Titel:
Unterlassungsanspruch zur Verwendung von Klauseln in Bausparverträgen
Normenketten:
BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1
ABB § 1 Abs. 3
BSpkG § 1 Abs. 1, Abs. 2
UKlaG § 1
UWG § 13 Abs. 3
Leitsätze:
1. Nur Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen abweichend vom Gesetz oder der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind einer Inhaltskontrolle zugänglich. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. (Rn. 22 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Festlegung von Preisen für vertragliche Leistungen zählt zum Kernbereich der Ausübung privatautonomer Handlungsfreiheit. Eine Bausparkasse ist in der konkreten Ausgestaltung ihres Preisgefüges grundsätzlich frei. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unterlassung, Bausparkasse, Bausparverträge, allgemeine Geschäftsbedingungen, Klausel, Verwendung, Inhaltskontrolle, Preisnebenabrede, Jahresentgelt
Rechtsmittelinstanz:
OLG München vom -- – 5 U 4845/23 e
Fundstellen:
ZBB 2024, 211
WuB 2024, 100
ZIP 2024, 1190
WM 2024, 127
BKR 2024, 380
BeckRS 2023, 40177
LSK 2023, 40177
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Bausparverträgen zu verwenden oder sich auf diese Klauseln zu berufen:
„Für den Bausparvertrag wird … ein jährliches Entgelt (Jahresentgelt) erhoben.
Das Jahresentgelt beträgt … pro … Bausparsumme, höchstens … €. Das Jahresentgelt ist jeweils zu Jahresbeginn fällig, im ersten Vertragsjahr anteilig bei Vertragsabschluss und wird bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme erhoben.“
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € … zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit 08.03.2023 zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt jede Partei je zur Hälfte.
6. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweils unterlegene Partei kann die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
7. Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung von Klauseln in Bausparverträgen.
2
Der Kläger ist eine qualifizierter Einrichtungen nach §§ 3, 4 UKlaG. Die Beklagte ist eine Bausparkasse.
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Die Beklagte verwendete in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) Stand 26.06.2017 u.a. folgende Klausel:
(3) Für den Bausparvertrag wird ein Entgelt bei Vertragsabschluss (Abschlussgebühr) und ein jährliches Entgelt (Jahresentgelt) erhoben.
Das Jahresentgelt beträgt … € pro … € Bausparsumme, höchstens Das Jahresentgelt ist jeweils zu Jahresbeginn fällig, im ersten Vertragsjahr anteilig bei Vertragsabschluss und wird bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme erhoben.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 vollumfänglich verwiesen.
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Die Beklagte beruft sich in den laufenden Verträgen, weiterhin auf diese Klausel und wendet sie an.
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In ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) Stand 21.11.2022 verwendet die Beklagte u.a. folgende Klausel:
Der Bausparer erwirbt einen Rechtsanspruch nach Maßgabe dieser Bedingungen (Anwartschaft) auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Für Verschaffung und Aufrechterhaltung dieser Anwartschaft erhebt die Bausparkasse in der Sparphase ein jährliches Entgelt (Jahresentgelt) in Höhe von … € pro … € Bausparsumme, höchstens … €. Die Sparphase endet mit der ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme. Die Bausparkasse erhebt auch dann kein Jahresentgelt, wenn sie nach Maßgabe dieser Bedingungen nicht mehr zur Gewährung eines Bauspardarlehens verpflichtet ist. Das Jahresentgelt ist jeweils zu Jahresbeginn fällig, im ersten Jahr anteilig bei Vertragsabschluss. Entfallen unterjährig die Voraussetzungen für die Erhebung des Jahresentgelts, wird ein für dieses Jahr erhobenes Jahresentgelt anteilig erstattet.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 2 vollumfänglich verwiesen.
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Mit Schreiben vom 21.12.2022 hat der Kläger die Beklagte außergerichtlich aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich der Verwendung der beiden streitgegenständlichen Klauseln abzugeben. Dies hat die Beklagte mit Schreiben vom 02.01.2023 abgelehnt.
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Der Kläger ist der Ansicht, dass beide Klauseln als Preisnebenabreden gegen § 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 1 Abs. 2 BSpkG verstoßen, weil dem in den Klauseln vorgesehenen Entgelt keine gesondert zu erbringende Leistung gegenüberstehe und damit unangemessen benachteiligend seien.
I. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Bausparverträgen zu verwenden oder sich auf diese Klauseln zu berufen:
Für den Bausparvertrag wird … ein jährliches Entgelt (Jahresentgelt) erhoben.
… Das Jahresentgelt beträgt … € pro … € Bausparsumme, höchstens … €. Das Jahresentgelt ist jeweils zu Jahresbeginn fällig, im ersten Vertragsjahr anteilig bei Vertragsabschluss und wird bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme erhoben.
Der Bausparer erwirbt einen Rechtsanspruch nach Maßgabe dieser Bedingungen (Anwartschaft) auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Für Verschaffung und Aufrechterhaltung dieser Anwartschaft erhebt die Bausparkasse in der Sparphase ein jährliches Entgelt (Jahresentgelt) in Höhe von … € pro … € Bausparsumme, höchstens … €.
Die Sparphase endet mit der ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme. Die Bausparkasse erhebt auch dann kein Jahresentgelt, wenn sie nach Maßgabe dieser Bedingungen nicht mehr zur Gewährung eines Bauspardarlehens verpflichtet ist. Das Jahresentgelt ist jeweils zu Jahresbeginn fällig, im ersten Jahr anteilig bei Vertragsabschluss. Entfallen unterjährig die Voraussetzungen für die Erhebung des Jahresentgelts, wird ein für dieses Jahr erhobenes Jahresentgelt anteilig erstattet.
II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € … zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte meint, die beanstandeten Klauseln seien Regelungen bezüglich der vertraglichen Hauptleistung, die die Beklagte den Kunden erbringe. Denn die Beklagte verschaffe den Kunden in der Ansparphase einen Anspruch auf ein niedrig verzinstes Bauspardarlehen. Hierfür verlange sie mit den angegriffenen Regelungen ein Entgelt. Damit seien die Klauseln einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.
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Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel gem. Antrag Ziffer I 1. Hingegen besteht ein solcher Anspruch nicht in Bezug auf die Klausel gem. Antrag Ziffer I 2.
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Beide Klauseln werden unstreitig von der Beklagten verwendet und sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Während die Klausel gem. Klageantrag Ziffer I 1 als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle unterliegt und sich im Ergebnis als unwirksam erweist, ist die Klausel gem. Klageantrag Ziffer I 2 als Preishauptabrede einer Inhaltskontrolle entzogen.
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I. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Gegenstand der Inhaltskontrolle solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Keiner Inhaltskontrolle unterliegen demgegenüber Abreden über den unmittelbaren Gegenstand des Vertrages, also diejenigen Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Hauptleistung und das vom anderen Teil zu zahlende Entgelt festlegen. Hauptleistungspflichten sind dabei nach allgemeinen Grundsätzen nur die für die Eigenart des jeweiligen Schuldverhältnisses prägenden Bestimmungen, die für die Einordnung in die verschiedenen Typen der Schuldverhältnisse entscheidend sind (vgl. BGHZ 195, 298 Rn. 23 m.w.N.). Nur Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen abweichend vom Gesetz oder der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind inhaltlich zu kontrollieren. Nicht kontrollfähig sind danach Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung bestimmen oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen (sog. Preishauptabreden; vgl, BGH WM 2017, 1744 Rn. 20). Denn Leistung und Gegenleistung können von den Vertragsparteien nach dem Grundsatz der Privatautonomie frei bestimmt werden; mangels gesetzlicher Vorgaben fehlt es daher insoweit an einem Kontrollmaßstab. Es sei denn, das Gesetz selbst enthält Vorgaben für die Preisgestaltung (vgl. BGH WM 2015, 639).
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Kontrollfähig sind hingegen sog. Preisnebenabreden, d.h. Klauseln, die sich nur mittelbar auf den Preis auswirken und an deren Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht, allgemeine Rechtsgrundsätze oder aus der Natur des Vertrages im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ableitbare Rechte treten können und Regelungen, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mit denen der Verwender allgemeine Betriebskosten oder Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt (vgl. BGH XI ZR 387/15; BGH XI ZR 166/14 Rn. 16 und BGH XI ZR 768/17 Rn. 23). Darüber hinaus sind kontrollfähig auch Klauseln, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen (BGH XI ZR 388/14 Rn. 18).
