Inhalt

LG München II, Beschluss v. 22.05.2023 – 6 T 3487/22 BET
Titel:

Zu den Voraussetzungen der einstweiligen Anordnung einer vorläufigen Unterbringung und Genehmigung einer Fünfpunktfixierung 

Normenketten:
BGB BGB § 1846, § 1906 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 1908i Abs. 1 S. 1 (idF bis zum 31.12.2022)
FamFG § 317 Abs. 1, § 331 S. 1 Nr. 1
FamFG § 312 Nr. 1, Nr. 4 (idF bis zum 31.12.2022)
Leitsätze:
1. Fügt sich eine Betroffene selbst Verletzungen zu durch sich ständig wiederholende Schnitte und dadurch, dass sie ihren Kopf gegen Wände, Türen und auf den Fußboden schlägt, und musste sie während ihres Klinikaufenthalts mehrfach davon abgehalten werden, zum Fenster zu rennen, liegt eine erhebliche Gesundheitsgefährdung iSd § 1906 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. BGB vor, die eine zwangsweise Fixierung erforderlich macht. (Rn. 36 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dass eine gerichtliche Anhörung stattfindet während die Betroffene bereits wegen der erheblichen Eigengefährdung fixiert ist, stellt dann keinen Verfahrensverstoß dar, wenn sie gleichwohl ansprechbar und in der Lage ist, sich zu äußern. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
vorläufige Unterbringung, Fünf-Punkt-Fixierung, psychische Erkrankung, rechtliches Gehör Rechtsgebiete, Verdacht der Suizidalität, Verfahrensfehler
Vorinstanz:
AG Starnberg, Beschluss vom 14.08.2020 – XVII 459/20
Rechtsmittelinstanzen:
LG München II, Beschluss vom 26.06.2023 – 6 T 3487/22 BET
BVerfG Karlsruhe, Beschluss vom 16.01.2024 – 2 BvR 1114/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42093

Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen und des weiteren Beteiligten ... gegen den Beschluss des Amtsgerichts Starnberg vom 14.08.2020, Az. XVII 459/20 (2), wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Betroffene und Beschwerdeführerin befand sich ab dem 12.08.2020 zunächst zur Behandlung im Krankenhaus ... und sodann im Klinikum ..., Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, wo sie auf der geschlossenen Station aufgenommen wurde. Mit Schreiben vom 14.08.2020 beantragte die Klinik ..., vertreten durch die, die Betroffene behandelnde Oberärztin Frau ... gegenüber dem AG Starnberg als Betreuungsgericht die Einrichtung einer Betreuung für die Betroffene, sowie deren vorläufige Unterbringung für die Dauer von 6 Wochen und die Genehmigung für eine Fünfpunktfixierung. Das Schreiben beinhaltete ein ärztliches Zeugnis der Oberärztin Frau ..., in welchem sie eine psychische Erkrankung der Betroffenen in Gestalt einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägter Impulsivität und Suizidalität (ICD – 10: F 60.31) diagnostizierte. Zur Begründung der Anträge führt die Oberärztin aus, die Betroffene sei massiv angespannt, mit ausgeprägten selbstgefährdenden Handlungen, namentlich Kopf gegen die Wand schlagen und sich selbst tief schneiden. Die Betroffene sei nicht einschätzbar und nicht absprachefähig. Es bestehe Selbstgefährdung durch Impulsivität und Suizidalität. Mildere Mittel zum Schutz der Betroffen seien gegenwärtig nicht ausreichend. Eine Fünfpunktfixierung sei erforderlich, um Verletzungen der Betroffenen durch unkontrollierte Bewegungen, Stürze und eigen- und fremdgefährdende Handlungen zu verhindern. Die Betroffene sei zu einer freien Willensbildung nicht in der Lage. Für die weiteren Einzelheiten des Antragsschreibens und des ärztlichen Zeugnisses wird auf Bl. 1/4 d.A. Bezug genommen.
