Inhalt

VGH München, Urteil v. 20.07.2023 – 8 A 20.40026
Titel:

Erfolglose Klage eines enteignungsbetroffenen Landwirts gegen einen Planfeststellungsbeschluss für eine Ortsumfahrung einer Bundesstraße

Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2, § 67 Abs. 4, § 104 Abs. 1, § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 114 S. 2
GG Art. 14 Abs. 1 S. 1, S. 2
FStrG § 17 Abs. 1, § 17b Abs. 1, § 17d S. 1, § 17e Abs. 5, § 19 Abs. 1, Abs. 2
BNatSchG § 1 Abs. 5 S. 3, § 13, § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 17 Abs. 4
BayVwVfG Art. 27a Abs. 1, Art. 39, Art. 43 Abs. 2, Art. 73 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, Art. 74 Abs. 1 S. 2, S. 3, Art. 75 Abs. 1a, Art. 76 Abs. 2, Art. 78
Leitsätze:
1. Eine Verletzung des Art. 27a BayVwVfG ist auf Grund seiner ergänzenden Funktion unbeachtlich, auch wenn das Landesrecht dies nicht ausdrücklich bestimmt. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote durch das Vorhaben betroffen und ob von dem Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft iSd § 13 BNatSchG zu besorgen sind, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Pflanzen- und Tierarten sowie deren Lebensräume voraus. Diese Bestandsaufnahmen müssen im Zeitpunkt der Planfeststellung noch hinreichend aussagekräftig sein. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren scheidet aus, wenn der Mangel einen "zentralen Punkt" betrifft, der sich nicht bereinigen lässt, ohne dass ein gänzlich neues Zulassungsverfahren durchgeführt werden muss. (Rn. 126) (redaktioneller Leitsatz)
4. Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung grundsätzlich auseinandersetzen muss. Eine nähere Befassung ist lediglich dann entbehrlich, wenn der Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu 5% der Betriebsfläche verbleibt. (Rn. 199) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellung, Verkehrsbelastung, Schutzbedürftigkeit, Grenzwerte, Außenbereich, Dorfgebiet, Bestandsschutz, erhebliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft, Bestandsaufnahme, Aktualität, Vermeidungsgrundsatz, landwirtschaftlicher Betrieb, Existenzgefährdung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 40679

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III.    Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Klagepartei wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 9. Oktober 2020 in der Fassung der Begründungsänderungsbeschlüsse vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023 für die Ortsumfahrung L. im Zuge der Bundesstraße 20 Freilassing – Burghausen.
2
Mit dem planfestgestellten Vorhaben wird die Bundesstraße 20 aus dem innerstädtischen Bereich der Stadt L. auf einer Länge von rund 4,8 km nach Westen verlegt. Die Ortsumfahrung beginnt östlich von Letten und schwenkt nach Süden von der bestehenden Bundesstraße 20 ab. In Höhe der Biburger Brücke kreuzt sie die Bahnlinie, umfährt Biburg und Hasenhaus im Osten, Haiden im Westen und kreuzt östlich von Froschham die S2. straße 2103. Sie führt weiter in südlicher Richtung und kreuzt zwischen Oberhaslach und Oberheining die Kreisstraße BGL 3. Zwischen Daring und Lepperding kreuzt sie erneut die Bahnlinie, quert die Salzachhangleite und trifft nördlich von Niederheining auf die bestehende Bundesstraße 20.
3
Die Klagepartei (= Einwender Nr. …*) ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Milchvieh und Mastschweinen im Vollerwerb im Ortsteil Niederheining der Stadt L.. Für das Bauvorhaben sollen rund 0,36 ha landwirtschaftliche Nutzfläche beansprucht werden, die im Eigentum der Klagepartei stehen oder von dieser angepachtet wurden. Nach Ermittlungen des Staatlichen Bauamtes Tr. unter Berücksichtigung des Mehrfachantrags 2016 umfasst der klägerische Betrieb eine Fläche von 70,36 ha. Hinsichtlich des Grundstücks FlNr. … Gemarkung H. mit einer Fläche von rund 1,5 ha besteht zugunsten der Klagepartei ein Vorpachtrecht. Aus dieser Fläche werden für das Vorhaben dauerhaft 0,9 ha in Anspruch genommen. Zwischen dem klägerischen Anwesen und der Plantrasse ist beginnend ab Baukilometer 4 + 608 eine Lärmschutzwand mit einer Länge von 55 m und einer Höhe von 3,8 m über FOK vorgesehen.
4
Mit Schreiben vom 7. August 2014 beantragte das Staatliche Bauamt T. als Vorhabenträger für die Bundesrepublik Deutschland die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für das Vorhaben. Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 24. September 2014 bis 24. Oktober 2014 aus. Aufgrund zahlreicher Einwendungen insbesondere zur Trassenwahl entschied sich das Staatliche Bauamt Tr. für eine bessere Vergleichbarkeit der Plantrasse mit der bahnparallelen Variante 2a zur Ausplanung dieser Variante und wegen anderer kleinerer Änderungen zu einer Tektur der eingereichten Unterlagen. Die geänderten Planunterlagen lagen in der Zeit vom 2. November 2017 bis 1. Dezember 2017 aus. Die Klagepartei hat im Verwaltungsverfahren Einwendungen erhoben und eine Existenzgefährdung ihres landwirtschaftlichen Betriebs geltend gemacht. Am 9. Oktober 2020 stellte die Regierung von Oberbayern den Plan fest. Die öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses erfolgte am 30. Oktober 2020 im Oberbayerischen Amtsblatt (Nr. 25/2020). Zugleich wurden der Beschluss und die Planunterlagen auf der Internetseite der Regierung von Oberbayern in der Zeit von 4. November 2020 bis 17. November 2020 veröffentlicht.
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Am 15. Dezember 2020 hat die Klagepartei gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 9. Oktober 2020 Klage erhoben und sie mit Schriftsatz vom 22. Februar 2021 begründet. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. In formeller Hinsicht macht sie im Wesentlichen Fehler bei der Auslegung der Unterlagen zur 1. Tektur und eine fehlende Verfahrensverbindung nach § 78 VwVfG bzw. Art. 78 BayVwVfG mit dem Schienenausbauprojekt ASB 38 geltend. In materieller Hinsicht rügt sie im Wesentlichen eine fehlende Planrechtfertigung, weil das Planvorhaben nicht mit dem Bundesverkehrswegeplan übereinstimme. Zudem bestehe kein Verkehrsbedarf, wie sich aus den projektbezogenen Verkehrsprognosen ergebe. Das Projekt verstoße auch gegen zwingendes Natur- und Artenschutzrecht, weil die Bestandserfassungen veraltet seien. Die Kiesgrube bei Lepperding sei als Ausgleichsfläche u.a. wegen der bestehenden naturschutzfachlichen Wertigkeit nicht geeignet.
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Auch die Alternativenprüfung sei fehlerhaft. Die Varianten 1 und 5 seien zu Unrecht als zu teuer ausgeschieden worden. Die Nullvariante sei nicht geprüft worden. Weiter sei die bahnparallele Trassenvariante 2a gegenüber der Plantrasse (Variante 4) vorzugswürdig, weil die Kriterien Immissionsschutz, Eingriff in Rechte Dritter und die Kosten falsch ermittelt und gewichtet worden seien. Die großflächige Beeinträchtigung der Agrarstruktur durch das Planvorhaben sei nicht ausreichend gewichtet worden. Die Kriterien „städtebauliche Entwicklungsmöglichkeit der Stadt L.“ und „Vorbehaltsfläche Wasser“ seien bei der Abwägung irrelevant. Eine Darstellung von baulichen Optimierungen der gewählten Trasse fehle.
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Schließlich sei der klägerische, landwirtschaftliche Betrieb durch den Entzug von Eigentums- und Pachtflächen existenzgefährdet. Der Betrieb verliere 11,2% seiner Eigentumsflächen.
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Am 21. April 2023, 28. April 2023 und 18. Juli 2023 hat der Senat eine mündliche Verhandlung durchgeführt. In der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023 hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Begründung des Belangs „Lärmimmissionen“ geändert.
9
Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2023 hat die Klagepartei die Planergänzung vom 28. April 2023 in die Klage einbezogen und dazu im Wesentlichen vorgetragen, dass sich durch die Planergänzung der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den 28. April 2023 verschoben habe, weil ein entscheidender Punkt für die Variantenwahl – nämlich der Belang der Lärmimmissionen – geändert worden sei. Zudem werde durch die Planergänzung die materielle Präklusion des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG durchbrochen, sodass zu allen Belangen erneut vorgetragen werden könne. Zum Punkt der Lärmimmissionen wendet sie insbesondere ein, die Lärmprognose beruhe auf einer fehlerhaften Verkehrsprognose, die betroffene Zahl von Gebäuden sei falsch angesetzt und die Vorbelastung der Grundstücke an der Eisenbahnlinie sei verkannt worden. Zudem hätte die Lärmprognose aktive und passive Schallschutzmaßnahmen berücksichtigen müssen und die Grenzwerte für verschiedene Grundstücke seien fehlerhaft ermittelt worden.
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Die Klagepartei beantragt,
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1. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 9. Oktober 2020 in der Fassung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023, hilfsweise in seiner geänderten Fassung vom 28. April 2023, höchsthilfsweise in seiner Fassung vom 9. Oktober 2020 wird aufgehoben.
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Hilfsweise:
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Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 9. Oktober 2020 in der Fassung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023, hilfsweise in seiner geänderten Fassung vom 28. April 2023, höchsthilfsweise in seiner Fassung vom 9. Oktober 2020 rechtswidrig und bis zur Behebung des Mangels nicht vollziehbar ist.
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2. Hilfsweise zu 1.:
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Der Beklagte wird unter Abänderung des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Oberbayern vom 9. Oktober 2020 in der Fassung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023, hilfsweise in seiner geänderten Fassung vom 28. April 2023, höchsthilfsweise in seiner Fassung vom 9. Oktober 2020 verpflichtet, den Betrieb der Klagepartei auf deren Antrag hin gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung vollständig zu übernehmen, wobei die Klagepartei erst dann verbindlich über die Ausübung des Übernahmeverlangens entscheiden muss, wenn zuvor die Entschädigungshöhe feststeht.
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Hilfsweise hierzu:
17
Der Beklagte wird verpflichtet, den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 9. Oktober 2020 in der Fassung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023, hilfsweise in seiner geänderten Fassung vom 28. April 2023, höchsthilfsweise in seiner Fassung vom 9. Oktober 2020 durch Auflagen dahingehend zu ergänzen, dass er den Vorhabenträger zu Schutzvorkehrungen verpflichtet, die die Existenzgefährdung des Betriebs der Klagepartei verhindert.
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3. Zudem Hilfsweise zu 1.:
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Der Beklagte wird verpflichtet, seinen Planfeststellungsbeschluss vom 9. Oktober 2020 in der Fassung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023, hilfsweise in seiner geänderten Fassung vom 28. April 2023, höchsthilfsweise in seiner Fassung vom 9. Oktober 2020 durch Auflagen dahingehend zu ergänzen, dass auf den Grundbesitz und die weiteren Rechte des Klägers durch das planfestgestellte Vorhaben keine unzumutbaren Beeinträchtigungen einwirken, hilfsweise eine angemessene Entschädigung dafür angeordnet wird.
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Insbesondere
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(1.) Der Vorhabenträger wird verpflichtet, auf Antrag des Klägers das Wohnanwesen mitsamt Betrieb und Hofstelle in dem vom Kläger zu bestimmenden Umfang gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung abzulösen.
22
(2.) Der Vorhabenträger wird verpflichtet, auf Antrag des Klägers sein Bienenhaus gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung, mindestens aber EUR 30.000,-, abzulösen.
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(3.) Der Vorhabenträger wird verpflichtet, Schutzvorkehrungen einzurichten, die sicherstellen, dass von dem Fahrsilo des Klägers mit einer Größe ca. 800 m2 keine Gefahren auf Straße und Wirtschaftsweg ausgehen, hilfsweise, insbesondere im Haftungsfall, hat der Vorhabenträger eine angemessene Entschädigung zu leisten, es sei denn, der Vorhabenträger kann nachweisen, dass die Haftungsursache keinen Zusammenhang mit dem Vorhaben hat.
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(4.) Der Vorhabenträger wird verpflichtet, über die Lärmschutzansprüche neu zu entscheiden bzw. Schutzvorkehrungen festzusetzen unter Zugrundelegung der Lärmwerte für ein reines Wohngebiet.
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(5.) Der Vorhabenträger wird verpflichtet, alle Flächen mit eigenen Zufahrten zu versehen.
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4. Höchst hilfsweise hierzu:
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Der Beklagte wird verpflichtet, unter Abänderung und Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 9. Oktober 2020 in der Fassung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023, hilfsweise in seiner geänderten Fassung vom 28. April 2023, höchsthilfsweise in seiner Fassung vom 9. Oktober 2020 über die Schutzansprüche der Klagepartei jeweils erneut zu entscheiden.
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5. Höchst hilfsweise hierzu:
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Der Beklagte wird verpflichtet, den Planfeststellungsbeschluss vom 9. Oktober 2020 in der Fassung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023, hilfsweise in seiner geänderten Fassung vom 28. April 2023, höchsthilfsweise in seiner Fassung vom 9. Oktober 2020 dahingehend abzuändern, dass Auflagen zugunsten der Klagepartei vorbehalten bleiben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
32
Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss und tritt dem klägerischen Vorbringen entgegen. Verfahrensfehler lägen nicht vor. Fehler bei der Veröffentlichung der Planunterlagen im Internet seien nicht von Belang. Soweit die Unterlagen im Rahmen der Auslegung zur 1. Tektur fehlerhaft gewesen seien, seien diese Fehler geheilt worden. Die gerügte fehlende Verbindung der Verfahren zum Bahnausbau und zur Ortsumfahrung L. nach § 78 VwVfG bzw. Art. 78 BayVwVfG greife nicht durch, weil die beiden Vorhaben weder räumlich noch zeitlich zusammentreffen würden.
33
Materielle Fehler lägen ebenfalls nicht vor. Die Klagebegründung beschränke sich in weiten Teilen auf die Wiedergabe von im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen. Eine Auseinandersetzung mit dem Planfeststellungsbeschluss erfolge nicht. Hinsichtlich des Themenkomplexes der Kostenschätzung für die Bahnverlegung beschränke sich die Klagebegründung allein auf die Referierung des klägerischen Verkehrsberaters Dr. V. Dies genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagebegründung. Die von der Klagepartei insbesondere kritisierte Alternativenprüfung sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Lärmauswirkungen seien ordnungsgemäß ermittelt und gewichtet worden. In Bezug auf die bei der bahnparallelen Variante abzureißenden Wohngebäude sei die Gewichtung ebenfalls richtig erfolgt. Dass es sich um Schwarzbauten handle, sei eine Behauptung ins Blaue hinein. Die geltend gemachte Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs liege nicht vor, da unter Berücksichtigung der in erheblichem Umfang vorhandenen Pachtflächen der Verlust von landwirtschaftlichen Flächen unter dem maßgeblichen Wert von 5% der gesamten Betriebsfläche bleibe.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Behördenakten der Regierung von Oberbayern, des Staatlichen Bauamtes Tr. und der Stadt L., auf die Sitzungsprotokolle über die mündlichen Verhandlungen vom 21. April 2023, 28. April 2023 und 18. Juli 2023 und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klagepartei kann weder die Aufhebung oder die Feststellung der Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 9. Oktober 2020 in der Gestalt der Begründungsergänzungsbeschlüsse vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023 verlangen noch die Verpflichtung des Beklagten zur Ergänzung des Beschlusses um zusätzliche Schutzauflagen oder zu deren Neuverbescheidung beanspruchen; denn der Planfeststellungsbeschluss weist weder formelle noch materielle Fehler auf, die die Klagepartei in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
A.
36
Die im Hauptantrag erhobene Klage auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bzw. hilfsweise auf Feststellung seiner Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit ist zulässig. Die Klagepartei ist gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, da sie Eigentümerin von Grundstücken ist, von denen Teilflächen dauerhaft für das Vorhaben in Anspruch genommen werden sollen. Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 19 Abs. 2 FStrG) kann sie geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluss in ihrem grundrechtlich geschützten Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) verletzt zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 3.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 80 = juris Rn. 17).
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Auf die Frage, ob sich die Klagepartei auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs auf den Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen kann, kommt es damit nicht an (vgl. BVerwG, U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 = juris Rn. 23 m.w.N.).
B.
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Die Anfechtungsklage und der dazu gestellte Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses sind jedoch nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet weder an formellen noch an materiellen Mängeln, derentwegen die Klagepartei seine Aufhebung oder die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen kann.
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I. Die Klagepartei, deren durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum für das Vorhaben in Anspruch genommen werden soll, hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (sogenannter Vollüberprüfungsanspruch, vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 14.15 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 383 = juris Rn. 15.f.; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 25). Denn sie hat einen Anspruch darauf, von einer Entziehung ihres Grundeigentums verschont zu bleiben, die nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG), insbesondere nicht gesetzmäßig ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1983 – 4 C 80.79 – BVerwGE 67, 74 = juris Rn. 18; U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – UPR 2010, 193 = juris Rn. 23; U.v. 2.7.2020 – 9 A 8.19 – NVwZ 2020, 1848 = juris Rn. 40). Ein solcher Anspruch auf Überprüfung des geltend gemachten Rechtsfehlers scheidet aber aus, wenn dieser aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Eigentumsbetroffenheit des jeweiligen Klägers nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (stRspr BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 14.15 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 383 = juris Rn. 16; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 33 ff.).
40
II. Der gerichtlichen Prüfung sind zudem nur diejenigen Einwände zugrunde zu legen, die die Klagepartei unter Beachtung der Frist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG vorgebracht hat. Die Planergänzungen in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023 (zum Begriff der „Planergänzung“ im Sinn von § 75 Abs. 1a VwVfG vgl. BT-Drs. 13/3995 S. 5, 10 sowie BayVGH, B.v. 4.2.1994 – 8 AS 94.40007 u.a. – BayVBl 1994, 436 = juris Rn. 9) durchbrechen die eingetretene materielle Präklusion nur, soweit sie eine eigenständige Regelung treffen. Im Übrigen wirkt sie fort.
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Gem. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich vom 29. November 2018 (BGBl. I 2237) hat der Kläger innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Die Vorschrift ist am 7. Dezember 2018 in Kraft getreten und findet, da der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 9. Oktober 2020 datiert, auf das vorliegende Verfahren Anwendung. Die Klagepartei hat am Dienstag, den 15. Dezember 2020, Klage erhoben (vgl. § 81 Abs. 1 VwGO). Die Frist endete folglich am Dienstag, den 23. Februar 2021 (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Entgegen der Auffassung der Klagepartei begann die materielle Präklusionsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG nicht erneut mit Erlass der Planergänzungen vom 28. April 2023 bzw. 18. Juli 2023. Zwar verschmelzen der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 14; U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE158, 1 = juris Rn. 19; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = BeckRS 2019, 24602 Rn. 14). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten neu eröffnet werden (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2004 – 9 VR 3.04 – DVBl 2005, 194 = juris Rn. 11 f. zu § 76 VwVfG; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 30 f. zu § 75 Abs. 1a VwVfG). Die Präklusion hat materiell-rechtliche Wirkungen; sie beseitigt die betreffende Rechtsposition des Klägers und tritt ungeachtet des Erlasses einer gerichtlichen Entscheidung ein (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 31). Der auf Klägerseite eingetretene Rechtsverlust endet nur in dem Umfang, in dem die Planfeststellungsbehörde das Verwaltungsverfahren wieder aufgreift und mit einem Planergänzungsbeschluss abschließt. Nach Maßgabe der sachlichen Reichweite des Planergänzungsverfahrens kann der Kläger neue Einwendungen vorbringen (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 31; U.v. 21.3.2023 – 4 A 9.21 – juris Rn. 30). Da die Planergänzung vom 28. April 2023 und vom 18. Juli 2023 ausschließlich den Belang der Lärmimmissionen betraf, verbleibt es in Bezug auf die übrigen Belange und Einwände daher bei der einmal eingetretenen Präklusion.
42
III. Verfahrensfehler liegen weder hinsichtlich des Planfeststellungsbeschlusses vom 9. Oktober 2020 noch im Hinblick auf den Ergänzungsbeschluss vom 28. April 2023 vor.
43
1. Die Rüge der Klagepartei, die von der Stadt L. durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung hinsichtlich der Planunterlagen in der Fassung der 1. Tektur habe nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen, weil die Auslegungsbekanntmachung der Stadt L. zur 1. Tektur lediglich auf die Internetseite des Staatlichen Bauamts verwiesen habe und die ausgelegten Unterlagen dort nicht durchgehend im Internet verfügbar gewesen seien, greift nicht durch.
44
Gemäß Art. 27a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG soll in Fällen, in denen eine öffentliche oder ortsübliche Bekanntmachung vorgeschrieben ist, deren Inhalt zusätzlich über das Internet veröffentlicht bzw. zugänglich gemacht werden. Bezieht sich die Bekanntmachung auf zur Einsicht auszulegende Unterlagen, gilt dies nach Satz 3 der Vorschrift auch für diese.
45
Vorliegend war eine öffentliche Bekanntmachung in Bezug auf die Unterlagen in der Fassung der 1. Tektur gem. § 17b Abs. 1 FStrG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 und 3 BayVwVfG schon nicht vorgeschrieben. Denn eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung ist nur bei Änderungen erforderlich, die das Gesamtkonzept der Planung und die Identität des Vorhabens berühren und somit zu einem Vorhaben führen, das nach Gegenstand, Art, Größe und Betriebsweise im Wesentlichen andersartig ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.08.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 = juris Rn. 29; U.v. 3.11.2020 – 9 A 11.19 – juris Rn. 22; U.v. 23.11.2022 – 7 A 9.21 – NVwZ 2023, 1090 = juris Rn. 27). Die hier in Rede stehenden Planänderungen waren nicht wesentlich in diesem Sinne, da sie kleinere Änderungen und Ergänzungen im Hinblick auf Einwendungen aus der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung und die Ausplanung der Variante 2a zur besseren Vergleichbarkeit mit der Planvariante betrafen (vgl. Unterlage 0T).
46
Unabhängig davon ist eine Verletzung des Art. 27a BayVwVfG auf Grund seiner ergänzenden Funktion unbeachtlich (OVG NW, U.v. 12.11.2018 – 11 D 96/17.AK – NVwZ-RR 2019, 546 = juris Rn. 27), auch wenn das Landesrecht dies nicht ausdrücklich bestimmt (zum wortgleichen § 27a VwVfG vgl. BVerwG, U.v. 7.10.2021 – 4 A 9.19 – UPR 2022, 98 – beckonline Rn. 24). Die Veröffentlichung der Bekanntmachung und der Unterlagen im Internet ist kein integraler Teil der Bekanntmachung oder Veröffentlichung, sondern tritt ergänzend neben diesen Verfahrensschritt (vgl. LT-Drs. 17/2810 S. 13). Maßgeblich bleibt nach Art. 27a Abs. 1 Satz 4 BayVwVfG der Inhalt der zur Einsicht ausgelegten Unterlagen (BVerwG, U.v. 7.10.2021 – 4 A 9.19 – UPR 2022, 98 – beckonline Rn. 24).
