziff. 2 des Bescheides erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Die Anordnung der Rückgabe der Waffenbesitzkarte beruht auf § 46 Abs. 1 WaffG, wonach widerrufene Erlaubnisse unverzüglich bei der Behörde zurückzugeben sind.
42
c. Die Aufforderung zur Unbrauchbarmachung bzw. Überlassung der Waffen an einen Berechtigten in Ziff. 3 sowie die Verpflichtung in Ziff. 4, einen Nachweis hierüber zu führen, erweisen sich als rechtmäßig. Diese Anordnungen beruhen auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Frist von sieben Wochen zur Erfüllung der Ziff. 3 sowie die Frist von zwei Wochen zu Erbringung des Nachweises der Erfüllung der Ziff. 4 in Ziff. 4 ist insbesondere angemessen.
43
d. Auch das in Ziff. 6 ausgesprochene Waffenbesitzverbot für erlaubnisfreie Waffen ist rechtmäßig. Ungeachtet der Tatsache, dass das in Ziff. 5 ausgesprochene Waffenbesitzverbot im Tenor des Bescheids nicht zwischen erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Waffen differenziert, wird es als hinreichend bestimmt i. S. d. Art. 37 Abs. 1 VwVfG angesehen, denn eine Beschränkung auf erlaubnisfreie Waffen ergibt sich aus der Bescheidsbegründung zur Ziff. 5 (vgl. S. 5 des streitgegenständlichen Bescheides).
44
Ein Waffenbesitzverbot für erlaubnisfreie Waffen nach § 41 Abs. 1 Satz 1 WaffG kann erlassen werden, sofern dies zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG) oder wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG). Das Waffenbesitzverbot beruht vorliegend auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG, der sich auf „die tatsachengestützte fehlende Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen im Hinblick auf die persönlichen Voraussetzungen“ (BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 36) stützt. § 5 WaffG konkretisiert den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des WaffG und gilt deshalb auch in Bezug auf erlaubnisfreie Waffen und Munition (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2021 – 24 ZB 19.1086 – juris Rn. 8; B.v. 15.10.2020 – 24 ZB 18.1159 – juris Rn. 9; B.v. 24.1.2019 – 21 CS 18.1579 – juris 10). Die bereits festgestellte waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers rechtfertigt somit auch das Waffenbesitzverbot für erlaubnisfreie Waffen.
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e. Die Kostenentscheidung in der Ziff. 7 und 8 des Bescheides hält ebenfalls einer Rechtmäßigkeitskontrolle stand. Die Kostenentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 1, 2 und 3 Kostengesetz (KG). Die Höhe der Gebühr für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis bemisst sich nach Art. 1 Abs. 1 KG i.V. m. 5 KG und Tarif-Nr. 2.II.7/39 i.V.m. Tarif-Nr. 2.II.7/7 des Kostenverzeichnisses und für das Waffenbesitzverbot nach Tarif-Nr. 2.II.7/37 des Kostenverzeichnisses. Die festgesetzte Gebühr hält sich in dem vorgesehenen Rahmen. Die Auslagenforderung in Höhe von 3,45 EUR basiert auf Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG.
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3. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.
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4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.