Titel:
Ärztliche Untersuchung zur Reaktivierung
Normenketten:
BBG § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 7 S. 1, S. 2
VwVfG § 38 Abs. 1
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Für die Überprüfung der Dienstfähigkeit eines Ruhestandsbeamten bedarf es weder eines besonderen Anlasses noch eines Zweifelsan der Dienstfähigkeit. Vielmehr reicht aus, dass der Dienstherr es im Rahmen der gebotenen Überprüfung erforderlich erachtet, dass die Dienstfähigkeit ärztlich festgestellt wird. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine von der zuständigen Behörde abgegebene Erklärung stellt nur dann eine rechtswirksame Zusicherung dar, wenn gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft der Wille der Behörde zum Ausdruck kommt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Der Bindungswille muss also durch Auslegung entsprechend unzweideutig zu erkennen sein. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Daraus, dass der Dienstherr den in der Regel zweijährigen Untersuchungsturnus mehrfach außer Acht gelassen hat, kann nicht geschlossen werden, dass er den gesetzlichen Verpflichtungen zur Überprüfung der Dienstunfähigkeit nicht mehr nachkommen würde. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz, Anordnung einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung der Dienstfähigkeit einer Ruhestandsbeamtin, frühere Mitteilung, eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis sei ausgeschlossen, keine Zusicherung, Beamter, Dienstunfähigkeit, Ruhestand, Reaktivierung, ärztliche Untersuchung, Dienstfähigkeit, Anlass, Zusicherung, Bindungswirkung, Verwirkung, vorläufiger Rechtsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2023, 40755
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine auf § 46 Abs. 7 BBG gestützte Anordnung ihrer ärztlichen Untersuchung.
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Mit Bescheid vom 27. März 2007 wurde die am ... 1966 geborene Antragstellerin, die zuletzt das Amt einer Fernmeldeobersekretärin innehatte, zum 1. Mai 2007 wegen dauernder Dienstunfähigkeit i.S.d. § 42 Abs. 1 Satz 2 BBG (in der seinerzeit geltenden Fassung) in den Ruhestand versetzt.
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Mit Schreiben vom 26. Juli 2011 teilte die D. T. AG der Antragstellerin mit, dass die aktuelle Überprüfung hinsichtlich ihrer möglichen Reaktivierung gemäß § 46 BBG abgeschlossen sei. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung komme die Reaktivierung der Antragstellerin derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht. Auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung des Dienstherrn, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die Voraussetzungen, die zur Dienstunfähigkeit geführt hätten, weiterhin vorlägen, werde in 24 Monaten erneut eine eventuell in Frage kommende Reaktivierung überprüft.
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Mit Schreiben vom 26. September 2013 teilte die D. T. AG der Antragstellerin mit, dass die aktuelle Überprüfung hinsichtlich ihrer möglichen Reaktivierung gemäß § 46 BBG abgeschlossen sei. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung komme ihre Reaktivierung aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht. Auf Grund ihres Krankheitsbildes stehe nunmehr fest, dass eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis ausgeschlossen sei.
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Mit Schreiben vom 4. September 2023 teilte die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation der Antragstellerin mit, dass der Dienstherr verpflichtet sei, das Vorliegen der Voraussetzungen bei dauernder Dienstunfähigkeit regelmäßig zu prüfen, § 44 Abs. 1, § 46 Abs. 1 S. 2 BBG. Die Überprüfung erfolge grundsätzlich bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze. Bei der Antragstellerin sei aktuell eine Überprüfung durchzuführen. Hierzu werde die Antragstellerin um Übermittlung von Unterlagen (in dem Schreiben im Einzelnen bezeichnet) gebeten.
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Mit Schreiben vom 27. September 2023 verwies die Antragstellerin die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation auf das Schreiben 26. September 2013, wonach ihre erneute Berufung in das Beamtenverhältnis ausgeschlossen sei.
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Hierauf teilte die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation der Antragstellerin mit E-Mail vom 4. Oktober 2013 mit, dass abschließend immer ein Gutachten eines vereidigten Gutachters oder eines Amtsarztes vorgelegt werden müsse. Das habe der ehemalige Arbeitgeber leider versäumt. Daher müsse die Antragstellerin noch einmal einem Gutachter vorgestellt werden, es sei denn, die Antragstellerin sei aktuell so erkrankt, dass dies nicht zumutbar wäre.