47
2. Anders als die Klagepartei vorträgt, mussten von der Planfeststellungsbehörde die Planunterlagen in der Fassung der 1. Tektur auch nicht erneut insgesamt öffentlich ausgelegt werden. Die Klagepartei meint, dass dies erforderlich gewesen sei, weil die ausgelegten Unterlagen wegen unvollständig markierter Änderungen insgesamt verwirrend und aus sich heraus nicht erklärend gewesen seien.
48
Insofern legt die Klagepartei schon nicht dar, welche Unterlagen konkret verwirrend gewesen sein sollen. Aus den in der Klagebegründungsschrift vom 22. Februar 2021 aufgeführten Beispielen ergibt sich für die Klagepartei nichts Näheres. Der Senat kann daher nicht nachvollziehen, ob der Einwand auf die Klagepartei überhaupt zutrifft. Dass der Klagepartei grundsätzlich ein Anspruch auf volle Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses zusteht, ist insoweit unerheblich, weil Grundlage dieses Anspruchs der Schutz ihres Eigentums ist und dieser Belang nicht betroffen wäre, wenn die Unterlagen in Bezug auf andere Grundstücke unrichtige Angaben gemacht hätten (vgl. dazu BVerwG, U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 u.a. – BVerwGE 166, 1 = juris Rn. 16).
49
Im Übrigen musste mangels die Identität des Vorhabens berührende Änderungen bereits keine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 17b Abs. 1 FStrG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 und 3 BayVwVfG in Bezug auf die Unterlagen in der Fassung der 1. Tektur erfolgen (s.o. Rn. 45). Wären, wie die Klagepartei behauptet, auch die Voraussetzungen des Art. 73 Abs. 8 BayVwVfG nicht erfüllt, hätte auch keine individuelle Mitteilung der Änderung an die Klagepartei erfolgen müssen, sodass im Ergebnis die Klagepartei gar nicht erneut hätte beteiligt werden müssen.
50
3. Für die Vorhaben der Ortsumfahrung der Bundesstraße 20 bei L. und für den Ausbau des Teilstücks der Bahnstrecke Tüßling – Freilassung als Teil der Eisenbahnausbaustrecke München-Mühldorf-Freilassung (ABS 38) musste kein einheitliches Planfeststellungsverfahren gem. § 78 VwVfG bzw. Art. 78 BayVwVfG durchgeführt werden.
51
Nach § 78 VwVfG bzw. Art. 78 BayVwVfG findet für das Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt, wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung unterschiedliche Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammentreffen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
52
Zwar handelt es sich bei der planfestgestellten Ortsumfahrung L. im Zuge der B1. straße 20 und dem Ausbau der Eisenbahnstrecke Tüßling – Freilassung als Teil der Ausbaustrecke München-Mühldorf-Freilassung (ABS 38) um mehrere selbständige Vorhaben, deren Durchführung unterschiedliche Planfeststellungsverfahren erfordert, nämlich einerseits nach § 17 Abs. 1 FStrG und andererseits nach § 18 Abs. 1 AEG (ungeachtet der Möglichkeit, die Planfeststellung nach § 2 Maßnahmevorbereitungsgesetz durch ein Gesetz zu ersetzen). Für die Planfeststellung der Ortsumfahrung ist die Regierung von Oberbayern zuständig (vgl. Art. 39 Abs. 2 BayStrWG), während für die Planfeststellung der Bahnstrecke das Eisenbahn-Bundesamt (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BEVVG) zuständig ist.
53
Die Vorhaben treffen aber nicht derart zusammen, dass für sie oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn jeder der Vorhabenträger zur sachgerechten Verwirklichung seines Planungskonzepts darauf angewiesen ist, dass über die Zulassung der zusammentreffenden Vorhaben in einem Verfahren entschieden wird (BVerwG, U.v. 27.11.1996 – 11 A 99.95 – Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 8 = juris Rn. 21; B.v. 4.8.2004 – 9 VR 13.04 – NVwZ 2004, 1500 = juris Rn. 5). Die Notwendigkeit einer nur „einheitlichen Entscheidung“ besteht dagegen nicht, wenn planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens im anderen durch Verfahrensbeteiligung und im Rahmen planerischer Abwägung angemessen berücksichtigt werden können. Ein nur materielles Interesse an der planerischen Koordination verschiedener Belange rechtfertigt für sich nicht, die gesetzliche Verfahrenszuständigkeit zu ändern (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.1996 – 11 A 99.95 – Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 8 = juris Rn. 21; B.v. 4.8.2004 – 9 VR 13.04 – NVwZ 2004, 1500 = juris Rn. 5; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 740 f.).
54
Entgegen der Auffassung der Klagepartei treffen hier die beiden selbständigen Vorhaben bereits räumlich nicht derart zusammen, dass jeder Vorhabenträger zur Verwirklichung seines Planungskonzeptes darauf angewiesen wäre, dass über die Zulassung der Vorhaben in nur einem Verfahren entschieden wird. Gegenstand der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung ist entgegen der Auffassung der Klagepartei gerade nicht die bahnparallele Variante 2a, sondern die Variante 4. Nur die Variante 4 hat der Vorhabenträger in seinem Planfeststellungsantrag vom 7. August 2014 (vgl. Planunterlage 0T und Erläuterungsbericht, Unterlage 1T, S. 13) der Planfeststellungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt, sodass nur dieses Vorhaben zur planerischen Entscheidung der Planfeststellungsbehörde stand (vgl. Geiger in Ziekow, Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, § 3 Rn. 10 ff.). Dieses fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben beginnt östlich von Letten und schwenkt nach Süden von der bestehenden B2. straße 20 ab. In Höhe der Biburger Brücke kreuzt die Trasse die Bahnlinie, verläuft auf der Hochtrasse zwischen Biburg und Haiden, führt dann östlich von Froschham, Oberheining und Daring entlang, kreuzt bei Lepperding erneut die Bahnlinie und endet südlich von L. bei Niederheining in der bisherigen Trasse der Bundesstraße 20. Bis auf diese beiden Kreuzungspunkte besteht zwischen Variante 4 und dem Ausbau der Eisenbahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing wegen fehlender Berührungspunkte schon offensichtlich kein räumlicher Zusammenhang. Zwar können gemeinsame Kreuzungsbauwerke zweier Planungen im Einzelfall für die Anwendung des § 78 VwVfG bzw. Art. 78 BayVwVfG ausreichen (vgl. BVerwG, B.v. 4.8.2004 – 9 VR 13.04 – NVwZ 2004, 1500 = juris Rn. 5; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 741), ein besonderer, substanzieller Koordinierungsbedarf, der es rechtfertigen würde, von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung ausnahmsweise abzuweichen, ist hier im Hinblick auf die beiden Brückenbauwerke jedoch nicht ersichtlich.
55
Darüber hinaus fehlt es an dem von § 78 VwVfG bzw. Art. 78 BayVwVfG vorausgesetzten zeitlichen Zusammenhang, wenn es für eines der selbständigen Vorhaben kein ausgearbeitetes Planungskonzept des zuständigen Vorhabenträgers gibt, das zum Gegenstand eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens gemacht werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.2010 – 9 A 12.09 – NVwZ 2011, 626 = juris Rn. 23; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 40). Ein solches ausgearbeitetes Planungskonzept zum Ausbau der Eisenbahnstrecke lag während des fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens nicht vor. Noch im Jahr 2019 befanden sich die Planungen der DB N1. AG auf der Stufe der Vorplanung und lagen damit „mindestens zwei Planungsstufen hinter der Straßenplanung zurück“ (vgl. Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 29. Juli 2019, BA der Regierung von Oberbayern Bl. 18967; Schreiben des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 20. August 2021, Anlage B 8, GA Bd. 2). Eine nicht voll ausgeplante Vorplanung stellt kein ausreichendes Planungskonzept dar, das Gegenstand eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens sein könnte.
56
4. In Bezug auf den Ergänzungsbeschluss vom 28. April 2023 war ein Auslegungsverfahren mit erneuter Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 17d Satz 1 FStrG, Art. 75 Abs. 1a Satz 2, Art. 76 Abs. 1, Art. 73 Abs. 3 und 4 BayVwVfG nicht geboten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde nach § 17d FStrG i.V.m. Art. 76 Abs. 2 BayVwVfG von der Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens abgesehen hat.
57
Gem. Art. 76 Abs. 2 BayVwVfG kann die Planfeststellungsbehörde von einem neuen Planfeststellungsverfahren mit einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung absehen, wenn die Planergänzung von unwesentlicher Bedeutung ist und Belange anderer nicht berührt werden. Unwesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung geringfügig ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleichbleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.2013 – 9 A 14.12 – BVerwGE 148, 373 = juris Rn. 126; U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 26; U.v. 14.12.2022 – 9 A 17.21 – juris Rn. 24).
58
Mit der Planergänzung hat der Beklagte lediglich die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (Art. 39 BayVwVfG) im Verhältnis zur Klagepartei geändert, ohne am Vorhaben selbst etwas zu ändern. Die Änderung umfasste lediglich die Herleitung des Belangs der Lärmimmissionen aus einer anderen planfestgestellten bzw. einer dem Planfeststellungsbeschluss nachrichtlich beigefügten Unterlage, nämlich Unterlage 17.1 T und 17.1 V anstatt wie zuvor aus der Unterlage 19.4. Hingegen beließ der Beklagte die Bewertung und Gewichtung des Belangs der Lärmimmissionen in der Abwägung unverändert. Da die Änderung nur gegenüber der Klagepartei erfolgte, werden durch sie auch Belange anderer nicht berührt.
59
IV. Der Planfeststellungsbeschluss vom 9. Oktober 2020 in der Gestalt der Begründungsergänzungsbeschlüsse vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023 leidet nicht an materiellen Fehlern.
60
1. Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses (stRspr BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = BeckRS 2019, 24602 Rn. 14; U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 21).
61
Werden danach wie im vorliegenden Fall Planergänzungen durchgeführt mit der Folge, dass der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Plan in der durch die Änderungsbeschlüsse erreichten Gestalt verschmelzen (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = BeckRS 2019, 24602 Rn. 14; U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 14; U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE158, 1 = juris Rn. 19), bedarf es einer differenzierenden Betrachtungsweise. Der Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses hängt maßgeblich von der Zielrichtung der Planergänzung bzw. des ergänzenden Verfahrens ab. Beschränken sich diese darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung vornimmt; dann ist insoweit der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 = juris Rn. 29; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14 m.w.N.; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 34).
62
„Punktuell“ nach der Rechtsprechung des BVerwG meint, dass es sich bei dem zu heilenden Fehler um einen abgrenzbaren, von anderen Teilen unabhängigen Teil handelt und dieser nicht die Planung als Ganzes in Frage stellt, sodass ein neues Planfeststellungsverfahren erforderlich würde (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2022 – 8 A 20.40019 – juris Rn. 36). Nach § 17 Abs. 1 Satz 5 FStrG i.V.m. Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG führen erhebliche Mängel bei der Abwägung erst dann zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können (vgl. BayVGH, U.v. 21.5.2022 – 8 A 20.40019 – juris Rn. 36). Nicht mehr behoben im Rahmen einer Planergänzung oder eines ergänzenden Verfahrens können Mängel in der Abwägung, die von solcher Art und Schwere sind, dass sie die Planung als Ganzes von vornherein in Frage stellen; Mängel bei der Alternativenprüfung gehören nicht von vornherein dazu (BVerwG, U.v. 19.2.2015 – 7 C 11.12 – BVerwGE 151, 213 = juris Rn. 46).
63
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei den Planergänzungen vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023 um die Heilung nur „punktueller“ Fehler, sodass es beim Erlass des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses vom 9. Oktober 2020 als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bleibt. Der Beklagte hat die Änderungen weder auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse gestützt noch hat er eine Neubewertung auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen vorgenommen. Dass für den Beklagten der Belang der Lärmimmissionen ein „entscheidender Punkt“ für die Variantenwahl war, ergab sich schon aus dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 55 Absatz 3 in der Fassung vom 9.10.2020) und hat sich durch die Planergänzungen nicht geändert. Mit der ersten Planergänzung vom 28. April 2023 hat der Beklagte lediglich den Belang der Lärmimmissionen mit einer anderen Begründung unterfüttert, indem er die Begründung seiner Aussage, dass er die Variante 4 gegenüber der Variante 2a im Hinblick auf die Lärmimmissionen als vorteilhafter ansieht, auf eine andere Unterlage stützt, nämlich die planfestgestellte Unterlage 17.1 T und vergleichend auf die dem Planfeststellungsbeschluss nachrichtlich beigefügte Unterlage 17.1.V. Damit hat er auf entsprechende Einwände der Klagepartei betreffend die Unterlage 19.4. (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 44 ff.) reagiert, ohne eine Neubewertung des Immissionsschutzbelangs im Variantenvergleich auf aktueller Grundlage vorzunehmen. Dies zeigt auch der Erläuterungsbericht (Unterlage 1 T, S. 47 und 90), in dem hinsichtlich des Lärmschutzes ebenfalls auf die „Schalltechnische Untersuchung“ (= Unterlage 17.1 T und 17.1. V) und nicht auf die Unterlage 19.4 abgestellt wird. Mit der weiteren Planergänzung vom 18. Juli 2023 hat der Beklagte – nach einem Hinweis des Senats zur Gebietseinstufung der Anwesen W. 29, 30, 31 und 32 – lediglich die Anzahl der Wohngebäude, an denen bei Variante 2a die Lärmgrenzwerte des § 2 der 16. BImSchV überschritten sind, um ein Gebäude nach unten korrigiert.
64
2. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben.
65
Sie folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 16 f.). Die Einwände der Klagepartei, dem planfestgestellten Vorhaben fehle die Planrechtfertigung, weil es hinsichtlich der Feststellung des vordringlichen Bedarfs nicht mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) vereinbar sei (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 20 f.)(a), hinsichtlich der ausgewiesenen Kosten von der gesetzlichen Bedarfsfeststellung des FStrAbG (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 257) bzw. vom Fünfjahresplan (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 21) abweiche (b) und wegen des zu erwartenden Verkehrsrückgangs tatsächlich kein Bedarf bestehe (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 23 ff.) (c), können die Planrechtfertigung für das Vorhaben nicht infrage stellen.
66
a) Für das planfestgestellte Vorhaben besteht ein „vordringlicher Bedarf“.
67
Hierfür ist, anders als die Klagepartei annimmt, nicht der BVWP 2030, sondern der Bedarfsplan maßgeblich. Der BVWP wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit gutachterlicher Unterstützung erarbeitet und vom Bundeskabinett verabschiedet. Auf Grundlage des BVWP werden die Bedarfspläne für die einzelnen Verkehrsträger entworfen. Diese werden als Anlage der jeweiligen Ausbaugesetze in den Deutschen Bundestag eingebracht und erst von diesem als Gesetz verbindlich beschlossen (vgl. BVWP 2030 S. IV; BT-Drs. 18/9523 S. 53, 62; vgl. auch BT-Drs. 11/6805 S. 67). Für Bundesfernstraßen ergibt sich der Bedarf für einen Bau oder Ausbau aus dem „Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen“ (§ 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG), der als Anlage 1 dem Fernstraßenausbaugesetz beigefügt ist.
68
Für das streitgegenständliche Vorhaben folgt der „vordringliche Bedarf“ aus Nr. 271 des Bedarfsplans (vgl. Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3354)). Dabei ist unschädlich, dass die Ortsumfahrung L. als Unterprojekt des Gesamtvorhabens der lfd. Nr. 271 (B 20 Freilassung/Salzburg (B 304) bis Marktl (A 94)) ohne eigene Nummer aufgeführt ist, da die Unterprojekte die Dringlichkeitseinstufung des Gesamtprojekts teilen (vgl. Vorbemerkung zu Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
69
b) Entgegen der Annahme der Klagepartei fehlt die Planrechtfertigung nicht wegen einer „offensichtlichen Überschreitung des vorgegebenen Kostenrahmens und damit der Dimensionierung“ des Vorhabens, sodass es sich als „aliud“ darstellte.
70
Die Dimensionierung der Plantrasse entspricht dem in der lfd. Nr. 271 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 2 FStrG festgelegten Bedarf. Dort wird als Dimensionierung „N 2/3“ (= zwei- bzw. dreistreifiger Neubau mit wechselseitiger Überholmöglichkeit) festgelegt. Dem entspricht das planfestgestellte Vorhaben (vgl. PFB S. 43, Planunterlagen 5T 0-5).
71
Die planfestgestellte Variante stellt auch kein „aliud“ zur gesetzlichen Bedarfsfeststellung wegen der im Erläuterungsbericht (S. 116) mit 34,72 Mio. EUR gegenüber den im Fünfjahresplan mit 27,5 Mio. EUR angegebenen deutlich höheren Baukosten dar.
72
Der Bedarfsplan entfaltet keine Bindungswirkung hinsichtlich der Baukosten. Hinsichtlich der Finanzierung und des Zeitpunktes der Realisierung einer Maßnahme werden im Bedarfsplan keine Festlegungen getroffen (BT-Drs. 18/9523 S. 1, 64; Maaß/Vogt, FStrAbG, Stand 2013, § 2 Rn. 5). Kosten werden nicht im Bedarfsplan, sondern im Fünfjahresplan und im Straßenbauplan ausgewiesen (vgl. BT-Drs. 18/9523 S. 60). Von der Bindungswirkung des § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG erfasst sind die Netzverknüpfung und Angaben in der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG wie die Anzahl der Spuren, die die dem festgestellten Bedarf entsprechende Kapazität der Trasse konkretisieren. Nur in Bezug auf diese Rahmenvorgaben könnte von einer Abweichung des planfestgestellten Vorhabens vom Bedarfsplan die Rede sein; hinsichtlich aller anderen Aspekte ist die Konkretisierung Sache der nachfolgenden Planungsstufen (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1996 – 9 A 4.13 – BVerwGE 149, 31 = juris Rn. 32; U.v. 12.12.1996 – 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331 = juris Rn. 47, U.v. 15.1.2004 – 4 A 11.02 – BVerwGE 120, 1 = juris Rn. 18; U.v. 8.1.2014 – 9 A 4.13 – BVerwGE 149, 31 = juris Rn. 32; U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 78).
73
Der von der Klagepartei angeführte „Fünfjahresplan“ entfaltet ebenfalls keine Bindungswirkung. Gem. § 5 Abs. 1 FStrAbG stellt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Verwirklichung des Ausbaus nach dem Bedarfsplan Fünfjahrespläne auf. Sie bilden den Rahmen für die Aufstellung der Straßenbaupläne nach Art. 3 des Straßenbaufinanzierungsgesetzes. Der Fünfjahresplan ist kein Finanzierungsplan, sondern nur ein Rahmenplan zur Aufstellung des Straßenbauplans als Anlage zum Bundeshaushaltsplan (vgl. Art. 3 Abs. 1 Straßenbaufinanzierungsgesetz). Die Realisierung der einzelnen Maßnahmen erfolgt nach Maßgabe der jährlich zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel (sogenannter Haushaltsvorbehalt, vgl. BT-Drs. 18/9523 S. 60). Der Bedarfsplan wird nur in dem Umfang durchgeführt, in dem Haushaltsmittel im Bundeshaushalt zur Verfügung stehen. Durch den Bedarfsplan selbst werden unmittelbar keine Haushaltsbelastungen verursacht (BT-Drs. 18/9523 S. 1, 64; Maaß/Vogt, FStrAbG, Stand 2013, § 2 Rn. 5).
74
Aus den von der Klagepartei zitierten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts (vom 19.3.2003 – 9 A 33.02 – DVBl 2003, 1069 = juris Rn. 23 und vom 14.11.2002 – 4 A 15.02 – NVwZ 2003, 485) ergibt sich ebenfalls nicht, dass höhere Kosten die gegebene Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 2 FStrAbG entfallen ließen.
75
c) An der Planrechtfertigung mangelt es schließlich nicht deswegen, weil die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose veraltet und die prognostizierten Verkehrszahlen unrealistisch wären und deshalb kein tatsächlicher Bedarf für das Vorhaben gegeben wäre.
76
Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich und schließt im Grundsatz die Nachprüfung aus, ob für die geplante B3. straße ein Verkehrsbedarf vorhanden ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 59; U.v. 4.5.22 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 17). Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ist eingebettet in die gesamtstaatliche Bundesverkehrswegeplanung und stellt eine verkehrspolitische Leitentscheidung auf einer der konkreten Planung weit vorgelagerten Ebene dar, die von zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Faktoren bestimmt wird; die gerichtliche Prüfung der sachlichen Rechtfertigung dieser Entscheidung ist daher auf eine Evidenzkontrolle beschränkt (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.22 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 17). Die gesetzliche Bedarfsfeststellung wäre nur dann fehlerhaft und verfassungswidrig, wenn Anhaltspunkte für eine Überschreitung des weiten Gestaltungs- und Prognoseermessens des Gesetzgebers bestehen würden. Das ist nur der Fall, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raums an jeglicher Notwendigkeit fehlt, oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 = juris Rn. 43; U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 34 = juris Rn. 46; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 43).
77
Eine solche Überschreitung des weiten Gestaltungs- und Prognoseermessens ergibt sich aus dem Vorbringen der Klagepartei nicht.
78
aa) Einwände den verkehrlichen Bedarf betreffend greifen vorliegend schon deshalb nicht durch, da sich die Bedarfsfeststellung hier maßgeblich nicht aus der bestehenden oder zu erwartenden Verkehrsbelastung herleitet, sondern vor allem aus dem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis (vgl. PRINS Punkt 1.2; BVWP S. 36, 59 ff. und Anlage 1 zum BVWP 2030 S. 87), das ein wesentliches Priorisierungskriterium (BVWP 2030 S. 36) und das zentrale Bewertungsmodul bei der Bundesverkehrswegeplanung darstellt (BVWP 2030 S. 59). In der Nutzen-Kosten-Analyse werden den Investitionskosten eines Vorhabens alle in Geldeinheiten darstellbaren positiven und negativen Projektauswirkungen gegenübergestellt, wie z.B. Veränderungen der Reisezeit, der Verkehrssicherheit, der Geräuschbelastung und der Abgasbelastung (vgl. BVWP S. 59 ff.). Ein Verkehrsprojekt ist dann gesamtwirtschaftlich sinnvoll, wenn die Summe aller Nutzen größer als die Investitionskosten ist (BVWP S. 9). Vorliegend übersteigt der Nutzen mehr als zehnfach die Investitionskosten (PRINS Punkt 1.2; BVWP Anlage 1 S. 87), sodass das Nutzen-Kosten-Verhältnis als hoch eingeschätzt wurde. Das hohe Nutzen-Kosten-Verhältnis hat die Klagepartei nicht in Frage gestellt.