2
Aufgrund des Antrages der Klinik leitete das Betreuungsgericht am 14.08.2020 ein Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit einer Betreuung und einer vorläufigen Unterbringung, sowie freiheitsbeschränkender Maßnahmen durch Fixierung ein. Noch am 14.08.2020 hörte das AG Starnberg die Betroffene durch die zuständige Betreuungsrichterin in Anwesenheit der vom Gericht hinzugezogenen Verfahrenspflegerin, Frau Rechtsanwältin ... und der Oberärztin Frau ... in der Klinik persönlich zur Notwendigkeit einer vorläufigen Betreuung und einer vorläufigen Unterbringung einschließlich freiheitsbeschränkender Maßnahmen durch Fixierung an. Dabei stellte die Betreuungsrichterin fest, dass die Arme der Betroffenen mit alten und neuen Schnittwunden übersät waren. In den vorderen Bereichen der Oberschenkel der Betroffenen waren Narben zu erkennen. Bei der Anhörung lag die Betroffene fixiert im Bett. Sie war aggressiv und impulsiv und versuchte, sich wiederholt aus den Fixierungen zu lösen. Sie konnte sich äußern und erklärte, die wolle keine Fixierung und Unterbringung. Sie wolle Anfang September eine Ausbildung zur Kinderpflegerin beginnen. Das ärztliche Attest wurde der Betroffenen übergeben und mit ihr erörtert. Die Oberärztin erklärte, es bestehe der Verdacht der Suizidalität. Die Betroffene habe in der Klinik ihren Kopf mehrfach gegen die Wand geschlagen. Im Ergebnis der Anhörung hielt die Richterin fest, dass eine vorläufige Betreuung, eine vorläufige Unterbringung und Fixierung erforderlich seien. Die Verfahrenspflegerin erklärte ihr Einverständnis mit diesen Maßnahmen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Anhörungsprotokoll auf Bl. 5/8 d.A. Bezug genommen.
3
Mit hier angefochtenem Beschluss vom 14.08.2020, für dessen Einzelheiten auf Bl. 9/12 d.A. Bezug genommen wird, genehmigte das Betreuungsgericht im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 24.09.2020 und freiheitsentziehende Maßnahmen durch Fünfpunkt-Fixierung bis längstens 27.08.2020 und bestellte Frau Rechtsanwältin ... zur Verfahrenspflegerin.
4
Mit Schreiben vom 16.08.2020, bei dem Betreuungsgericht am gleichen Tag eingegangen, erhob der bevollmächtigte Vertreter der Betroffenen, Herr ..., im Namen der Betroffenen, sowie als Vertrauensperson im eigenen Namen Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.08.2020 und beantragte den Beschluss aufzuheben. Zur Begründung trug er vor, dass die Maßnahmen die Betroffene in ihren Rechten verletzten, da die gesetzlichen Voraussetzungen der angeordneten Maßnahmen nicht vorlägen. Die Betroffene sei zwar mit dem „Beschwerdebild Borderline“ und einem subjektiv gespürten Zwang zum „Ritzen“ belastet. Sie habe aber noch nie einen Suizid intendiert und sei auch nie als nach außen gewalttätig aufgefallen. Die Betroffene sei behandlungseinsichtig und habe sich freiwillig in die Klinik begeben. Sie habe ihre Realschulausbildung erfolgreich absolviert und wolle ab September 2020 eine Berufsausbildung beginnen. Die Maßnahmen seien ohne Sachverständigengutachten angeordnet worden. Das ärztliche Zeugnis der Klinik sei unbrauchbar. Die Anhörung sei ohne Anwesenheit des Vertreters und der Eltern der Betroffenen durchgeführt worden. Zum Zeitpunkt der Anhörung sei die Betroffene bereits seit Stunden gegen ihren Willen fixiert gewesen. Für die weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 14/24 d.A. nebst Anlagen Bezug genommen.
5
Mit Schreiben vom 17.08.2020 (Bl. 27 d.A.) beantragte die Klinik die Aufhebung des Beschlusses vom 14.08.2020, da die medizinischen Voraussetzungen einer Unterbringung nicht mehr vorlägen. Mit Beschluss vom 17.08.2020, berichtigt mit Beschluss vom 19.08.2020 (Bl. 28/30 und 46/48 d.A.) hob das Betreuungsgericht den Beschluss vom 14.08.2020 auf. Die Betroffene wurde am 17.08.2020 aus der Klinik entlassen.
6
Mit Beschluss vom 18.08.2020 (Bl. 29/31 der beigezogenen Betreuungsakte) stellte das Betreuungsgericht das Betreuungsverfahren ein, da die Betroffene in der Lage sei, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen und eine Betreuung daher nicht erforderlich sei.
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Mit Schreiben vom 17.08.2020, bei dem Betreuungsgericht am gleichen Tag eingegangen, stellte der bevollmächtigte Vertreter der Betroffenen den Antrag, festzustellen zu lassen, dass der Beschluss des Betreuungsgerichts vom 14.08.2020 die Betroffene in ihren Rechten verletzt habe. Zugleich beantragte er, dass die Staatskasse der Betroffenen, die zu ihrer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Auslagen zu erstatten habe. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben auf Bl. 32/35 d.A. Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 18.08.2020 begründete der Vertreter der Betroffenen die Beschwerde weiter. Zur weiteren Beschwerdebegründung machte er geltend, dass das Betreuungsgericht die Maßnahmen nicht ohne einen Betreuer hätte anordnen dürfen. Das Gericht habe es versäumt zeitgleich zu dem Beschluss einen Betreuer zu bestellen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben auf Bl. 40/43 d.A. Bezug genommen.
