Titel:
rechtmäßige Versagung der Aufenthaltserlaubnis wegen Fehlens des Visumverfahrens
Normenkette:
AufenthG § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 19c Abs. 1, § 25a Abs. 1 S. 1, § 28 Abs. 3, § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Leitsätze:
1. Hat der frühere Lebensgefährte der Mutter die Vaterschaft zu seinem Kind wirksam anerkannt, ist eine nachfolgende Vaterschaftsanerkennung durch einen anderen Mann unwirksam. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Ausländer, der das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als gut integrierter Jugendlicher (§ 25a Abs. 1 S. 1 AufenthG). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Darlegung der Beschwerdegründe, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Nachholen des Visumverfahrens, Beschäftigungsverordnung, Antragstellung bei deutscher Auslandsvertretung, serbische Staatsangehörige, Aufenthaltserlaubnis, Ehegattennachzug, Visum, Beschäftigung
Vorinstanz:
VG Würzburg, Beschluss vom 14.08.2023 – W 7 S 23.1081
Fundstelle:
BeckRS 2023, 40643
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Die Prüfung der für die Begründetheit der Beschwerde streitenden Gründe ist im Grundsatz auf das in der Beschwerdebegründung Dargelegte beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Insoweit kann offenbleiben, ob die Beschwerde bereits – wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht – (teilweise) wegen fehlender Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3, 4 VwGO unzulässig ist. Denn auch soweit die Beschwerde sich inhaltlich mit der Begründung des angegriffenen Beschlusses auseinandersetzt, ergibt sich daraus nicht, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der am 7. August 2023 erhobenen Klage der Antragsteller (serbische Staatsangehörige, am 24.3.2021 in das Bundesgebiet eingereist <Antragstellerin zu 1 und Antragstellerin zu 2> bzw. am ....2015 im Bundesgebiet geboren <Antragsteller zu 3>, nach bestandskräftiger Ablehnung der Asylanträge mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge <Bundesamt> vom 13.1.2015 als offensichtlich unbegründet unter Abschiebungsandrohung nach Serbien <vollziehbar geworden durch ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11.2.2015, Az. W 4 S 25.30046>, vorübergehender Duldung, Abschiebung nach Serbien am 28.2.2017 sowie dort erfolgter Eheschließung der Antragstellerin zu 1 mit einem deutschen Staatsangehörigen erneut am 27.6.2018 <Antragstellerin zu 1 und Antragsteller zu 3> bzw. 7.5.2019 <Antragstellerin zu 2> ohne Visum oder Aufenthaltstitel eingereist, die am 3.8.2018 <für die Antragstellerin zu 1 und den Antragsteller zu 3> bzw. 18.7.2019 <für die Antragstellerin zu 2> die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Familiennachzug bzw. zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit beantragten) gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubniserteilung und die damit verbundenen Annexentscheidungen anzuordnen wäre.
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Zur Begründung der Antragsablehnung verwies das Verwaltungsgericht auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vom 28. Juni 2023 und führte ergänzend im Wesentlichen aus, für die Antragstellerin zu 1 komme ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG schon deswegen nicht in Betracht, weil auf dieser Grundlage lediglich eine bereits erteilte Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug verlängert werden könne. Dem stehe nicht entgegen, dass die Antragstellerin den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis noch zu Lebzeiten ihres am ... 2021 verstorbenen deutschen Ehemannes gestellt habe. Denn selbst wenn man im Rahmen von § 28 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG den vorangegangenen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG mit dem vorangegangenen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gleichstellen würde, würde dies nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG führen. Denn auch zu Lebzeiten ihres deutschen Ehemannes habe ein solcher Erteilungsanspruch schon deshalb nicht bestanden, weil die Antragstellerin nicht gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG mit dem erforderlichen Visum eingereist gewesen sei und im Hinblick auf § 28 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG weder ein gesetzlich gebundener Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug bestanden habe, noch