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Mit Schreiben vom 20. Oktober 2023 teilte die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation der Antragstellerin mit, sie habe leider die Gelegenheit zur Stellungnahme zu ihrem aktuellen Gesundheitszustand nicht wahrgenommen. Zur Überprüfung, ob die Voraussetzungen, die zu ihrer Dienstunfähigkeit geführt hätten, weiterhin vorlägen, werde eine ärztliche Untersuchung gem. § 48 BBG beauftragt. Die ärztliche Untersuchung werde nach § 46 Abs. 7 BBG angeordnet. Der Untersuchungstermin finde am 13. Dezember 2023 bei einer Ärztin für Neurologie und Psychiatrie statt.
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Mit Schreiben vom 8. November 2023 teilte die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation dem Bevollmächtigten der Antragstellerin auf dessen Schreiben vom 7. November 2023 mit, dass an der Anordnung und dem Untersuchungstermin festgehalten werde.
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Am 4. Dezember 2023 ließ die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Augsburg beantragen,
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im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragstellerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchsbeziehungsweise nachfolgenden Klageverfahrens nicht verpflichtet ist, sich auf der Grundlage der Anordnung der Antragsgegnerin vom 20.10.2023 amtsärztlich untersuchen zu lassen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21) sei gegen eine Untersuchungsanordnung gerichteter Rechtsschutz zulässig. Die Untersuchungsanordnung der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2023 sei voraussichtlich rechtswidrig. Das Schreiben des Dienstherrn vom 26. September 2013 sei eine Zusicherung i.S.d. § 38 VwVfG. Darin sei bindend festgestellt worden, dass eine Reaktivierung der Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht in Betracht komme. Dies ergebe sich auch daraus, dass in dem Schreiben vom 26. Juli 2011 noch davon die Rede gewesen sei, dass die Reaktivierung der Antragstellerin „derzeit“ aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht komme; eine solche Einschränkung enthalte das Schreiben vom 26. September 2013 nicht. Dass auch der Dienstherr von einer solchen Regelungswirkung dieses Schreibens ausgegangen sei, werde ferner daraus deutlich, dass nunmehr seit über zehn Jahren keinerlei Anstalten unternommen worden seien, eine erneute Prüfung der Dienstunfähigkeit der Antragstellerin durchzuführen. Das Fehlen (abschließender) ärztlicher Gutachten, wie von der Antragsgegnerin angeführt, sei nicht von der Antragstellerin zu vertreten und im Hinblick auf die gewährte Zusicherung ohne Belang. Die Antragstellerin habe sich darauf verlassen dürfen, dass sie sich keiner Überprüfung, deren Ankündigung bereits zu einer erneuten deutlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes geführt habe, mehr unterwerfen müsse. Aufgrund der Fürsorgepflicht, aber auch der Verwaltungseffizienz sei von einer ärztlichen Untersuchung Abstand zu nehmen, wenn die Umstände des Einzelfalls – wie hier – eine erneute Überprüfung untunlich erscheinen ließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts greife eine Untersuchungsanordnung, mit welcher der Beamte verpflichtet werde, sich einer kompletten körperlichen Untersuchung nebst Befragung zur gesundheitlichen, persönlichen und sozialen Situation im dienstlichen und im privaten Umfeld zu unterziehen, in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein. Der Beamte müsse daher der Weisung des Dienstherrn, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nur dann Folge leisten, wenn ein hinreichender Anlass für die Untersuchungsanordnung bestehe und wenn diese in ihrem Umfang nicht über das Maß hinausgehe, welches für die Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten erforderlich sei. Ein verwaltungsinternes Versäumnis (keine Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens bei der zweiten Nachuntersuchung), rechtfertige einen solchen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin nicht und könne insbesondere nicht die Zusicherung im Schreiben vom 26. September 2013 und das Vertrauen der Antragstellerin in diese beseitigen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Im Hinblick auf § 44a VwGO bestünden Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Grundsätzlich sei der Dienstherr gem. § 46 Absatz 1 Satz 2 BBG dazu verpflichtet, in regelmäßigen Abständen Reaktivierungsüberprüfungen durchzuführen. Die Mitteilung vom 26. September 2013, auf die sich die Antragstellerin berufe, informiere die Antragstellerin lediglich über den Ausgang der Überprüfung im Jahr 2013. Eine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG liege nicht vor. Eine Anhörung der Antragstellerin mit dem Ziel, sie für dauerhaft dienstunfähig zu erklären, habe nicht stattgefunden, ebenso wenig eine der Reichweite der Entscheidung angemessene Untersuchung. Die Antragstellerin habe lediglich eine Selbstauskunft und eine formblattmäßige Stellungnahme ihres behandelnden Arztes abgegeben. Gem. § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BBG sei das Absehen von Reaktivierungsuntersuchungen die Ausnahme. Anhaltspunkte für eine schwere, unheilbare Erkrankung lägen hier aber nicht vor. Die Antragsgegnerin habe ihr Recht, die Antragstellerin Reaktivierungsuntersuchungen zu unterziehen, auch nicht verwirkt
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Auffassung, § 44a Satz 1 VwGO stehe der Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens entgegen, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar (vgl. BVerfG, B.v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21 – juris Rn. 24 ff.). Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts sind auf die hier vorliegende Untersuchungsanordnung nach § 46 Abs. 1 Satz 2, Abs. 7 BBG zur Prüfung des Fortbestehens der Dienstunfähigkeit der Antragstellerin übertragbar (BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – juris Rn. 11).