9
Mit Schreiben vom 19.08.2020, für dessen Einzelheiten auf Bl. 53/56 d.A. Bezug genommen wird, nahm die Verfahrenspflegerin zur Beschwerde Stellung und erklärte, dass der Beschluss vom 14.08.2020 aus ihrer Sicht rechtmäßig ergangen sei.
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Im weiteren Verfahrensverlauf beantragte der Vertreter der Betroffenen wiederholt Fristverlängerungen, um die Beschwerde weiter begründen zu können. Das Betreuungsgericht gewährte wiederholt Fristverlängerungen. Mit Verfügung vom 06.10.2022 (Bl. 95 d.A.) wies das Betreuungsgericht die Betroffene und deren Vertreter darauf hin, dass ausreichend Zeit gewesen sei, ergänzend zur Beschwerde vorzutragen und eine weitere Fristverlängerung nicht gewährt werde. Mit Beschluss vom 06.10.2022, für dessen Einzelheiten auf Bl. 96/98 d.A. genommen wird, half das Betreuungsgericht der Beschwerde nicht ab.
11
Mit Schreiben vom 31.10.2022 trug der Vertreter der Betroffenen weiter zur Beschwerdebegründung vor. Dabei machte er geltend, dass das Betreuungsgericht den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt habe, indem es die weitere Beschwerdebegründung nicht abgewartet habe. Des Weiteren macht er erneut geltend, dass das Betreuungsgericht es verabsäumt habe, einen vorläufigen Betreuer zu bestellen. Ergänzend hierzu führte er aus, dass es möglich und geboten gewesen wäre, die Eltern der Betroffenen oder den Vertreter, der zugleich der Lebensgefährte der Betroffenen sei, zum (vorläufigen) Betreuer zu bestellen. Die Auswahl der Verfahrenspflegerin sei verfahrensfehlerhaft erfolgt. Unter Wiederholung seines bisherigen Beschwerdevorbringens macht der Vertreter der Betroffenen geltend, dass die Genehmigung mangels gesetzlicher Voraussetzungen nicht hätte erteilt werden dürfen. Die Betroffene habe keine Suizidabsichten gehabt. Die selbst beigebrachten Verletzungen seien nicht geeignet gewesen, eine Selbsttötung herbeizuführen. Die Betroffene habe sich freiwillig in die Klinik begeben. Auch die Fixierung am 14.08.2020 sei auf Wunsch der Betroffenen freiwillig erfolgt. Später habe die Klinik den Wunsch der Betroffenen, die Fixierung zu beenden, ignoriert. Das ärztliche Zeugnis sei unzureichend und fehlerhaft gewesen. Das Betreuungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Zur weiteren Begründung legte der Vertreter der Betroffenen eine Stellungnahme der die Betroffene behandelnden Psychotherapeutin vom 22.10.2020 vor, wonach die zwangsweise Fixierung nicht erforderlich gewesen sei und die Gefahr einer Traumatisierung beinhaltet habe. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben nebst Anlage auf Bl. 102/125 d.A. Bezug genommen.
12
Das LG München II als Beschwerdegericht hat zu diesem Beschwerdevorbringen Stellungnahmen der Klinik und der Verfahrenspflegerin erholt. Die Verfahrenspflegerin hat mit Schreiben vom 17.11.2022 (Bl. 127 d.A.) dahingehend Stellung genommen, dass der Beschluss vom 14.08.2020 rechtmäßig ergangen sei. Mit Schreiben vom 25.11.2022, für dessen Einzelheiten auf Bl. 128/130 d.A. Bezug genommen wird, hat die Klinik Stellung genommen und dabei auch eine Stellungnahme der behandelnden Oberärztin, Frau ... beigefügt. Die Stellungnahmen wurden dem Vertreter der Betroffenen mit Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt.
13
Der Vertreter der Betroffenen nahm mit Schreiben vom 31.12.2022 ergänzend Stellung. Darin führte er nochmals aus, dass das Betreuungsgericht, die Eltern der Betroffenen oder deren Lebensgefährten zum Betreuer hätte bestellen können. Es habe keine Fremdgefährdung durch die Betroffene vorgelegen. An der Beschwerdebegründung vom 31.10.2022 werde festgehalten. Die Betroffene habe sich freiwillig in Behandlung begeben. Die Anhörung sei rechtsfehlerhaft, da die Betroffene zu diesem Zeitpunkt fixiert gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Unterbringung und Fixierung hätten nicht vorgelegen.
II.
14
1. Die Beschwerde der Betroffenen und ihres Vertreters als Person ihres Vertrauens (§ 335 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) gegen den Beschluss vom 14.08.2020 über die vorläufige Unterbringung und Genehmigung der Fixierung ist in Gestalt eines Antrages auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 62 Abs. 1 FamFG zulässig.