vorgetragen oder ersichtlich sei, dass die Nachholung des Visumsverfahrens unzumutbar gewesen wäre. Eine Entbehrlichkeit der Nachholung des Visumsverfahrens gem. § 39 Satz 1 Nr. 5 AufenthV komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Ehe nicht im Bundesgebiet und auch nicht zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sei, in dem die Antragstellerin über eine Duldung gem. § 60a AufenthG verfügt habe. Im Übrigen fehle es im Hinblick auf § 28 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auch für § 39 Satz 1 Nr. 5 AufenthV an einem gesetzlichen Erteilungsanspruch. Im Übrigen könne dahinstehen, ob § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auch für den Fall einer Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG herangezogen werden könne, denn auch einen solchen Anspruch habe die Antragstellerin zu 1 zu Lebzeiten ihres Ehemannes nicht gehabt. Auch stehe jedenfalls die Regelerteilungsvoraussetzung der Nachholung des Visumsverfahrens entgegen. Da nicht ersichtlich sei, dass der Antragstellerin zu 1 die Nachholung des Visumsverfahrens unzumutbar gewesen wäre, habe zudem schon kein rechtlicher Grund bestanden, der ihre Ausreise unmöglich gemacht hätte. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin einen dahingehenden Vertrauenstatbestand geschaffen gehabt hätte. Soweit die Antragstellerin zu 1 am 11. Oktober 2021 darüber hinaus eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund von Erwerbstätigkeit habe beantragen lassen, sei auch insoweit kein Erteilungsanspruch gegeben. Ein solcher Anspruch gem. § 19c Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG (nur ein solcher würde in Betracht kommen, da die Antragstellerin zu 1 nicht über eine Berufsqualifikation i.S.v. § 19d Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a bis c AufenthG verfüge) scheitere schon daran, dass kein aktuelles Beschäftigungsangebot vorliege. Es sei nicht ersichtlich, dass die vorgelegten Beschäftigungsangebote vom 27. September 2021, vom 30. September 2021, vom 23. Juni 2022, vom 15. Dezember 2022 und zuletzt vom 22. Februar 2023 zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch Bestand hätten. Im Übrigen erfüllten diese nicht die Voraussetzungen des § 19c Abs. 1 AufenthG. Die Antragstellerin zu 1 sei weder nach der Beschäftigungsverordnung noch nach einer zwischenstaatlichen Vereinbarung zu der zuletzt beantragten Tätigkeit als Reinigungskraft zugelassen. Auch eine Zulassung gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 BeschV komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Aufenthaltserlaubnis gerade nicht bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragt worden sei. Andere Rechtsgrundlagen für eine Aufenthaltserlaubnis seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Da auch den Antragstellern zu 2 und 3 kein eigenständiges Aufenthaltsrecht erwachsen sei, lägen weder tatsächliche noch rechtliche Gründe vor, die eine Ausreise der Antragstellerin zu 1 zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtlich unmöglich erscheinen lassen würden, so dass auch eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht komme. Für einen Erteilungsanspruch gem. § 104c AufenthG fehle es bereits an den notwendigen Voraufenthaltszeiten zum 31. Oktober 2022. Denn ihre Aufenthaltszeiten vor der Abschiebung am 19. Februar 2017 könnten nicht angerechnet werden. Auch für die Antragsteller zu 2 und 3 komme ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht in Betracht. Ein Anspruch gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 34 AufenthG abgeleitet vom verstorbenen Ehemann der Antragstellerin zu 1 scheitere schon daran, dass die Antragsteller nicht dessen Kinder seien. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht gem. § 25a AufenthG komme altersmäßig weder für die Antragstellerin zu 2 noch für den Antragsteller zu 3 in Betracht. Für eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 104c AufenthG fehle es bei beiden an den notwendigen Voraufenthaltszeiten. Da im Hinblick auf das Alter und die Sozialisation der Antragsteller zu 2 und 3 auch nicht davon auszugehen sei, dass eine Rückkehr nach Serbien zusammen mit ihrer Mutter zu einer Entwurzelung führen würde, sei auch nicht ersichtlich, dass ihnen als faktischen Inländern eine Rückkehr nach Serbien im Lichte von Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden könne. Mithin scheide auch ein Erteilungsanspruch gem. § 25 Abs. 5 AufenthG aus.