79
bb) Soweit die Klagepartei mit Einwänden gegen die projektbezogene Verkehrsprognose vom 19. Juni 2017 (Unterlage 22T) die Planrechtfertigung in Frage stellen möchte, kann sie damit schon deswegen nicht durchdringen, weil Mängel der projektbezogenen Prognose keine Rückschlüsse auf die den Prognosen des Bedarfsplans und deren zugrundeliegenden Annahmen zulassen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 3.5.2013 – 9 A 16.12 – BVerwGE 146, 254 = juris Rn. 24; U.v. 8.1.2014 – 9 A 4.13 – BVerwGE 149, 31 = juris Rn. 35; OVG NRW, U.v. 5.2.2021 – 11 D 13/18 – juris Rn. 356). Denn sie unterliegt anderen Grundannahmen und Prognosemethoden (vgl. BVWP 2030, S. 54) als die projektbezogene Verkehrsprognose. Dem BVWP 2030 liegt die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 zugrunde. Diese umfasst die Verkehrsverflechtungen innerhalb Deutschlands auf Kreisebene sowie mit dem Ausland, die Nutzung der verschiedenen Verkehrsträger, die Verteilung dieser Verkehrsmengen auf die Verkehrsinfrastruktur und den Endenergieverbrauch sowie die CO2-Emissionen der Verkehrsträger (BVWP 2030, S. 54). Es handelt sich um eine deutschlandweite, großräumige Planung (vgl. BVWP 2030, S. 54). Hingegen betrachtet die projektbezogene Verkehrsprognose 2030 den sehr viel kleinräumigeren Planungsraum der Ortsumfahrung L. und beschränkt sich auf Verkehrsströme im motorisierten Individualverkehr (vgl. Unterlage 22T S. 8). Sie beruht auf den Verkehrsmatrizen anhand der ECE-Zählung 2010 für Bayern und Salzburg. Diese wurde in einem Zwischenschritt geeicht und dann das im Rahmen der Verkehrsuntersuchung Salzburg Nord/Bayerischer Grenzraum erstellte Prognosemodell für das Jahr 2020 herangezogen und für das Jahr 2030 fortgeschrieben (vgl. Unterlage 22T S. 34).
80
cc) Die Behauptung der Klagepartei, die Ortsumfahrung L. würde zu keiner verkehrlichen Entlastung der Altstadt L.s führen (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 26), kann die Planrechtfertigung schon deshalb nicht in Zweifel ziehen, weil die Einstufung der Ortsumfahrung L. im Bedarfsplan mit der Dringlichkeitsstufe „vordringlicher Bedarf“ nicht mit der Entlastung der Stadt L., sondern mit dem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis begründet wurde (s.o. Rn. 78).
81
3. Der Planfeststellungsbeschluss ist mit naturschutzrechtlichen Vorgaben vereinbar.
82
a) Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten naturschutzrechtliche Prüfung beruht auf hinreichend aktuellen Datengrundlagen.
83
aa) Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote durch das Vorhaben betroffen sind und ob von dem Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft im Sinne des § 13 BNatSchG zu besorgen sind, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Pflanzen- und Tierarten sowie deren Lebensräume voraus. Diese Bestandsaufnahmen müssen im Zeitpunkt der Planfeststellung noch hinreichend aussagekräftig sein. Jedoch gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zur Aktualität naturfachlicher Bestandsaufnahmen. Diese hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, namentlich davon, ob zwischenzeitlich so gravierende Änderungen aufgetreten sind, dass die gewonnenen Erkenntnisse nicht mehr die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergeben (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2014 – 9 A 25.12 – BVerwGE 149, 289 = juris Rn. 68, 91 zum Gebiets- und Artenschutz; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 124 zum Artenschutz; U.v. 3.1.2020 – 9 A 9.19 – BVerwGE 170, 210 = juris Rn. 185 zu Eingriffs- und Eingriffsfolgenregelung bei § 30 BNatSchG; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 38 zur UVP). Als Leitlinie für die Praxis mag es im Ansatz sinnvoll sein, die Tauglichkeit der Datengrundlage an einer zeitlichen – in der Regel fünfjährigen – Grenze auszurichten. Eine solche Grenze kann aber nur einen allgemeinen Anhalt bieten; sie ändert nichts daran, dass die Aktualität der Datengrundlage nach Maßgabe praktischer Vernunft unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände zu beurteilen ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 149 f.; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 319). Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde müssen daher zunächst prüfen, ob die Erkenntnisse trotz des Zeitablaufs im Zeitpunkt der Planfeststellung noch aussagekräftig sind; erst von den Ergebnissen dieser Überprüfung hängt ab, ob und in welchem Umfang neu kartiert werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 124; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 u.a. – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 96).
84
Ausgehend hiervon ist sind die Datengrundlagen vorliegend hinreichend aktuell.
85
Die hierfür erforderlichen Untersuchungen fanden ab dem Jahr 2010 statt. Die Fachbeiträge für Fledermäuse, Vögel und Amphibien stammen aus Januar 2012 (Unterlage 19.1.3), die Untersuchung potenzieller Habitatbäume für Fledermäuse und höhlenbrütende Vogelarten aus Februar 2012 (Unterlage 19.1.3).
86
Der auf der Grundlage des § 17 Abs. 4 BNatSchG erarbeitete landschaftspflegerische Begleitplan (Unterlage 19.1.1T) wurde im Juli 2014 erstellt und im Mai 2017 aktualisiert. Die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zur Überprüfung artenschutzrechtlicher Verbote und ihrer Ausnahmen nach §§ 44 f. BNatSchG wurde im Juli 2014 erstellt (Unterlage 19.1.3.) Die Datengrundlagen für die dortigen Bewertungen stammen zwar teilweise bereits aus den Jahren 1999 bis 2014 (vgl. Unterlage 19.1.1.T S. 8-10 und Unterlage 19.1.3 S. 2). Sie wurden aber rechtzeitig bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Jahr 2020 aktualisiert bzw. auf ihre Aktualität überprüft. Der Gutachter Dipl. Biologe Demuth, der den landschaftspflegerischen Begleitplan und die saP maßgeblich (mit-)erarbeitet hat, hat in der mündlichen Verhandlung am 21. April 2023 überzeugend ausgeführt, dass im Jahr 2014, mithin sechs Jahre vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, erneut eine umfassende Überprüfung der Realnutzung inklusive Habitatbestand des gesamten Planungsraums stattgefunden hat. Eine faunistische Überprüfung des nördlichen Bereichs der Plantrasse hat im Rahmen der Erstellung der „Faunistischen Risikoanalyse“ für die bahnparallele Variante 2a im Jahr 2016 stattgefunden (vgl. Unterlage 19.1V S. 4), weil sich die Untersuchungsgebiete der Varianten 2a und 4 teilweise überschneiden (vgl. Unterlage 19.1V S. 5 Abb. 2). Nach Aussage des Gutachters wurde in diesem Rahmen auch die Realnutzung innerhalb des Planungsraums der A.strasse kontrolliert und dokumentiert. Im September 2018 hat der Gutachter nochmals den gesamten Planungsraum hinsichtlich der aktuellen Nutzung im Rahmen einer Begehung überprüft und entscheidende Bereiche photographisch mittels Drohnen dokumentiert. Bis auf eine – die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht infrage stellende – Umwandlung einer Fläche im Bereich des Trassenverlaufs bei Biburg von Weidenutzung in eine intensive Grünlandnutzung, einer Lücke im Altbaumbestand im Bereich der Salzachhangleite und der Neuanlage von Ausgleichtümpeln im Bereich des zukünftigen Baufeldes, die dann verlegt wurden, wurden dabei keine wesentlichen Veränderungen hinsichtlich der Vegetation und der Fauna festgestellt.
87
Diese Angaben werden durch die vorgelegten Behördenunterlagen (vgl. dazu auch Aktenvermerk des Staatlichen Bauamts vom 9. Januar 2018, digitale BA des Staatlichen Bauamtes 04 Genehmigungsplanung/12 LBP/2018-01-09_P1300_B20_ OUL._ Bearbeitung Stellungnahmen und Einwendungen Tektur; Übersicht Kartierungen, digitale BA des Staatlichen Bauamtes, 04Genehmigungsplanung/21 Planfeststellung/06Klage/2022-02-16_P0000_ B20_ Übersicht Kartierungen 2010-2018_Anmerkungen Demuth; Vermerk des Planungsbüros ifanos vom 21. September 2018, digitale BA des staatlichen Bauamtes 04 Genehmigungsplanung/12 LBP/ 2018-09-21_P1300_Hangleitenwald und Ökofläche Kraller_Beton.zip), durch die mit Schreiben vom 26. April 2023 vorgelegten Verträge und Rechnungen des Planungsbüro ifanos aus den Jahren 2014, 2016 und 2018 inklusive der Tätigkeitsbeschreibungen und die vorgelegten Fotos bestätigt (vgl. GA Bd. 3).
88
In Bezug auf die von der Klagepartei vorgebrachte Veränderung des Biotops Nr. 8043-0083 (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 261) hat sich zwar eine Änderung in tatsächlicher Hinsicht ergeben. Die betreffenden Flächen wurden aber im Rahmen der „Faunistischen Risikoanalyse“ für die Variante 2a im Jahr 2016 nochmals begutachtet (vgl. Unterlage 19.1.V S. 2 und S. 27) und im Planfeststellungsbeschluss als weniger werthaltig als zu früheren Zeitpunkten eingestuft (vgl. PFB S. 55), da das Biotop Nr. 8043-0083 im Zeitpunkt der Planfeststellung in der amtlichen Biotopkartierung wegen seiner veränderten Vegetation nicht mehr aufgelistet war (vgl. PFB S. 118). Im Übrigen hat die Planfeststellungsbehörde trotz der sich daraus ergebenden geringeren Eingriffsintensität auch für diese ehemals naturschutzfachlich wertvollen Flächen die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen auf den FlNr. … und … Gemarkung H. beibehalten (vgl. Unterlage 19.1.2/1 T, Unterlage 9.3 T S. 24).
89
Soweit die Klagepartei eine fehlende Neukartierung der offenen Kiesgrube bei Lepperding beanstandet (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2023, S. 37 ff.) und sich hierzu auf die Stellungnahme des Landratsamtes B. Land vom 24. Oktober 2017 beruft (BA der Regierung von Oberbayern Bl. 9059), hat sie sich schon nicht mit den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses hierzu auseinandergesetzt. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG erfordert, dass sich der Kläger in der fristgerecht vorzulegenden Klagebegründung mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss substantiiert auseinandersetzt; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren wörtliche Wiederholung in der Klagebegründung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt diesen Begründungsanforderungen nicht. Denn Gegenstand der Klage sind nicht die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwände, sondern ist der Planfeststellungsbeschluss (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 16.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Leitsatz und Rn. 37; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12 jeweils zu inhaltsgleichen Bestimmungen; vgl. auch BayVGH, U.v. 24.11.2010 – 8 A 10.40011 – juris Rn. 18; NdsOVG, U.v. 14.8.2015 – 7 KS 148/12 – NVwZ-RR 2016, 254 = juris Rn. 28). Gleiches gilt, wenn sich – wie hier – die Klagepartei im gerichtlichen Verfahren auf Einwendungen oder Bedenken anderer im Verwaltungsverfahren beteiligter Personen oder Träger öffentlicher Belange beruft, ohne auf die diesbezüglichen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss einzugehen. So liegen die Dinge hier.
90
Die Planfeststellungsbehörde hat eine nochmalige Kartierung der aktuellen Kiesgrubenflächen im Bereich Lepperding ausdrücklich nicht für erforderlich gehalten, da die Flächen vor Beginn des Kiesabbaus untersucht worden seien und diese nach der Ausbeutung vom Kiesgrubenbetreiber wieder in den Ausgangszustand zurückzuversetzen seien. Eine während des Kiesabbaus eventuell eingetretene naturschutzfachliche Wertigkeit der Fläche oder die Einwanderung geschützter Tierarten sei für die Planfeststellungsbehörde unbeachtlich und Sache des Kiesgrubenbetreibers (PFB S. 79 f.). Im Übrigen hat die Planfeststellungsbehörde die Problematik erkannt und als Auflage verfügt, dass im Falle der Übernahme der Fläche im unverfüllten Zustand eine artenschutzrechtliche Prüfung zu erfolgen hat (PFB Buchst. A Nr. 3.2.10, S. 15). Zu beidem verhält sich die Klagebegründung nicht.
91
Aus der von der Klagepartei angeführten E-Mail des Staatlichen Bauamtes vom 31. März 2021 (vgl. Schriftsatz vom 27.4.2023, S. 6; digitale BA des Staatlichen Bauamtes 04 Genehmigungsplanung/21 Planfeststellung/06 Klage/2021-03-31_P0000_B20_ OUL._Klage_ROB_weitere Infos an ROB zur Klageerwiderung.msg), wonach im Trassenbereich keine ergänzende Kartierung mehr stattgefunden habe, ergibt sich nichts anderes, da die in den Jahren 2016 und 2018 vorgenommenen Plausibilitätsprüfungen insoweit ausreichen.
92
Die von der Klagepartei angeführte Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 3. Dezember 2013 (Az.: Vf. 8-VII-13 – BayVBl 2014, 237 = juris Rn. 36), woraus sie ableitet, dass floristische und faunistische Bestandsaufnahmen nur drei Jahre aktuell seien, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung, da der Entscheidung eine andere Fragestellung zu Grunde liegt, nämlich die der „Realermittlung“ im Bebauungsplanverfahren. Zudem ist sie durch die oben (Rn. 83) zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überholt.
93
bb) Dass sich die Planfeststellungsbehörde keine Unterlagen zur Überprüfung der Bestandserfassungen hat vorlegen lassen, wie die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2023 gerügt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar ist sie verpflichtet, die ihr vorgelegten Planunterlagen einer eigenständigen rechtlichen Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls eigene Ermittlungen anzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 24.3.2011 – 7 A 3.10 – NuR 2011, 501 = juris Rn. 85; U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 12). Eine Verpflichtung, sich alle Untersuchungen, die ein vom Vorhabenträger beauftragtes Fachbüro erstellt hat, vorlegen zu lassen, lässt sich dem Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG aber nicht entnehmen (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 12).
94
cc) Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem Begründungsmangel, obwohl er sich zur Aktualität der floristischen Bestandserfassung nicht äußert und im Hinblick auf die faunistischen Bestandserfassungen ohne weitere Begründung von deren Aktualität ausgeht (PFB S. 146 f.).
95
Nach § 17 Abs. 1 Satz 6 FStrG i.V.m. den Art. 74 Abs. 1 Satz 2, Art. 69 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG ist ein Planfeststellungsbeschluss schriftlich zu begründen. Der Planfeststellungbeschluss muss die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die zum Erlass des Planfeststellungbeschlusses in der vorliegenden Form geführt haben. Diesen Anforderungen wird der Planfeststellungsbeschluss zwar weder im Hinblick auf die Frage der hinreichenden Aktualität der floristischen Bestandserhebungen, zu denen er sich gar nicht äußert, noch in Bezug auf die artenschutzrechtlichen Bestandsaufnahmen gerecht. Die bloße Behauptung, „Die Daten wurden 2010 erhoben und 2014 aktualisiert, jeweils mit Erhebungen im Gelände. Damit sind die Daten zum Zeitpunkt der Planfeststellung aus unserer Sicht hinreichend aktuell“ (PFB S. 146 f.), genügt hierfür nicht, weil sie nicht weiter begründet wurde.
96
Jedoch ist der Fehler nach § 17 Abs. 1 Satz 6 FStrG i.V.m. Art. 46, Art. 72 Abs. 1 BayVwVfG, unbeachtlich, weil offensichtlich ist, dass die Verletzung des Begründungserfordernisses die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Wie sich aus den Äußerungen des Dipl. Biologen Demuth in der mündlichen Verhandlung am 21. April 2023 und den vom Beklagten mit Schreiben vom 26. April 2023 nachgereichten Unterlagen ergibt, kann ausgeschlossen werden, dass ohne den Begründungsmangel eine andere als die getroffene Entscheidung ergangen wäre. Da in den Jahren 2016 und 2018 die floristischen und faunistischen Bestandsaufnahmen nochmals durch Begehungen bzw. mittels Drohnenflug auf ihrer Plausibilität überprüft worden sind, konnte sie die Planfeststellungsbehörde als hinreichend aktuell ihren naturschutzrechtlichen Bewertungen zu Grunde legen (s.o.).
97
b) Der Einwand der Klagepartei die vorgesehene Ausgleichsmaßnahme Nr. 3-5 A „Strukturaufwertung und Sicherstellung Kiesgrube Lepperding“ (Unterlage 9.3 T S. 23 ff.) sei wegen ihrer bereits bestehenden hohen Wertigkeit als Ausgleichsfläche nicht anrechenbar und zudem seien die diesbezüglichen Bestandserhebungen ebenfalls veraltet (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 31 ff.), führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage.
98
Der Klagepartei fehlt hierfür die Rügebefugnis, da der geltend gemachte Fehler die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke unberührt lässt. Der eingriffsrechtliche Dreiklang „Vermeidung – Ausgleich/Ersatz – Geldersatz“ (§ 15 BNatschG) führt grundsätzlich nicht zu einer Unzulässigkeit der Maßnahme, sondern bestimmt deren (Rahmen-)Bedingungen im Sinne einer Stufenfolge: Ist ein Eingriff unvermeidbar, ist er auszugleichen bzw. zu ersetzen; sind Beeinträchtigungen nicht auszugleichen oder zu ersetzen, ist Ersatz in Geld zu leisten. Einwände gegen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die Höhe oder den Empfänger des Ersatzgeldes führen damit auf keine Unmöglichkeit des Vorhabens, da Beeinträchtigungen entweder durch andere Maßnahmen auszugleichen oder zu ersetzen sind oder für sie ein (entsprechend höheres) Ersatzgeld zu zahlen bzw. für dieses ein anderer Empfänger zu bestimmen ist. Auch hinsichtlich behördlicher Untersuchungs-/Ermittlungsdefizite, die in Bezug auf diese Punkte gerügt werden, entfällt mangels Kausalität regelmäßig die Rügebefugnis, da sie die Trassenführung nicht berühren (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 595; U.v. 24.2.2021- 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 346 = juris Rn. 64).
99
c) Der Vortrag der Klagepartei, die Planung verstoße gegen den naturschutzrechtlichen Vermeidungsgrundsatz des § 13, § 15 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, weil die Straßentrasse nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. V. überdimensioniert sei und Dämme reduziert und Kurvenradien usw. optimiert werden könnten (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 260 f.) erfüllt nicht die Substantiierungsanforderungen des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO. Die Klagepartei legt weder dar, welche Dämme und welche Kurvenradien im Trassenverlauf optimiert werden könnten, noch auf welche konkreten Aussagen des Sachverständigen in welchem Gutachten sie sich bezieht. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus einer Vielzahl von im Zusammenhang mit anderen Einwänden vorgelegten Gutachten dasjenige herauszusuchen, das für substantiierte Klagevortrag möglicherweise geeignet sein könnte (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.2017 – 4 B 11.17 – ZfBR 2017, 587 = juris Rn. 4; B.v. 14.8.2018 – 9 B 18.17 – juris Rn. 4; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12). Zudem genügt der einfache Verweis auf ein Sachverständigengutachten nicht den Anforderungen des § 67 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VwGO, weil sich die Klagepartei mit einer bloßen Verweisung der erforderlichen eigenständigen Begründung entzieht (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 15; Nds OVG, U.v. 14.8.2015 – 7 KS 148/12 – NVwZ-RR 2016, 254 = juris Rn. 21 ff.).
100
Im Übrigen wären Vermeidungsmaßnahmen, die ein – partiell – anderes Vorhaben bedingen, im Rahmen der allgemeinen fachplanerischen Abwägung zu prüfen; sie werden – wie etwa der gänzliche Verzicht auf das Vorhaben oder eine mehr als nur geringfügige Abweichung der räumlichen Trassenführung – nicht durch das Vermeidungsgebot gefordert (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.1997 – 4 C 10.96 – BVerwGE 104, 144 = juris Rn. 24 f.; U.v. 16.12.2004 – 4 A 11.04 – NVwZ 2005, 589 = juris Rn. 16; B.v. 9.9.2014 – 7 B 6.14 – NVwZ-RR 2015, 15 = juris Rn. 15).
101
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Abwägungsmangel.
102
Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 656; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 152).
103
Hiervon ausgehend liegen die von der Klagepartei geltend gemachten Abwägungsfehler weder in Bezug auf die Alternativenprüfung (a) oder auf den klägerischen Betrieb (b) noch die Gewichtung der einzelnen Belange (c) vor.
104
a) Die Klagepartei macht ohne Erfolg die Fehlerhaftigkeit der Alternativenprüfung geltend.
105
Die Auswahl unter verschiedenen, ernstlich in Betracht kommenden Ausführungsvarianten eines Vorhabens ist ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2018 – 3 A 10.15 – NVwZ 2018, 1799 = juris Rn. 56; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660 m.w.N.). Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen (stRspr BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660 m.w.N.). Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden (BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 14.18 – BVerwGE 166, 171 = juris Rn. 78; U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 75; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660). Die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen müssen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersucht und verglichen werden. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eine andere als die gewählte Trassenführung eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 4.15 – BVerwGE 160, 263 = juris Rn. 98; U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 75; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen (BVerwG, U.v. 19.5.1998 – 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 = juris Rn. 40; U.v. 15.11.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 = juris Rn. 32).
106
Nach diesem Maßstab ist die Alternativenprüfung weder hinsichtlich des Ausscheidens der Nullvariante (aa) noch der Varianten 1 und 5 (bb) in der Grobprüfung zu beanstanden. Ebenso wenig lassen Fehler erkennen die Ermittlung bzw. Bewertung der Lärmimmissionen (cc), der privaten Rechte/Belange (dd), der Kosten (ee), der Auswirkungen des Vorhabens auf die Agrarstruktur (ff), der Umweltauswirkungen der Varianten (gg), der Auswirkungen der Varianten auf die städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt L. sowie auf das im Flächennutzungsplan dargestellte Wasservorbehaltsgebiet für die örtliche Wasserversorgung (hh) und von Optimierungsmöglichkeiten der gewählten Trasse (ii).
107
aa) Die Planfeststellungsbehörde hat die Nullvariante rechtsfehlerfrei ausgeschieden.
108
Auch bei Vorliegen einer gesetzlichen Bedarfsfeststellung ist die Planfeststellungsbehörde bei der gebotenen Abwägung aller für und gegen das Vorhaben sprechenden Gesichtspunkte nicht von der Prüfung befreit, ob gleichwohl einer von der gesetzlichen Festlegung abweichenden Trassierung oder sogar einem Verzicht auf die Projektverwirklichung der Vorzug zu geben ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 = juris Rn. 71 f.; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 51 m.w.N.). Scheidet die Planfeststellungsbehörde die Nullvariante bereits im Rahmen einer Grobprüfung aus, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 = juris Rn. 29; U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 = juris Rn. 123).
109
Diesen Anforderungen ist die Planfeststellungsbehörde gerecht geworden.