15
2. Die Beschwerde ist jedoch in der Sache unbegründet und bleibt ohne Erfolg.
16
Die vom Betreuungsgericht im Wege einer einstweiligen Anordnung ausgesprochene vorläufige Unterbringung und Genehmigung einer Fünfpunkt-Fixierung ist gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 BGB i.V.m. 1846, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB, §§ 312 Nr. 1 und 2, 331 Sätze 1 und 2, 333 Abs. 1 Satz 1, 334 FamFG (jeweils in der im Jahr 2020 gültigen Fassung) rechtmäßig ergangen.
17
a) Gemäß § 331 Satz 1 Nr. 1 FamFG müssen für eine einstweilige Anordnung einer vorläufigen Unterbringungsmaßnahme, hier vorläufige Unterbringung und Fixierung, dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung einer Unterbringungsmaßnahme gemäß § 1906 Abs. 1 und Abs. 4 BGB gegeben sind. Es müssen daher konkrete Umstände bei einer summarischen Prüfung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten, dass die sachlichen Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Unterbringung und weiterer freiheitsbeschränkender Maßnahmen vorliegen (Giers, in Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 331, Rn. 3).
18
aa) Die Betroffene litt im August 2020 an einer betreuungsrechtlich relevanten psychischen Erkrankung im Sinne des § 1906 BGB. Es bestand eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägter Impulsivität und Suizidalität (ICD – 10: F 60.31).
19
Die die Betroffene in der ... behandelnde Oberärztin Frau ... hat diese Diagnose in ihrem ärztlichen Zeugnis vom 14.08.2020 gestellt. Es handelt sich um eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Ausführungen zum Gesundheitszustand der Betroffenen in dem im Zeugnis wiedergegebenen klinischen Befund stehen nachvollziehbar mit dieser Diagnose im Einklang. Die Ausführungen im ärztlichen Zeugnis sind schlüssig nachvollziehbar und überzeugend. An der Richtigkeit der Ausführungen bestehen keine Zweifel. Die Erkrankung der Betroffenen steht daher aufgrund des genannten ärztlichen Zeugnisses zur Überzeugung der Kammer fest. Auch die ergänzende, auf Anforderung des Beschwerdegerichts unter dem Datum des 25.11.2022, erholte Stellungnahme der Oberärztin Frau ... stützt die gestellte Diagnose.
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In der Anhörung vom 14.08.2020 hat sich die Betreuungsrichterin persönlich davon überzeugt, dass bei der Betroffenen die von der behandelnden Ärztin beschriebenen Symptome der psychischen Erkrankung vorliegen.
21
Die Verfahrenspflegerin führte in ihrer Stellungnahme vom 19.08.2020 aus, dass die Betroffene zum Zeitpunkt der Anhörung ältere und aktuelle Schnittverletzungen an beiden Unterarmen und an den beiden Oberschenkeln hatte. Noch kurz bevor sich die Betroffene in das Krankenhaus ... begab, hatte sie sich eine tiefe Schnittwunde in der Armbeuge zugeführt. In der Klinik ... schlug sie ihren Kopf auf den Boden und verletzte sich dabei. Sie wurde auf eigenen Wunsch fixiert, um zur Ruhe kommen zu können. Während der Anhörung habe die Betroffene auf dem Bett liegend trotz Fixierung heftig gestrampelt und geheult. Eine sinnvolle Verständigung mit der heulenden und schluchzenden Betroffenen war kaum möglich. Auch diese Ausführungen zum Verhalten und Zustand der Betroffenen stehen im Einklang mit der ärztlich gestellten Diagnose.
22
Auch die Beschwerde stellt eine Erkrankung der Betroffenen nicht in Abrede, sondern führt aus, die Betroffene zeige das Beschwerdebild Borderline.
23
bb) Zum Zeitpunkt der Anordnung bestand die Gefahr, dass sich die Betroffene aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen selbst tötet oder sie sich zumindest erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt (§ 1906 Abs. 1 Nummer 1 BGB):
24
In dem ärztlichen Zeugnis vom 14.08.2020 wird ausgeführt, dass die Betroffene massiv angespannt und impulsiv gewesen war. Sie hatte sich tiefe Schnittwunden zugefügt. In der Klinik war sie bewusst mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen. Sie war nicht einschätzbar und nicht absprachefähig. Es bestand Suizidgefahr. In ihrer unter dem Datum des 25.11.2022 übersandten Stellungnahme führte die behandelnde Oberärztin Frau ... aus, dass die Betroffene bei Aufnahme in der Klinik von rezidivierenden Suizidgedanken und davon gesprochen hatte, sich selbst nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Sie habe nach eigenen Worten eine Nahtoderfahrung machen wollen, um das Leben wieder schätzen zu können. Vor der Fixierung war die Betroffene in Richtung Fenster und Balkon gerannt, habe jedoch noch aufgehalten werden können. In der Klinik hat sie den Kopf gegen die Tür geschlagen und sich in die Hände gebissen. Auch in der Fixierung war die Betroffene stark selbstgefährdend. Sie schlug sich mit der Faust gegen Kopf und Brust. Darüber hinaus versuchte sie, ihren Kopf gegen den metallenen Nachtbriefkasten zu schlagen. Nach Darstellung der Oberärztin Frau ... kommt es bei dem, bei der Betroffenen vorliegenden Krankheitsbild immer wieder zu krisenhaften Zuspitzungen, die auch rasch wieder abklingen. Daher kommen Kriseninterventionen mit klinischem Aufenthalt oft vor. An der Richtigkeit der Darstellungen der behandelnden Oberärztin bestehen für die Kammer keine Zweifel. Ihre sachverständigen Erläuterungen und Einschätzungen sind für das Beschwerdegericht schlüssig nachvollziehbar. Die Kammer folgt daher ihren Ausführungen nach Prüfung aus eigener Überzeugung.