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Zur Begründung ihrer Beschwerde führen die Antragsteller im Wesentlichen aus, ausweislich der Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft mit Zustimmungserklärung nach § 1595 Abs. 1 BGB vom 17. Dezember 2019 (als Scan der beglaubigten Abschrift vorgelegt, Bl. 56 der VGH-Akte) ergebe sich, dass der Ehemann der Antragstellerin zu 1 der Vater der Antragstellerin zu 2 sei. Dieser sei ausweislich der Sterbeurkunde (als Scan vorgelegt, Bl. 55 der VGH-Akte) am ... 2021 und damit erst eineinhalb Jahre nach Abgabe seiner Erklärung verstorben. Die Antragstellerin zu 1 sei ausweislich der vorgelegten Anerkennungsurkunde die Mutter. Aus der Anerkennungsurkunde ergebe sich ebenfalls, dass der Vater der Antragstellerin zu 2 deutscher Staatsbürger gewesen sei. Die Antragstellerin zu 2 sei aktuell acht Jahre alt. Sie könne aus diesem Grunde unverschuldet nicht selber für sich sorgen und bedürfe für eine gesunde weitere Entwicklung ihres Charakters des familiären Zusammenhaltes, bestehend aus den Antragstellern zu 1 bis 3. Der alleinige Verbleib der Antragstellerin zu 2 in Deutschland wäre für diese wegen ihres Alters mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden und würde im Übrigen der Allgemeinheit durch die Unterbringung in einem Heim oder einer vergleichbaren Einrichtung zusätzliche Kosten verursachen. Schon aus diesem Grunde könne nicht erkannt werden, inwieweit das öffentliche Interesse oder das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller überwiege. Im Hinblick auf die Sozialisierung in Deutschland werde zunächst das Zertifikat „Start Deutsch 1“ vom 17. Dezember 2019 für die Antragstellerin zu 1 vorgelegt. Hieraus ergebe sich, dass Grundkenntnisse der deutschen Sprache vorhanden seien und somit ein Zurechtkommen gewährleistet sei. Die Antragstellerin zu 1 sei auch in jeder Hinsicht bemüht, durch eigene Arbeit den Unterhalt zu sichern. Sie habe sich zu diesem Zweck insbesondere bei Gebäudereinigungsfirmen bzw. bei Firmen betreffend die Pflege von Senioren beworben. Für den Bereich der Reinigungskräfte habe bislang die Bundesagentur für Arbeit nicht die erforderliche Zustimmung zur Beschäftigung erteilen wollen, da angeblich genügend Arbeitskräfte auf dem Markt vorhanden seien. Diese Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit decke sich nicht mit den tatsächlichen Erfahrungen. Soweit eine Stelle im D. Seniorenpflegeheim T. GmbH in S. hätte angetreten werden sollen, sei dort die Stellenausschreibung kurzfristig zurückgezogen worden. Die Antragstellerin zu 1 sei weiterhin bemüht, einen Arbeitsplatz zu finden. Sie sei hierzu bereit, auch minderwertige Arbeiten auszuführen, die gegebenenfalls nur mit dem Mindestlohn vergütet werden könnten. Die Antragsteller zu 2 und zu 3 besuchten jeweils die Schule. Die Antragstellerin zu 2 sei darüber hinaus aktives Mitglied des Kinderchores der evangelischen St. J.-Kirchengemeinde in S. Auch insoweit wäre die weitere Entwicklung der Antragstellerin zu 2 gefährdet, würde die Sozialisierung durch eine Abschiebung nach Serbien unterbrochen. Schließlich stehe für weitere Auskünfte zum Stand der Integration, zur Frage des Familienzusammenhaltes der Antragsteller zu 1 bis 3 sowie der negativen Folgen einer Abschiebung die Sozialpädagogin der Offenen Sozialen Dienste der D. zur Verfügung. Zwischenzeitlich befinde sich der Lebensmittelpunkt der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland. Unter Berücksichtigung des Alters der Antragsteller zu 2 und 3, die sich mitten in der schulischen Ausbildung befänden, müsse eine Rückkehr in ihr Herkunftsland im Lichte von Art. 8 EMRK als unzumutbar angesehen werden, zumal auch das Verwaltungsgericht von quasi „faktischen Inländern“ ausgehe. Zumindest sei es unverhältnismäßig, noch nicht einmal den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
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Diese Rügen führen nicht zur Änderung der angegriffenen Entscheidung.