110
Die Planfeststellungsbehörde hat bei der Abwägung zwischen Null- und Planfeststellungsvariante gegen die Nullvariante in erster Linie angeführt, dass damit keines der Planungsziele – also die Schaffung einer leistungsfähigen Bundesfernstraßenverbindung im Zuge der Bundesstraße 20, Entlastung des Stadtgebiets vom Verkehr und die damit verbundenen Lärm- und Schadstoffemissionen, sowie vom Schwerverkehr, insbesondere von Gefahrguttransportern, Trennung des Ziel- und Quellverkehrs vom Durchgangsverkehr, größtmögliche Entlastung des Stadtgebiets durch Anbindung der St 2103 und der BGL 3 an die Ortsumgehung, Verbesserung der Verkehrssicherheit im Stadtgebiet, insbesondere durch Beseitigung der Unfallhäufung UH 22 (vgl. PFB S. 45) – erreicht werden kann (PFB S. 126 f.). Zudem hat sie die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung und den damit erteilten Handlungsauftrag an die Straßenbauverwaltung berücksichtigt und im Rahmen ihrer Entscheidung die Nachteile der bestehenden Ortsdurchfahrt (Nullvariante) im Hinblick auf die hohe Verkehrsbelastung der Altstadt von L. gegenüber den Beeinträchtigungen der künftigen Ortsumfahrung (Variante 4) höher gewichtet. Dies ist von der Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde gedeckt.
111
Der von der Klagepartei vorgebrachte Einwand, bezüglich der Nullvariante läge ein Abwägungsausfall (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 181) vor, trifft im Hinblick auf die erfolgte Abwägung nicht zu. Soweit die Klagepartei die Prüfung der Nullvariante im Rahmen der Variantendiskussion des Planfeststellungsbeschlusses vermisst (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 43 und 179 f., Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 52 f.), berücksichtigt sie nicht, dass die Nullvariante bereits im Rahmen der Grobprüfung ausgeschieden wurde.
112
Soweit die Klagepartei geltend macht, dass sich die Nullvariante im Hinblick auf die hohen Kosten der planfestgestellten Variante sowie die „unverhältnismäßigen Eingriffe“ in private Belange, den öffentlichen Belang der Agrarstruktur, die Zerstörung der Natur und Landschaft und die nur marginale Verbesserung der Lärmsituation durch die Planvariante aufdrängen würde (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 176 und 281 f.), stellt sie lediglich ihre eigene Auffassung dar und setzt sich mit den tragenden Erwägungen zum Ausscheiden der Nullvariante im Planfeststellungsbeschluss nicht auseinander. Dies gilt besonders mit Blick auf die Belange „Erreichen der Planungsziele“ (PFB S. 45, 126) und „gesetzliche Bedarfsstellung“ (PFB S. 126), zu denen sich die Klagepartei gar nicht äußert. Der Vortrag der Klagepartei ist darüber hinaus nicht schlüssig, wenn sie ausführt, dass „entweder die Nullvariante oder eine der bahnparallelen Varianten“ hätten gewählt werden müssen (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 38, 265 und Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 31 und 53). Daraus ergibt sich nicht, dass sich gerade die Nullvariante aufdrängen würde.
113
bb) Das Ausscheiden der Varianten 1 und 5 in der Grobprüfung begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
114
Die diesbezügliche Kritik der Klagepartei im Hinblick auf die Verlegungskosten der Bahngleise erfüllt bereits nicht die Anforderungen an eine substantiierte Klagebegründung nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO.
115
Die Regelung umfasst die Verpflichtung, den Prozessstoff dergestalt substantiiert darzulegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird. Dies schließt einen späteren, lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht aus. Es soll jedoch verhindert werden, dass in einem späten Stadium des gerichtlichen Verfahrens neuer Tatsachenvortrag erfolgt, auf den die übrigen Beteiligten und das Gericht nicht mehr angemessen reagieren können (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 14; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 16 zu § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG).
116
Mit der Begründungspflicht einher geht die Pflicht des Klägerbevollmächtigten aus § 67 Abs. 4 VwGO zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll. Eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten beigefügter Gutachten, deren bloße wörtliche Wiedergabe (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 133 ff.; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 17, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12) oder eine pauschale Bezugnahme auf beigefügte Stellungnahmen Dritter (stRspr, BVerwG U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12, 15) erfüllen diese Anforderungen nicht. Dies gilt auch für die Ausführungen von Sachverständigen. Parteigutachten dienen der Substantiierung des Klagevorbringens, ersetzen dieses jedoch nicht. Sie verhalten sich zu tatsächlichen Sachverhalten, denen erst dadurch Bedeutung für das gerichtliche Verfahren zukommt, dass aus ihnen rechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen sind. Deshalb sowie aufgrund des regelmäßig erheblichen Umfangs und der auch qualitativ großen Bandbreite der Gutachten muss der Prozessbevollmächtigte eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung der Ausführungen vornehmen (vgl. BVerwG, B.v. 6.9.1965 – VI C 57.63 – BVerwGE 22, 38 = juris Rn. 3; B.v. 11.12.2012 – 8 B 58.12 – NVwZ-RR 2013, 341 = juris Rn. 16; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 15). Deren bloße Beteuerung genügt hierfür ebenso wenig wie der einfache Verweis auf beigefügte Stellungnahmen, deren stichwortartige Zusammenfassung oder wörtliche Wiedergabe (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 15 m.w.N.).
117
Diesen Anforderungen genügt die Klagebegründung vom 22. Februar 2021 nicht.
118
Der Prozessbevollmächtigte der Klagepartei beschränkt sich bei seinem Vorbringen zur Frage der Kosten der Bahnverlegung auf bloße zusammenfassende, kurze Wiedergaben der fachgutachterlichen Einschätzung des Sachverständigen Dr. V. vom 30. Dezember 2020 (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 86 f., 119) und vom 9. Februar 2021 (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 17, 89, 94, 120), ohne erkennen zu lassen, dass er diese inhaltlich geprüft oder durchdrungen hat. Hierfür genügt nicht, dass sich der Prozessbevollmächtigte die Ausführungen des Sachverständigen jeweils mit den angefügten Sätzen „Die Kritik des Sachverständigen Dr. V. ist zutreffend und fachlich richtig.“ (vgl. Klagebegründung, vom 22. Februar 2021 S. 18, 87, 90, 95, 96) zu eigen gemacht hat. So hätte eine fachgerechte rechtliche Prüfung und Durchdringung der Ausführungen des juristisch nicht ausgebildeten Sachverständigen Dr. V. ergeben, dass dessen Ausführungen teilweise offensichtlich rechtlich neben der Sache liegen. Dies gilt etwa im Hinblick auf die vom Sachverständigen vorgeschlagene Überplanung von Grundstücken, die im Eigentum der Deutschen B4. AG stehen (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 86). Einer Überplanung stand von vornherein entgegen, dass diese Grundstücke als gewidmete Eisenbahnbetriebsanlagen dem Fachplanungsvorbehalt des Eisenbahnbundesamtes unterliegen und deshalb erst nach einem Freistellungsverfahren nach § 23 Abs. 1 AEG einer etwaigen Straßenplanung zur Verfügung stehen konnten (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 = juris Rn. 193; B.v. 21.4.2010 – 7 B 39.09 – NVwZ 2010, 1159 = juris Rn. 18). Dass eine solche erwirkt werden könnte, erschien angesichts der Äußerungen der Deutschen B4. AG in den Schreiben vom 14. November 2017 (GA Anlagenordner Anlage K 6) und vom 15. Dezember 2017 (BA der Regierung von Oberbayern Blatt 9075) sowie im Schreiben des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 20. August 2021 (Anlage B 8, GA Bd. 2), dass sie ihre Grundstücke für die Ausbaustrecke ASB 38 selbst benötigt, von vornherein aussichtslos. Auch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. V. zur analogen Anwendbarkeit des § 11 EKrG auf Fälle ohne Kreuzung hätten einer rechtlichen Überprüfung bedurft (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 96).
119
Ebenso wenig hat sich die Klagepartei mit den einschlägigen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 45, 48, 126) auseinandergesetzt. Ihre Ausführungen erschöpfen sich in der Zitierung des Planfeststellungsbeschlusses (insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 39, 77) und die bloße Behauptung des Gegenteils wie „Diese Darstellung ist falsch, die Kosten sind unrealistisch“ und „Eine Behauptung, die nunmehr der Sachverständige Dr. V. einmal mehr als haltlos belegt hat. Sie ist schlicht falsch“ (vgl. Klagebegründung vom 22. Februar 2021, S. 39, 77).
120
Anders als die Klagepartei meint (vgl. insb. Schriftsatz vom 27.4.2023, S. 13 f.), werden damit die Substantiierungsanforderungen, die sich nach der konkreten prozessualen Situation richten, nicht überspannt (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – NVwZ 2016, 308 = juris Rn. 58; B.v. 12.11.12 – 9 A 21.11 – Buchholz 406.403 § 63 BNatSchG 2010 Nr. 1 = juris Rn. 7; BGH, B.v. 7.7.2020 – VI ZR 212/19 – VersR 2021, 601 = juris Rn. 10). Angesichts des Umstandes, dass die Ausführungen der Klagepartei sich in Zusammenfassungen der Äußerungen des Sachverständigen sowie bloßen Beteuerungen ihrer Richtigkeit erschöpfen und eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses gänzlich fehlt, kann von einer Überspannung der Substantiierungsanforderungen keine Rede sein. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, einen unübersichtlichen Vortrag bestehend aus verschiedenen, über mehrere Seiten hinweg verstreuten Passagen (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 17, 39, 77, 86-89, 119-120 und 275) zu sortieren und dasjenige aus einer insgesamt 288 Seiten umfassenden Klagebegründung herauszufiltern, was für eine schlüssige und substantiierte Klagebegründung geeignet sein könnte (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.2017 – 4 B 11.17 – ZfBR 2017, 587 = juris Rn. 4; B.v. 14.8.2018 – 9 B 18.17 – juris Rn. 4; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 12).
121
Das detaillierte Vorbringen der Klagepartei im Schriftsatz vom 28. Januar 2022 zur vom Beklagten mit Schriftsatz vom 11. November 2021 übersandten Stellungnahme der DB N1. AG vom 30. April 2021 zu den Kosten einer Gleisverlegung ist ebenfalls nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG präkludiert. Zwar ist ein Kläger, wenn neue bzw. weitere Tatsachen in den Prozess eingeführt werden, durch die Klagebegründungsfrist nicht gehindert, auch nach deren Ablauf hierzu Stellung zu nehmen. Dies setzt jedoch voraus, dass er den zugrundeliegenden Einwand innerhalb der Begründungsfrist substantiiert erhoben hat; andernfalls stellt sich ein späterer Vortrag nicht als bloße Vertiefung fristgerecht erhobener Einwände, sondern als – verspätetes – erstmaliges Vorbringen dar. Sofern der Vorhabenträger oder die Planfeststellungsbehörde wie hier nur vorsorglich auch auf unsubstantiierte Rügen erwidern, führt dies daher nicht dazu, dass eine Replik hierauf von der Präklusionswirkung ausgenommen ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 287; B.v. 27.1.2022 – 9 VR 1.22 – NuR 2022, 637 = juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 52).
122
cc) Die Planfeststellungsbehörde hat den Belang der Lärmimmissionen fehlerfrei bewertet. Maßgeblich ist hierbei der Planfeststellungsbeschluss vom 9. Oktober 2020 in der Fassung der Änderungen vom 28. April 2023 und 18. Juli 2023.
123
(1) Die in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2023 erklärten Änderungen in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses vom 9. Oktober 2020 sind zulässig. Es handelt sich nicht, wie die Klagepartei meint, um ein unzulässiges Nachschieben von Gründen im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023 S. 2 und vom 28.4.2023, S. 2 ff.).
124
Hierbei kann offen bleiben, ob § 114 Satz 2 VwGO auf Planungsentscheidungen überhaupt anwendbar ist (vgl. BayVGH U.v. 27.11.2012 – 22 A 09.40034 – juris Rn. 40) Denn der Beklagte hat mit seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2023 keine Ermessenserwägungen i.S.d. § 114 Satz 2 VwGO ergänzt. Mit seiner Erklärung hat der Beklagte stattdessen verschiedene Textpassagen in der Begründung zum Abwägungsbelang des lärmlichen Immissionsschutzes auf Seite 55, 56, 62, 63 und 64 im Planfeststellungsbeschluss vom 9. Oktober 2020 im ergänzenden Verfahren ausgetauscht (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung am 28. April 2023, S. 4).
125
Die materiellen Grenzen einer Planergänzung wurden dabei nicht überschritten. Die Identität des planfestgestellten Vorhabens wurde nicht angetastet.
126
Gem. Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG führen erhebliche Mängel bei der Abwägung nur dann zur Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können (zum Unterschied vgl. BayVGH, B.v. 4.2.1994 – 8 AS 94.40007 u.a. – BayVBl 1994, 436 = juris Rn. 8 ff.). Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG setzt damit die materielle Befugnis der Planfeststellungsbehörde zur Behebung eines Mangels des Planfeststellungsbeschlusses voraus. Die Planfeststellungsbehörde kann also jederzeit wegen eines von ihr erkannten oder auch nur als möglich angesehenen Mangels im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vor dessen rechtskräftigen Abschluss entsprechende Schritte zur Fehlerbehebung ergreifen (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – UPR 2020, 60 = juris Rn. 30, U.v. 21.3.2023 – 4 A 9.21 – juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 25.10.2019 – 8 A 16.40030 – juris Rn. 113 ff.). Die Planergänzung darf allerdings nicht dazu führen, dass die Planung in ihren Grundzügen verändert bzw. die Planung als Ganzes in Frage gestellt wird (vgl. BVerwG, U.v. 16.10.2008 – 4 C 5.07 – BVerwGE 132, 123 = juris Rn. 75; U.v. 21.3.2023 – 4 A 9.21 – juris Rn. 19). Eine Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren scheidet demnach aus, wenn der Mangel einen „zentralen Punkt“ betrifft, der sich nicht bereinigen lässt, ohne dass ein gänzlich neues Zulassungsverfahren durchgeführt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 16.10.2008 – 4 C 5.07 – BVerwGE 132, 123 = juris Rn. 75; U.v. 21.3.2023 – 4 A 9.21 – juris Rn. 19).
127
Die Planergänzung betraf keinen „zentralen Punkt“ in diesem Sinne. Mit dem Austausch der Textpassage hat der Beklagte den Einwänden der Klagepartei (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 44 ff.) in Bezug auf die Bewertung des abwägungserheblichen Belangs der Lärmimmissionen Rechnung getragen. Der Beklagte stützt seine unverändert gebliebene Bewertung, dass er die Variante 4 gegenüber der Variante 2a im Hinblick auf die Lärmimmissionen als vorteilhafter ansieht, nunmehr auf die planfestgestellte Unterlage 17.1 T und vergleichend auf die dem Planfeststellungsbeschluss nachrichtlich beigefügte Unterlage 17.1.V., – wie es bereits der Erläuterungsbericht (Unterlage 1 T, S. 47 und 90) tut –, und nicht mehr auf die Unterlage 19.4.. Damit wird weder die konzeptionelle Gestaltung der Planung als Ganzes in Frage gestellt noch das Grundgerüst der bisherigen Abwägung verändert, da die Planfeststellungsbehörde diesem Belang weiterhin ein entscheidendes Gewicht beimisst.
128
(2) Den Einwänden der Klagepartei, die sie gegen die Unterlage 19.4 und 19.1.2. T vorgebracht hat, wie insbesondere die Lärmbewertung werde auf einen falschen Prognosehorizont nämlich 2020 gestützt, es sei die Anzahl der lärmlich betroffenen Wohngebäude, nicht die „Einwohnerzahl 2014“ zu betrachten, der Lärmwert von 50 dB(A) sei willkürlich (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 43 f.) und das Gebiet um Haiden sei fälschlich als Mischgebiet eingestuft worden (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 185), hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2023 durch den Austausch von mehreren Passagen in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde stützt ihre Lärmbewertung nunmehr auf die Unterlagen 17.1.T und 17.1.V.
129
(3) Die übrigen Einwendungen hinsichtlich der Lärmimmissionen aus der Klagebegründung vom 22. Februar 2021, denen nicht abgeholfen wurde, sowie die insbesondere mit Schriftsatz vom 4. Juli 2023 im Hinblick auf die Lärmimmissionen geltend gemachten Einwendungen treffen nicht zu.
130
(a) Die Einwände der Klagepartei gegen die den Unterlagen 17.1 T und 17.1.V zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung (Unterlage 22 T) haben keinen Erfolg (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 19 ff.)
131
Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrundeliegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (vgl. nur BVerwG, B.v. 17.12.2019 – 4 B 53.17 – juris Rn. 36; U.v. 23.6.2021 – 7 A 10.20 – NVwZ 2021, 1696 = juris Rn. 28). Diesen Maßgaben wird die der Lärmbewertung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung B 20 – Ortsumfahrung L., Prognose 2030 vom Mai 2014 in ihrer am 19. Juni 2017 aktualisierten Fassung des Büros für Verkehrs- und Raumplanung gerecht.
132
(aa) Der Einwand der Klagepartei, die Verkehrsuntersuchung beruhe im Wesentlichen auf einer Verkehrszählung aus dem Jahr 2007 und verwende daher veraltete Daten, trifft nicht zu. Die Verkehrsuntersuchung baut zwar auf der Verkehrsuntersuchung B 20 – Ortsumfahrung L. aus dem Jahr 2007 auf und greift auf die dort gewonnenen Daten zurück (vgl. Unterlage 22T S. 13), die Klagepartei berücksichtigt aber nicht, dass die Untersuchung fortgeschrieben wurde und aktuellere Untersuchungen im Planungsraum berücksichtigt wurden. Der Verkehrsuntersuchung liegen folgende Arbeitsschritte zugrunde: Übernahme und Aufbereitung des vorliegenden Verkehrsmodells aus der Verkehrsuntersuchung B 20 Ortsumfahrung L. 2007, Erstellung einer Verkehrsprognose für das Jahr 2030 durch die Fortschreibung des im Rahmen der Verkehrsuntersuchung Salzburg Nord / Bayerischer Grenzraum erstellten Prognosemodells für das Jahr 2020, Einarbeitung der zur Planfeststellung vorgelegten Linie (Netzaufnahme der aktuellen Linie), Berechnung der Verkehrswirksamkeit der Planfälle im Analyseverkehr 2010 und im Prognosejahr 2030, Darstellung der Streckenbelastungen sowie von Be- und Entlastungen der einzelnen Straßenabschnitte und eine Zusammenfassung der Berechnungsergebnisse und Beurteilung der einzelnen Planfälle (vgl. Unterlage 22T S. 8 f.). Die im Rahmen der Verkehrszählung am 12. Juni 2007 erhobenen Daten wurden zudem mit Daten aus der automatischen Dauerzählstelle Nr. 80439112 an der Bundesstraße 20 in L. Süd bis zum Jahr 2013 abgeglichen (vgl. Unterlage 22T S. 13 und 21). Die Verkehrsuntersuchung baut daher nicht auf veralteten Daten auf.
133
(bb) Ebenso wenig trifft der Einwand zu, die Planfeststellungsbehörde stütze die Beurteilung der Lärmimmissionen auf eine Verkehrsprognose, deren Prognosehorizont zu kurz sei, weil vom maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des 28. April 2023 bis zum Ende des Prognosezeitraums 2030 nur noch 6,5 Jahre lägen (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 30). Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage ist nicht der 28. April 2023, sondern der Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses, also der 9. Oktober 2020 (vgl. oben Rn. 60 ff.). Als Prognosehorizont üblich und nicht zu beanstanden ist ein Zeitraum von (mindestens) zehn Jahren ab Planfeststellung (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 87; U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – NVwZ 2021, 1145 = juris Rn. 112). Dieser übliche Prognosehorizont ist hinsichtlich der Verkehrsprognose 2030 gewahrt.
134
(cc) Soweit die Klagepartei davon ausgeht, dass sich im Nachgang der Corona-Pandemie durch Home-Office und durch die veränderte Alters- und Bevölkerungsstruktur der Verkehr im ländlichen Bereich erheblich verändern würde, bleibt dieser Einwand mangels näherer Erläuterung unsubstantiiert. Offensichtlich unsubstantiierten Parteivortrag braucht das Gericht nicht zu berücksichtigten (vgl. BVerwG, B.v. 22.10.2020 – 4 B 18.20 – juris Rn. 8 m.w.N.). Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren zudem zum maßgeblichen Zeitpunkt des 9. Oktober 2020 noch gar nicht absehbar.
135
(dd) Soweit die Klagepartei vorträgt, bei einem jährlichen linearen Rückgang der Verkehrsbelastung insgesamt um 2,6% ab dem Jahr 2013 würde sich ein summierter Rückgang im Jahr 2030 von 44,2% ergeben, und sich dabei auf eine Hochrechnung der südlich von L. gelegenen Dauerzählstelle Nr. 80439112 (Unterlage 22T, S. 21) stützt und hierzu die Jahresauswertung 2020 der automatischen Straßenverkehrszählung (vgl. Anlage K 29, GA Bd. 1) vorlegt, stellt dies die Methodik der Verkehrsuntersuchung nicht in Frage. Anders als die Klagepartei leitet die Verkehrsuntersuchung ihre Ergebnisse nicht allein aus der von der Klagepartei herangezogenen Dauerzählstelle ab, sondern verfolgt eine umfassendere Methodik (vgl. Unterlage 22T S. 34). Zudem liegt es auf der Hand, dass aus der isolierten Betrachtung einer Dauerzählstelle keine Schlüsse auf die Verkehrsbelastung im Raum der Stadt L. insgesamt gezogen werden können. Hinzu kommt, dass Verkehrszählungen aus dem Jahr 2020 die coronabedingte Sondersituation (insbesondere Lockdown) abbilden, die nicht als repräsentativ anzusehen ist.
136
(ee) Der Vorhalt, es seien verschiedene Gebiete auf Seite 34 der Verkehrsuntersuchung (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 20 und Protokoll über die mündliche Verhandlung am 18.7.2023, S. 8) zu Unrecht verkehrlich berücksichtigt worden, missversteht die Ausführungen der Verkehrsuntersuchung hierzu. Die dort genannten Gebiete wurden nicht als verkehrserhöhend berücksichtigt, sondern nur bei der Verteilung des Verkehrs auf die Einfüllpunkte. Dieses Verständnis ergibt sich auch aus einem Vergleich mit der für den Vorentwurf erstellten Verkehrsuntersuchung B 20 – Ortsumfahrung L., Prognose 2025 (vgl. digitale BA des Staatlichen Bauamtes 03 Vorentwurf/21 Verkehrsgutachten/2010-04-21_P1100_B20_OU L._Endbericht Verkehrsgutachten, S. 10). Die Verteilung des Verkehrs auf die Einfüllpunkte hat die Klagepartei aber nicht angegriffen.