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1. Danach hat die Klägerin einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verwendung der angegriffenen Klausel gemäß dem klägerischen Antrag Ziffer I 1 nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG.
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Denn diese Klausel ist eine vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), die als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB unterliegt und unwirksam ist.
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Das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ist unstreitig. Die beanstandete Klausel enthält eine kontrollfähige Preisnebenabrede.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei nur solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (vgl. BGH XI ZR 3/10).
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Die Auslegung der Regelung zum Jahresentgelt führt zu keinem eindeutigen Ergebnis
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In § 1 Abs. 3 der ABB mit Stand: 26.06.2017, vgl. Anlage K 1, selbst führt die Beklagte nicht an, wofür das Jahresentgelt geleistet werden soll. Es wird lediglich ausgeführt, dass für den Bausparvertrag ein Entgelt bei Vertragsabschluss (Abschlussgebühr) und ein jährliches Entgelt (Jahresentgelt) erhoben wird. § 1, in welchem die Klausel enthalten ist, enthält (anders als im Urteil des BGH vom 15.11.2022, Az.: XI ZR 551/21) auch in den übrigen Absätzen keine weiteren Anhaltspunkte wofür das Jahresentgelt entrichtet werden soll außer als „für den Bausparvertrag“.
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Auch in der Gesamtschau mit den weiteren Regelungen der Beklagten in den ABB mit Stand: 26.06.2017 ist für den Verbraucher auch nicht klar und eindeutig, wofür das Entgelt verlangt wird.
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Gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BSpkG erwirbt der Bausparer nach Leistung seiner Spareinlagen in das zweckgebundene Vermögen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus dieser Zuteilungsmasse. Hierauf stellt auch die Präambel der streitgegenständlichen ABB ab. Entsprechend kann die Klausel so verstanden werden, dass der Bausparer das Entgelt für die Verschaffung der „Anwartschaft“ auf das Bauspardarlehen und damit eine Hauptleistung der Beklagten zu entrichten hat.
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Ebenso vertretbar ist aber, dass unter Betrachtung des § 19 der streitgegenständlichen AGB und der dortigen Regelung über „Entgelte für besondere Leistungen, Auslagen“ nach den Grundsätzen, die der BGH in seinem Urteil vom 15.11.2022, Az.: XI ZR 551/21 aufgestellt hat, der Verbraucher das Jahresentgelt (gerade auch in Abgrenzung zur Abschlussgebühr) als Abgeltung für die kontinuierlichen Tätigkeiten der bauspartechnischen Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse zu leisten hat. Da die Verwaltungstätigkeit der Beklagten keine vertragliche Hauptleistung ist (vgl. BGH a.a.O. Rn. 22), wäre die Klausel dann als Preisnebenabrede zu qualifizieren.
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Bei einer solchen Sachlage ist zugunsten des Bausparkunden die zuletzt genannte Auslegung des § 1 Abs. 3 der ABB mit Sachstand: 26.06.2017, nach der die Gebühr die Verwaltungsleistungen der Beklagten abgelten soll, maßgeblich. Sind zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, so kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Danach gehen die Zweifel, ob mit dem Jahresentgelt die Verschaffung der Darlehensoption abgegolten werden soll, zu Lasten der Beklagten als Verwenderin der Klausel. Für die Kunden ist ein Verständnis günstiger, dass die Klausel nicht als kontrollfreie Preisabrede erscheinen lässt, sondern den Weg zu einer inhaltlichen Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB eröffnet.
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Dieser Inhaltskontrolle hält die streitgegenständliche Klausel nicht stand. Zu einer so verstandenen Klausel hat der BGH in seinem Urteil vom 15.11.2022, Az.: XI ZR 551/22 ausgeführt, dass sie die Vertragspartner der Beklagten unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) benachteiligt, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht, ohne dass die Beklagte die Indizwirkung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB widerlegt hat. Diese Würdigung trifft auch bei der vorliegenden Klausel zu. Eine klauselmäßige Vereinbarung eines Jahresentgelts für Verwaltungstätigkeiten indiziert nach dem BGH eine unangemessene Benachteiligung der Bausparer.