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Die Antragsteller treten mit ihrer Beschwerdebegründung der Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Anspruch der Antragstellerin zu 1 auf Aufenthaltserlaubniserteilung (als eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) als Ehegattin ihres verstorbenen Ehemannes deutscher Staatsangehörigkeit scheitere schon daran, dass auf dieser Grundlage lediglich eine bereits erteilte Aufenthaltserlaubnis verlängert werden könne, selbst wenn man aber in diesem Rahmen den vorangegangenen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG mit dem vorangegangenen Besitz einer solchen Aufenthaltserlaubnis gleichstelle, würde auch dies nicht zu dem geltend gemachten Erteilungsanspruch führen, weil ein solcher auch zu Lebzeiten des Ehemannes – mangels Einreise der Antragstellerin mit dem gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderlichen Visum sowie (im Hinblick auf die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) in Ermangelung eines gebundenen Anspruchs bzw. einer Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumsverfahrens – nicht bestanden habe, dass ferner eine Entbehrlichkeit des Visumsverfahrens gemäß § 39 Satz 1 Nr. 5 AufenthV schon deshalb nicht in Betracht komme, weil die Ehe nicht im Bundesgebiet und auch nicht zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sei, in dem die Antragstellerin über eine Duldung gemäß § 60a AufenthG verfügt habe, und dass es im Übrigen im Hinblick auf § 28 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auch für § 39 Satz 1 Nr. 5 AufenthV an einem gesetzlichen Erteilungsanspruch fehle, nicht substantiiert entgegen. Mithin zeigt die Antragstellerin zu 1 nicht auf, weshalb ihr entgegen der dargelegten Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubniserteilung als Ehegatte eines (mittlerweile verstorbenen) deutschen Staatsangehörigen zustehen sollte.
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Mit ihrem Vortrag zu ihren Deutschkenntnissen legt die Antragstellerin zu 1 nicht dar, inwieweit bzw. auf welcher Rechtsgrundlage ihr diese zu einem Anspruch auf einen Aufenthaltstitel verhelfen sollten. Insbesondere geht sie nicht auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts ein, dass ihr ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubniserteilung gemäß § 104c AufenthG schon wegen der dort geforderten Voraufenthaltszeiten nicht zustehe.
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Des Weiteren greift die Antragstellerin zu 1 die Ausführungen im angegriffenen Beschluss, es sei auch kein Erteilungsanspruch für eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 19c Abs. 1 bzw. Abs. 2 AufenthG gegeben, da kein aktuelles Beschäftigungsangebot vorliege, im Übrigen erfüllten die vorgelegten Beschäftigungsangebote nicht die Voraussetzungen des § 19c Abs. 1 AufenthG, da die Antragstellerin zu 1 weder nach der Beschäftigungsverordnung noch nach einer zwischenstaatlichen Vereinbarung zu der zuletzt beantragten Tätigkeit als Reinigungskraft zugelassen sei und eine Zulassung gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 BeschV schon deshalb nicht in Betracht komme, weil die Aufenthaltserlaubnis gerade nicht bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragt worden sei, nicht substantiiert an. Soweit die Antragstellerin zu 1 vorträgt, sie habe sich zu diesem Zweck insbesondere bei Gebäudereinigungsfirmen bzw. bei Firmen betreffend die Pflege von Senioren beworben, für den Bereich der Reinigungskräfte habe bislang die Bundesagentur für Arbeit nicht die erforderliche Zustimmung zur Beschäftigung erteilen wollen, da angeblich genügend Arbeitskräfte auf dem Markt vorhanden seien, diese Einschätzung decke sich aber nicht mit den tatsächlichen Erfahrungen, soweit eine Stelle im D. Seniorenpflegeheim T. GmbH in S. hätte angetreten werden sollen, sei dort die Stellenausschreibung kurzfristig zurückgezogen worden, die Antragstellerin zu 1 sei weiterhin bemüht, einen Arbeitsplatz zu finden und sei auch bereit, minderwertige Arbeiten auszuführen, die gegebenenfalls nur mit dem Mindestlohn vergütet werden könnten, legt sie nicht dar, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein konkretes und aktuelles Beschäftigungsangebot für eine nach der Beschäftigungsverordnung zugelassene Erwerbstätigkeit vorliegt bzw. dass die Aufenthaltserlaubnis entsprechend den Anforderungen des § 26 Abs. 2 Satz 1 BeschV bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragt wurde. Gemäß § 19c Abs. 1 AufenthG