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Auch die Feststellungen der Betreuungsrichterin in der Anhörung vom 14.08.2020 zu den vielfachen, auch aktuellen Schnittverletzungen der Betroffenen und zu ihrer Aggressivität und Impulsivität belegen, dass die Betroffene massiv eigengefährdend war. Des Weiteren stützen auch die Ausführungen der Verfahrenspflegerin in ihrer Stellungnahme vom 19.08.2020 die Feststellung, dass die Gefahr bestand, dass sich die Betroffene erheblich selbst gesundheitlich gefährdete und auch Suizidgefahr bestand.
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cc) Die Betreute hatte keine ausreichende Krankheits- und Behandlungseinsicht. Sie war krankheitsbedingt zur freien Willensbildung, gerade auch im Hinblick auf Fragen der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Unterbringung, nicht in der Lage. Auch dies steht zur Überzeugung des Beschwerdegerichts fest aufgrund der Ausführungen der behandelnden Oberärztin in deren Zeugnis vom 14.08.2020, an dessen Richtigkeit auch insoweit keine Zweifel bestehen.
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dd) Weniger einschneidende Maßnahmen als die freiheitsentziehende Unterbringung standen zur Überzeugung der Kammer nicht zur Verfügung. Im ärztlichen Zeugnis vom 14.08.2020 wird ausgeführt, dass eine Behandlung in der geschlossenen Station eines psychiatrischen Krankenhauses aus medizinischer Sicht erforderlich war, um die Gefahr einer Selbstschädigung bis hin zu einer Selbsttötung abzuwenden. Die Betroffene war nicht einschätzbar und nicht absprachefähig. Die Betreuungsrichterin, welche die Anhörung durchgeführt hat, hat aufgrund ihres persönlichen Eindrucks die Notwendigkeit einer vorläufigen Unterbringung befürwortet. Ebenso hat die Verfahrenspflegerin in ihrer Stellungnahme vom 19.08.2020 angegeben, dass aus ihrer Sicht die Notwendigkeit einer vorläufigen Unterbringung bestand. Die angeordnete Unterbringungsdauer von 6 Wochen steht mit den Ausführungen im ärztlichen Zeugnis der Oberärztin Frau ... vom 14.08.2020 in Einklang. Sie entsprach auch der gesetzlichen Vorgabe von höchstens sechs Wochen gemäß § 333 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
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ee) Auch die Voraussetzungen für eine Freiheitsentziehung durch mechanische Vorrichtungen in einem Krankenhaus nach § 1906 Abs. 4 BGB (hier 5 Punkt Fixierung) lagen vor. Zunächst waren, wie bereits ausgeführt, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1906 Abs. 1 Nr.1 BGB gegeben. Die im Beschluss des Betreuungsgerichts genehmigte 5 Punkt Fixierung war erforderlich, um die Betroffene davon abzuhalten, sich selbst zu schädigen. Die Betroffene war aggressiv, impulsiv, nicht einschätzbar und nicht absprachefähig. In der Klinik hatte sie ihren Kopf bewusst gegen die Wand, auf den Boden und gegen die Tür geschlagen. Sie hatte sich selbst mit der Faust geschlagen. Sie war zum Fenster bzw. Balkon gerannt und konnte nur mit Zwang aufgehalten werden. Daher war die bloße Unterbringung nicht ausreichend. Auch die, zumindest zeitweise Fünfpunktfixierung, war erforderlich, um die Betroffene davon abzuhalten, sich selbst erheblich zu schädigen. Mildere Mittel standen nach Darstellung der behandelnden Oberärztin Frau ... nicht zur Verfügung. Die Kammer schließt sich dieser Einschätzung nach Prüfung aus eigener Überzeugung an.