137
(b) Der Einwand, die Anzahl der lärmlich betroffenen Gebäude sei falsch angesetzt, weil bei der Variante 2a im 10-m Korridor vier Wohngebäude angesetzt würden, obwohl sie bei Vorhabensverwirklichung entfernt würden und die derzeitigen Bewohner dann nicht mehr lärmbetroffen wären, ist ebenfalls nicht berechtigt (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 45, Schriftsatz vom 4.7.2023 S. 21). Er übersieht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Abwägung der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ist und nicht der Zeitpunkt seiner Umsetzung. Im maßgeblichen Zeitpunkt handelte es sich um bewohnte Anwesen.
138
(c) Soweit die Klagepartei vorbringt, die Zahl der Wohnanwesen im 10 m-, 50 m- und 100 m-Korridor neben den Trassenvarianten 2a und 4 sei ohne Bedeutung, weil keine relevante Lärmbetroffenheit vorliege, wenn ein Gebäude beispielsweise von einem anderen Gebäude lärmlich abgeschirmt werde, und weil die Zahl der Gebäude in der Variante 2a, an denen die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV überschritten würden, eben nur 25 und nicht 68 betragen würde (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 21), vermengt sie die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Überprüfung der von den Trassenvarianten ausgehenden Lärmimmissionen anhand der 16. BImSchV und anhand des Trennungsgrundsatzes im Sinne des § 50 BImSchG.
139
Wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, bezieht sich die Betrachtung der Anzahl von Wohnanwesen in verschiedenen Abständen zu den Trassenalternativen allein auf das sich aus § 50 BImSchG ergebende sog. Trennungsgebot, wonach für eine bestimmte Nutzung vorgesehene Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend zum Wohnen dienende Gebiete soweit wie möglich vermieden werden sollen. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, da das Trennungsgebot nach § 50 BImSchG gem. § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG auch für Lärmimmissionen gilt und als Ausfluss des Vorsorgeprinzips auch solche umfasst, die unterhalb der Schwelle der Grenzwerte nach § 41, § 43 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit der 16. BImSchV liegen (vgl. BVerwG, B.v. 5.12.2008 – 9 B 28.08 – NVwZ 2009, 320 = juris Rn. 27; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Jan. 2023, § 50 BImSchG Rn. 118); in die Abwägung ist insoweit jede mehr als nur geringfügig zunehmende Lärmbetroffenheit von Anwohnern eines auszubauenden Verkehrswegs einzustellen, auch wenn sie unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit bleibt und deshalb keine Schutzansprüche auslöst (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.1998 – 11 C 3.97 – BayVBl 1999, 310 = juris Rn. 30; B.v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 – BayVBl 2015, 350 = juris Rn. 6). Damit kann die Zahl derjenigen Gebäude, deren lärmliche Betroffenheit oberhalb des Grenzwertes des § 2 der 16. BImSchV liegt, von der Zahl derjenigen abweichen, die in einer bestimmten Entfernung zu den Trassenalternativen liegen, aber lärmlich betroffen sind. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass die Variante 4, die durch den Außenbereich geführt wird, der gerade zur Aufnahme von Verkehrswegen bestimmt ist (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.1996 – 4 A 39.95 – NJW 1997, 142 = juris Rn. 21; U.v. 28.4.2016 – 9 A 14.15 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 383 = juris Rn. 25; OVG LSA, U.v. 9.11.2016 – 2 K 48.15 – juris Rn. 38; BayVGH, U.v. 10.12.2020 – 1 N 16.682 – BayVBl 2021, 813 = juris Rn. 20), dem Trennungsgebot des § 50 BImSchG besser gerecht wird, als die Variante 2a, die in einem Teilstück durch dicht besiedelte Gebiete führt, die nach Bebauungsplänen der Stadt L., jedenfalls soweit sie dem Gericht vorliegen, als allgemeine Wohngebiete festgesetzt wurden (vgl. Bebauungsplan „Pflegerbreiten II“ vom 25.8.1998; Bebauungsplan „Am B.“ vom 8.11.1988; Bebauungsplan „Haiden-W.“ vom 25.9.1979).
140
Dem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, woher die Planfeststellungsbehörde die Anzahl der Anwesen nehme (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 45; Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 21), ist zu erwidern, dass die betroffenen Anwesen unschwer aus den vorhandenen Planunterlagen (insb. Unterlagen 5 T und 5 V) herausgemessen und ermittelt werden können.
141
(d) Der Vorwurf, der Planfeststellungsbeschluss hätte die lärmlichen Betroffenheiten unter Berücksichtigung von aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen ermitteln müssen, denn unter Berücksichtigung von korrekt geplanten Schallschutzmaßnahmen und einer Verschiebung der Straßentrasse in Richtung Bahngleise ließen sich sowohl bei Variante 4 als auch bei Variante 2a alle Lärmkonflikte lösen (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 51; Schriftsatz vom 4.7.2024, S. 22, 25, 26.f, 30), widerspricht dem Lärmschutzkonzept des Bundesimmissionsschutzgesetzes.
142
Danach kommt die Abwehr schädlicher Lärmeinwirkungen durch technische Maßnahmen des Lärmschutzes nach § 41 BImSchG (aktiver Lärmschutz) als zweite Stufe erst dann zum Tragen, wenn von einer Lärmvorsorge durch räumliche Trennung nach § 50 BImSchG abwägungsfehlerfrei abgesehen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 5.12.2008 – 9 B 28.08 – NVwZ 2009, 320 = juris Rn. 27; BayVGH, U.v. 21.6.2022 – 8 A 20.40019 – juris Rn. 72). Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen nach § 42 Abs. 1 BImSchG besteht als dritte Stufe, wenn gem. § 41 Abs. 2 BImSchG die Kosten der aktiven Schallschutzmaßnahmen unverhältnismäßig sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 43.08 – Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 = juris Rn. 43). Unabhängig davon verlangt § 50 Satz 1 BImSchG nicht, die Trasse einer Straße so zu wählen, dass Lärmschutzmaßnahmen notwendig werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.12.2008 – 9 B 28.08 – NVwZ 2009, 320 = juris Rn. 27).
143
Die Planfeststellungsbehörde hat daher zutreffend die lärmliche Belastung am Maßstab des § 50 BImSchG ohne Lärmschutzmaßnahmen ermittelt und bewertet.
144
(e) Soweit die Klagepartei moniert, dass die Lärmschutzwand zwischen Letten und der Anbindung an die S2. straße 2103 (vgl. Unterlage 17.1.V, S. 22 f. und 5/2V) fehlerhaft situiert sei und östlich der Bahngleise verlaufen müsse (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 25 ff.), fehlt ihr die Rügebefugnis. Denn ein solcher Fehler würde sich, wenn er vorläge, nicht kausal auf die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke auswirken, zumal die Frage, ob die Lärmschutzwand zwischen den Bahngleisen und der Trasse der Variante 2a oder östlich der Bahngleise anzubringen ist, die Trassenführung der Varianten 2a und 4 unberührt lässt. Ein diesbezüglicher Fehler würde zudem nicht dazu führen, dass die Variante 2a in Bezug auf die Lärmimmissionen anders zu bewerten wäre, da es für die Bewertung allein auf die Einhaltung der Grenzwerte der 16. BImSchV ankommt und Lärmschutzmaßnahmen hierfür keine Rolle spielen (vgl. PFB S. 55 i.d.F. der Ergänzungsbeschlüsse vom 28.4.2023 und 18.7.2023).
145
Im Übrigen entspricht die Lage der Lärmschutzwand den gesetzlichen Vorgaben. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung eines Verkehrsweges nur sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Die Formulierung, dass die Verpflichtung zum Immissionsschutz „bei“ dem Bau oder der wesentlichen Änderung des Verkehrsweges zu erfüllen ist, lässt erkennen, dass der erforderliche Lärmschutz im Rahmen und als Bestandteil des in Rede stehenden Vorhabens realisiert werden soll und Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes nur in den Grenzen der jeweiligen Planung und Planfeststellung zu treffen sind (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2005 – 9 A 28.04 – BVerwGE 124, 334 = juris Rn. 28; U.v. 19.3.2014 – 7 A 24.12 – NVwZ 2014, 1454 = juris Rn. 23). Infolge der räumlichen Verknüpfung von Schutzanspruch und Baumaßnahme wird Schallschutz grundsätzlich allein im räumlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme gewährt (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2005 – 9 A 28.04 – BVerwGE 124, 334 = juris Rn. 28; U.v. 19.3.2014 – 7 A 24.12 – NVwZ 2014, 1454 = juris Rn. 23).
146
Dementsprechend können vorliegend Lärmschutzmaßnahmen nur in Bezug auf den durch den Betrieb der Bundesstraße 20 in der Variante 2a verursachten Straßenverkehrslärm beansprucht werden, nicht jedoch in Bezug auf den von den Bahngleisen ausgehenden Schienenlärm. Eine ausnahmsweise Gesamtbetrachtung von Schienen- und Straßenlärm kam hier nicht in Betracht. Eine Summierung des Schienen- und Straßenverkehrslärms wäre nur dann rechtlich geboten, wenn die von den beiden Verkehrswegen ausgehenden Lärmimmissionen die grundrechtlich relevante Schwelle der Gesundheitsgefährdung überschreiten würden oder zu einem Eingriff in die Substanz des Eigentums führen würden (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 = juris Rn. 390; U.v. 19.12.2017 – 7 A 7.17 – juris Rn. 46). Diese grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wird für Wohngebiete regelmäßig erst bei Werten von 70 dB(A) tags bzw. 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.2009 – 9 A 72.07 – BVerwGE 134, 45 = juris Rn. 69; U.v. 19.12.2017 – 7 A 7.17 – juris Rn. 46). Eine solche Überschreitung liegt hier aber nicht vor (vgl. Unterlage 17.1.V, S. 26).
147
(f) Im Hinblick auf den Einwand der fehlenden Berücksichtigung des Ausmaßes der jeweiligen Überschreitung der Lärmgrenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV in der Abwägung (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 22) ist aus der Klagebegründung nicht ersichtlich, ob und welchen Einwand die Klagepartei erheben möchte, da sie lediglich in den Raum stellt, dass es sein könne, dass sich „bei den 25 Wohngebäuden der Variante 2a jeweils eine Lärmüberschreitung von nur z.B. 0,x dB(A) ergebe, hingegen bei den 8 oder 9 Wohngebäuden bei Variante 4 von z.B. 6 dB(A)“ (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 22). Zudem legt die Klagepartei nicht dar, woraus sich eine entsprechende Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde zur Berücksichtigung ergeben könnte.
148
(g) Die Auffassung der Klagepartei, die Planfeststellungsbehörde habe die Vorbelastung durch Lärmimmissionen nicht in den Blick genommen und hätte sie zu Lasten der Variante 2a schutzmindernd berücksichtigen müssen (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 46, 48, 271; Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 23 ff.), ist nicht berechtigt.
149
Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, in ihrer Abwägung tatsächliche und rechtliche Vorbelastungen in den Blick zu nehmen und zu bewerten (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1998 – 11 A 3.98 – BVerwGE 107, 350 = juris Rn. 45; B.v. 26.9.2013 – 4 VR 1.13 – NuR 2013, 800 = juris Rn. 57), ohne dass sich die Planfeststellungsbehörde in der Abwägung zwingend für eine vorbelastete Trasse entscheiden müsste (vgl. BVerwG, B.v. 28.3.2020 – 4 VR 5.19 – juris Rn. 45; U.v. 7.10.2021 – 4 A 9.19 – NuR 2022, 479 = juris Rn. 74). Die Vorbelastung reduziert im Grundsatz die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Schutzgüter und deren Gewicht in der Abwägung (vgl. BVerwG, B.v. 28.3.2020 – 4 VR 5.19 – juris Rn. 45; U.v. 7.10.2021 – 4 A 9.19 – NuR 2022, 479 = juris Rn. 74). Ein Grundstück ist erstens dann (lärm-)vorbelastet, wenn der Eigentümer (oder sonst Nutzungsberechtigte) aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse der Umgebung, in der das Grundstück liegt, mit (zusätzlicher) Lärmbelastung rechnen muss (tatsächliche Vorbelastung, vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1979 – IV C 10.77 – BVerwGE 59, 253 = juris Rn. 29 f.; U.v. 29.1.1991 – 4 C 51.89 – BVerwG 87, 332 = juris Rn. 245; U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – NVwZ 2012, 1393 = juris Rn. 32). Die tatsächliche Geräuschvorbelastung umfasst alle situationsbedingten Lärmeinwirkungen, denen das betroffene Grundstück von seiner Umgebung her ausgesetzt ist. Denn schutzwürdig ist ein Grundstück nur insoweit, als es auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse mit Lärmbeeinträchtigungen nicht zu rechnen hat (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1979 – IV C 10.77 – BVerwGE 59, 253 = juris Rn. 34; U.v. 29.1.1991 – 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 = juris Rn. 245). Der Gesichtspunkt der tatsächlichen Vorbelastung rechtfertigt es aber lediglich, der im räumlichen Umfeld der Bahntrasse befindlichen Bebauung das Maß an Lärmbelästigungen zuzumuten, das zur Zeit ihrer Entstehung in der örtlichen Situation erkennbar angelegt und voraussehbar war (vgl. BVerwG U.v. 23.5.1991 – 7 C 19.90 – BVerwGE 88, 210 = juris Rn. 12). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm ist daher auch bedeutsam, welche Nutzung eher vorhanden war (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.1989 – 7 C 77.87 – BVerwGE 81, 197 4. Leitsatz; U.v. 24.4.1991 – 7 C 12.90 – BVerwGE 88, 143 = juris Rn. 15; U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 26). Ein Grundstück gilt zweitens dann als lärmvorbelastet, wenn ein Eigentümer (oder sonst Nutzungsberechtigte) aufgrund einer zwar noch nicht verwirklichten, aber bereits verfestigten Planung mit erhöhten (Lärm-)immissionen rechnen muss (sog. plangebende oder planerische Vorbelastung, vgl. BVerwG, U.v. 22.3.1985 – 4 C 63.80 – BVerwGE 71, 150 = juris Rn. 18; U.v. 29.1.1991 – 4 C 51.89 – BVerwG 87, 332 = juris Rn. 287). Verfestigt ist eine Planung im Planfeststellungsverfahren regelmäßig mit der öffentlichen Auslegung der Planunterlagen im Anhörungsverfahren (vgl. Art. 73 Abs. 3 BayVwVfG, BVerwG, U.v. 21.5.1976 – IV C 80.74 – BVerwGE 51, 15 = juris Rn. 41; U.v. 22.3.1985 – 4 C 63.80 – BVerwGE 71, 150 = juris Rn. 18; U.v. 29.1.1991 – 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 = juris Rn. 288). Allerdings wird ein Grundstück durch eine sich verfestigende Planung dann nicht mehr – mit der Folge einer Duldungspflicht gegenüber künftigem Lärm – vorbelastet, wenn die Planung ihrerseits auf eine vorhandene bebauungsrechtlich verfestigte Situation trifft. Eine solche Situation ist anzunehmen, wenn das Grundstück zum Zeitpunkt der Verfestigung der Fachplanung bereits (insbesondere nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans) baulich nutzbar ist (vgl. BVerwG U.v. 29.1.1991 – 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 = juris Rn. 289). Die tatsächliche und die plangegebene Vorbelastung haften dem Grundstück kraft seiner Situationsgebundenheit an und müssen vom jeweiligen Eigentümer – unabhängig von dem Zeitpunkt seines Erwerbs und von seiner Kenntnis der Vorbelastung – hingenommen werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.1985 – 4 C 63.80 – BVerwGE 71, 150 Leitsatz 4 und juris Rn. 18; U.v. 29.1.1991 – 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 = juris Rn. 287; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – UPR 2018, 176 = juris Rn. 98). Beiden Alternativen einer (schutzmindernden) Lärmvorbelastung gemeinsam ist, dass die Betroffenen jeweils mit einer (zusätzlichen) Lärmbelastung rechnen müssen.
150
Die Planfeststellungsbehörde hat sich hier mit der Frage der Vorbelastung befasst (PFB S. 63, 134, 140). Sie hat im Ergebnis richtig erkannt, dass die Anwohner der bahnparallelen Variante 2a nicht mit dem Bau der Bundesstraße 20 parallel zur Bahntrasse rechnen brauchten. Es besteht insofern weder eine tatsächliche noch eine plangegebene Vorbelastung, die schutzmindernd zu berücksichtigen gewesen wäre. Die Grundstücke entlang der Variante 2a sind durch die benachbarte Lage zur Eisenbahnstrecke geprägt und damit durch die vom Eisenbahnverkehr ausgehenden Lärmimmissionen tatsächlich vorbelastet. Hingegen sind diese Grundstücke nicht wesentlich durch Straßenlärm geprägt. Auch wenn sie denknotwendig an einer öffentlichen Straße liegen, so handelt es sich jedenfalls nicht um eine Straße, die in ihrem Ausmaß und ihrer Verkehrsbelastung mit einer B3. straße vergleichbar wäre. Eine solche war auch bei Aufnahme der Wohnnutzung nicht erkennbar angelegt. Die bisherige Bundesstraße 20 verläuft zwar durch die Stadt L., aber über die deutlich entfernte Tittmoninger und die F. Straße, nicht jedoch über die L2. straße und die B.straße, die parallel zur Eisenbahnstrecke verlaufen. Ebenso wenig liegt eine plangegebene Vorbelastung vor. Die Anwohner an der Eisenbahnstrecke nutzten ihre Grundstücke bereits wohnbaulich, bevor sich die Straßenplanung durch die öffentliche Auslegung der Planunterlagen in der Zeit vom 24. September 2014 bis 24. Oktober 2014 verfestigt hat (vgl. PFB S. 25; Unterlage 17.1 V S. 16 f., 19). Vorliegend trifft die Planung vielmehr auf eine vorhandene bauplanungsrechtlich verfestigte Situation mit der Folge, dass eine Duldungspflicht der Anwohner in Bezug auf einen von einer Bundesstraße ausgehenden Straßenlärm nicht anzunehmen ist. Hingegen besteht im Hinblick auf die Plantrasse eine plangegebene Vorbelastung. Denn bei einem im Außenbereich gelegenen oder bei an diesen angrenzenden Grundstücken muss der Eigentümer damit rechnen, dass außerhalb seines Grundstücks öffentliche Verkehrswege projektiert werden, weil der Außenbereich u.a. auch dazu bestimmt ist, Verkehrswege aufzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.1996 – 4 A 39.95 – NJW 1997, 142 = juris Leitsatz 2 und Rn. 21; U.v. 28.4.2016 – 9 A 14.15 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 383 = juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 30.10.2007 – 8 A 06.40024 – juris Rn. 95; U.v. 10.12.2020 – 1 N 16.682 – BayVBl 2021, 813 = juris Rn. 20, 45; OVG LSA, U.v. 9.11.2016 – 2 K 48.15 – juris Rn. 38).
151
Aus der von der Klagepartei angeführten Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 271) und des Senats (vgl. Schriftsatz vom 4. Juli 2023, S. 27) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Urteile des OVG Nordrhein-Westfalen und des Bundesverwaltungsgerichts betreffen Fälle, in denen das klägerische Grundstück bereits tatsächlich durch eine (Strom-)Freileitung vorbelastet war und diese Vorbelastung bei Verwendung der Trasse für eine Hoch- bzw. Höchstspannungsleitung schutzmindernd zu berücksichtigen war (vgl. OVG NW, U.v. 24.8.2016 – 11 D 2.14. AK. – juris Rn. 180, 235; U.v. 9.1.2004 – 11 D 116/02 – juris Rn. 46, 48; BVerwG, B.v. 22.7.2010 – 7 VR 4.10 – NVwZ 2010, 1486 = juris Rn. 38; B.v. 26.9.2013 – 4 VR 1.13 – NuR 2013, 800 = juris Rn. 57). Vorliegend sind die Grundstücke an der Bahntrasse aber nicht durch eine B3. straße vorbelastet. Das Urteil des Senats vom 9. August 2012 (Az. 8 A 11.40036 – juris Rn. 41 f.) befasst sich mit der hier nicht einschlägigen Problematik einer Summenbildung von lärmlichen Vor- und Zusatzbelastungen. Das zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 1978 (Az. IV C 79.76 – NJW 1979, 64 = juris Rn. 89) enthält schließlich lediglich allgemeine Ausführungen zur Vorbelastung.
152
(h) Dem Einwand der Klagepartei für die Immissionsorte in der B.straße 35 und 37 (A050, A063), in der L. Straße 1, 2, 3 und 6 (C144, C146, C145, C138) sowie in W. 29, 30, 31 und 32 (C143, C142, C140, C148) sei der Ansatz der Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV für ein allgemeines Wohngebiet falsch (vgl. insb. Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 30), hat der Beklagte insoweit Rechnung getragen, als er mit der Planergänzung vom 18. Juli 2023 für den Immissionsort C140 (W. 31) keine Überschreitung der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV mehr angenommen hat. Im Hinblick auf die übrigen Immissionsorte treffen die Einwände der Klagepartei entweder nicht zu oder wirken sich im Ergebnis auf die Planung nicht aus.
153
(aa) Für die Immissionsorte A050 (B.straße 35), A063 (B.straße 37), C144 (L. Straße 1), C146 (L. Straße 2), C145 (L. Straße 3) und C138 (L. Straße 6) hat die Planfeststellungsbehörde zu Recht die Grenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 2 der 16. BImSchV angenommen, weil dies der Festsetzung der Gebietsart im jeweiligen Bebauungsplan entspricht. Danach liegt der Immissionsort A050 (B.straße 35) im Geltungsbereich des wirksamen Bebauungsplans der Stadt L. „Am B.“ vom 8. November 1988, der gem. § 1 Nr. 1 für die Bauflächen als Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Für den Immissionsort A063 (B.straße 37) wurde in Nr. 1.0 des am 25. August 1998 bekannt gemachten Bebauungsplans der Stadt L. „Pflegerbreiten II“ als Art der baulichen Nutzung ebenfalls ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Ebenso weist der Bebauungsplan der Stadt L. vom 25. September 1979 „Haiden-Wiedmannfelden“ für die Grundstücke der Immissionsorte C144, C146, C145 und C138 (L. Straße 1, 2, 3, und 6) in § 3 als Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet aus.
154
(bb) Soweit die Unterlage 17.1 V (S. 20) für die Immissionsorte C142, C143 und C148 (W. 29, 30 und 32) ebenfalls die Grenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 2 der 16. BImSchV ansetzt, mag dies zwar fehlerhaft sein. Die im Planfeststellungsbeschluss darauf aufbauende Aussage in seiner Fassung vom 28. April 2023 „Für die Variante 2a hingegen werden die Werte nach Unterlage 17.1 V (dort S. 16, 18, 20 und Beilage 1) an 24 Gebäuden überschritten.“ erweist sich gleichwohl als zutreffend.
155
Die maßgebliche Gebietsart für die Grundstücke, die die Immissionsorte C142, C143 und C148 betreffen, ergibt sich vorliegend nicht aus den Festsetzungen eines Bebauungsplanes (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV). Der Bebauungsplan der Stadt L. vom 25. September 1979 „Haiden-Wiedmannfelden“ reicht östlich des Grundstücks FlNr. … Gemarkung H. nur bis zur nördlichen Straßenseite der L. Straße, während diese Immissionsorte südlich der L. Straße liegen. Das diese Immissionsorte betreffende Gebiet ist deshalb gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV bzw. im Außenbereich entsprechend der Schutzbedürftigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen.