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Dem Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragsgegnerin auf gerichtliche Bitte den im Schreiben vom 20. Oktober 2023 genannten Untersuchungstermin (13.12.2023) aufgehoben hat. Streitbefangen ist vorliegend nicht die Terminsbestimmung, sondern die – grundlegende – Anordnung der Untersuchung (vgl. VG Ansbach, B.v. 21.3.2023 – AN 16 E 23.495 – juris Rn. 26 f. m.w.N.).
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2. Der Antrag hat jedoch nicht begründet, weil die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Untersuchungsanordnung vom 20. Oktober 2023 erweist sich bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig.
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2.1 Die Untersuchungsanordnung hat ihre rechtliche Grundlage in § 46 Abs. 1 und Abs. 7 BBG. Gemäß § 46 Abs. 7 Satz 1 BBG sind Beamte zur Prüfung ihrer Dienstfähigkeit verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 BBG ist der Dienstherr verpflichtet, in regelmäßigen Abständen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit zu überprüfen, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalls kommt eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht. Die Vorschrift enthält eine gesetzliche Verpflichtung des Dienstherrn, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die Voraussetzungen, die zur Dienstunfähigkeit geführt haben, weiterhin vorliegen. Der zeitliche Abstand der Überprüfung bleibt der Personalpraxis überlassen und hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab, sollte jedoch in der Regel nicht mehr als zwei Jahre betragen. Von einer Überprüfung kann abgesehen werden, wenn aufgrund des Krankheitsbildes (z.B. unheilbare Erkrankung) die Entscheidung feststeht, dass eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis ausgeschlossen ist (BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – juris Rn. 13 unter Verweis auf BT-Drs. 16/7076, S. 112).
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2.2 Die von der Antragstellerin angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der Beamte müsse der Weisung seines Dienstherrn, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nur dann Folge leisten, wenn ein hinreichender Anlass für die Untersuchungsanordnung bestehe (BVerfG, B.v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21 – juris Rn. 25), bezieht sich, wie der Verweis in jener Entscheidung auf eine andere Entscheidung zeigt (BVerfG, B.v. 21.10.2020 – 2 BvR 652/20 – juris Rn. 35) auf eine Anordnung nach § 44 Abs. 6 BBG, welche Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten voraussetzt. Diese Rechtsprechung lässt sich auf die vorliegende Anordnung nach § 46 Abs. 7 BBG nicht ohne Weiteres übertragen. Eines besonderen Anlasses für die Überprüfung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 BBG bedarf es angesichts ihrer gesetzlich vorgegebenen Regelmäßigkeit gerade nicht (vgl. Plog/Wiedow, BBG, Stand Juni 2022, § 46 Rn. 150). Eine Anordnung nach § 46 Abs. 7 BBG erfordert mithin keine Zweifel hinsichtlich der Dienstfähigkeit des Ruhestandsbeamten. Vielmehr reicht aus, dass der Dienstherr es im Rahmen der gebotenen Überprüfung erforderlich erachtet, dass die Dienstfähigkeit ärztlich festgestellt wird (vgl. Heid in Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, Stand 1.10.2023, § 46 BBG Rn. 28; Plog/Wiedow, BBG, § 46 Rn. 54); er ist hingegen nicht dazu verpflichtet, konkrete Anhaltspunkte für eine vermutete Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zu benennen, so dass auch eine bloße Ausforschung des Gesundheitszustands legitim ist (vgl. Plog/Wiedow, a.a.O., § 46 Rn. 58).