29
Das Betreuungsgericht hat im Rahmen der Genehmigung der 5 Punkt-Fixierung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Brilla, in beck oGK BGB, Stand 01.05.2022, § 1906a Rn. 136) zutreffend beachtet. Nach der Anordnung des Betreuungsgerichts musste sich die Fixierung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken. Des Weiteren musste sie in jedem Einzelfall ärztlich angeordnet und unbedenklich sein, sowie überwacht werden. Durch eine Eins zu Eins Betreuung durch qualifiziertes Personal musste die Sicherheit der Betroffenen gewährleistet werden. Die angeordnete Dauer der Genehmigung von 2 Wochen steht mit den Ausführungen im ärztlichen Zeugnis der Oberärztin Frau ... vom 14.08.2020 in Einklang und entsprach auch der gesetzlichen Vorgabe gemäß § 333 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
30
ff) Die mit der vorläufigen Unterbringung und Fixierung verbundenen schwerwiegenden Eingriffe in die Freiheitsgrundrechte der Betroffenen waren angesichts der konkret drohenden schwerwiegenden Gefahren für die Gesundheit und sogar das Leben der Betroffenen erforderlich und verhältnismäßig.
31
b) Das Verfahren nach § 331 FamFG wurde eingehalten:
32
aa) Das Betreuungsgericht hatte der Betroffenen gem. § 317 Abs. 1 FamFG eine Verfahrenspflegerin bestellt. Es lag das ärztliche Zeugnis der Oberärztin Frau ... über den Zustand der Betroffenen und die Notwendigkeit der Maßnahmen vor. Die Ärztin verfügt als Oberärztin der psychiatrischen Abteilung der ... über Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie. Die Betreuungsrichterin hatte die Betroffene in Anwesenheit der Verfahrenspflegerin persönlich angehört. Das ärztliche Zeugnis war der Betroffenen übergeben und in der Anhörung erörtert worden. Die Verfahrenspflegerin hatte Stellung genommen und die Maßnahmen befürwortet.
33
Es bestand ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden. Die Betroffene hatte sich zunächst zwar freiwillig in die Klinik begeben. Sie hatte während ihres Aufenthaltes aber ihre Meinung gewechselt. In der Anhörung erklärte sie, sie wolle entfixiert und entlassen werden. Zu diesem Zeitpunkt war sie aber immer noch aggressiv, impulsiv und erheblich selbstgefährdend. Eine richterliche Anordnung musste vor diesem Hintergrund unverzüglich ergehen. Ein Abwarten des Verfahrens und eine zwischenzeitliche Lösung der Fixierung und Entlassung der Betroffenen waren aufgrund der erheblichen Gefahren für Leib und Leben der Betroffenen nicht zu verantworten.
34
bb) Für die Betroffene bestand zum Zeitpunkt der vorläufigen Unterbringung und Fixierung noch keine Betreuung. Aufgrund des vorliegenden Eilfalles konnte jedoch das Betreuungsgericht gem. §§ 1846, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB, §§ 312 Nr. 1 und 4, 331 FamFG vorläufige Unterbringungsmaßnahmen anordnen (vgl. BGH vom 13.02.2002, NJW 2002, 1801). Das Betreuungsgericht hatte unverzüglich, nämlich am 14.08.2020 ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Zur Bestellung eines Betreuers kam es nur deshalb nicht, weil das Betreuungsverfahren wegen der Möglichkeit der Einrichtung einer Vorsorgevollmacht bereits am 18.08.2020 wieder beendet wurde. Die Maßnahmen waren zuvor beendet und die Betroffene am 17.08.2022 aus der Klinik entlassen worden. Auch insoweit ist das Verfahren nicht zu beanstanden (vgl. BGH vom 13.02.2002, NJW 2002, 1801).
35
c) Aufgrund des Beschwerdevorbringens ist eine andere Entscheidung nicht veranlasst. Eine Verletzung von Rechten der Betroffenen liegt nicht vor.
36
aa) Entgegen dem Beschwerdevorbringen lagen die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung einer vorläufigen Unterbringung und einer Genehmigung der Fünfpunktfixierung vor.
37
Zunächst geht auch die Beschwerde davon aus, dass die Betroffene zum Anordnungszeitpunkt im August 2020 an einer psychischen Erkrankung litt („Beschwerdebild Borderline“) und einen Zwang zum „Ritzen“ verspürte.
38
Soweit die Beschwerde geltend macht, die Betroffene sei nie nach außen gewalttätig geworden, war dies für die Anordnung nicht erheblich. § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB stellt auf die Eigengefährdung der betroffenen Person ab. Eine solche lag in erheblichem Maß bis hin zur Suizidalität vor. Selbst wenn die Betroffene im Rahmen ihrer Selbstverletzungen gehofft haben sollte zu überleben, so ist doch festzustellen, dass sich die Betroffene wiederholt in erheblichem Umfang schwerwiegende Schnittverletzungen beigebracht hatte. Die Betroffene wollte zumindest eine Todesgefahr erzeugen. Bereits dadurch besteht die Gefahr, dass die Betroffene die mit ihrem Handeln verbundenen Gefahren falsch einschätzt und sich tötet, obgleich sie dies nicht final beabsichtigte. Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht auf den Einwand der Beschwerde an, die zuvor beigebrachten Verletzungen seien nicht zur Selbsttötung geeignet gewesen. Sie waren immerhin so schwer, dass eine Krankenhausbehandlung nötig wurde. Im Übrigen liegt auch in der Selbstverletzung durch sich ständig wiederholende Schnitte und dadurch, dass die Betroffene ihren Kopf gegen Wände, Türen und auf den Fußboden schlug, eine erhebliche Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. BGB.