kann einem Ausländer unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn die Beschäftigungsverordnung oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt, dass der Ausländer zur Ausübung dieser Beschäftigung zugelassen werden kann. Die Beschäftigungsverordnung steuert gemäß ihrem § 1 Abs. 1 Satz 1 die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und regelt, unter welchen Voraussetzungen sie und die bereits in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer zum Arbeitsmarkt zugelassen werden können. Zu diesem Zweck regelt die Beschäftigungsverordnung gemäß ihrem § 1 Abs. 1 Satz 2, in welchen Fällen (1.) ein Aufenthaltstitel, der die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt, nach § 39 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden kann bzw. (2.) die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 Abs. 1 Satz 2 AufenthG einem Aufenthaltstitel, der die Beschäftigung erlaubt, zustimmen kann bzw. (3.) geduldeten oder anderen Ausländerinnen oder Ausländern ohne Aufenthaltstitel nach § 4a Abs. 4 AufenthG eine Beschäftigung mit oder ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erlaubt werden kann bzw. (4.) die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit abweichend von § 39 Abs. 3 AufenthG erteilt werden darf. Gemessen daran legt die Antragstellerin zu 1 nicht dar, dass sie die Aufenthaltserlaubnis für die Ausübung eines bestimmten, nach der BeschV oder einem zwischenstaatlichen Abkommen im Sinne des § 29 BeschV zustimmungsfreien oder mit Zustimmung der Bundesagentur zugelassenen Berufs begehrt. Darüber hinaus greifen zugunsten der Antragstellerin zu 1 nicht die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 Satz 1 BeschV, nach dem für Staatsangehörige u.a. von Serbien in den Jahren 2021 bis einschließlich 2023 Zustimmungen mit Vorrangprüfung zur Ausübung jeder Beschäftigung erteilt werden können, weil die erstmalige Zustimmung gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BeschV davon abhängt, dass der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung in einem der in Satz 1 genannten Staaten beantragt wird, was bei der Antragstellerin zu 1 nicht der Fall ist.
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Soweit die Antragstellerin zu 2 gegen die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung einwendet, der (mittlerweile verstorbene) Ehemann ihrer Mutter habe für sie die Vaterschaft anerkannt, trifft dies zwar ausweislich der vorgelegten Urkunde vom 17. Dezember 2019 über die Vaterschaftsanerkennung für die Antragstellerin zu 2 (vgl. auch Bl. 205 der Akte der Antragsgegnerin) durch Herrn R.F. zu. Diese Vaterschaftsanerkennung ist jedoch unwirksam, da bereits am 3. Mai 2016 vor dem Jugendamt Herr D.M., der frühere Lebensgefährte der Antragstellerin zu 1, die Vaterschaft für die Antragstellerin zu 2 anerkannt hat und diese Erklärung am 1. Februar 2018 (nach Scheidungsanerkennung durch das OLG München) wirksam geworden ist (vgl. Bl. 223, 250 der Behördenakte der Antragsgegnerin). Unabhängig davon legt die Antragstellerin zu 2 aber nicht dar, inwieweit bei ihr – entsprechend den allerdings nur auf die Mutter der Antragstellerin zu 2, d.h. die Antragstellerin zu 1 bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dass diese ohne das gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderliche Visum eingereist ist, dieses auch nicht nach § 39 Satz 1 Nr. 5 AufenthV entbehrlich war und hiervon auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden könnte – die Voraussetzungen eines Absehens von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen sollten. Denn es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Antragstellerin zu 2 im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG ein Rechtsanspruch auf Aufenthaltserlaubniserteilung zustehen würde – das Absehen von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung steht im Ermessen der Antragsgegnerin – noch dass ihr die Nachholung des Visumverfahrens unzumutbar sein sollte. Insbesondere ist weder dargelegt, dass die Dauer der für ein Nachholen des Visumverfahrens bei der deutschen Auslandsvertretung ihres Herkunftsstaates erforderliche Abwesenheit der Antragstellerin zu 2 vom Bundesgebiet unzumutbar lang wäre, noch dass die Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubniserteilung nach einer Anspruchsgrundlage, für welche die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht gilt (vgl. BVerfG, B.v. 2.11.2023 – 2 BvR 491/23 – juris Rn. 28), zugunsten der Antragstellerin zu 2 vorlägen.