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Im Übrigen bestand, nachdem die Antragstellerin bereits im Jahr 2007 in den Ruhestand versetzt worden und seit zehn Jahren keine (zumal ärztliche) Überprüfung ihrer Dienstunfähigkeit erfolgt war, ein hinreichender Anlass für eine aktuelle Untersuchung, ob die Voraussetzungen, die zur Bejahung ihrer Dienstunfähigkeit geführt haben, weiterhin vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – juris Rn. 14; zum grundsätzlichen Erfordernis einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Dienstunfähigkeit vgl. Plog/Wiedow, BBG, § 46 Rn. 50). Zudem hatte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zunächst (Schreiben vom 4.9.2023) dazu aufgefordert, Unterlagen zu ihrem Gesundheitszustand einzureichen. Nachdem die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 27. September 2023 eindeutig zu erkennen gegeben hatte, dass sie an der Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit nicht mitwirken, insbesondere die erbetenen Unterlagen nicht einreichen würde und auch die bis 2. Oktober 2023 gesetzte Frist verstrichen war, so dass keine aussagekräftigen und hinreichend aktuellen (privat-) ärztlichen Befunde vorlagen (vgl. Plog/Wiedow, BBG, § 46 Rn. 54a), konnte die Antragsgegnerin nur noch mittels Anordnung nach § 46 Abs. 7 BBG ihrer Überprüfungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 BBG nachkommen.
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Offen bleiben kann, ob die an eine Untersuchungsaufforderung bei Zweifeln an der Dienstunfähigkeit zu stellenden inhaltlichen und formellen Anforderungen (vgl. etwa BVerwG, B.v. 10.4.2014 – 2 B 80.13 – juris, LS m.w.N.) angesichts dessen, dass es gem. § 46 Abs. 1 Satz 2 BBG gerade keines Anlasses für die Überprüfung und keiner Zweifel an der Dienstunfähigkeit bedarf, auf eine Anordnung der ärztlichen Untersuchung eines wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten gem. § 46 Abs. 7 Satz 1 BBG unbesehen zu übertragen sind. Die Antragstellerin hat jedenfalls auf die vom Dienstherrn angestoßenen Aufklärung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse nicht mitgewirkt (vgl. zu einer Anordnung nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG BayVGH, B.v. 11.10.2023 – 3 CE 23.1406 – juris Rn. 7); ihrer Mitwirkungsobliegenheit war sie auch nicht deshalb enthoben, weil ihr bereits mit Schreiben vom 26. September 2013 zugesichert worden wäre, ihre Dienstunfähigkeit nicht mehr zu überprüfen (vgl. unten 2.4, 2.6). Daher reichte aus, dass in der streitgegenständlichen Anordnung vom 20. Oktober 2023 allgemein auf die Überprüfung der Voraussetzungen, die zur Dienstunfähigkeit der Klägerin geführt hatten, Bezug genommen wurde sowie als untersuchende Ärztin eine solche für Neurologie und Psychiatrie genannt wurde, die nach Tätigkeitsbereich und Qualifikation geeignet war, die dem Dienstherrn bekannten Umstände für die Dienstunfähigkeit der Antragstellerin (vgl. dazu Behördenakt Bl. 74 f.). zu untersuchen (vgl. auch BayVGH, B.v. 11.10.2023 – 3 CE 23.1406 – juris Rn. 8). Einwände dahin, dass sie die Gründe für die angeordnete Untersuchung nicht nachvollziehen und nicht prüfen könne, ob diese tragfähig seien, hat die Antragstellerin auch nicht vorgebracht.
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2.3 Der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung dürfte auch nicht das Schreiben der D.n T. AG vom 26. September 2013 entgegenstehen. Insbesondere dürfte es sich hierbei nicht um eine wirksame Zusicherung i.S.d. § 38 VwVfG dahin handeln, die Dienstunfähigkeit der Antragstellerin fortan nicht mehr gem. § 46 Abs. 1 Satz 2 BBG zu überprüfen, und insbesondere keine Anordnung nach § 46 Abs. 7 BBG zu erlassen. Offenbleiben kann daher, ob es sich bei der Anordnung nach § 46 Abs. 7 BBG um einen (und damit überhaupt i.S.d. § 38 Abs. 1 VwVfG zusicherungsfähigen) Verwaltungsakt handelt (vgl. Heid in Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, § 46 BBG Rn. 31, § 44 BBG Rn. 35) und inwieweit § 38 VwVfG auch Zusagen betreffend ein Handeln oder Unterlassen in anderer Form erfasst (vgl. Schröder in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2022, § 38 VwVfG Rn. 107 ff.).