39
Die Ausführungen der Beschwerde dazu, dass das ärztliche Zeugnis fehlerhaft und die Ausführungen der Oberärztin Frau ... unrichtig seien, überzeugen nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin bzw. ihr Vertreter selbst über ausreichende medizinische Kenntnisse verfügen. Als einzig sachverständige Stellungnahme wird ein Schreiben der die Betroffene behandelnden Psychotherapeutin ... vom 22.10.2020 vorgelegt. Diese Stellungnahme steht aber weder der Diagnose im ärztlichen Zeugnis, noch der Einschätzung einer bestehenden Suizidgefahr und sonst bestehenden Eigengefährdung entgegen. Diese Stellungnahme beschäftigt sich lediglich mit der Erforderlichkeit einer Fixierung und den möglichen negativen Folgen einer zwangsweisen Fixierung. Soweit die Beschwerde vorbringt, dass die Feststellungen im ärztlichen Zeugnis nicht richtig sein können, weil die Betroffene bereits am 17.08.2020 entlassen wurde, überzeugt auch das nicht. Nach den Ausführungen der behandelnden Ärztin Frau ... kommt es bei dem, bei der Betroffenen vorliegenden Krankheitsbild immer wieder zu krisenhaften Zuspitzungen, die auch rasch wieder abklingen. Daher kommen Kriseninterventionen mit klinischem Aufenthalt oft vor. Es ist daher ohne Weiteres nachvollziehbar, dass es binnen weniger Tage gelang, die Betroffene zu stabilisieren. Hierfür sprechen im Übrigen auch die von der Beschwerde vorgelegten Auszüge aus der Patientenakte.
40
Die Beschwerde vermag auch nicht mit Erfolg geltend zu machen, die Maßnahmen seien nicht erforderlich gewesen, weil sich die Betroffene freiwillig in Behandlung begeben habe. Zwar hat sich die Betroffene zunächst freiwillig in die Klinik begeben und war zunächst sogar mit einer Fixierung einverstanden. Die Betroffene hat aber im Lauf des 14.08.2020 ihre Meinung gewechselt. Infolge ihres Meinungswechsels konnten die Maßnahmen nur noch gegen ihren Willen aufrechterhalten werden. In der Anhörung hat sie erklärt, sie wolle entfixiert und entlassen werden. Die Betroffene hatte zu diesem Zeitpunkt keine Einsicht in die Notwendigkeit der weiteren Behandlung und die fortbestehenden Selbstgefährdung. Sie war zu einer freien Willensbildung nicht in der Lage.
41
Soweit die Beschwerde unter Vorlage der Stellungnahme der Psychotherapeutin Frau geltend macht, die zwangsweise Fixierung sei nicht verhältnismäßig gewesen, so ist es zwar richtig, dass eine solche Maßnahme mit Belastungen für die betroffene Person verbunden ist. Demgegenüber muss aber die erhebliche Selbstgefährdung der Betroffenen gesehen werden. Die Betroffene hatte sich auch in der Klinik selbst verletzt, in dem sie ihren Kopf gegen Wände, Türen und auf den Fußboden schlug und musste einmal zurückgehalten werden als sie zum Fenster rannte. Die Betroffene war zunächst am 13.08.2020 noch zugänglich. Noch am Vormittag des 14.08.2020 war die Betroffene mit einer Fixierung einverstanden. Es waren also zunächst mildere Maßnahmen versucht worden. Im Verlauf des 14.08.2020 war das aber nicht mehr ausreichend. In der Abwägung überwiegt daher die Notwendigkeit, solche Selbstverletzungen zu unterbinden. Die Fixierung wurde zudem unter ärztlicher Aufsicht in einer psychiatrischen Fachklinik durchgeführt. Sobald sie nicht mehr nötig war, wurde sie beendet.
42
bb) Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind auch keine Verfahrensfehler festzustellen.