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Soweit die Antragstellerin zu 2 darüber hinaus geltend macht, sie sei aktuell acht Jahre alt und könne aus diesem Grunde unverschuldet nicht selber für sich sorgen, sie bedürfe für eine gesunde Entwicklung des familiären Zusammenhaltes, ihr alleiniger Verbleib in Deutschland wäre für sie wegen ihres Alters mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden und würde im Übrigen der Allgemeinheit durch die Unterbringung in einem Heim oder einer vergleichbaren Einrichtung zusätzliche Kosten verursachen, schon aus diesem Grunde könne nicht erkannt werden, inwieweit das öffentliche Interesse oder das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller überwiege, legt sie damit nicht dar, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG vorlägen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, ist nicht ersichtlich, dass die Ausreise der Antragstellerin zu 2 rechtlich unmöglich wäre, da ihr ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (auf anderer Rechtsgrundlage) nicht zusteht. Soweit die Antragstellerin zu 2 auf ihr Angewiesensein auf ihre im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen hinweist, führt dies nicht zur rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK, da die Antragstellerin zu 1 und der Antragsteller zu 3 in Ermangelung eines Anspruchs auf Aufenthaltserlaubniserteilung ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtig sind. Die familiären Bindungen der Antragsteller wären gegebenenfalls – sofern die Antragsteller nicht freiwillig ausreisen sollten – gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG, Art. 8 EMRK bei der Abschiebung zu berücksichtigen, welche jedoch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verwaltungsrechtsstreits ist.
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Des Weiteren vermögen die Antragsteller auch mit ihrem Vortrag, sie hätten mittlerweile ihren Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet, die Antragsteller zu 2 und 3 befänden sich mitten in ihrer schulischen Ausbildung und seien ausweislich ihrer Mitwirkung im Kinderchor auch gesellschaftlich gut integriert, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass ihnen schon aufgrund ihres Alters keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG (für gut integrierte Jugendliche bzw. junge Volljährige) zustehen könne und ihnen auch nicht wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Ausreise eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen sei, nicht in Frage zu stellen. Der Begriff des jugendlichen Ausländers im Sinne des § 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG knüpft an die Legaldefinition des Jugendlichen in § 1 Abs. 2 JGG an (vgl. Röcker in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Aufl. 2022, AufenthG § 25a Rn. 11). Jugendliche sind demnach Personen, die bereits das 14. Lebensjahr, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, was auf die am... 2010 und ... 2015 geborenen Antragsteller zu 3 und 2 ersichtlich nicht zutrifft. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG kann sich zwar auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK aus einer Verwurzelung des betroffenen Ausländers im Bundesgebiet und einer damit einhergehenden Entwurzelung im Herkunftsland ergeben. Insoweit setzen sich die Antragsteller zu 2 und 3 aber nicht mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts, da im Hinblick auf ihr Alter und ihre Sozialisation nicht davon auszugehen sei, dass eine Rückkehr nach Serbien zusammen mit ihrer Mutter zu einer Entwurzelung führen würde, sei auch nicht ersichtlich, dass ihnen als faktischen Inländern eine Rückkehr nach Serbien im Lichte von Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden könne, auseinander. Entgegen der Auffassung der Antragsteller bringt das Verwaltungsgericht mit der vorgenannten Formulierung auch nicht zum Ausdruck, dass es sich bei ihnen um faktische Inländer handele, sondern benennt mit der Eigenschaft des faktischen Inländers die Voraussetzung dafür, dass eine Rückkehr nicht zumutbar und deshalb eine Ausreise im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich sein kann. Im Übrigen ist eine Aufenthaltsbeendigung infolge der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels an einen faktischen Inländer im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht rechtlich ausgeschlossen, sondern unterliegt einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall. Weshalb die Versagung eines Aufenthaltstitels trotz ihres Alters und ihrer Sozialisation – beide Antragsteller haben bereits längere Zeit im Herkunftsland verbracht – unverhältnismäßig sein sollte, zeigen die Antragsteller zu 2 und 3 nicht auf. Dass infolge der Ablehnung ihres Antrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO eine Aufenthaltsbeendigung bereits vor der rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache erfolgen kann, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Antragsteller infolge der Versagung eines Aufenthaltstitels nach gesetzgeberischer Entscheidung vollziehbar ausreisepflichtig sind (§§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).