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Ob eine behördliche Erklärung die Kriterien einer Zusicherung i. S. des § 38 VwVfG erfüllt, ist entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Maßstäben nach ihrem objektiven Erklärungswert zu beurteilen (BVerwG, U.v. 4.4.2012 − 4 C 8.09 u.a. – juris Rn. 39). Eine von der zuständigen Behörde abgegebene Erklärung stellt nur dann eine rechtswirksame Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 VwVfG dar, wenn gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft der Wille der Behörde zum Ausdruck kommt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (vgl. BVerwG, B.v. 26.5.2003 – 8 B 73.03 – juris Rn. 5; U.v. 17.12.1997 – 10 C 1.95 – juris Rn. 27; SächsOVG, B.v. 27.7.2016 – 5 B 117.16 – juris Rn. 6; Schröder in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand August 2022, § 38 Rn. 14, jeweils m.w.N.). Der Bindungswille muss also durch Auslegung entsprechend § 133 BGB unzweideutig zu erkennen sein (U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 38 Rn. 21 m.w.N.).
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Ein Bindungswille, die Dienstunfähigkeit der Antragstellerin künftig nicht (mehr) zu untersuchen und auch keine Anordnung nach § 46 Abs. 7 BBG zu erlassen, ist dem Schreiben vom 26. September 2013 jedenfalls nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen. Die – womöglich auf die Gesetzesbegründung zurückgehende (vgl. BT-Drs. 16/7076, S. 112) – Formulierung, es stehe „fest, dass eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis ausgeschlossen“ sei, erweckt zwar auf den ersten Blick den Eindruck einer abschließenden Festlegung. Diese Formulierung enthält jedoch angesichts ihrer Knappheit keine zureichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer verbindlichen Aussage dahin, dass die Dienstunfähigkeit der Antragstellerin letztmalig beurteilt worden sei, dass also das Urteil der jetzigen Überprüfung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze der Antragstellerin Gültigkeit besitzen sollte. Gegen eine solch weitreichende Festlegung spricht auch, dass das Schreiben zu der genannten Aussage keinerlei Begründung gibt, insbesondere nicht erkennen lässt, welches Krankheitsbild vorliegt und weshalb dies eine erneute Berufung der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis ausschließt. Vielmehr spricht die Eingangsformulierung des Schreibens, die „aktuelle“ (also nicht etwa: endgültige, letztmalige o.ä.) Überprüfung hinsichtlich der möglichen Reaktivierung der Antragstellerin sei abgeschlossen, maßgeblich dafür, dass die darin getroffenen Aussagen – wie es regelmäßig bei derartigen Mitteilungen über das Ergebnis einer Überprüfung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 BBG der Fall sein wird – nur Gültigkeit zum damaligen Zeitpunkt beansprucht haben (vgl. zur Formulierung „aktuelle Überprüfung“ auch BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – juris Rn. 17). Berücksichtigt werden muss ferner, dass das Schreiben vom 26. September 2013 mehrmals auf § 46 BBG Bezug nimmt, der – wie ausgeführt – eine regelmäßige Überprüfungspflicht des Dienstherrn normiert und dass die Antragstellerin im Zeitpunkt des Schreibens vom 26. September 2013 erst 47 Jahre alt war, so dass bei ihr noch zahlreiche Regelüberprüfungen nach § 46 BBG anstanden. Es kann aber nicht angenommen werden, der Dienstherr habe sich entgegen dem – von ihm ausdrücklich erwähnten – Auftrag des § 46 BBG mit dem Schreiben dahin festgelegt, auf all diese künftigen Überprüfungen zu verzichten. Zudem lagen den Aussagen in dem Schreiben vom 26. September 2013 nur knappe formblattmäßige Angaben (Ankreuzen) der Antragstellerin und der sie behandelnden Ärztin zugrunde (Personalakt Bl. 42 f.). Insbesondere fehlte für die ärztliche Auffassung, dass die Antragstellerin dauerhaft dienstunfähig sei und eine weitere Reaktivierungsprüfung nicht für erforderlich gehalten werde, jegliche Begründung; nicht einmal ein (aktuelles) Krankheitsbild bzw. eine Diagnose wurden angegeben. Das Schreiben vom 26. September 2013 konnte auch deshalb nicht – insbesondere nicht von der Antragstellerin – so verstanden werden, als würden fortan Untersuchungen nach § 46 Abs. 1 Satz 2, Abs. 7 BBG dauerhaft ausgeschlossen.