156
Das Gebiet wird nördlich durch die L. Straße begrenzt, reicht im Westen bis zum Grundstück FlNr. … und im Osten bis zur Bahnlinie. Im Süden schließen sich nach der Kapelle St. M. landwirtschaftliche Flächen an. Auf Grund der dem Gericht vorliegenden Pläne (u.a. Unterlage 17.1V; Bebauungsplan der Stadt L. vom 25. September 1979 „Haiden-Wiedmannfelden“) und der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2023 übergebenen Fotodokumentation „B 20 OU L., Bahnparallele Variante 2a, Fotos von Gebäuden in der B.straße und W.“ entspricht das Gebiet nach Auffassung des Senats hinsichtlich seiner Schutzbedürftigkeit nicht dem eines allgemeinen Wohngebiets nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV, wie in der Unterlage 17.1.V S. 20 angegeben. Auf den Grundstücken bzw. Anwesen, auf welchen sich die Immissionsorte befinden, liegen nämlich landwirtschaftliche Hofstellen (vgl. Fotodokumentation „B 20 OU L., Bahnparallele Variante 2a, Fotos von Gebäuden in der B.straße und W.“, S. 21 ff.), die bewirtschaftet werden. Landwirtschaftliche Betriebe sind in einem allgemeinen Wohngebiet aber weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig (vgl. § 3 BauNVO).
157
Das Gebiet ist deshalb dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen, in dem landwirtschaftliche Betriebe als privilegierte Vorhaben grundsätzlich zulässig sind (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB), oder einem (faktisches) Dorfgebiet nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV entsprechend § 5 BauNVO. Dorfgebiete dienen gerade der Aufnahme von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und der dazugehörenden Wohnungen und Wohngebäude (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen stellt sich die Bebauung im Ortsteil W. als einheitliche, typisch „dörfliche Bebauung“ dar. Neben den landwirtschaftlichen Betrieben auf den Grundstücken der Immissionsorte werden auch die Grundstücke in der näheren Umgebung landwirtschaftlich genutzt. Auf diesen befinden sich entweder ebenfalls landwirtschaftliche Betriebe mit dazugehörenden Wohngebäuden (z.B. W. 31 und 33) oder landwirtschaftlich als Acker oder Grünland genutzte Flächen (vgl. Fotodokumentation „B 20 OU L., Bahnparallele Variante 2a, Fotos von Gebäuden in der B.straße und W.“, S. 12 ff., 30 f.). Für die Annahme eines „faktischen Dorfgebietes“ sprechen auch die aufgelockerte Bebauung und die kleine Kapelle (Fotodokumentation „B 20 OU L., Bahnparallele Variante 2a, Fotos von Gebäuden in der B.straße und W.“, S. 28 ff.). Dafür, dass sich die baulichen Verhältnisse vor Ort und deren Nutzung im maßgeblichen Zeitpunkt, dem 9. Oktober 2020, anders als in der Fotodokumentation dargestellt haben könnten, liegen keine Anhaltspunkte vor und wurden auch von der Klagepartei nicht vorgetragen. Ob sich das Gebiet noch innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile befindet (§ 34 BauGB) und als (faktisches) Dorfgebiet einzustufen ist oder ob es als Außenbereich zu qualifizieren ist, kann letztlich offen bleiben, weil beide Gebiete die gleiche Schutzbedürftigkeit aufweisen und für beide dieselben Grenzwerte von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts gelten (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV bzw. § 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV; BVerwG, U.v. 14.7.2011 – 9 A 14.10 – NVwZ 2012, 180 = juris Rn. 31; U.v. 13.12.2018 – 3 A 17.15 – BVerwGE 164, 127 = juris Rn. 27).
158
Damit ergeben sich für die Immissionsorte C142, C143 und C148 immer noch Grenzwertüberschreitungen von bis zu 6 dB(A) nachts bzw. 2 dB(A) tags (vgl. Unterlage 17.1 V, S. 20: Immissionsort C142 55 dB(A) nachts, Immissionsort C143 55 bzw. 56 dB(A) nachts, Immissionsort C148 66 dB(A) tags und 57 dB(A) bzw. 60 dB(A) nachts), sodass die Aussage im Planfeststellungsbeschluss in der Fassung vom 18. Juli 2023, „für die Variante 2a werden die Werte nach Unterlage 17.1 V (dort Seite 16, 18, 20 und Beilage 1) an 24 Gebäuden überschritten“, weiterhin zutrifft.
159
(cc) Im Hinblick auf die Planergänzung vom 18. Juli 2023 war dem Klägerbevollmächtigten nicht die in der mündlichen Verhandlung vom selben Tag beantragte Schriftsatzfrist von 10 Wochen zu gewähren. Eine nachträgliche schriftliche Äußerungsmöglichkeit kann gewährt werden, wenn sich ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des anderen Beteiligten nicht erklären kann, weil es ihm nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist oder weil im Anschluss an eine Beweisaufnahme wegen deren Komplexität eine umfassende sofortige Stellungnahme nicht erwartet werden kann (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 283 ZPO). Das Gericht hat bei seiner Entscheidung, ob bei Vorliegen erheblicher Gründe eine Schriftsatzfrist einzuräumen ist, nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens als auch den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.2009 – 2 B 79.08 – juris Rn. 5; U.v. 23.4.2020 – 1 C 25.20 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 95 = juris Rn. 20). Erhebliche Gründe für die Gewährung einer Schriftsatzfrist lagen hier nicht vor. Der Klägerbevollmächtigte hat schon nicht dargelegt, weshalb er sich zur Planergänzung nicht bereits in der mündlichen Verhandlung äußern konnte. Das Vorbringen, dass er die Auswirkungen der Planergänzung vom 18. Juli 2023 auf die Abwägung prüfen möchte, genügt hierfür nicht. Im Übrigen hat der Beklagte mit der Planergänzung gerade auf einen Einwand der Klagepartei reagiert und diesem zum Teil abgeholfen. Die Planergänzung betraf eine einzige Zahl auf Seite 55 des Planfeststellungsbeschlusses in seiner Fassung vom 28. April 2023. Dass der seit Jahren umfassend mit dem Verfahren vertraute Klägerbevollmächtigte in der sich anschließenden vierstündigen Sitzungspause die Auswirkungen der Planergänzung auf die Abwägung nicht hätte erfassen und einordnen können, ist angesichts des geringen Umfangs der Ergänzung nicht verständlich. Da aus Sicht des Gerichts der Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs daher gewahrt war, überwog das Gebot der Verfahrensbeschleunigung.
160
dd) Entgegen der Auffassung der Klagepartei wurde auch die Betroffenheit privater Rechte bzw. privaten Eigentums richtig ermittelt.
161
(1) Soweit die Klagepartei rügt, dass es sich bei den im Rahmen der Variante 2a abzureißenden Gebäuden um nicht schutzwürdige „Schwarzbauten“ handeln würde, weil sie entweder baurechtlich nicht genehmigt seien bzw. entgegen der genehmigten Planung errichtet worden seien, handelt es sich um eine unsubstantiierte und spekulative Behauptung, die durch nichts belegt ist (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 52, 64, 78 f., 274). Allein das Fehlen von Baugenehmigungsunterlagen ist kein hinreichendes Indiz für die baurechtliche Illegalität von Gebäuden, zumal (bauliche) Anlagen nicht nur Bestandsschutz genießen, wenn sie förmlich genehmigt worden sind, sondern auch dann, wenn sie seit ihrem Entstehen in irgendeinem – namhaften – Zeitraum dem maßgebenden materiellen Recht entsprochen haben (vgl. BVerfG, B.v. 29.4.2022 – 1 BvL 2/17 – NZM 2022, 604 = juris Rn. 20 m.w.N.; BVerwG, U.v. 24.10.1980 – IV C 81.77 – BVerwGE 61, 112 Rn. 24; BGH, U.v. 21.1.1999 – III ZR 168/97 – BGHZ 140, 285 = juris Rn. 23; Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand August 2023, Art. 76 Rn. 116 m.w.N.).
162
Auch soweit die Klagepartei annimmt, für das leerstehende, seit Jahren ungenutzte, baufällige Gebäude am N2.weg 24 sei der Bestandsschutz erloschen, kann sie nicht durchdringen. Da die Bayerische Bauordnung für die Frage, wie lange eine Baugenehmigung trotz Nutzungsunterbrechung oder -aufgabe noch gültig ist, keine ausdrückliche Regelung enthält, ist insoweit auf Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG abzustellen. Liegt keine Erledigung der Baugenehmigung durch behördliche Aufhebung (Art. 48, 49 BayVwVfG) oder durch Zeitablauf im Falle einer auflösend bedingten Baugenehmigung vor, kommt es für das Erlöschen der Baugenehmigung und den Wegfall eines über diese vermittelten Bestandsschutzes darauf an, ob sich die Baugenehmigung „auf andere Weise“ erledigt hat. Hierfür ist grundsätzlich zu verlangen, dass der Berechtigte aus objektiver Sicht zumindest konkludent zu erkennen gegeben hat, dass er von der Baugenehmigung keinen Gebrauch mehr machen will, mit anderen Worten, dass er (ggf. stillschweigend) auf sie verzichtet, bzw. dass eine (ggf. stillschweigende) Übereinkunft der Beteiligten getroffen wurde, die Baugenehmigung sei obsolet (vgl. zusammenfassend: BayVGH, B.v. 9.11.2022 – 15 ZB 22.1489 – juris Rn. 15 m.w.N.; OVG NW, U.v. 7.5.2019 – 2 A 2995/17 – NVwZ-RR 2020, 94 = juris Rn. 125 ff.; VGH BW, U.v. 16.10.2018 – 8 S 2368/16 – ZfBR 2019, 47 – juris Rn. 45 f.). In die diesbezügliche Gesamtbetrachtung sind neben dem Zeitablauf alle nach außen getretenen Umstände einzustellen, die Rückschlüsse auf den Willen des Eigentümers zulassen. Maßgeblich ist, wie ein objektiver Dritter die Umstände des Einzelfalls unter Beachtung der Verkehrsauffassung verstehen muss (BayVGH, B.v. 9.11.2022 – 15 ZB 22.1489 – juris Rn. 15 m.w.N). Danach fehlen vorliegend Anhaltspunkte, um von einem Erlöschen des Bestandsschutzes ausgehen zu können. Allein der nach Ansicht der Klagepartei unbewohnte und baufällige Gebäudezustand reicht für das Bejahen einer Erledigung nicht aus.
163
(2) Der Vorhalt der Klagepartei, die Feststellung, die Variante 4 beeinträchtige private Belange weniger als Variante 2a, sei fehlerhaft, weil die Planfeststellungsbehörde Variante 2a absichtlich „schlechter“ geplant habe, um die Gewichtung bei der Variantendiskussion zu Lasten der bahnparallelen Trassen zu verschieben (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 55, 60, 63, 97, 99 f.), kann allein deswegen nicht zum Erfolg führen, weil eine fehlerhaft geplante Variante 2a nicht zur Fehlerhaftigkeit der Variante 4 führen würde, sondern nur zu einem Ausscheiden der Variante 2a aus dem Variantenvergleich. Die Vorwürfe treffen außerdem nicht zu.
164
Anzeichen für den klägerischen Vorwurf der „bewussten Schlechtplanung“ der Variante 2a sieht das Gericht nicht. Die Planfeststellungsbehörde muss die ihr übertragene Befugnis zur planerischen Gestaltung in unparteiischer Weise wahrnehmen. Der rechtsstaatliche Grundsatz der fairen Verfahrensgestaltung verpflichtet sie, sich ein Maß an innerer Distanz und Neutralität zu bewahren, die es ihr ermöglichen, zu einer problemabgewogenen Entscheidung zu gelangen. Denn nur auf der Grundlage von Gestaltungsfreiheit und innerer Unabhängigkeit kann sie die Aufgabe einer eigenen planerischen Entscheidung erfüllen und im Rahmen der Abwägung den erforderlichen gerechten Ausgleich zwischen den vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belangen herstellen (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 = juris Rn. 81, U.v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – BVerwGE 139, 150 = juris Rn. 24; U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 56).
165
Dass die Planfeststellungsbehörde das Verfahren nicht mit der notwendigen Neutralität betrieben hätte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr legt die Planfeststellungsbehörde nachvollziehbar dar, nach welchen Vorgaben und Zwangspunkten die Variante 2a geplant worden ist (PFB S. 128). Maßgeblich für die Ausplanung der Variante 2a waren die Sicherheitsabstände zwischen der Bundesstraße und den Bahngleisen, die die DB Netz der AG der Planungsbehörde mitgeteilt hat (vgl. Schreiben der DB N1. AG vom 14.6.2019, Anlage zum Schreiben des Beklagten vom 15.12.2022, GA Bd. 2), das dritte Gleis im Bahnhofsbereich, die vorhandenen Bahnböschungen und die RAL (Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen, Richtlinien zur Anlage von Landstraßen, Ausgabe 2012; vgl. PFB S. 128 f., Erläuterungsbericht S. 45 f.). Allein aus dem Umstand, dass man die Variante 2a nach Auffassung der Klagepartei auch anders hätte planen können, ergibt sich nicht, dass die Planfeststellungsbehörde die Grenzen einer fairen, dem Neutralitätsgebot verpflichteten Verfahrensgestaltung überschritten hat.
166
(3) Der Einwand der Klagepartei, die Variante 2a aus dem Linienfindungsverfahren sei grundlos in der 1. Tektur umgeplant worden (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 54 ff.), sodass mehr Grundbetroffenheiten bestünden, lässt außer Betracht, dass ein rechtlich relevantes Linienfindungsverfahren nach § 16 Abs. 1 und 2 FStrG wegen § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG nicht stattgefunden hat. Das vorliegend durchgeführte, von den Beteiligten bezeichnete „Linienfindungsverfahren“ bestand nicht aus einer „Planung“, sondern maßgeblich aus der von einem Ingenieurbüro im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 2007 (Unterlage 19.4), die zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens nach § 6 Abs. 1 und 3 und § 4 UVPG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.6.2005, BGBl. I S. 1757, ber. S. 2797) Stellung nimmt (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2004 – 9 A 42.03 – juris Rn. 24; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 16 BImSchG Rn. 118; jetzt UVP-Bericht nach § 16 Abs. 1 UVPG; vgl. digitale BA des Staatlichen Bauamtes 04Genehmigungsplanung/17DigiPlan/CD-Grundlagen/L. CD_ Linienfindung). Daher kann von einer abweichenden „Planung“ im Rahmen der 1. Tektur keine Rede sein. Im Übrigen kam auch das „Linienfindungsverfahren“ nach Ausscheiden der Varianten 1 und 5 wegen der hohen Kosten für die Gleisverlegung zum dem Ergebnis, dass Variante 4 vorzugswürdig ist (vgl. Entscheidung – Linienfindungsverfahren für die Bundesfernstraßenmaßnahmen vom 18.12.2008, digitale BA des Staatlichen Bauamtes 02 Voruntersuchung_RO/10 Sonstiges/ Stellungnahmen/2008-12-10_P1100_Anschreiben Ergebnis; Begründung vom 8.12.2008, digitale BA des Staatlichen Bauamtes 02 Voruntersuchung_RO/10 Sonstiges/2008-12-08 Beurteilung) und nicht, wie die Klagepartei behauptet, Variante 2a (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 3, 40, 54).
167
(4) Der Einwand, bei einer „ordnungsgemäß geplanten“ Variante 2a, wie bei der Variante 2a aus dem „Linienfindungsverfahren“, wären Eingriffe in private Belange in dem im Planfeststellungsbeschluss beschriebenen Umfang nicht notwendig, weil weniger Gebäude abgerissen werden müssten und sie im Wesentlichen auf öffentlichem Grund der Bahn verwirklicht werden könnte (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 52 ff, 80, 97, 101; Schriftsatz vom 27.4.2023, S. 17), führt nicht zum Erfolg, weil er nicht entsprechend den Anforderungen gem. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO dargelegt ist. Unabhängig davon verkennt die Klagepartei den rechtlichen Maßstab.
168
Nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO hat der Klägerbevollmächtigte die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und den Prozessstoff dergestalt substantiiert dazulegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 16). Den Ausführungen der Klagebegründung vom 22. Februar 2021 lässt sich dies nicht eindeutig entnehmen. Sie legt bereits nicht dar, welche Variante hätte besser sein sollen. Während die Klagebegründung vom 22. Februar 2021 auf S. 52 ff. erläutert, dass die Variante 2a in ihrer nach Auffassung der Klagepartei optimierten Form vorzugswürdig sei, stellen die auf Seite 59 in Bezug genommenen Abbildungen Variante 2 dar. Die Klagebegründung erfüllt die Anforderungen an die Darlegung auch deshalb nicht, da sie lediglich die Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren (vgl. Schreiben vom 14. Dezember 2017, GA Anlagenordner Anlage K 4, S. 25 f., 34 – 42) im „copy-paste-Modus“ einfügt (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021 S. 53 f., 65-75) oder sie wiederholend wiedergibt (insb. Klagebegründung vom 22.2.2021 „Die Klägervertreter verwiesen in ihren Einwendungen … „, S. 56; „Die Klägervertreter hatten dies im Rahmen der Einwendungen zur 1. Tektur … prüfen lassen“, S. 61 f.), ohne sich mit dem Planfeststellungsbeschluss auseinanderzusetzen, sondern stattdessen mit dem Erläuterungsbericht (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 56 f.; vgl. dazu BVerwG, B.v. 16.7.2003 – 9 VR 13.03, 9 A 26.03 – NVwZ 2003, 1392 = beckonline Rn. 2; U.v. 6.4.2017 – 4 A 16.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Rn. 37). Klagegegenstand ist aber nicht der Erläuterungsbericht, sondern der Planfeststellungbeschluss. Auch die in Bezug genommenen Äußerungen des Gutachters Dr. V. vom 13. Dezember 2020 und 9. Februar 2021 (vgl. GA Anlagenordner Anlage K 7 und K 9) fasst sie lediglich zusammen und reiht sie in loser Folge aneinander, d.h. ohne eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung durch den Prozessbevollmächtigten (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 81 – 96, zu den Anforderungen vgl. BVerwG, B.v. 6.9.1965 – VI C 57.63 – BVerwGE 22, 38 = juris Rn. 3; B.v. 11.12.2012 – 8 B 58.12 – NVwZ-RR 2013, 341 = juris Rn. 16; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 15).
169
Aber selbst wenn man von einem den Anforderungen genügenden Vorbringen ausgehen würde, legt die Klagepartei einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde, wenn sie die „ordnungsgemäß geplante“ Variante 2a für „besser“ hält. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind nämlich erst dann überschritten, wenn sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eine andere als die gewählte Trassenführung eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 4.15 – BVerwGE 160, 263 = juris Rn. 98; U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 75; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 660). Nimmt man auch diesbezüglich zu Gunsten der Klagepartei an, dass sie vom richtigen rechtlichen Maßstab ausgehen würde (so erst eindeutig im Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 31), hat sie weder in Bezug auf die Variante 2a des Planfeststellungbeschlusses noch in Bezug auf die „ordnungsgemäß geplante“ Variante 2a dargelegt, dass sich diese nach obigem Maßstab aufdrängen würden. Die Variante 2a des Planfeststellungsbeschlusses kann sich unter Zugrundelegung der eigenen Ausführungen der Klagepartei allein deshalb nicht als besser aufdrängen, weil sie ihrer Auffassung nach nicht ordnungsgemäß geplant ist (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 52 ff; Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 31, 35). Hinsichtlich der nach Ansicht der Klagepartei „ordnungsgemäß geplanten“ Variante 2a legt sie nur dar, dass diese sich im Hinblick auf die privaten Belange aufdrängen würde, nicht jedoch, dass sie sich auch im Hinblick auf alle anderen öffentlichen und privaten Belange eindeutig als die vorzugswürdigere darstellen würde; soweit ersichtlich beziehen sich die Ausführungen zu den übrigen Belangen auf die Variante 2a des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 43 ff., 267 f.). Unabhängig davon, drängt sich diese allein deshalb nicht auf, weil ihr ein Planungshindernis entgegensteht. Denn sie geht von der Prämisse aus, dass für das Straßenbauvorhaben Grundstücke der Deutschen B4. AG verwendet werden können (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 80 f.; Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 34, 35). Bei diesen handelt es sich aber um gewidmetes Bahnbetriebsgelände, für die eine Freistellung nach § 23 AEG im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorliegt (s.o. Rn. 118). Eine Realisierung auf den Grundstücken der Deutschen B4. AG scheidet daher aus.
170
(5) Der Einwand, bei Variante 4 entstünden wegen der sehr ungünstigen Zerschneidungen sehr viele unwirtschaftliche Restflächen, die beim Flächenverbrauch zusätzlich bei der Variante 4 ins Gewicht fielen (vgl. inbs. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 81), ist eine bloße Behauptung ohne weitere Begründung. Sie lässt zudem außer Acht, dass auch bei Variante 2a Grundeigentum in Anspruch genommen, Grundstücke zerschnitten und auch dort unwirtschaftliche Restflächen entstehen würden (vgl. Unterlage 10.1V). Weiterhin berücksichtigt die Klagepartei nicht, dass Restflächen keine Frage des Flächenverbrauchs sind, da Restflächen nicht versiegelt werden.
171
(6) Der Vorwurf, bei Variante 4 wären zahlreiche Existenzgefährdungen nicht berücksichtigt worden mit der Folge, dass die Variante 2a in Bezug auf die Betroffenheit von privatem Eigentum insgesamt vorteilhafter wäre, ist materiell präkludiert. Er trifft zudem nicht zu.
172
Die von der Klagepartei wohl sinngemäß monierte notwendige Gesamtbetrachtung der in der Summe betroffenen privaten Belange (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 39; U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 = juris Rn. 39) hat sie nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG geltend gemacht. Die ihrer Ansicht nach bestehenden Existenzgefährdungen von landwirtschaftlichen Betrieben wird in der maßgeblichen Klagebegründung vom 22. Februar 2021 bereits nicht unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in private Belange (Ziff. III.3.c) erörtert, sondern als eigener Gesichtspunkt in der Abwägung (Ziff. III.3.g). Dass die Klagepartei die Ausführungen zu den Existenzgefährdungen auch als öffentlichen Belang „Gesamtbetrachtung der in der Summe der betroffenen privaten Belange“ überprüft haben wollte, hat sie jedoch nicht dargelegt und war für das Gericht auch sonst nicht ersichtlich. Dieser Einwand wurde sinngemäß erst mit Schriftsatz vom 16. September 2021 (dort insb. S. 64) und vertiefend mit Schriftsatz vom 4. Juli 2023 (insb. S. 56), mithin nach Ablauf der Klagebegründungsfrist erhoben. Die Klagepartei hat das verspätete Vorbringen weder nach § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG genügend entschuldigt noch war der Vorwurf ohne Mitwirkung der Klagepartei mit geringem Aufwand zu ermitteln (§ 17e Abs. 5 Satz 4 FStrG). Die hierfür zu prüfenden Existenzgefährdungen mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe lagen nicht auf der Hand, wie die zahlreichen Gutachten in den Parallelverfahren zeigen (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2023 – 8 A 21.40036 – juris Rn. 125; OVG NW, B.v. 1.2.2022 – 11 A 2168/20 – ZUR 2022, 500 = juris Rn. 64 f.; OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – VRS 137, 281 = juris Rn. 150).