43
Entgegen dem Beschwerdevorbringen war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich. Nach § 331 Satz 1 Nr. 2 FamFG war das Zeugnis einer Ärztin mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie ausreichend. Die Erholung weiterer Unterlagen und Atteste aus früheren Behandlungen war nicht erforderlich. Es bestand eine erhebliche Eilbedürftigkeit. Die Betroffene befand sich bereits seit dem 12.08.2020 in der Klinik, so dass ihr Zustand und ihr Verhalten auch ausreichend medizinisch beurteilt werden konnten. Im Rahmen einer einstweiligen Anordnung ist nur eine summarische Prüfung erforderlich, ohne dass es einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung bedarf.
44
Die Bestellung einer Verfahrenspflegerin ist gemäß § 317 Abs. 1 FamFG erforderlich gewesen und erfolgt. Die Auswahl von Frau Rechtsanwältin ... ist nicht zu beanstanden. Die Bestellung konnte bereits vor Anhörung formlos erfolgen (Günter, in beckOK FamFG, 46. Edition, § 317 Rn. 11).
45
Die Hinzuziehung der Eltern der Betroffenen zur Anhörung war nicht erforderlich. Die Betroffene war zum Zeitpunkt der Anhörung volljährig. Die Eltern waren nicht am Verfahren beteiligt. Ebenso wenig war der jetzige Vertreter der Betroffenen zum Zeitpunkt der Anhörung am Verfahren beteiligt. Er hat erst mit Schreiben vom 16.08.2020 gegenüber dem Betreuungsgericht seine Vollmacht angezeigt und mitgeteilt, dass er Vertrauensperson der Betroffenen sei.
46
Die Betroffene war zum Zeitpunkt der Anhörung der Betroffenen auch nicht stundenlang ohne gerichtliche Anordnung gegen ihren Willen fixiert. Noch am Vormittag des 14.08.2020 hatte sich die Betroffene freiwillig fixieren lassen. Die Anhörung fand am 14.08.2020 gegen 13.00 Uhr statt. Das Betreuungsgericht hatte die Anhörung also unverzüglich durchgeführt, nachdem die Betroffene nicht mehr einverstanden war. Im Übrigen ist das Beschwerdebringen in sich widersprüchlich, indem einerseits vorgebracht wird, eine zwangsweise Fixierung sei nicht erforderlich gewesen, weil die Betroffene sich freiwillig habe fixieren lassen und andererseits geltend gemacht wird, sie sei bereits vor Anhörung stundenlang zwangsweise fixiert gewesen.
47
Dass die Anhörung stattfand als die Betroffene bereits fixiert war, stellt keinen Verfahrensverstoß dar. Die Fixierung war wegen der erheblichen Eigengefährdung erforderlich. Die Betroffene war gleichwohl ansprechbar und in der Lage sich zu äußern.
48
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren liegt nicht vor. Es bestand bis einschließlich September 2022 und damit über mehr als zwei Jahre die Möglichkeit zur Beschwerdebegründung gegenüber dem Betreuungsgericht. Dieser Zeitraum ist ausreichend. Die Betroffene hatte zwischenzeitlich auch Einsicht in die in der Klinik geführte Patientenakte erhalten. Ein weiteres Abwarten mit der Nichtabhilfeentscheidung war daher nicht veranlasst. Im Übrigen bestand nunmehr auch im Verfahren vor dem Beschwerdegericht Gelegenheit zum weiteren Vortrag.
49
Das Betreuungsgericht musste nicht gleichzeitig mit der vorläufigen Anordnung von Unterbringungsmaßnahmen einen (vorläufigen) Betreuer bestellen. Es war lediglich verpflichtet, ein Betreuungsverfahren einzuleiten und die Bestellung unverzüglich nachzuholen. Unverzüglich meint dabei einen Zeitraum von wenigen Tagen (vgl. BGH NJW 2002, 1801). Diese Vorgaben hat das Betreuungsgericht eingehalten. Es hat gleichzeitig mit dem Unterbringungsverfahren ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Zur Bestellung eines Betreuers kam es dann deshalb nicht, weil die Notwendigkeit einer Betreuung durch die Möglichkeit der Erstellung einer Vorsorgevollmacht entfallen war. Das Betreuungsverfahren wurde daher bereits am 18.08.2020 wieder eingestellt. Die Betroffene war bereits am Vortag aus der Klinik entlassen worden. Das Betreuungsgericht war nicht gehalten, bereits am 14.08.2020 einen Elternteil der Betroffenen oder ihren Lebensgefährten zum Betreuer zu bestellen. Der Wunsch der Betreuten ist dabei nicht ausreichend. Das Betreuungsgericht muss auch die Möglichkeit haben zu prüfen, ob die benannten Personen willens und in der Lage sind, eine Betreuung zu führen. Ein Prüfzeitraum von wenigen Tagen ist dabei nicht zu beanstanden.
III.
50
Der Antrag der Betroffenen bzw. ihres Vertreters, der Staatskasse die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Betroffenen aufzuerlegen, war zurückzuweisen, da die Beschwerde erfolglos geblieben ist (§ 84 FamFG).
51
Im Übrigen ist eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.