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Vor dem Hintergrund des Vorstehenden liefern die von der Antragstellerin angeführten Unterschiede im Wortlaut zwischen den Schreiben vom 26. Juli 2011 und vom 26. September 2013 keine hinreichende Grundlage für das Vorliegen einer Zusicherung. Der Dienstherr mag zwar die Dienstunfähigkeit der Antragstellerin seither nicht mehr überprüft haben. Auch aus diesem Unterlassen kann aber kein – nachträgliches – Verständnis des Schreibens vom 26. September 2013 abgeleitet werden, dass damit für die gesamte Zeitspanne bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze der Antragstellerin Überprüfungen ihrer Dienstunfähigkeit ausgeschlossen sein sollten.
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2.4 Die Voraussetzungen der Ausnahme des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BBG, wonach das Vorliegen der Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit nicht (mehr) zu überprüfen ist, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht kommt, dürften nicht vorliegen.
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Hierzu muss etwa aufgrund des Krankheitsbildes (z.B. unheilbare Erkrankung) die Entscheidung feststehen, dass eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis ausgeschlossen ist (vgl. auch BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – juris Rn. 13; VG Aachen, B.v. 26.10.2021 – 1 L 572/21 – juris Rn. 11 f., jeweils unter Verweis auf BT-Drs. 16/7076, S. 112; vgl. ferner Plog/Wiedow, BBG, § 46 Rn. 151). Dass dies der Fall ist, ist seitens der Antragstellerin nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht; wie ausgeführt, hat sie insbesondere auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 4. September 2023 gerade keine (aktuellen) ärztlichen Unterlagen vorgelegt.
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Die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BBG dürften auch nicht deshalb vorliegen, weil mit dem Schreiben vom 26. September 2013 eine Entscheidung getroffen bzw. der Antragstellerin zugesichert worden wäre, sie bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr – auch nicht bei wiederhergestellter Dienstfähigkeit – in das Beamtenverhältnis zu berufen. Für einen solch weitreichenden Bindungswillen enthält das Schreiben keine zureichenden Anhaltspunkte; die obigen (2.4) Ausführungen gelten entsprechend. Insbesondere lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen, welche „Umstände des Einzelfalls“ eine solche Abkehr von der regelmäßigen Verpflichtung zur Überprüfung der Dienstunfähigkeit rechtfertigen könnten, namentlich, welches Krankheitsbild vorliegt und weshalb dies eine erneute Berufung der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis – bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze – ausschließt.
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2.5 Der streitgegenständlichen Anordnung stehen auch nicht der Einwand der Verwirkung oder Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Hierfür ist schon angesichts der zwingenden Gesetzeslage (§ 46 Abs. 1 und Abs. 7 BBG) kein Raum (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – juris Rn. 17). Bei Würdigung aller Umstände konnte zudem weder aus dem Schreiben vom 26. September 2013 noch daraus, dass der Dienstherr bei der Antragstellerin den in der Regel zweijährigen Untersuchungsturnus (mehrfach) außer Acht gelassen hatte, geschlossen werden, dass den gesetzlichen Verpflichtungen zur Überprüfung der Dienstunfähigkeit der Antragstellerin nicht mehr nachgekommen würde (vgl. auch BayVGH, a.a.O.).
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3. Die Kammer weist allerdings abschließend darauf hin, dass die Antragsgegnerin wohl nicht an der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung der Antragstellerin festhalten könnte, wenn diese nunmehr hinreichend aktuelle und aussagekräftige Unterlagen der sie behandelnden Ärztin vorlegen würde und damit der Aufforderung vom 4. September 2023 nachkäme (vgl. auch nochmals Plog/Wiedow, BBG, § 46 Rn. 54a m.w.N.).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – juris Rn. 19 m.w.N.).