173
Unabhängig davon liegen die geltend gemachten Existenzgefährdungen nicht vor (vgl. die Entscheidungen in den Parallelverfahren BayVGH, U.v. 21.4.2023 – 8 A 20.40017; U.v. 20.7.2023 in den Parallelverfahren 8 A 20.40020, 8 A 20.40021, 8 A 20.40022, 8 A 20.40023, 8 A 20.40024, 8 A 20.40025 und 8 A 20.40026). Die Existenzgefährdung des Betriebs Mühlfeldner ist außerdem nicht entscheidungserheblich, weil der Betrieb im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses bereits nicht existenzfähig war (vgl. Gutachten des Sachverständigen Dr. B5. vom 2.4.2020, BA der Regierung von Oberbayern Bl. 17319) und damit eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 31.10.1990 – 4 C 25.90 – juris Rn. 25; U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 = juris Rn. 28).
174
ee) Die Einwände der Klagepartei zu Einzelpunkten der Kostenermittlung sind materiell präkludiert, weil sie sich in einer bloßen Wiederholung von Einwendungen im Verwaltungsverfahren erschöpfen, ohne den Planfeststellungsbeschluss zu würdigen.
175
Wie ausgeführt (vgl. oben Rn. 115 ff.), hat der Klägerbevollmächtigte nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und den Prozessstoff dergestalt substantiiert darzulegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird. In der Klagebegründung muss er sich mit dem Planfeststellungsbeschluss auseinandersetzen; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsbeschluss erhobene Einwände oder deren Wiederholung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt ebenso wenig (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2003 – 9 VR 13.03, 9 A 26.03 – NVwZ 2003, 1392 = beckonline Rn. 2; U.v. 6.4.2017 – 4 A 16.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Rn. 37) wie ein bloßes Bestreiten tatsächlicher Feststellungen der Planung (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 = juris Rn. 17). Denn Klagegegenstand sind nicht die im Verwaltungsverfahren erhobene Einwendungen, sondern der Planfeststellungsbeschluss. Eine bloße Wiederholung von Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren genügt auch deshalb nicht, da sie bereits keinen sicheren Aufschluss darüber zulässt, ob und inwieweit die Klagepartei an den Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren festhalten und welche Beanstandungen sie gegen die konkret im Planfeststellungsbeschluss getroffene Entscheidung erheben will (vgl. dazu BVerwG, U.v. 18.2.1998 – 11 A 6.97 – NVwZ-RR 1998, 592 = juris Rn. 25; B.v. 5.7.2023 – 9 B 8.23 = juris Rn. 17).
176
Ausgehend hiervon genügt das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten in seiner maßgeblichen Klagebegründung vom 22. Februar 2021 nicht diesen Vorgaben. Seine Ausführungen unter dem Gliederungspunkt „Hauptargument 3: Kostengegenüberstellung“ (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 101) beginnt der Klägerbevollmächtigte mit einer zusammenfassenden Wiederholung seiner Einwendungen im Verwaltungsverfahren („Die Klägervertreter haben zu der fehlerhaften Kostengegenüberstellung … umfassend Einwendungen erhoben“, Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 101; „Im Wesentlichen wandten die Kläger Folgendes ein:..“, S. 102; „Ferner bemängelten die Kläger, …“, S. 102; „Zur Kostenschätzung Dipl.-Ing. B. … I. GmbH vom 08.02.2017 wandten die Kläger Folgendes ein:..“, S. 102; „Bei Bauwerk 10: „Brücke im Zuge der B20 neu über die Anschlussrampe der B20 alt“ seien, so wandten die Kläger ein…“, a.a.O., S. 103). Im Anschluss (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 104 – 111) fügt der Klägerbevollmächtigte mittels „copy-paste“ seine Einwendungen gegen die Kostenberechnung der bahnparallelen Variante 2a und der Plantrasse aus dem Verwaltungsverfahren (vgl. Schreiben vom 28. Mai 2019, GA Anlagenordner, Anlage K 13, S. 6 – 12) ein. Die Darstellung schließt mit dem Satz: „Diese Kritik ist zutreffend“. Damit würdigt der Klägerbevollmächtigte aber nicht den Planfeststellungsbeschluss, sondern lediglich seine im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Kritikpunkte. In Bezug auf die Kosten für das Rüttelstopfverfahren erhebt der Klägerbevollmächtigte schon gar keinen Einwand, wenn er vorträgt, die Planfeststellungsbehörde habe einräumen müssen, dass sie die Kosten von 1 Mio. EUR versehentlich nicht berücksichtigt habe (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 112 f.). Im Folgenden (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 111) stellt der Klägerbevollmächtigte dann zwar für einzelne Kritikpunkte ihre Behandlung im Planfeststellungsbeschluss gegenüber, setzt sich aber inhaltlich mit dem Planfeststellungsbeschluss nicht auseinander. Die bloße Feststellung der Klagepartei, dass ihre Kritik „abgetan“ würde, eine „konkrete Kostenermittlung oder Darstellung fehle“ (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 111) oder der Planfeststellungsbeschluss „abwägungswidrig die detaillierte Kritik“ übergehen würde (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 275), ohne dies weder weiter darzulegen noch sich mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss auseinanderzusetzen, genügt nicht. Vielmehr hätte sie sich mit den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses beispielsweise zu den Kosten für die Ingenieurbauwerke (PFB S. 136), den Grunderwerbskosten (PFB S. 136 f.), den Kosten für ein Rüttelstopfverfahren (PFB S. 137), den Kosten für Maßnahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung (PFB S. 138) auseinandersetzen müssen, mit denen ihre Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren zurückgewiesen worden sind. Die notwendige Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses kann auch nicht in der schlagwortartigen, teilweise falschen und zusammenhanglosen Zusammenfassung der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dr. V. vom 13. Dezember 2020 (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 114 f.; Gutachten V. GmbH vom 13. Dezember 2020, GA Anlagenordner Anlage K 7) und vom 9. Februar 2021 (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 116; Gutachten V. GmbH vom 9. Februar 2021, GA Anlagenordner Anlage K 9) ersetzt werden. Es fehlt insoweit an der erforderlichen Prüfung, Sichtung und rechtlichen Durchdringung der gutachterlichen Äußerungen durch den Klägerbevollmächtigten (vgl. zu den Anforderungen oben Rn. 116). Der Klägerbevollmächtigte gibt die Ausführungen des Gutachters lediglich in Form von Schlussfolgerungen, teilweise zudem inhaltlich anders wieder. So hat der Gutachter die Kosten für das Rüttelstopfverfahren nicht auf 4 Mio. EUR beziffert (vgl. aber Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 115), sondern ausgeführt, dass eine konkrete Aussage erst nach umfangreichen Bodenaufschlüssen möglich sei (vgl. Gutachten V. GmbH vom 13. Dezember 2020, GA Anlagenordner Anlage K 7, S. 12). Dass die Kosten für die Trassen bei einer kleineren Dimensionierung niedriger ausfallen würden (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 114), hat der Gutachter ebenfalls nicht festgestellt (vgl. Gutachten V. GmbH vom 13. Dezember 2020), sondern stellt eine eigene Schlussfolgerung des Klägerbevollmächtigten dar. In Bezug auf die Kosten der Bahngleisverlegung bei den Varianten 1 und 5 (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021., S. 115 und 116) fehlt es an der rechtlichen Einordnung, da sie systematisch nicht den Prüfungspunkt der Kostengegenüberstellung der Varianten 2a und 4, sondern das Ausscheiden der Varianten 1 und 5 in der Grobprüfung betreffen. Gleiches gilt für die Ausführungen zur Aufteilung der Kosten einer Gleisverlegung (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 116). Rechtlich ungeprüft hat der Klägerbevollmächtigte die Aussage des Gutachters übernommen, die Variante 2a ließe sich auf Grundstücken der Bahn umsetzen (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021., S. 115 und S. 116). Einer solchen Planung steht aber ein Planungshindernis entgegen (vgl. oben Rn. 118).
177
Insgesamt ist die Klagebegründung vom 22. Februar 2021 unter dem Gesichtspunkt der Kosten auch aus sich heraus nicht hinreichend verständlich. Der Klägerbevollmächtigte macht durch sein Vorgehen, alle Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren zu wiederholen, aber nur zu Teilen davon die Behandlung im Planfeststellungsbeschluss bzw. Äußerungen des Gutachters Dr. V. in seinen Gutachten vom 13. Dezember 2020 und 9. Februar 2021 gegenüberzustellen, nicht deutlich, welche Beanstandungen er überhaupt gegen die konkret im Planfeststellungsbeschluss getroffene Entscheidung erheben will.
178
Soweit die Klagepartei erstmals in ihren Schriftsätzen vom 4. Juli 2023 und 14. Juli 2023 detailliert Kritikpunkte zu Kostengesichtspunkten darlegt, ist das Vorbringen gem. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG präkludiert, da es sich nicht um eine Vertiefung fristgerecht erhobener Einwände, sondern um verspätetes erstmaliges Vorbringen handelt, Entschuldigungsgründe nach § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG nicht geltend gemacht wurden und es auch nicht mit geringem Aufwand möglich war, den Sachverhalt ohne Mitwirkung der Klagepartei zu ermitteln (vgl. § 17e Abs. 5 Satz 4 FStrG). Die Fehlerhaftigkeit der Kostenermittlung für die Varianten 2a und 4 liegt nicht derart auf der Hand, dass sich die Angabe von Klagegründen im Einzelfall als bloße Förmlichkeit erweisen würde (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2023 – 8 A 21.40036 – juris Rn. 125; OVG NW, B.v. 1.2.2022 – 11 A 2168/20 – ZUR 2022, 500 = juris Rn. 64 f.; OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – VRS 137, 281 = juris Rn. 150).
179
Aber selbst wenn man entgegen der vorstehenden Ausführungen davon ausginge, dass das Vorbringen nicht präkludiert ist, so würden die Einwendungen dennoch nicht zum Erfolg führen. Denn die Planfeststellungsbehörde hat hilfsweise festgestellt, dass auch bei Berücksichtigung der von der Klagepartei monierten Kostenpunkte die Plantrasse kostengünstiger als die Variante 2a wäre (PFB S. 138). Dem ist die Klagepartei nicht entgegengetreten.
180
Die in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2023 beantragte Schriftsatzfrist zur Frage der Grunderwerbskosten (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung am 18. Juli 2023, S. 31) war nicht zu gewähren. Nach § 173 VwGO i.V.m. § 283 Satz 1 ZPO kann einer Partei in der mündlichen Verhandlung eine Schriftsatzfrist gewährt werden, wenn sie sich in dieser nicht auf ein Vorbringen des Gegners erklären kann, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der vom Klägerbevollmächtigten als „neu“ bezeichnete Umstand, dass das Gewerbegebiet Mayerhofen bislang nicht in den Grunderwerbsunterlagen genannt worden sei, trifft nicht zu. Die Planunterlagen umfassen zumindest nachrichtlich die Grunderwerbsunterlagen für die Variante 2a, die auch den Grunderwerb im Gewerbegebiet südlich von Mayerhofen auflisten (Unterlage 10.2.V). Ein Übersichtslageplan mit Gebietszuordnungen ist Gegenstand der Akte der Regierung von Oberbayern (dort nach Bl. 18652) und ein Übersichtslageplan mit Gebietszuordnungen und Quadratmeterpreisen ist Bestandteil der Akte des Staatlichen Bauamtes Tr. (digitale BA 04 Genehmigungsplanung/05 Kostenberechnung/Variante 2a/ 2017-04-21_090500_P0012 bahnparallelle_Variante_2a_FNP_Kosten). Akteneinsicht in die Behördenakte des Staatlichen Bauamtes Tr. wurde dem Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 20. Februar 2023 gewährt. Das Gericht hat dem Klägerbevollmächtigten bereits mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 mitgeteilt, dass die Akteneinsicht in die Behördenakte der Regierung von Oberbayern dort möglich ist. Die Behördenakten der Regierung von Oberbayern liegen dem Gericht seit dem 20. Mai 2021 vor, was dem Klägerbevollmächtigten mitgeteilt wurde. Dem Klägerbevollmächtigten stand bis zum letzten Tag der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2023 genügend Zeit zur Verfügung, den Akteninhalt zu prüfen und sich zu dem monierten Punkt zu äußern. Unabhängig davon ist das Vorbringen der Klagepartei zu den Grunderwerbskosten materiell präkludiert, sodass eine weitere Äußerung der Klagepartei hierzu nicht entscheidungserheblich gewesen wäre.
181
ff) Die Planfeststellungbehörde hat den öffentlichen Belang der Agrarstruktur ermittelt und in ihrer Abwägung berücksichtigt (PFB S. 54 unten, S. 86 Mitte). Der von der Klagepartei geltend gemachte Abwägungsausfall liegt daher nicht vor.
182
Sie missversteht zudem den Begriff der Agrarstruktur, wenn sie rügt, die Planung nehme nicht genügend Rücksicht auf agrarstrukturelle Belange, weil auch unter Berücksichtigung von Ersatzland die Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe deutlich verringert werde und kurz zuvor durch die Flurbereinigung perfekt arrondierte Hofanschlussflächen zerschnitten würden (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 280 f.). Mit dem Belang der Agrarstruktur sind nicht die Belange des einzelnen Land- oder Forstwirts gemeint, sondern solche, die die land- oder forstwirtschaftlichen Flächen insgesamt im Sinne eines wichtigen Gemeinschaftsguts betreffen (vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG). Davon ausgehend ist der öffentliche Belang der Agrarstruktur dahingehend zu verstehen, dass weiterhin genügend Flächen für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2016 – 9 A 25.15 – NVwZ 2017, 627 = juris Rn. 29; U.v. 19.12.2017 – 3 A 8.15 – NVwZ 2018, 501 = juris Rn. 28; B.v. 25.4.2018 – 9 A 16.16 – DVBl 2018, 1426 = juris Rn. 78). Dass dies weiterhin gewährleistet ist, zieht die Klagepartei nicht in Zweifel.
183
Die Summe der vom Vorhaben ausgelösten Existenzgefährdungen landwirtschaftlicher Betriebe und die Verringerung ihrer Rentabilität sind dagegen nicht Gegenstand des öffentlichen Belangs der Agrarstruktur, sondern beim öffentlichen Belang der Gesamtbetrachtung der in der Summe betroffenen privaten Belange zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 = juris Rn. 39; vgl. dazu Rn. 172).
184
gg) Dass die Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf die „Auswirkungen auf die Umwelt“ die Varianten 2a und 4 als gleichwertig angesehen hat (PFB S. 55), ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Klagepartei musste die Planfeststellungbehörde den Belang nicht zu Gunsten der Variante 2a werten (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 181 f.).
185
Mit der Formulierung „Auswirkungen auf die Umwelt“ meint der Planfeststellungsbeschluss dabei nicht „Umweltauswirkungen“ im Sinne des § 2 Abs. 2 UVPG, wonach Umweltauswirkungen die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter in § 2 Abs. 1 UVPG sind. Vielmehr geht er mit dem Begriff allein der Frage nach, inwiefern die beiden Varianten 4 und 2a naturschutzfachlich werthaltige Flächen, wie z.B. Biotope, in Anspruch nehmen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der Planfeststellungsbeschluss auf die übrigen Schutzgüter des § 2 Abs. 1 UVPG gesondert eingeht (vgl. PFB S. 54 – 56) und auf Seite 84 ausführt, dass die Varianten 2a und 4 „unter Naturschutzgesichtspunkten“ als gleichwertig einzustufen sind. Dieses Verständnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2023 auch so bestätigt.
186
Ausgehend davon sieht der Planfeststellungsbeschluss keine der Varianten im Vorteil. Maßgeblich für diese Wertung war einerseits der Umstand, dass sich die Wertigkeit der bahnnahen Sukzessionsflächen, die die Variante 2a in stärkerem Umfang in Anspruch nimmt, verschlechtert. Andererseits wurde berücksichtigt, dass der Winkel, in dem die Variante 2a die besonders wertvolle (Salzach-)Hangleite schneidet, etwas günstiger ist als bei Variante 4 (PFB S. 55). Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
187
Soweit die Klagepartei einwendet, aus der Umweltverträglichkeitsstudie ergebe sich, dass die Variante 2a besser abschneide als die Plantrasse (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 181 f.), ist dies unzutreffend. Im Hinblick auf das hier einschlägige Schutzgut „Pflanzen und Tiere“ sieht die Umweltverträglichkeitsstudie Variante 4 vielmehr als „eindeutig konfliktärmste“ an, „da sie die größten Entfernungen zu Wohnbebauung und Biotopen aufweise“ (vgl. Unterlage 19.4., S. 97). Für die Variante 2a sieht die Umweltverträglichkeitsstudie hingegen erhebliche Eingriffe in dieses Schutzgut (vgl. Unterlage 19.4, S. 97).
188
Die Klagepartei verkennt zudem, dass der Planfeststellungsbeschluss unter dem Gesichtspunkt der „Auswirkungen auf die Umwelt“ nicht auf den Flächenverbrauch an sich abstellt, sondern auf die Frage, in welchem Ausmaß Flächen mit besonderer naturschutzfachlicher Wertigkeit von den Varianten berührt werden. Den Flächenverbrauch hat der Planfeststellungsbeschluss gesondert bewertet und die Variante 2a auf Grund ihrer kürzeren Ausbaulänge als vorteilhafter angesehen (PFB S. 54). Inwiefern nach Ansicht der Klagepartei noch Ausgleichsflächen und Ersatzland für existenzgefährdete Betriebe hinzukämen müssten, begründet sie nicht. Dass in Bezug auf den Flächenverbrauch ha/km im Erläuterungsbericht (S. 50) ein Rechenfehler vorliegt, ist unerheblich, da die Planfeststellungsbehörde ihre Abwägungsentscheidung darauf nicht gestützt hat.
189
Hinsichtlich der Durchschneidung der Salzachhangleite geht die Klagepartei fehl in der Annahme, der Planfeststellungsbeschluss führe gegen die Variante 2a ins Feld, die Variante 2a würde „die Hangleite etwas ungünstiger zerschneiden als Variante 4“ (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 182). Der Planfeststellungsbeschluss geht tatsächlich vom Gegenteil aus (PFB S. 55), was auch den Planunterlagen entspricht (z.B. Unterlage 19.1V S. 3).
190
Soweit die Klagepartei ihren Einwand auf die „Summe Biotopeingriff Hangleite“ der Tabelle 1 der Unterlage 19.1.V (S. 3) stützt, setzt sie sich nicht mit dem Planfeststellungsbeschluss auseinander. Dieser stellt maßgeblich auf den Winkel ab, in dem die Varianten die Salzachhangleite queren und nicht auf die von der Klagepartei angeführte „Summe Biotopeingriff Hangleite“. Unabhängig davon war die Durchschneidung der Salzachhangleite für die Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer Bewertung nur ein Teilaspekt neben dem der verminderten naturschutzfachlichen Wertigkeit der bahnnahen Sukzessionsflächen. Diesen zweiten Aspekt hat die Klagepartei jedoch nicht angegriffen.
191
hh) Die im Planfeststellungsbeschluss (S. 56) als „leichten Vorteil“ für die Variante 4 berücksichtigten Aspekte der „Städtebauliche Entwicklungsmöglichkeit der Stadt L.“ und der im Flächennutzungsplan der Stadt L. dargestellten „Vorbehaltsfläche Wasser“ waren entgegen der Ansicht der Klagepartei für die Abwägungsentscheidung nicht irrelevant. Die Auffassung der Klagepartei, es gäbe keine ausreichend konkretisierten Planungen der Stadt L., weil der Flächennutzungsplan der Stadt keine maßgebliche Bedeutung habe (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 183 f.), trifft nicht zu.
192
Gem. § 7 Satz 1 BauGB haben öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 BauGB am Aufstellungsverfahren des Flächennutzungsplans beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Die Bindung der Fachplanung an den Flächennutzungsplan gilt – wie § 38 Satz 2 BauGB ausdrücklich klarstellt – auch für die nach § 38 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB gegenüber der Ortsplanung im Übrigen privilegierten Vorhaben (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2010 – 9 A 13.09 – BVerwGE 138, 226 = juris Rn. 36; U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 45). Unter den Voraussetzungen des § 7 BauGB werden die Darstellungen des Flächennutzungsplans zu bindenden Vorgaben, die dem öffentlichen Planungsträger verbieten, sich in Gegensatz dazu zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2010 – 9 A 13.09 – BVerwGE 138, 226 = juris Rn. 36). Die Anpassungspflicht ist allerdings nicht im Sinne einer rechtssatzmäßigen Anwendung („Vollzug“), sondern – entsprechend der inhaltlichen Bindung, die sich für Bebauungspläne aus § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB ergibt – als planerische Fortentwicklung der im Flächennutzungsplan dargestellten Grundkonzeption zu verstehen. Die Fachplanung ist so auszurichten, dass sie als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt angesehen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 52 m.w.N.).
193
Maßgeblich ist der im Zeitpunkt der Planfeststellung geltende Flächennutzungsplan (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 9 = juris Rn. 46). Dies ist hier der mit Bekanntmachung seiner Genehmigung am 15. März 2011 wirksam gewordene Flächennutzungsplan der Stadt L. in der Fassung der 4. Änderung vom 23. Oktober 2019. Gem. § 5 Abs. 1 BauGB wird im Flächennutzungsplan für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen dargestellt. Das Staatliche Bauamt Tr. ist im Aufstellungsverfahren beteiligt worden und hat gegen die Darstellungen im Flächennutzungsplan keinen Widerspruch erhoben (vgl. GA Bd. 2). Die Planfeststellungsbehörde war vorliegend daher nicht nur gehalten, im Rahmen der Abwägung die Belange des Städtebaus zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.2006 – 4 B 73.06 – NVwZ 2007, 459 = juris Rn. 6), sondern vielmehr auch, ihre Planung an die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt L. anzupassen.