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Das aus der Abweichung von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken resultierende Indiz einer unangemessenen Benachteiligung der Bausparer hat die Beklagte nicht widerlegt. Hinreichende Gründe, die die Klausel bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung in der Ansparphase gleichwohl als angemessen erscheinen ließen, hat die Beklagte weder dargetan noch sind solche Gründe sonst ersichtlich.
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2. Dagegen hat der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der weiteren Verwendung der angegriffenen Klausel gemäß dem klägerischen Antrag Ziffer I 2.
32
Zwar liegt auch hier unstreitig eine Allgemeine Geschäftsbedingung vor. Allerdings verstößt die von dem Kläger kritisierte Klausel über Jahresentgelte in der Fassung gemäß der Anlage K 2 (ABB mit Stand: 21.11.2022) nicht gegen die §§ 307-309 BGB, so dass die Voraussetzungen des § 1 UKlaG nicht erfüllt sind.
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Als Preishauptabrede unterliegt die angegriffene Klausel nicht der Inhaltskontrolle.
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Die streitgegenständliche Klausel ist nach dem oben skizzierten Prüfmaßstab als Preishauptabrede zu qualifizieren, da sie eine Hauptleistungspflicht der Beklagten aus dem Bausparvertrag mit ihren Kunden vergütet: die Verschaffung des Anspruchs auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse.
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Dies ergibt sich, anders als bei der früher verwendeten Klausel (Klageantrag I 1) aus dem klaren Wortlaut der Klausel, aus dem folgt, dass die Beklagte das Jahresentgelt für die Verschaffung und Aufrechterhaltung dieser Anwartschaft auf Gewährung eines Bauspardarlehens erhebt. Hierbei ergeben sich aufgrund des klaren Wortlauts keine Zweifel an dem Inhalt der Klausel.
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Die von der Beklagten bepreiste Leistung betrifft ihre vertragliche Hauptleistung. Denn sie bestimmt unmittelbar den Preis, den die Kunden dafür zu entrichten haben, dass ihr die Beklagte den Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens verschafft. Die Verschaffung einer solchen Anwartschaft ist nach den Ausführungen des BGH in seinem Urteil vom 15.11.2022, Az.: XI ZR 551/21, die Hauptleistungspflicht der Bausparkasse in der Ansparphase. Denn Vertragszweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 185/16 Rn. 30). Diesen erhält der Bausparer durch seine vereinbarten Leistungen in der Ansparphase. Die Leistung der Bausparkasse und ihre Hauptleistungspflicht sind in dieser Phase die Zahlung von Zinsen auf das Bausparguthaben nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB und dem Bausparer nach der Leistung der Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen (so BGH XI ZR 551/21 Rn. 23). Die Verschaffung der „Anwartschaft“ auf das Bauspardarlehen erweist sich damit als eine Hauptleistung der Bausparkasse in der Sparphase des Bausparvertrages (vgl. Auch Herresthal ZIP 2023, 333, 337 f.).
37
Die Festlegung von Preisen für vertragliche Leistungen zählt zum Kernbereich der Ausübung privatautonomer Handlungsfreiheit. Eine Bausparkasse in der konkreten Ausgestaltung ihres Preisgefüges grundsätzlich frei ist (BGH, Urt. v. 07.12.2010 – XI ZR 3/10 Rn. 31, BGH, Urt. v. 09.05.2017 – XI ZR 308/15 Rn. 28), so dass auch an der Zulässigkeit der jährlichen Bepreisung keine Zweifel bestehen.
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II. Hinsichtlich des erfolgreichen Klageantrags zu I 2., ist auch der Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. Ordnungshaft begründet gemäß § 890 Abs. 1 u. 2 ZPO.
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III. Der Kläger kann vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von (unbestrittenen und angemessenen) … € ersetzt verlangen. Qualifizierten Einrichtungen gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG steht gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 3 UWG ein Anspruch auf Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen zu.
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Der Streitwert berücksichtigt, dass der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots einer Klausel bei der Streitwertfestsetzung im Rahmen des § 1 UKlaG keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen ist, sondern auf das Allgemeininteresse an der Befreiung des Rechtsverkehrs von unwirksamen Klauseln abzustellen ist. Dieses Interesse wird regelmäßig mit 2.500 EUR bemessen, um die im öffentlichen Interesse tätigen Verbraucherverbände vor unangemessenen Kostenbelastungen zu schützen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UKlaG § 1 Rn. 20).