194
Soweit die Klagepartei in Bezug auf das im Flächennutzungsplan dargestellte Wasservorbehaltsgebiet zudem einwendet, es sei völlig offen, ob diese Fläche jemals benötigt werde und wenn ja, ob eine Straße im Wasserschutzgebiet entgegenstünde, da es zahlreiche Beispiele von Straßen im Wasserschutzgebiet gäbe, kommt es darauf nicht an. Bei dem im Flächennutzungsplan dargestellten „Wasservorbehaltsgebiet zur örtlichen Wasserversorgung“ handelt es sich um eine sog. Vorrangfläche im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Das bedeutet, dass sich die Nutzung der dargestellten Fläche zur örtlichen Wasserversorgung gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 – 4 C 15.01 – BVerwGE 117, 287 = juris Rn. 28; B.v. 21.12.2017 – 4 BN 3.17 – NVwZ 2018, 507 = juris Rn. 7). Daher ist nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Flächennutzungsplan dargestellte „Wasservorbehaltsfläche“ in den Blick genommen und zu Lasten der Variante 2a festgestellt hat, dass diese durch die dargestellte Vorbehaltsfläche verlaufe und damit grundsätzlich der Darstellung im Flächennutzungsplan widerspreche. Der Neubau von Straßen ist in Bayern in der Wassergebietsschutzzone I ausgeschlossen und in der Zonen II und III allenfalls ausnahmsweise und nur mit besonderen Schutzmaßnahmen zulässig (vgl. Bekanntmachung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 20.2.2017, Az. IID9-43410-003/00 – AllMBl 2017, 124 – i.V.m. RiStWag 2016, Nr. 5).
195
Soweit die Klagepartei Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Festsetzung des „Wasservorbehaltsgebiets zur öffentlichen Wasserversorgung“ im Flächennutzungsplan erhebt (vgl. insb. Schriftsatz vom 27.4.2023, S. 25; Schriftsatz vom 4.7.23, S. 54) ist ihr Vortrag gem. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG präkludiert. Diese Kritikpunkte hat sie erstmals im Schriftsatz vom 27. April 2023 mithin nach Ablauf der Klagebegründungsfrist am 23. Februar 2021 erhoben. In der maßgeblichen, fristgerecht eingegangenen Klagebegründung von 22. Februar 2021 trägt die Klagepartei nur vor, dass der Umstand, dass die Variante 2a die dargestellte Vorbehaltsfläche Wasser schneide, irrelevant sei (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 183); Einwände gegen die Wirksamkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans wurden nicht erhoben. Es handelt sich auch nicht um eine zulässige Erwiderung auf neuen bzw. weiteren, vom Beklagten erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist in den Prozess eingeführten Tatsachenkomplex (vgl. BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 9 VR 1.22 – NuR 2022, 637 = juris Rn. 16), weil der Beklagte insoweit nichts „Neues“ vorgetragen hat. Ebenso stellt der gerichtliche Hinweis zu dieser Frage im Rahmen der Erörterung des Einwands gem. § 104 Abs. 1 VwGO in der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2023 durch die Vorsitzende des Senats keinen neuen Tatsachenvortrag im Sinne des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG dar. Entschuldigungsgründe für das verspätete Vorbringen nach § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Ebenso wenig konnte der Sachverhalt vom Gericht mit geringem Aufwand selbst ermittelt werden (vgl. § 17e Abs. 5 Satz 4 FStrG), da die Unwirksamkeit der Festsetzung nicht derart auf der Hand liegt, dass sich die Angabe von Klagegründen als bloße Förmlichkeit erweisen würde (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2023 – 8 A 21.40036 – juris Rn. 125; OVG NW, B.v. 1.2.2022 – 11 A 2168/20 – ZUR 2022, 500 = juris Rn. 64 f.; OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – VRS 137, 281 = juris Rn. 150).
196
ii) Soweit die Klagepartei rügt, dass eine „kleine Variantendiskussion“ in Form einer Darstellung von Optimierungen bzw. Abwägungen im Rahmen der gewählten Trasse fehle (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 281), erfüllt ihr Vortrag, nicht die Darlegungserfordernisse des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO.
197
Gem. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO hat der Kläger die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und den Prozessstoff dergestalt substantiiert darzulegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird. Das Vorbringen muss aus sich heraus ohne Weiteres verständlich sein (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klagepartei nicht gerecht, da sich ihre Ausführungen in einer Aneinanderreihung von Kritikpunkten in Bezug auf die Dimensionierung der Variante 4 erschöpfen, ohne überhaupt darzustellen, an welchen Stellen konkret die Trasse den Anforderungen der Entwurfsklasse 2 bzw. 3 der RAL 2012 entsprechen müsste und aus welchen Gründen. Um die Anforderungen des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO zu erfüllen, genügt es auch nicht, dass die Klagepartei auf den Gutachter Dr. V. verweist, ohne das bzw. die betreffenden Gutachten zu bezeichnen. Soweit unter dem Gliederungspunkt „Hauptargument 2: private Rechte/Eigentum“ Kritikpunkte des Gutachters Dr. V. zur Dimensionierung zusammenfassend wiedergegeben werden (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 82 – 84), reicht dies ebenfalls nicht, da nicht klar ist, ob die Klagepartei diese Kritikpunkte meint. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus einer 288-seitigen Klagebegründung ggf. unter Zuhilfenahme von Suchprogrammen das zusammenzusuchen, was zur Substantiierung des klägerischen Vortrags geeignet sein könnte (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 24; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwG 170, 138 = juris Rn. 17).
198
b) Die Planfeststellungsbehörde hat eine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs der Klagepartei abwägungsfehlerfrei verneint.
199
Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung grundsätzlich auseinandersetzen muss. Eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Einwand ist lediglich dann entbehrlich, wenn der Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu 5% der Betriebsfläche verbleibt. Denn nach allgemeiner Erfahrung kann ein Flächenverlust bis zu diesem Anhaltswert einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 3.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 80 = juris Rn. 27; U.v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 – DVBl. 2017, 1039 = juris Rn. 74, U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 = juris Rn. 31 in Bezug auf einen Milchviehbetrieb; BayVGH, B.v. 23.1.2014 – 8 ZB 12.64 – juris Rn. 19 m.w.N.).
200
Dies vorangestellt konnte die Planfeststellungsbehörde eine Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs verneinen, da der flächenmäßige Verlust unter dem Anhaltswert von 5% verbleibt. Ausweislich des Mehrfachantrags aus dem Jahr 2016 betrage die Betriebsgröße 70,36 ha, von denen 3.574 m2 in Anspruch genommen würden, was 0,51% der Betriebsfläche sei (PFB S. 212). Auch unter Berücksichtigung des Vorpachtrechts für das Grundstück FlNr. … Gemarkung H. und die daraus für das Vorhaben in Anspruch zu nehmende Fläche, ergäbe sich ein Flächenverlust, der unter 5% liege (PFB. S. 213). Gegenteiliges ist von der Klagepartei nicht substantiiert geltend gemacht worden. Ihr Vorbringen, der angeführte Flächenverlust liege bei 2,4 ha bzw. bei 11,2%, wird nicht weiter begründet (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 151) oder erschöpft sich in einer bloßen Wiederholung von klägerischen Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren bzw. in einer Zusammenfassung des Planfeststellungsbeschlusses, ohne sich mit diesem inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 239 – 250).
201
c) Schließlich ist auch die Gesamtabwägung der Planfeststellungsbehörde von der planerischen Gestaltungsfreiheit getragen.
202
Hat die Planfeststellungsbehörde in einer Lage, in der es keine insgesamt eindeutig überlegene Variante gibt, das Gewicht der Belange fehlerfrei bestimmt, liegt jede Vorzugswahl innerhalb des gerichtlich nicht zu beanstandenden Entscheidungsspielraums (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 153; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 715; BayVGH, U.v. 21.6.2022 – 8 A 20.40019 – juris Rn. 70).
203
Die Planfeststellungsbehörde durfte den Belangen der Lärmimmissionen, dem privaten Interesse am Fortbestand der Wohngebäude sowie Kostengesichtspunkten besonderes Gewicht beimessen und sich für die Plantrasse entscheiden.
204
aa) Den Belang der Lärmimmissionen durfte die Planungsbehörde als schwerwiegend einstufen und ihn als mit ausschlaggebend ansehen, da das Ziel der Verringerung des Verkehrslärms als wichtiges Ziel der Verkehrswegeplanung anerkannt ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.1990 – 4 C 26.87 – NVwZ 1991, 781 = juris Rn. 23; VGH BW, U.v. 6.4.2006 – 5 S 847/05 – UPR 2006, 454 = juris Rn. 46). Dem mit der Plantrasse verwirklichten Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG kommt als Abwägungsdirektive zusätzlich ein besonderes Gewicht zu (sog. „Optimierungsgebot“, vgl. BVerwG, U.v. 22.3.1985 – 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163 = juris Rn. 8; U.v. 28.1.1999 – 4 CN 5.98 – BVerwGE 108, 248 = juris Rn. 22; B.v. 7.7.2004 – 4 BN 16.04 – ZfBR 2005, 71 = juris Rn. 5; Schoen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Jan. 2023, § 50 BImschG Rn. 30). In der Rechtsprechung ist zudem geklärt, dass dem Belang der Kosten ein erhebliches Gewicht in der Abwägung beigemessen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2002 – 4 A 15.01 – DVBl 2002, 990 = juris Rn. 81; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 715); Kostengesichtspunkte dürfen sogar den Ausschlag für die eine oder andere Planvariante geben (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 154 m.w.N.). Ebenfalls mit besonderem Gewicht in die planerische Abwägung konnte die Planfeststellungbehörde das Interesse der Eigentümer und Bewohner am Erhalt ihrer an der Variante 2a gelegenen Wohngebäude einstellen (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 – BVerwGE 141, 171 = juris Rn. 64). Der Eigentumsgarantie kommt im Gefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen. Es soll ihm als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privaten Interesse von Nutzen sein und genießt daher einen besonders ausgeprägten Schutz, soweit es um die Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91, 315/99 – BVerfGE 102, 1 = juris Rn. 39). Angesichts der ausgeprägt personalen Funktion des Wohneigentums (vgl. BVerfG, B.v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93 – BVerfGE 89, 1 = juris Rn. 21; BVerwG, U.v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 – BVerwGE 141, 171 = juris Rn. 64) und der enteignungsrechtlichen Vorwirkung der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung (§ 19 Abs. 2 FStrG) ist das Bestandsinteresse der Eigentümer und Nutzer der vom Abriss betroffenen Gebäude von besonderem Gewicht (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 – BVerwGE 141, 171 = juris Rn. 64).
205
bb) Den von der Klagepartei als fehlerhaft gewichtet bezeichneten, gegenläufigen öffentlichen Belang, Verkehrswege zu bündeln (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 117; Schriftsatz vom 4.7.2023, S. 50), um die Zerschneidung und die Inanspruchnahme der Landschaft sowie Beeinträchtigungen des Naturhaushalts zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG, sog. Bündelungsgebot; BVerwG, U.v. 7.10.2021 – 4 A 9.19 – NuR 2022, 479 = juris Rn. 78) hat die Planfeststellungsbehörde in ihrer Bedeutung erkannt (vgl. PFB S. 144, 147). Sie hat zudem den Ausgleich insbesondere mit dem Immissionsschutz und dem Schutz von Wohneigentum nicht in einer Weise vorgenommen, der zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis stünde.
206
Sinn und Zweck des Bündelungsgebots ist der Schutz von Natur und Landschaft vor weiterer Zerschneidung und deren Folgen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sowie die Vermeidung weiterer Flächeninanspruchnahme (vgl. BVerwG, U.v. 7.10.2021 – 4 A 9.19 – NuR 2022, 479 = juris Rn. 78 m.w.N.). Die Vorgabe der Bündelung von Infrastrukturvorhaben in § 1 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG ist eine Zielbestimmung (vgl. BT-Drs. 16/12274 S. 50) und untersteht als Optimierungsgebot der Abwägung (vgl. Brinktrine in Giesberts/Reinhardt, BeckOK-Umweltrecht, Stand: 1.1.2022, § 1 Rn. 104; Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Auflage 2013, § 1 Rn. 58). Ihr kommt daher in der Abwägung ein besonderes Gewicht zu. Die Vorgabe genießt aber keinen generellen Vorrang vor anderen abwägungserheblichen öffentlichen und privaten Belangen (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 = juris Rn. 164; U.v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 = juris Rn. 35). Die Planfeststellungsbehörde hat zugunsten der Variante 2a ausgeführt, dass diese wegen ihrer Lage neben der bestehenden Bahntrasse, dem Bündelungsgebot besser entspricht als die Variante 4, weil landwirtschaftliche Flächen im Außenbereich nicht in dem Umfang in Anspruch genommen werden wie bei Variante 4 (vgl. PFB S. 54, 145) und erkannt, dass diesem Belang ein besonderes Gewicht in der Abwägung zukommt (vgl. PFB S. 82). Das Abwägungsgebot ist jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 4 A 5.17 – BVerwGE 161, 263 = juris Rn. 73; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33= juris Rn. 656). Im Zusammentreffen mit den ebenfalls gewichtigen öffentlichen Belangen des Immissionsschutzes, des Schutzes von Wohneigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und dem Gebot zum sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln konnte die Planfeststellungsbehörde den Belang der Trassenbündelung damit zurückstellen. Sie hat hierzu zudem ausgeführt, dass es auch bei Variante 2a zu einer Zerschneidung der Landschaft komme (PFB S. 144), da eine Bündelung nur auf einem Teilstück von 1,2 km möglich sei (PFB S. 54) und es bei beiden Varianten zu Eingriffen in die naturschutzfachlich wertvolle Struktur der Salzachhangleite komme (vgl. PFB S. 107). Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
207
cc) Eine Fehlgewichtung des Belangs der Agrarstruktur i.S.d. § 15 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG liegt ebenfalls nicht vor. Insofern geht die Klagepartei bereits von einem unzutreffenden Verständnis des Belangs aus (vgl. Rn. 182). Den Belang Flächenverbrauch insbesondere von landwirtschaftlichen Flächen hat die Planfeststellungsbehörde ohnehin zugunsten der Variante 2a gewertet (PFB S. 54). Dass diesen Belangen der Vorrang vor anderen Belangen einzuräumen wäre, hat die Klagepartei nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
208
dd) Anders als die Klagepartei vorträgt, hat die Planfeststellungsbehörde das „Vorbehaltsgebiet zugunsten der Wasserversorgung“ im Flächennutzungsplan der Stadt L. nicht als maßgebliches Kriterium (vgl. insb. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 183) in die Abwägung eingestellt, sondern hat die Variante 4 diesbezüglich nur leicht im Vorteil gesehen (PFB S. 56), ohne den Belang besonders zu gewichten.
C.
209
Die vom Klägerbevollmächtigen hilfsweise gestellten zahlreichen Verpflichtungsanträge auf Planergänzung bleiben ebenfalls ohne Erfolg. Sie sind zwar zulässig, aber nicht begründet.
210
1. Die Klagepartei hat keinen Anspruch auf Übernahme ihres landwirtschaftlichen Betriebs durch den Beklagten bzw. hilfsweise auf Schutzvorkehrungen (Hilfsantrag Nr. 2 und Nr. 3 (1)).
211
Gem. Art. 74 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG hat ein Betroffener Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld, wenn Vorkehrungen oder Anlagen, die nach § 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind, untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Die Entschädigung kann auch in der Übernahme eines Betriebs liegen (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2002 – 4 A 44.00 – NVwZ 2003, 209 = juris Rn. 14; U.v. 27.6.2007 – 4 A 2004/05 – BVerwGE 129, 83 = juris Rn. 11). Jedoch hat Art. 74 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG, die für einen Anspruch auf Schutzvorkehrungen Auswirkungen auf die Rechte des Anspruchstellers voraussetzt (vgl. U.v. 27.6.2007 – 4 A 2004/05 – BVerwGE 129, 83 = juris Rn. 11).
212
a) Eine solche Beeinträchtigung liegt in Bezug auf den landwirtschaftlichen Betrieb und damit auf das Eigentumsgrundrecht im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG der Klagepartei nicht vor. Der klägerische Betrieb ist in seiner Existenz durch das Vorhaben nicht gefährdet (vgl. oben Rn. 198 ff.).
213
b) Auch aus der von der Klagepartei geltend gemachten „Einmauerung“ bzw. „Gefängnishofatmosphäre“ ergibt sich kein Übernahmeanspruch. Es liegt insofern ebenfalls keine Beeinträchtigung von Eigentumsrechen nach Art. 14 Abs. 1 GG vor. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen, wenn nach der Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls von dem hinzukommenden Bauvorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung im Sinne einer „abriegelnden“ oder „erdrückenden“ Wirkung ausgeht, d.h. das Bauvorhaben ein Gefühl des Eingemauertseins oder einer Gefängnishofsituation hervorruft. Dem Grundstück muss die Luft zum Atmen genommen werden. Eine solche Wirkung kann vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30; B.v. 26.11.2018 – 9 ZB 18.912 – juris Rn. 10; B.v. 22.6.2021 – 9 ZB 21.466 – juris Rn. 12). Dass das Vorhaben die bislang vorhandene Situation lediglich verändert oder dem Nachbarn (sehr) unbequem ist, genügt nicht (vgl. OVG Bremen, B.v. 20.07.2021 – 1 B 192/21 – juris Rn. 35 m.w.N.).
214
Eine solche Wirkung geht von der Lärmschutzwand und dem Verkehrsknoten nicht aus. Die östlich von der Hofstelle entlang der bisherigen Bundesstraße B 20 geplante Lärmschutzwand befindet sich in einem Abstand von rund 27 m zur Hofstelle und verbleibt mit ihrer Höhe von rund 3 m unterhalb einer Höhe eines durchschnittlichen Hauses. Der Knotenpunkt befindet sich nördlich der Hofstelle in einer Entfernung von rund 150 m. Die westliche Seite der Hofstelle ist nach wie vor unbebaut. Im Süden schließt sich die vorhandene Bebauung an. Von einer „Gefängnishofatmosphäre“ kann nach Lage der Dinge auch angesichts der deutlichen Entfernungen der Baukörper zur Hofstelle vorliegend nicht gesprochen werden.
215
2. Das Begehren der Klagepartei, den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass auf den Grundbesitz und die weiteren Rechte der Klagepartei durch das planfestgestellte Vorhaben keine unzumutbaren Beeinträchtigungen einwirken, hilfsweise eine angemessene Entschädigung anzuordnen (Hilfsantrag Nr. 3), ist gleichfalls unbegründet. Es fehlt bereits an der notwendigen hinreichenden Substantiierung, welche unzumutbaren Beeinträchtigungen auf ihren Grundbesitz und ihre Rechte die Klagepartei befürchtet.
216
3. Der Hilfsantrag Nr. 3 (2) ist ebenfalls nicht substantiiert begründet worden. Die Klagepartei legt nicht dar, aus welchen Gründen ein Bienenhaus neben einem Lärmschutzwall nicht mehr nutzbar sein könnte. Die konkrete Entschädigungshöhe bliebe im Übrigen dem Entschädigungsverfahren vorbehalten (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2007 – 4 A 2004.05 – BVerwGE 129, 83 = juris Rn. 22; U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 70; BayVGH, B.v. 23.5.2023 – 8 C 23.616 – juris Rn. 15).
217
4. Für den Antrag, den Beklagten zu verpflichten, Schutzvorkehrungen einzurichten, die sicherstellen, dass von dem Fahrsilo des Klägers mit einer Größe von ca. 800 m2 keine Gefahren auf Straße und Wirtschaftsweg ausgehen, hilfsweise eine Entschädigung im Schadensfall vorzusehen (Hilfsantrag Nr. 3 (3)), sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 BayVwVfG ebenfalls nicht erfüllt, da eine Rechtsbeeinträchtigung durch das Vorhaben nicht anzunehmen ist. Es ist vielmehr Sache der Klagepartei für einen sicheren Betrieb des Fahrsilos auf ihrem Grundstück zu sorgen. Denn derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (stRspr, BGH, U.v. 13.5.2017 – VI ZR 395/16 – NJW 2017, 2905 = juris Rn. 6 m.w.N.; U.v. 19.1.2021 – VI ZR 194/18 – NJW 2021, 1090 = juris Rn. 8). Damit hat die Klagepartei dafür zu sorgen, dass keine vom Fahrsilo wegfliegenden Planen bzw. Planenteile die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer auf der Bundesstraße bzw. der umliegenden öffentlichen Wege gefährden.
218
5. Der hilfsweise gestellte Antrag, alle Flächen mit eigenen Zufahrten zu versehen (Hilfsantrag Nr. 3 (5)) ist unbegründet, da die Klagepartei nicht darlegt, welche Flächen konkret mit einer eigenen Zufahrt zu versehen sein sollen.
219
6. Der Hilfsantrag Nr. 3 (4), den Beklagten zu verpflichten, über die Lärmschutzansprüche unter Zugrundelegung der Lärmwerte für ein reines Wohngebiet neu zu entscheiden bzw. Schutzvorkehrungen festzusetzen, ist ebenfalls nicht begründet. Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Lärmschutz sind die Bestimmungen der §§ 41 ff. BImSchG und der 16. BImSchV, die als speziellere Vorschriften einem Anspruch aus Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG vorgehen, auch wenn ihre tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 17.3.2005 – 4 A 18.04 – BVerwGE 123, 152 = juris Rn. 17; U.v. 15.12.2011 – 7 A 11.10 – NVwZ 2012, 1120 = juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 9.8.2012 – 8 A 11.40036 – juris Rn. 44). Eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV liegt nicht vor. Die Klagepartei geht bereits fehl in der Annahme, dass die für ein reines Wohngebiet nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV festgesetzten Lärmgrenzwerte Anwendung finden. Die Hofstelle der Klagepartei liegt nicht in einem (faktischen) reinen Wohngebiet, da das Vorhandensein einer Hofstelle die Annahme eines reinen Wohngebiets ausschließt (vgl. § 3 BauNVO). Es spricht vielmehr viel dafür, dass sich die klägerische Hofstelle im Außenbereich befindet, bei dem sich die Grenzwerte nach § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV richten, da die Schutzbedürftigkeit der klägerischen baulichen Anlagen derjeningen eines faktischen Dorfgebiets entsprechen. Im Übrigen sind im Planfeststellungsbeschluss im Tenor unter Nr. A 3.3.2 Lärmschutzmaßnahmen in Gestalt einer Lärmschutzwand als Auflage festgesetzt.
220
7. Der höchsthilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag (Hilfsantrag Nr. 4) auf Neuverbescheidung der Anträge auf Planergänzung bleibt damit gleichfalls ohne Erfolg.
221
8. Der ebenfalls höchsthilfsweise gestellte Antrag auf Aufnahme eines Auflagenvorbehalts nach Art. 74 Abs. 3 BayVwVfG (Hilfsantrag Nr. 5) bleibt schließlich ohne Erfolg, da die Klagepartei schon überhaupt nicht darlegt, woraus sich ein solcher Anspruch ergeben könnte.
D.
222
Soweit die Klagepartei ihre Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hilfsweise bzw. höchsthilfsweise auch auf den Planfeststellungsbeschluss in der Fassung vom 9. Oktober 2020 bzw. vom 28. April 2023 bezieht, hat sie ebenfalls keinen Erfolg. Wird ein Planfeststellungsbeschluss – wie hier mehrfach geschehen – nachträglich geändert, verschmelzen diese Änderungen mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu einem einzigen Plan. Inhaltlich ist von einer einheitlichen Planungsentscheidung auszugehen; der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung hat sich prozessual erledigt (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 15.7.2016 – 9 C 3.16 – NVwZ 2016, 1631 = juris Rn. 20 m.w.N.). Den Anträgen fehlt insoweit das Rechtsschutzinteresse.
E.
223
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 709 ZPO.
F.
224
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.